FAgsF 38 Axel Bohmeyer Der diskursiv
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FAgsF 38 Axel Bohmeyer Der diskursiv
FAgsF 38 Axel Bohmeyer Der diskursiv-reale Glanz der New Economy Frankfurt am Main, Juni 2003 Abschlussbericht des durch die Hans Böckler Stiftung geförderten Forschungsprojekts. Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 5 2 Der ökonomische Diskurs der New Economy 2.1 Neue ökonomische Parameter? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Überwindung des klassischen Konjunkturzyklus . . . . 2.1.2 Produktivitätssteigerung mittels neuer Querschnittstechnologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Neuer Gründungsboom . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 Die anhaltende Bedeutung der Geldpolitik . . . . . . . 2.2 Die Bedeutung der Kapitalmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Risikokapital als Indikator für die New Economy . . . . 2.2.2 Neue Kapitalbeschaffungsmaßnahmen: Das ShareholderValue-Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Neue Aktienkultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Die Bedeutung der US-amerikanischen Wirtschaft . . . . . . . 2.3.1 Die wirtschaftliche Entwicklung in den USA . . . . . . 2.3.2 Die Bedeutung des US-Dollars . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 10 10 3 Der arbeitsweltliche Diskurs der New Economy 3.1 Neue Leitbilder guten Arbeitens . . . . . . . 3.1.1 Leitbild: Neue Selbstständigkeit . . . 3.1.2 Leitbild: Arbeitskraftunternehmer . . 3.1.3 Leitbild: Verflachte Hierarchien . . . 3.1.4 Leitbild: Vertrauensarbeitszeit . . . . 3.2 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 25 25 25 26 27 27 4 Der politische Diskurs der New Economy 4.1 New Economy und Veränderung der Sozialen Marktwirtschaft 4.1.1 Eigenverantwortung und neue Selbstständigkeit . . . . 4.1.2 Reform der Sozialversicherungssysteme . . . . . . . . . 4.1.3 Neubewertung des gewerkschaftlichen Einflusses . . . . 4.1.4 Neubewertung der Bildungspolitik . . . . . . . . . . . . 4.2 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 29 30 31 32 34 36 5 Der ästhetische Diskurs der New Economy 5.1 Zelebration des Selbst . . . . . . . . . . 5.1.1 New Office . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Casual friday . . . . . . . . . . . 5.1.3 After-Work-Parties . . . . . . . . 5.1.4 Pink-Slip-Parties . . . . . . . . . 5.2 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 13 14 15 15 16 18 19 19 20 21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 37 38 39 39 40 40 6 Sozialethische Reflexion der New Economy 6.1 Innere Kolonialisierung der Lebenswelt . . . . . . . . . 6.1.1 Pathologische Verformung der Alltagspraxis . . 6.1.2 Hedonismus und Ästhetisierung der Lebenswelt 6.2 Desintegrative Tendenzen der New Economy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 42 44 45 47 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Inhaltsverzeichnis 6.3 4 6.2.1 Selbstdisziplinierung und Kontrolle . . . . . . . . . . . 47 6.2.2 Neue soziale Ungleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 1 Einleitung Was ist die New Economy? Die vorliegende Studie erhebt nicht den Anspruch, auf diese Frage eine befriedigende, endgültige Antwort zu geben. Dazu ist der Begriff zu facettenreich, er findet auf zu vielen verschiedenen Ebenen eine jeweils andere Verwendung und fungiert als ein diffuser Sammelbegriff für verschiedenste Phänomene.1 In der Literatur finden sich sehr viele unterschiedliche Definitionsversuche, im Allgemeinen unterbleibt je” doch eine Definition, sie ergibt sich eher implizit.“ 2 Hinzu kommt, dass die Verwendung des Begriffs in der letzten Zeit rapide abgenommen hat, was mit den rasanten Kurseinbrüchen auf dem Neuen Markt in Verbindung zu stehen scheint. Was bleibt angesichts dieser ökonomischen Einbrüche von der New Economy begrifflich übrig?3 Neben diesen definitorischen Schwierigkeiten tauchen neben dem Schlagwort New Economy zudem noch andere Begriffe wie Netzwirtschaft“ 4 , Internetwirtschaft“ und Wissensökonomie“ ” ” ” auf, die ebenfalls auffällig unterbestimmt sind. Eine genaue begriffliche Definition der New Economy scheint nicht möglich zu sein. So ist nicht sicher, dass der Begriff berechtigt verwendet werden kann: Wenn es auch theoretisch möglich scheint, eine New Economy ” [...] zu erzeugen, bleibt in der Realität abzuwarten, ob und inwieweit es sie wirklich geben wird. Wahrscheinlich wird der Streit um die Existenz und den Neuigkeitsgrad einer New Economy noch einige Jahre andauern.“ 5 Auch die amtliche Statistik hat derzeit noch keine Anzeichen dafür, dass die New Economy tatsächlich eine empirisch fassbare Reichweite hat. Das Phänomen New Economy wird in der amtlichen Statistik mit den neuen Kommunikationstechnologien und einem Wandel der Arbeit in Verbindung gebracht.6 Legt man als Basis der empirischen Forschung zur New Economy das Internet und die von dieser Technologie ausgehende wirtschaftliche Entwicklung zu Grunde, lässt sich feststellen, dass bei gesamtwirtschaftlicher ” Betrachtung für Deutschland keine signifikanten Impulse (etwa vergleichbar mit den für die Vereinigten Staaten ermittelten) auszumachen sind“ 7 . Das liegt nicht zuletzt daran, dass es keine scharfe Trennung zwischen traditionellen bzw. internetbasierten Bereichen gibt und der gesamtwirtschaftliche 1 2 3 4 5 6 7 Bei dieser Begriffsvielfalt schafft auch der extra zur New Economy verfasste und aufgelegte Duden keine Klärung. Vgl. Duden, Wörterbuch der New Economy. Mannheim: Dudenverlag 2001. Freytag, Andreas, Was ist wirklich neu an der New Economy? In: Zeitschrift für Wirtschaftspolitik 3/2000 (49. Jg.), S. 303-312, hier S. 303. Fragt auch Hickel, Rudolf, Die Risikospirale. Was bleibt von der New Economy? Frankfurt am Main: Eichborn Verlag 2001. So hat die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) eigens im Wirtschaftsteil eine Seite eingerichtet, die den Titel Netzwirtschaft im Überblick“ trägt. ” Freytag, Andreas 2000, S. 311. Vgl. Schnorr-Bäcker, Susanne, Neue Ökonomie und amtliche Statistik. In: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Wirtschaft und Statistik, Nr. 3/2001, S. 165-175, hier S. 167. Die Autorin benutzt den Begriff Internetökonomie anstelle von New Economy, weil sich damit die zu untersuchenden Phänomene allgemeiner und wertneutral beschreiben las” sen.“ S. 167. Schnorr-Bäcker, Susanne 2001, S. 168f. 5 1 Einleitung Einfluss des Internets oder der New Economy deshalb nur unvollständig beschrieben werden kann: Für eine differenzierte Betrachtung vor allem über Umfang und ” Ausmaß der Elektronifizierung von Geschäftsprozessen und deren wirtschaftliche Auswirkungen fehlen in der deutschen amtlichen Statistik noch weitgehend die Grundlagen.“ 8 Deshalb wählt diese Studie einen anderen methodischen Zugang zur New Economy: Es soll geklärt werden, wie dieser Begriff in den verschiedenen Diskursen verwendet wird. In den unterstellten Phänomenen der New Economy scheinen sich verschiedene gesellschaftliche Phänomene zu verdichten. Die Strukturmerkmale des Begriffs New Economy sollen deshalb mittels der Unterscheidung verschiedener Diskurse in der Studie präzisiert werden. Es geht darum, sich der Realität der New Economy zu nähern, die durch den geführten Diskurs konstruiert wird. Ziel ist es die verschiedenen Facetten, die bei der Verwendung des Begriffs mitschwingen, auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen. So lässt sich dann der diskursiv-reale Glanz auf seine innere Kohärenz hin überprüfen.9 Der Terminus New Economy hat eine ähnlich beherrschende Wirkung wie zum Beispiel der Begriff der Globalisierung“ und wird mitunter auch mit ” ihm in Verbindung gebracht: Eine optimistische Sicht der Dinge legt darüber hinaus nahe, ” dass die New Economy, wenn es sie wirklich gibt, sich ihre wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen im Wettbewerb aller Systeme oder, etwas altmodisch, der Standorte erzwingt. Somit haben Globalisierung und New Economy vermutlich eine Menge gemeinsam.“ 10 Beiden Begriffen ist gemeinsam, dass sie den Anspruch erheben, einen Paradigmenwechsel einzuläuten. Doch die Neuerungen der neuen Wirtschaft wollen sich nicht allein auf die Ökonomie beschränken. Schlagwörter oder Schlüsselbegriffe verallgemeinern oftmals in unzulässiger Weise und messen dem Untersuchungsgegenstand einen höheren Stellenwert bei, als ihm empirisch tatsächlich zukommt. Zugleich aber wirken die propagierten Visionen der New Economy auf die Gesellschaft ein. Die Rede von der Neuen Ökonomie beeinflusst dabei nicht allein das ökonomische System. Die New Economy 8 9 10 6 Schnorr-Bäcker, Susanne 2001, S. 175. Um einige der unterschiedlichen Diskurse der New Economy besser darstellen zu können, wurde über einen längeren Zeitraum die Literatur bzw. verschiedene deutsche Zeitungen bzw. Zeitschriften bezüglich des Begriffs New Economy oder Neue Wirtschaft in unsystematischer Vorgehensweise gesichtet. Die gesammelten Artikel geben einen Einblick in die vielfältige Verwendung des Begriffs. Die Massenmedien Fernsehen und Radio wurden nicht herangezogen. Auch das Internet hat in dieser Studie als Träger von Informationen nur eine geringe Bedeutung. Insbesondere wurde es zur Onlinerecherche der großen Tageszeitungen genutzt. Freytag, Andreas 2000, S. 311. Auch Elmar Altvater und Birgit Mahnkopf sehen in der New Economy eine Antwort auf die Herausforderung der Globalisierung“. Altva” ter, Elmar, Mahnkopf, Birgit, New Economy“ – nichts Neues unter dem Mond? In: ” WSI Mitteilungen 12/2000, S. 770-777, hier S. 777. Der Artikel wurde in einer gekürzten Fassung auch abgedruckt in der Frankfurter Rundschau (FR) vom Donnerstag, 14. Dezember 2000 (Nr. 291), S. 14. hat auch auf das Handeln der verschiedenen Akteure in anderen Systemen und auch auf die Lebenswelt Einfluss. Dazu zählen insbesondere die Systeme Politik (Staat) und Wirtschaft. Aus einer ideologiekritischen Perspektive kann die New Economy als eine Mythenproduzentin verstanden werden,11 die verschiedene gesellschaftliche Leitbilder und Arbeits- und Lebensstile zu etablieren versucht. Es bleibt die Frage, ob sich der Mythos von einem mehr ” oder minder friktionslosen Übergang in einen modernisierten Kapitalismus genauso eindeutig und genauso rasch auflösen [wird] wie die Mythen einer Neuen Ökonomie?“ 12 Ihre Leitbilder und die in ihrem Kontext verhandelten Themen sind nicht unbekannt und decken sich mit den Behauptungen bezüglich anderer gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse. Doch neu erscheint die massive – mittlerweile allerdings abnehmende – mediale Präsenz der New Economy. Diese Präsenz begründet die Auseinandersetzung mit ihr. Auf welches Datum kann der Beginn der New Economy Ära festgelegt werden? Nach Christoph Scherrer wurde der Begriff durch eine Rede des USZentralbankratsvorsitzenden Alan Greenspan im Juli 1996 einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht.13 Andere Autoren verwenden den Konjunkturzyklus als Indikator. So wurde in den USA im Januar 2000 ein bereits 107 Monate andauerndendes Wirtschaftswachstum festgestellt.14 Bezüglich dieses ungewöhnlich lang andauerndenden Wirtschaftsaufschwungs könnte man den Beginn der New Economy auf das Jahr 1991 datieren. Andere Autoren sehen erst das Jahr 1993 als Ende der Rezession in den USA und damit als Ausgangspunkt der New Economy.15 Aber auch das Jahr 1995 wird als Startpunkt genannt, weil erst hier die überaus hohen Wachstumsraten erreicht wurden.16 Dagegen behauptet ein Wirtschaftsmagazin im Mai 2001 auf seinem Titelblatt, dass die Neue Wirtschaft mittlerweile drei Jahre besteht17 , demnach erst seit 1998. Die Zeitungsbeilage der FAZ berichtet zum selben Zeitpunkt, die New Economy existiere zwei Jahre. Die Schwierigkeit einer genauen zeitlichen Eingrenzung stützt deshalb die These, dass das Phänomen der New Economy in erster Linie als ein diskursives zu deuten ist und erklärt auch, warum es keine einheitliche Definiton der New Economy gibt. Die un11 12 13 14 15 16 17 Joachim Bischoff nennt insgesamt sieben Mythen, will die New Economy aber dennoch nicht als Modeerscheinung abwerten und bestreitet deshalb nur einige ihrer erhobenen Ansprüche. Vgl. Bischoff, Joachim, Mythen der New Economy. Zur politischen Ökonomie der Wissensgesellschaft. Hamburg: VSA Verlag 2001, S. 11. Bischoff, Joachim 2001, S. 13. Vgl. Scherrer, Christoph, New Economy: Wachstumsschub durch Produktivitätsrevolution. In: Prokla, Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft, Heft 122 (31. Jg.) 1/2001, S. 7-30, hier S. 7. Vgl. Löchel, Horst, Die ökonomischen Dimensionen der New Economy“. Arbeitsberich” te Hochschule für Bankwirtschaft Nr. 25. Frankfurt am Main: 2000, S. 7. Zum selben Ergebnis kommt Andreas Freytag: Sie [die USA] erfahren im achten Jahr ungebroche” nes und (relativ) inflationsfreies Wirtschaftswachstum, verbunden mit hohem Produktivitätszuwachs und anhaltend hoher Beschäftigung.“ Freytag, Andreas 2000, S. 303. So Berger, Roland, Deutschland auf dem Weg in die New Economy. In: Politische Studien, Heft 375 (52. Jg.), Januar/Februar 2001, S. 73-79, hier S. 73. Vgl. Evans, Trevor, Die Rolle finanzieller Faktoren im US-amerikanischen Wirtschaftsboom der 90er Jahre. In: Prokla. Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft, Heft 122 (31. Jg.), 1/2001, S. 31-45. brand eins. Wirtschaftsmagazin Heft Mai 2001 (3.Jg.). Vgl. zudem den Artikel der Verlagsbeilage E-Conomy. E-Business – E-Commerce – E-Services. In: FAZ vom Dienstag, 15. Mai 2001 (Nr. 112). 7 1 Einleitung terschiedlichen Anfänge gewichten jeweils andere Facetten der New Economy stärker oder schwächer. Stefan Kühl weist dagegen nach, dass der Begriff der New Economy seit 30 Jahren in regelmäßigen Abständen in die Debatten eingeworfen wird, um eine vollkommen neue Funktionsweise der Wirtschaft zu behaupten. So wurde der Begriff in den späten 1960er Jahren genutzt, um anzudeuten, dass es mittels der technischen Revolution zu einem kontinuierlichen, unbegrenzten Anstieg des ökonomischen Reichtums kommen kann. In den 1970er Jahren wurde der Begriff der New Economy verwendet, um die ökonomischen Strategien zu beschreiben, mit denen den hohen Ölpreisen und der Inflationsgefahr begegnet werden sollte. In der Mitte der 1980er Jahre bezeichnete die New Economy die erfolgreichen Geschäftsstrategien, mit der in einer hochtechnisierten Wirtschaft erfolgreich gearbeitet wurde. Am Ende dieses Jahrzehnts, bzw. am Anfang der 1990er Jahre wurde die New Economy zur Beschreibung von Dienstleistungsarbeiten in weltweiten Wirtschaftsprozessen verwendet. Erst danach bezog sich der Begriff auf diejenigen wirtschaftlichen Entwicklungen und Branchen, die mit Informationsund Kommunikationstechnologien bzw. dem Internet in Verbindung stehen.18 Obwohl noch über die New Economy diskutiert wird, wird zugleich auch ihr Ende ausgerufen.19 . Mit den Kursstürzen am Neuen Markt ist die Anfangseuphorie verschwunden. Übereinstimmend berichten die Medien von einer im Frühjahr 2000 einsetzenden Talfahrt der Neuen Ökonomie, die von ersten Konkursen so genannter New Economy Unternehmen begleitet wird.20 Diese Kursstürze endeten schließlich in der Ankündigung, den Neuen Markt zum Jahresende 2002 aufzulösen, nachdem dieser von einem Höchststand vom März 2000 mit 9665 Punkten um 95 Prozent auf 367 Punkte im September 2002 gefallen war.21 Außerdem ist das unterstellte inflationsfreie Wirtschafts18 19 20 21 8 Vgl. die Ausführungen in Kühl, Stefan, Exit-Kapitalismus. Wie Risikokapital unsere Art des Wirtschaftens verändert. Unveröffentlichtes Manuskript Version 1.0, S. 106 und Madrick, Jeff, How New is the New Economy? In: The New York Times Review of Books, 23. September 1999. Vgl. nur Analysten tragen die New Economy zu Grabe.“ In: FAZ vom Samstag, 17. ” August 2002 (Nr. 190), S. 21 und Beck, Stefan, Caglar, Gülay, Scherrer, Christoph, Nach der New Economy – Perspektiven der deutschen Wirtschaft. Münster: Westfälisches Dampfboot 2002 und aktuell Müller, Christoph, Veruteilt zur Innovation. Zum Absturz der Neuen Ökonomie. In: Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken. Heft 1, 57. Jg., Januar 2003, S. 16-23. Eine Auflistung der Insolvenzen am Neuen Markt bietet die FAZ. Die Opfer von ” Selbstüberschätzung und Wachstums-Hektik.“ In: FAZ vom Dienstag, 27. November 2001 (Nr. 276), S. 18. Die größten Insolvenzen am NASDAQ waren 2001 der Netzwerkbetreiber Global Crossing, der Application Service Provider USinternetworking und der Softwarehändler Beyond.com. Vgl. Die Zahl der Dot.com-Pleiten sinkt.“ In: FAZ vom ” Donnerstag, 14. Februar 2002 (Nr. 38), S. 23. Vgl. des Weiteren Planlos und kurzsich” tig.“ In: SZ vom Samstag/Sonntag, 20./21. Oktober 2001 (Nr. 242), S. V1/21, Rückzug ” der Dotcom-Ritter.“ In: Die Zeit vom 31. Oktober 2001 (Nr. 45), S. 81. Vgl. Der Neue Markt. Das Wachstumssegment, als Albtraum. Ein Nachruf.“ In: FAZ ” vom Freitag, 27. September 2002 (Nr. 225), S. 33. Im Nachruf heißt es: Der Neue ” Markt, die Horrorfilmsparte der täglichen Sorge dich, lebe nicht-Sendung, wird zum Jahresende eingestellt.“ Für den amerikanischen NASDAQ gilt ähnliches. Am 10. März 2000 erreichte der NASDAQ einen Höchststand von 8559,32 Punkten. Damit war er seit der Gründung des neuen Marktsegments am 10. März 1997 innerhalb von drei Jahren um rund 1600 Prozent gestiegen. Fast eineinhalb Jahre später (10. Juli 2001) erreichte der NASDAQ nach einer steilen Talfahrt nur noch einen Stand von ungefähr 1200 Punkten. wachstum in den USA beendet. Dort droht zurzeit eine Rezession. Trotz dieser Untergangsszenarien hält sich der Begriff. Es wird sogar davor gewarnt, die New Economy zu schnell als Irrtum abzuschreiben und im Gegenteil dazu wird erst noch der Beginn der Neuen Wirtschaft unterstellt.22 Die Studie gliedert sich in insgesamt fünf Teile. Die ersten vier Teile stellen jeweils unter einem anderen Fokus die Auswertung der Diskurse der New Economy dar. Zuerst wird der ökonomische, danach werden der arbeitsweltliche, der politische und der ästhetische Diskurs analysiert. Auf die Darstellung dieser vier Diskurse folgt eine abschließende sozialethische Reflexion der New Economy. Mit den fünf Teilen will die Studie einen Einblick in die Facetten des Phänomens New Economy geben und zugleich eine kritische Reflexion anstoßen. Der sozialethisch fokussierte, letzte Teil geht dabei insbesondere auf pathologische bzw. desintegrative Tendenzen ein, die zusammen mit der New Economy in der Gesellschaft auftauchen. 