Der Weg zur Interdisziplinarität.
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Der Weg zur Interdisziplinarität.
Der Weg zur Interdisziplinarität Eine Prozessanalyse im Arbeitsbereich Innere und Chirurgie Unvereinbare Gegensätze oder optimale Ergänzung? Böer J., Kunzmann T., Märkle Z. Zentrale Notaufnahme, Klinikum am Steinenberg, Reutlingen EINLEITUNG: In vielen Kliniken wurden zentrale Notaufnahmen gegründet und fachspezifische Notaufnahmen zusammengelegt. Während die Pflege rasch den Schritt zur interdisziplinären Arbeitsweise umgesetzt hat, ist dies im ärztlichen Bereich komplexer. MATERIAL/METHODE: Zur Vorbereitung der interdisziplinären Arbeitsweise wurden die Daten der ZNA Reutlingen elektronisch aufgezeichnet und retrospektiv über ein Jahr analysiert (ca. 35.000 Fälle). Eine Prozessanalyse von 4 häufigen Krankheitsbildern (OSG-Distorsion, Appendizitis, Asthma, Herzinsuffizienz) wurde erstellt (Abb.1 und 3). OSG Distorsion Appendizitis Hypertensive Entgleisung ACS Arztminuten 10 60 67 60 Pflegeminuten 12 20 38 16 Service extern (Rö, Prämedikation etc.) 14 25 10 6+X+X+X 6+X+X+X+X 4+X+360Min+X 4+X+X+X 50 Min 110 Min 200 Min 200 Min Weg und Warten Durchschnittliche Behandlungszeit ERGEBNISSE: Anzahl und Verteilung der Patienten im Tagesverlauf sind für die beiden Hauptbereiche vergleichbar, Unterschiede bestehen insbesondere in der Behandlungszeit: während im „chirurgischen“ Arbeitsbereich nach 120 Min Behandlungszeit 70% der Patienten bereits entlassen sind, befinden sich 70% der internistischen Patienten noch im Behandlungsprozess (Abb.2). Crowding bedeutet für den interistischen Bereich vor allem ein „Abflussproblem“- dass Patienten nicht aus der Notaufnahme abfließen können, während im chirurgischen Bereich schwerer erkrankte Patienten Behandlungskapazitäten binden, so dass die „Fast-Track“-Behandlungsweise mit Behandlungsabschluss innerhalb 60 Minuten nicht eingehalten werden kann. Viele internistische Krankheitsbilder benötigen eine Beobachtungszeit zur Abschätzung des Krankheitsverlaufes (hypertensive Entgleisung, exacerb. COPD, Lungenödem), während bei chirurgischen Patienten häufig mehrere Kurztätigkeiten (Untersuchung/Röntgen/Verband) notwendig sind. Die Behandlungsdauer wird dann hauptsächlich durch Wege- und Wartezeiten zwischen diesen Kurztätigkeiten bestimmt. Diagnose: „Akute Appendizitis“ Abb. 2 Entlassung nach Behandlungszeit in Minuten n= 47.000 ZNA Fälle blau "Chirurgie ", rot "Innere“ Minuten Admin. Aufnahme und Weg zur ZNA 4 Triage und pfleg. Ersteinschätzung 2 (P) Warten und Weg zum Behandlungsplatz X+2 (P) Vitalwerte, U-Stix, Blutentnahme 8 (P) Anamnese und ärztl. Untersuchung, Doku 15 (A) Schmerzmedikation 5 (P) Weg zur Sono und Warten 2+X (P) Notfallsonographie und Dokumentation 20 (A) Weg zu Behandlungsplatz und Warten 2 (A) Besprechung Labor und Befund, 5 (A) RS, Warten , Vorstellung OA, OP-Indik. 2+X+4 (A) Aufklärung + Kopie 10 (A) OP Organisation (Prämed, OP Koordi.) 5 (A) OP Vorbereitung, EKG, Hemd, Rasur 5 (P) Prämedikation Anästhesie 15 (A. ext) Abschlussdokumentation und Verordnung 10 (A) Organisation Bett, Warten, Verlegung Station/OP 2+X+10 (P) Abb. 3: Darstellung Behandlungsprozess in Minuten (P) Pflege, (A) Arzt DISKUSSION/SCHLUSSFOLGERUNG: Die Arbeitsstruktur und Abläufe der beiden Bereiche sind zwar unterschiedlich, aber in sich stimmig und werden auch bei übergreifender Arbeitsweise beibehalten werden. Eine feste Einarbeitung der ZNA „eigenen“ Ärzte wurde begonnen. Symptom- und Behandlungspfade wurden bereits erstellt, haben sich für die Einarbeitung als nur wenig unterstützend erwiesen. Der Weg zum interdisziplinären Arbeiten bleibt letztlich ein „Sprung“ der gemacht werden muss und vielfältige Chancen bietet. Die Hoffnung auf den Facharzt für Notfallmedizin bleibt. Kontaktadresse: Dr. Johannes Böer, Klinikum am Steinenberg, Zentrale Notaufnahme, Steinenbergstr. 31, 72764 Reutlingen; Email: [email protected]