Bruce Henderson/BCG

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Bruce Henderson/BCG
Institut für Wirtschaftswissenschaften
Abteilung für Controlling und strategische Unternehmensführung
CO4: LITERATURSEMINAR
„Highlights im Strategischen Management“
o.Univ.-Prof. Dr. Dietrich Kropfberger / Univ.-Ass. Dr. Gernot Mödritscher
LV Nr 602.340, SS 2004
Thema 4:
Erfolgsfaktoren und deren Messung
Bruce Henderson (BCG)
Daniela ESBERGER
6. Semester
MatNr.: 0160072, L154
M.-Unterlercher-Str. 15/3
9523 Villach-Landskron
+43/650/29 29 29 6
[email protected]
Abgabetermin: 27.04.2004
Referatstermin: 04.05.2004
Verzeichnisse
i
Ehrenwörtliche Erklärung
Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig verfasst habe, und keine
anderen, als die hier angeführten Literaturquellen und Hilfsmittel verwendet habe!
___________________________________________________
Ort, Datum, Unterschrift
Verzeichnisse
ii
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung................................................................................................................. 1
2
Bruce D. Henderson und die Bosten Consulting Group...................................... 2
3
Das Erfahrungskurvenkonzept.............................................................................. 3
3.1 Gründe für die Kostenreduktion........................................................................ 5
3.2 Strategische Konsequenzen............................................................................... 6
3.3 Kritische Betrachtung........................................................................................ 7
4
Das Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio (BCG-Matrix).......................... 10
4.1 Die Kategorien ................................................................................................ 12
4.1.1
Stars .................................................................................................. 12
4.1.2
Cash Cows........................................................................................ 12
4.1.3
Question Marks (Nachwuchsprodukte)............................................ 13
4.1.4
Poor Dogs (Auslaufprodukte) .......................................................... 13
4.2 Die BCG-Matrix und das Produkt-/Marktlebenszyklusmodell....................... 14
4.3 Normstrategien................................................................................................ 17
4.3.1
Offensivstrategien ............................................................................ 17
4.3.2
Investitionsstrategien........................................................................ 18
4.3.3
Defensivstrategien ............................................................................ 18
4.3.4
Desinvestitionsstrategien.................................................................. 20
4.4 Kritische Betrachtung...................................................................................... 20
4.5 Erweiterung zur Sechs-Felder-Matrix............................................................. 23
5
Resümee ................................................................................................................. 25
Verzeichnisse
iii
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1. Funktion der Erfahrungskurve................................................................................................ 3
Abbildung 2. Lineare und logarithmische Darstellung der Erfahrungskurve............................................... 4
Abbildung 3. Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio der Boston Consulting Group.............................. 11
Abbildung 4. Die 4 typischen Phasen der Produktlebenskurve.................................................................. 14
Abbildung 5. Einnahmen/Ausgaben-Gegenüberstellung in der BCG-Matrix............................................ 15
Abbildung 6. Gegenüberstellung der Investitionen und der Deckungsbeiträge in der BCG-Matrix.......... 19
Abbildung 7. Erweiterte BCG-Matrix – Sechs-Felder-Matrix ................................................................... 24
Verzeichnisse
iv
Abkürzungsverzeichnis
BCG
Boston Consulting Group
RoI
Return on Investment
Esberger – Bruce D. Henderson
1
1 Einleitung
Strategie stammt aus dem Griechischen und bedeutet Heeresführung. Etwas allgemeiner
ausgedrückt bedeutet dieser Begriff soviel wie zielorientiertes Vorgehen auf längerer
Sicht. Legt man nun dies auf ein Unternehmen um, soll mit Hilfe einer geeigneten
Strategie ein Unternehmensziel langfristig erreicht werden.1
Genau mit diesem Thema beschäftigte sich Bruce D. Henderson, Gründer der Boston
Consulting
Group
(BCG),
eines
der
heute
weltweit
bekanntesten
Beratungsunternehmen. Das Unternehmen war von Beginn an auf Strategieberatung
spezialisiert. Mit der Erfahrungskurve und dem Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio
schuf Henderson mit der Boston Consulting Group Ende der Sechziger bzw. Anfang der
Siebziger Jahre richtungsweisende Konzepte, die bis heute verwendet und in der
Literatur erwähnt werden.2
Das Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio gilt sogar als eines der wichtigsten
Diagnoseinstrumente für Mehrproduktunternehmen. Denn nur wenn das Portfolio eines
Unternehmens ausgewogen ist, können die Wachstumschancen voll ausgenützt werden.
Beide Konzepte unterliegen trotz ihrer starken Verbreitung starker Kritik.
Zu Beginn dieser Arbeit sollen Bruce D. Henderson und die Boston Consulting Group
kurz vorgestellt werden. Dann sollen das Erfahrungskurvenkonzept und das
Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio dargestellt, ihre theoretischen und praktischen
Fundierungen näher betrachtet und auf Kritik und Erweiterungen hingewiesen werden.
1
2
Vgl Wikipedia [Strategie 2004].
Vgl. Oetinger [BCG Strategie 1993], S.13f.
Esberger – Bruce D. Henderson
2
2 Bruce D. Henderson und die Bosten Consulting Group
„Few people have had as much impact on international business in the second half of
the twentieth century as the founder of The Boston Consulting Group.“ Mit diesem Satz
verabschiedete sich die Financial Times von Bruce Henderson nach seinem Tod am
20. Juli 1992. 3
Der 1915 in Nashville (Tennesee) geborene Bruce D. Henderson stürzte sich, indem er
Bibeln für das Verlagshaus seines Vaters verkaufte, schon früh ins Geschäftsleben. Er
besuchte die Vanderbilt University und später die Harvard Business School, die er aber
1941 neunzig Tage vor seiner Graduierung verließ um für Westinghouse Corporation,
einer der größten Hersteller von Beleuchtungsprodukten, zu arbeiten. Er wurde einer der
jüngsten Vizepräsidenten in der Firmengeschichte. 1953 rief ihn Präsident Eisenhower
in ein fünfköpfiges Team, das das Auslandshilfsprogramm für Deutschland unter dem
Marshall Plan evaluieren sollte. Im Jahr 1959 verließ Henderson Westinghouse um für
Arthur D. Little, ein großes Managementberatungsunternehmen, zu arbeiten. 1963
bekam er schlussendlich das Angebot von der Boston Safe Deposit and Trust Company,
einen neuen Firmenzweig, ein Beratungsunternehmen, aufzubauen. Dies war die
Geburtsstunde der Boston Consulting Group.4
Die Boston Consulting Group setzte im ersten Monat 500 USD um. Heute zählt die
BCG zu den bekanntesten Beratungsunternehmen und hat einen Jahresumsatz von über
1 Milliarde USD mit ca 2.600 Beratern, davon allein knapp 600 in Österreich und
Deutschland, und ist weltweit mit 60 Büros in 37 Ländern vertreten.5
Henderson gilt als Pioneer der Strategieberatung. Er betrachtete das Unternehmen als
Ganzes und richtete seinen Blick nach außen. Er untersuchte den Wettbewerb und die
Position des Unternehmens darin. Mit der Erfahrungskurve und dem MarktanteilsMarktwachstums-Portfolio schuf Bruce Henderson richtungsweisende Konzepte für
Fragen der Unternehmensstrategie.6 Wichtige Themen wurden dabei von Anfang an in
einer eigenen Publikationsreihe, den „Perspectives“, von Mitarbeitern der BCG
festgehalten und regelmäßig in 6 Sprachen (englisch, deutsch, französisch, spanisch und
japanisch) herausgegeben. Ein Großteil der Veröffentlichungen stammt von Bruce
Henderson selbst.7
3
Vgl. Stern/Stalk [Perspectives on Strategy 1998], S.8.
