Predigt gehalten in Ort / Datum Pforzheimer Stadtmission 23

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Predigt gehalten in Ort / Datum Pforzheimer Stadtmission 23
Predigt über 1. Mose 3, 14-24 / Uli Limpf / Seite -1-
Predigt gehalten in Ort / Datum
Pforzheimer Stadtmission
23. November 2014
Liebe Stadtmissionsgemeinde!
„Jenseits von Eden“ – so heißt der letzte Teil unserer Predigtreihe über das Paradies.
„Jenseits von Eden“ – so heißt auch ein Film aus dem Jahr 1954, der den jungen
James Dean berühmt machte. In diesem Film wird das Leben eines jungen Mannes
erzählt: die Mutter gestorben, vom Vater kaum geliebt, in Rivalität zu seinem älteren
Bruder lebend, sein Kampf im Leben, seinen Platz und seine Identität zu finden, Alltag – jenseits von Eden.
„Jenseits von Eden“ ist auch der Titel eines Schlagers. Unser Musikteam hat ihn genialerweise für heute eingespielt.
- Wenn ein Kind nicht mehr lacht …
- Wenn man für Liebe bezahlen muss …
- Wenn unser Glaube nicht mehr siegen kann …
- Wenn jede Hoffnung nur ein Horizont ist …
… dann leben wir jenseits von Eden.
„Jenseits von Eden“ – so viele haben dieses Thema aufgenommen – in Büchern, in
Filmen, in Liedern. Und ich glaube, auch jeder von uns spürt das oft auf eine harte
Art und Weise. Wir leben jenseits von Eden – als Menschen haben wir das Paradies
verloren. Die Zeitungen schreiben jeden Tag davon – und auch in unsere Lebensbiografien ist das eingeritzt – wir leben nicht mehr im Paradies. Wie beschreibt denn
die Bibel das Leben jenseits von Eden? Wir lesen 1. Mose 3, 14-24:
14 Da sprach Gott, der Herr, zu der Schlange: »Weil du das getan hast, sollst du unter allen
zahmen und wilden Tieren verflucht sein. Dein Leben lang sollst du auf dem Bauch kriechen
und Staub fressen.
15 Von nun an setze ich Feindschaft zwischen dir und der Frau und deinem Nachkommen
und ihrem Nachkommen. Er wird dir den Kopf zertreten und du wirst ihn in seine Ferse beißen.«
16 Dann sprach er zu der Frau: »Mit großer Mühe und unter Schmerzen wirst du Kinder zur
Welt bringen. Du wirst dich nach deinem Mann sehnen, doch er wird über dich herrschen.«
17 Und zu Adam sprach er: »Weil du auf deine Frau gehört und von der verbotenen Frucht
gegessen hast, soll der Ackerboden deinetwegen verflucht sein. Dein ganzes Leben lang
wirst du dich abmühen, um dich davon zu ernähren.
18 Dornen und Disteln werden auf ihm wachsen, doch du musst dich vom Gewächs des Feldes ernähren.
19 Dein ganzes Leben lang wirst du im Schweiße deines Angesichts arbeiten müssen, um
dich zu ernähren - bis zu dem Tag, an dem du zum Erdboden zurückkehrst, von dem du genommen wurdest. Denn du bist aus Staub und wirst wieder zu Staub werden.«
20 Da gab Adam seiner Frau den Namen Eva, denn sie sollte die Mutter aller Menschen auf
der ganzen Erde werden.
21 Und Gott, der Herr, machte Adam und seiner Frau Kleidung aus Tierfellen und zog sie
ihnen an.
22 Dann sprach Gott, der Herr: »Der Mensch ist geworden wie einer von uns, er kennt sowohl das Gute als auch das Böse. Nicht dass er etwa noch die Früchte vom Baum des Lebens pflückt und isst! Dann würde er ja für immer leben!«
Predigt über 1. Mose 3, 14-24 / Uli Limpf / Seite -2-
23 Deshalb schickte Gott, der Herr, Adam und seine Frau aus dem Garten Eden fort. Er gab
Adam den Auftrag, den Erdboden zu bearbeiten, aus dem er gemacht war.
24 Nachdem er sie aus dem Garten vertrieben hatte, stellte Gott, der Herr, Cherubim auf, die
mit einem flammenden, blitzenden Schwert den Weg zum Baum des Lebens bewachen.
