Langener Zeitung 27.06.2015

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Langener Zeitung 27.06.2015
LANGEN/EGELSBACH
SEITE 38
Samstag, 27. Juni 2015
„Berufung Schritt für Schritt entdeckt“
David Schroth wird in drei Wochen zum Priester geweiht - die Primiz feiert er in seiner Heimatgemeinde St. Albertus Magnus
nach „mehr“. Ich bin mit
dem christlichen Glauben
aufgewachsen. Bei uns würde
man sagen, klassisch katholisch: katholischer Kindergarten, Messdiener, Jugendarbeit und am Ende wurde es
dann das Theologiestudium.
Rückblickend kann ich sagen, dass mich die Person
Jesu und seine Botschaft für
die Menschen schon als kleiner Junge fasziniert haben.
Wann und wodurch wurde dir Aber auch die Fragen: Was ist
klar, dass das dein Lebensweg ein Priester? Was macht ihn
sein wird?
aus? Was sind seine AufgaEhrlich gesagt gibt es bei
ben? Alles zusammen war
mir nicht diesen „einen Modann vermutlich entscheiment“, in dem mir deutlich
dend, um daran anzuknüpwurde, dass es mein Lebens- fen und meiner Berufung zu
weg ist, Priester zu werden.
folgen.
In die Nachfolge Jesu zu treten ist ja nicht einfach ein
Wie waren die „Studien- und
Entschluss, den man eines Ta- Lehrjahre“?
ges fasst und der dann unanSehr gut. Auch das Jurastugefochten bleibt. Vielmehr
dium möchte ich nicht misglaube ich, im Tiefsten seines sen. Auf der Suche nach dem
Herzens kennt man den eige- „Mehr“ und den Fragen des
nen Weg. Diesen durfte ich in Glaubens war dann aber ein
den vergangenen Jahren für
Ort wie Sankt Georgen, wo
mich entdecken. Ich kann auf ich anschließend Philosophie
viele positive Erfahrungen
und Theologie studierte,
und Begegnungen mit den
wichtiger und prägender. Ein
Menschen in meinem Umfeld Highlight war auch das Studizurückblicken. Einige davon enjahr in Rom, wo ich über
sind mir auch als Priester
den Tellerrand schauen und
zum Vorbild geworden, haWeltkirche in ihren verschieben mich ermutigt, und so
denen Facetten erleben konnhabe ich mich auf dieses
te. In dieser Zeit sind wichtiAbenteuer eingelassen. Dafür ge Freundschaften entstanbin ich sehr dankbar.
LANGEN � Mit David Schroth
wird ein „echter Langener Bub“
am Samstag, 18. Juli, im Mainzer
Dom zum katholischen Priester
geweiht. Am darauffolgenden
Sonntag feiert der 28-Jährige in
St. Albertus Magnus, der Kirche,
in der er 1996 die Erstkommunion empfing, seine Primiz. Im Gespräch mit Klaus-Dieter Vögler
spricht der katholische Theologe über seine Berufung.
Bist du deiner „Berufung“ dann umgehend
gefolgt?
Es
hat
sich bei mir
Schritt für
Schritt entwickelt, die eigene Berufung
zu entdecken. Nach
dem Abitur wollte ich
einen weltlichen Beruf ergreifen und habe erst einmal
angefangen, Jura zu studieren. Mit der Zeit stellte ich jedoch fest, dass das für mich
wohl doch nichts ist. Irgendwie war ich auf der Suche
den. Ein entscheidender
Schritt war ferner der Besuch
der Bibelschule im Heiligen
Land. Bis heute zehre ich von
den Erfahrungen auf den
Spuren Jesu und dem Lesen
4. Mai 2014: David Schroths erster Einsatz als Diakon in der Kirche St. Albertus Magnus, in der er 1996 zur Erstkommunion ging (kleines Bild).
der Bibel an den besonderen
Orten. Dankbar bin ich auch
für die Zeit mit meinen Mitbrüdern im Priesterseminar.
Der Austausch und das gemeinsame Unterwegssein
sind enorm wichtig.
