MMK 1 Subodh Gupta. Everything is Inside

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MMK 1 Subodh Gupta. Everything is Inside
Pressemitteilung, 9. September 2014
MMK 1
Subodh Gupta. Everything is Inside
Mit raumgreifenden Installationen aus glänzenden Edelstahlgefäßen, seinen Skulpturen aus
Unmengen von abgenutztem Geschirr und anderen Gegenständen aus dem indischen Alltag wurde
Subodh Gupta international bekannt. Das MMK Museum für Moderne Kunst widmet ihm mit
„Everything is Inside“ (12.9.2014 – 18.1.2015) die bislang umfassendste Einzelpräsentation in Europa
mit Skulpturen, Gemälden, Videos und performativen Arbeiten aus all seinen Werkphasen. Zwei große
Installationen und eine performative Arbeit hat Subodh Gupta eigens für die Ausstellung im MMK neu
entwickelt. Die Überblicksschau baut auf einer Retrospektive auf, die im letzten Jahr!in der National
Gallery of Modern Art in Neu-Delhi präsentiert wurde.
In den Arbeiten von Subodh Gupta spiegelt sich die aktuelle Situation Indiens wider: eine Gesellschaft,
die von enormen Transformationsprozessen infolge des rasanten wirtschaftlichen Aufschwungs der
letzten Jahrzehnte gezeichnet ist. Zugleich ist die alltägliche Lebenspraxis der indischen Bevölkerung
nach wie vor von traditionellen Wertvorstellungen, Spiritualität und religiösem Glauben geprägt.
Anhand vermeintlich unbedeutender Alltagsobjekte spürt Gupta diesen unterschiedlichen
Entwicklungen nach. Die Materialien, die Gupta für seine Arbeiten verwendet, stehen jedoch nicht nur
mit gesellschaftspolitischen Aspekten in einem Zusammenhang. Sie sind auch tief mit seiner
persönlichen Biografie verbunden – vom Aufwachsen in einer Kleinstadt im Nord-Osten Indiens über
die persönliche und professionelle Entwicklung in Neu-Delhi, bis hin zu einer Karriere als international
erfolgreicher und global tätiger Künstler. Materialien wie Kuhdung, Lehm, Jute, Holz, Bronze, Marmor
oder Edelstahl sind aufgeladen mit Bedeutungen, die auf Guptas eigene familiäre, persönliche und
spirituelle Erfahrungen und Weltvorstellungen zurückgehen.
„Subodh Gupta ist einer der signifikantesten Künstler in Indien: Er zeichnet ein vielschichtiges Bild
dieses Landes, indem er das dortige Leben mit Bezügen zur indischen Vergangenheit und zur
internationalen Moderne einfängt. Er zeigt uns eine Alltagsrealität, die auf der einen Seite durch
Prozesse der Globalisierung und Modernisierung und auf der anderen Seite von Tradition und Religion
geprägt ist. Im Zentrum seiner Arbeit stehen Fragestellungen, die das Lokale in einen globalen Kontext
setzen und universale Werte und Symbole in den Blick nehmen “, sagt MMK Direktorin Dr. Susanne
Gaensheimer.
In der zentralen Halle des MMK 1 erwartet die Besucher die Installation „This is not a fountain“ (20112013), ein Brunnen aus abgenutztem einfachen Geschirr, das der Künstler über Jahre hinweg
gesammelt hat. Aus der Masse an Tellern und Töpfen ragen an einigen Stellen Wasserhähne hervor, die
die Objekte bewässern. Gupta interessiert sich zum einen für den uniformen Charakter des Geschirrs,
das in standardisierten Formen in Massenproduktion hergestellt wird. Zum anderen verweist er auf die
persönlichen Geschichten, die sich über den täglichen Gebrauch über Jahre hinweg in das Geschirr
eingeschrieben haben.
