ErasmusClermont
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Erfahrungsbericht Erasmus Christina Kunkel B.A. Geschichte, Germanistik Mein Auslandsjahr an der Université Blaise Pascal, Clermont-Ferrand (September 2015 Juni 2016, 2 Semester) 1. Vorbereitung und Organisation 1.1 In Mainz Ich traf im Dezember 2014 die Entscheidung, zwei Erasmussemester in Frankreich zu machen. Nach der Informationsveranstaltung des Historischen Seminars, wo die Bewerbungsformalien für die Bewerbung auf einen Platz näher erläutert wurden, fertigte ich die Bewerbung und ein Motivationsschreiben an. Wieso entschied ich mich für Clermont-Ferrand? Es ging mir vor allem um Frankreich an sich – ich liebe die Sprache, und ich fühle mich der Kultur seit meiner Kindheit verbunden (seit 12 Jahren Familienurlaub in der Bretagne und viele Freunde in Frankreich). Um ehrlich zu sein kam ich auf Clermont-Ferrand hauptsächlich nach dem Ausschlussverfahren – die anderen möglichen Städte kannte ich schon/ konnte ich mir nicht zum Studieren vorstellen/ Paris war mir zu teuer und zu groß. Da blieb nur das kleine Clermont-Ferrand in der Auvergne. Auch akademische Motive spielten eine eher kleine Rolle. Jeder fragte mich, wo das denn sei und was ich da wolle – ‚da geht doch gar nichts?! Da sind doch nur Kühe?‘. Ich tat mich nach der Entscheidungsfindung auch öfter noch schwer und zweifelte, ob das tatsächlich so eine gute Wahl für ganze 10 Monate war. Aber ich sollte zum Glück noch merken, wie sehr ich da irrte. Anfang des Jahres erhielt ich die Zusage für den Platz, und dann standen die Anmeldeformalia beim Erasmusbüro an. Prinzipiell gilt: Aufmerksam die Infoveranstaltungen verfolgen und die Mails/ Handouts lesen, sich an die Checkliste halten, dann kann nichts schiefgehen. Ich hatte nur selten Verständnisprobleme, und wenn eine Frage auftrat, erhielt ich immer eine schnelle und hilfreiche Antwort, sowohl von der Fachkoordinatorin in Geschichte (Dr. Pia Nordblom) als auch von den Zuständigen im Erasmusbüro. Worum man sich vor der Abreise kümmern muss: - Anmeldung an der Université Blaise Pascal (online, nach der Zusage des Historischen Seminars. Fristende war bei mit der 31. Mai, das variiert aber). Das ist noch nicht die Einschreibung, diese erfolgt vor Ort in Clermont-Ferrand in der Woche vor Vorlesungsbeginn! - Auslandsbafög beantragen (falls du welches erhältst. Ich bekam keines, aber es kann sein, dass du ein Recht darauf hast, auch wenn du in Deutschland kein Recht auf Bafög hast: einfach mal erkundigen.) - Internationale Krankenversicherungsbescheinigung beantragen (Das hängt von deiner Versicherung ab, auch einfach erkundigen. Ich bin privat versichert und habe da angerufen und mir ein Dokument zuschicken lassen, das mir AUCH AUF FRANZÖSISCH bestätigt, dass ich im Ausland versichert bin. Wird wichtig bei der Einschreibung vor Ort!) - Auf die Infoveranstaltung gehen und schön zuhören – erspart wirklich unnötige Fragen und Umwege. Da werden auch alle Formalia zu Learning Agreement und Grant Agreement erklärt. Darauf werde ich hier nicht näher eingehen. Auch die Checkliste, die man als Erinnerungsstütze erhält, war mir sehr hilfreich. - Beurlaubung an der Uni Mainz beantragen (Vor der Rückmeldung, Frist war bei mir der 1. Juli. Ich konnte das nur machen, da das Auslandsstudium bei mir nicht verpflichtend ist. Während einer Beurlaubung ist es dir auch nicht erlaubt, in Mainz Prüfungsleistungen abzulegen. Schau da einfach auf der Unihomepage nach, da steht alles genau