Der Unbezwingbare

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Münchner Merkur Nr. 151 | Wochenende, 4./5. Juli 2015
REPORTAGE . . . AM WOCHENENDE
Felix Brunner (25) war schon als Bub vom Bergsteigen und Skifahren fasziniert. Mit 19 Jahren änderte sich sein Leben schlagartig:
In den Bergen stürzte er in eine 30 Meter tiefe Schlucht. Er überlebte – trotz lebensgefährlicher Verletzungen. „Gebe niemals auf!“, ist sein Motto.
Als erster Rollstuhlfahrer hat er mit einem Handbike die Alpen überquert. 2018 will er an den Paralympischen Spielen in Südkorea teilnehmen.
Über Stock und Stein: Felix Brunner sucht trotz seines Handicaps aufregendste Abenteuer. Unter anderen meisterte er den Collarbone Trail in den Hartman Rocks.
FOTO: SIMONTOPLAK.COM
Der Unbezwingbare
VON MARIA GERHARD
München – Dreck und Wasser spritzen nach allen Seiten,
die drei Räder holpern über
Wurzeln und Steine: Felix
Brunner aus Hopferau (Kreis
Ostallgäu) sitzt auf seinem
Handbike und beißt die Zähne zusammen, auf der Stirn
glänzen Schweißperlen. Weiter, immer weiter. Er will es
sich beweisen. Er will der Erste sein, der mit einem Offroad-Handbike-Trike das Alpenmassiv überquert.
Das war im Sommer 2013.
Brunner, der nach einem
schweren Bergunglück vor
sechs Jahren an den Rollstuhl
gefesselt ist, hat es tatsächlich
geschafft. Von Füssen bis an
den Gardasee hat er sich
durchgeschlagen: 9 Tage, 480
Kilometer, 12 000 Höhenmeter, größtenteils über klassische Mountainbike-Strecken.
Seine ganz persönliche Tour
des Alpes findet sich auf einem Video im Internet. Der
25-Jährige arbeitet heute erfolgreich als Motivationsexperte.
In den kurzen Sequenzen
sieht man auch, wie seine
kräftigen Hände die zwei
Kurbeln umklammern, die
über einen Kettenantrieb mit
dem Vorderrad verbunden
sind. Drehung für Drehung
gibt Brunner seine Energie an
das Bike ab. Es ist die gleiche
Energie, die ihn vor sechs Jahren am Leben gehalten hat.
Und das, obwohl ihn die Ärzte schon abgeschrieben hatten.
In den Bergen aufgewachsen, ist er mit 19 Jahren ein
leidenschaftlicher Kletterer
und Skifahrer: Da ereilt ihn
die „größte Niederlage in seinem Leben“. Mit zwei Freunden ist er im Tannheimer Tal
in Tirol unterwegs. Die drei
klettern an einem vereisten
Wasserfall. „Es war wirklich
eine ganz leichte Tour“, beteuert Brunner heute. Er sei
bestimmt keiner von denen,
die Gefahr suchen, das Klettern sei für ihn damals reiner
Ausgleich zu seiner Ausbildung als Krankenpfleger ge-
wesen. Ausgerechnet auf dem
Rückweg passiert es. Die jungen Männer bahnen sich gerade auf einem schmalen Pfad
den Weg ins Tal. Da stürzt
Brunner 30 Meter in ein
Flussbett. „Dabei bin ich immer wieder aufgekommen,
hab mich überschlagen“, erzählt der Sportler. Auf Steinen und Eisbrocken bleibt er
schließlich liegen. Ob er ausgerutscht sei oder gestolpert?
Er weiß es bis heute nicht.
Aber er kann sich noch daran erinnern, dass er laut geschrien habe. Schmerzen
fühlt er keine, das Adrenalin
hält sie zurück – noch. Seine
„Kumpel“ steigen zu ihm hinab: „Atme weiter, bleib da“,
wiederholen sie immer wieder. Brunner bleibt ruhig, als
aktiver Bergretter kennt er
das Szenario zu gut: „Mir war
klar, dass etwas ganz Schlimmes mit mir passiert ist.“ Wärme breitet sich langsam im
Becken und Bauch aus. Er
gibt sogar noch Anweisungen, da versetzt ihn der Notarzt vor Ort in ein künstliches
Koma. Ein Hubschrauber der
Bergwacht
fliegt
den
Schwerstverletzten in die
Murnauer Unfallklinik.
Die Ärzte dort geben ihm
keine Chance, sagen zu den
Eltern: „Der Felix wird die
Komplikationen nicht überleben.“ Sie sollen Abschied
nehmen. Verletzungen in diesem Ausmaß, die wenigsten
überleben das: Becken und
linker Oberschenkel sind total zertrümmert, die Rippen
gebrochen. Brunner verliert
vier Liter Blut – der Mensch
hat nur sechs bis sieben.
Doch am nächsten Morgen
schlägt Brunners Herz immer
noch, und auch am folgenden. Ein Wunder. Fünf Monate verbringt er so im künstlichen Koma. Dann wird er
aufgeweckt.
„Das Erste, was ich gedacht
hab: Ach Scheiße, Pfingsten
ist ja vorbei.“, sagt Brunner.
Denn da sei er zu dieser Zeit
normalerweise auf Sardinien
oder Mallorca zum Klettern
unterwegs gewesen. Überhaupt habe er auch in dem
Jahr auf der Intensivstation
ganz selten daran gezweifelt,
dass er wieder sein altes Leben
aufnehmen
werde.