Vgl Stern/Stalk [Perspectives on Strategy 1998], S.8 und BCG [History 2004].
5
Vgl. BCG [Facts 2003].
6
Vgl. Stern/Stalk [Perspectives on Strategy 1998], S.10.
7
Vgl. Oetinger [BCG Strategie 1993], S.13f.
4
Esberger – Bruce D. Henderson
3
3 Das Erfahrungskurvenkonzept
Bei der Erfahrungskurve handelt es sich um ein Konzept, dass einen Zusammenhang
zwischen Kostenentwicklung und Produktionsmenge aufzeigt. Das Modell wurde von
der Boston Consulting Group im Jahr 1966 entwickelt und stellt im Wesentlichen eine
Erweiterung der Lernkurve dar. Es besagt, dass man davon ausgehen kann, dass die
Stückkosten im Laufe der Zeit durch zusätzliche Erfahrung sinken.8
„Mit jeder Verdoppelung der im Zeitablauf kumulierten Produktionsmengen gehen die
auf die Wertschöpfung bezogenen Stückkosten eines Produkts potenziell um 20-30%
zurück.“9
Dies ist ohne Ende möglich und trifft sogar für weit auseinander liegenden
Industriezweigen im circa gleichen Ausmaß zu. Hier gilt allerdings zu beachten, dass
sich diese Kostenrückgänge nicht automatisch einstellen. Die Erfahrungskurve zeigt
lediglich Einsparungspotentiale auf, die durch entsprechende Maßnahmen des
Managements realisiert werden können.10
Die Funktion wird in Abbildung 1 dargestellt. Der Faktor b stellt hier die konstante
Kostenelastizität dar, die darüber Auskunft gibt, um wie viel Prozent die Stückkosten
sinken, wenn die kumulierte Produktionsmenge n um 1 Prozent steigt. Bei der
logarithmischen Darstellung (siehe Abbildung 2) gibt b die Steigung der Kurve an.11
Kn=K1n-b
Kn
Stückkosten der n-ten Produkteinheit
K1
Stückkosten der ersten Produkteinheit
n
kumulierte Produktionsmenge
b
Kostenelastizität (Degressionsfaktor, der durch die Erfahrungsrate p (angegeben in %) bestimmt wird.)
Abbildung 1. Funktion der Erfahrungskurve12
8
Vgl. Thommen/Achleitner [Betriebswirtschaft 2001], S.896.
Gälweiler [Unternehmensplanung 1986], S.258.
10
Vgl. Henderson [Erfahrungskurve 1984], S.19 und Gälweiler [Unternehmensplanung 1986], S.258.
11
Vgl. Thommen/Achleitner [Betriebswirtschaft 2001], S.897.
12
Quelle: In Anlehnung an Kreikebaum [Unternehmensplaung 1997], S.99 und Mengele
[Kooperation 1994], S.136f.
9
Esberger – Bruce D. Henderson
4
Werden die Stückkosten und die dazugehörige kumulierte Gesamtmenge in einem
Koordinatensystem aufgetragen und verbindet man die einzelnen Punkte, entsteht der
typische Kurvenzug. Da es sich bei der Erfahrungskurve um eine hyperbolische
Funktion handelt, kann sie entweder linear oder logarithmisch dargestellt werden (siehe
Abbildung 2). Der Rückgang der Kosten bestimmt hier die Krümmung der Kurve
(lineare Darstellung) bzw. die Steigung der Geraden (logarithmische Darstellung).13
Erfahrungskurven-Diagramm
Abbildung 2. Lineare und logarithmische Darstellung der Erfahrungskurve14
13
14
Vgl. Henderson [Erfahrungskurve 1984], S.20.
Quelle: Thommen/Achleitner [Betriebswirtschaft 2001], S.897.
Esberger – Bruce D. Henderson
3.1
5
Gründe für die Kostenreduktion
Als Ursachen für den Kostenrückgang werden dynamische Effekte, die sich aus der
Stückzahlenentwicklung über den gesamten Zeitverlauf entwickeln, und statische
Effekte, die sich aus dem Anstieg der jährlichen Produktionsmenge ergeben, genannt.15
1) Dynamische Effekte
a) Lerneffekte
Die Erfahrungskurve stellt eine Weiterentwicklung der schon früher bekannten
Lernkurve dar.16 Der Lernkurveneffekt hat als Basis die Annahmen, dass jeder
Mitarbeiter durch jede weitere hergestellte Produkteinheit lernt und seine Arbeit
effizienter verrichtet.17 Dies wirkt sich günstig auf die Personalkosten und die
Ausbringungsmenge aus.18 Kritisch zu Hinterfragen ist allerdings, ob überhaupt
derartige Erfahrungsgewinne erzielt werden können und wie der Kurvenverlauf
im Einzelfall aussieht. Dies hängt wiederum von den jeweils gegebenen
Arbeitsbedingungen ab und sollte individuell festgestellt werden.19 Im Vergleich
zur Lernkurve stellt die Erfahrungskurve eine Generalisierung dar. Die Boston
Consulting Group (im speziellen Bruce Henderson) konnte feststellen, dass mit
zunehmender Erfahrung nicht nur die Fertigungskosten, sondern alle anderen
Kosten, wie zum Bespiel Vertriebskosten, Forschungs- und Entwicklungskosten,
Personalkosten und Materialkosten, sinken.20
b) Technischer Fortschritt
Hier soll speziell auf die Bedeutung von Produkt- und Verfahrensinnovationen
eingegangen werden. Produktinnovationen sind allerdings nur dann relevant,
wenn sie eine kostengünstigere Herstellung ermöglichen.21 Vorrangig sollen
Verfahrensinnovationen verwendet werden, die zu einer Kostenreduktion im
Zeitverlauf führen. Darunter fallen neben neuen Anlagen auch verbesserter
Verfahren der Produktionssteuerung.22 Modernere Produktionsverfahren haben
in der Regel höhere Fixkosten und geringere variable Kosten. Bei
entsprechender Stückzahl ergeben sich daher niedrigere Durchschnittskosten.23
15
Vgl. Horvath [Controlling 2001], S.539f.
Vgl. Zäpfel [Produktionsmanagement 2000], S.63.
17
Vgl. Schulz [Portfolio-Analyse 1988], S.142.
18
Vgl. Thommen/Achleitner [Betriebswirtschaft 2001], S.896.
19
Vgl. Kreikebaum [Unternehmensplanung 1997], S.100.
20
Vgl. Henderson [Erfahrungskurve 1984], S.15ff.
21
Vgl. Küpper [Unternehmensrechnung 2002], S.385.
22
Vgl. Kreikebaum [Unternehmensplaung 1997], S.101.
23
Vgl. Horvath/Reichmann [Controllinglexikon 2003], S.196.
