Ein Rind, das mit der Mode geht

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Ein Rind, das mit der Mode geht
Mittelbayerische Zeitung
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NACHRICHTEN
Artikel vom 24.01.2014, 15:55 Uhr
Ein Rind, das mit der Mode geht
Bœuf à la mode ist ein französischer und auch ein bayerischer Klassiker. Thomas Kellermann entdeckt das
geschmorte Rindfleisch neu.
Von Angelika Sauerer, MZ
Zum Chinesen geht man schnell mal, auch zum Inder,
Thailänder, Griechen oder Italiener – wobei es da freilich
inzwischen auch Ausnahmen gibt. Aber zum Franzosen
geht oder ging man nie schnell mal. Französisches
Essen ist immer etwas Großes, etwas, vor dem man
Respekt hat. Das aber hat die Bayern im 19. Jahrhundert
nicht daran gehindert, sich Teile der französischen
Küche mit großem Appetit einzuverleiben. Die
bayerische Liaison mit Napoléon, der das Land 1806
zum Königreich machte, inspirierte nicht nur die
Sprache, sondern auch die Köche. Berühmtestes
Beispiel ist das in Wein und Weinbrand geschmorte
Rindfleisch Bœuf à la mode – auf gut Bayerisch
„Büfflamott“ oder auch „Bifflamott“ genannt.
Ein wandlungsfähiger Klassiker
Das Bœuf à la mode ist ein ideales Gericht, wenn
Gäste kommen: Es braucht zwar viel Zeit zum
Schmoren, aber wenig Zeit zum Vorbereiten. Foto:
Sabine Franzl
Übersetzt bedeutet das so viel wie „Rind auf die Art
zubereitet, die gerade modern ist“. Das beinhaltet bereits
die Wandlungsfähigkeit dieses Gerichts. Die Franken
bereiten es gerne mit Weißwein zu – geht auch. Die
Norddeutschen nehmen Essig, denn Sauerbraten ist im
Grunde genommen auch nichts anderes als eine
einfache Art des Klassikers Bœuf à la mode. Klassisch
aber schmort das Rindfleischstück (meist Schulter) mit
den Zutaten Wein, Weinbrand, Speck, Kräutern und
Gemüse, dabei vor allem Karotten und Zwiebeln.
Als Erster niedergeschrieben hat das Rezept der Leibkoch des Marquis d’Uxelles, der aus Dijon stammende
François Pierre de La Varenne (1618-1678). In seinem Werk von 1651 „Le Cuisinier François“ hielt er nicht nur den
Rinderschmortopf fest, sondern auch die Sauce hollandaise oder die Crème Béchamel. Er prägte den Übergang der
mittelalterlichen Küche zur modernen „haute“ oder „grande cuisine“ und führte auch Begriffe wie à la mode ein.
Le Bœuf und die Revolution
Den Namen „Le Bœuf à la Mode“ trug auch eines der allerersten à-la-carte-Restaurants in Paris. Zwei Brüder aus
Marseille hatten es 1792 in der Rue de Valois 8 eröffnet. Es war kein Zufall, dass in dieser Zeit das Gastgewerbe
aufblühte. Die französische Revolution veränderte 1789 nicht nur die politische und gesellschaftliche, sondern auch
die kulinarische Landschaft: Köche, die zuvor für den Adel kochten, machten sich selbstständig und trugen damit ihr
Können unters bürgerliche Volk. 1936 schloss das Bœuf. Heute beherbergt das stattliche und generalsanierte
Gebäude eine Event-Location. Aber über dem Haupteingang prangt immer noch das Wahrzeichen des Bœuf: ein à
la mode geschmücktes Rindvieh – mit Fransenschal um den Hals und Federhut auf dem Kopf.
Der Schmuck, mit dem Thomas Kellermann sein Bœuf à la mode garniert, ist bodenständig und klassisch. Ein paar
Tomaten sind die einzige Extravaganz, die er einstreut. „Das Rezept ist eins von mir zu Hause – ich koche es genau
so, meistens wenn Gäste kommen“, sagt er. Man könne es gut vorbereiten und was übrig bleibe, werde einfach
eingefroren. Wichtig sei, dass man das Fleisch geduldig schmort bis es butterweich ist. Das Schaufelstück sollte
man vorbestellen. Aber eigentlich, schwärmt Thomas Kellermann, sei das Beste ja die Sauce: „fein, sämig, mit
leichter Säure und aromatischer Tiefe“.