22 Damit gab der Kurs der Unternehmen seit März 2000 um monatlich durchschnittlich 85 Prozent nach. Die New Economy liegt noch vor uns.“ In: SZ vom Dienstag, 3. Dezember 2002, S. ” 21 und Ein Bund fürs Leben. Fast war sie totgesagt: die New Economy. Doch es geht ” wieder aufwärts.“ In: Vorwärts – Spezial Dotcom & Co 4/2002. 9 2 Der ökonomische Diskurs der New Economy 2 Der ökonomische Diskurs der New Economy Die Neue Wirtschaft oder New Economy spielt auf einen ökonomischen Wandel an, wird doch mit der Differenz zwischen alter und neuer Wirtschaft operiert. Die Old Economy soll durch die New Economy abgelöst worden sein.23 Im Folgenden gilt es deshalb zu untersuchen, welche Formen im ökonomischen Diskurs auftauchen, die mit dem Prädikat neu“ versehen werden. ” Welche wirtschaftlichen Umbrüche werden als so gravierend wahrgenommen, dass sie mit der Differenzierung alt bzw. neu markiert werden?24 2.1 Neue ökonomische Parameter? Stehen uns volkswirtschaftlich goldene Zeiten bevor?“ 25 Diese Frage wird ” im wirtschaftlichen Diskurs der New Economy gestellt und ist an die unterstellte Veränderung mehrerer ökonomischer Parameter gebunden. 2.1.1 Überwindung des klassischen Konjunkturzyklus Das Ende des Konjunkturzyklus wird (mehr oder weniger vorsichtig) als ökonomischer Sachverhalt herausgestellt, der die New Economy kennzeichnet. Wachstum ohne Inflation, mit dieser Formel wird das Ende des klassischen Konjunkturzyklus beschrieben. Die Inflationsrate steigt im Verlauf des konjunkturellen Aufschwungs nicht an, sondern stagniert bzw. fällt. Damit würde die Möglichkeit eines unendlich andauernden Wirtschaftswachstums einhergehen. Die Wachstumsraten werden nicht durch eine Inflation und damit durch steigende Zinsen bedroht. Es könnte sein, dass die Netzökonomie einige Selbstverständ” lichkeiten der klassischen Ökonomie außer Kraft setzt oder zumindest korrigiert. Denkbar geworden ist, dass die Ausschläge des Konjunkturzyklus, wenn nicht verschwunden, so doch maßgeblich gedämpft würden. Fetten Jahren folgten dann künftig nicht automatisch immer magere Jahre. Das wäre wunderbar, verliehe es doch der alten Idee nach einem goldenen Zeitalter der Ökonomie 23 24 25 Die FAZ bezeichnet beispielsweise die Lebensmittelbranche als Teil der Old Economy. Vgl. Einbruch auf dünnem Eis.“ In: FAZ vom Freitag, 28. Dezember 2001 (Nr. 301), ” S. 24 während Die Zeit“ die Automobilbranche nennt. Vgl. Von Gnaden des Clans.“ ” ” In: Die Zeit vom 8. November 2001 (Nr. 46), S. 26. Auch werden die Branchen Chemie, Energie, Maschinenbau und Stahl genannt. Aus ökonomischer Sicht stellen mehrere Autoren diese Frage. Vgl. u.a. Stierle, Michael H., Neue Ökonomie: Charakteristika, Existenz und Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament. B9/2001 vom 23. Februar 2001, S. 15-22 und Voeth, Markus, Was ist neu an der New Economy? Anmerkungen aus der Marketing-Perspektive. (Diskussionsbeiträge des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg Nr. 278) Duisburg: 2000. So auch die drei Autoren des wirtschaftspolitischen Forums der Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, 3/2000 (49. Jg.), S. 285-312. Hüther, Michael, Was ist wirklich neu an der New Economy“? In: Zeitschrift für Wirt” schaftspolitik, 3/2000 (Jg. 49), S. 286-295, hier S. 286. 10 2.1 Neue ökonomische Parameter? neue Nahrung.“ 26 Es kommt zu einer konstanten Absenkung der Arbeitslosenquote, mit der Besonderheit, dass es eben zu keinem parallelen Anstieg der Inflationsrate kommt. Für die Old Economy wird dagegen angenommen, dass eine hohe stabile Beschäftigungsquote einen Lohndruck auslöst, der die Unternehmenskosten erhöht und somit eine Preissteigerung verursacht. In der New Economy sollen dagegen sowohl endogene als auch exogene Konjunkturtheorien ihre Bedeutung verlieren,27 auch wenn der Konjunkturzyklus nach Ansicht einiger Autoren noch nicht vollständig obsolet ist.28 Das Internet bietet die Möglichkeit, eine Lagerhaltung mittels neuer Vertiebsformen auf ein Minimum zu reduzieren. Insbesondere neuere Unternehmen operieren mit dem Geschäftsmodell des E-Commerce, dem elektronischen Handel. Die durch diese Querschnittstechnologien initiierte Neuerung, ist dabei weniger auf das Produkt, als vielmehr auf seinen Vertriebsweg bezogen. Das Internet erlaubt den Unternehmen so, die Produktion an die Nachfrage zu binden und direkt auf Nachfrageschwankungen zu reagieren. Damit würden Konjunkturschwankungen abgefedert. Denn Konjunkturzyklen entstehen – auch – durch unterschied” liche Kapazitätsauslastungen. In Zeiten einer Rezession sind die Lager voll, was viel Kapital bindet. Das Internet erlaubt, nur noch on demand zu fertigen, mithin die Produktion vollständig der schwankenden Nachfrage anzupassen.“ 29 Die Möglichkeit der Überwindung des klassischen Konjunkturzyklus sei nun potenziell durch die New Economy gegeben. Es wird aber angenommen, dass die New Economy sich nicht allein in einer solchen Überwindung des Konjunkturzyklus erschöpft, sondern dass sie einen grundlegenden und langfristigen wirtschaftlichen Wandel verkörpert bzw. bewirkt. Dagegen bleibe die Überwindung des Konjunkturzyklus temporär“ 30 . Eine solche Einschätzung ” wird durch die Aussage unterstützt, dass die Krise am Neuen Markt beendet sei, weil die Aktienmärkte die konjunkturelle Welle in der Regel um vier bis ” sechs Monate“ 31 vorwegnehmen. Das bedeutet, dass auch der Neue Markt bzw. der NASDAQ32 dem Konjunkturzyklus weiterhin unterliegen. 26 27 28 29 30 31 32 Hank, Rainer, Amerika ist das Modell. Dort regiert die New Economy, nicht der alte Frühkapitalismus. In: Gewerkschaftliche Monatshefte. New Economy oder alter Frühkapitalismus. 8-9/2000, S. 450-455, hier S. 450. Hüther, Michael 2000, S. 290ff. Vgl. beispielsweise Freytag, Andreas 2000, S. 310. Das er das nicht ist, obwohl der ökonomische Diskurs der New Economy es behauptet, zeigt Müller, Christoph 2003. Hank, Rainer 2000, S. 453. Vgl. Löchel, Horst 2000, S. 6 und S. 26. FAZ vom Dienstag, 6. November 2001 (Nr. 258), S. 33. Die Kursverluste der neu entstandenen High-Tech Firmen im NASDAQ im März 2000 lagen sehr viel höher als die Verluste des Dow Jones Index. Der Index verlor innerhalb einiger Monate um über 2000 Punkte. Stand er im März 2000 auf dem Gipfel bei 5132 Punkten erreichte er am Jahresende nur noch 3028 Punkte. Vgl. Evans, Trevor 2001, S. 42. 11 2 Der ökonomische Diskurs der New Economy 2.1.2 Produktivitätssteigerung mittels neuer Querschnittstechnologien Zurückzuführen ist das unterstellte inflationsfreie Wachstum nach Ansicht vieler Autoren auf das Entstehen neuer Querschnittstechnologien. Die Informations- und Kommunikationstechnologien, insbesondere das Internet, initiieren einen enormen Produktivitätszuwachs. Im Internet wird eine Basistechnologie gesehen, deren Bedeutung mit der Entwicklung der Dampfmaschine und der Erfindung der Elektrizität gleichzusetzen ist.33 Im Kern beinhaltet die These von der New Economy die Be” hauptung, dass sich seit Jahren ein höherer, nicht-inflationärer Wachstumstrend aufgrund eines insbesondere den Informationstechnologien geschuldeten höheren Produktivitätswachstums abzeichnet.“ 34 Die Wachstumssteigerung des Dienstleistungssektors infolge des Auftretens der New Economy und dessen strukturelle Wandlung führt angeblich zur Transformation der heutigen Dienstleistungsgesellschaft in eine ” Informations- und Wissensökonomie mit einer zunehmenden Dominanz immaterieller, digitalisierter Güter über materielle Produkte und immaterielle, ortsgebundene Dienstleistungen.“ 35 Besonders im so genannten E-Commerce wird der Ausdruck eines solchen Strukturwandels der Dienstleistungsindustrie gesehen. Dabei bildet das Internet die Möglichkeit als Kommunikationsmedium, Handelsplattform, Vertriebsweg und Produktionsort. Das Beispiel des Internethändlers Amazon zeigt aber, dass das Modell des E-Commerce nur in einem bestimmten Sinn einzusetzen ist.36 Das Internet ist das Medium, über das die jeweiligen Produkte (in diesem Fall Bücher, Tonträger usf.) bestellt werden können. Allerdings müssen die Produkte dennoch über den klassischen Vertriebsweg (Post, Lieferservice) zugestellt werden. Der Handel wird also nur teilweise durch das Internet verändert, der elektronische Weg nur einseitig beschritten. Ob sich der elektronische Handel in dieser Sparte tatsächlich wirtschaftlich lohnt, ist angesichts der Krise des E-Commerce fraglich.37 Im Falle des Internethändlers Amazon können auch die Lagerkosten nur wenig reduziert werden, da der Händler die wenigsten Produkte on demand“ fertigen kann. ” Es gibt aber Branchen, bei denen der Austausch über das Internet tatsächlich eine erhebliche Neuerung mit sich bringt. Dies gilt besonders für die 33 34 35 36 37 Vgl. Löchel, Horst 2000, S. 24. Scherrer, Christoph 2001, S. 7. Für Horst Löchel garantieren die I- und K-Technologien ein inflationsfreies Wachstum durch eine Erhöhung des Produktionspotenzials für eine ” gegebene Menge an Produktionsfaktoren.“ Löchel, Horst 2000, S. 10. Löchel, Horst 2000, S. 22. Es bedarf eigentlich weiteren Untersuchungen, um die Frage zu klären, ob es sich bei Amazon tatsächlich um ein New Economy Unternehmen handelt. Da die Waren nur über das Internet bestellt werden, die Ware aber per Postboten ausgeliefert wird, kommt die Vermutung auf, dass es sich hier eigentlich um eine Hybridkonstruktion handelt. Das Online-Warenhaus unterscheidet sich nur in Teilen von Versandhäusern wie Quelle und Neckermann. Bei diesen Ausführungen soll aber als Indikator die Selbst- bzw. mediale Zuschreibung genügen, die Amazon als New Economy Unternehmen ausweist. Vgl. Kühl, Stefan 2002, S. 132ff. 12 2.1 Neue ökonomische Parameter? Musikindustrie. Denn die Verbreitung von Musiktiteln über das Internet geschieht in kürzester Zeit und ist zudem ungleich preiswerter. Die Musik kann vom jeweiligen Nutzer auf den privaten Computer herunter geladen werden und auf eine CD gebrannt werden. Der Rechtsstreit der Musikindustrie mit der Musiktauschbörse Napster zeigt, inwieweit die rechtlichen Probleme eines solchen Vertriebs noch ungelöst sind. Allerdings werden aus Sicht des Marketings keine neuen grundlegenden Methoden und Instrumente erforderlich sein. Die New Economy führt demnach weniger zu neuen Instru” menten, Methoden, Modellen oder Theorien. Stattdessen verändert sie deren Einsatzmöglichkeiten und -grenzen in vielen Branchen.“ 38 Das Neue an den Geschäftmodellen wird also insbesondere im Vertriebsweg gesehen, weniger in den angebotenen Produkten. Aber auch der E-Commerce ist keine gänzlich neue Erfindung der 90er Jahre, sondern hat seine ” Wurzeln im klassischen Versandhandel und dem Teleshopping im Bereich des Handels mit Endkonsumenten und in dem Electronic Data Interchange (EDI) im Bereich des Business-to-Business, also dem Handeln zwischen Unternehmen.“ 39 Allerdings ermöglicht das Internet eine schnellere Informationsübertragung und mindert so die informationsspezifischen Transaktionskosten. Das Rationalisierungspotential durch diese Art der Senkung von ” Transaktionskosten ist phänomenal; es bewegt sich nach Angaben der OECD je nach Branche zwischen ca. 40% bei elektronischen Komponenten und 11% in der Stahlindustrie. Wenn nur die Hälfte realistisch sein sollte, ist dies bereits beachtlich.“ 40 Der relevante Kostenaspekt lässt neue Anbieter entstehen, die das herkömmliche Produkt über das Internet zum Kunden transportieren. 2.1.3 Neuer Gründungsboom Die Befürworter der These einer New Economy sehen einen neuen Gründungsboom aufkommen, der mit einem Tertiarisierungsschub in Verbindung zu setzen ist. Die so genannten Start up Firmen gelten als diejenigen Unternehmen, die als Ausfluss eines solchen Gründerbooms betrachtet werden können. Allerdings wird gleichzeitig auch die Frage gestellt, inwieweit das verstärkte ” 38 39 40 Voeth, Markus 2000, S. 31. Littmann, Peter, Jansen, Stephan A., Oszillodox. Virtualisierung – die permanente Neuerfindung der Organisation. Stuttgart: Klett-Cotta 2000, hier S. 288. Der E-Commerce ist als ein Konzept zu verstehen, das unter Nutzung der Informations- und Kom” munikationstechnologien zu einer elektronischen Integration und Verzahnung von unterschiedlichen Wertschöpfungsketten, organisationsübergreifenden Geschäftsprozessen und Produkten und Dienstleistungen sowie zum Management von Geschäftsbeziehungen in einem Netzwerk von Unternehmen, öffentlichen Institutionen und Privatpersonen beiträgt.“ (S. 292) Zur betrieblichen Verbreitung des E-Business vgl. Unternehmen sind ” mit E-Business bisher nicht zufrieden, investieren aber kräftig weiter.“ In: FAZ vom Donnerstag, 18. Oktober 2001 (Nr. 242), S. 31. Altvater, Elmar, Mahnkopf, Birgit 2000, S. 776. 13 2 Der ökonomische Diskurs der New Economy Gründungsaufkommen im Zusammenhang mit der New Economy zu sehen“ 41 ist. Es wird bestritten, dass die Unternehmen der so genannten New Economy maßgeblich Einfluss auf die Gründung von Unternehmen haben und behauptet, dass es sich bei technologiebasierten Unternehmen nur um einen sehr kleinen Kreis handelt. Der Anteil technologieorientierter an allen ” Gründungen liegt je nach Datenbasis und Begriffsdefinition zwischen 5 und 15%.“ 42 Für den Boom der neuen Unternehmensgründungen wird insbesondere die These von Joseph Schumpeter angeführt.43 Sie besagt, dass wirtschaftlicher Aufschwung mit einem Gründerboom korrespondiert. Für Schumpeter sind die Selbstständigen Ausdruck wirtschaftlicher Erneuerung und innovativen Verhaltens. Die New Economy stellt aus einer solchen Sicht zwar keinen Epochenumbruch zu einer neuen Wirtschaftsform, wohl aber die Zäsur eines neuen Gründerbooms dar. Anstelle eines innovativen Gründerbooms werden aber auch andere Erklärungsansätze für die Zunahme der Selbstständigkeit angeführt. Schein” selbstständigkeit“ oder Formen von prekärer Selbstständigkeit sind eine mögliche Erklärung. Der Anstieg der Selbstständigkeit wird auf die Zwänge zurückgeführt, die sich durch die veränderten Bedingungen der Erwerbsgesell” schaft, insbesondere durch die Flexibilisierung des Beschäftigungssystems ergeben. In diesem Zusammenhang erhält der Druck drohender oder bereits erfahrener Arbeitslosigkeit hohe Erklärungskraft.“ 44 Ein großer Teil der neuen Beschäftigten ist aus dieser Erklärungssicht einer Grauzone zuzuordnen, die durch die hohe Arbeitslosigkeit erzeugt wurde. Arbeitslosigkeit erzeugt push-Effekte“ 45 , die zu mehr Selbstständigkeit bzw. ” Unternehmensgründungen führen. 2.1.4 Die anhaltende Bedeutung der Geldpolitik Ob sich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung aufgrund der neuen Basistechnologie tatsächlich mit einer schnelleren Wachstumsdynamik und gleichzeitig verminderter Inflationsgefahr vollzieht, stellen andere Autoren aber auch 41 42 43 44 45 Bögenhold, Dieter, Leicht, René, Neue Selbständigkeit“ und Entrepreneurship: Moder” ne Vokabeln und damit verbundene Hoffnungen und Irrtümer. In: WSI Mitteilungen 12/2000, S. 779-787, hier S. 780. Vgl. auch Interpreneure – Unternehmen in Netzwer” ken.“ In: FAZ vom Montag, 9. Oktober 2000 (Nr. 234), S. 33. Bögenhold, Dieter, Leicht, René 2000, S. 782. Schumpeter, Joseph, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung. Eine Untersuchung über Unternehmensgewinn, Kapital, Kredit, Zins und den Konjunkturzyklus. Berlin: Duncker & Humblot 5 1952, besonders S. 110-139. Dass es zu einer Renaissance des Schumpeterschen Unternehmers kommt bestreiten zum Beispiel Pongratz, Hans J., Voß, G. Günter, Der Arbeitskraftunternehmer. Eine neue Grundform der Ware Arbeit? In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 50, 1/1998, S. 131-158, besonders S. 146. Bögenhold, Dieter, Leicht, René 2000, S. 781. Bögenhold, Dieter, Leicht, René 2000, S. 783. 14 2.2 Die Bedeutung der Kapitalmärkte in Frage. Die Entwicklung und Anwendung der I- und K-Technologien al” lein kann eine Revision konjunkturtheoretischer Überlegungen und Einsichten gleichwohl nicht begründen“ 46 . Stattdessen wird auf die Bedeutung der Geldpolitik für das Paradigma einer neuen Wirtschaft aufmerksam gemacht: Das Zeitalter der New Economy ist auch ein Zeitalter der Geldpolitik“ 47 . Die ” Glättung der konjunkturell bedingten Schwankungen sei kein Selbstläufer“, ” sondern die Geldpolitik ist gefordert, das potenziell höhere Wachstum mit ” der angemessenen Geldmenge monetär zu unterfüttern, und zwar so, dass es weder zu einer Inflationssteigerung noch zu Geldknappheit mit erneuten Rezessionsgefahren kommt.“ 48 Daneben wird betont, dass im Laufe der Geschichte immer neue Querschnittstechnologien entwickelt wurden. Diese hätten jedoch die Gesetze der Ökonomie nicht außer Kraft gesetzt, sondern neue wirtschaftliche Innovationen hervorgebracht. Die New Economy wird unter der Prämisse betrachtet, dass ökonomische Gesetzmäßigkeiten nach wie vor gelten“ 49 . Die Bedeu” tung der Geldpolitik für eine intakte Wirtschaft wird insgesamt als hoch eingeschätzt, insofern brächte eine New Economy hier keine wirklichen Veränderungen, sondern die lange Wachstumsphase der 1990er Jahre verdankt sich ” möglicherweise vor allem einer umsichtigen Währungspolitik“ 50 . 2.2 Die Bedeutung der Kapitalmärkte Es ist sicherlich bedeutsam, dass der sprunghafte Anstieg der Aktienkurse ab Mitte der 1990er Jahre mit dem Diskurs über eine New Economy einherging. Die Bedeutung des Kapitalmarktes wird in enger Verbindung mit der Entwicklung, Stabilisierung und Etablierung einer New Economy gesehen und die Bedeutung des Risikokapitals für die Start up Unternehmen hervorgehoben. Die Kapitalmärkte und ihr Funktionieren sind also ein wesentlicher ” Erfolgsfaktor für die Entwicklung der New Economy.