16
Esberger – Bruce D. Henderson
6
c) Rationalisierung
Durch verschiedene Rationalisierungsmaßnahmen (zB gezielte Aktivitäten im
Forschungs- und Entwicklungsbereich zur Verbesserung von Prozessen und
Produkten) wird die Produktivität erhöht und dabei zusätzliche
Kostensenkungspotentiale ausgeschöpft.24
2) statische Effekte
a) Fixkostendegression
Mit diesem Begriff wird die Abnahme der stückbezogenen fixen Kosten
bezeichnet, wenn gleichzeitig bei konstanter Betriebsgröße die
Ausbringungsmenge zunimmt.25 Dieser Effekt kommt allerdings nur bei
überschüssigen Kapazitäten zu tragen. Bei Vollauslastung müsste die Kapazität
erweitert werden, was die Fixkosten erhöhen würde.26
b) Betriebsgrößeneffekt
Kostensenkungen können sich zusätzlich auch ab einer bestimmten
Betriebsgröße ergeben.27 So steigt beispielsweise die Verhandlungsmacht
gegenüber dem Lieferanten und es können zunehmend Preiszugeständnisse
realisiert werden. Der Bezug größerer Mengen bringt vor allem bei Rohstoffen
beträchtliche Kostenvorteile. Allerdings gilt hier wiederum zu beachten, dass bei
vorgezogenen Käufen ein großes Lager benötigt wird, was wiederum neue
Kosten mit sich bringt.28
3.2
Strategische Konsequenzen
Die Erfahrungskurve alleine bringt keine automatische Kostenreduktion mit sich. Sie
weist lediglich auf Kostensenkungspotenziale hin, die aber erst realisiert werden
müssen. Das Konzept birgt allerdings weit reichende Konsequenzen für die
Wettbewerbsposition sowie für das strategische Verhalten.29
Bezüglich Kosten- und Preispolitik wird in der Einführungsphase eine
Niedrigpreispolitik zur schnelleren Durchdringung des Marktes empfohlen. In der
Wachstumsphase sollte dann eine kostenorientierte Preispolitik angestrebt werden.
24
Vgl. Küpper [Unternehmensrechnung 2002], S.385.
Vgl. Horvath [Controlling 2001], S.540.
26
Vgl. Matschek [Portfolio-Analysen 1991], S.39.
27
Vgl. Horvath [Controlling 2001], S.540.
28
Vgl. Matschek [Portfolio-Analysen 1991], S.39f.
29
Vgl. Dunst [Portfolio-Management 1983], S.75.
25
Esberger – Bruce D. Henderson
7
Anzumerken ist noch, dass das Unternehmen, das über das größte Produktionsvolumen
verfügt, auch den größten preispolitischen Handlungsspielraum hat.30
Hinsichtlich Wachstums- und Marktanteilspolitik ist festzustellen, dass vor allem eine
Konzentration auf Märkte, auf denen eine langfristige Marktführerschaft erreicht
werden kann, sinnvoll ist. Dies bedeutet wiederum, dass primär Märkte mit hohen
Wachstumsraten zu bevorzugen sind, da neue Marktanteile sich hier leichter erzielen
lassen. In gesättigten Märkten können hingegen neue Anteile nur auf Kosten der
Mitbewerber erwirtschaftet werden. Dies ist nur mit hohem Aufwand und weiteren
Kosten möglich. Es ist folglich eine Erhöhung des Marktanteiles auf
Wachstumsmärkten anzustreben, insbesondere daher, dass das Marktwachstum einen
wesentlichen Einfluss auf die Stückkostensenkung hat. Erfahrungskurven zeigen des
weiteren Anhaltspunkte für weitere Rationalisierungen und die Bedeutung des Nutzens
von Marktwachstum auf und ermöglichen eine bessere Einschätzung der eigenen und
der Kostenentwicklung der Mitbewerber.31
3.3
Kritische Betrachtung
Grundsätzlich ist hier festzustellen, dass sowohl die theoretische Fundierung als auch
die Operationalisierbarkeit der Erfahrungskurve sehr umstritten sind und heftig kritisiert
werden.32
Die Kritik bezieht sich hier vor allem auf folgende Punkte:
1) Mess- und datentechnische Probleme
a) Mögliche Kostensenkungspotenziale von Vor- und Fremdleistungen werden
nicht berücksichtigt.33
b) Es gibt keine eindeutige Definition der Stückkosten. Fraglich ist, ob es sich um
durchschnittliche Stückkosten oder um die Grenzstückkosten handelt.34 Weiters
tritt bei Ermittlung der Stückkosten das Problem der Zurechnung von Fix- und
Gemeinkosten auf.35
30
Vgl. Horvath [Controlling 2001], S.540 und Thommen/Achleitner [Betriebswirtschaft 2001], S.899.
Vgl. Zäpfel [Produktionsmanagement 2000], S.64 und Henderson [Erfahrungskurve 1984], S.45ff.
32
Vgl. Horvath/Reichmann [Controllinglexikon 2003], S.196.
33
Vgl. Zäpfel [Produktionsmanagement 2000], S.65.
34
Vgl. Schulz [Portfolio-Analyse 1988], S.148.
35
Vgl. Kreikebaum [[Unternehmensplanung 1997], S.107.
31
Esberger – Bruce D. Henderson
8
c) Die nominalen Kostendaten müssen in reale umgewandelt werden. Dafür muss
ein geeigneter Deflator gewählt werden.36
d) Das Erfahrungskurvenkonzept basiert auf der langfristigen Gleichheit der
untersuchten Produkte. Die meisten Produkte sind jedoch zahlreichen
Veränderungen unterworfen. Man greift daher häufig auf den
Verwendungszweck aus Kundensicht zurück.37
e) Der „Shared-experience-Effekt“38 wird oft nicht berücksichtigt. Gehen Teile und
Prozesse in mehrere Produkte ein, so ist die kumulierte Menge eines dieser
Produkte kein aussagekräftiger Identifikator für die Produkterfahrung.39
f) Da die Kostenbestimmung und –zuordnung einen sehr hohen
Informationsaufwand erfordern, werden Erfahrungskurven oft vereinfacht mit
den Produktpreisen entwickelt. Dies liefert nur dann ein korrektes Ergebnis,
wenn sich die Preise und Stückkosten parallel zueinander entwickeln.40
2) Theoretische Fundierung
a) Das Erfahrungskurvenkonzept beruht auf einer Reihe von Annahmen, die die
Bedeutung für die Praxis in Frage stellen. So nimmt man beispielsweise an, dass
eine vollkommen preiselastische Nachfrage mit einem einheitlichen Marktpreis
für alle Anbieter existiert. Weiters geht man von homogenen Produkten ohne
Qualitätsunterschiede und Differenzierung aus. Auch wird ein identer
Wissensstand der Mitbewerber sowie ein ausschließlich preisbezogener
Wettbewerb in der Branche unterstellt.41
b) Die
Erfahrungskurve
unterliegt
keiner
mathematisch
belegbaren
Gesetzmäßigkeit, sondern ist lediglich eine auf einzelnen Beobachtungen
basierende Theorie.42
3) Anwendung der Erfahrungskurve zur Strategieentwicklung
a) Die Höhe des Erfahrungskurveneffektes kann nicht einheitlich angegeben
werden, sondern hängt vom Produkt bzw. vom Prozess ab. Die Höhe kann hier
stark variieren. Bei einzelnen Produkten kann die Rate 60 % betragen, bei
36
Vgl. Kreikebaum [[Unternehmensplanung 1997], S.107.
Vgl. Kreikebaum [[Unternehmensplanung 1997], S.107.
38
Kreikebaum [[Unternehmensplanung 1997], S.107.
39
Vgl. Zäpfel [Produktionsmangagement 2000], S.65.
40
Vgl. Schulz [Portfolio-Analyse 1988], S.149.
41
Vgl. Schulz [Portfolio-Analyse 1988], S.149.
42
Vgl. Schulz [Portfolio-Analyse 1988], S.148.
