Elle City – Martinek
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Elle City – Martinek
stargast ”Ich will im Beruf nicht zwischen Arbeit und Spaß unterscheiden”, sagt Schauspielerin Lisa Martinek, 41 Die Flexible 8 EL LE C I T Y Foto: Mathias Bothor/Photoselection Eigentlich wollte sie ja Ballerina werden. Gut, dass sich Lisa Martinek anders entschieden hat. Heute ist die Stuttgarterin ein bekanntes Fernsehgesicht – und wirkt dennoch immer unverbraucht. Weil sie es geschafft hat, auch bei der Auswahl ihrer Rollen unglaublich beweglich zu bleiben E rst mal was essen. Lisa Martinek kommt direkt vom Spielplatz in die Sushi-Bar in Berlin-Mitte und ist ”etwas ausgehungert”. Sie bestellt Misosuppe, Spicy Salmon Roll, dazu Litschilimonade und plaudert über ihre Töchter. Während ihr Mann, der Regisseur Giulio Ricciarelli, bei Dreharbeiten in Frankfurt ist, ist die 41-Jährige mit Ella, 2, Clara, 1, und der Nanny von München in die Zweitwohnung in der Hauptstadt gefahren. In den kommenden Tagen will die Schauspielerin Kontakte pflegen, zeigt sich auf dem roten Teppich bei den First Steps Awards und verhandelt über eine neue Rolle. Ob Drama, Crime oder Herzschmerz, verrät sie noch nicht. ”Alles hat seinen Reiz“, sagt Martinek, die für ihre Wandlungsfähigkeit bekannt ist. Die gebürtige Stuttgarterin überzeugt als toughe Kommissarin Carla Hertz in ”Das Duo”, als verliebte Zahnarzthelferin Juliane in ”Die Zürcher Verlobung”, aber auch klassisch als Julia in Schillers ”Kabale und Liebe”. Zum Interview kommt sie pur. Ungeschminkt. Kurzer Zopf, blaue Windjacke. Während sie spricht, ändert sie immer wieder ihre Sitzposition, mal kerzengerade wie eine Ballerina, dann winkelt sie ein Bein um fast 180 Grad ab und platziert es auf der Bank nebenan. ELLE City: Frau Martinek, eigentlich wollten Sie Primaballerina werden. Macht den Anschein, als hätten Sie Talent gehabt. Lisa Martinek: Die Beweglichkeit habe ich von meiner Mutter. Sie war Balletttänzerin und ist mit uns ständig in Stuttgart zu Tanzaufführungen gegangen. Ich habe das geliebt und wollte auch tanzen. ELLE City: Das hat Ihre Mutter sicherlich sehr gefreut. L. M.: Im Gegenteil. Sie hat versucht, mich zu bremsen. Heute verstehe ich sie. Ich fände es auch besser, wenn meine Mädchen nicht Spitzentanz, sondern Jazztanz oder Hip-Hop lernen EL LE C I T Y 9 stargast würden. Da bleibt man mit beiden Beinen auf dem Boden. ELLE City: Wann haben Sie mit dem Ballett aufgehört? L. M.: Mit 16. Ich war gut, doch zur Primaballerina hat es nicht gereicht. Ausschlaggebend aber war die Liebe. Ich merkte, dass ich keine Zeit für den Jungen hatte. Tagsüber Schule, danach Training. Immer war ich in Jogginghose und mit Turnbeutel unterwegs, hatte nie eine echte Clique. Disziplin pur. Erst in Hamburg habe ich die Nächte durchgetanzt und meine ”Jugend” nachgeholt. ELLE City: Also war die Schauspielerei eher Ihr Plan B? L. M.: Dass ich Schauspielerin wurde, ist Zufall. Eines Abends wollte ich – mal wieder – ins Ballett und landete versehentlich in einem Theaterstück: Peer Gynt. Das hat mich umgehauen. ELLE City: Sie wollten sofort auf eine Schauspielschule? L. M.: Ich habe drei Stücke vorbereitet und bin damit naiv von einem Vorsprechen zum nächsten getingelt. Alles war für mich Neuland. Ich war ja noch nicht einmal in einer Theater-AG. ELLE City: Heute spielen Sie auf der Bühne und vor der Kamera unterschiedlichste Charaktere – und stecken in keiner Schublade. L. M.: Ein Glück! Mein Gesicht scheint sich nicht so stark einzuprägen. Ich werde auch nicht überall erkannt. Selbst wenn ich am Vorabend in einem 90-Minüter zu sehen war, kann ich fast unbehelligt durch die Stadt gehen. Letztens wollte mich die Security nicht ans Set lassen, weil sie dachte, ich sei ein Fan – dabei 1 0 EL LE C I T Y 1. In Berlin: Lisa Martinek mit Anja Kling im KaDeWe. 2. In München: auf dem roten Teppich bei der Bulgari Gala 2012. 3. In Love: mit ihrem Ehemann Giulio Ricciarelli. Seit der Hochzeit trägt sie seinen Nachnamen, behält den Namen ”Martinek” aber als Künstlernamen 2 3 spielte ich die Hauptrolle. Ich finde es auch amüsant, dass mich viele für eine Hanseatin halten. Dabei bin ich echte Schwäbin. ELLE City: Wohl weil Sie keinen Akzent haben. Haben Sie sich den bewusst abtrainiert? L. M.: Ich mag dieses Schwabenhochdeutsch, wie es viele Politiker kultivieren, nicht. Das klingt oft anbiedernd. Entweder schwäbisch oder hochdeutsch. Ich bin da ein Chamäleon. Den letzten Singsang haben mir unsere holländischen Nachbarskinder abgewöhnt. ELLE City: Wie war es zu Hause? L. M.: Wir hatten ein offenes Haus. Ständig waren Freunde da. Musiker, Architekten, Tänzer, die am Esstisch saßen und bis in die Nacht lautstark Geschichten aus der ganzen Welt erzählten. Das prägt. Auch wenn ich ansonsten Perfektionistin bin, werde ich bei Tohuwabohu ganz ruhig. Ich liebe Bewegung in jeder Form. Elle City: Gute Voraussetzungen, wenn Sie Ihr italienischer Teil der Familie besucht, oder? L. M.: Absolut. Da diskutieren alle durcheinander, oft wird es fünf Uhr, bevor wir endlich den ersten Cappuccino trinken. Aber ich genieße jede Sekunde; auch weil die Italiener so einen relaxten Umgang mit Kindern haben. Elle City: Inwiefern? L. M.: Alle sind sich einig: Kinder stören nie! Wenn unsere Tochter ein Glas auf den Boden schleudert, rollt niemand mit den Augen. Ella wird dafür gelobt, dass sie versucht hat, aus dem Glas zu trinken. In so einer Stimmung fühle ich mich gut aufgehoben. INterview: Gaby Herzog Fotos: action press (3) 1