Auch in der Arbeit „Pure (I)“ (1999/2014) spielen Gebrauchsgegenstände eine zentrale Rolle. Die
Besucher können bei dieser Installation einen Lehmboden begehen, in den einzelne Objekte
eingelassen sind. Das Werk ist eine Reinszenierung einer performativ-skulpturalen Arbeit, die Gupta
1999 unweit von Delhi uraufgeführt hat. Gupta hatte damals die Bewohner der umliegenden Dörfer
gebeten, ihm Gebrauchsobjekte aus ihrem persönlichen Hausstand anzuvertrauen, die für sie eine
besondere Bedeutung hatten. Auf einem Acker ließ er ein rechteckiges Feld mit einer KuhdungLehmmischung beschichten. Im hinduistischen Glauben wird Kuhdung eine reinigende Bedeutung
zugesprochen. Diese Technik, den Boden mit einer Kuhdung-Lehmmischung zu bearbeiten, wird auch
heute noch in ländlichen Gegenden angewandt, um den häuslichen Bereich von der Landwirtschaft
und der Viehzucht abzusetzen. Gupta bearbeitete die Oberfläche wie ein Bildhauer, indem er Material
abtrug und speziell angepasste Formen für die gesammelten Objekte aus der Erde aushob. Diese frühe
Arbeit markiert den Beginn von Guptas Beschäftigung mit Alltagsgegenständen als Repräsentanten
kulturspezifischer Phänomene. „Pure (I)“ wurde anlässlich der Ausstellung im MMK erstmals unter
Verwendung der originalen Objekte reinszeniert.
Für „Date by Date“ (2008) hat Gupta die vollständige Einrichtung eines indischen Verwaltungsbüros –
Stühle, Tische, Schränke, Akten bis hin zu Ventilatoren, teilweise in Original und teilweise als Replik –
übernommen und als Rauminstallation inszeniert. Die Arbeit geht auf eine persönliche Erfahrung des
Künstlers zurück: „Wann immer ich zum Gericht ging, um Eintragungen ins Grundbuch vorzunehmen,
war ich beeindruckt davon, wie die Menschen dort arbeiteten. Es ist wie eine große Halle voller Büros
und alle ketten ihre Bänke, Tische und Stühle an, damit sie nicht verschwinden – es war so bizarr. Als ich
an einem Sonntag da war, ohne Menschen, war ich von dem Anblick der Stühle und Ketten so berührt,
dass ich etwas machen musste mit dem, was ich gesehen und gefühlt habe.“
In dem Werk „Season“ (2013) vereint Gupta Gegenwärtiges mit der Vergangenheit. Die Mango –
Nationalfrucht Indiens – ist ein Objekt, das im indischen Alltag überall präsent ist. „Season“ zeigt
täuschend echt aussehende Bronzerepliken von Früchten, die auf einem alten Nähtisch liegen.
Während der Mangoernte werden in Indien sämtliche Ablageflächen – auch Nähtische – in den
Haushalten genutzt, um die unreif geernteten Früchte nachreifen zu lassen. Die Mango ist sowohl im
Buddhismus als auch Hinduismus von großer Bedeutung. In einer der zahlreichen Legenden, die um
die Mango kreisen, heißt es, dass Buddha die Erleuchtung unter einem Mangobaum erlangte. Die
Mango kombiniert Gupta mit der Symbolik der Nähmaschine, die als Relikt der britischen Kolonialzeit
auf die Geschichte des Landes verweist und für die Bedeutung der indischen Textilindustrie auf dem
Weltmarkt steht.
Zahlreiche Arbeiten spielen auf die Themen Kochen und Essen an, die Gupta als Manifestation einer
kulturellen Alltagspraxis, aber auch als Sinnbild für Essentialität und Existenz versteht. Dies wird auch
in seinen performativen Arbeit deutlich. Seit einigen Jahren entstehen Fotografien und fotorealistische
Gemälde der Überreste seiner Mahlzeiten, sei es selbst gekochtes Essen zuhause oder Menüs in
Restaurants in Indien oder im Ausland. So hat er bereits einige hundert Mahlzeiten dokumentiert. Eine
Auswahl dieser Fotografien bringt er auf einer Tapete zusammen. Einmal monatlich verwandelt sich
dieser Raum in eine Küche, in der den Besuchern Speisen gereicht werden, die in Indien traditionell
samstags gekocht werden. Dieser Wochentag ist dem Planeten Saturn gewidmet, der in der vedischen
Astrologie von Gott Shani, dem Herrn des Karmas, regiert wird. Shani gilt als mächtigster und
gefürchtetster Planetengott, der mit bestimmten Speisen milde gestimmt werden kann. Dieses in
seinem Ursprung religiöse Ritual ist im modernen Indien in die profane Alltagspraxis übergegangen.
Während der Ausstellung werden die Besucher an fünf Terminen mit einem Gericht bekocht, das in
Indien traditionell samstags gegessen wird.