37
Esberger – Bruce D. Henderson
9
anderen ist der Effekt gar nicht feststellbar.43 Prinzipiell kann man allerdings
davon ausgehen, dass in der Fertigung steilerer Erfahrungskurven auftreten, als
in anderen Bereichen wie etwa Einkauf oder Vertrieb. Besonders ausgeprägte
Effekte können hier wiederum in Branchen mit standardisierten Produkten mit
komplexen, arbeitsintensiven Produktionsprozessen festgestellt werden. Eine
aussagekräftige Prognose kann daher nur mit einer einzelfallspezifischen
Analyse erstellt werden.44
b) Produktlebenszyklusphase und Preiselastizität der Nachfrage bilden wichtige
Rahmenbedingungen. Besonders in frühen Entwicklungsphasen eines Produktes
können Strategien, die auf die Erfahrungskurve aufbauen, wirksam sein und so
spürbare Kosteneffekte innerhalb kurzer Zeit realisiert werden.45 Aber nur wenn
eine hohe Preiselastizität der Nachfrage gegeben ist und somit Preissenkungen
zu einer überproportionalen Steigerung der Nachfrage führen, ist eine rasche
Erhöhung des Absatzes eines Produkts möglich.46
c) Oft ist die Ausnutzung des Kostensenkungspotenziales mit hohen Investitionen
verbunden, da der Aufbau von großen und spezialisierten Produktionsanlagen
nötig ist. Dies ist allerdings mit hohem Risiko und steigender Inflexibilität
verbunden. Daher sollten hier Vor- und Nachteile gut abgewogen und weitere
Analysen durchgeführt werden.47
d) Es ist nicht geklärt, in welchem Umfang sich die Kostendegression auf die
einzelnen Kostanarten auswirkt. Laut Angaben der Boston Consulting Group
unterliegen alle Kostenarten (zB Verwaltungskosten, Kapitalkosten,
Produktionskosten, Vertriebskosten, Entwicklungskosten) der Kostendegression.
Allerdings wird keinerlei Auskunft darüber gegeben, ob alle Kosten eine gleiche
oder unterschiedliche Degressionsraten aufweisen. Auch ist nicht bekannt in
welchem Ausmaß sich die einzelnen Einflussfaktoren auf den
Kostensenkungseffekt auswirken.48
43
Vgl. Kreikebaum [[Unternehmensplanung 1997], S.108.
Vgl. Matscheck [Portfolio-Analysen 1991], S.41.
45
Vgl. Kreikebaum [[Unternehmensplanung 1997], S.109.
46
Vgl. Schulz [Portfolio-Analyse 1988], S.149.
47
Vgl. Matschek [Portfolio-Analysen 1991], S.42.
48
Vgl. Schulz [Portfolio-Analyse 1988], S.148f.
44
Esberger – Bruce D. Henderson
10
4 Das Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio (BCG-Matrix)
Das Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio der Boston Consulting Group (kurz:
BCG-Portfolio oder BCG-Matrix) ist wohl eines der bekanntesten und meist
verbreiteten strategischen Instrumente.49 Sein Zweck besteht im Wesentlichen darin, das
Unternehmen als ein Portfolio von Geschäftseinheiten darzustellen und dabei seine
eigene Marktstärke mit denen der Mitbewerber zu vergleichen.50 Jede einzelne dieser
Einheiten leistet einen gewissen Anteil zur Rentabilität und zum Wachstum des
gesamten Unternehmens. Um die strategische Situation differenzierter zu analysieren,
ist es sinnvoll das Unternehmen in voneinander unabhängige Geschäftsfelder
aufzuteilen.51
Die BCG-Matrix wird durch 2 Merkmale bestimmt: Das Marktwachstum, das die
umweltrelevanten Erfolgsfaktoren abbilden soll und der Marktanteil dient der
Einstufung der unternehmensinternen Situation.52 Durch Kennzeichnung des
durchschnittlichen Marktwachstums und des Wertes 1 (oder höher) des relativen
Marktanteils (1 bedeutet, dass der eigene Marktanteil so groß ist, wie der des
bedeutendsten Konkurrenten.) bzw. Einteilung der beiden Dimensionen in niedrig und
hoch entsteht eine Vier-Felder-Matrix (siehe Abbildung 1).53
In den verschiedenen Literaturquellen wird die BCG-Matrix auf unterschiedliche Arten
dargestellt. In dieser Arbeit wird die gängigere Methode in der moderneren Literatur
verwendet: Marktwachstum auf der y-Achse, Marktanteil auf der x-Achse, niedrigere
Werte näher der Schnittstelle der beiden Achsen, höhere Werte weiter oben bzw. weiter
rechts (in Anlehnung an das Koordinatensystem).
Die Matrix kann sowohl für Geschäftsfelder als auch für einzelne Produkte verwendet
werden. Im Folgenden wird aber der Einfachheit halber nur von Geschäftsfeldern
gesprochen. Die untersuchten Geschäftsfelder werden nach ihren Marktanteils- und
Wachstumskoordinaten des relevanten Marktes ins Portfolio eingetragen. Hierbei wird
der Marktanteil im Verhältnis zum größten Konkurrenten bzw. zu den größten
Konkurrenten ausgedrückt. Ist der Anteil gleich groß, wie der des Mitbewerbers, so ist
das Geschäftsfeld an der Schnittstelle zwischen Question Marks – Poor Dogs und Stars
– Cash Cows anzuordnen, ist er größer, dementsprechend mehr nach rechts, also im
Bereich Stars – Cash Cows und vice versa. Das Marktwachstum kann zur
49
Vgl. Macharzina [Unternehmensführung 1999], S.263.
Vgl. Streicher/Turnheim [Strategie 1987], S.45.
51
Vgl. Nagel/Wimmer [Strategieentwicklung 2002], S.229.
52
Vgl. Kropfberger [Erfolgsmanagement 1986], S.96.
53
Vgl. Streicher/Turnheim [Strategie 1987], S.45.
50
Esberger – Bruce D. Henderson
11
Vereinfachung auch dem Umsatzwachstum des untersuchten Geschäftsfeldes
gleichgesetzt werden. Die Geschäftsfelder selbst werden in Kreisen dargestellt, wobei
deren Größe beispielsweise Information über das bereits investierte Kapital oder deren
Umsatzanteil geben kann.54
Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio
Marktwachstum - Cash-Verbrauch
100
h
o
c
h
Question
Marks
Stars
50
n
i
e
d
r
i
g
0
0%
Poor
Dogs
Cash
Cows
niedrig
5000%
hoch
10000%
Marktanteil - Cash-Erzeugung
Abbildung 3. Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio der Boston Consulting Group55
Aus der BCG-Matrix lassen sich 3 wesentliche strategische Erkenntnisse ableiten:
54
55
ƒ
Überblick über die Zusammensetzung des Unternehmensportfolios
ƒ
Überblick über Mittelherkunft (Felder, in denen Cash Flow erwirtschaftet wird)
und Mittelverwendung (Felder, mit Kapitalbedarf)
ƒ
Die Positionierung der Geschäftsfelder bietet Hinweise für mögliche
Strategien.56
Vgl. Nagel/Wimmer [Strategieentwicklung 2002], S.229f.
Quelle: In Anlehnung an Oetinger [BCG Strategie 2000], S.347.
Esberger – Bruce D. Henderson
4.1
12
Die Kategorien
Die Geschäftsfelder finden sich nach der Einteilung in einer der 4 Kategorien wieder.