erklärt, wann eine Beurlaubung möglich und ratsam ist.) - Geburtsurkunde AUF FRANZÖSISCH beantragen (bei deiner Kommune anrufen. Ich habe eine Bearbeitungsgebühr von 10 Euro bezahlt). Passbilder machen lassen Erstattung des Semesterticketbeitrags (auf der Homepage des AStA, bis November) Ordner mit wichtigen Dokumenten anlegen: Den trug ich vor allem in der ersten Woche immer mit mir herum, und das war wirklich nützlich, weil man an allen Ecken irgendwelche Dokumente braucht, an die man niemals gedacht hätte. Learning Agreement, Grant Agreement (Kopien), Passbilder, Geburtsurkunde, Versicherungsbescheinigung, Kopien vom Personalausweis… (- Für das Buddyprogramm anmelden: Die UBP bietet ein Mentoringprogramm an, man wird einer Französin, einem Franzosen zugeteilt, die einem bei organisatorischen Fragen zur Seite stehen sollen. Mir brachte das rein gar nichts, da ich zu dem Zeitpunkt des Treffens mit den Buddys schon alles organisiert und fertig hatte. Ist aber trotzdem empfehlenswert, weil man an diesem Abend zum ersten Mal mit den anderen Erasmusstudierenden in Kontakt kommt.) 1.2 Vor Ort Ich reiste am 1. September an, zwei Wochen vor Vorlesungsbeginn. So blieb mir genug Zeit, mich einzuleben, mit der Stadt vertraut zu machen und alles Organisatorische zu erledigen. Grundregel: Lass dich nicht davon irritieren, dass du für eine Sache zu drei verschiedenen Stellen geschickt wirst und dir alles vollkommen sinnlos erscheint. Das ist normal! Die Wissenschaft der französischen Administration könnte einen eigenen Bachelor erforderlich machen. Auch hier gilt, nimm an der Informationsveranstaltung, die ohnehin obligatorisch ist, teil. Dort wird dir alles Wichtige mitgeteilt, vor allem wichtige Fristen. Anmeldung im Bureau des Relations Internationales: Das Büro befindet sich im Gebäude Carnot. Dort gibst du Bescheid, dass du angekommen bist, und holst dir den Stempel für deine Anreisebestätigung ab. (Später dann auch nach erfolgreicher Anmeldung der Kurse, die du belegen willst, die Unterschrift deines Learning Agreements.) Die zuständige Dame verweist dich auf das Livret d‘Histoire, in welchem alle Kurse aufgelistet sind, die du in Geschichte belegen kannst. Mehr dazu unter dem Punkt Studium. Einschreibung: Die Einschreibung erfolgt im Gebäude Gergovia. Dort musst du rein formal ein Dossier ausfüllen und du bekommst deinen Studiausweis (mit wunderschönem Foto, das vor Ort geschossen wird). Mach dich auf längere Wartezeiten gefasst und hab alle deine Dokumente dabei! Anmeldung der Kurse im Geschibüro: Um deine Kurse, für die du dich entschieden hast, anzumelden, schreibst du eine E-Mail an Mme Planas, die Erasmusbeauftragte (das Pendant zu Frau Nordblom sozusagen) um mit ihr einen Termin zu vereinbaren. Ich erhielt jedoch tagelang keine Antwort und habe sie auch während der ganzen zehn Monate nur einmal zu Gesicht bekommen. Etwas frustriert ging ich dann ins Geschibüro (Gebäude Gergovia, wo übrigens auch alle deine Vorlesungen stattfinden, 3. Stock). Die Sekretärin ist keine besonders freundliche Dame – du solltest darauf vorbereitet sein, gesagt zu bekommen, dass dies und jenes nicht geht. Sei beharrlich!) Anmeldung der Kurse Wenn du die Bestätigung hast (im Idealfall von Mme Planas, bei mir war es die Sekretärin), dass deine Kurswahl so in Ordnung ist, gehst du nochmal ins Bureau des Relations Internationales und teilst deine Kurswahl der zuständigen Person mit. Dort wird dann auch dein Learning Agreement unterschrieben. Sonstiges: FLEURA-Kurse: