Arbeitsweise eines Ottomotors
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Arbeitsweise eines Ottomotors
Die Verbrennung in einem Ottomotor von Ingo Weise Ich stelle regelmäßig fest, daß bei uns Fliegern, sowohl hier im Verein als auch in diversen Internetforen, aufgrund fehlenden Wissens viele Gerüchte, Halb- und Unwahrheiten über verschiedene technische Zusammenhänge kursieren. Deshalb möchte ich hier die grundsätzlichen Zusammenhänge beim Ottomotor erläutern und dabei auf einige Besonderheiten der Flugmotoren eingehen. Brennverlauf: Das Luft-Kraftstoffgemisch wird im Zylinder verdichtet und dann bevor der Kolben den oberen Totpunkt (OT) erreicht durch den Zündfunken an der Zündkerze entzündet. Dabei verbrennt nicht sofort der ganze Kraftstoff, sondern eine Flammenfront breitet sich im Brennraum aus. Durch die Verbrennung steigt der Druck im Brennraum an. Durch die Abwärtsbewegung des Kolbens nimmt das Brennraumvolumen zu. Damit nimmt der Druck wieder ab bzw. wird in der Steilheit seines Anstiegs begrenzt. Wenn man den Druckverlauf über den Kurbelwinkel aufträgt, bekommt man einen steilen Druckanstieg, der kurz vor OT beginnt, ein Maximum kurz hinter OT hat und danach deutlich flacher wieder abfällt, bis der Kolben fast den unteren Totpunkt (UT) erreicht hat und das Auslaßventil öffnet. Aus der Geometrie der Kurbelwelle und des Pleuels ergibt sich, daß für eine maximale Umsetzung der Verbrennungsenergie in Drehmoment der Zündzeitpunkt so gewählt sein sollte, daß der Schwerpunkt dieser Druckkurve bei ca. 8° nach OT liegen sollte. Einfluß des Gemisches und der Zündung: Aufgrund der chemischen Zusammensetzung des Kraftstoffs und der Luft, liegt das ideale Mischungsverhältnis bei 14,72g Luft zu 1g Kraftstoff. Dieses Mischungsverhältnis bezeichnet man als stöchiometrisches Gemisch. Das Luft-Kraftstoff-Verhältnis (λ) ist dann gleich 1. Bei einem höheren Kraftstoffanteil (λ < 1) kann der Kraftstoff nur teilweise verbrennen, bei einem niedrigeren Kraftstoffanteil (λ > 1) verbrennt der Kraftstoff vollständig und es bleibt ein Rest von Sauerstoff im Abgas vorhanden. Damit das Gemisch überhaupt Zündfähig ist, muß λ zwischen ca. 0,65 und 1,2 liegen. Je weiter man sich der oberen oder unteren Grenze nähert, desto schlechter wird die Verbrennung, der Motor läuft unruhig und hat Zündaussetzer. (Für die Techniker: Das Maß für die Laufunruhe eines Motors ist die Standartabweichung des indizierten Mitteldruckes, σpmi.) Das Luft-Kraftstoff-Gemisch wird bei der Verdichtung erwärmt. Bei höherem Kraftstoffanteil (kleines λ) ist die Masse des zu erwärmenden Gemisches höher und damit die Verbrennungsausgangstemperatur (Temperatur bei Beginn der Verbrennung) geringer als bei größerem λ. Die Flammenfront breitet sich daher langsamer aus, bzw. der Druckanstieg ist flacher. Damit der Verbrennungsschwerpunkt weiterhin im Optimum von 8° nach OT liegt, muß also bei fetterem Gemisch früher gezündet werden als bei magerem. Ebenso muß bei einer Drehzahländerung der Zündwinkel angepaßt werden. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Flammen im Brennraum bleibt gleich, aber die Zeit für einen Verbrennungsvorgang verkürzt sich mit steigender Drehzahl. Das maximale Drehmoment für einen Betriebspunkt (feste Drehzahl und Luftmasse) erhält man bei einem Luft-Kraftstoffverhältnis von ca. λ = 0,95. Der Motor arbeitet dann allerdings nicht im Verbrauchsoptimum. Der niedrigste spezifische Verbrauch (Kraftstoffmasse/Energie [g/kWh]) liegt bei ca. λ = 1,1. Betriebsgrenzen: Jeder Motor unterliegt wegen der Festigkeit einzelner Bauteile verschiedenen Beschränkungen im Betrieb. Die vier wichtigsten beschränkenden Größen sind die Abgastemperatur, die