Klare Abgrenzungen können hier leider nicht getroffen werden, da Überschneidungen
und Grenzwerte durchaus möglich sind. Allerdings kann man grundsätzlich davon
ausgehen, dass bei einer Geschäftseinheit, die einen hohen Marktanteil hat, auch eine
gute Kostensituation aufgrund der Erfahrungskurve vorliegt.57
4.1.1
Stars
Sie sind die „Sieger“ der Analyse. Diese Produkte haben einen hohen Marktanteil und
befinden sich in einem stark wachsenden Markt. Sie haben daher auch einen hohen
Kapitalbedarf, da sie aber Marktführer sind, setzten sie auch wieder viel Cash frei und
haben so meist einen relativ ausgeglichenen Netto-Cash Flow. Zu beachten gilt, dass
hier ein hoher Marktanteil allein nicht ausreicht. Der Marktanteil eines „echten“ Stars
sollte doppelt so hoch sein, wie der seines nächstgrößten Konkurrenten. Nur dann kann
später auch mit einem hohen Kapitalrückfluss gerechnet werden. Der Star von heute soll
der Cash-Lieferant von morgen werden. Gelingt es nicht, die Marktführerschaft zu
halten, wird der Star zum Poor Dog.58
4.1.2
Cash Cows
Cash Cows schaffen durch ihren hohen Marktanteil und durch den damit verbundenen
Erfahrungskurveneffekt und geringen Investitionen einen hohen Cash Flow. Mit diesem
Mittelzufluss können andere Geschäftsfelder quersubventioniert werden. Daher kommt
ihnen auch eine besondere Bedeutung zu. Primäres Ziel eines Unternehmens sollte
daher die Sicherung der Cash Cows sein. Sie finanzieren nicht nur ihr eigenes
Wachstum, sondern auch Dividenden, Gemeinkosten der Zentrale, Kosten für
Forschung und Entwicklung anderer Geschäftsfelder, Zinsen des Unternehmens und
Investitionen.59
56
Vgl. Nagel/Wimmer [Strategieentwicklung 2002], S.230f.
Vgl. Streicher/Turnheim [Strategie 1987], S.45.
58
Vgl. Oetinger [BCG Strategie 2000], S.339f.
59
Vgl. Oetinger [BCG Strategie 2000], S.352f.
57
Esberger – Bruce D. Henderson
4.1.3
13
Question Marks (Nachwuchsprodukte)
Die Nachwuchsprodukte (auch „Babys“ oder „Wildcats“ genannt) stellen gemeinsam
mit den Stars die Hoffnungsträger eines Unternehmens dar. Sie befinden sich in einem
stark wachsenden Markt, jedoch noch mit geringem Marktanteil. Hier sollte folglich der
Marktanteil erhöht werden und aus dem Question Mark ein Star heranwachsen. Gelingt
das nicht, verschlingen sie oft über Jahre hinweg sehr viel Kapital. Erreichen sie keine
dominante Marktstellung bevor das Wachstum nachlässt, werden sie zu Sorgenkindern
(Poor Dogs). Daher stellt sich oft die Frage, ob in ein Question Mark stärker investiert
werden soll, um seinen Marktanteil zu erhöhen und so den Marktführer einzuholen oder
ob der Markt endgültig verlassen werden soll. Hierbei ist vor allem eine schnelle
Entscheidung gefragt, da es am ungünstigsten ist, die ursprüngliche Wettbewerbslage
nicht zu verändern. Sind in einem Unternehmen mehrere Nachwuchsprodukte
vorhanden, muss bei knappen Ressourcen eine Selektion erfolgen.60
4.1.4
Poor Dogs (Auslaufprodukte)
Poor Dogs sind die „Verlierer“ der Analyse. Sie erzielen kaum bis gar keinen
Cash Flow und sind in einem eher unattraktiven Markt angesiedelt. Sie sind daher
wertlos und drohen zu Cash-Fallen zu werden. Nur bei Interdependenzen mit anderen
Geschäftsfeldern (zB Bezugs- u. Lieferverflechtung, Nachfrageverbund), ist von einer
Liquidation abzusehen.61
Jeder dieser Kategorien kann eine bestimmte Strategie zugeordnet werden. Diese
werden im Kapitel „Normstrategien“ näher beleuchtet. Ziel dabei ist es, das Portfolio
ins Gleichgewicht zu bringen, also dass Geschäftsfelder vorhanden sind, die
ausreichend viel Cash Flow erzielen (also Cash Cows), so dass durch ihre Überschüsse
kapitalbedürftige Felder („Stars“ und „Question Marks“) finanziert werden können.62
60
Vgl. Oetinger [BCG Strategie 2000], S.353 und Dunst [Portfolio-Management 1983], S.99.
Vgl. Dunst [Portfolio-Management 1983], S.99.
62
Vgl. Nagel/Wimmer [Strategieentwicklung 2002], S.230.
61
Esberger – Bruce D. Henderson
4.2
14
Die BCG-Matrix und das Produkt-/Marktlebenszyklusmodell
Gemeinsam mit der Erfahrungskurve bildet das Produkt-/Marktlebenszyklusmodell die
theoretische Grundlage für das Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio. Das
Produkt-/Marktlebenszyklusmodell (siehe Abbildung 4) geht davon aus, dass Produkte,
Produktgruppen und sogar ganze Branchen eine beschränkte Lebensdauer haben und
ähnliche Phasen wie biologische Organismen durchlaufen. Man spricht hier von vier
Phase: „Einführung“, „Wachstum“, „Reife“, „Sättigung und Degeneration“. In der
Literatur wird die Degeneration auch manchmal als eigene Phase bezeichnet. Obwohl
die einzelnen Lebenskurven durch Produkt- und Branchenspezifika und andere
Einflüsse stark variieren können, lassen sich doch zumindest tendenziell Ähnlichkeiten
feststellen. Man kann grundsätzlich davon ausgehen, dass sich Umsatzvolumen eines
neu am Markt eingeführten Produkts zunächst langsam und dann schneller entwickeln
und nach Erreichen eines Maximalwertes wieder zurückgehen. Üblicherweise sind
Produktlebenszyklen, in die nicht spätestens nach Erreichen des Umsatzmaximums
gezielt eingegriffen wird (zB durch Relaunching), einem stetigem Rückgang
unterworfen.63
Produktlebenskurve
Abbildung 4. Die 4 typischen Phasen der Produktlebenskurve64
63
64
Vgl. Kropfberger [Erfolgsmanagement 1986], S.82ff.
Quelle: In Anlehnung an Dunst [Portfolio-Management 1983], S.96.
Esberger – Bruce D. Henderson
15
Aus Kenntnissen über die bisherige Marktentwicklung eines Produktes können anhand
dieses Modells grobe Aufschlüsse über zukünftige Entwicklung und somit über
Absatzchancen und Gewinnentwicklung eines Produktes gewonnen werden. Dieses
Konzept bildet die Grundlage für die Wahl des Marktwachstums als Schlüsselgröße im
Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio, da auf diese Weise die Zukunftschancen eines
Geschäftsfeldes beurteilt werden können.65
Wie Abbildung 5 veranschaulichen soll, erzielen die 4 Felder der BCG-Matrix
verschiedene Cash Flows. Bei genauerer Betrachtung finden sind hier Parallelen zur
Produktlebenskurve (Abbildung 4). Jeder Kategorie kann eine Lebensphase zugeordnet
werden: So befindet sich ein Question Mark in der Einführungsphase, ein Star in der
Wachstumsphase, eine Cash Cow in der Reifephase und der Poor Dog ist in der
Sättigungs-/Rückgangsphase.66
Cash Flow-Erzielung
Abbildung 5. Einnahmen/Ausgaben-Gegenüberstellung in der BCG-Matrix67
65
Vgl. Macharzina [Unternehmensführung 1999], S.265f.