Liebe Freunde, ein klein wenig ist mir immer zum Heulen zumute, wenn ich diesen
Text lese. Wie wahr ist das alles, wie präzise beschreibt Gott da in wenigen Zeilen
die Mühsal unseres Lebens. Wie treffend wird hier unser Alltag geschildert. Wir Menschen sind nicht mehr im Paradies, wir sind entwurzelt, abgeschnitten – wie dieser
Weihnachtsstern. Noch sieht sie wunderschön aus, diese Blüte, aber sie wird verblasen, sie wird welken, sie wird vor Ablauf ihrer Zeit ihre Kraft verlieren, sie ist getrennt
von ihren Wurzeln. Und sie wird sterben und verrotten. So wie wir Menschen, denn
„du bist Staub und wirst wieder zu Staub werden“.
Vielleicht steigt manchmal auch Wut in uns auf – Wut auf Gott. Warum ist mein Leben so schwer? Warum bin ich aus dem Paradies verstoßen? Habe ich, haben wir
das wirklich verdient, dass wir jenseits von Eden leben müssen?
In diesen Worten aus 1. Mose 3 erfahren wir: So ist der Mensch (Adam), so ist das
Leben (Eva) und es gibt keinen Text in der Weltliteratur, der das so kompakt, so treffend beschreibt. Fangen wir heute einmal mit diesem Text von hinten an:
1. Der Cherub – Gnade im Gericht
Gott vertreibt den Menschen aus dem Paradies. Er schickt ihn hinaus aus diesem
wunderschönen Garten. Gott schickt den Menschen aus dem Paradies. Der Zugang
wird verschlossen. Der Weg zum Baum des Lebens wird von einem Engel mit flammendem, blitzendem Schwert bewacht. Ein unheimliches Bild: der Weg zum Leben
versperrt. Warum nur? In allem Schweren leuchtet hier schon ein Stück von Gottes
weiser und gnädiger Fürsorge für uns Menschen trotz des Sündenfalls auf. Gott verwehrt dem Menschen, vom Baum des Lebens zu essen und dadurch unsterblich zu
werden. Wer vom Baum des Lebens isst, wird ewig leben. Gott wollte nicht, dass wir
Menschen in unserem gefallenen Zustand unsterblich geworden wären. Stellt euch
vor, wir würden alt werden, unsere Kräfte verlieren und könnten nicht sterben. Geht
auf die Pflegestation eines Altenheimes, dann wisst ihr, was das bedeutet. Gott wollte nicht, dass wir ewig in unserer Sünde bleiben müssen. Deshalb stellte er den Cherub hin.
Wenn wir im Text ein Stückchen weiter nach vorne gehen, lesen wir, welche Folgen
der Sündenfall für uns Menschen mit sich gebracht hat.
2. Die komplizierten Beziehungen zwischen Männern und Frauen
Gott sprach zu der Frau: „Mit großer Mühe und unter Schmerzen wirst du Kinder zur
Welt bringen. Du wirst dich nach deinem Mann sehnen, doch er wird über dich herrschen.“
Wie wahr sind diese Sätze. Gerade dort, wo die Frau die Erfüllung ihres Lebens finden möchte, in der Beziehung zu ihren Kindern und in der Beziehung zu ihrem Mann,
wird das Leben schwer für sie werden.
Predigt über 1. Mose 3, 14-24 / Uli Limpf / Seite -3-
So ist „Jenseits von Eden“ eigentlich immer noch dieselbe alte Leier, die Gott hier
beschreibt, immer noch derselbe Mechanismus.
Da ist ein Ungleichgewicht hineingekommen. Die Frau schaut zum Mann hin, sie
sehnt sich nach tiefer Gemeinschaft. Doch allzu oft begegnet er ihr nicht so, wie sie
sich das wünscht, wie sie das von ihm erwartet. Er herrscht über sie. Sie hat ihre Bedürfnisse, aber die kann er nicht erfüllen, die bleiben ungestillt.
Ich mag mich irren – ich bin keine Frau – aber dennoch meine ich bei Frauen zu beobachten, dass Frauen in der Gefahr stehen, sich zu den Männern in ihrem Leben
hin zu verbiegen. Mit Männern meine ich nicht nur Ehemänner, ich meine auch Väter,
ich meine Vorgesetzte.
Frauen sehnen sich nach der Anerkennung von Männern in ihrem Leben. Sie möchten wahrgenommen werden, bewundert, wertgeschätzt, geliebt. Aber um das zu erreichen, sind viele Frauen auch bereit, viel auf sich zu nehmen, fast alles zu tun, fast
sich selbst zu verleugnen.