“ 51 2.2.1 Risikokapital als Indikator für die New Economy Die Unternehmen sehen sich bei mangelndem Kapitalzufluss in ihren Entwicklungsmöglichkeiten gehemmt, was insbesondere im Bereich der IT-Branche problematisch sei. Hier sei nämlich die Entwicklung von neuen Geschäftideen und möglichen Potentialen anfangs der wichtigste Erfolgsfaktor. Im Gegensatz zur Kapitalausstattung der Old Economy zählt in der New Economy in einem Anfangsstadium viel mehr die gute Idee und die Geschwindigkeit ” der Umsetzung durch Virtualisierung und weniger die bisherige Größe und die Kapitalausstattung von Unternehmen für einen globalen Marktein- und 46 47 48 49 50 51 Hüther, Michael 2000, S. 290. Hüther, Michael 2000, S. 294. Freytag, Andreas 2000, S. 307. Freytag, Andreas 2000, S. 309. Cohen, Daniel, Unsere modernen Zeiten. Wie der Mensch die Zukunft überholt. Frankfurt am Main – New York: Campus Verlag 2001, S. 104. Berger, Roland 2001, S. 77. 15 2 Der ökonomische Diskurs der New Economy -auftritt“ 52 . Erst nach einer gewissen Zeit seien solche Unternehmen überhaupt in der Lage, schwarze Zahlen zu schreiben. Der Verdrängungswettbewerb sei so hoch, dass nur ein dauerhafter Kapitalzufluss die Unternehmen in der ersten Zeit vom Konkurs bewahren könne. Im Risikokapital sieht nun Stefan Kühl den entscheidenden Indikator für den New-Economy-Boom. Man ” wurde, so das Fazit des Vorstandsvorsitzenden [eines risikokapitalfinanzierten Unternehmens] als Gründer in der New Economy richtig aufgefordert, Geld auszugeben“ 53 . Durch die stark expandierenden Personaleinstellungen sollen die Unternehmen dem Markt suggerieren, dass ihr Unternehmenskonzept erfolgversprechend und die Firma dynamisch ist. Mittels des Risikokapitals sollte möglichst schnell eine Marke etabliert werden.54 Aus dieser Perspektive hat die Geldbverbrennung eine rationale Seite: Die Kriterien ” der Risikokapitalgeber und der Aktionäre waren in der Boom-Zeit der New Economy Benutzerzahlen, Besuche auf den Websites und Umsätze, aber nicht Gewinne.“ 55 Mittels des zur Verfügung stehenden Kapitals, war eine solche Performance des Unternehmens auch zu realisieren. 2.2.2 Neue Kapitalbeschaffungsmaßnahmen: Das Shareholder-Value-Konzept Das Shareholder-Value-Konzept ist erstens eine wirtschaftswissenschaftliche Berechnungsmethode und implziert zweitens eine Unternehmensführung, die der Steigerung des Unternehmenswerts Vorrang vor anderen Zielen gibt. Dieses Ziel soll durch eine bestimmte Finanzierungspraxis erreicht werden. Der Shareholder-Value ist eine mögliche Methode der Kreditbeschaffung. Die Finanzierungspraxis der New Economy wird oftmals durch Venture-CapitalGesellschaften gewährleistet, die das notwendige Kapital zur Verfügung stellen, weil sie auf eine zukünftige, erwartete Bedeutung des Unternehmens und seiner ökonomischen Potenz setzen. Nicht zuletzt wird in dieser speziellen Finanzierung ein besonderes Phänomen der New Economy gesehen. Diese wird als zukünftiger Wachstumsmarkt behandelt. Die spekulative Erwartung ex” orbitanter Umsätze schlägt sich notwendig in einem hohen Shareholder-Value nieder.“ 56 Im Unterschied zu anderen Unternehmenskonzepten werden die 52 53 54 55 56 Littmann, Peter, Jansen, Stephan A. 2000, S. 283. Vgl. auch Rifkin, Jermey, Access. Das Verschwinden des Eigentums. Warum wir weniger besitzen und mehr ausgeben werden. Frankfurt am Main – New York: Campus Verlag 2000. Stehr, Nico, Arbeit, Eigentum und Wissen. Zur Theorie von Wissensgesellschaften. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1994. Kühl, Stefan, Jenseits der Face-to-Face-Organisation. Wachstumsprozesse in kapitalmarktorientierten Unternehmen. In: Zeitschrift für Soziologie (31. Jg.) 3/2002, S. 186210., hier S. 189. Darüber hinaus werden die spezifischen Organisationsprobleme der New Economy Unternehmen so lange verdeckt, wie der Zufluss von Kapital sichergestellt ist. Erst die Wende auf dem kapitalmarkt führte dazu, dass die [...] strukturellen ” Probleme allgemein offensichtlich wurden.“ (S. 208.) Vgl. Kühl, Stefan, Konturen des Exit-Kapitalismus. Wie Risikokapital die Art des Wirtschaftens verändert. In: Leviathan (30. Jg.) 2/2002, S. 195-219; vgl. auch Geschäft mit Risikokapital ist kein Eldorado ” mehr.“ In: FAZ vom Samstag, 11. August 2001 (Nr. 185), S. 23f. Vgl. Kühl, Stefan 3/2002, S. 190. Kühl, Stefan 3/2002, S. 191. Vgl. Die spekulative Erwartung exorbitanter Umsätze.“ In: FR vom Donnerstag, 9. Au” gust 2001 (Nr. 183), S. 7. Zur Kritik des Shareholder-Value-Konzepts ohne ausdrückli- 16 2.2 Die Bedeutung der Kapitalmärkte Unternehmen nicht vergangenheitsbezogen bewertet, vielmehr hängt ihre Bewertung von ihrer zukünftig unterstellten Entwicklung ab. Der Wert eines ” Unternehmens oder einer Investition ist daher nicht anhand der realisierten Erträge, sondern anhand der für die Zukunft erwarteten Erträge zu bestimmen.“ 57 Damit kommt es zu einer Spekulationsspirale, denn die Bewertung des Unternehmens basiert auf der Grundlage der erwarteten Gewinne. Neu ist die New Economy in dieser Lesart also nicht wegen des Einsatzes von Iund K-Technologien, sondern neu ist die New Economy vor allem wegen der Bedeutung, die den monetären Steuerungs” größen beigemessen wird, in erster Linie dem Konzept des shareholder value. Höchst unterschiedliche Unternehmen (Tradition, Branche, Managementstil etc.) werden nun über den Leisten der monetären Bewertung nach global vorgegebenen Regeln geschert, um auf diese Weise Transparenz für Anleger weltweit zu schaffen.“ 58 Das Konzept des Shareholder-Value hat während der Fusionswellen der 1980er Jahre in den USA an Bedeutung gewonnen und kann – so die These – eine Fortsetzung des wirtschaftlichen Erfolges der New Economy ermöglichen. Wachstums- und Existenzfaktor für Unternehmen wird daher das Schaf” fen von Shareholder Value“ 59 sein. Thomas Sablowski und Joachim Rupp behaupten, dass die Shareholder-Value-Konzepte die Kapitalmarktorientie” rung diskursiv anleiten“ 60 . Das Konzept stellt ein diskursives Moment der ” Veränderung gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse zugunsten der Kapitaleigner dar.“ 61 Die Unternehmen tragen dazu bei, dass das Shareholder-ValueKonzept über die USA hinaus ausgeweitet und gesteigert und somit als ein Aspekt der New Economy etabliert wird. Im Shareholder-Value wird bisweilen die größte Veränderung der New Economy gegenüber einer Old Economy gesehen, die sich aber auch die Unternehmen der Old Economy zu nutze machen. Wenn die Kreditierung über die Börse in zunehmendem Maße ein ” Mittel in der Konkurrenz (insbesondere für die New Economy) 57 58 59 60 61 che Bezugnahme auf die New Economy vgl. Ruh, Hans, Das Shareholder-Value-Konzept – Globale Neuauflage eines alten Missverständnisses? In: Maak, Thomas, Lunau, York (Hrsg.), Weltwirtschaftsethik. Globalisierung auf dem Prüfstand der Lebensdienlichkeit. Bern – Stuttgart – Wien: Verlag Paul Haupt 1998, S. 191-201. Sablowski, Thomas, Rupp, Joachim, Die neue Ökonomie des Shareholder Value. Corporate Governance im Wandel. In: PROKLA, Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft, Heft 122 (31. Jg.), 1/2001, S. 47-78, hier S. 58. Altvater, Elmar, Mahnkopf, Birgit 2000, S. 771. Berger, Roland 2001, S. 77. Sablowski, Thomas, Rupp, Joachim 2001, S. 47. Die Autoren verweisen deutlich darauf, dass der Diskurs institutionalisierte Redeweisen bezeichnet, die mit Machtverhältnissen ” gekoppelt sind und performativ auf die gesellschaftliche Praxis einwirken.“ (Fußnote 2, S. 47). Sablowski, Thomas, Rupp, Joachim 2001, S. 56. Die Konzepte erzeugen durch eine ” veränderte Rhetorik bzw. eine veränderte Redeweise über betriebswirtschaftliche Zusammenhänge eine Umorientierung.“ (S. 59.) 17 2 Der ökonomische Diskurs der New Economy wird, werden deutsche Unternehmen ebenfalls versuchen, dieses Mittel für ihren Erfolg zu nutzen.“ 62 2.2.3 Neue Aktienkultur Die Etablierung eines neuen Kapitalmarktes hat zu zwei Entwicklungen geführt. Zum einen wurde den Unternehmen durch die erhöhte Anzahl der Börsengänge der schnelle Zugriff auf Kapital ermöglicht. Zum anderen vollzog sich ein Wandel in der Aktienkultur. Die Aktienhybris ist ein zentrales ” Moment der New Economy.“ 63 Während Aktien noch vor einigen Jahren als Kapitalanlage nur von einem eingeschränkten Personenkreis genutzt wurden, hat sich nun der Kreis der Aktionäre vergrößert. Das gilt nicht nur für eine wohlhabende Oberschicht, sondern gerade für viele abhängig Beschäftigte. Insbesondere der Börsengang der Deutschen Telekom und des Unternehmens Infineon haben einen richigen Aktienboom in Deutschland ausgelöst. Diese neue Aktienkultur schlägt sich auch in dem riesigen Zuwachs verschiedener Magazine und Zeitschriften zum Thema Aktien nieder. Der Absatz dieser Medien macht deutlich, dass es ein gesteigertes Interesse von Kleinanlegern am Kauf von Aktien gibt und zugleich großer Informationsbedarf vorliegt. Die neue Aktienkultur findet auch in einer neuen Form der Entlohnung ihren Ausdruck. Viele Unternehmen sind dazu übergegangen, ihre Mitarbeiter ” mit Aktien zu entlohnen [...] Die Hoffnung oder richtiger: Spekulation richtet sich also auf Kurssteigerungen insbesondere von Titeln des neuen Marktes.“ 64 Über Aktienoptionen werben die Unternehmer hochqualifizierte Mitarbeiter, weil darin ein Anreizsystem gesehen wird, das den leistungsbezogenen Aspekt der Arbeit betont. Zu einem festen Gehalt bekommen die Mitarbeiter die Optionsrechte auf Aktien der eigenen Firma. Das heißt, sie können Aktien des Unternehmens zu einem späteren Zeitpunkt zu einem zuvor bestimmten Preis kaufen. In der Regel ist dieser Preis mit dem Preis der Aktie zurzeit der Ausgabe der Optionsrechte identisch. Bei den Aktienoptionsprogrammen spielt also nicht nur der Einsatz des jeweiligen Mitarbeiters, sondern der Erfolg des gesamten Unternehmens für die individuelle Entlohnung eine entscheidende Rolle. Die Mitarbeiter sind direkt am Erfolg bzw. Misserfolg des Unternehmens beteiligt. Optionsprogramme sind besonders dann reizvoll, wenn eine positive Entwicklung des Aktienkurses des Unternehmens erwartet wird. Das bedeutet für den Mitarbeiter, dass er bei einer Kurssteigerung des Unternehmens einen Gewinn erwirtschaftet – aber bei einem Kurseinbruch auch einen entsprechenden Verlust erleidet. Im Falle eines Konkurses verlieren die Arbeitnehmer dann nicht nur ihren Arbeitsplatz, sondern auch ihr in Aktien investiertes Kapital. Es stellt sich also die Frage, 62 63 64 Vgl. Die spekulative Erwartung exorbitanter Umsätze.“ In: FR vom Donnerstag, 9. ” August 2001 (Nr. 183), S. 7. Sablowski, Thomas, Rupp, Joachim 2001, S. 75. Altvater, Elmar, Mahnkopf, Birgit 2000, S. 770. Vgl. zur Entlohnung auch Hickel, Rudolf 2001, S. 108ff. 18 2.3 Die Bedeutung der US-amerikanischen Wirtschaft ob der Aktienbesitz – gerade bei sinkenden Aktienkursen – eine ” Alternative zum Lohn sein kann oder ob er nicht vielmehr für den Arbeitnehmer ein doppeltes Risiko darstellt.“ 65 In Deutschland gibt es ca. 200 solcher Aktienoptionsprogramme.66 In der Regel nehmen aber nur die Vorstände großer Unternehmen an dieser Form der Entlohnung teil. Damit ist der Adressatenkreis einer solchen Entlohnungsform begrenzt. Allerdings haben insbesondere die an der Neuen Börse gehandelten Start up Unternehmen der I- und K-Technologien breiter auf solche Entlohnungsformen gesetzt. Doch diese Form der Entlohnung ist nach den Kursstürzen am Neuen Markt bzw. an der NASDAQ erheblich zurückgegangen. Die Sehnsucht nach dem Festgehalt“ 67 hat wieder Konjunktur. ” 2.3 Die Bedeutung der US-amerikanischen Wirtschaft Nicht nur sprachlich ist der Begriff der New Economy eng mit der USamerikanischen Wirtschaft verbunden. Bei der Sichtung der Literatur wird deutlich, dass ein Zusammenhang zwischen dem lang anhaltenden Wirtschaftsaufschwung in den USA und der New Economy hergestellt wird.68 Der Bezugspunkt der New Economy in ihren verschiedenen Dimensionen ist die Prosperität der letzten Jahre in Amerika, und damit geht ” es um einen Zusammenhang von höherem Wirtschaftswachstum, dem Kursfeuerwerk bei den Aktien von Technologie-, Telekommunikations- und Medienwerten, die als Träger des neuen Zeitalters gelten, einer neuen Konsumwelle und einen rigorosen Umbau der Unternehmenslandschaft.“ 69 2.3.1 Die wirtschaftliche Entwicklung in den USA Das Wirtschaftswunder in den USA in den 1990er Jahren und seine Bedingungen werden als Garant auch für einen europäischen Wirtschaftsaufschwung gesehen. Allerdings, so eine weitere Schlussfolgerung, ist nicht zu ” 65 66 67 68 69 Rupp, Joachim, Neue Wirtschaft – Neues Management? Überlegungen zum deutschen Management in der New Economy. In: Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament. B9/2001 vom 23. Februar 2001, S. 23-30, hier S. 28. Vgl. Sablowski, Thomas, Rupp, Joachim 2001, S. 67. Sehnsucht nach dem Festgehalt.“ In: Der Spiegel, 51/2000, S. 86-88. Vgl. auch Schmidt, ” Ingo, Computer.com & @ktien – Die neuen Quellen des Wachstums? In: Gewerkschaftliche Monatshefte 8-9/2000, S. 486-496 und Neues von der New Economy: Vom ” Nutzen und Nachteil der Spekulation auf den totalen Markt.“ In: GegenStandpunkt 1/2001, S. 121-128. Vgl. Evans, Trevor 2001. Altvater, Elmar, Mahnkopf, Birgit 2000, S. 772ff. Einen Literaturüberblick über die US-amerikanische Debatte um die New Economy bietet: Jentzsch, Nicola, The new economy debate in the US: a review of literature. John-F.-KennedyInstitut für Nordamerikastudien, Abteilung für Wirtschaft. Berlin: 2001 (Working paper / John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien; No. 125). Bischoff, Joachim 2001, S. 9. In emphatischen Tonfall formuliert Rainer Hank: Die ” New Economy ist [...] ein Verfahren, das die Gesetze des Marktes und dessen Segnungen für die Menschen transparent macht. Deshalb erst ist es angemessen, von einer technischen Revolution zu sprechen. Ihr Ursprungsland aber sind die Vereinigten Staaten.“ Hank, Rainer 2000, S. 454. Oder: Amerika ist der Ursprung jener neuen industriellen ” Revolution, in dessen Zentrum das Internet steht.“ Hank, Rainer 2000, S. 450. 19 2 Der ökonomische Diskurs der New Economy erwarten, dass die NE [New Economy]in Europa die gleiche Dynamik entfalten wird wie in den USA. Dafür ist der Vorsprung der US-Firmen einfach zu groß“ 70 . Das Modell USA zeige auf, inwieweit sich ein Strukturwandel der Wirtschaft auch für Europa bzw. Deutschland lohnt.71 Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in den USA, die Wachstumsbeiträge und die wirtschaftspolitischen Indikatoren ließen es zu, die Entwicklung in den USA als herausragend zu bewerten, und zwar im Zeitvergleich, aber ” erst recht im Standortvergleich.“ 72 Doch scheint es gegenüber der in Europa stattfindenden wirtschaftlichen Entwicklung fraglich, ob man weltweit schon von einer New Economy sprechen kann. Die starke Verflechtung der New Economy mit der amerikanischen Wirtschaft wird noch einmal deutlich, wenn man die Berichterstattung zum konjunkturellen Abschwung in den USA verfolgt.73 Eine drohende Rezession der amerikanischen Wirtschaft hat anfänglich besonders die Werte des NASDAQ betroffen. 2.3.2 Die Bedeutung des US-Dollars Anfang der 1990er Jahre führte die schwache Bewertung des US-Dollar zu einer Stärkung der US-amerikanischen Exportwirtschaft und damit zu einem generellen Wirtschaftswachstum in den USA.74 Dieses wurde ab 1996 mit dem wieder steigendem Dollarkurs moderat gebremst, weil die gestiegenen Investitionsausgaben zusammen mit einer Zunahme der Konsumausgaben der amerikanischen Wirtschaft weiterhin ein hohes Wachstum bescherten. Bei ausländischen Investoren spielt der US-Dollar eine nicht unerhebliche Rolle. Das Vertrauen der Investoren in die amerikanische Währung ist hoch. Mit diesem Vertrauen lässt sich die signifikante Steigerung der Wirtschaft durchaus begründen. Allerdings ist dieses Vertrauen nicht unbegrenzt verfügbar, wie die großen Kapitalrückflüsse in den Jahren 1971-73, 1979 und 1985 gezeigt haben. In der derzeitigen wirtschaftlichen Situation spielt eine mögliche Abwertung des US-Dollar eine große Rolle. Sollten die Investoren davon abgehalten werden ihr Kapital in den USA zu investieren oder sogar abzuziehen, würde es vermutlich zu einer Abwertung der amerikanischen Währung kommen. Das wiederum würde zu einer Anhebung der Zinsen führen, um so amerikanische Anleihen für ausländische Investoren attraktiv zu machen. Gleichzeitig aber würde eine Anhebung des Zinsniveaus die verschuldeten Unternehmen in Liquiditätsschwierigkeiten bringen. Zusammengefasst: Eine Abkehr der internationalen Vermögensbesitzer vom US” Dollar und seine damit einhergehende Abwertung würde rasch die 70 71 72 73 74 Löchel, Horst 2000, S. 26. So Berger, Roland 2001, S. 73. Hüther, Michael 2000, S. 288. Vgl. zum Beispiel Das Ende der konjunkturellen Talfahrt in Amerika läßt auf sich ” warten.“ In: FAZ vom Montag, 27. August 2001 (Nr. 198), S. 16. Der Erfolg der USA bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze hängt aber vor allem mit ” einer rigorosen Deregulierung und des Arbeitsmarktes und mit der starken Stellung des Dollars zusammenen.“ Zwischen Kulturkritik und Technikwahn.“ In: Die Zeit vom 16. ” November 2000 (Nr. 47), S. 54. 20 2.4 Fazit Importe verteuern, die Geldentwertung beschleunigen und zu harten zinspolitischen Maßnahmen drängen: Der Abschwung wäre da.“ 75 Um eine solche Rezession zu verhindern, senkt die us-amerikanische Notenbank das Zinsniveau weiter ab, um so die Konsumnachfrage der privaten Haushalte zu erhöhen. Gleichzeitig steht sie vor dem Problem, dass damit der Zufluss ausländischen Kapitals abgebremst wird. Der Einfluss der Notenbank auf die Entstehung einer New Economy wird bisweilen so hoch eingeschätzt, dass der amerikanische Notenbankchef Alan Greenspan als Held der New Economy“ 76 bezeichnet wird. Ihm ” ist es zu danken, dass eine aufmerksame Zinspolitik die Grund” lagen inflationsfreien Wachstums sicherte. Greenspan ist unterdessen in der ganzen Welt [...] Vorbild für eine langfristige Stabilitätspolitik.