Vgl. Gälweiler [Unternehmensplanung 1986], S.307f.
67
Quelle: In Anlehnung an Dunst [Portfolio-Management 1983], S.96.
66
Esberger – Bruce D. Henderson
16
Im Allgemeinen kann man nun also sagen, dass der Cash-Verbrauch eines
Geschäftsfeldes vom Marktwachstum abhängt und der Marktanteil die Höhe der
Cash-Erzeugung
bestimmt.
Letzteres
beruht
wiederum
auf
dem
68
Erfahrungskurveneffekt.
Das Produkt-/Marktlebenszyklusmodell ist wie jedes Konzept nicht frei von Kritik.
Seine Vorteile liegen vor allem in der Einfachheit und in der Anschaulichkeit, allerdings
wird kritisiert, dass dieses Modell eine viel zu starke Vereinfachung der Realität
darstellt. Folgende Punkte sind hier primär anzumerken:69
ƒ
Die einzelnen Phasen werden relativ willkürlich eingeteilt und je nach Eigenart
des Produktes können sie in Länge und Form stark variieren.
ƒ
Methoden zur Verlängerung des Lebenszyklus (zB Relaunching) finden keine
Berücksichtigung. Nach der Sättigungsphase könnte also eine neue
Wachstumsphase folgen.
ƒ
Der Marktlebenszyklus kann in Abhängigkeit von Branche, Produktgruppe oder
Produkt stark variieren.
ƒ
Die Länge und Form der Phasen können durch Absatzpolitik der Unternehmung,
durch Preispolitik, Produktgestaltung und Werbung beeinflusst werden und
stellen daher keine fixen Größen dar.
ƒ
Aufgrund der Vagheit der Zusammenhänge lässt sich eine Gesetzmäßigkeit des
Produkt-/Marktlebenszyklusmodell empirisch nicht belegen.
ƒ
Die genaue Positionierung eines Produktes im Lebenszyklusmodell sowie die
Bestimmung dessen weiterer Entwicklung sind kaum möglich.
Zusammenfassend
kann
man
also
sagen,
dass
mit
dem
Produkt-/Marktlebenszyklusmodell „weder eine theoretisch zwingende noch eine
empirisch regelmäßig belegbare Gesetzmäßigkeit vorliegt, durch die konkrete
Prognosen über den Verlauf eines Produktes am Markt erwartet werden dürfen. Es hat
vielmehr den Charakter eines rahmenartigen Denkmodells ohne hinreichende
prognostische Qualität.“70
68
Vgl. Oetinger [BCG Strategie 2000], S.347.
Vgl. hierzu und im folgenden Macharzina [Unternehmensführung 1999], S.273f. und Kropfberger
[Erfolgsmanagement 1986], S.88.
70
Macharzina [Unternehmensführung 1999], S.274.
69
Esberger – Bruce D. Henderson
4.3
17
Normstrategien
Jeder der 4 Kategorien der BCG-Matrix kann eine Normstrategie zugeordnet werden.
Hierin begründet sich auch die besondere Attraktivität dieses Portfolios. Aus den
Normstrategien lassen sich nämlich bereits klare Handlungsanweisungen ableiten.71
4.3.1
Offensivstrategien
Offensivstrategien eigenen sich für strategische Geschäftsfelder mit einem niedrigen
Marktanteil und einem hohen Marktwachstum, die sich in der Einführungsphase
befinden (Abbildung 6, I. Quadrant) – Question Marks. Der Kaptialrückfluss von
Nachwuchsprodukten reicht nicht zur Deckung der notwendigen Investitionen aus.
Daher wird hier auch von einer negativen Cash-Flow-Bilanz gesprochen. Sie befinden
sich in einem Stadium, in dem noch nicht ersichtlich ist, ob sie sich zum Poor Dog oder
zum Star entwickeln. Besteht die Möglichkeit durch Steigerung der Marktanteile die
Geschäftseinheit zum Star weiterzuentwickeln, so empfiehlt es sich zu investieren. Hier
gilt zu beachten, dass vor Nachlassen des Wachstums eine führende Marktposition
erreicht werden muss, um einen Kapitalrückfluss mindestens in Höhe der Investitionen
zu erzielen. An dieser Stelle wird allerdings vorausgesetzt, dass der Marktführer keine
Gegenmaßnahmen ergreift. Andererseits, besteht nicht einmal mit Hilfe von
Kooperationen mit anderen Unternehmen die Aussicht, die Marktanteile so zu erhöhen,
sollte ein Rückzug angestrebt werden. Aufgrund von begrenzten Ressourcen und dem
enormen Kapitalaufwand zur Erhöhung des Marktanteils muss bei mehreren
zukunftsträchtigen Geschäftsfeldern eine Konzentration auf das hoffnungsvollste bzw.
die hoffnungsvollsten erfolgen. Diese Entscheidung fällt zwar oft nicht leicht, sollte
aber rasch getroffen werden, da ein Verweilen in der ursprünglichen
Wettbewerbsposition aufgrund der hohen Kosten nicht anzustreben ist.72
Die Gewinnung neuer Marktanteile ist meist schwer und risikoreich. Jedenfalls muss in
Kapazitätserweiterungen investiert werden, gleichzeitig muss der Markt beispielsweise
durch Preissenkungen, Verbesserung der Qualität, zusätzlichen Dienstleistungen oder
Garantien erobert werden. Dies ist wiederum mit Gewinneinbusen und noch mehr
finanziellen Belastungen verbunden. Eine derartige Strategie muss also gut überlegt und
durchdacht sein.73
71
Vgl. Nagel/Wimmer [Strategieentwicklung 2002], S.231.
Vgl. Macharzina [Unternehmensführung 1999], S.268 und Hinterhuber [Unternehmensführung 1984],
S.117f.
73
Vgl. Oetinger [BCG Strategie 2000], S.357ff.
72
Esberger – Bruce D. Henderson
18
Auf jeden Fall sollte man ein Nachwuchsprodukt dann liquidieren, wenn:
ƒ
zu wenig Ressourcen für eine langfristig aggressive Strategie vorhanden sind;
ƒ
der Marktführer seinen Marktanteil vehement verteidigt und ihm dafür auch die
nötigen Mittel zur Verfügung stehen;
ƒ
eine Spezialisierung nicht möglich ist.74
4.3.2
Investitionsstrategien
Für Geschäftseinheiten mit einem hohen relativen Marktanteil und einem Wachstum
von über 10% („Stars“) empfehlen sich Investitionsstrategien. Der Netto-Cash Flow ist
hier meist ausgeglichen oder leicht negativ. In der Regel brauchen Starprodukte, da sie
sich noch in der Wachstumsphase ihres Lebenszyklus befinden, zur Sicherung und
möglicherweise weiteren Ausweitung ihrer Marktanteile höhere Investitionsmittel, als
sie selbst in Form von Deckungsbeiträgen realisieren können (siehe Abbildung 6,
Quadrant II).75 Eine Mittelzuführung wird allerdings dringend empfohlen, da die Stars
in ihrer späteren Entwicklungsphase, der Reifephase, zu den Cash Flow
erwirtschaftenden Geschäftsfeldern werden sollen und so eine wichtige Stütze für das
Unternehmen sind.76 Um diese Entwicklung wirklich zu gewährleisten, sollte der
Marktanteil bis zum Rückgang des Wachstums zumindest doppelt so hoch sein, wie der
des größten Mitbewerbers.77
4.3.3
Defensivstrategien
Defensivstrategien sind für Geschäftseinheiten zu wählen, die einen hohen relativen
Marktanteil haben und ein niedriges Wachstum, also solche die sich bereits in der
Reifephase ihres Lebenszyklus (Abbildung 6, Quadrant III) befinden und als Cash Flow
Produzenten des Unternehmens gelten – Cash Cows.78 Sie bringen gegenwärtig die
größten Einnahmeüberschüsse. Primäres strategisches Ziel muss es nun sein, die
Marktanteile zu halten bzw. weiter auszubauen. Die Ausweitung des Marktanteiles hat
jedoch seine Grenzen, da auch die Kosten für den Kauf zusätzlicher Marktanteile
steigen. Spätestens dann, wenn der eigene Anteil doppelt bzw. viermal so groß ist, wie
der des nächst größten bzw. des drittgrößten Mitbewerbers, besteht grundsätzlich
74
Vgl. Oetinger [BCG Strategie 2000], S.359.
