Dickdarm- und Mast- darmkrebs

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Dickdarm- und Mast- darmkrebs
Dickdarmund Mastdarmkrebs
Ursachen
Symptome
Diagnose
Behandlung
Heilungschancen
Eine Information
der Krebsliga
Dickdarmund Mastdarmkrebs
Der Dickdarm ist wie ein umgekehrtes U
im Bauchraum gelagert. Er beginnt am
Ende des Dünndarms im rechten Unterbauch, steigt dann hoch und quert den
Oberbauch nach links, führt der linken
Bauchseite entlang wieder nach unten und
formt dort eine S-förmige Schlinge (Sigma). 15 cm oberhalb des Afters geht er in
den Mastdarm (Rektum) über. Rund 70
Prozent der bösartigen Tumoren finden
sich im Sigma oder im Rektum. Sie gehen
in der Regel von der innersten Wand des
Darmrohres (Schleimhaut) aus und entstehen mehrheitlich durch Entartung eines
Polypen.
Häufigkeit
In der Schweiz ist der Dickdarm- und
Mastdarmkrebs (kolorektales Karzinom)
der zweithäufigste bösartige Tumor. Jedes Jahr erkranken daran etwa 3'500
Menschen, je zur Hälfte Frauen und
Männer. Das sind 50 Neuerkrankungen
pro Jahr auf je 100'000 Einwohner. Das
Risiko einer Erkrankung beginnt etwa
ab dem 40. Altersjahr und steigt mit zunehmendem Lebensalter. Rund 60 Prozent der Fälle treten nach dem 70. Altersjahr auf.
(Quelle: Vereinigung Schweizerischer
Krebsregister 1983-1987)
Krankheitszeichen (Symptome)
Oft dauert es lange – in der Regel mehrere
Monate – bis sich die ersten Krankheitszeichen bemerkbar machen. Die wichtigsten Symptome sind Blut- und / oder
Schleimbeimengungen im Stuhl bzw.
dessen Schwarzfärbung und eine länger
als drei Wochen andauernde Veränderung
der bisherigen regelmässigen Stuhlgewohnheiten, vor allem ein Wechsel von
Durchfall und Verstopfung. Unbehandelt
kommt es zum eigentlichen Darmverschluss, selten zum Darmdurchbruch,
und in der Spätphase – wegen der chronischen Blutung – zu Blutarmut und ungewollter Gewichtsabnahme.
Ursachen
Die Ursache eines Dickdarmkrebses ist in
den meisten Fällen noch unbekannt. Krebsbegünstigend können schwere Darmentzündungen und wahrscheinlich auch eine
fettreiche, ballaststoffarme Ernährung
sein.
Etwa 5 Prozent aller Dickdarmkrebserkrankungen sind sicher familiär, d.h. genetisch
mitbedingt. Kinder und Geschwister von
Darmkrebspatienten haben ein erhöhtes
Erkrankungsrisiko. Besonders hoch ist
dieses Risiko bei der familiären Polypose:
Im Dickdarm treten zahlreiche Polypen auf,
die sich fast immer zu einem Krebs entwickeln, wenn sie nicht rechtzeitig entfernt
werden. Dank Gentechnologie wird es in
naher Zukunft möglich sein, in solchen
Familien einerseits die Träger des für den
Krebs verantwortlichen Gens schon im
Jugendalter zu erfassen, durch regelmässige Vorsorgeuntersuchungen zu betreuen
und gegebenenfalls einer frühzeitigen
Operation zuzuführen, anderseits diejenigen Nachkommen, die das Gen nicht
tragen, vor unnötigen Darmspiegelungen
und Verängstigung zu verschonen.
Vorbeugung und Früherkennung
Eine sichere Vorbeugung gegen Dickdarmkrebs gibt es nicht. Dennoch ist eine ballaststoffreiche (faserreiche) Nahrung mit
genügend Flüssigkeitszufuhr sehr zu
empfehlen. Die Entfernung von Darmpolypen, die bei einer Darmspiegelung
entdeckt werden, ist eine wichtige vorbeugende Massnahme.
Eine Selbstkontrolle oder Selbstuntersuchung zwecks Früherkennung ist nicht
möglich. Auf alle Fälle ist ein Arzt aufzusuchen, wenn die bereits erwähnten
Symptome (Blutbeimengungen im Stuhl,
veränderte Stuhlgewohnheiten) auftreten.