mittlere Verbrennungstemperatur, der Spitzendruck und die Klopfgrenze. Sie sind sowohl vom Lastpunkt (Saugrohrdruck und Drehzahl), als auch von 1 Gemisch und Zündung abhängig. Im folgenden werde ich mich auf den Einfluß von Gemisch und Zündung beschränken. Die Abgastemperatur ändert sich sowohl mit dem Zündzeitpunkt, als auch mit dem Gemisch. Bei kleinem Lambda (Kraftstoffüberschuß) ist die Verbrennungsausgangstemperatur niedriger (s.o.), die Verbrennung läuft langsamer ab und die Energie, die zur Verdampfung des überschüssigen Kraftstoffs benötigt wird, wird dem Verbrennungsvorgang entzogen. Bei ca. λ = 1,05 wird der Kraftstoff vollständig und durch den geringfügigen Luftüberschuß sehr schnell verbrannt; hier liegt das Maximum der Abgastemperatur. Bei weiter steigendem Lambda nimmt zwar die Verbrennungsgeschwindigkeit weiter zu, gleichzeitig reduziert sich aber auch die Menge des Kraftstoffs. Die Temperatur nimmt wieder ab. Je später der Zündzeitpunkt liegt, desto höher steigt die Abgastemperatur, weil ein größer werdender Anteil der Energieumsetzung erst bei späten Kurbelwellenstellungen kurz vor UT erfolgt. Der innere Wirkungsgrad des Motors verringert sich und ein größerer Anteil der Verbrennungsenergie wird über das Abgas abgegeben. Die Abgastemperaturgrenze für den Bauteilschutz liegt bei ca. 850 °C. Die mittlere Verbrennungstemperatur ist in erster Linie von der Last aber auch vom Zeitpunkt der Energieumsetzung abhängig. Je höher die Last ist und je früher die Energieumsetzung stattfindet (mageres Gemisch und frühe Zündung), desto höher ist die Temperatur. Die Verbrennungstemperatur wird über die Brennraumwände auf den Zylinderkopf und den Kolben übertragen und muß über das Kühlsystem (Luft oder Wasser und Öl) an die Umgebung abgegeben werden. Der Spitzendruck wird durch den Zeitpunkt und den Gradienten des Druckanstiegs kurz vor OT bestimmt. Im OT ist das Brennraumvolumen am kleinsten und die Flammenausbreitungsgeschwindigkeit am größten. Je mehr Energie hier umgesetzt wird (mageres Gemisch und frühe Zündung), desto höher steigt der Spitzendruck. Beim Ottomotor liegen die Spitzendrücke im allgemeinen so niedrig, daß sie aus Sicht der Bauteilbelastung wenig kritisch sind. Der Spitzendruck ist bei der Betrachtung von Stickoxidemissionen und bei der Auslegung von Dieselmotoren eine wichtige Größe. Ein hoher Druckanstieg bei der Verbrennung kann allerdings zum Klopfen führen. Als klopfende Verbrennung bezeichnet man die an verschiedenen Punkten im Brennraum gleichzeitig auftretende unkontrollierte Verbrennung. Sie entsteht dadurch, daß durch den Druckanstieg bei der regulären Verbrennung das restliche, noch nicht von der Flammenfront erfaßte Gemisch komprimiert und dabei bis zur Selbstzündungstemperatur erwärmt wird. Durch die gleichzeitige Verbrennung an verschiedenen Stellen steigt der Spitzendruck dann so stark an, das es innerhalb weniger Sekunden zur Zerstörung des Motors führt kann. Im Prinzip entspricht das der Verbrennung im Dieselmotor, bei der das Gemisch allein durch die Kompression so weit erwärmt wird, daß es sich selbst entzündet. Da der Diesel aber mit hohen Luftüberschuß (λ > 1.2) betrieben wird, ist der Druckanstieg nicht so steil. Um das Klopfen zu verhindern, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Durch späte Zündung kann der Druckanstieg so weit in den Bereich der Abwärtsbewegung des Kolbens verschoben werden, daß der Spitzendruck weit genug gesenkt wird, um Klopfen zu verhindern. Durch einen hohen Kraftstoffüberschuß wird die Verbrennungsausgangstemperatur weit genug abgesenkt. Die späte Zündung ist jedoch gerade bei hohen Lasten durch die steigende Abgastemperatur begrenzt. Beide Möglichkeiten wirken sich negativ auf den Verbrauch aus, beim Anfetten des Gemisches aufgrund der unvollständigen Verbrennung und bei der Zündungsspätverstellung aufgrund der ungünstigen späten Energieumsetzung. 