Hauptamtliche Mitarbeiter der DDR

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Hauptamtliche Mitarbeiter der DDR
Hauptamtliche Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit.
Passungsverhältnisse zwischen individuellen Lebensarrangements und
institutionellen Strukturen beim Dienst im MfS
(DFG-Forschungsprojekt – eigene Stelle)
Projektbeschreibung
Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) gilt als Inbegriff der staatssozialistischen
Herrschaftsausübung in der DDR. Bis heute gibt es ein starkes öffentliches Interesse
an der „Stasi“. Im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit stehen vor allem die inoffiziellen Mitarbeiter (IMs). Tatsächlich dienten die IMs „nur“ als Zuträger von Informationen und es waren die hauptamtlichen Mitarbeiter, d.h. die Berufssoldaten in den MfSKreisdienststellen, Bezirksverwaltungen und der Berliner Zentrale, die als „Schild und
Schwert der Partei“ das Rückgrat des staatssozialistischen Herrschaftssystems bildeten. Von dieser Personengruppe weiß man bislang recht wenig. Letztlich ist klärungsbedürftig, wie Menschen dazu kamen, in den Dienst des MfS einzutreten, hier mitzuarbeiten und was aus den ehemaligen Tschekisten nach der „Wende“ geworden ist. Was
waren ihre maßgeblichen Motivationsgrundlagen, Wertvorstellungen, und wie gestaltete sich ihr Lebensalltag im Dienst des MfS. Diese Forschungslücke soll mit dem Projekt geschlossen werden.
Gegenstand des Forschungsvorhabens sind Lebensverläufe von ehemaligen hauptamtlichen MfS-Mitarbeitern. Mit interpretativen Verfahren der qualitativen Sozialforschung sollen anhand biografischer Interviews und weiterer Experteninterviews das
Zusammenspiel zwischen den individuellen Persönlichkeitsdispositionen der MfS-Mitarbeiter, den institutionellen Strukturen des Geheimdienstes und den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der DDR rekonstruiert werden. Das zweite zentrale Untersuchungsziel ist die Erforschung der lebensbiografischen Verläufe nach dem Zusammenbruch des MfS und der DDR 1989/1990.
Aufgrund des komplex angelegten, multiperspektivischen Forschungsprogramms sind
die erwarteten Untersuchungsergebnisse nicht auf den Untersuchungsgegenstand
MfS allein beschränkt. In Hinblick auf das Forschungsfeld staatssozialistisches Herrschaftsregime stellt der Dienst in der Staatssicherheit „die Spitze des Eisberges“ dar.
Mit dem Forschungsprojekt kann gezeigt werden, wie sich in den personalen Entscheidungs- und Handlungsmustern, Wertvorstellungen und Lebensarrangements der
MfS-Mitarbeiter zugleich überindividuelle soziokulturelle und politisch-ideologische
Entwicklungen manifestieren, durch die die gesellschaftliche Entwicklung der DDR geprägt war. In dem Aufzeigen solcher subjektiven Aneignungs- und Gestaltungsprozesse, die sich mit interpretativen Analyseverfahren anhand der Manifestationen in den
Interviewäußerungen rekonstruieren lassen, wird in nuce die Sozialgeschichte der
DDR mit dem staatssozialistischen Zuschnitt erkennbar. In diesem Sinne soll mit der
Studie über die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit ein Beitrag zur sozialwissenschaftlichen Aufarbeitung der DDR-Gesellschaft und ihrer Transformation im
Zuge der deutschen Wiedervereinigung geleistet werden.