Der Stuhlgang ist deshalb regelmässig
zu beachten. Eine Blutung darf, zumindest
ab dem 40. Altersjahr, nie auf ein Hämorrhoidenleiden zurückgeführt werden, bevor
nicht der Dickdarm durch Spiegelung
eingesehen wurde. Die Stuhluntersuchung
auf nicht sichtbaren, chronischen Blutverlust kann zwar zur Entdeckung von
Dickdarmtumoren beitragen, ist aber noch
mit vielen Unzulänglichkeiten belastet:
Einerseits können damit die – gut heilbaren
– Frühstadien häufig nicht erfasst werden,
anderseits lässt der Blutnachweis nicht
unbedingt auf einen Darmkrebs schliessen.
Eine wesentlich bessere diagnostische
Sicherheit bieten Darmspiegelungen: Bei
der Proktosigmoidskopie wird nur der
untere Teil des Dickdarms, wo die Mehrzahl
der Tumoren zu finden ist, eingesehen, bei der Koloskopie der ganze
Dickdarm.
Eine regelmässige ärztliche Untersuchung
wird Personen empfohlen ...
die bereits einmal an einem Dickdarmkrebs erkrankt sind
die bereits die Entfernung eines Darmpolypen hinter sich haben
die an einer chronischen Darmentzündung leiden
in deren Familien (bei Blutsverwandten) gehäuft Dickdarmkrebs oder eine
massive Häufung anderer bösartiger
Tumoren (z.B. Brust-, Eierstock- oder
Gebärmutterkrebs) vorkommt.
Sicherung der Diagnose
Die zuverlässigste Methode zur Diagnosestellung ist die Spiegelung des gesamten
Dickdarms. Die gefahrlose und weitgehend
schmerzlose Untersuchung wird ambulant
durchgeführt und hat den Vorteil, dass
gleichzeitig Gewebeproben entnommen
und allfällige Polypen (mögliche Vorläufer
des Darmkrebses) sofort vollständig entfernt werden können. Zur Sicherung der
Krebsdiagnose gehört auch die feingewebliche Untersuchung des abgetragenen Materials (Biopsie). Mit Ultraschall, Röntgen,
Computertomographie und Laboruntersuchungen wird das Vorhandensein allfälliger
Metastasen (v.a. in der Leber) abgeklärt.
Behandlung
Die Standardtherapie besteht in der radikalen
Entfernung der gesamten Krebsgeschwulst:
Das tumorbefallene Darmsegment, das anliegende Fettgewebe und die darin enthaltenen Lymphdrüsen werden chirurgisch
entfernt. Zur Wiederherstellung der Darmkontinuität werden die gesunden Darmteile
mit einer direkten Darmnaht wieder miteinander verbunden. Bei sehr tiefliegenden,
afternahen Mastdarmtumoren müssen der
Schliessmuskel und der After mitentfernt
und ein künstlicher Darmausgang (Stoma)
im linken Mittelbauch angelegt werden.
Dies ist heute bei rund einem Viertel dieser
Tumoren der Fall. In geeigneten Fällen sind
auch durch Bestrahlung und Chemotherapie
Heilungen möglich, so dass ein künstlicher
Darmausgang vermieden werden kann.
Um eine chronische Blutung oder einen
drohenden Darmverschluss zu vermeiden,
werden praktisch alle Dickdarmkrebse entfernt, auch wenn infolge bereits vorhandener
Fernmetastasen (Ablegern) keine Heilung
mehr möglich ist. Mastdarmtumoren
werden in der Regel vor oder nach der
Operation zusätzlich bestrahlt und medikamentös behandelt. Zur Tumorverkleinerung
kommen auch die Laserchirurgie und die
Kryochirurgie (Gefriertechnik) zur Anwendung. Lebermetastasen können zum Teil
chirurgisch entfernt werden.
Bei Patienten mit fortgeschritteneren Tumorstadien wird nach der Operation oft eine
medikamentöse Nachbehandlung (adjuvante Chemoimmuntherapie) durchgeführt.
Nachsorge und bleibende Folgen
Nachwirkungen der Operation sind in der
Regel gehäufte Darmentleerungen und
Änderungen der Stuhlgewohnheiten wegen
verkürzter Passage. Diese "Angewöhnungsphase" dauert ungefähr drei Monate.
Nach einer grösseren Darmoperation sind
regelmässige Nachkontrollen durch einen
Magen-Darm-Spezialisten erforderlich.
Mastdarmkrebs-Patienten wird eine Spiegelung des untersten Darmabschnitts alle
drei Monate im ersten Jahr empfohlen,
allen Patienten eine jährliche Koloskopie
zum Ausschluss eines Rückfalls oder zur
Früherfassung eines Zweitkarzinoms. Bei
vollständig normalen Darmverhältnissen
kann das Intervall für eine Darmspiegelung später auf zwei bis drei Jahre verlängert werden. Durch zusätzliche regelmässige Blutuntersuchungen (Tumormarker) sowie durch Ultraschalluntersuchungen der Leber und der übrigen
Bauchorgane können frühzeitig Ableger
entdeckt werden.