“ 77 Für Scherrer finanzieren die ausländischen Geldgeber aber weniger Investitionen, sondern vielmehr den Konsum, auf dem dann der konjunkturelle Aufschwung in den USA beruht.78 Obwohl die Reallöhne in den USA stagnieren kommt es zu einem solchen konsumgetragenen Wachstum. Das lässt den Schluss zu, dass insbesondere die private Verschuldung der Haushalte und die staatlichen Ausgaben für die militärische Aufrüstung den amerikanischen Wirtschaftsaufschwung stützen. Der Hinweis auf die geringe Sparquote unterstützt die These argumentativ.79 Damit ist der wirtschaftliche Aufschwung eventuell weniger als ein Resultat einer New Economy, sondern mehr als Auswirkung der spezifischen Globalisierungsformen der US-Wirtschaft“ 80 zu be” greifen. Ob sich die These einer New Economy in der USA als richtig erweist, kann erst entschieden werden, wenn die Produktionsentwicklung statistisch besser erfasst wird. 2.4 Fazit Die vorherigen Ausführungen lassen den Schluss zu, dass es nicht möglich ist, von volkwirtschaftlich goldenen Zeiten“ zu sprechen. Auch in Amerika lie” gen die wirtschaftlichen Zuwächse noch unter denen der goldenen 1960er ” Jahre.“ 81 Im ökonomischen Diskurs wird überwiegend die Überzeugung vertreten, dass die New Economy weniger eine wirtschaftliche Revolution ist, sondern dass sich vielmehr bestimmte wirtschaftliche Einstellungen aufgrund technologischer Entwicklungen ändern. Die meisten Autoren sind sich einig, veränderte wirtschaftliche Bedingungen und gesellschaftliche Einstellungen 75 76 77 78 79 80 81 Scherrer, Christoph 2001, S. 23. Hank, Rainer 2000, S. 451. Hank, Rainer 2000, S. 451. Vgl. Scherrer, Christoph 2001, S. 23. Altvater, Elmar, Mahnkopf, Birgit 2000, S. 773. Scherrer, Christoph 2001, S. 25. Scherrer, Christoph 2001, S. 25. 21 2 Der ökonomische Diskurs der New Economy vorzufinden, die die Rede von einer New Economy nicht völlig unsinnig erscheinen lassen.82 Insbesondere am Vorbild der amerikanischen Wirtschaft sollte diese Veränderung aufgezeigt werden. Es sollte deutlich geworden sein, dass sich in der amerikanischen ” Volkswirtschaft seit Mitte der neunziger Jahre grundlegende Veränderungen vollzogen haben, die aus dem Zusammenspiel von Innovation, Strukturwandel und Wirtschaftspolitik resultieren. Nur dieser Dreiklang kann das wirklich Neue begründen.“ 83 Das Beispiel der USA und seine häufige Verwendung im Diskurs über die New Economy kann als Indiz dafür interpretiert werden, dass das Neue der New Economy begrenzt ist. Die New Economy ist vor allem eine Radikalisierung von schon seit langem propagier” ten marktliberalen Konzepten, von deren Umsetzung eine Dynamisierung der europäischen Ökonomien wie in den beispielhaften USA erwartet wird.“ 84 Im ökonomischen Diskurs ist noch kein abschließendes Urteil über den Neuerungswert der New Economy abzusehen. Der EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing hält den Begriff für problematisch, er sieht in Europa kein neues Zeitalter der New Economy heraufziehen und hält die Theorie vom Ende des Konjunkturzyklus für abwegig.85 Diese Einschätzung wird vom Chefvolkswirt der Dresdner Bank, Michael Heise geteilt: Der von vielen totgeglaubte Zyklus ist wiedergekehrt, und wir ” befinden uns noch relativ weit unten in der Nähe der Talsohle, erst kurz nach dem Wendepunkt. [...] Schon einige Male – so auch im langen Aufschwung der neunziger Jahre – ist der Konjunkturzyklus vorzeitig für tot erklärt worden. Und jedesmal hat sich der Totgesagte als sehr lebendig erwiesen und der jeweiligen Generation von Prognostikern eine Lektion erteilt.“ 86 Aber dennoch bleibt die New Economy begrifflich gegenwärtig und ist schon deshalb nicht allein auf eine spekulative Blase an den Technologiebörsen zu reduzieren. So soll insbesondere der elektronische Handel in Zukunft eine größere Bedeutung erhalten, wodurch sich die Beschäftigungs- und Arbeitsmarktstrukturen verändern sollen.87 Auch wenn es zutrifft, dass die ökonomischen Erwartungen der Neuen Ökonomie dramatisch überzogen waren und ” 82 83 84 85 86 87 So zum Beispiel Hüther, Michael 2000, S. 294. Hüther, Michael 2000, S. 294. Altvater, Elmar, Mahnkopf, Birgit 2000, S.771. So seine Einschätzung in einem Interview mit der FAZ-Sonntagszeitung: Der Begriff ist ” problematisch, weil man damit sehr unterschiedliche Dinge verbindet. Wenn ich daran denke, was alles für Theorien entwickelt wurden, etwa über das Ende des Konjunkturzyklus. Davon ist nach kurzer Zeit wenig übriggeblieben.“ Zinssenkungen wirken nicht ” von heute auf morgen.“ In: FAZ-Sonntagszeitung vom 11. November 2001 (Nr. 45), S. 37. Die Wiederkehr des Konjunkturzyklus.“ In: FAZ vom Samstag, 21. September 2002 ” (Nr. 220), S. 13. Vgl. Altvater, Elmar, Mahnkopf, Birgit 2000, S. 775. 22 2.4 Fazit daß es fahrlässig war, von einer neuen Ökonomie zu sprechen“ 88 , so wird bestimmten Phänomenen – beispielsweise dem Technologieschub – dennoch ein erheblicher Neuerungswert zugemessen und daraus resultierender Veränderungsbedarf abgeleitet. Im folgenden Kapitel soll deshalb nach dem ökonomischen der arbeitsweltliche Diskurs der New Economy dargestellt werden. 88 Die Wiederkehr des Konjunkturzyklus.“ In: FAZ vom Samstag, 21. September 2002 ” (Nr. 220), S. 13. 23 3 Der arbeitsweltliche Diskurs der New Economy 3 Der arbeitsweltliche Diskurs der New Economy Das Auftreten einer New Economy trägt zu einer verstärkten Diskussion um die Zukunft der Arbeitswelt und ihrer Organisationsformen bei. Die Veränderung der Arbeitswelt durch die I- und K-Technologien wird als radikal“ 89 ” bezeichnet. Die New Economy repräsentiert sich als Vorreiterin einer neuen Arbeitswelt, in der sich die Modelle des zukünftigen Arbeitens abzeichnen. Damit bringt sie Leitbilder guten Arbeitens“ hervor, die sich nicht allein ” auf die Start-up-Unternehmen und IT-Industrie beschränken lassen, sondern auf Unternehmen der Old Economy rückwirken. Die New Economy ist auch ” ein Trendsetter für den kulturellen Wandel in der Bewertung der Arbeit“ 90 . Die Geschichte der menschlichen Arbeit wird im Diskurs der New Economy als Geschichte der abhängigen und bisweilen entfremdeten Arbeit dargestellt, während die Zukunft der Arbeit in einem selbstbestimmtes Handeln liegt und jeder zum Unternehmer seiner eigenen Arbeitskraft werden wird. Das Auftreten der New Economy und die sich damit ergebenden neuen Anforderungen an die Arbeitswelt machen es nach Ansicht einiger Autoren notwendig, Arbeit neu zu denken und die Kategorien der Old Economy in Frage zu stellen.91 Darin liegt [...] der Kern der Behauptung, dass wir Arbeit neu ” denken müssen, dass der Mensch mit der Arbeit, die in Zukunft auf ihn wartet, die letzte Hürde nimmt auf dem langen Weg aus seiner – um mit dem großen Philosophen der Aufklärung, Immanuel Kant, zu reden – selbstverschuldeten Unmündigkeit.“ 92 Die New Economy verkörpert eine neue Einstellung zur Arbeit und repräsentiert das gewandelte Verhältnis der Arbeitenden zu ihrem Beruf.93 Diese sich verändernde Einstellung wird als ein radikaler Mentalitätswechsel beschrieben. Mit der New Economy entsteht ein neues Paradigma für die ” Arbeitswelt“ 94 . Es lösen sich die etablierten Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit, ” Wohn- und Arbeitsort, Lernen und Arbeiten, Arbeit und Ruhestand, abhängiger und selbstständiger Beschäftigung auf bzw. werden durchlässig.“ 95 Im Folgenden werden einige der propagierten neuen Leitbilder guten Arbeitens, die zusammen mit dem Begriff New Economy genannt werden, dargestellt. 89 90 91 92 93 94 95 So Altvater, Elmar, Mahnkopf, Birgit 2000, S. 775. Garhammer, Manfred, Arbeitszeit und Zeitwohlstand im internationalen Vergleich. In: WSI Mitteilungen 4/2001, S. 231-241, hier S. 235. Vgl. diese These beschreibend Hickel, Rudolf 2001, S. 105ff. Vgl. Deckstein, Dagmar, Felixberger, Peter, Arbeit neu denken. Wie wir die Chancen der New Economy nutzen können. Frankfurt am Main – New York: Campus Verlag 2000, S. 37. Vgl. Mut, Schweiß und Tränen.“ In: Die Zeit vom 16. August 2001 (Nr. 34.), S. 15-16. ” Berger, Roland 2001, S. 78. Berger, Roland 2001, S. 78. 24 3.1 Neue Leitbilder guten Arbeitens 3.1 Neue Leitbilder guten Arbeitens 3.1.1 Leitbild: Neue Selbstständigkeit Die Arbeit der Zukunft wird als lustvolle oder selbstbestimmte Arbeit charakterisiert. Es wird ein Zustand postuliert, in dem der Arbeiter souverän über die eigene Zeit verfügen kann und Zeiträume zur Selbstverwirklichung hat. Diese Möglichkeit der Selbstverwirklichung wird insbesondere durch neue Formen der Selbstständigkeit gewährleistet. Überhaupt steht das über sich selbst verfügende Individuum im Mittelpunkt der Visionen um die neue Arbeit: Selbstvertrauen, Selbstinitiative, Selbstverantwortung, Selbstsi” cherheit und Selbstmanagement. Die Schlüsselgrößen für den Menschen in der Arbeitsgesellschaft von morgen beginnen mit dem Selbst.“ 96 Die neuen Selbstständigen werden zu Vorreitern eines neuen Verhältnisses von Arbeiten und Leben gemacht. In den Arbeitsbegriff wandern die ” klassischen Gegenseiten der Arbeit – Vergnügen, Lebensfreunde, Erlebnisse, Konsum“ 97 hinein. Die neuen Selbstständigen reagieren auf die Veränderungen der Arbeitswelt und verabschieden sich vom Normalarbeitsverhältnis. Denn jeder muss darauf vorbereitet sein, im Laufe eines Arbeitslebens ” mehr als ein Beschäftigungsverhältnis einzugehen, mehr als einen Arbeitsvertrag zu unterschreiben und mehr als eine Karriere in Angriff zu nehmen.“ 98 Doch ist die Entscheidung zur Existenzgründung nicht immer freiwillig, obwohl sie als Ausdruck individueller Lebensführung, als eine kreative Bewirt” schaftung von Optionen“ oder als zukunftsweisende Reaktion auf die Rigi” dität der sozialstaatlichen Sicherung“ 99 gedeutet wird. Die neuen Selbstständigen sind nicht nur die Akteure des strukturellen Wandels, sondern auch dessen Resultat. 3.1.2 Leitbild: Arbeitskraftunternehmer Die neue Selbstständigkeit wird im Diskurs der New Economy als ein gänzlich neues Ideal der Arbeit vermittelt. Doch der erwähnte Typus des Arbeiter oder Unternehmer seiner Selbst ist nicht erst mit dem Diskurs der New Economy aufgekommen. Schon bevor dieser Begriff im Diskurs der New Economy auftauchte, wurde der moderne Beschäftigte von Hans J. Pongratz und G. 96 97 98 99 Deckstein, Dagmar, Felixberger, Peter 2000, S. 40. Oder anders formuliert: Der Er” werbstätige von morgen wird ein Unternehmer seiner Fähigkeiten sein.“ Berger, Roland 2001, S. 79. Deckstein, Dagmar, Felixberger, Peter 2000, S. 42. Statt diesem Gegensatz heißt es nun: Arbeit der Zukunft – das ist die Vereinigung von Anstrengung und Lust.“ (S. 49.) ” Deckstein, Dagmar, Felixberger, Peter 2000, S. 38f Altvater, Elmar, Mahnkopf, Birgit 2000, S. 777. 25 3 Der arbeitsweltliche Diskurs der New Economy Günter Voß als Arbeitskraftunternehmer beschrieben.100 . Beide beobachten schon seit längerer Zeit eine Veränderung in der Organisationsform der Arbeit und betriebliche Strategien, die sich mit der Selbstorganisation von Arbeit auseinander setzen. Die betrieblichen Veränderungen lassen ihrer Meinung nach den Schluss zu, dass ein struktureller Wandel in der gesellschaftlichen Verfassung von ” Arbeitskraft vor sich geht. Die bisher vorherrschende Form des verberuflichten Arbeitnehmers wird in vielen Arbeitsbereichen abgelöst durch den neuen strukturellen Typus, den Arbeitskraftunternehmer.“ 101 Letztlich bringt der gesellschaftliche Wandel eine Veränderung der Lohnarbeit hervor. Die Selbstorganisation der Arbeit, die sich in abhängige und unabhängige differenzieren lässt, rückt in den Vordergrund und wird zum beherrschenden Arbeitsprofil. Sie korrespondiert mit dem Anspruch vieler Mitarbeiter, mehr über ihre Arbeit bestimmen zu können und Eigenverantwortung zu ergreifen. Sowohl Arbeitszeiten als auch der Arbeitsraum flexibilisieren sich beim Arbeitskraftunternehmer. Das führt zu neuen Tagesabläufen, die in der klassischen Normalarbeitsbiografie nicht bekannt waren. In der Selbsteinschätzung hält eine Protagonistin der New Economy deshalb fest: Lebenslauf: brüchig“ 102 . ” Der Arbeitskraftunternehmer ist nur teilweise mit dem klassischen Unternehmer zu vergleichen. Auch die freien Berufe sind nur bedingt vergleichbar, da diese in der Regel ein eng umrissenes, berufsstrategisch abgeschotte” tes Feld privilegierter Erwerbstätigkeit als typisches Ergebnis von Professionalisierungsstrategien, mit der sich Berufsgruppen Vorrechte sichern“ 103 umreißen. 3.1.3 Leitbild: Verflachte Hierarchien Nicht jeder abhängig Beschäftigte wird zum Unternehmer seiner Selbst, lagert die betrieblichen Strukturen in sein Leben aus und macht sein Wohnzimmer zum Büro. In den Start-up-Unternehmen wird dennoch ein Wandel in der betrieblichen Organisation ausgemacht. Aufgrund der hohen Eigenverantwortung der einzelnen Beschäftigten und ihres hohes Motivationspotentials verflachen die betrieblichen Hierarchien. Die klassische Entgegensetzung vom einem entscheidungsbefugten Chef und ausführenden Mitarbeitern trägt demnach nicht mehr. Der Erfolg der Start-up-Unternehmen 100 101 102 103 Vgl. Pongratz, Hans J., Voß, G. Günter, Vom Arbeitnehmer zum Arbeitskraftunternehmer – Zur Entgrenzung der Ware Arbeitskraft. In: Minssen, Heiner (Hrsg.), Begrenzte Entgrenzungen. Wandlungen von Organisation und Arbeit. Berlin: Edition Sigma 2000, S. 225-247 und Voß, G. Günter 1998, S. 131-158. Pongratz, Hans J., Voß, Günter G. 1998, S. 131. Arnold, Heike, Lebenslauf: Brüchig. In: Lotter, Wolf, Sommer, Christiane (Hrsg.), Neue Wirtschaft. Das Kursbuch für die New Economy. Statusreport 2001. Stuttgart – München: Deutsche Verlags-Anstalt 2000, S. 172-178. Pongratz, Hans J., Voß, Günter G. 1998, S. 145f. 26 3.2 Fazit beruht auf einer offenen, erfolgsorientierten, hierarchiefreien, nach ” dem Grundsatz von ‘trial and error’ arbeitenden Unternehmer-, Arbeits- und Kommunikationskultur, wie sie sich in Strukturen von Großunternehmen nur schwer entfalten kann.“ 104 Die New Economy wird dem eigenen Anspruch nach durch ein basisdemokratisches Denken geleitet. Das Team und nicht eine Person steht im Mittelpunkt der Arbeit. 3.1.4 Leitbild: Vertrauensarbeitszeit Auch die Diskussion um die Vertrauensarbeitszeit taucht im Zusammenhang der New Economy wieder auf. Vielfach gibt es hier [in der New Economy] weder feste Stellenbe” schreibungen, noch langfristige Karrierepläne und schon gar keine Stechuhren, die registrieren, wie viel Zeit jemand am Arbeitsplatz verbracht hat. Arbeitszeit und -mengen bestimmt jeder selbst – was zählt, ist das Ergebnis.“ 105 Die Diskussion um die Vertrauensarbeitszeit, d.h. die Diskussion über die Flexibilisierung der Kontrollsysteme der Arbeitszeiten, ist nicht gänzlich neu. Schon Anfang der 1990er Jahre wurden neue Modelle der flexiblen Arbeitsplatz- bzw. Arbeitszeitgestaltung diskutiert. Bereits jetzt verhelfen Gleitzeit, Jahresarbeitszeit und Zeitkonten den Unternehmen zu einer effektiveren Nutzung der Arbeitskraft ihrer Beschäftigten. Das Problem dieser Modelle liegt aber weiterhin in der komplexen Organisation und Koordination der Arbeitszeiten. Das Konzept der Vertrauensarbeitszeit ist dagegen bestechend einfach und will dieses Manko beheben. Die Arbeitszeit der Beschäftigten wird nicht mehr kontrolliert. Die formale Zeiterfassung – die in vielen Betrieben immer noch durch die Stechuhr verkörpert wird – wird abgeschafft, während die arbeitsvertraglich geregelte Kontingentierung der Arbeitszeit offiziell aber beibehalten wird. An ihre Stelle treten inoffiziell ausgehandelte unternehmerische Zielvereinbarungen, die von den Beschäftigten erfüllt werden müssen. Lediglich die Organisation dieser Arbeitszeit wird in die Hände der Beschäftigten selbst gelegt. Wann und wo die Beschäftigten arbeiten wollen, bleibt diesen selbst überlassen. 3.2 Fazit Die neuen Leitbilder guten Arbeitens sind unter dem Stichwort der Entgrenzung von Arbeits- und Lebenswelt zu subsumieren. Diese Entgrenzung kann auch mit dem Stichwort der Selbstökonomisierung versehen werden. Es ist nicht verwunderlich, dass im Diskurs um die Arbeit in der New Economy auch Schlagworte wie das der Ich-AG“, das der unselbstständigen ” ” Selbstständigkeit“, das des Arbeitskraftunternehmers“ und des Unterneh” ” mers seiner Selbst“ autauchen. Die Verfügungsgewalt des Unternehmens über 104 105 Berger, Roland 2001, S. 76. Neue Unternehmensmodelle führen zu einer anderen Definition von Arbeit.“ In: FAZ ” vom 29. Mai 2000, S. 33. 27 3 Der arbeitsweltliche Diskurs der New Economy den Beschäftigten endete in der tayloristischen Arbeitsformen nach der Ableistung der vertraglich festgelegten Stunden. Der Tag des Beschäftigten teilte sich idealiter in eine fremdbestimmte Arbeitszeit und eine selbstbestimmte Freizeit – in Arbeits- und Lebenswelt. Doch der Diskurs um die Arbeit in der New Economy verwirft eine solche Trennung. Die Arbeitenden in der New Economy prägen das neue Leitbild der Arbeit. Die Anforderungen der modernen Arbeitswelt machen es ihrer Meinung nach notwendig, dass der eigene subjektive Lebensstil in der Arbeitswelt selbst seinen Ort findet. Zugleich kann er optimal für unternehmerische Zwecke genutzt werden. An diesen freiwilligen Vorarbeitern eines neuen Arbeitsverständnisses werden auch die Arbeiter der Old Economy gemessen. Somt hat der Diskurs um die Arbeit in der New Economy auch Einfluss auf den Diskurs um die Arbeit in der Old Economy. 28 4 Der politische Diskurs der New Economy Die Politiker entdecken die New Economy“ 106 lautet im August 2000 der ” Untertitel eines Zeitungsartikels. Die Sichtung ausgewählter Zeitungsartikel aber auch anderer Literatur107 zeigt, dass Politiker ihr Vokabular um den Begriff New Economy ergänzen und ihre Politik als New-Economy-tauglich“ ” kennzeichnen. In diesem Teil soll die politische Diskussion untersucht werden, die sich der Vokabel New Economy bedient. Es kommen diejenigen politischen Themen in den Blick, für die aufgrund des Auftretens der New Economy ein politischer Handlungsbedarf gesehen wird. Dabei liegt der Fokus auf der deutschen (bzw. in Teilen europäischen) Politik und klammert die politische Diskussion in den USA aus. Zudem geht es im politischen Diskurs um die ” Grundsatzfrage, ob es auch in der Neuen Wirtschaft noch so etwas wie den Primat des Politischen gibt.“ 108 4.1 New Economy und Veränderung der Sozialen Marktwirtschaft Das Wirtschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland wird als Soziale ” Marktwirtschaft“ bezeichnet, weil die freie Marktwirtschaft durch ordnungspolitische Elemente ergänzt wird. Sinn dieser Interventionen ist es, in einem sozial ausgerichteten Rahmen einen sozialen Ausgleich herbeizuführen. Obwohl also auf eine zentrale Ordnung verzichtet wird, legt der Staat zugleich Wert auf Eingriffe, die die Gegensätze zwischen Arm und Reich abfedern sollen. Doch die sich abzeichnenden oder auch nur postulierten Veränderungen in der Arbeitswelt lassen im politischen Diskurs um die New Economy den Schluss zu, dass diese das gesamte Sozialstaatsmodell der Bundesrepublik Deutschland zu Veränderungen zwingt: Die New Economy fordert die ” Soziale Marktwirtschaft heraus.