Katalog
Begleitet wird die Präsentation von einer englischsprachigen Monografie, herausgegeben von Aveek
Seen und Susanne Gaensheimer.
Mit Beiträgen von Germano Celant, Bharti Kher, Sunil Khilnani, Raqs Media Collective und Aveek Seen,
294 Seiten, erschienen bei Penguin Books India. 48 Euro
Eröffnung: Donnerstag, 11. September, 19 Uhr
Die Ausstellung „Subodh Gupta. Everything is Inside“ wird gefördert durch:
Veranstaltungen zur Ausstellung
MMK Talks mit Subodh Gupta und Germano Celant
Freitag, 12.9.2014,
In der fünften Ausgabe der MMK Talks setzt das MMK die beliebte Reihe der Künstlergespräche „The
Artists“ fort. Im ersten Gespräch der Veranstaltungsreihe diskutiert Subodh Gupta mit Germano
Celant.
Der international renommierte Kunsthistoriker und Theoretiker Germano Celant prägte den
kunstgeschichtlich bedeutenden Begriff der Arte Povera, der ausgehend von einer Bewegung von
bildenden Künstlern aus Italien in den 1960er- und 1970er-Jahren installative Werke aus „armen“, d. h.
gewöhnlichen und alltäglichen sowie organischen Materialien beschreibt, wie zum Beispiel aus Erde,
Glassplitter, Holz und Bindfaden.
Neben seinen vielfältigen Tätigkeiten als Kritiker und Autor kuratiert er international eine Vielzahl an
Ausstellungen: So ist er seit 1995 als Direktor der Fondazione Prada in Milano tätig, war davor Senior
Curator for Contemporary Art am Solomon R. Guggenheim Museum in New York (1989-2008) und
kuratierte 1997 die Hauptausstellung der 47. Internationalen Kunstausstellung – Biennale di Venezia.
Mit Gupta verbindet Celant ein langer, intensiver professioneller Austausch. Er kuratierte die bislang
größte Überblicksausstellung von Subodh Gupta, die Anfang dieses Jahres in Neu-Delhi im National
Gallery for Modern Art stattfand.
Live-Stream-Übertragung:
Der MMK Talk wird per Live-Stream auf die Webseite des MMK (www.mmk-frankfurt.de) übertragen.
Die Gespräche finden in englischer Sprache statt.
Eintritt frei
Tracing Khichdi. Kochperformances in der Ausstellung
Unter Anleitung des Künstlers werden einmal monatlich für die Besucher Speisen zubereitet, die in
Indien traditionell samstags gekocht werden. Der Wochentag Samstag ist dem Planeten Saturn
gewidmet, der in der vedischen Astrologie von Gott Shani, dem Herren des Karmas, regiert wird. Shani
gilt als mächtigster und gefürchtetster Planetengott, der mit diesem Ritual milde gestimmt werden
soll. Dieses in seinem Ursprung religiöse Ritual ist im modernen Indien in die profane Alltagspraxis
übergegangen und weit verbreitet.
Die Veranstaltungen finden in Zusammenarbeit mit dem Club Michel e.V. statt.
Das Essen ist im Eintrittspreis enthalten.
Termine:
Jeweils samstags, von 16 – 18 Uhr
13. September 2014, in Anwesenheit des Künstlers
Weitere Termine: 4. Oktober 2014, 1. November 2014, 6. Dezember 2014, 17. Januar 2015
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Vorschau MMK 1|2|3 NOW
„Dayanita Singh. Go Away Closer" im MMK 3 (Domstraße 3)
Eröffnung: Freitag, 26. September 2014, 19 Uhr
Pressekonferenz: Freitag, 26. September 2014, 11 Uhr
„Boom She Boom. Werke aus der Sammlung des MMK" im neuen MMK 2 (Taunustor 1)
Eröffnung: Sonntag, 19. Oktober, 14-18 Uhr
Pressekonferenz: Donnerstag, 16. Oktober 2014, 11 Uhr
Pressefotos:
Pressefotos finden Sie zum Download auf unserer Internetseite unter www.mmkfrankfurt.de/de/presse/pressedownload
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Pressekontakt:
Christina Henneke
Telefon +49 69 21237761 (derzeit nur mobil erreichbar: 015146113557)
Daniela Denninger
Julia Haecker
Telefon +49 69 21240571 (derzeit nur mobil erreichbar: 015146113557)
Fax +49 69 21237882
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