2 Besonderheiten unserer Flugmotoren Unsere Lycoming-, Continental- und Rolls-Royce-Flugmotoren sind in den 30er und 40er Jahren mit dem Ziel entwickelt worden, leichte, unkomplizierte und zuverlässige Antriebe für Kleinflugzeuge zu erhalten. Seit dieser Zeit sind aufgrund der teuren Zulassungsverfahren und der geringen Stückzahlen nur geringfügige Weiterentwicklungen vorgenommen worden. Sie entsprechen daher nicht mehr dem Stand der Technik. Zwei Dinge sind wie bei jedem Ottomotor von besonderer Bedeutung: Zündung und Gemischbildung. Die Zündung besteht aus zwei voneinander unabhängigen Systemen mit festem Zündzeitpunkt bei meistens 25° vor OT. Die zwei Systeme dienen in erster Linie der erhöhten Sicherheit für den Fall des Ausfalls einer der Zündungen, haben aber auch Auswirkungen auf den Brennverlauf. Durch die gleichzeitige Zündung an zwei relativ weit voneinander entfernten Punkten im Brennraum wird die Zeit, die die Flammen brauchen um das gesamte Luft-Kraftstoff-Gemisch zu erfassen, deutlich verkürzt, der Druckanstieg wird steiler, und die Energieumsetzung erfolgt, thermodynamisch günstiger, in einem kürzerem Bereich nach OT. Dadurch wird die abgegebene Leistung des Motors geringfügig erhöht. Für den Piloten ist dieser Effekt durch den Drehzahlabfall mit nur einer Zündung beim Magnettest ersichtlich. Er wird um so deutlicher, je größer der Hubraum eines Motors ist. Der feste Zündzeitpunkt von 25° vor OT ist so gewählt, daß auch in der Vollast kein Klopfen entsteht aber auch die Abgastemperatur nicht zu hoch steigt. In der Vollast ist der Motor zusätzlich mit fettem Gemisch zu betreiben, um die Klopfneigung zu verringern. Der Verbrennungsschwerpunkt (s.o.) liegt, thermodynamisch ungünstig, sehr spät, sodaß der spezifische Verbrauch ansteigt. Aufgrund der andernfalls klopfenden Verbrennung ist jedoch kein günstigerer Betrieb möglich. Wenn man jetzt geringere Lasten (Drosselklappe teilweise geschlossen, bzw. Gashebel ein Stück nach hinten) betrachtet, dann besteht dort keine Gefahr des Klopfens mehr. Hier sollte theoretisch der Zündzeitpunkt so eingestellt werden, daß der Verbrennungsschwerpunkt bei optimalen 8° nach OT liegt. Der Zündzeitpunkt läge dabei im Bereich von bis zu 40° bis 50° vor OT. Durch den ungünstigen Zündzeitpunkt der Flugmotoren ergeben sich Verbrauchsnachteile, je nach Drehzahl und Last, von bis zu 20%. Die zweite wichtige Größe beim Betrieb des Motors hat der Pilot selbst in der Hand: Die Gemischbildung. Wie aus den oben stehenden Ausführungen ersichtlich, liegt das optimale Mischungsverhältnis zwischen Luft und Kraftstoff für eine vollständige Verbrennung bei 14,72 : 1 (λ = 1), das Verhältnis für den minimalen spezifischen Verbrauch bei ca. λ = 1,1. Zwischen diesen beiden Werten erreicht die Abgastemperatur ihr Maximum. Für den Piloten heißt das, daß er bei Leistungen von 75% und weniger den Mischhebel soweit zurückziehen sollte, daß die Abgastemperatur ihr Maximum erreicht. Das gilt immer, sowohl in 500 ft als auch besonders in 10000 ft Flughöhe! Bei höheren Leistungen ist das Gemisch in jedem Fall anzureichern, um eine Beschädigung des Motors durch klopfende Verbrennung zu vermeiden. Dabei sind die Vorgaben des Handbuchs zu beachten. Die Vorgaben im Flugzeughandbuch entsprechen leider teilweise nicht immer denen im Handbuch des Motorenherstellers. Aus Ingenieursicht sind die Angaben des Motorenherstellers relevant, weil die Flugzeughandbücher teilweise von Juristen