“ 109 Auf die kommenden gesellschaftlichen Veränderungen habe auch die Politik zu reagieren. Will die Politik die Früchte der Neuen Wirtschaft ernten, muss sie auch zu einer ” Neuen Politik bereit sein. Nicht im Sinne eines Abdankens, sondern im Sinne eines Gestaltungswillen, der den Markt zum Wohl der Arbeitnehmer und Konsumenten fördert. Wenn sich hinter dem Primat der Politik lediglich staatliche Regulierungswut in neuen Variationen verbirgt, dann ist Skepsis von seiten der Industrie angebracht.“ 110 Diese Forderung wird nicht nur von Verbandsvertretern oder Unternehmern gestellt,111 sondern Politiker selbst thematisieren diesen politischen 106 107 108 109 110 111 Staat surft mit.“ In: Die Zeit vom 31. August 2000 (Nr. 36), S. 19. ” Vgl. die Beiträge der Politiker Wolfgang Clement, Angela Merkel, Werner Müller, Rezzo Schlauch, Edmund Stoiber und Guido Westerwelle zur New Economy in Späth, Lothar (Hrsg.), Die New Economy Revolution. Neue Werte, neue Unternehmen, neue Politik. München: Econ Verlag 2001. Inacker, Michael J. 2000, S. 230. New Economy in der Sozialen Marktwirtschaft.“ In: trend 3/2000, S. 49-52, hier S. 52. ” Inacker, Michael J. 2000, S. 239. So geschehen im Magazin trend mit dem Artikel Virtuell denken real handeln. Acht ” Thesen zu Politik und New Economy.“ In: trend 2/2000, S. 7-13. 29 4 Der politische Diskurs der New Economy Veränderungsbedarf. Es scheint den Politikern notwendig, die politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen der New Economy öffentlich zu kommunizieren. Dabei ergibt sich die Forderung nach einem neuen Sozialmodell für europäische Regierungschefs wie Tony Blair, Göran Persson, Wim Kok und Gerhard Schröder nicht zuletzt aus den Herausforderungen der New Economy. Für sie gilt es, den Kreis derer erheblich zu erweitern, die von der Neuen ” Wirtschaft profitieren. Dies ist sozial richtig, aber auch wirtschaftlich wichtig.“ 112 Auch die Parteichefin der CDU, Angela Merkel, plädiert im Kontext der Neuen Ökonomie für eine Neue Soziale Marktwirtschaft“ 113 und fordert, ” dass die Soziale Marktwirtschaft, deren Erfindung und deren Er” neuerung sich mit der CDU verbindet, unter den Bedingungen veränderter Märkte weiterentwickelt werden muss, weiterentwickelt in eine globale Dimension.“ 114 Diese Politiker machen eine Rückwirkung der New Economy auf die Soziale Marktwirtschaft aus. Die wirtschaftlichen Umbrüche verdichten sich so in der New Economy, dass ein Veränderungsbedarf in der (sozial-)politischen Ausgestaltung der Bundesrepublik Deutschland unumgänglich wird. 4.1.1 Eigenverantwortung und neue Selbstständigkeit Die neuen Technologien machen dabei eine neue Arbeitsorganisation möglich, die die Arbeit im Wesentlichen individualisiert. Die neuen Technologien bringen neue Handelsströme und eine neue Generation von dynamischen Unternehmern hervor.115 Diese New Economy Unternehmensgeneration bringt frischen Wind ins deutsche Wirtschaftsleben. Sie macht Eigen” verantwortung und Selbständigkeit zu breit akzeptierten Werten. Sie überwindet die überholte Trennung von Arbeit und Kapital.“ 116 Zugleich eröffnet die New Economy angeblich neue Möglichkeiten der Teilhabe an der Erwerbsarbeit und das besonders für behinderte Menschen und Frauen. Die abnehmende physische Präsenz am Arbeitsplatz ermöglicht besonders Behinderten eine größere Gleichheit beim Zugang zu einer Erwerbsarbeit, da der Einsatz von Informationstechnologien körperlich Behinderten entgegenkommt. Auch Frauen, die durch Familienarbeit an einen bestimmten Haushalt gebunden sind, profitieren von den Informationstechnologien und den daraus resultierenden möglichen Arbeitsfeldern. Heimarbeit wird nicht 112 113 114 115 116 Ein neues Sozialmodell.“ In: Die Zeit vom 7. September 2000 (Nr. 37), S. 7. ” Die Wir-Gesellschaft.“ In: FAZ vom Samstag, 18. November 2000 (Nr. 269), S. 11. Vgl. ” auch Merkel, Angela, Plädoyer für eine neue Soziale Marktwirtschaft. In: Späth, Lothar (Hrsg.) 2001, S.243-250. Merkel, Angela 2001, S. 249. Und an anderer Stelle: Wir müssen begreifen, dass wir ” die Soziale Marktwirtschaft mit ihren Vorteilen nur dann bei uns im Lande erhalten können, wenn wir uns den Aufgaben in der gesamten Welt stellen.“(S. 250.) So zumindest Westerwelle, Guido, Eine neue Unternehmergeneration – Die New Economy belebt den Wirtschaftsstandort Deutschland. In: Späth, Lothar (Hrsg.) 2001, S. 309-316. Westerwelle, Guido 2001, S. 316. 30 4.1 New Economy und Veränderung der Sozialen Marktwirtschaft als Form der Ausbeutung verstanden, sondern verwirklicht das gesellschaftliche Ziel der Teilhabe am Arbeitsleben. Der regulierte Arbeitsmarkt wird als ein Hinderungsgrund für die effiziente Einsetzung und Nutzung der gesamten I- und K-Technologien verstanden. Er verhindert die flexible Aufnahme von Arbeitsverhältnissen in den Branchen der New Economy, die aber aufgrund der Gründerphase auf eine flexible Regelungen angewiesen seien. Um diesen Trend zu verstärken, muss das Steuersystem geändert und das unternehmerische Verhalten steuerlich belohnt werden: Je weniger der Fiskus unternehmerische Pioniergewinne besteu” ert, um so innovativer kann eine Wirtschaft sein und um so schneller wird sie unter sonst gleichen Bedingungen wachsen.“ 117 Um unternehmerisches Denken in allen gesellschaftlichen Schichten zu etablieren, muss auch die Kultur der Selbstständigkeit gestärkt werden. Wir brauchen ein klares Bekenntnis zum Unternehmer, zu demje” nigen, der bereit ist, in einer sich verändernden Welt Risiken auf sich zu nehmen, der sich der Verantwortung stellt und neue Wege geht.“ 118 Die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen werden als Ausgangspunkt für die grundlegende Veränderung der (wirtschafts-) politischen Bedingungen der Bundesrepublik angesehen, nämlich weg vom kollektiven Organisations” zwang hin zur individuellen Verantwortung.“ 119 Dieses Plädoyer für mehr Selbstständigkeit und Verantwortung wird ergänzt durch die Forderung zu mehr Subsidiarität und einem klaren Bekenntnis zum Wettbewerb“ 120 . ” 4.1.2 Reform der Sozialversicherungssysteme Die New Economy verstärkt die politische Forderung nach einer Reform der gesetzlichen Sozialversicherungssysteme. Es gilt zu prüfen, wie das Gebot so” zialer Gerechtigkeit in Einklang gebracht werden kann mit stärkerer persönlicher Verantwortung für Grundentscheidungen des Lebens.“ 121 Die Verwirklichung der persönlichen Verantwortung wird in der Ergänzung der Rentenversicherung um eine kapitalgedeckte Säule und in einer Reform der Gesundheitssicherungssysteme gesehen.122 Dabei wird insbesondere im Ausbau des Dritten Sektors eine notwendige Ergänzung zu den bisherigen sozialstaatlichen Elementen betrachtet.123 Mit der Stärkung des zivilgesellschaftlichen Engagements soll anscheinend die Subsidiarität in der Gesellschaft wieder stark gemacht werden. 117 118 119 120 121 122 123 Paqué, Karl-Heinz 2001, S. 34. Merkel, Angela 2001, S. 249. Paqué, Karl-Heinz, Soziale Marktwirtschaft und globale New Economy“: Ein Wider” spruch? In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament. B 9/2001 vom 23. Februar 2001, S. 31-38, hier S. 32. Merkel, Angela 2001, S. 249. Paqué, Karl-Heinz 2001, S. 37. Die gleiche Tendenz findet sich im ersten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2001. Vgl. kritisch dazu Bischoff, Joachim 2001 und an einem Unternehmen thematisiert: Fall Enron ist eine Spätfolge der Nasdaq-Blase“. In: FAZ ” vom Freitag, 30. November 2001 (Nr. 279), S. 31f. Vgl. Paqué, Karl-Heinz 2001, S. 38. 31 4 Der politische Diskurs der New Economy 4.1.3 Neubewertung des gewerkschaftlichen Einflusses Der politische Diskurs der New Economy kreist auch um die Frage, welchen Einfluss Gewerkschaften im politischen und wirtschaftlichen System haben sollen. Damit trifft die Aussage nicht zu, dass Gewerkschaften im Diskurs ” über die new economy nicht existent“ 124 sind. Sehrwohl wird hier eine intensive Diskussion über die Zukunft der Gewerkschaften und der kollektiven Mitbestimmung geführt. Allerdings sehen sich die Gewerkschaften in dieser Diskussion mit dem Vorwurf konfrontiert, dass sie einen zu großen Einfluss auf eine Regulierung des Arbeitsmarktes haben und damit eine positive Entwicklung einer New Economy verhindern. Ein Teil des politischen Diskurses sieht in den Gewerkschaften Dinosaurier der untergegangenen Industrieepoche [...] Der or” ganisierte Verbändestaat insgesamt gilt als Fessel, die zugunsten von Privatinitiative und Mitarbeiter-Unternehmer-Sozietäten abzustreifen ist“ 125 . Der Behauptung, dass Gewerkschaften als überholt gelten können, wird durch die Beobachtung von Politikern untermauert, dass in der Gesellschaft eine neue Einstellung gegenüber der gewerkschaftlichen Mitbestimmung aufzufinden sei: Unsere Gesellschaft wird nicht nur flexibler und wagemutiger, ” sondern auch deutlich leistungsbereiter. Keinem Internet-Arbeiter würde es einfallen, von seinem Chef eine 35-Stunden-Woche zu verlangen. Die Jugendlichen der Generation@ arbeiten motieviert länger und wollen nicht von staatlichen Tarifverträgen eingeengt werden. Sie betrachten viele der gewerkschaftlichen Bindungen als hinderlich, als Relikt des letzten Jahrhunderts.“ 126 Doch die Behauptung, dass die Gewerkschaften in den Unternehmen der New Economy – also insbesondere der IT-Industrie – nicht existent sind oder diese gar als mitbestimmungsfreie Zonen gelten können, scheint eher ein Eindruck aus der ersten euphorischen Phase der New Economy zu sein.127 Mit den Einbrüchen an den Aktienbörsen und den vielen Insolvenzen von Start-up Unternehmen, kommt der Ruf nach Gewerkschaften und kollektiven Mitbestimmungsformen wieder auf, so dass diese jetzt ihre Chance wittern“ 128 . ” Die Forderung nach starken Mitbestimmungsvertretungen in der New Economy wird mit den mangelnden Arbeits- und Lebensbedingungen begründet, die einen kollektiven Schutz durch betriebliche Interessenvertretung, un” ternehmensübergreifende Gewerkschaften und den Sozialstaat“ 129 notwendig machen. Während die Gewerkschaften also anfänglich als Wachstumsverhinderer charakterisiert wurden und das inflationsfreie Wirtschaftswachstum in 124 125 126 127 128 129 Altvater, Elmar, Mahnkopf, Birgit 2000, S. 770. Hickel, Rudolf 2001, S. 108. Westerwelle, Guido 2001, S. 312. Boes, Andreas, Neue Arbeitskrafttypen“ und Mitbestimmung. Auseinandersetzungen ” in der IT-Industrie. In: Das Argument 248, 44. Jg., Heft 5/6, S. 724-738. Sehnsucht nach dem Festgehalt.“ In: Der Spiegel, 51/2000, S. 86-88, hier S. 88. ” Hickel, Rudolf 2001, S. 113. 32 4.1 New Economy und Veränderung der Sozialen Marktwirtschaft den USA durch den geringen Einfluss der Gewerkschaften positiv begünstigt wurde,130 soll die Zukunftsfähigkeit der New Economy nun ohne Mitbestimmung nicht denkbar sein.131 Als prominente Beispiele für die Bedeutungsrückkehr der Mitbestimmung werden die Gründungen von Betriebsräten beim Internetwarenhaus Amazon132 und im Pixelpark Berlin133 herangezogen. Obwohl den Gewerkschaften im politischen Diskurs also durchaus (wieder) eine Daseinsberechtigung ausgesprochen wird, müsse das Aufgabenprofil der Gewerkschaften in der sich verändernden Wirtschaft neu justiert werden. Den Gewerkschaften wird geraten, sich weniger als eine kollektive Repräsentanz von Arbeitnehmerinteressen zu verstehen, sondern vielmehr individuelle Beratung der Arbeitnehmer anzubieten.134 Die Gewerkschaften stünden aufgrund der neuen Arbeitsformen vor der Frage, wie sie Arbeitnehmer für ihre Organisationen gewinnen können. Diese Einschätzung stützt sich nicht zuletzt auf die These einer Ent” betrieblichung der Arbeit“, die es den Gewerkschaften schwierig macht, bei den Arbeitnehmern persönlich präsent zu sein. Deshalb sollten sie versuchen, den geschwundenen Einfluss in der Tarifpolitik durch eine ver” stärkte Beratungstätigkeit der Arbeitnehmer zu kompensieren. Vorbild könnten in dieser Hinsicht Organisationen wie der Mieterverein sein, dessen Tätigkeit im Wesentlichen in der rechtlichen bzw. rechtsnahen Beratung liegt.“ 135 Obwohl gewerkschaftsnahe Autoren durchaus eine neue, an die Informationstechnologien angepasste, Kommunikationsstrategie anmahnen und nicht bestritten wird, dass die klassische Tarifpolitik nicht mehr ausreicht, um 130 131 132 133 134 135 In den USA fehlt der gewerkschaftliche Druck, der dafür sorgen könnte, dass die ” Reallohnentwicklung mit der (keineswegs überwältigenden) Produktivitätsentwicklung Schritt halten und das Wirtschaftswachstum sich in einer Erhöhung der Haushaltseinkommen niederschlagen könnte.“ Altvater, Elmar, Mahnkopf, Birgit 2000, S. 773. Vgl. Hickel, Rudolf 2001, S. 117 und Kluge, Norbert, Wilde Ehen“? Mitbestimmungs” praxis und -bedarf in der New Economy. In: Gewerkschaftliche Monatshefte 4/2001, S. 229-236. Vgl. Schon Tuscheln ist verdächtig.“ In: TAZ vom Freitag, 1. Dezember 2000 und ” Produktionsfaktor Mensch.“ In: TAZ vom Dienstag, 31. Oktober 2000 ” Der Verrat.“ In: BZ vom Samstag/Sonntag, 5./6. Mai 2001 (Nr. 104.), S. 3 und Schmu” ” sen mit Neef. Pixelpark hat nun einen Betriebsrat – der harmlos ist.“ In: SZ vom Samstag/Sonntag, 12./13. Mai 2001 (Nr. 109), S. 28. Es wird auch über weitere Betriebsratsgründungen in New Economy Unternehmen berichtet: Das Ende der Harmonie.“ In: ” SZ vom Freitag, 8. Juni 2001 (Nr. 130), S. 27. Vgl. Paqué, Karl-Heinz 2001, S. 36. Ein solches Vorgehen entspricht dann auch dem unterstellten Wandel und der Akzeptanz der Gewerkschaften bei den Arbeitenden: In” zwischen hat sich das Umfeld radikal gewandelt, Gewerkschaften werden von ihren (potentiellen) Mitgliedern immer mehr als Dienstleister betrachtet. Ein Dienstleister muss aber vollkommen anders aufgebaut sein, um erfolgreich zu sein, denn hier verfügen nicht die Spitzen, sondern diejenigen, die vor Ort den Kundenkontakt haben, über die wertvollsten Informationen.“ Klotz, Ulrich, Die Herausforderungen der Neuen Ökonomie. In: Gewerkschaftliche Monatshefte 10/1999, S. 590-608, hier S. 606. Paqué, Karl-Heinz 2001, S. 37. Gewerkschaften könnten trotz der Entbetrieblichung eine große Rolle spielen, wenn sie in der hochgradig fragmentierten Arbeitswelt der ” Zukunft weniger großflächig wirksame, kollektive Regelungen und mehr flexible, stärker die individuellen Beürfnisse des einzelnen Mitglieds berücksichtigende Dienstleistungen anbieten.“ Klotz, Ulrich 1999, S. 607. 33 4 Der politische Diskurs der New Economy Dumpingkonkurrenz zwischen Angestellten und Selbstständigen oder Zwangs” freien untereinander zu verhindern“ 136 macht eine solche Neuausrichtung noch nicht den Nutzen kollektiver Interessenvertretungen obsolet. Aus Perspektive der Gewerkschaften sind staatliche Politik und betrieblich-gewerk” schaftliche Gestaltung dringender denn je erforderlich.“ 137 Allerdings sind die Gewerkschaften durch die Ablösung der industriell geprägten Arbeit in der Neuen Ökonomie vor neue Herausforderungen gestellt und werden so ” schleichend ihrer angestammten Geschäftsbedingungen beraubt“ 138 . 4.1.4 Neubewertung der Bildungspolitik Die veränderten, nunmehr wissensbasierten Qualifikationsanforderungen der New Economy haben auch Auswirkungen auf die Diskussion um eine zukünftige Bildungspolitik. Als Merkmal für die New Economy werden ihre hohen Qualifikationsanforderungen herausgestellt. Sie braucht Menschen mit ei” nem hohen Bildungsniveau, Kreativität und technischer Erfindungsgabe.“ 139 Im Zusammmenhang mit den wirtschaftlichen Veränderungen wird deshalb Bezug auf die katastrophale Situation im deutschen Bildungswesen genom” men“, weil die wirtschaftliche Innovation eines Landes vom Ausbildungs” stand seiner Bevölkerung bestimmt“ 140 wird. Die Produktionsfaktoren der Industriegesellschaft waren Arbeit, ” natürliche Ressourcen und Sachkapital. Ihnen gemeinsam ist, dass sie sich im Laufe des Wertschöpfungsprozesses verbrauchen. Die zentralen Produktionsfaktoren der New Economy dagegen sind Wissen, auch Humankapital genannt, und Finanzkapital, deren Mobilität den schnellen Strukturwandel treibt.“ 141 Infolge der Neubewertung der Produktionsfaktoren in der New Economy kommt es auch zu einem Bedeutungszuwachs der Bildung im politischen Diskurs: Bildung wird der wirtschaftliche Erfolgsfaktor des 21. Jahrhundert ” sein.“ 142 Dieser Slogan soll besonders für die New Economy gelten, weil in dieser immaterielle Vermögenswerte bedeutender eingestuft werden als materielle Werte. Das Humankapital – intellektuelle Fähigkeiten und Kreativität – ist eine entscheidende Größe im wirtschaftlichen Wettbewerb. Damit sind Wissen und Bildung die entscheidende Ressource im Wettstreit ” der Unternehmen, aber auch der nationalen Regierungen auf dem globalen 136 137 138 139 140 141 142 Schröder, Lothar, Neue Ökonomie – neue Arbeit – neue Wege für Gewerkschaften. In: Gewerkschaftliche Monatshefte 8-9/2000, S. 508-517, hier S. 515. Hickel, Rudolf 2001, S. 125. Klotz, Ulrich 1999, S. 590. Hewitt, Patricia, New Economy und gesellschaftlicher Wandel. In: Transit. Europäische Revue. Heft 19, 2000, S. 165-174, hier S. 168. Dabei hat Bildung für Hewitt eine wichtige soziale Bedeutung, weil die Schaffung von Reichtum in der New Economy zunehmend ” vom Humankapital ab[hängt].“ (S. 166.) Klotz, Ulrich 1999, S. 603. Berger, Roland 2001, S. 75. Straubhaar, Thomas, Neue Ökonomie – neue Bildungssysteme. In: Wirtschaftsdienst. Zeitschrift für Wirtschaftspolitik. Heft 2/2001 (81. Jg.). Baden-Baden: Nomos Verlag, S. 66-67, hier S. 66. So sehen auch Deckstein, Dagmar, Felixberger, Peter 2000, S. 45 in der Bildung die soziale Frage des 21. Jahrhunderts. 34 4.1 New Economy und Veränderung der Sozialen Marktwirtschaft Marktplatz“ 143 . Neben einer globalen Vernetzung der wirtschaftlichen Beziehungen werden große Umbrüche im Bildungssystem erwartet. Eine moderne Sozialpolitik wird als Bildungspolitik deklariert. Wer nicht viel gelernt hat, ” dem bietet die Informationsgesellschaft weniger gute Erwerbschancen als die alte Welt der Industrie.