Reich an Einsichten
und Begegnungen waren die
Praktika in
den Gemeinden in
Darmstadt,
Mainz und
zuletzt in Heppenheim als Diakon. Aber auch anspruchsvolle Felder wie
die Gefängnisseelsorge gehörten dazu.
los zu bleiben. Das heißt
nicht, dass ich beziehungslos
lebe. Ganz im Gegenteil: Es
ist mein Auftrag, mit den
Menschen, die mir anvertraut sind, ganz bewusst in
Beziehung zu treten. Die Formulierung „eigene Familie“
macht mich immer etwas
stutzig, denn natürlich habe
ich eine eigene Familie – meine Familie. Jeder Priester entstammt einer Familie, ist in
ihr aufgewachsen und hat
mit ihr gelebt mit allem, was
dazugehört. Ich bin ein Familienmensch und ich bin Gott
sehr dankbar für meine Familie. Ohne meine Familie und
meine Freunde im Hintergrund könnte ich meinen
Dienst gar nicht ausüben. Sie
Wie gehst du damit um, dass sind ein entscheidender Teil
du keine eigene Familie haben meines Lebens und somit
darfst?
auch meiner Berufung. Auch
Ich habe versprochen, ehe- wenn ich es mir gut vorstel-
Begegnung mit Flüchtlingen in gemütlicher Runde
sam getragen wird, findet zukünftig an jedem ersten und
dritten Donnerstag im Monat
von 15 bis 18 Uhr statt. Es soll
den Kontakt zwischen Neubürgern und Einheimischen
fördern und einen Beitrag zur
Integration leisten. � gt
Diese Seite der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden
in Langen und Egelsbach erscheint monatlich in unserer Zeitung.
Redaktion: Pfarrer Steffen Held, ViSdP (sh), Pfarrer Ulrich Neff (un),
Pfarrer Tobias Geeb (tg), Stephanie Kunert, Ltg. (stk), Iris Borutta (ib),
Heribert Gött (gt), Beate Kramp (bk), Gaby Melk (gm), Klaus Dieter
Vögler (kdv), Daniel Untch (du) Kontakt: Evangelisches Dekanat Dreieich, Bahnstraße 44, Langen, � 3 00 78 15
Bin ich gemeint?
Katharina Meckbach
Es kommt überraschend. Keiner hat damit gerechnet. Sie sitzen um einen Tisch. Darauf ein
Buch und Schreibutensilien.
Er schaut in das Licht und folgt
einer Armbewegung. Seine zwei
Nachbarn sind mit anderen Dingen beschäftigt. Sie zählen Geld.
Sie sind so vertieft, dass sie ihre
Umgebung gar nicht wahrnehmen. Einer weicht erschrocken zurück. Und der Fünfte im Bunde
beugt sich nach vorne – die Hand
Zur Person
David Christopher Schroth wurde
1987 in Langen geboren. Hier
wuchs er auf und machte 2006 an
der Dreieichschule Abitur. Danach
studierte er zunächst Rechtswissenschaften, 2008 wechselte er an
die Philosophisch-Theologische
Hochschule Sankt Georgen in
Frankfurt. Nach einem Auslandsstudienjahr in Rom an der Päpstlichen Universität Gregoriana trat
Schroth 2011 ins Mainzer Priesterseminar St. Bonifatius ein. 2012
schloss er sein Philosophie- und
Theologiestudium in Sankt Georgen ab. Das Propädeutikum (eine
Vorbereitung für Theologiestudenten, die Priester werden wollen)
absolvierte er im Priesterseminar in
Freiburg, anschließend ging er
zweieinhalb Monate an die Bibel-
schule nach Israel. Sein Pastoralkurs (die praktische Ausbildung
nach dem Studium) begann 2013;
im Mai 2014 folgte die Weihe zum
Diakon. Bis Ende April war er in der
Pfarrei St. Peter in Heppenheim
eingesetzt, seit Anfang Mai ist er
wieder im Mainzer Priesterseminar
und bereitet sich auf die Weihe vor.
Am Samstag, 18. Juli, um 9.30 Uhr
wird ihn Karl Kardinal Lehmann im
Mainzer Dom zum Priester weihen.
