Benze, Rudolf: Erziehung im Großdeutschen Reich, In: Gamm, Hans

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Benze, Rudolf: Erziehung im Großdeutschen Reich, In: Gamm, Hans
Benze, Rudolf: Erziehung im Großdeutschen Reich, In: Gamm, Hans-Jochen: Führung und Verführung.
Pädagogik des Nationalsozialismus, München 31964, S. S. 83-84.
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Die nationalsozialistische Bewegung als das wache Gewissen des deutschen Volkes erhebt grundsätzlich
den Anspruch, dass sie – wie in allen weltanschaulichen Fragen – auch in der Erziehung von jung und alt
die letzte Entscheidung hat. In ihrem Auftrage bildet die Parteiorganisation zusammen mit dem nationalsozialistischen Staat die zweieinige Erziehungsmacht, die allein die Erziehungshoheit besitzt. Wenn man
früher Elternhaus, Staat, Kirche usw. als „Erziehungsmächte“ bezeichnete, so entsprang das vor allem liberalistischer Anschauung, die keine letzte Autorität kannte, sondern von dem freien Wettstreit – in Wirklichkeit dem Kampf alles gegen alle – ein Auspendeln zur „gesunden Mitte“ erhoffte. Von einer wirklich
entscheidenden „Macht“ konnte jedoch – schon der Vielheit wegen – nicht die Rede sein. Heute sprechen
wir von „Erziehungsbeauftragten“ und verstehen darunter Stellen und Organisationen, die berechtigt
sind, in grundsätzlichen und praktischen Fragen der Erziehung verantwortlich mitzubestimmen oder auch
nur mitzuwirken. Jenes Gegeneinander der alten Erziehungsmächte ist heute dadurch beseitigt worden,
dass das deutsche Volk für die gesamte Erziehung zum Maßstab aller Dinge gemacht worden ist und dass
die NSDAP als Treuhänderin des deutschen Volkes und der Staat als die gesetzlich geregelte Ordnung des
Volkes das Ziel und den Weg der Erziehung bestimmen.
Da die NSDAP bei aller grundsätzlichen Verantwortung für die weltanschaulich-politische Erziehung des
Volkes aber weder rechtlich noch organisatorisch alle Erziehungsarbeit allein leisten und regeln könnte,
so ruht in den Händen des Staates noch heute der größte Teil der Pflichterziehung des deutschen Volkes,
besonders seiner Jugend, während die NSDAP die Beachtung der weltanschaulich-politischen Ziele ständig
überwacht und vor allem die weiten Gebiete der Erziehung beherrscht und ausbaut, die außerhalb des
staatlichen Aufgabenkreises liegen.
Der Staat, der als bisher stärkste und rechtlich entscheidende Erziehungsmacht das am reichsten gegliederte Erziehungssystem besaß, ist heute endlich Volksstaat geworden, und seine Regierungs- und Verwaltungsstellen handeln, nach den weltanschaulich-politischen Weisungen der NSDAP, im Namen des Volkes
und für das Volk. So liegt ihm die öffentliche Erziehungsarbeit und die Überwachung der privaten Erziehung ob. Die Abgrenzung der Aufgaben von Partei und Staat und die Art ihrer Zusammenarbeit wird fortlaufend durch Gesetze und Vereinbarungen geregelt, eine Entwicklung, die in den wenigen Jahren seit
dem Umbruch noch nicht abgeschlossen sein kann. Daraus erklärt es sich, wenn trotz der Gleichstrebigkeit
einstweilen noch hier und da in der Einzelarbeit gewisse Überschneidungen und belebende Spannungen
auftreten. Dieser Übergangszustand entspricht dem auf anderen Gebieten des öffentlichen und privaten
Lebens, wo gleichfalls die Überleitung der alten Vorstellungen und Zustände in die neuen Bahnen nur
Schritt für Schritt möglich ist, mögen auch diese Schritte schnell aufeinanderfolgen. Zu Verschmelzungsund Läuterungsvorgängen, wie wir sie heute erleben, ist ja nicht nur das Feuer der Begeisterung nötig,
sondern auch die kühle Planung und eine angemessene Zeit. Neben Partei und Staat hat die Familie als
die natürliche Keimzelle des Volkes unabdingbare Erziehungspflichten und –rechte. Diese sind nach Umfang und Wirkung am stärksten in den ersten Lebensjahren und verklingen in dem Maße, wie Partei und
Staat sich in die Erziehung einschalten und wie die jungen Familienmitglieder selbständig zu leben vermögen. Alle Erziehungsarbeit in der Familie muss sich bewusst sein, dass sie ein Glied in der nationalsozialistischen Gesamterziehung des deutschen Volkes ist und den Treuhändern des deutschen Volkes – NSDAP
und Staat – verantwortlich ist.
Aufgabenstellung:
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1. Stellen Sie den Grundgedanken des Textes systematisch vor.
2. Vergleichen Sie die Erziehungsvorstellungen des NS-Staates mit denen von Hurrelmann.
3. Erörtern Sie die Frage, ob heutzutage eine Entwicklung zu einem „Erziehungsstaat“ droht.

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