“ 144 Das Problem wird in dem schnellen Veralten von Wissen ausgemacht. Eine falsche Ausbildung führt in der New Economy schnell zum Ausschluss aus dem Erwerbsleben. Nur durch die ständige Aktualisierung und Aneignung des Wissens mittels neuer Lernmethoden ist der Verbleib gesichert. In diesem Zusammenhang wird den niedrig qualifizierten Arbeitern kaum noch eine Chance gegeben. Gut bezahlte Arbeit wird in diesen Bereichen kaum noch angeboten werden. Obwohl das Dienstleistungssegment ausbaufähig erscheint, garantiert es noch nicht einen ausreichenden Lohn. Auch deshalb kommt der Bildungspolitik die Aufgabe zu, die Qualifikationen der Menschen an den wirtschaftlichen Fortschritt anzupassen. Die Bildungspolitik muss wirtschaftsstrukturfreundlich sein, d.h., sie muss sich in ” ihren Schwerpunkten und Anforderungsprofilen möglichst vorausgreifend den Entwicklungen anpassen und somit für die jeweils zu erziehende Generation von jungen Menschen bestmögliche Voraussetzungen schaffen, um am Markt relativ hoch bewertetes Humankapital zu bilden.“ 145 Die Flexibilisierung der Berufsbilder und die Ansprüche, die die New Economy an die Arbeitenden hat, machen es demnach notwendig, das Aus- und ” Weiterbildungssystem new-economy-gerechter zu machen.“ 146 Die Anforderungen der New Economy implizieren damit dann auch eine New Educa” tion“ 147 . Es wird erwartet, dass die Trennung zwischen Aus- und Weiterbildung sowie zwischen ” Fach(hoch)schulen und Universitäten unscharf [wird]. Was wird in der New Economy noch universitär sein?“ 148 Im Kontext dieser bildungspolitischen Debatte werden oftmals die bekannten Lösungsvorschläge für die Umgestaltung des Bildungssystems präsentiert. Dazu gehört die Reform der Hauptschule, deren Umgestaltung für eine generelle Wende auf dem Arbeitsmarkt als notwendig erachtet wird. So müsse aufgrund der veränderten Arbeitswelt nicht mehr allein die Beschäftiguung gefördert werden, sondern das Bildungssystem müsse sich auch auf eine Weiterbildung der Erstausbildung konzentrieren, um so die Beschäftigungsfähigkeit der Menschen sicherzustellen.149 143 144 145 146 147 148 149 Inacker, Michael J., Was die Politik zur Neuen Wirtschaft beitragen kann. In: Lotter, Wolf, Sommer, Christiane (Hrsg.), Neue Wirtschaft. Das Kursbuch für die New Economy. Statusreport 2001. Stuttgart – München: Deutsche Verlags-Anstalt 2000, S. 230-240, hier S. 233. Paqué, Karl-Heinz 2001, S. 36. Paqué, Karl-Heinz 2001, S. 36. Straubhaar, Thomas 2001, S. 67. Straubhaar, Thomas 2001, S. 67. Straubhaar, Thomas 2001, S. 67. Vgl. Klotz, Ulrich 1999, S. 608. 35 4 Der politische Diskurs der New Economy 4.2 Fazit Die Darstellung des politischen Diskurses der New Economy hat gezeigt, dass dieser eng mit den zuvor thematisierten Leitbildern guten Arbeitens verwoben ist. Im Gegensatz dazu wird das Thema Geldpolitik oder die Veränderung der Kapitalmärkte nicht aufgegriffen. Der politische Diskurs postuliert mehr einen gesellschaftlichen Veränderungsbedarf, als dass er sich mit den ökonomischen Thesen der New Economy auseinandersetzt. Der politische Diskurs der New Economy bewegt sich sicherlich noch auf anderen Feldern als den hier dargestellten. Zudem sind einige Themen und Forderungen des Diskurses auch aus anderen Debatten bekannt – beispielsweise aus der politischen Diskussion um die Wissensgesellschaft“ oder die ” Globalisierung“. So wird die Globalisierung der wirtschaftlichen Beziehun” gen durch die neuen Kommunikationstechnologien noch mehr beschleunigt, was als Anzeichen für einen Zusammenhang zwischen Globalisierung und New Economy gewertet wird. Damit ist eine politische Schnittmenge hergestellt, die darauf hindeutet, dass die politischen Ideen nicht neu sind, sondern nur im Gewand des neuen Schlagwortes der New Economy daherkommen. Der Beweis, dass die New Economy zu einer Neubestimmung des Verhältnisses zwischen Politik und Wirtschaft führt, muss sicherlich erst noch erbracht werden. Das gilt insbesondere auch in der politischen Rhetorik. Generell scheint aber zu gelten, dass der Einfluss der Politik auf das Wirtschaftssystem in der letzten Zeit (die vielleicht als neoliberales Paradigma zu kennzeichnen ist) abgenommen hat. Obwohl die New Economy im politischen Diskurs als unbestimmte Vokabel verwendet wird, lassen sich in der Verwendungsweise dennoch Argumentationslinien herausfiltern, die eng mit der so genannten Politik des Dritten Weges und dem postmoderne Projekt der Selbstgestaltung“ und Selbstbe” ” stimmung“ verbunden sind.150 Teile des politischen Diskurses erklären soziale Muster und Bindungen für überholt und das Leben zum persönlichen Projekt. Selbstgestaltung, Selbstbestimmung oder Selbstverantwortung werden hier als Gegenentwürfe zur bisherigen Gesellschaftsform diskutiert. Die politischen Forderungen lassen sich deshalb auch in folgendem Satz bündeln: mehr persönliche Verantwortung und weniger kollektive Regeln.“ 151 Die New ” Economy kann deshalb vielleicht als Vorreiterin eines postmodernen Lebensund Politikentwurfs rekonstruiert werden. Mit den behaupteten notwendigen Veränderung der Sozialen Marktwirtschaft wird die postmoderne Tendenz der Individualisierung aufgriffen. Inwieweit sich solche soziokulturellen Tendenzen desintegrativ auswirken können, soll noch weiter im sozialethischen Teil diskutiert werden. 150 151 Vgl. Funk, Lothar, New Economy und die Politik des Dritten Weges. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament. B 16-17/2001 vom 13. April 2001, S. 24-31. Paqué, Karl-Heinz 2001, S. 38. 36 5 Der ästhetische Diskurs der New Economy Der Fokus der folgenden Darstellung liegt auf den ästhetischen Elementen, die neben den ökonomischen, politischen und arbeitsweltlichen Facetten der New Economy als ein eigener Diskurs betrachtet werden sollen. Sichtet man die Aussagen zur New Economy, so wird diese auch als eine neue kulturelle Avantgarde oder kulturelle Bewegung“ 152 beschrieben, die eine ei” ” genständige Kulturindustrie mit Zeitschriften, Fernsehen und Internet rund um die Börse“ 153 hervorbringt und damit einen spezifischen Lebenstil kreiert.154 Andererseits besteht auch die Tendenz, sie als eine neue Jugendbewegung zu charakterisieren: New Economy bedeutet in gewissen Bereichen ” so auch Young Economy.“ 155 Die Protagonisten sind meist nicht durch ei” ne Familie gebundene, mobile und karrierebewusste Menschen, die diesen Lebensstil in einer Lebensphase pflegen.“ 156 In der New Economy werden individuelle und kollektive Ausdrucksformen geprägt, die als trendiger Lifestyle urbaner Young Professionals“ 157 charak” terisiert werden. Wer sich zur New Economy zugehörig fühlt, lebt diesen Lebensstil. Er drückt sich insbesondere im propagierten Erlebnischarakter der Arbeit aus.158 Weil die New Economy keine Branche, sondern eine Lebensform ” sei, wird sie nach Ansicht von Jan Bastian Mette, einem umtriebigen Jungunternehmer, jedenfalls die Old Economy trotz allen Rückschlägen umkrempeln.“ 159 Diese Lebensform war auch schon teilweise bei der Darstellung der Leitbilder guten Arbeitens zu beobachten, sie findet im Lebensstil aber noch einmal einen anderen, ästhetischen Ausdruck. 5.1 Zelebration des Selbst Die Berichte über diesen Lifestyle finden sich insbesondere in den Feuilletons der Zeitungen, in Beilagen160 oder in eigenen New Economy Magazinen161 . 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 Frank, Thomas 2001, S. 10. Löchel, Horst 2000, S. 18. Lebensstil und ästhetischer Diskurs sind hier im Sinne der von Gerhard Schulze untersuchten Erlebnisgesellschaft“ zu verstehen. Inwieweit eine Übereinstimmung zwischen ” bestimmten Milieus der Erlebnisgesellschaft und dem Milieu der New Economy festzustellen ist, kann nicht weiter untersucht werden. Szyperski, Norbert 2000, S. 301. Garhammer, Manfred 2001, S. 235. Voigt, Thomas 2000, S. 158. So überschreibt die Zeit einen Artikel über Arbeitende in der IT-Branche wie folgt: Superglückliche Malocher. Tischkicker und Ringe unter den Augen – arbeiten bei einer ” Internetfirma.“ In: Die Zeit vom 13. Juli 2000 (Nr. 29), S. 22f. Anker für die New Economy. Reflexionen nach einer Tagung der Schleyer-Stiftung.“ In: ” NZZ vom Dienstag, 26. Juni 2001 (Nr. 145), S. 10. Vgl. den Artikel über den Lifestyle der New Economy im Magazin Leben der Zeit. Stehen, Rollen, liegen.“ In: Die Zeit vom 26. Oktober 2000 (Nr. 44), Magazin Leben, ” S. 5. Vgl. nur das Magazin brand eins, das im dritten Jahr seines Erscheinens titelt: Hur” ra! Wir leben noch! 3 Jahre Neue Wirtschaft. Das Ende. Der Anfang. Die Zukunft.“ 37 5 Der ästhetische Diskurs der New Economy Auch die Werbung thematisiert einen eigenen New Economy Lifestyle: Das Kaufhaus Marks & Spencer hat eine Mode-Beilage mit der Überschrift New Economy veröffentlicht, auf der eine junge, modisch gekleidete Frau auf einem riesigen Sushi-Stück abgebildet ist. In den Medien werden die Mitarbeiter der Start-ups oftmals als modische Typen beschrieben, die im Durchschnitt kaum älter als 25 Jahre sind.162 5.1.1 New Office Die ästhetischen Elemente, die auch in die Arbeitswelt Einzug halten, zeigen sich sichtbar im Phänomen des New Office.163 Eine neue Form des Produktdesign verspricht durch ein neues Verhältnis von Arbeits- und Lebenswelt eine höhere Produktivität der Mitarbeiter. Die räumliche Ausgestaltung der Arbeitswelt wird als eine wesentliche Größe angesehen, die die Produktivität der Arbeitenden fördert oder aber bremst. In der New Economy spielen weiche Faktoren, womit sozial integrative, kulturelle oder lebensweltliche ” Faktoren gemeint sind“ 164 , eine große Rolle. Das New Office steht generell für eine lebensweltliche Neugestal” tung von Bürolandschaften bei überwiegend mittelständischen und großen Unternehmen. Technologie und Emotion wohnen hier zusammen in einem Umfeld, wo kontinuierlicher Leistungsdruck herrscht, aber zugleich Zonen zur Reflexion und Regeneration vorzufinden sind.“ 165 Diese Auffassung korrespondiert mit dem Lebensgefühl, das die Büroräume der Start-up-Unternehmen ausstrahlen. Entweder sind sie in modernen Bürokomplexen untergebracht oder aber die Idee der Unternehmensgründer entwächst dem WG-Wohnzimmer. Die konkrete Ausgestaltung des New Office reicht von bunten Sitzecken und Sofas über Situationen, die an Straßencafés ” oder Kneipen erinnern, bis zu Schlafräumen und Billardtischen im Büro.“ 166 Mit einer solchen Gestaltung des Büroraums wird die Aufhebung von Arbeit und Leben suggeriert und somit passt die Erscheinung des New Office in ” die allgemeine Diskussion um die so genannte New Economy“ 167 . Hier, wo besonders Kommunikation und Teamarbeit im Mittelpunkt stehen, sollen kommunikative Räume den Austausch zwischen den Mitarbeitern beflügeln. In der neuen wissensbasierten Welt der New Economy hängt der Erfolg des 162 163 164 165 166 167 Daneben das Internetmagazin changeX (www.changex.de), das sich als unabhängiges ” Online-Magazin für Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft“ versteht. Vgl. auch die Einschätzung von Gronwald, Silke 2000, S. 188. Vgl. zum New Office Ebert, Norbert, Vom Produktdesign zum sozialen Design – Bürolandschaft und Erfolgsfaktor Mensch. In: Kreutzer, Ansgar, Bohmeyer, Axel (Hrsg.), Arbeit ist das halbe Leben“. Zum Verhältnis von Arbeit und Lebenswelt. Frankfurt ” am Main 2001 (Frankfurter Arbeitspapier zur gesellschaftsethischen und sozialwissenschaftlichen Forschung; 27), S. 76-95 und Gronwald, Silke 2000, S. 188-195, besonders S. 193ff. Ebert, Norbert 2001, S. 77. Ebert, Norbert 2001, S. 81. Ebert, Norbert 2001, S. 82. Ebert, Norbert 2001, S. 82. 38 5.1 Zelebration des Selbst Unternehmens von der Vernetzung der Ideen der Mitarbeiter ab. Solche Unternehmen müssen danach auch die Architektur und Inneneinrichtung der Büros ausrichten. 168 Insgesamt herrscht ein wohnliches Ambiente. Die rationalistische ” Arbeitswelt wird über das Produktdesign lebensweltlich verpackt. Der Mensch soll sich in der Arbeitswelt wie in seiner Lebenswelt zu Hause fühlen.“ 169 Das New Office vergegenständlicht den New Economy Lifestyle. Das Büro ist kein fremder Ort im Leben des Arbeitenden, sondern Arbeit und Leben fallen in einem Lebensgefühl zusammen. 5.1.2 Casual friday Die kulturellen Neuerungen der New Economy werden zum Beispiel in der Etablierung neuer Kleiderordnungen ausgemacht. Statt des in Banken und Versicherungen üblichen Anzugs und der Krawatte, spielt in der New Economy eine Kleiderordnung keine Rolle mehr. Die Krawatte wird als Symbol der Old Economy aufgefasst, die Jeans verkörpert dagegen die Goldgräberstimmung der New Economy. Die FAZ veröffentlichte eine Anzeige mit einem New Economy Knigge“. Darin heißt es: Gern gemachter Fauxpas: ” ” Mit Krawatte outen Sie sich sofort als Vertreter der Old Economy. In der New Economy bleibt der Hals frei.“ 170 Zu diesem Hinweis ist hinzugefügt, dass Turnschuhe und Kaugummi Bestandteile der New Economy sind. Die lockere Arbeitsatmosphäre, die sich insbesondere an der Kleiderordnung bemerkbar machen soll, wird auch von der so genannten Old Economy imitiert. Der casual friday, an dem alle Mitarbeiter in Jeans und T-Shirt erscheinen dürfen, gilt als ein Produkt der New Economy. Er wird immer in Berichten immer wieder im Zusammenhang mit der New Economy genannt.171 5.1.3 After-Work-Parties Die After-Work-Party ist derjenige Ort, an dem die wirtschaftlichen Erfolge und das persönliche Hochgefühl im Anschluss an die Arbeit im Unternehmen zusammen mit den Kollegen gefeiert wird. Es wird auffällig viel über Feten berichtet, mit denen die Arbeitszeit abgeschlossen und die Leichtigkeit des ” Seins“ bzw. die Glitzerwelt der New Economy“ 172 zelebriert werden. ” 168 169 170 171 172 Es wird aber nicht behauptet, dass die New Economy ein grundlegend neues Büro- und Möbeldesign hervorbringt, sondern nur, dass Veränderungen beeinflusst werden. Ebert, Norbert 2001, S. 87. In: FAZ vom Samstag, 10. November 2001 (Nr. 262), S. 17. Vgl. auch Das Maß aller ” Dinge.“ In: Die Zeit vom 10. Mai 2001 (Nr. 20), Magazin Leben, S. 56-57. Vgl. dazu Gronwald, Silke 2000, S. 195, Der Casual Friday nach der New Economy.“ ” In: FAZ vom Freitag, 6. Juli 2001 (Nr. 154), S.11 und das fünfte Kapitel Freitags ganz ” lässig“ bei Frank, Thomas 2001, S. 213-269. Neustart“ In: SZ Magazin vom Freitag, 27. September 2002, S. 6-10, hier S. 8 und 10. ” 39 5 Der ästhetische Diskurs der New Economy 5.1.4 Pink-Slip-Parties Selbst das Ausscheiden aus der New Economy und der für die meisten überraschende Weg in die Arbeitslosigkeit wird noch stilgerecht im eigenen Lifestyle zelebriert. Auf so genannten Pink-Slip-Parties versuchen die neuen Arbeitslosen wieder Beschäftigung zu finden, indem sie sich in lockerer Atmosphäre mit Headhuntern treffen, anstatt sich beim Arbeitsamt arbeitssuchend zu melden. Die Arbeitslosigkeit wird nicht als der Verlust ein Arbeitsplatzes, sondern als Ende einer Feier gesehen: Nun ist die Party vorbei.“ 173 ” 5.2 Fazit Als eine Tendenz des vorherrschenden Lifestyles der New Economy lässt sich ein starker Individualismus ausmachen, der zelebriert wird. So wird der Gründer des Internetwarenhauses Amazon – Jeff Bezos – auch als Pop Ikone“ 174 , nach dem Kurssturz der Aktie dann aber auch als Prügel” ” knabe“ bezeichnet. Bezüglich des aufsehenerregenden Lifestyles lässt sich also deutlich ein Umschwung feststellen, der mit dem Abschwung der Unternehmen am Neuen Markt und den Insolvenzen eingesetzt hat.175 Letztlich entscheidet nicht ein Lebensgefühl, sondern ökonomisches Fachwissen und Erfolg über den Fortbestand der Unternehmen. Werte und Maßstäbe aus ” der Old Economy beginnen in die schillernde Welt der Start-ups Einzug zu halten. Manager ersetzen die Gründer an den Schaltstellen, ernsthafte Gesprächsrunden treten an die Stelle der feuchtfröhlichen Gründerparties.“ 176 Und doch wird gefragt, ob mit dem Ende der New Economy gleich mit einer ganzen Generation von Jungunternehmern abgerechnet werden muss. Muss ihr Lebensgefühl gleich mit beerdigt werden?“ 177 ” 173 174 175 176 177 Sehnsucht nach dem Festgehalt.“ In: Der Spiegel, 51/2000, S. 86-88, hier S. 87. ” Pop-Ikone, Prügelknabe.“ In: Die Zeit vom 1. März 2001 (Nr. 10), S. 1. Vgl. auch ” Stars im Sturz.“ In: Die Zeit vom Donnerstag, 15. März 2001 (Nr. 12), S. 25 und ” Der Überlebende. Er war der Star der New Economy.“ In: Frankfurter Allgemeine ” Sonntagszeitung vom 15. Dezember 2002 (Nr. 50), S. 40. Diesen Lifestyle und Erlebnischarakter der New Economy kritisiert rückblickend Mair, Judith, Schluss mit lustig! Warum Leistung und Disziplin mehr bringen als emotionale Intelligenz, Teamgeist und Soft Skills. Frankfurt am Main: Eichborn Verlag 2002 und den Artikel Ja, wir wissen, wer Helmut Lang ist.“ In: SZ vom 25. November 2002 (Nr. ” 272), S. 16. Brandl, Willie 2001, S. 168. Lob der New Economy.“ In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 29. Septem” ber 2002 (Nr. 39), S. 32. 