Dein Verlangen wird nach deinem Manne sein: „Bitte sag mir doch, wer ich bin – sag
mir, dass ich gut bin – sag mir, dass ich schön bin – sag mir, wie du mich siehst –
sag mir, dass du mich liebst.“
So oft gibt es da diese Vorstellung: „Mein Mann muss mich glücklich machen, das ist
doch sein Job als Mann, das sehen wir doch im Kino.“ Doch dann macht man die
Erfahrung, dass das nicht funktioniert. Es kann gar nicht funktionieren. Auch keine
Frau kann einen Mann glücklich machen. Die Sehnsucht im Leben stillen, das Loch
im Leben füllen – das kann nur Gott. Mit allem anderen überfordern sich Männer und
Frauen gegenseitig. Wenn ich vom anderen erwarte, dass er mir alles ist, dass er mir
alle meine Sehnsüchte stillt, wenn er mich definiert, wenn er dazu da ist, mir meine
Identität zu geben, meinen Sinn, dann kann das nur schiefgehen.
Manchmal denke ich, dass in unserer Zeit erschwerend noch dazu kommt, dass wir
von Hollywood geprägt sind. Da gibt es so viele Filme, in denen der Traumprinz zu
seiner Prinzessin sagt: „Ich trage dich auf Händen, ich hole dir die Sterne vom Himmel.“ Dann heiraten sie, die Kamera schwenkt auf den Sonnenuntergang am Meer.
Der Film ist zu Ende und die Zuschauer treten die letzten salzigen Popcorns in den
roten Teppich des Kinos. Aber was danach kommt, das zeigt kein Film. Was passiert,
wenn er sie nicht auf Händen trägt, wenn sie für ihn nicht die schönste Frau auf Erden bleibt? Kein Streifen zeigt, wie Männer und Frauen in Ehen und Freundschaften
heilsam und konstruktiv miteinander umgehen können.
Übrigens glaube ich auch, dass sich Männer nach ihren Frauen verbiegen können.
Adam zumindest hatte das gemacht. Zu Adam sprach Gott: „Deiner Frau zuliebe hast
du mein Gebot missachtet.“ Adam hätte zu Eva sagen können: „Was machst du da?
Gott hat es verboten!“ Aber er setzt Eva keine Grenzen und ich vermute, er tut das
aus Angst, die Beziehung zu Eva zu verlieren.
Jenseits von Eden sind die Beziehungen zwischen Männern und Frauen kompliziert
geworden. Und es gibt in all dem eine große Frage, ein großes Ziel: Wie können wir
im Alltag, jenseits von Eden die Konsequenzen des Sündenfalls im Zusammenleben
zwischen Männern und Frauen kompensieren? Können wir wieder nach Eden zurück, können wir wieder in eine gleichberechtigte Gemeinschaft zwischen Mann und
Frau zurückkehren, in der Gott in der Mitte ist?
Predigt über 1. Mose 3, 14-24 / Uli Limpf / Seite -4-
3. Der harte Kampf ums Überleben
Während Frauen ihren Wert und ihre Identität eher aus Beziehungen ziehen, weil
ihnen Beziehungen sehr wichtig sind, neigen Männer dazu, ihre Identität von ihrer
Arbeit her zu definieren, vom Erfolg, den sie im Arbeitsleben haben. Aber auch das
funktioniert nicht richtig, denn auch wir Männer leben jenseits von Eden.
Die Erfahrung des Mannes – und ich meine, in der Zwischenzeit ist es auch die Erfahrung vieler Frauen – die Erfahrung des Mannes ist es, dass er täglich auf Dornen
und Disteln stoßen wird. In seiner Arbeit erlebt er an jedem Tag neu Erschwernisse
und Enttäuschungen. Sein Tagesablauf wird nicht nur vom Erfolg, sondern auch von
Fehlschlägen und vom Scheitern bestimmt. Er leidet unter der Vergeblichkeit, den
Leerläufen, der Überbelastung. „Im Schweiße deines Angesichtes“ könnte man mit
den Worten „im Stress deines Lebens“ formulieren.
Während der Götze der Frau eher Beziehungen sind, ist der Götze des Mannes eher
der Beruf oder das, was man dort tut.
Aber an dieser Stelle setzen Männer auf die falsche Karte. An dieser Stelle liegen
Männer falsch, wenn sie sich über ihren Erfolg, ihre Arbeit und ihre Leistung definieren.
Nun muss man ja sagen, dass weder Beziehungen noch Beruf noch Erfolg prinzipiell
etwas Schlechtes sind. Der Partner ist nicht schlecht, all das hat Gott ja gemacht, es
ist eigentlich was Gutes.
Aber schlecht und schädlich wird es nur dann, wenn wir es zu unserem Lebensinhalt
machen, wie die Arbeit, Partner, Familie …
Wenn wir uns über andere Menschen und die Arbeit definieren, statt in Gottes Augen
zu schauen, werden wir mit unserem Leben scheitern.