Du kannst im Sprachzentrum kostenlos zwei Sprachkurse belegen. Dafür schreibst du dich in dem Zentrum selbst ein. Dort wird vor Beginn der Kurse ein kleiner Test durchgeführt, um dein Niveau zu evaluieren (schriftlich und mündlich, insgesamt eine Sache von zwei Stunden). Je nach Ergebnis wird dir dann mitgeteilt, welche Kurse du wählen kannst. Mehr dazu unter dem Punkt Studium. CAF beantragen: In Frankreich hat jeder Student das Recht auf Wohngeld, eine kleine finanzielle Unterstützung im Monat. Das war viel Papierkram, aber es lohnt sich. Ich habe im Monat 92 Euro bekommen. Du brauchst dafür alle möglichen Dokumente wie zum Beispiel Mietvertrag und Wohnungsversicherung, und vor allem ein Bankkonto, ich empfehle dir daher, dass erst zu machen, wenn du alles andere beisammen hast. Handyvertrag: Ich habe einen Vertrag beim Anbieter Free abgeschlossen, unbegrenzte Anrufe und SMS für 2,-€ im Monat. Es gibt auch sehr günstige Verträge mit unbegrenztem Internet (für 20,-€ im Monat). Geht alles problemlos online auf www.free.fr. Bankkonto: Ein Bankkonto brauchst du für allem für das CAF. Außerdem lohnt es sich, grade wenn man für zwei Semester bleibt. Das solltest du aber nicht unbedingt erwähnen, außer wenn sie dich konkret danach fragen, denn es kann passieren, dass sie dich dann kein Konto eröffnen lassen (passierte mir bei der BNP Paribas). Ich hatte mein Konto bei der Société Générale (Filiale Place Jaude) und war sehr zufrieden. Aufgrund eines speziellen Angebots für Studierende bekam ich am Anfang sogar 50 € geschenkt. Wohnungsversicherung: In meinem Mietvertrag war das Abschließen einer Wohnungsversicherung verbindlich vorgesehen, und auch sonst ist es eher der Normalfall, dass die Vermieter den Nachweis einer Wohnungsversicherung wünschen. Ich war bei der Versicherung Matmut für 60 € im Jahr versichert. Kann ich nur empfehlen. Bibliotheksausweis beantragen: In der kleinen Unibib bei Gergovia kannst du dir einen Bibliotheksausweis abholen. Nützlich vor allem in der Hausarbeitsphase, denn man kann vieles online über das Nutzerkonto machen. Ich war allerdings für meine Arbeiten hauptsächlich in der Bibliothèque LaFayette neben dem Jardin Lecoq, die viel besser ausgestattet ist. Beim Unisport einschreiben: Das Büro des SUAPS (Unisport) befindet sich in der Rue Poncillon. Sie bieten viele verschiedene Kurse, hauptsächlich kostenlos, sowie tolle Ausflüge an. Nutze diese Chance! Mehr dazu unter dem Punkt Alltag und Freizeit. 2. Anreise und Unterkunft 2.2 Anreise Angereist bin ich mit meinem Auto (circa 9h Fahrt), welches mir auch vor Ort immer wieder für Ausflüge und Reisen zu Nutzen war. Clermont-Ferrand ist infrastrukturell schlecht angebunden, die meisten anderen kamen mit dem Bus, was allerdings sehr lange dauert, oder mit dem Zug, allerdings dann über Lyon. Mit Fernbusunternehmen (FlixBus, Megabus etc.) kann man aber von ClermontFerrand aus einige Reisen unternehmen (z.B. für 5€ nach Lyon, für 20€ nach Bordeaux. Immer wieder gibt es auch günstige Angebote mit Reisezielen in ganz Frankreich). Mitfahrgelegenheiten werden in Frankreich häufiger genutzt als bei uns, ich habe ab und zu auch mal Reisen über blablacar.fr realisiert. 