40 6 Sozialethische Reflexion der New Economy In den vorherigen Kapiteln wurde mittels der differenzierenden Darstellung verschiedener Diskurse ein Einblick in den schillernden Begriff der New Economy gegeben. Mit der These vom Auftreten der New Economy wird auf mehreren Ebenen ein gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Veränderungsbedarf behauptet. Unabhängig davon, ob dieser behauptete Veränderungsbedarf tatsächlich zutrifft, erzeugt er bei den gesellschaftlichen Akteuren einen erheblichen Handlungsdruck. Obwohl es keine einheitliche Definition von der New Economy gibt, sondern die Diskurse in ihren unterschiedlichen Facetten nebeneinander existieren und sich an bestimmten Punkten überschneiden, hält sich das diskursiv erzeugte Phänomen allein durch das unterstellte Auftreten und gewinnt dadurch eine gesellschaftliche Realität. Die Darstellung und Unterscheidung verschiedener Diskurse sollte in einem ersten Schritt zur Entzauberung der New Economy beitragen. Die Arbeit am Begriff ist bereits eine Form der Kritik. Es hat sich nämlich gezeigt, dass durch die begriffliche Prüfung viele Ansprüche – zusammen mit der rasanten Börsentalfahrt der Technologiemärkte – an argumentativer Stimmigkeit eingebüßt haben und mittlerweile zum Teil auch nicht mehr kommuniziert werden. Mittels der begrifflichen Analyse konnten also bestimmte Behauptungen bereits destruiert werden. Über diese begriffliche Arbeit hinaus, kann aber bezüglich der New Economy weitere sozialethische Kritik erhoben werden. Das gilt insbesondere für diejenigen Leitbilder und Visionen, die sich auf eine sich verändernde Arbeitswelt beziehen. Um eine solche angemessene sozialethische Reflexion der New Economy vornehmen zu können, soll im Folgenden ein Rahmen aufgezeigt werden, der es möglich macht, eine kritische Position zu den Tendenzen und Phänomenen der New Economy einzunehmen. Dabei verzichte ich darauf, die Kritik an der New Economy nochmals als einen weiteren Diskurs der New Economy zu analysieren. Im Kontext der Diskurse um die New Economy entsteht – wie auch schon dargelegt – nicht nur eine affirmative Position, sondern es wird auch immer schon kritisch zur New Economy Stellung genommen. Damit an dieser Stelle keine methodischen Schwierigkeiten entstehen, wird sich der kritische Teil dieser Studie nur solcher sozialethischer Ansätze bedienen, die den Begriff der New Economy nicht eigens erwähnen oder kennen. Da es mehrere Formen der sozialethischen Kritik gibt, wäre es ein besonderes Kunststück, diese disparaten Zugänge in einen systematischen Zusammenhang zu bringen. Von dem gewählten Ansatz hängt ab, welche Diskurse der New Economy in den Blick der Kritik geraten.178 Auch wird nicht der Anspruch erhoben, mit den folgenden Ausführungen eine vollständige sozialethische Kritik der New Economy zu formulieren. Allerdings wird eine erste Skizze einer solchen Kritik erstellt. Im Folgenden soll deshalb zuerst die These einer Kolonialisierung der Lebenswelt zur Sprache kommen. Mittels dieser These sollen pathologische Verformungen der Alltagspraxis in den Blick genommen werden, die im Zu178 Beispielsweise versucht Joachim Wiemeyer die Arbeitswelt der New Economy dezidiert aus der Sicht der Christlichen Sozialethik zu bewerten. Vgl. Wiemeyer, Joachim, New Economy – neue schöne Arbeitswelt? In: Späth, Lothar (Hrsg.) 2001, S. 142-156, besonders S. 147ff. 41 6 Sozialethische Reflexion der New Economy sammenhang der gesellschaftlichen Leitbilder der New Economy entstehen können. Danach soll auf verschiedene desintegrative Tendenzen eingegangen werden, die derzeit im Entstehen sind. Darunter fallen sowohl Disziplinierungsund Kontrollmechanismen als auch Exklusions- und Verarmungsprozesse durch die massive Umverteilung des Kapitals, die mit der Etablierung des Neuen Marktes und dem Boom an den Aktienbörsen einhergingen. 6.1 Innere Kolonialisierung der Lebenswelt Es soll im Folgenden analysiert werden, inwieweit gesellschaftliche Prozesse, die mit dem Entstehen einer New Economy in Zusammenhang gebracht werden können, mittels der These einer Kolonialisierung der Lebenswelt kritisiert werden können.179 Die These der inneren Kolonialisierung besagt, daß die Subsyste” me Wirtschaft und Staat infolge des kapitalistischen Wachstums immer komplexer werden und immer tiefer in die symbolische Reproduktion der Lebenswelt eindringen.“ 180 Die Ausdifferenzierung in verschiedene Funktionssysteme kann als Charakteristikum der modernen, kapitalistisch verfassten Gesellschaften gelten. Konstitutiv für sie ist ein ausdifferenziertes Wirtschaftssystem. Verdeutlicht werden kann das an der Organisation des kapitalistischen Betriebs in der Moderne. Er ist nicht mehr in den Familienhaushalt des Unternehmers gebunden – so wie das nur noch von wenigen landwirtschaftlichen oder mittelständischen Betrieben bekannt ist – sondern aus der Perspektive des ökonomischen Systems sind nun die privaten Lebenszusammenhänge der Beschäftigen zur Umwelt des Unternehmens geworden. Es kommt zu einer Entkoppelung von System und Lebenswelt, zu einer Trennung funktionaler Systeme und kommunikativer Alltagspraxis. Dabei gelten für System und Lebenswelt eigene systemische bzw. soziale Imperative. Lebenswelt und System treten sich als sozial- und systemisch integrierte Handlungsbereiche gegen” über. Der für soziale Integration wesentliche Mechanismus der sprachlichen Verständigung wird in den formal organisierten Handlungsbereichen partiell außer Kraft gesetzt und durch Steuerungsmedien entlastet.“ 181 In der Moderne stehen also den institutionellen Ordnungen der Lebenswelt – Privatsphäre und Öffentlichkeit – die mediengesteuerten Subsysteme – das Wirtschafts- und das Verwaltungssystem (Staat) – gegenüber. Es kann aber – so die These von der inneren Kolonialisierung – zu einem Übergreifen der Imperative der Systeme Ökonomie und Staat kommen, die zu einer Monetarisierung und Bürokratisierung der Lebenswelt und damit zu Verdinglichungsphänomenen führen. Die kommunikative Alltagspraxis wird 179 180 181 Im Folgenden beziehe ich mich insbesondere auf Habermas, Jürgen, Theorie des kommunikativen Handelns. Zur Kritik der funktionalistischen Vernunft. Band 2. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1995, besonders S. 449-593. Habermas, Jürgen 1995, S. 539. Habermas, Jürgen 1995, S. 458. 42 6.1 Innere Kolonialisierung der Lebenswelt immer mehr von funktionalen Imperativen bestimmt, statt den eigenen sozialen folgen zu können. In modernen Gesellschaften ist also nicht nur eine Ausdifferenzierung, sondern auch eine Tendenz zu beobachten, bei der die ” Mediatisierung der Lebenswelt in eine Kolonialisierung umschlägt“ 182 . Dabei ist durchaus nicht jede Bürokratisierung und Monetarisierung als eine solche Kolonialisierung zu interpretieren, sondern sie kann und muss in einem ersten Schritt als Teil der gesellschaftlichen Modernisierungsprozesse verstanden werden. Es gibt einen evolutionären Eigenwert“ 183 der mediengesteuerten ” Subsysteme, der durchaus ein höheres Integrationsniveau moderner Gesellschaften darstellen kann. Nicht die strukturelle Ausdifferenzierung moderner Gesellschaften in System und Lebenswelt ist problematisch, sondern erst das Übergreifen der Systemimperative auf die kommunikativ verfasste Alltagspraxis. Allein das Auseinandertreten von System und Lebenswelt reicht noch nicht aus, um problematische und kritikwürdige Prozesse konstatieren zu können.184 Aber wenn die Lebenswelt für instrumentelle Zwecke des Wirtschaftssystems genutzt und damit rationalisiert und verdinglicht wird, dann treten durch diese Kolonialisierung für das Individuum pathologische Prozesse auf. Zu der systemisch induzierten Verdinglichung tritt eine weitere Tendenz hinzu, die die kommunikative Infrastruktur der Alltagspraxis ebenfalls bedroht: die kulturelle Verarmung.185 Nicht nur dass es durch das Übergreifen systemischer Imperative zu Deformationen kommt; zudem wird die kommunikative Alltagspraxis von dem weiteren Zufluss kultureller Überlieferungen abgeschnitten. Zu der Verdinglichung der Lebenswelt tritt die Verödung derselben hinzu. Zugleich ist die moderne Gesellschaft aber weiterhin auf eine kommunikativ reiche und sinnstiftende Alltagspraxis angewiesen. Auch hier muss nicht jedes Zerbrechen ehemals sozialintegrativer Weltbilder schon per se ein kritikwürdiger Zustand sein. Die Entzauberung dieser Bilder endet nicht automatisch in einer kulturellen Verödung, solange diese in neue kulturelle Formen transformiert werden können. Nicht jede Zerstörung traditioneller Lebensformen und Weltbilder ist schon mit einer Verdinglichung posttraditioneller Lebensweisen gleichzusetzen. Da die Kolonialisierung der Lebenswelt modernisierte Gesellschaften als solche betrifft, können die kritikwürdigen Prozesse nicht einer bestimmten Klasse zugeordnet werden, sondern die Verdinglichung der kommunikativen Alltagspraxis erzeugt nicht in erster Linie klassenspezifisch zurechenbare Ef” fekte“ 186 . 182 183 184 185 186 Habermas, Jürgen 1995, S. 471. Habermas, Jürgen 1995, S. 499. Nicht die Entkoppelung der mediengesteuerten Subsysteme, und ihrer Organisations” formen, von der Lebenswelt führt zu einseitiger Rationalisierung oder Verdinglichung der kommunikativen Alltagspraxis, sondern erst das Eindringen von Formen ökonomischer und administrativer Rationalität in Handlungsbereiche, die sich der Umstellung auf die Medien Geld und Macht widersetzen, weil sie auf kulturelle Überlieferung, soziale Integration und Erziehung spezialisiert sind und auf Verständigung als Mechanismus der Handlungskoordinierung angewiesen bleiben.“(Habermas, Jürgen 1995, S. 488.) Vgl. Habermas, Jürgen 1995, S. 483. Habermas, Jürgen 1995, S. 489. 43 6 Sozialethische Reflexion der New Economy 6.1.1 Pathologische Verformung der Alltagspraxis Die Prozesse der Kolonialisierung können also eine Verdinglichung, d.h. ei” ne pathologische Verformung von kommunikativen Infrastrukturen der Lebenswelt zur Folge haben“ 187 . Schutzbedürftige Interaktionsbereiche der Lebenswelt werden von der Ökonomie und deren zweckrationalen Organisationsformen eingenommen. Das aus organisierten Funktionszusammenhängen bestehende ökonomische System zerstört, in die kommunikativ verfasste Lebenswelt eindringend, die dort vorfindbaren unversehrten Alltagsformen und bedient sich ihrer. So unterschätzen die Befürworter einer Humanisierung der Arbeitswelt – initiiert durch den massiven Einzug lebensweltlicher Formen in das ökonomische System – die ökonomische Zweckrationalität, die hinter solchen Adaptionen steckt. Das ökonomische System bedient sich der kommunikativen Ressourcen, die in der Lebenswelt aufzufinden sind, um zu einer Optimierung der eigenen Systemlogik zu gelangen. Eine solche Humanisierung der Arbeitswelt ist nicht neu und kein Charakteristikum einer New Economy. Die Nutzung des lebensweltlichen Potenzials der Unternehmensmitarbeiter ist beispielsweise bei japanischen Firmen erforscht worden. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass lebensweltliche Praktiken in die ökonomische Organisation integriert werden. Zu diesem Zweck werden Freizeitaktivitäten organisiert, die die Arbeitenden über die Arbeitszeit hinaus an das Unternehmen binden sollen und den Kommunikationsfluss des Betriebs über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus ausdehnen. So wird versucht, die Grenze zwischen ökonomischen System und Lebenswelt zum Verschwinden zu bringen. In japanischen Unternehmen herrscht eine erhöhte Bereitschaft der Arbeitenden, sich den ökonomischen Interessen der Firma zu unterwerfen und zwar deshalb, weil es gelungen ist, sie normativ auf das ökonomische Ziel des Unternehmens einzuschwören. Sie besitzen eine so starke Bereitschaft zur spontanen Koordinati” on aller Arbeitsprozesse, daß sich die gesamte Durchlaufzeit des Produktes bis hin zur Ablieferung an den Kunden zu optimieren vermag; und das private Abhängigkeitsverhältnis, in dem sich jeder Beschäftigte gegenüber seinem Vorgesetzten befindet, bringt zudem noch die Möglichkeit einer Rundumnutzung der Arbeitskraft mit sich, deren Folge eine überproportionale Steigerung der betrieblichen Produktivität ist“ 188 . Diese betriebliche Bindung ist insofern erstaunlich, weil sie die Systemdifferenzierung moderner kapitalistischer Gesellschaften in Frage stellt. Wird doch durch die Ausdifferenzierung in System und Lebenswelt die ökonomische Produktion wie oben schon erwähnt aus dem normativen Horizont der Lebenswelt herausgenommen und einem eigenen System zugeordnet. Die persönlichen Wertorientierungen der Arbeitenden spielen im ökonomischen 187 188 Habermas, Jürgen 1995, S. 549. Honneth, Axel, Desintegration. Bruchstücke einer soziologischen Zeitdiagnose. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 1994, S. 53f. 44 6.1 Innere Kolonialisierung der Lebenswelt System eigentlich keine Rolle mehr. Die Mobilisierung dieser motivationalen Ressourcen der Alltagspraxis wird aber auch aus der Perspektive ökonomischer Imperative erklärbar, wenn man sie als eine Strategie oder Logik der ökonomischen Produktionssteigerung interpretiert. Die These, dass eine Reihe von kapitalistischen Wirtschaftsorganisationen heute ihre Effek” tivität durch die gezielte Einbeziehung lebensweltlicher Traditionsbestände steigern“ 189 , wird auch angesichts der These der systemischen Ausdifferenzierung moderner Gesellschaften plausibel. Denn diese Tendenzen müssen die Unterscheidung von System und Lebenswelt nicht in Frage stellen: Wenn man die Prozesse der Einbeziehung lebensweltlicher Traditionsbestände als Mittel zur Optimierung des ökonomischen Systems interpretiert, wird deutlich, dass es sich auch hier um eine Kolonialisierung der Lebenswelt handelt. Es handelt sich um eine Vorspiegelung kommunikativer Beziehungen, das heißt, das ökonomische System wird in einen vorgetäuschten Horizont der ” Lebenswelt fiktiv zurückversetzt. Indem das System als Lebenswelt drapiert wird, wird diese vom System aufgesogen.“ 190 Genau diese Vortäuschung von Beziehungen ist meines Erachtens das herausragende Kennzeichen für die New Economy, was auch durch den Diskurs der Leitbilder guten Arbeitens bestätigt wird. 6.1.2 Hedonismus und Ästhetisierung der Lebenswelt Im Zusammenhang mit der Kolonialisierung der Lebenswelt treten als Reaktion auf den Rationalitätsdruck zugleich hedonistische und ästhetische Kräfte auf. In dem Maße wie das ökonomische System die Lebensform der ” privaten Haushalte und die Lebensführung von Konsumenten und Beschäftigten seinen Imperativen unterwirft, gewinnen Konsumismus und Besitzindividualismus, Leistungs- und Wettbewerbsmotive prägende Kraft. Die kommunikative Alltagspraxis wird zugunsten eines spezialistisch-utilitaristischen Lebensstils einseitig rationalisiert; und diese Handlungsrationalisierungen rufen die Reaktion eines von diesem Rationalitätsdruck entlastenden Hedonismus hervor.“ 191 Die Ästhetisierung der Lebenswelt zeigt sich deutlich im Anstieg verschiedener Stilelemente und Lifestyles, wie auch im Anstieg postmaterieller Werte. Der Homo oeconomicus der Vergangenheit entwickelt sich zum Erlebnissubjekt weiter.192 So kann auch die New Economy als eine Ausdrucksform des Selbstgestaltungsprojekts der Postmoderne verstanden werden. Eine erhöhte Autonomie in der Arbeitswelt kann sich für den Arbeitenden natürlich positiv auswirken. Aber eine solche Entwicklung ist ambivalent, weil die angenommene Befreiung des Subjekts auch pathologische Elemente in sich birgt, die 189 190 191 192 Honneth, Axel 1994, S. 9. Habermas, Jürgen 1995, S. 567. Habermas, Jürgen 1995, S. 480. Vgl. Honneth, Axel 1994, S. 31. 45 6 Sozialethische Reflexion der New Economy sich zum Beispiel im Phänomen der Arbeitssucht verdichten.193 Nicht nur in der Lebenswelt, auch in der Arbeitswelt sind viele Arbeitenden durch eine ständige Selbsterfindung und die Individualisierung der Arbeitsprozesse überfordert. Die Individualisierung der Gesellschaft, die auch in der New Economy einen Ort findet, führt einerseits zu einem vergrößerten Spielraum der Individuen und zur Befreiung der Subjekte zur Möglichkeit ungebunde” ner Selbstfindung“ 194 . Doch mit dem Schwund eines durch die Industriegesellschaft geprägten Wertemilieus kommt es zur Pluralisierung der Lebensformen. Zugleich fehlt den neuen Lebensformen der Rückhalt in der sozialen Lebenswelt, weil es noch kein neues übergreifendes Orientierungsmuster gibt. Die New Economy fördert diese Individualisierung und bietet die Bühne zur Darstellung der eigenen Inszenierung. Die ästhetischen Aspekte der New Economy, ihr Selbstanspruch eine neue kulturelle Avantgarde zu stellen, sind Ausdruck dieser Inszenierung. Es muss angefügt werden, dass die Adaption lebensweltlicher Praktiken durchaus auch dem Willen der Arbeitenden entsprechen kann. Deren Interessen sind sehr auf eine Einbettung ihrer Arbeitsbeziehungen in den Rahmen ” der sozialen Lebenswelt gerichtet“ 195 . Es zeigt sich, dass insbesondere ge” meinschaftsförmige Organisationen Bedürfnissen nach sozialer Anerkennung und zwischenmenschlichen Kontakten nachkommen, die im kapitalistischen Alltag keine Befriedigung finden“ 196 . Diese gemeinschaftsförmigen Organisationen lassen sich sehr gut mit den vielen Start-ups der New Economy gleichsetzen, die sich als eine Community verstehen und als kollektiv gleich denkender und arbeitender, überwiegend jüngerer Menschen verstehen. Diese sehen in ihrer Arbeit und in der Einbettung in lebensweltliche Kontexte auch eine Befreiung aus alten sozialen Strukturen und Kontexten. Deshalb sind auch die angesprochenen After-Work-Parties so beliebte Treffs. Es werden neue Spielräume eröffnet, die eventuell auch eine erhöhte individuelle Entfaltung der Subjekte zulässt. Arbeit wird nicht mehr nur zum Erwerb materieller Mittel ausgeübt, sondern dient der Subjekt- und Gemeinschaftsbildung. Die entfremdete Arbeit wird durch die Adaption lebensweltlicher Bezüge scheinbar überwunden, der Emanzipationsprozess, der noch für Karl Marx in der Kategorie der Arbeit enthalten ist, eingelöst. Dabei werden aber der Warencharakter und der monetäre Charakter der Arbeit verdeckt, während die Aspekte der sozialen Lebenswelt hervorgehoben werden. Es ist also nicht einfach festzustellen, wann der positive Nutzen der Arbeitenden von negativen Tendenzen abgelöst wird, weil die systemischen Imperative des ökonomischen Systems an Übergewicht gewinnen. Diese Frage müsste aber mittels empirischer Studien zu beantworten sein. Es bleibt festzuhalten, dass die Systemimperative des ökonomischen Systems sich nicht einfach durch (vorgetäuschte) lebensweltliche Komponenten ausschalten lassen, sondern die Gefahr der Kolonialisierung der Alltagspraktiken weiterhin 193 194 195 196 Vgl. dazu Bohmeyer, Axel, Arbeitssucht als soziale Pathologie der Erwerbsarbeitsgesellschaft. (Frankfurter Arbeitspapiere zur gesellschaftsethischen und sozialethischen Forschung; Nr. 34), Frankfurt am Main 2002. Honneth, Axel 1994, S. 19. Honneth, Axel 1994, S. 60. Honneth, Axel 1994, S. 60. 46 6.2 Desintegrative Tendenzen der New Economy besteht.197 6.2 Desintegrative Tendenzen der New Economy In modernen Gesellschaften treten aus einer anderen gesellschaftskritischen Perspektive neben einer Kolonialisierung der Lebenswelt desintegrative Tendenzen auf, die die New Economy hervorbringt oder verstärkt. 