Vgl. Hinterhuber [Unternehmensführung 1984], S.118.
76
Vgl. Macharzina [Unternehmensführung 1999], S.269.
77
Vgl. Oetinger [BCG Strategie 2000], S.355.
78
Vgl. Hinterhuber [Unternehmensführung 1984], S.117.
75
Esberger – Bruce D. Henderson
19
keinerlei Anreiz mehr zusätzliche Anteile zu erwerben. Die vorrangige Marktstellung ist
im Allgemeinen dann sichergestellt. Vorsicht ist hier bei Hochpreispolitik geboten. Auf
diese Weise kann zwar schnell zusätzliches Kapital erwirtschaftet werden, allerdings
ermöglicht dies Konkurrenten schneller zu wachsen und es droht ein Verlust der
Vorrangstellung und somit der Cash Cow.79 Weiters besteht die Möglichkeit durch eine
Abschöpfungsstrategie die Verweildauer in der Reifephase und somit in der CashProduktionsphase beispielsweise durch Relaunching zu erhöhen und damit die
Kostenvorteile voll auszunutzen.80
Investitionen und Deckungsbeiträge in der BCG-Matrix
20
Einführungssphase
Wachstumsphase
II
Marktwachstum in %
I
Offensivstrategie
Investitionsstrategie
Sättigungsphase
Reifephase
10
IV
III
Desinvestitionsstrategie
Defensivstrategie
0
0
0,5
1
2
4
relativer Marktanteil
Lebenszyklus
Richtung des Cash-Flow
Abbildung 6. Gegenüberstellung der Investitionen und der Deckungsbeiträge in der BCG-Matrix81
79
Vgl. Oetinger [BCG Strategie 2000], S.352f.
Vgl. Macharzina [Unternehmensführung 1999], S.270.
81
Quelle: In Anlehnung an Hinterhuber [Unternehmensführung 1984], S.118.
80
Esberger – Bruce D. Henderson
4.3.4
20
Desinvestitionsstrategien
Für Poor Dogs (Abbildung 6, Quadrant IV), also Geschäftsfelder mit niedrigem
Marktanteil und niedrigem Wachstum, eignen sich Desinvestitionsstrategien.82 Da sie
sich bereits in der Sättigungs- oder Degenerationsphase befinden, bringen sie weder
gegenwärtig Gewinne noch ist mit solchen in Zukunft zu rechnen. Zusätzlich binden sie
Ressourcen, die anderwärtig besser genutzt werden könnten.83 Hier gilt also
abzuschätzen, ob nur die Investitionen eingestellt werden sollen oder ob gar ein
Rückzug vom Markt und eine Liquidation sinnvoller sind. Nur in Ausnahmefällen (zB
bestehende Interpendenzen zu anderen Geschäftsfeldern – Nachfrageverbund, Bezugsund Lieferverflechtungen,…) sind diese Produkte zu erhalten und von einer Liquidation
abzusehen.84
4.4
Kritische Betrachtung
Die Portfolio-Anlayse wird im Allgemeinen intensiv diskutiert und kritisiert. Hier gilt
es zwischen Detailkritik (Schwachstellen bei einzelnen Schritten) und
Fundamentalkritik (Kritik am Ansatz) zu unterscheiden.85
1) Detailkritik
a) Abgrenzung des relevanten Marktes bzw. der Geschäftsfelder
Die Segmentierung wird unbestritten als erster Schritt angesehen und stellt zu
Anfang schon eine große Hürde dar, da sie über Qualität und Effizienz der
strategischen Planung entscheidet. Hier soll eine klare Abgrenzung der
strategischen Geschäftsfelder erfolgen.86 Trifft man keine passende
Segmentierung, ist das Ergebnis verzehrt. Ein weiteres Problem stellt die
Marktabgrenzung dar, sowie das Ausschalten von Synergieeffekten zwischen
den einzelnen Geschäftsfeldern.87
82
Vgl. Hinterhuber [Unternehmensführung 1984], S.118f.
Vgl. Macharzina [Unternehmensführung 1999], S.270.
84
Vgl. Dunst [Portfolio-Management 1983], S.99.
85
Vgl. Bea/Haas [Strategisches Management 2001], S.156ff.
86
Vgl. Thommen/Achleitner [Betriebswirtschaft 2001], S.900.
87
Vgl. Bea/Haas [Strategisches Management 2001], S.156f.
83
Esberger – Bruce D. Henderson
21
b) Wahl der Dimensionen/Erfolgsfaktoren
Die Auswahl der strategischen Faktoren stellt kein triviales Unterfangen dar.
Hier gibt es keine allgemein gültige Liste sondern nur Vorschläge. Die
BCG-Matrix benutzt als umweltbezogenen Faktor das Marktwachstum und als
unternehmensbezogenen den Marktanteil; beide sind sehr umstritten.88 Weitere
wichtige Erfolgsfaktoren werden vernachlässigt. Man stützt sich lediglich auf
zwei Dimensionen.89
c) Gewichtung der Erfolgsfaktoren
Auch hier kann von keiner allgemein gültigen Lösung ausgegangen werden. Die
Erfolgsfaktoren sind für jedes einzelne Geschäftsfeld von unterschiedlicher
Bedeutung und müssen daher je nach Situation gewichtet werden.90
d) Datenbeschaffung/Messung/Bewertung
Ein weiteres Problem stellt die Beschaffung und Messung von zuverlässigen
Daten insbesondere bezüglich Marktsituation und Konkurrenten dar.91 Diese
Daten müssen dann ordnungsgemäß und genauestmöglich bewertet werden, da
bereits geringfügige Abweichungen des Dateninputs zu Änderungen der
Normstrategien führen können.92
2) Fundamentalkritik
a) Theoriebestandteile
Die theoretischen Grundlagen des Marktanteils-Marktwachstums-Portfolios sind
die Erfahrungskurve und das Produkt-Lebenszyklus-Modell. Beide Konzepte
sind nicht frei von Kritik (siehe Kapitel 3 und 4.2).93
b) Dynamik
Die Portfolio-Analyse hat grundsätzlich statischen Charakter und ist
vergangenheitsorientiert. Es fehlen nähere Auskünfte über den zeitlichen
Horizont.94
88
Vgl. Bea/Haas [Strategisches Management 2001], S.157.
Vgl. Zäpfel [Produktionsmanagement 2000], S.70.
90
Vgl. Bea/Haas [Strategisches Management 2001], S.157.
91
Vgl. Bea/Haas [Strategisches Management 2001], S.158.
92
Vgl. Kreikebaum [Unternehmensplanung 1997], S.81.
93
Vgl. Bea/Haas [Strategisches Management 2001], S.158.