2.3 Unterkunft Ein großes Ärgernis schon in Deutschland war es für mich, gesagt zu bekommen, dass man als Deutscher, der an der UBP eingeschrieben ist, kein Recht auf einen Wohnheimsplatz in den Studentenwohnheimen habe; mit der wenig einleuchtenden Begründung, dass Deutschland näher an Frankreich sei als beispielsweise Bulgarien, und die Plätze für Osteuropäische Erasmusstudierende reserviert würden. Ich fand meine WG auf der Seite leboncoin.fr, das französische Pendant zu WG-gesucht. Auch hier nicht verzweifeln. Ich habe die Wohnung direkt genommen aus Angst, nichts zu finden und ohne Wohnung anreisen zu müssen, und letztendlich mehr bezahlt als es durchschnittlich üblich ist für Clermont. Aber ich habe hier dann andere getroffen, die ohne Wohnung ankamen und innerhalb von zwei, drei Wochen eine gute und günstige WG gefunden haben. Ein weiteres Ärgernis ist auch, dass viele Vermieter keinen Vertrag von unter einem Jahr abschließen wollen. Daher eventuell nicht sagen, wann du wieder abreist (es sei denn, die Angabe wird verlangt). Nach französischem Mietrecht musst du drei Monate im Voraus angeben, wenn du früher ausziehen willst als vertraglich festgelegt. Auch über couchsurfing.com lohnt es sich, die Augen offen zu halten. Es gibt dort eine eigene Gruppe für Wohnungen in Clermont. Generell empfehle ich dir: Versuche, an eine WG mit Franzosen zu geraten, das ist wahnsinnig bereichernd für deine Sprachkenntnisse, und es ist eine gute Chance, der „Erasmusblase“ zu entkommen. 3. Studium 3.1 Kurse in Geschichte Du besuchst in einer französischen Uni nicht Vorlesungen, Proseminare und Übungen sondern CM (Cours magistraux = Vorlesung) und TD (Travaux dirigés = Seminare). Bei deiner Kurswahl wählst du ein thematisches Ensemble aus TD und CM zu einer bestimmten Epoche. Meine Kurswahl im ersten Semester sah aus wie folgt (pro Kurs erhielt ich 5 ECTS): Histoire ancienne: Histoire grecque Histoire moderne: Les États-Unis, de la Sécession à l’Indépendance Histoire contemporaine : Histoire de l’engagement politico-culturel en France (XXème siècle) Ich war von den eher inhaltsarmen Vorlesungen leider sehr enttäuscht– es handelte sich überwiegend um eine rein ereignisgeschichtlich chronologische Auflistung wichtiger Ereignisse. Im zweiten Semester belegte ich folgende Kurse: Histoire ancienne : Rome et les Grecs Histoire médiévale : Vie religieuse et spirituelle à la fin du moyen-âge Histoire moderne : La monarchie absolue Étude du genre : Histoire du genre, de la femme et de l’enfant («Studium Generale») Im zweiten Semester war ich zufriedener mit meiner Kurswahl, und ich hatte mich besser an das System gewöhnt. Vor allem der Kurs zu Frauen- und Geschlechtergeschichte, interdisziplinär ausgerichtet, war sehr interessant. 3.2 Prüfungsleistungen Ich schrieb nicht die gleichen Klausuren wie die Franzosen, sondern fertigte nach Absprache mit den jeweiligen Dozenten Hausarbeiten, Präsentationen oder beides an. Ich war bei der Themenwahl mehr als frei und auch bei der Ausarbeitung hatte ich sehr viel Spielraum, was auf der einen Seite interessant, auf der anderen Seite aber auch insofern etwas enttäuschend war, als dass ich nicht das Gefühl hatte, besonders gefordert zu werden. Auch war ich gezwungen, sehr selbstdiszipliniert zu arbeiten. Ich empfand das als ein sehr angenehmes Arbeiten, aber das ist nicht unbedingt für jeden etwas. Abgesehen von einzelnen Ärgernissen (ich bekam in zwei Fällen bis zum Morgen der mündlichen Prüfung weder Uhrzeit noch Ort meiner Prüfung mitgeteilt, da die Dozenten mich einfach vergessen hatten), konnte ich immer auf Hilfe und Unterstützung (beispielweise bei der Suche nach Literatur in dem fremden Bibliotheksapparat) von Seiten der Lehrenden zählen. Nichtsdestotrotz bleibt am Ende der Eindruck, nicht besonders gut in dieses universitäre System integriert worden zu sein aufgrund der zahlreichen Ausnahmen und Steine, die einem in den Weg gelegt werden, was mir vor allem auch das Kennenlernen mit den französischen Studierenden erschwerte. 