Von Langen aus fährt ein Bus dorthin. Infos und Anmeldung über das
Pfarrbüro St. Jakobus ( � 23542).
Die feierliche Primiz, also die „erste
Messe“ des Neupriesters, findet
am Sonntag, 19. Juli, 10.30 Uhr, in
der Langener St. Albertus MagnusKirche statt, danach feiern Gemeinde und Gäste gemeinsam. � stk
Aktion für Schulabgänger – „Mach doch, was du glaubst!“
IMPRESSUM
nah an der Waffe. Auch er blickt
in das Licht. Er sieht und sieht es
doch nicht.
Wir, die Betrachter sehen, worum es geht. Im Alltag geschieht
das Unfassbare: Der italienische
Maler Caravaggio hat es festgehalten. Jesus erscheint am rechten
Bildrand – und mit ihm Petrus.
Den Arm erhoben, zeigt er auf
Matthäus: Du bist hier und jetzt
gemeint.
Das Gemälde „Die Berufung
des heiligen Matthäus“ hat Caravaggio als Auftragsarbeit 1600
gemalt. Es ist heute noch in Rom
in der Kirche San Luigi dei Francesi zu sehen.
Es ist nicht erkennbar, ob Matthäus auf sich oder seinen Nachbarn zeigt. Es stellt sich die Frage:
Woran merke ich, dass ich gemeint bin? Woran merke ich, dass
ich gerufen werde? Das kann man
nicht beantworten. Es passiert
nicht von jetzt auf gleich. Es kann
mir heute oder morgen passieren.
Fotos: p
Kirchengemeinden
als Arbeitgeber
Plausch im Café Welcome
LANGEN � Am Donnerstag,
23. Juli, 15 Uhr, wird das Café
Welcome im Pfarrzentrum
St. Albertus Magnus eröffnet.
Dieses Begegnungscafé für
Flüchtlinge, das von der evangelischen und katholischen
Kirchengemeinde
gemein-
len konnte, habe ich mich
entschieden, nicht zu heiraten und keine eigenen Kinder
zu haben, das ist richtig. Es
ist ein bewusster Verzicht,
der nicht einfach ist, manchmal sogar sehr schwer. Und
doch ist es kein Mangel, sondern zunächst einmal eine
frei gewählte Lebensform,
die aus meiner Sicht ein Äußerstes an Verfügbarkeit ermöglicht – ganz bewusst für
die Menschen, die mir als
Geistlicher und Seelsorger
anvertraut sind. Und nicht
selten ist es so, dass man besonders als Priester die Rolle
eines Vaters ausfüllen muss,
indem man Verantwortung
für junge Menschen übernimmt. Ein guter Priester
muss meiner Meinung nach
immer auch ein guter Vater
sein können. Auch dann,
wenn er ehelos lebt.
�
Es ist in gewisser Weise unverfügbar.
Jesus beruft Matthäus mitten
in einer Tätigkeit. Nicht bei einer
spirituellen Handlung. Er befindet sich in keinem sakralen Raum.
Es ist nicht erkennbar, ob er vor
der Tür oder in einem Haus sitzt.
Und er zählt Geld. Mitten in einer
weltlichen Tätigkeit begegnet er
Jesus. Auf diese Begegnung gibt es
verschiedene Antworten. Die einen bekommen gar nichts davon
mit. Die anderen sind ängstlich,
unsicher oder blind. Diese Antworten sind frei. Der Ruf kommt –
aber wir sind selbst gefragt, ob
wir ihn annehmen oder nicht.
Auch in meinem Vikariat ist
Platz für die Frage nach der Berufung – nach dem Gerufen werden.
Antworte ich dem Ruf, etwas in
der Welt zu tun, etwas zu bewegen, etwas zu verändern? Was
will ich mit meinem Leben anfangen und wohin will ich? Der Ruf
Jesu betrifft den ganzen Men-
schen. Das habe ich in meiner ersten Zeit im Vikariat festgestellt.
Ich bin immer und überall Vertreterin der Evangelischen Kirche –
in Worten und Handlungen.