6.2.1 Selbstdisziplinierung und Kontrolle Der Diskurs der New Economy behauptet auf zwei Ebenen eine Demokratisierung der gesellschaftlichen Strukturen. Zum einen soll im Allgemeinen im Internet ein großes Demokratisierungspotenzial liegen, dass eine größere Beteiligung an gesellschaftlichen Prozessen zulässt. Diese Idee wird mit dem offenen Zugang zum Netz begründet, in dem sich nur gleichberechtigte Partner begegnen. Damit wird eine generell demokratische Grundstruktur unterstellt. Auf einer anderen Ebene verspricht die New Economy auf der betrieblichen Ebene eine Demokratisierung der Strukturen. Die Rede von den verflachten Hierarchien behauptet eine größere Mitsprache und Macht der Mitarbeiter im Unternehmen. In den Anfängen der New Economy schien eine organisierte betriebliche Mitbestimmung überflüssig, da sich insbesondere die Mitarbeiter der neu gegründeten Start-ups als gleichberechtigt verstanden und eventuell auch so verstanden wurden. Allerdings verschleiert die Rede von verflachten Hierarchien oftmals die bestehenden Machtverhältnisse. Zudem verdeckt der vorherrschende emphatische Arbeitsbegriff, der aus den (vorgeblichen) Arbeitsutopien der New Economy gewonnen wird, Mechanismen der Kontrolle und der Selbstdisziplinierung.198 Insbesondere der Typus des Arbeitskraftunternehmers offenbart die Tendenz zur systematischen Selbstdisziplinierung und damit zur Selbstausbeutung. Er ist der Prototyp des unterstellten selbstbestimmten Subjekts, das seine Selbstverwirklichung angeblich in der Arbeit findet. Die Überhöhung des Autonomieanspruchs verdeutlicht, warum gewerkschaftliches Engagement auf kein Interesse stößt: Es widerspricht der Selbsteinschätzung der Protagonisten der New Economy, Unternehmer ihrer Selbst zu sein. Die Verklärung dieses Arbeitstypus unterschlägt aber, dass dieser Anspruch oftmals nicht frei gewählt wurde, sondern durch gesellschaftlichen Druck entstanden ist, über den der proklamierte Anspruch auf freie Selbstbestimmung hinwegtäuschen soll. 6.2.2 Neue soziale Ungleichheit Der durch die New Economy ausgelöste Aktienboom und die spekulative Blase auf dem Neuen Markt und an der NASDAQ haben zu einer Verschiebung, 197 198 Das Konzept des New Office greift die Idee auf, den durch Rationalitätsstandards entzauberten Arbeitsplatz in gewisser Weise wieder zu verzaubern. Das Büro wird als Lebensraum verstanden und mithilfe persönlicher Ausgestaltung soll die funktionale Rationalität der Wirtschaftsprozesse überdeckt werden. Dadurch soll eine Steigerung der Mitarbeiterproduktivität erreicht werden und zugleich geht damit eine Reduzierung der Raumkosten einher. So kann das New Office als Managementtechnik bezeichnet werden, die die wirtschaftliche Effizienz der Mitarbeiter steigern will. Zum Folgenden vgl. besonders Honneth, Axel 1994, S. 61-70. 47 6 Sozialethische Reflexion der New Economy wenn nicht Vernichtung von Kapital beigetragen. Leider liegen noch keine genauen Berechnungen vor, wie viel Geld Anleger am neuen Markt verloren haben. Insgesamt beträgt der Verlust allein von Titeln von Unternehmen am Neuen Markt 200 Milliarden Euro.199 Die Notierung am Neuen Markt war für einige Unternehmen nur ein kurzes Zwischenspiel. Viele mussten Insolvenz beantragen und gelten nun als Opfer ihrer Selbstüberschätzung. Selbst der Neue Markt als solcher ist in Verruf geraten und wird durch einen Einstiegsmarkt mit dem Namen Domestic Standard“ ersetzt. ” Negativ sind von der Talfahrt an den Börsen insbesondere unvorsichtige und unerfahrene Kleinanleger betroffen, die zu einem zu späten Zeitpunkt Aktien gekauft haben und statt in der Gewinnzone schnell im Verlustbereich angekommen sind. Als ein gutes Beispiel dafür kann die T-Aktie gelten, die insbesondere von Kleinanlegern gekauft wurde und zu einer Volksaktie“ sti” lisiert wurde. Der Kursrutsch der deutschen Telekomaktie unter einen Preis von 9 Euro im Juni 2002 markiert in Deutschland einen weiteren Zeitpunkt der abklingenden New Economy Euphorie.200 Die New Economy hat sich demnach als eine Kapitalvernichtungsmaschine entpuppt. Der addierte Marktwert aller am Neuen Markt notierten Unternehmen entspricht 2001 mit 57 Milliarden Euro nur noch in etwa dem Dax-Wert des Softwarehauses SAP.201 Die Kapitalisierung von Old Economy Unternehmen liegt inzwischen wieder wesentlich höher und das, obwohl beispielsweise SAP eine enorme ökonomische Talfahrt hinter sich hat. Der Kurseinbruch auf dem Neuen Markt im März 2000 ließ die Euphorie, die mit der New Economy verbunden war, rasch verschwinden. Stattdessen wurde die ökonomische Bedeutung der nicht-digitalen Werte der Old Economy wieder in den Vordergrund gerückt.202 Der Grund für die massive Kapitalvernichtung könnte neben der spekulativen Blase aber auch im Hedonismus und in der Ästhetisierung des Lebensund Arbeitsstils der New Economy liegen. Weil wesentliche makroökonomische und betriebswirtschaftliche Erkenntnisse ignoriert wurden oder schlicht nicht bekannt waren und weil sich die Konzentration stattdessen auf die Selbststilisierung richtete, wurde das anvertraute Kapital leichtsinnig verspielt.203 199 200 201 202 203 Die Berechnungen beziehen sich auf die im März 2000 notierten 226 Unternehmen des Neuen Marktes. Am 03. Juli 2002 wurde der Kurs der so genannten T-Aktie mit 9,17 Euro notiert und hat damit nach insgesamt drei Ausgaben eine Talfahrt erlebt. Nach ihrer Ausgabe am 18. November 1996 und dem Einführungspreis von 28,50 Mark (14,57 Euro) schnellte sie am ersten Handelstag auf den ersten amtlichen Schlusskurs von 33,90 Mark. Am 6. März 2000 erreichte die Aktie mit einem Wert von 103,50 Euro ihren bisherigen Höchststand. Am 21. Juni 2002 fiel sie erstmals unter das Niveau von 9 Euro. SAP ist aufgrund der Notierung am Dax und anderen Merkmalen eher der so genannten Old Economy zuzuordnen, auch wenn das Unternehmen im Informations- und Kommunikationssektor aktiv ist. Vgl. Wall Street sieht Licht am Ende des Tunnels.“ In: FAZ vom 6. September 2001 ” (Nr. 207), S. 25f. Der Vertrauensverlust, den dieser rasante Kurzsturz insbesondere bei Kleinanlegern mit sich zieht, stellt die Bemühungen in Frage, die Vermögensvorsorge der Arbeitsnehmer mit einer kapitalgedeckten Finanzierung zu ergänzen oder das Umlagesystem gänzlich auf ein Kapitaldeckungssystem umzustellen. Nicht nur die Frustration vieler Kleinanleger, die eben nicht schnell das große Geld machen konnten, ist groß. Das Vertrauen in 48 6.3 Fazit 6.3 Fazit Die ersten Teile dieser Studien haben mittels der Sichtung der Literatur und verschiedener Zeitungsbeiträge einen Einblick in die verschiedenen Facetten der New Economy gegeben. Mit der Literaturrecherche wurde der Anspruch verbunden, die Selbstansprüche der New Economy zu überprüfen und die in Teilen ideologische Verwendungsweise des Begriffs aufzudecken. Da die ökonomischen, politischen, arbeitsweltlichen und ästhetischen Diskurse einen erheblichen Einfluss auf die Konstitution der modernen Gesellschaft haben, bringt der diskursive Glanz der New Economy insofern auch reale gesellschaftlichen Auswirkungen hervor. In diesem die Studien abschließenden sozialethischen Teil wurden ergänzend noch einige Phänomene der New Economy einer – vorläufigen und bruchstückhaften – sozialethischen Kritik unterzogen. Mit dieser Kritik wird die Entzauberung der New Economy, die in den deskriptiv angelegten vorherigen Teilen angelegt war, nochmals untermauert. Aus der sozialethischen Perspektive sind dabei insbesondere sozialpathologische oder desintegrative Momente der New Economy in den Blick geraten. Die Diskussionen um die Zukunft der Gesellschaft nehmen oftmals die Form eines Kulturkampfes zwischen so genannten Modernisierern und Modernisierungsverweigern an. Was den meisten derzeitigen Debatten um eine (notwendige?) gesellschaftliche Veränderung derzeit am meisten fehlt, ist eine angemessene Entschleunigung. Eine Entschleunigung kann gerade dort als sozialethischer Schlüssel dienen, wo die Forderung nach Flexibilität und Mobilität in den Mittelpunkt der Diskussion um einen so genannten Turbo-Kapitalismus rückt.204 Denn hier regiert der kinetische Imperativ“ 205 . ” Zum einen zeigt sich dieser in der Verwendung immer neuer Zeitdiagnosen. Wenn zum Selbstverständnis der Moderne ein immer neuerer Neuerungswert gehört, dann müssen sich auch die Sozialanalysen selbst immer schneller transformieren. Sonst veralten sie zu schnell und kommen dem beschleunigten Tempo nicht mehr nach. Zum anderen wird der Imperativ der Beschleunigung auch für die Prozesse der Gesellschaft selbst gefordert: Effizienter soll sie werden, da die Logik des Kapitaleinsatzes durch rational kalkulierte Zeit” bezüge gekennzeichnet ist“ 206 . Das gilt ganz sicher auch für die Diskurse, die unter dem Schlagwort der New Economy geführt werden. Eine sozialethische Analyse muss also neben aller Kritik an den Leitbildern auch auf ein Tempolimit in der Debatte und damit auf eine Versachlichung drängen. Gesellschaftliche Veränderungstendenzen mit immer neuen Schlagwörtern zu belegen hilft beim Versuch der sozialwissenschaftlichen Bestandsaufnahme der gesellschaftlichen Modernisierungsprozesse nicht weiter. Insofern, das sollte diese Studie gezeigt haben, ist das Schlagwort der New Economy mit Vorsicht zu verwenden. 204 205 206 die Börsen hat sich durch das Ende des finanziellen Hypes wesentlich verschlechtert. Vgl. dazu Glotz, Peter, Die beschleunigte Gesellschaft. Kulturkampf im digitalen Kapitalismus. München: Kindler Verlag 1999. Vgl. zum Folgenden Höhn, Hans Joachim, Die Zeit der Gesellschaft. Sozialethik als Zeitdiagnose. In: Jahrbuch für christliche Sozialwissenschaften 43 (2002), S. 260-287. Höhn, Hans-Joachim 2002, S. 277. 49 Literatur Die Bibliografie verzeichnet über die zitierten Beiträge hinaus eine umfangreiche Anzahl von Literatur zum Themengebiet New Economy. Es wurden solche Titel aufgenommen, die für die hier angesprochenen inhaltlichen Aspekte relevant sind. Literatur [1] Altvater, Elmar, Mahnkopf, Birgit, New Economy“ – nichts Neues un” ter dem Mond? In: WSI Mitteilungen 12/2000 (53. Jg.), S. 770-778. [2] Arnold, Heike, Lebenslauf: Brüchig. In: Lotter, Wolf, Sommer, Christiane (Hrsg.), Neue Wirtschaft. Das Kursbuch für die New Economy. Statusreport 2001. Stuttgart – München: Deutsche Verlags-Anstalt 2000, S. 172-178. 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[99] In der New Economy hat man einige entscheidende Dinge noch immer ” nicht begriffen.“ In: SZ vom Samstag/Sonntag, 20./21. Oktober 2001 (Nr. 242), V1/21. [100] Unternehmen sind mit E-Business bisher nicht zufrieden, investieren ” aber kräftig weiter.“ In: FAZ vom Donnerstag, 18. Oktober 2001 (Nr. 242), S. 31. [101] Deutschland bleibt von der Entlassungswelle der Neuen Ökonomie ” weitgehend verschont.“ In: FAZ vom Dienstag, 9. Oktober 2001 (Nr. 234), S. 20. 56 Literatur [102] Personalarbeit bei Start-ups mit Mängeln.“ In: FAZ vom 10. Septem” ber 2001 (Nr. 210), S. 30. [103] Wall Street sieht Licht am Ende des Tunnels.“In: FAZ vom 6. Sep” tember 2001 (Nr. 207), S. 25f. [104] Neue Deutsche Wirtschaft.“ In: FAZ vom Dienstag, 4. September 2001 ” (Nr. 205), B1-B6 (= Verlagsbeilage zur FAZ). [105] Bis der Geduldsfaden reißt.“ In: FAZ vom Mittwoch, 29. August 2001 ” (Nr. 200), S. 3. [106] Im Schatten des Börsenjammers.“ In: FAZ vom Dienstag, 28. August ” 2001, S. 13. [107] Das Ende der konjunkturellen Talfahrt in Amerika läßt auf sich war” ten.“ In: FAZ vom Montag, 27. August 2001 (Nr. 198), S. 16. [108] Wette auf die Old Economy.“ In: FAZ vom Freitag, 24. August 2001 ” (Nr. 196), S. 25 [109] Mut, Schweiß und Tränen.“ In: Die Zeit vom 16. August 2001 (Nr. ” 34.), S. 15-16. [110] Das typische Kind der New Economy um 180 Grad gedreht.“ In: FAZ ” vom Samstag, 11. August 2001 (Nr. 185), S. 19. [111] Geschäft mit Risikokapital ist kein Eldorado mehr.“ In: FAZ vom ” Samstag, 11. August 2001 (Nr. 185), S. 23f. [112] Mit voller Wucht.“ In: FAZ vom Freitag, 10. August 2001 (Nr. 184), ” S. 13. [113] Die spekulative Erwartung exorbitanter Umsätze.“ In: FR vom Don” nerstag, 9. August 2001 (Nr. 183), S. 7. [114] Anleger verloren 200 Miliarden Euro.“ In: SZ vom Dienstag 7. August ” 2001 (Nr. 180), S. 19. [115] Überlebenstalente sind in der Old Economy willkommen.“ In: FAZ ” vom Samstag, 4. August 2001 (Nr. 179), S. 63. [116] Magermilch.“ In: Die Zeit vom 02. August 2001 (Nr. 32), S. 28. ” [117] Zeitbombe Arbeitsmarkt: Hoffnungsträger High-Tech enttäuscht.“ In: ” Die Zeit vom 02. August 2001 (Nr. 32), S. 32. [118] Hoffnung für den Kleinanleger.“ In TAZ vom Montag, 30. Juli 2001, ” S. 2. [119] New-Economy-Kater.“ In: FAZ vom Montag, 30. Juli 2001 (Nr. 174), ” S. 14. [120] Talfahrt in den Gefilden der New Economy.“ In: FAZ vom Montag, ” 30. Juli 2001 (Nr. 174), S. 13. 57 Literatur [121] Was bleibt übrig vom E-Business?“. In: FAZ vom Montag, 30. Juli ” 2001 (Nr. 174), S. 25. [122] Die Akteure des Korporatismus verhindert den Wandel.“ In: FAZ vom ” Montag, 24. Juli 2000 (Nr. 169), S. 28. [123] Wie der Neue Markt wieder Vertrauen gewinnen kann.“ In: FAZ vom ” Mittwoch, 11. Juli 2001 (Nr. 158), S. 25f. [124] Personalmanagement im Aufbruch.“ In: FAZ vom Montag, 9. Juli ” 2001, (Nr. 156), S. 27. [125] Der Casual Friday nach der New Economy.“ In: FAZ vom Freitag, 6. ” Juli 2001 (Nr. 154), S. 11. [126] Den Internet-Agenturen bleibt nur ein Ausweg: Gesundschrumpfen.“ ” In: FAZ vom Donnerstag, 28. Juni 2001 (Nr. 147), S. 26. [127] Anker für die New Economy. Reflexionen nach einer Tagung der ” Schleyer-Stiftung.“ In: NZZ vom Dienstag, 26. Juni 2001 (Nr. 145), S. 10. [128] Mit Fairness zu höherer Produktivität. Überschätzte Rolle mo” netärer Anreize.“ In: NZZ vom Dienstag, 26. Juni 2001 (Nr. 145), S. 11. [129] Das Ende der Harmonie. Der Betriebsrat erlebt in der Internetszene ” eine Renaissance.“ In: Süddeutsche Zeitung vom Freitag, 8. Juni 2001 (Nr. 130), S. 27. [130] Koch: Mit der New Economy läßt sich noch Geld verdienen.“ In: ” FAZ vom Donnerstag, 31. Mai 2001 (Nr. 125), S. 69. [131] Gedämpfte Stimmung in Rosarot.“ In: FAZ vom Freitag, 25. Mai 2001 ” (Nr. 120), S. 63. [132] Neuer Unternehmenswert. Aussagekraft neuer Bewertungsmethoden ” der New Economy stößt an Grenzen.“ In: FAZ vom Mittwoch, 16. Mai 2001 (Nr. 113), B 10. [133] E-Conomy. E-Buisness – E-Commerce – E-Service.“ Verlagsbeilage ” zur FAZ vom Dienstag, 15. Mai 2001 (Nr. 112). [134] Schmusen mit Neef. Pixelpark hat nun einen Betriebsrat – der harmlos ” ist.“ In: SZ vom Samstag/Sonntag 12./13. Mai 2001 (Nr. 109), S. 28. [135] Tote Hose. Auf Deutschlands erster Pink-Slip-Party sollten Internet” Verlierer und Headhunter gemeinsam feiern und Kontakte knüpfen.“ In: Die Zeit vom Donnerstag, 10. Mai 2001 (Nr. 20), S. 77. [136] Das Maß aller Dinge“. In: Die Zeit vom 10. Mai 2001 (Nr. 20), Magazin ” Leben S. 56-57. 58 Literatur [137] Der Verrat.“ In: Berliner Zeitung vom Samstag/Sonntag, 05./06. Mai ” 2001 (Nr. 104), S. 3. [138] brand eins. Wirtschaftsmagazin. Heft 4 (3. Jg.) Mai 2001. Hurra! Wir ” leben noch! 3 Jahre Neue Wirtschaft. Das Ende. Der Anfang. Die Zukunft.“ [139] Auf den Spuren der Next Economy.“ In: FAZ vom Samstag, 28. April ” 2001 (Nr. 99), S. 13. [140] Aufstand im Turmzimmer.“ In: SZ vom Dienstag, 24. April 2001 (Nr. ” 94), S. 12. [141] Vorwärts in die Old Economy.“ In: Die Zeit vom Donnerstag, 15. März ” 2001 (Nr. 12), S. 29. [142] Vom Flugblatt zur E-Mail.“ In: Die Zeit vom Donnerstag, 15. März ” 2001 (Nr. 12), S. 30. [143] Stars im Sturz.“ In: Die Zeit vom Donnerstag, 15. März 2001 (Nr. 12), ” S. 25. [144] Es gibt keine Neue Ökonomie.“ In: FAZ vom Montag, 09. April 2001 ” (Nr. 84), S. 20. [145] Die Verlierer der New Economy feiern ihren Rausschmiß in Rosa.“ In: ” FAZ vom Mittwoch, 04. April 2001 (Nr. 80), S. 68. [146] In der neuen Wirtschaft wird der Service zur Geheimwaffe der Sie” ger.“ In: FAZ vom Montag, 05. März 2001 (Nr. 54), S. 31. [147] Pop-Ikone, Prügelknabe.“ In: Die Zeit vom Donnerstag, 01. März 2001 ” (Nr. 10), S. 1. [148] Aus Old und New wird True.“ In: mg information. Zeitung für Mit” arbeiter im Konzern der mg technologies ag 2/2001, S. 7. [149] New braucht Old Economy.“ FR vom Samstag, 27. Januar 2001 (Nr. ” 23), S. 9. [150] Einfluß der E-Commerce auf Unternehmen ist geringer als erwartet.“ ” In: FAZ vom Freitag, 26. Januar 2001 (Nr. 22), S. 14. [151] Eine echte New Economy.“ In: FR vom Montag, 15. Januar 2001 (Nr. ” 11), S. 9. [152] Die New Economy lebt.“ In: Die Zeit vom Donnerstag, 11. Januar ” 2001 (Nr. 3), S. 21. [153] An der Börse stirbt der Mythos von der New Economy.“ In: FR vom ” Samstag, 30. Dezember 2000 (Nr. 303), S. 13. [154] Sehnsucht nach dem Festgehalt.“ In: Der Spiegel 51/2000, S. 86-88. ” [155] Die Ex und Pop Economy.“ In: TAZ vom 21. Dezember 2000, S. 11. ” 59 Literatur [156] Schon Tuscheln ist verdächtig.“ In: TAZ vom Freitag, 01. Dezember ” 2000. [157] Die Wir Gesellschaft.“ In: FAZ vom Samstag, 18. November 2000 (Nr. ” 269), S. 11. [158] Zwischen Kulturkritik und Technikwahn.“ In: Die Zeit vom 16. No” vember 2000 (Nr. 47), S. 54. [159] Produktionsfaktor Mensch.“ In: TAZ vom Dienstag, 31. Oktober 2000. ” [160] Stehen, rollen, liegen.“ In: Die Zeit vom Donnerstag, 26. Oktober 2000 ” (Nr. 44), Magazin Leben, S. 5. [161] Interpreneure – Unternehmertum in Netzwerken.“ In: FAZ vom Mon” tag, 09. Oktober 2000 (Nr. 234), S. 33. [162] Internet-Branche hat wenig Grund zum Klagen.“ In: FR vom 05. Ok” tober 2000. [163] New Economy in der Sozialen Marktwirtschaft.“ In: trend 3/2000, S. ” 49-52. [164] Ein neues Sozialmodell.“ In: Die Zeit vom 07. September 2000 (Nr. ” 37), S. 7. [165] Staat surft mit.“ In: Die Zeit vom Donnerstag, 31. August 2000 (Nr. ” 36), S. 19-20. [166] NZZ Fokus. Ein Schwerpunkt-Dossier der Neuen Züricher Zeitung (Nr. 8) August 2000. New Economy. Von Menschen und Mäusen.“ ” [167] Superglückliche Malocher.“ In: Die Zeit vom Donnerstag, 13. Juli 2000 ” (Nr. 29), S. 22. [168] Zu schön um wahr zu sein.“ In: Die Zeit vom Donnerstag, 13. Juli ” 2000 (Nr. 29), S. 21-23. [169] Virtuell denken, real handeln. Acht Thesen zu Politik und New Eco” nomy.“ In: trend 2/2000, S. 7-13. [170] Neues von der New Economy“: Vom Nutzen und Nachteil der Speku” lation auf den totalen Markt. In: GegenStandpunkt. Politische Vierteljahreszeitschrift Heft Nr. 1/2001. München: Gegenstandpunkt VerlagsGesellschaft, S. 121-128. [171] Neue Unternehmensmodelle führen zu einer anderen Definition von ” Arbeit.“ In: FAZ vom 29. Mai 2000, S. 33. 60