3.3 FLEURA-Sprachkurse Pro Semester kannst du im Sprachzentrum zwei Sprachkurse belegen (ein Kurs „Francais Général“ und eine thematische „Option“). Für beide erhältst du jeweils 5 ECTS. Ich wurde im Sprachtest auf das Niveau C1 eingestuft und wählte als Option in beiden Semestern den Kurs „Histoire des Idées“ (Philosophiegeschichte), den ich im Rückblick zu den interessantesten Kursen zähle, die ich bisher jemals hatte, und in dem ich mehr gelernt habe als in allen Geschichtskurse, die ich in Frankreich belegt hatte, zusammen. Der Dozent dieses Kurses heißt Pascal Torrin; falls du die Möglichkeit hast, wähle einen Kurs bei ihm (er bietet auch andere Optionen wie „cinéma“, „littérature“ oder „civilisation“ an) – es lohnt sich wirklich. 4. Alltag/Freizeit Nicht nur Clermont-Ferrand selbst, sondern vor allem die Umgebung des kleinen, charmanten, authentisch französischen Städtchens in der Mitte Frankreichs, haben unendlich viel zu bieten. Im Zentralmassiv (die Skistation Super-Besse ist 40 Minuten entfent) konnte ich im Winter Skifahren (organisiert vom SUAPS) und im Sommer traumhafte Wanderungen machen (Puy-de-Sancy, la Vallée de Chaudefour… recherchiere einfach im Internet, es gibt gute Seiten mit interessanten Wanderrouten). Aber man muss gar nicht so weit schauen, um ein gutes Ausflugsziel zu finden: der Puy-de-Dôme überragt mit seinen etwas mehr als 1465 Metern die Stadt. Er ist der höchste Vulkan der „Chaîne des Puys“, der Kette der Vulkangipfel, um Clermont-Ferrand. Von Frühjahr bis Herbst gibt es einen Bus, der von der Stadt aus dorthin fährt. Der Aufstieg ist anstrengend aber man wird mit einem unglaublichen Blick über die Stadt, auf die Kathedrale aus schwarzem Lavastein, wo im 11. Jahrhundert der Erste Kreuzzug ausgerufen wurde, und die einzigartig grünen, leeren Weiten der Auvergne belohnt. Zahlreiche verlorene mittelalterliche Dörfchen, überall umgeben von Kühen, säumen die grünen Hügel des Zentralmassivs. Die Kirche von St.-Nectaire, dem Ort nach dem der bekannte deliziöse Käse benannt ist, ist ein gutes Beispiel für den speziellen auvergnatischromanischen Baustil, der sich in allen anderen Kirchen der Auvergne wiederspiegelt. Falls du Fragen zu Ausflugszielen in der Umgebung hast, zögere nicht, mich zu fragen, denn es gibt davon wirklich unendlich viele und es lohnt sich wirklich, denn die Region ist von Tourismus noch weitestgehend verschont geblieben und ich erhielt zahlreiche Geheimtipps für einzigartige Orte. Die vermutlich klügste Entscheidung, die ich während meines gesamten Aufenthaltes getroffen hatte, war, mich beim SUAPS, dem Unisport, für ein Boulderwochenende im Wald von Fontainebleau südlich von Paris einzuschreiben. Und auch für das Seilklettern in der Halle. Durch diesen Ausflug und viele weitere, die sich anschlossen, kam ich in Kontakt mit Franzosen und lernte tolle Menschen kennen, die ich heute meine Freunde nenne und mit denen ich eine wunderbare Zeit verbracht habe. Der Unisport bietet auch andere tolle Kurse und Ausflüge an, beispielsweise Kajakfahren in den Gorges de l’Ardeche – eine super günstige Möglichkeit, die du so nie wiederbekommst. Auch ermöglichte mir das, die „Erasmusblase“ zu verlassen. Es ist zwar super interessant und eine tolle Erfahrung, andere Studierende aus Europa und aller Welt kennen zu