Pressetext - Kunsthalle Wien

Transcription

Pressetext - Kunsthalle Wien
Kunsthalle Wien
Museumsquartier
Neue Wege nichts zu tun
27/6 – 12/10 2014
Presskonferenz: Donnerstag, 26. Juni 2014, 10 Uhr
Eröffnung: Donnerstag, 26. Juni 2014, 19 Uhr
Produktivität und Wachstum sind die Prämissen unserer Gegenwart. Arbeitsprozesse
werden optimiert, um effizienter zu werden, Arbeitszeiten dereguliert, bis der
Unterschied zwischen Arbeit und Freizeit schwindet. Künstlerische Arbeit folgt
scheinbar anderen Kriterien, doch auch in diesem Bereich sind Professionalisierung
und Selbstoptimierung auf dem Vormarsch. Was wäre jedoch, wenn das Nicht(s)tun
zu einer Quelle produktiver Verweigerung würde?
Neue Wege nichts zu tun widmet sich einer künstlerischen Produktion, die sich der
Aktivität, dem Machen und Herstellen eines Werks entgegenstellt und stattdessen
Formen des Nichtstuns, des Unterlassens oder der Askese positiv besetzt. Das
Unterlassen bringt dabei nicht nur ein kritisches, sondern auch ein schöpferisches
Moment hervor. Neue Wege nichts zu tun – der Titel stammt von dem schwedischen
Künstler Karl Holmqvist – stellt vor allem Positionen zeitgenössischer Kunst
in den Fokus, bei denen das „Nichtstun“ ein eigenes Potenzial in Hinblick auf
die Anforderungen (und Zumutungen) einer auf Aktivität und Produktivität
konzentrierten Gesellschaft entfaltet: wie in Natalie Czechs Variation über eine
Tagebuchnotiz des russischen Avantgarde-Dichters Daniil Charms, der 1937 notiert:
„Today I Wrote Nothing. Doesn’t Matter.“
Pressetext
In seiner 1853 publizierten Erzählung Bartleby der Schreiber entwirft Herman Melville
einen Prototyp der Verweigerung. Bartleby antwortet auf alle ihm zugetragenen
Aufgaben mit einem höflichen, aber entschiedenen „Ich würde lieber nicht“.
Im Laufe der nur knapp achtzigseitigen Novelle begibt er sich in einen Zustand
völligen Nicht(s)tuns und wird zur ebenso stoischen wie passiven Figur außerhalb
der gesellschaftlichen Ordnung. Bartleby ist eine Schlüsselfigur der Moderne,
deren Rhetorik einer passiven Negativität von grundlegender Bedeutung für das
Selbstverständnis unserer auf Arbeit und Fortschritt basierenden Gesellschaft ist.
Die dänische Künstergruppe Superflex hat für ihre Videoarbeit This Working Life
einen Hypnotiseur beauftragt, das Publikum an die Welt der Arbeit heranzuführen.
Das, was vollkommen selbstverständlich erscheint – arbeiten mit der Uhr im
Hintergrund – wird zu einer fremdartigen, beinahe traumatisch besetzten Tätigkeit,
die zu verstehen erst möglich ist, wenn das Unbewusste aktiviert wird. Ein weiteres
zentrales Werk in der Ausstellung ist der Film Ein Mann der schläft von George Perec
und Bernard Queysanne. Die Verfilmung der gleichnamigen Erzählung von Perec
aus dem Jahr 1972 schildert im Stil der Nouvelle Vague das Leben eines Studenten,
der eines Tages beschließt, nicht zur Prüfung zu gehen und auch sonst fortan nichts
mehr zu tun. Von einer suggestiven Stimme aus dem Off begleitet, wandert der
namenlose Student durch ein leeres Paris auf der Suche nach einer Möglichkeit,
sich allen Anforderungen der Gesellschaft zu entziehen. Ein Mann der schläft wurde
von Perec als direkte Antwort auf Melvilles Bartleby verfasst und hat von seiner
Aktualität nichts verloren.
1
NEUE WEGE NICHTS ZU TUN
Andere Werke in der Ausstellung thematisieren eine künstlerische Arbeit, die auch in
der Reflexion darüber, was es heißt, künstlerisch tätig zu sein, bereits Werke schafft.
So arrangiert Lasse Schmidt Hansen in seiner Fotoserie Making Things das Mobiliar
seines Ateliers immer wieder um, ohne direkt produktiv zu werden. Edith Dekyndt
wiederum überträgt das Signal eines „schlafenden“ Computers im Stand-by-Modus
in eine Closed-Circuit-Installation, die eine suggestive Ästhetik des Nichtstuns
hervorbringt, zugleich aber auch darauf hinweist, dass es das reine „off“ schon
längst nicht mehr gibt.
Künstler/innen: Robert Breer, Alejandro Cesarco, Etienne Chambaud, Natalie
Czech, Oskar Dawicki, Edith Dekyndt, Mathias Delplanque, Heinrich Dunst, Gardar
Eide Einarsson, Marina Faust, Claire Fontaine, Ryan Gander, Lasse Schmidt
Hansen, Julia Hohenwarter, Karl Holmqvist, Sofia Hultén, Jiri Kovanda, Rivane
Neuenschwander, George Perec/Bernard Queysanne, Superflex, Mario Garcia
Torres u. a.
Kuratorinnen: Vanessa Joan Müller, Cristina Ricupero
Cristina Ricupero ist freie Kuratorin und Autorin und lebt in Paris. Sie hat zahlreiche
Ausstellungen kuratiert, unter anderem in der Schirn Kunsthalle, Frankfurt am Main,
dem Witte de With, Rotterdam, und am Stedelijk Museum, Amsterdam.
Vanessa Joan Müller ist Dramaturgin an der Kunsthalle Wien
Pressetext
#Nothing#KunsthalleWien#WienKultur
Kunsthalle Wien GmbH
Museumsplatz 1
1070 Wien, Austria
www.kunsthallewien.at
facebook.com/KunsthalleWien
twitter.com/KunsthalleWien
instagram/KunsthalleWien
blog.kunsthallewien.at
Presse
Katharina Murschetz
+43 (0) 1 5 21 89 - 1221
[email protected]
Stefanie Obermeir
+43 (0) 1 5 21 89 - 1224
[email protected]
2