Liebe Freunde, heute mehr denn je ist es für unser Leben jenseits von Eden so nötig,
Gott zu fragen: „Wer sagst du denn, der ich bin? Was hast du mit meinem Leben
vor? Was möchtest du mir schenken? Was soll ich lassen, was soll ich dir geben,
damit ich mich vor niemand anderem mehr beuge als nur vor dir?“
4. Ein Text nicht ohne Hoffnung
Jenseits von Eden – wäre eigentlich ein ernüchternder Text, ein wehmütiger Text.
Aber Gott sei Lob und Dank steckt auch schon in diesen Zeilen Evangelium, frohe
Botschaft, Hoffnung. In 1. Mose 3, Vers 15 lesen wir:
15 Gott sprach zur Schlange - Von nun an setze ich Feindschaft zwischen dir und der Frau
und deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen. Er wird dir den Kopf zertreten und du
wirst ihn in seine Ferse beißen.«
Als Christen sehen wir in diesen Worten bereits Jesus. Es wird einen Nachkommen
der Frau geben, der wird einmal der Schlange, der wird einmal all dem Bösen den
Kopf zertreten. Das wird ein tödlicher Kampf sein, denn die giftige Schlange wird ihn
dabei in die Ferse stechen.
Ist das nicht gigantisch? Bereits hier wird genau das beschrieben, was am Kreuz von
Golgatha passiert ist.
Predigt über 1. Mose 3, 14-24 / Uli Limpf / Seite -5-
Jesus hat am Kreuz den Teufel, das Böse besiegt, aber es hat ihn das Leben gekostet.
Jesus Christus hat dem Tode die Macht genommen, Jesus hat über die Mächte triumphiert. Von Jesus an heißt es: „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?
Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus!“ (1.
Korinther 15, 55).
Protoevangelium, Erstevangelium nennen die Theologen diese Stelle, wo Gott verheißt, dass es einen Ausweg gibt aus diesem Leben jenseits von Eden. Und wisst
ihr, was das Größte ist? Wir dürfen in der Zeit leben, in der diese Wende bereits geschehen ist. Die große Verheißung aus 1. Mose 3, 15 ist bereits eingetroffen, ist wahr
geworden.
„Heut schleußt er wieder auf die Tür zum schönen Paradeis, der Cherub steht nicht
mehr dafür, Gott sei Lob, Ehr und Preis!“ So werden wir es in wenigen Wochen in
diesem Weihnachtslied von Nicolaus Hermann wieder singen.
Jesus hat den Weg nach Eden, nach Hause, den Weg ins Haus des Vaters wieder
frei gemacht. Sein Tod am Kreuz hat den Garten wieder aufgeschlossen, wir können
wieder am Cherub vorbeigehen.
Solange wir leben, werden wir nicht in die vollkommen ungetrübte Gemeinschaft hineinkommen, es wird immer Schmerz und Enttäuschung geben. Es gibt immer noch
Raum zum Wachsen.
Doch im Blick auf all das, was ich vorher über das Leben jenseits von Eden gesagt
habe: durch Jesus ist Heilung möglich. Wir Männer dürfen heil werden von unserem
verkorksten Verhältnis zu unserer Arbeit. Und ich glaube, wir alle dürfen heil werden
in unseren verbogenen, verkorksten, unguten Beziehungen.
In Jesus ist ein Neuanfang der Geschlechter möglich. Jesus will uns helfen, dass wir
uns in unserer unterschiedlichen Begabung gegenseitig freisetzen – in unseren
Ehen, auch in aller Freundschaft zwischen Männern und Frauen in der Gemeinde.
Jesus macht es möglich, dass wir uns nicht mehr gegenseitig ausquetschen. Nicht
mehr die Generationen untereinander und auch nicht mehr die Geschlechter untereinander. Jesus macht es möglich, dass wir einander fördern. Weil Jesus vergeben hat
und Heilung bringt, können wir uns aus der Verbiegung lösen und wir dürfen aufrecht
vor Gott stehen.
Von Gott dürfen wir unsere Identität und unseren Selbstwert empfangen – er braucht
uns Männer und Frauen, um die große Liebe abzubilden, die er zu den Menschen
hat. Wir dürfen einander helfen, dass der andere Gott an die erste Stelle setzen darf.
So sind wir zwar nicht mehr im Paradies, aber wir sind wieder auf dem Weg dorthin.
In Gottes neuer Schöpfung, in Gottes neuer Welt werden wir wieder vom Baum des
Lebens essen. Gott hat angefangen, alles gut zu machen und er wird es auch vollenden.
Amen