Oberstes Ziel: „Ich will wieder zurück an den Berg.“ Mit
Freunden plant er vom Krankenbett aus schon eine Tour.
„Ich bezeichne das heute als
extrem naiven Optimismus“,
sagt Felix Brunner. Aber das
habe ihn über die schwere
Zeit hinweggeholfen.
Das Leid hält an: Die Wunden heilen nicht. Brunner
muss ein zweites Mal in ein
künstliches Koma versetzt
werden, eine Maschine beatmet ihn währenddessen. Es
folgen
lebensgefährliche
Komplikationen: Lungenentzündung, septische Schocks,
Herzrhythmusstörungen und
Multiorganversagen.
Ein
Kontrastmittel verträgt er
nicht. Das Blut gerinnt nicht
mehr, es kommt aus Nase,
Mund und Ohren, sogar aus
der Haut. 360 Blutkonserven
erhält er binnen kurzer Zeit.
Im Krankenhaus hat Brunner
mehr als 60 Operationen
überstanden. Als ihn seine Eltern nach Hause holen, ist er
ein Pflegefall.
Sein „zweites Leben“ beginnt, wie der 25-Jährige
selbst sagt. Nach und nach
freundet er sich mit dem Gedanken an, dass alles nie wieder so sein wird wie vor dem
Bergunglück. Da findet er
beim Rollstuhl-Basketball einen neuen Freund. Der fährt
trotz Behinderung Auto und
macht regelmäßig mit seinem
Handbike Touren. Ein neuer
Weg tut sich Brunner auf. Er
lässt sich aus den USA auch
ein solches Handbike kommen. „Das gibt es in Europa
leider nicht.“ Der Ehrgeiz,
vielleicht auch der Dickkopf,
ist wieder ganz da. „Es gibt
zwei Möglichkeiten, entweder du akzeptierst oder du resignierst“, resümiert Brunner.
Sein Motto sei nun mal: „Gebe niemals auf!“
Etwa zu dieser Zeit widmet
er sich wieder seiner zweiten
großen Leidenschaft: dem
Skifahren. Die Geschwindigkeit, das Losgelöstsein von
Der Motivationsexperte: Felix Brunner stellt zu Beginn seiner
Vorträge immer eine Frage ans Publikum . . .
. . . bei den Paralympischen Spielen in Pyeonchang 2018 will
er im Slalom und im Riesenslalom antreten.
der Schwerkraft, das reizt ihn
jetzt umso mehr. Ein Monoski ist die Lösung. Dabei ist
auf einem Carvingski ein gefederter Rahmen mit Sitzschale
angebracht. Das Gleichgewicht hält man mit kleinen
Skiern am Ende von zwei
kurzen Stöcken.
Zu den ersten Fahrversuchen findet sich ebenfalls ein
Videoclip, diesmal auf Brunners eigener Homepage (felix-
brunner.de). Anfangs nimmt
er noch ganz vorsichtig Kurve
für Kurve. Später fährt er um
Tore – wird schneller und
schneller.
Und mit der Geschwindigkeit kommt auch der Erfolg:
In dieser Saison hat sich der
Hopferauer in den Disziplinen Slalom und Riesenslalom
für den Europacup qualifiziert. Und es geht noch weiter: Den ganzen Winter ver-
bringt er beim Training mit
dem Monoski. Denn sein großes Ziel ist die Teilnahme bei
den Paralympischen Spielen
in Pyeonchang 2018, Südkorea. Aber davon redet er nicht
gern. Das ist noch allzu fern.
Wichtiger sind ihm seine gerade aktuellen Projekte.
Er hat sich als Motivationsexperte
eigenständig
gemacht. Damit gibt er anderen
ein Stück von seiner scheinbar grenzenlosen Energie ab.
„Ich war schon immer ein redefreudiger, offener Mensch“,
beschreibt er sich. Als Gastredner bei einer Spendenaktion habe er das Talent entdeckt. Den ersten Vortrag hat
er in einer Reha-Klinik noch
für 50 Euro gehalten. Immer
mehr Menschen treten an ihn
heran. Bis er in der Frankfurter Jahrhunderthalle vor rund
2000 Menschen spricht.
Er wird Botschafter des
Blutspendedienstes des Bayerischen Roten Kreuzes und
Botschafter der Bayerischen
Akademie für Werbung und
Marketing (BAW) in München. „Ich will Menschen mit
Behinderung ermutigen, in
Sachen Karriere etwas zu erreichen“, sagt er. Er selbst studiert an der BAW Sport-Marketing, ein berufsbegleitender
Studiengang, der mit dem FC
Bayern entwickelt wurde.
Man darf also gespannt sein:
Brunner hat noch viel vor.
Aufstehen, hinfallen, aufstehen, das lernen wir schon
als Kind. Felix Brunner
scheint das mehr als jeder anderer verinnerlicht zu haben.
Am Ende seiner Tour des Alpes erreicht er den Gardasee.
Als er mit seinem Bike ankommt, wartet sein Team
schon auf ihn – darunter seine
Freunde und der Vater. Das
Wasser des Sees funkelt in der
Sonne, nach der rauen Bergwelt gleicht der Anblick einer
Oase. Brunner genießt den
Moment. Später wird er sagen: „Es ist eine wahnsinnige
Genugtuung für mich zu zeigen, was auch als Sportler im
Rollstuhl möglich ist.“ Und es
gibt bestimmt Menschen, die
er damit motiviert.
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