Die Marinade und das Fleisch
Am Vortag mörsert man zunächst je 20 Körner schwarzen und weißen Pfeffer mit zehn Körnern Piment, reibt das
Rind damit ein und salzt es. Für die Marinade werden zwei Zwiebeln und zwei Knoblauchzehen in Scheiben
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geschnitten, ein Bund Petersilie grob gehackt, drei Lorbeerblätter zugefügt. Mit einer Flasche kräftigen Rotwein
gießt man auf. Darin zieht das Bœuf 24 Stunden lang im Kühlschrank.
Die weiteren Vorbereitungen beginnen gut einen halben Tag, bevor man das Bœuf à la mode servieren möchte, mit
Karottenschälen und -schneiden. Die zwei Tomaten werden geviertelt, die 24 Schalotten geschält. Als Speck
verwendet Thomas Kellermann 100 g vom ungeräucherten, sogenannten „grünen“ Speck und genau so viel vom
Bauchspeck. Beide werden gewürfelt und in einer großen Bratpfanne ausgelassen. Nun das Fleisch aus der
Marinade nehmen und diese passieren. Das Bœuf in der Speckpfanne kross anbraten, danach die Schalotten und
Karotten darin bräunen. Mit 200 ml Weinbrand ablöschen und flambieren. Jetzt gibt man die Gemüse und die
Kräuter aus der Marinade dazu, sowie die Tomaten, die beiden Thymianzweige sowie das Lorbeerblatt und lässt
alles weiter glacieren, bis die Tomaten leicht karamellisieren. Mit der Marinade und zwei bis zweieinhalb Liter
Rinderbrühe auffüllen und zugedeckt im Ofen bei ca. 180 Grad Celsius weich schmoren. Das dauert eine ganze
Weile – Thomas Kellermann meint vier bis fünf Stunden. Dann nimmt man das Fleisch aus dem Bräter und passiert
die Sauce durch. Eventuell lässt man sie noch etwas einkochen, bis sie die gewünschte, sämige Konsistenz
aufweist.
Der Kartoffel-Lauchstampf
Dazu schmeckt ein Kartoffel-Lauch-Stampf. Dafür Fenchelsamen und Korianderkörner (je 2 TL) in 20 g Butter
anschwitzen. Je 60 g Lauchringe, Schalotten- und Fenchelwürfel, eine fein gewürfelte Knoblauchzehe und 300 g
geviertelte, mehlig kochende Kartoffeln zugeben. Mit 600 ml Geflügelfond auffüllen. Kochen lassen, bis die
Flüssigkeit verbraucht ist und die Kartoffeln weich sind. Mit einer Gabel alles „zerstampfen“ und 50 g Crème fraîche
sowie 60 g Butter beigeben. Mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken.
Zum Schluss streut man feine Lauchwürfel und die in Maiskeimöl kross gebackenen Croûtons darüber. Die Teller
schmücken außerdem ein paar gebratene Speckwürfel, Frühlingslauch, Schalotten- und Tomatenwürfel und
Staudensellerie-Grün.
Was man braucht (ca. 6-8 Portionen)
Das Fleisch
2,5 kg Rinderschaufelbraten
8 Karotten, geschält und in 2 cm lange Stücke geschnitten
2 Tomaten, geviertelt
100 g Speck
100 g grüner Speck
200 ml Weinbrand
2 Zweige Thymian
1 Lorbeerblatt
24 Schalotten, geschält
2 1/2 l Rinderbrühe (oder Wasser)
Die Marinade
1 Flasche kräftiger Rotwein, z. B. Burgunder
2 Zwiebeln, geschält und in Scheiben geschnitten
3 Lorbeerblätter
2 Zehen Knoblauch, in Scheiben
1 Bund Blattpetersilie, gewaschen und grob geschnitten
Salz
20 Körner schwarzen Pfeffer
20 Körner weißen Pfeffer
10 Körner Piment
Der Kartoffel-Lauchstampf
300 g geschälte, geviertelte mehlig kochende Kartoffeln
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60 g Schalotten, geschält und in Würfel geschnitten
60 g Lauch, gewaschen und das Weiße in Ringe geschnitten, das helle Grün in feine Würfel
60 g Fenchel, gewürfelt
1 Knoblauchzehe, fein gewürfelt
60 g Butter
2 TL Fenchelsamen
2 TL Korianderkörner
50 g Crème fraîche
600 ml Geflügelfond oder heller Gemüsefond
60 g kleine Weißbrotwürfel, in Maiskeimöl kross ausgebacken
Salz
Pfeffer
Muskat
Die Garnitur
Brotcroûtons, Speckwürfel, Frühlingslauch, Schalottenwürfel, Tomatenwürfel, Staudensellerie-Grün
URL: http://www.mittelbayerische.de/index.cfm?pid=10006&lid=0&cid=0&tid=0&pk=1009712
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