Muss ein künstlicher Darmausgang
(Stoma) angelegt werden, so bedeutet
dies für die Betroffenen einen grossen
Einschnitt in ihr Leben: Der Stuhl wird nun
in unregelmässigen Zeitabständen durch
eine in der Bauchdecke angelegte Öffnung
entleert und dort durch einen gut haftenden, auswechselbaren Beutel aus geruchsicherem Plastikmaterial aufgefangen.
Den Patienten wird der Umgang mit dem
Stoma und dessen Pflege bereits im Spital
sorgfältig instruiert. Weil viele Versorgungsprobleme aber erst zu Hause und
bei Wiederaufnahme des aktiven täglichen
Lebens auftreten, wird ihnen zusätzlich
die Konsultation einer Stoma-Beratungsstelle oder einer Spezialsprechstunde
empfohlen. Sehr hilfreich sind auch die
in der ganzen Schweiz tätigen Selbsthilfegruppen (ilco-Vereine). Adressen und
Telefonnummern sind bei der Krebsliga
erhältlich, ebenso die Patientenbroschüre
"Mit einem Stoma leben...".
Die Entfernung des Mastdarms und des
Schliessmuskels kann bei Männern eine
Beeinträchtigung der sexuellen Potenz zur
Folge haben. Die häufig seelisch bedingten
Probleme (Hemmungen, Angst) können im
einfühlsamen Gespräch mit der Partnerin,
dem Arzt, der Stomatherapeutin oder dem
Psychologen abgebaut werden.
Heilungschancen
Der Dickdarmkrebs wäre oft heilbar, wenn
er frühzeitig erfasst und behandelt würde.
Weil der Tumor aber lange symptomlos
bleibt und allfällige Krankheitszeichen zu
lange bagatellisiert werden, weist rund die
Hälfte der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose ein fortgeschrittenes Tumorstadium
mit Lymphknotenbefall oder Fernmetastasen (v.a. in der Leber) auf, so dass nur
jeder zweite Patient durch rechtzeitige
Operation geheilt werden kann.
Hat der Tumor die Darmwand noch nicht
durchbrochen und keine Lymphknoten
befallen, so ist die Lebenserwartung des
Patienten nach der Operation nur wenig
verkürzt. Wurde die Darmwand durchbrochen, liegen die Heilungschancen ohne
Lymphknotenbefall bei 60 bis 70 Prozent,
mit Lymphknotenbefall noch bei 30 bis 40
Prozent.
Liegen bei der Diagnosestellung bereits
Fernmetastasen vor, ist eine Heilung zwar
nur selten möglich. Doch eine rechtzeitig
eingeleitete Chemotherapie und gelegentlich auch die chirurgische Entfernung
allfälliger Lebermetastasen haben eine
symptomlindernde Wirkung, verbessern
die Lebensqualität des Patienten und
können sein Überleben verlängern.
Heutige Forschungsschwerpunkte
Das Hauptaugenmerk richtet sich heute
vorwiegend auf die Frühdiagnostik – insbesondere bei Risikogruppen. Bei familiär
gehäuften Tumorformen könnte die Gentechnologie in den nächsten Jahren
wesentliche Fortschritte bringen. In der
Chemotherapie geht die Suche nach
wirkungsvolleren Substanzen weiter. Und
die modernen Bestrahlungstechniken
zielen darauf hin, bei höherer lokaler
Strahlendosis die Nebenwirkungen auf
umliegende Organe zu vermindern.
85++
80-84
75-79
70-74
65-69
60-64
55-59
50-54
45-49
40-44
35-39
30-34
25-29
20-24
15-19
10-14
5-9
0-4
995 Männer
400
300
200
100
0
Anzahl Todesfälle nach Altersgruppen
Quelle: Bundesamt für Statistik (Todesursachenstatistik)
Altersgruppe / Jahre
Altersverteilung der Todesfälle in der Schweiz
(4-Jahres-Durchschnitt 1990-1993)
916 Frauen
100
200
300
400
Jedes Jahr sterben in der Schweiz etwa 1'900 Menschen an Dickdarm- oder
Mastdarmkrebs. Die Krankheit verursacht 10,9% der rund 9'200 männlichen
und 12,5% der rund 7'300 weiblichen Krebstodesfälle. Die Grafik zeigt die
Altersverteilung der an Dickdarm- und Mastdarmkrebs Vertsorbenen.
Autor: Prof. Dr. med. U. Metzger
Redaktion: Hans Krebs
Druck: Werner Druck AG Basel
Gestaltung: Agnes Weber, Bern
Realisation: Elisabeth Rohrer, SKL
Copyright: © 1995 Schweiz. Krebsliga
SKL 6.95 / 30'000 / 1063
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