lernen, aber nach einer gewissen Zeit war ich der doch leider oft etwas oberflächlichen Gespräche überdrüssig. Das Leben in Clermont-Ferrand war weniger teuer, als ich es vermutet hatte. Abgesehen von Lebensmitteln (doch etwas teurer als durchschnittlich in Deutschland. Empfehlenswert: Der Markt und Flohmarkt Sonntagvormittag auf dem Parkplatz „Les Salins“ neben dem Maison de la Culture) ist generell das „studentische“ Leben etwas günstiger als ich es gewohnt bin: Der Eintrittspreis für das Kino liegt bei ca. 5€, Schwimmbad kostet 2,70€ und Konzerte sind meistens kostenlos oder sehr günstig (außer in der Coopérative de Mai, einer großen Konzerthalle wo öfter auch mal bekannte Bands vorbeischauen, z.B. Fat Freddy’s Drop). Generell bist du in Clermont genau richtig, wenn du dich für Musik interessierst. Im Frühjahr gab es kaum einen Abend, an dem nicht irgendwo eine lokale Band spielte, und am 21. Juni findet die „Fête de la musique“ statt, zu der die ganze Stadt auf den Beinen ist. Heiße Tage verbrachte ich oft mit Freunden im Schatten der exotischen Bäume des „Jardin Lecoqs“, einem sehr hübschen Park direkt neben den Fakultäten. Lass dich nicht von den Enten verspeisen! Ich interessiere mich sehr für traditionelle Musik/Folk, und im Winter entdeckte ich per Zufall ein Kulturzentrum („Les Brayauds“ in Riom), wo regelmäßig „Bälle“ stattfinden, auf denen zu traditioneller Musik der Auvergne, die „Centre France“ genannt wird, getanzt wird. Die Stimmung dort ist einzigartig und die Leute sind super freundlich. Dort lernte ich wirklich den urigen, bäuerlichen und warmen Charakter der Auvergne kennen. Und die Musik ist wirklich gut! Zu Veranstaltungen, Konzerten und Ballen in diesem Genre siehe www.lafeuilleamta.fr oder auf der Facebookseite der Brayauds. In Clermont selbst finden solche Konzerte öfter mal in der Bar „Chapelier Toqué“ am Marché St.-Pierre statt. Alle zwei Wochen dienstagabends findet im Irish Pub „Still“ die „Session Irlandaise“ statt, wo Musiker aus Clermont gemeinsam irischen Trad spielen. Auf der Seite www.oukonva.fr findest du alle musikalischen Ereignisse in Clermont-Ferrand und Umgebung. Ein super empfehlenswertes Café ist das Literaturcafé „Les Augustes“, in der Nähe des „Place Gaillards“. Hier habe ich einige schöne Stunden mit Freunden, einem guten Buch oder meinen Lernunterlagen für die Uni verbracht. Dort finden abends auch oft Vorträge, Diskussionen oder Konzerte statt. Generell wird dir in Clermont-Ferrand, das, zugegeben, am Anfang klein und überschaubar wirkt, bestimmt nicht langweilig werden, solange du offen und neugierig bist. Auch noch im letzten Monat meines Aufenthaltes entdeckte ich immer wieder noch Neues, das sich in irgendwelchen kleinen Hinterhöfen verborgen gehalten hatte. Ich habe versucht, dir mit dem Bericht über meine Erfahrungen und Tipps die Vorbereitung deines Auslandssemesters zu erleichtern. Eine ganz wichtige Erfahrung musst du aber selbst machen: Das Besondere und Bereichernde an deinem Auslandsaufenthalt ist die Unvorhersehbarkeit von Ereignissen – Chaos, Steine die dir in den Weg gelegt werden und Pläne, die du daraufhin ändern musst. Und das alles in einer anderen Sprache. Aber behalte immer die Nerven! Am Ende merkst du nämlich, dass du all diese Hindernisse überwinden kannst. Und versuche immer, nur den nächsten Schritt vor dir zu sehen. Lass dich nicht von großen Bergen (oder großen Vulkanen) einschüchtern. Wenn du einmal oben bist, kannst du ganz weit sehen! Christina Kunkel, 18.06.2016