94
Vgl. Kreikebaum [Unternehmensplanung 1997], S.81.
89
Esberger – Bruce D. Henderson
22
c) Denkweise
Da die Portfolio-Analyse ihren Ursprung in den 60er Jahren hat, spiegelt ihre
zugrunde liegende Denkweise die Wachstumseuphorie dieser Zeit wider.95
d) Beschränkung
Die Analyse untersucht und beleuchtet nur derzeitige Aktivitäten. Das
Unternehmen wird nicht bei der Suche nach neuen Betätigungsfeldern
unterstützt.96
e) Strategiewahl
Durch die Normstrategien wird der Eindruck vermittelt, dass die Strategiewahl
schematisch erfolgen kann. Dabei bedarf es viel an Kreativität und intensiven
Ausarbeiten und Abwägen verschiedener Wege um eine sinnvolle Strategie für
jedes Geschäftsfeld zu finden.97
f) Quersubventionierung
Da ein Gleichgewicht des Portfolios erreicht werden soll, kommt es automatisch
zu Quersubventionierungen. In der Praxis bedeutet dies häufig, dass erfolgreiche
Geschäftsfelder weniger erfolgreiche unterstützen und so die Ineffizienz
einzelner Felder verdeckt wird.98
Eine
Weiterentwicklung
des
Marktanteils-Marktwachstums-Portfolios
stellt
beispielsweise die McKinsey-Matrix dar. Hier werden die beiden Dimensionen
„Marktattraktivität“ und „relativer Wettbewerbsvorteil“ durch weitere wichtige
Faktoren unterstützt. Als zentrale Größe wird statt dem Cash Flow, der bei der
BCG-Matrix verwendet wird, der RoI (Return on Investment) verwendet. Im
Allgemeinen gilt diese Matrix als genauer, allerdings treffen sie dennoch die
umfangreichen Kritikpunkte von Portfolio-Analysen.99
Weiters muss hier die Sechs-Felder-Matrix erwähnt werden, die im folgenden Kapitel
näher vorgestellt werden soll. Sie stellt eine Erweiterung der BCG-Matrix um 2 Felder
dar, die auch Analysen auf einem stagnierenden oder schrumpfenden Markt
ermöglichen sollen.100
95
Vgl. Kreikebaum [Unternehmensplanung 1997], S.81.
Vgl. Horvath/Reichmann [Controllinglexikon 2003], S.552.
97
Vgl. Bea/Haas [Strategisches Management 2001], S.159.
98
Vgl. Bea/Haas [Strategisches Management 2001], S.159.
99
Vgl. Nagel/Wimmer [Strategieentwicklung 2002], S.235f.
100
Vgl. Macharzina [Unternehmensführung 1999], S.271.
96
Esberger – Bruce D. Henderson
23
Erweiterung zur Sechs-Felder-Matrix101
4.5
Wie bereits im vorigen Kapitel (Kritische Betrachtungen) erwähnt, kann die
BCG-Matrix nur für Geschäftsbereiche mit positiven Marktwachstumsraten eingesetzt
werden. Besonders in Zeiten der Rezession können mit der Vier-Felder-Matrix keine
sinnvollen Strategievorschläge entwickelt werden. Daher wurde die BCG-Matrix um 2
weitere Felder zur Sechs-Felder-Matrix (siehe Abbildung 7) erweitert, die Strategien für
Geschäftsfelder in schrumpfenden Märkten beschreiben. Auf der Grundannahme, dass
in diesen beiden Kategorien auch noch Gewinne erzielbar sind, lassen sich folgende
Normstrategien ableiten:
101
ƒ
Buckets
Buckets sind Geschäftsfelder, die auf stagnierenden oder schrumpfenden
Märkten einen relativ hohen Marktanteil haben. Es empfiehlt sich eine
Verteidigungsstrategie. Hier muss darauf geachtet werden, dass auf größere
Mitteleinsätze verzichtet wird und dabei so weit wie möglich Ressourcen
abgeschöpft werden.
ƒ
Under-Dogs
Under-Dogs haben geringe Marktanteile auf stagnierenden oder schrumpfenden
Märkten. Obwohl man ihnen kaum eine Überlebenschance zugestehen würde,
haben sie größere Chancen als Poor Dogs ihren Marktanteil auszuweiten, da
viele Mitbewerber aufgrund des negativen Marktwachstums aus dem Markt
austreten. Hier durchzuhalten kann sich also lohnen, allerdings gilt diese
Strategie als sehr risikoreich und sollte daher gut überlegt sein.
Vgl. hierzu und im folgenden Macharzina [Unternehmensführung 1999], S.271f.
Esberger – Bruce D. Henderson
24
Erweiterte BCG-Matrix
200%
20%
Stars
Question Marks
(Starprodukte)
(Nachwuchsprodukte)
Marktwachstum
100%
10%
Cash Cow
Poor Dogs
(Auslaufprodukte)
(Cashprodukte)
Under-Dogs
Buckets
0%
-100%
0
1
relativer Marktanteil
Abbildung 7. Erweiterte BCG-Matrix – Sechs-Felder-Matrix102
102
Quelle: In Anlehnung an Macharzina [Unternehmensführung 1999], S.271.
2
Esberger – Bruce D. Henderson
25
5 Resümee
Beide Konzepte, sowohl das Erfahrungskurvenkonzept als auch das MarktanteilsMartkwachstums-Portfolio haben allgemeine Beachtung und Verbreitung in Praxis wie
auch in Theorie gefunden. In nahezu jedem Standardwerk der Betriebswirtschaft
werden sie zumindest erwähnt.
Vor allem die Boston Consulting Group selbst, hat in über 2.000 Untersuchungen einer
Vielzahl von Produkten in unterschiedlichen Branchen, das Erfahrungskurvenphänomen
nachgewiesen und verleiht auf diesem Wege der Theorie eine offensichtliche
Glaubwürdigkeit.103
Besonders große Erfahrungskurveneffekte und somit Kostensenkungspotenziale zeigten
sich dabei in Branchen mit standardisierten Produkten und/oder mit komplexen,
arbeitsintensiven Produktionsprozessen, wie beispielsweise im Flugzeugbau.104 Die
Analyse fordert dabei ein sehr hohes Maß an Scharfsinn und fachlicher Kompetenz.
Trotzdem ist der eigentliche Aussagewert der Erfahrungskurve unabhängig von der
Genauigkeit.105
Das Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio hat sich als eines der bedeutendsten
strategischen Instrumente insbesondere für Mehrproduktunternehmen durchgesetzt. Es
gilt, wenn man es kreativ nutzt und einsetzt, als wichtiger Impulsgeber und
Analyseinstrument. Mit einem ausgewogenen Portfolio können Wachstumschancen
optimal genutzt werden. Die mit der BCG-Matrix verbundenen Normstrategien sollten
nur als Empfehlung und nicht als „Zwangsjacke“ angesehen werden und individuell auf
die jeweilige Situation angepasst werden.106
Abschließend ist festzuhalten, dass beide Konzepte aus verschiedenen Gründen heftigst
kritisiert werden. Nützt man sie jedoch richtig und betrachtet sie als Anhaltspunkte und
Empfehlungen haben sie sich einen hohen Stellenwert in der Strategieplanung verdient.
103
Vgl. Schulz [Portfolio-Analyse 1988], S.147.
Vgl. Matschek [Portfolio-Analyse 1991], S.41.
105
Vgl. Henderson [Erfarhungskurve 1984], S.12.
106
Vgl. Nagel/Wimmer [Strategieentwicklung 2002], S.237.
104
Literaturverzeichnis
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