bearbeitet und mit zusätzlichen, aus technischer Sicht nicht nachvollziehbaren, „Sicherheitsreserven“ versehen werden. Der Lufteinlaß der Motoren ist wegen der Bauraumbeschränkung weit davon entfernt strömungsmechanisch ideal zu sein. Dies führt zu einer ungleichen Verteilung des Gemisches in den einzelnen Zylindern. Beim Abmagern wird daher der magerste Zylinder zuerst die maximale Abgastemperatur erreichen. Man geht also immer einen Kompromiß zwischen den einzelnen Zylindern ein. In vielen Flugzeugen ist nur ein Zylinder mit einem Abgastemperatursensor ausgestattet. Der Pilot weiß also nicht sicher, ob nicht ein anderer Zylinder magerer ist und vielleicht den Punkt der maximalen Abgastemperatur weit überschritten hat. 3 Da der Sicherheitsabstand zur Klopfgrenze ausreichend groß ist, ist dies nur in soweit relevant, als daß bei zunehmend magerem Gemisch die Verbrennung ungleichmäßiger wird bis es schließlich zu Zündaussetzern kommt. Die ungleichmäßige Verbrennung äußert sich in einem geringfügig rauheren Motorgeräusch, Zündaussetzer erzeugen deutliche Vibrationen. Wenn man nun also das Gemisch auf maximale Abgastemperatur eingestellt hat, sich aber nicht sicher ist, ob es nicht vielleicht doch zu mager ist, fettet man es einfach ganz langsam wieder an und achtet dabei auf das Geräusch. Wenn das Geräusch gleichmäßiger wird oder im Extremfall sogar die Leistung spürbar ansteigt, war das Gemisch vorher zu mager und man läßt den Hebel in der neuen Position stehen. Wenn nichts passiert, außer das die Abgastemperatur wieder fällt, schiebt man den Hebel wieder in die alte Stellung zurück. Ein zu fettes Gemisch hat nicht nur zur Folge, daß man dem Motor mehr Kraftstoff zuführt als er vollständig verbrennen kann, sondern durch die zusätzliche Kühlung verschiebt sich der ohnehin durch den ungünstigen Zündzeitpunkt schon zu späte Verbrennungsschwerpunkt noch weiter nach hinten. Der Wirkungsgrad des Motors sinkt. Der Kraftstoffverbrauch läßt sich durch richtiges Abmagern um bis zu 25 % verringern!!! Die Rückstände des unvollständig verbrannten Kraftstoffs lagern sich an den Ventilen und Zündkerzen an. In jedem Fall hat der Pilot darauf zu achten, daß die vom Hersteller vorgegebenen Grenzen für Öl-, Zylinderkopf- und Abgastemperaturen nicht überschritten werden, wobei die Abgasbzw. Turbineneinlaßtemperatur in erster Linie bei Turbomotoren eine kritische Größe ist. Die bisherigen Ausführungen gelten allgemein für alle (Otto-) Flugmotoren. Bei Flügen in sehr großer Höhe (<< 12000 ft) gibt es aber wegen der geringeren Luftdichte und der damit verbundenen schlechteren Kühlung insbesondere bei Turbomotoren zusätzliche Temperaturprobleme (Zylinderkopf- und Abgas- bzw. Turbineneinlaßtemperatur). Der Umgang damit ergibt sich logisch aus den bisher beschriebenen Zusammenhängen. Wegen der geringen Verbreitung von Turbomotoren möchte ich hier aber nicht weiter darauf eingehen. Ein weitere Möglichkeit Kraftstoff zu sparen ergibt sich, abgesehen von der meistens nicht praktikablen Verringerung der Geschwindigkeit, die ja bekanntlich quadratisch in den Luftwiderstand eingeht, durch fliegen in größeren Höhen. Mit zunehmender Höhe nimmt die Dichte der Luft ab und der Luftwiderstand verringert sich. Gleichzeitig nimmt bei Saugmotoren die Leistung ab; Turbomotoren haben auch in größeren Höhen noch die volle Leistung. Bei Saugmotoren gibt es noch eine zusätzliche Kraftstoffersparnis durch die Reduzierung der Drosselverluste. Um gleiche Leistung zu erhalten, muß mit zunehmender Höhe die Drosselklappe weiter geöffnet werden. Bei Flugzeugen mit Saugmotoren liegt die ideale Flughöhe bei ca. 8000 ft, für Turbomotoren gilt: Je höher desto besser. 4