Das kann erst mal verunsichern und auch anstrengend sein.
Wer bin ich auf dem Bild von Caravaggio? Wer bin ich jetzt auf
dem Bild? Das kann sich ändern –
je nachdem, in welcher Phase man
ist. Bin ich noch unsicher, ob ich
dem Ruf folgen soll? Folge ich dem
Ruf, etwas in der Kirche, in der
Gemeinde zu bewegen, Menschen
zu bewegen, von der befreienden
Botschaft zu erzählen?
Die Antworten sind frei.
All diese Überlegungen haben
Platz in der Zeit des Vikariats, einer Zeit des Ausprobierens. Ich
bin gerade diejenige auf dem Bild,
die sich fragt: Bin ich gemeint?
Und wer sind Sie?
Vikarin Katharina Meckbach
Evangelische Kirchengemeinde
Langen
LANGEN � Abitur oder Fachhochschulreife geschafft –
und was kommt dann? Diese
Frage kennen wohl alle, die
gerade die Schule beendet haben. Manche nehmen erst
einmal eine Auszeit, ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ),
um sich Klarheit über den
künftigen Weg zu verschaffen. Welcher Beruf könnte
der richtige sein – einer, der
interessant ist, abwechslungsreich und anspruchsvoll, noch dazu mit Menschen zu tun hat, und keinesfalls langweilig ist. Hier
setzt die Aktion:
„Mach
doch, was Du
glaubst“ der
Evangelischen Kirche
in Hessen und
Nassau (EKHN)
an.
„Die Kirche
braucht engagierte
junge
Menschen, die
in ihr Dienst
tun und Zukunft gestalten wollen“, beschreibt Dr. Volker Jung, Kirchenpräsident der EKHN, die
Lage. Kirchliche Berufe seien
„anspruchsvoll“, weil es bei
ihnen um Fragen gehe, die
„alle Menschen bewegen“.
Die beiden großen Kirchen
benötigen dringend Nachwuchs an Theologen und Gemeindepädagogen oder Gemeindereferenten, aber auch
an Kirchenmusikern, da viele
der hauptamtlichen Mitarbeiter in den nächsten Jahren in
Ruhestand gehen werden.
Die für die Nachwuchsgewinnung in der Evangelischen Kirche in Hessen und
Nassau zuständige Pfarrerin
Anja Schwier-Weinrich berichtet von den Chancen, die
die genannten Berufe bieten:
„Es sind Lebensjobs, also sehr
sichere Arbeitsplätze. Hier
gibt es keine Karriereleiter
wie in der Industrie, dafür
sehr breitgefächerte Möglich-
keiten.“ Da jedes Pfarramt
anders ist, jede Kirchengemeinde ihre eigene Prägung
hat, ist auch der Beruf des
Pfarrers ebenso wie der des
Gemeindepädagogen
oder
Gemeindereferenten vielfältig und entsprechend abwechslungsreich.
Für die Gemeindepädagogen ist der Schwerpunkt die
Arbeit mit Kindern und Ju-
gendlichen, aber auch mit Familien oder Senioren. Der
Slogan „Mach doch, was Du
glaubst“ weist schon darauf
hin, dass die Wahl für den
Pfarrberuf oder die Gemeindepädagogik stark mit dem
eigenen Glauben und dem
Wunsch zu tun hat, zu zeigen, wofür man steht. Etwas
vom eigenen Glauben weiterzugeben und andere Menschen zum christlichen Glauben
einzuladen.
Anja
Schwier-Weinrich: „Wir wollen Mut machen, das mit uns
zu tun.“
Dabei unterstützt die Kirche die Studierenden
mit
Rat und konkreten Angeboten bis zur
persönlichen
Betreuung
während des
Studiums.
Auch die für
das Theologiestudium nötigen Sprachen
können während der Ausbildung erlernt
werden.
Die
Internetseiten
www.machdochwasduglaubst.de und www.katholische-theologie.info informieren Interessierte über die notwendigen Voraussetzungen,
Prüfungen und Abschlüsse
für Berufe in der Evangelischen und Katholischen Kirche. � gm

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