emmer Juristisches Repetitorium - Juristisches Repetitorium Hemmer
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- Bayreuth - Berlin - Bielefeld - Bochum - Bonn - Bremen - Dortmund Juristisches Repetitorium Augsburg Düsseldorf - Erlangen - Essen - Frankfurt/M. - Freiburg - Gießen - Göttingen - Greifswald Halle - Hamburg - Hannover - Heidelberg - Jena - Kiel - Koblenz - Köln - Konstanz emmer Leipzig - Mainz - Marburg - München - Münster - Nürnberg - Osnabrück - Passau Potsdam - Regensburg - Rostock - Saarbrücken - Stuttgart - Trier - Tübingen - Würzburg SchuldR-AT Fall 10 - Lösung - Seite 1 Fall 10 - Lösung b) ÜBERSICHT FALL 10 § 119 II BGB ? aa) P: Grds. nicht anwendbar neben §§ 434 ff. BGB Anspruch M gegen A aus § 433 II BGB 1. Ö §§ 434 ff. BGB hier aber (-), da auch nach subj. Mangelbegriff kein Mangel, da Herkunft nicht Vertragsinhalt wurde Vertragsschluss? Ö Angebot am 16.02.2002 Ö § 119 II BGB ist anwendbar ÖAnnahmeerklärung am 18.02.2002 2. Ö aber wegen 150 II BGB neues Angebot bb) Herkunft des Bildes = verkehrswesentliche Eigenschaft Ö letztlich Annahme durch M cc) Fristgemäße Anfechtungserklärung ? Vertragsinhalt: „Der Huber“ (1) Mit Schreiben vom 25.02. bzw. über die Haushälterin war Anfechtung nicht gewollt Ö die Bezeichnung als „Huber“ diente nur der Identifizierung (Empfängerhorizont) (2) Im Mai war zwar Anfechtung erklärt, allerdings nicht mehr unverzüglich vgl. § 121 BGB Ö daher kein Dissens Ö §§ 119 II, 142 I BGB (-) II. Kaufpreisanspruch könnte entfallen sein 1. a) Rücktritt nach § 323 BGB 3. Umdeutung der Rücktrittserklärung in Anfechtungserklärung gem. § 140 BGB ? Problem: A hat dem M keine Frist zur Erbringung der Leistung i.S.d. § 323 I BGB gesetzt! Ö Umdeutung nicht möglich, da Wirkung der Anfechtung weiter reicht Entbehrlichkeit der Fristsetzung gem. § 323 II Nr.2 wegen relativen Fixgeschäfts ? 4. Ö (-), da Stehen und Fallen des Rechtsgeschäfts mit Einhaltung der Leistungszeit nicht Vertragsinhalt wurde Damit scheidet § 376 HGB aus! b) auch Entbehrlichkeit der § 323 II Nr. 3 BGB ? ein Rücktritt Fristsetzung nach nach Ö (-), da bloße Nichtleistung trotz Fälligkeit nicht ausreicht 2. § 142 BGB bei wirksamer Anfechtung a) § 123 I BGB ? Ö (-), M durfte darauf vertrauen, dass A als Kunstkenner seine Äußerung richtig versteht h/w/t – 12-I Keine Aufrechnung, da kein aufrechenbarer Gegenanspruch aus §§ 280 I, II, 286 BGB - Bayreuth - Berlin - Bielefeld - Bochum - Bonn - Bremen - Dortmund Juristisches Repetitorium Augsburg Düsseldorf - Erlangen - Essen - Frankfurt/M. - Freiburg - Gießen - Göttingen - Greifswald Halle - Hamburg - Hannover - Heidelberg - Jena - Kiel - Koblenz - Köln - Konstanz emmer Leipzig - Mainz - Marburg - München - Münster - Nürnberg - Osnabrück - Passau Potsdam - Regensburg - Rostock - Saarbrücken - Stuttgart - Trier - Tübingen - Würzburg SchuldR-AT LÖSUNG FALL 10 Fall 10 - Lösung - Seite 2 II. Wegfall des Anspruches: Die vertragliche Bindung könnte aber entfallen sein. Anspruch des M gegen A aus § 433 II BGB Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass ein wirksamer Kaufvertrag zustande kam und der Primäranspruch noch nicht erloschen ist. I. Entstehung der Forderung 1. Vertragsschluss 1. M hat seine fällige Verpflichtung, dem A Eigentum und Besitz an dem verkauften Bild zu verschaffen, nicht rechtzeitig erfüllt. Aus diesem Grund könnte A von dem Kaufvertrag gemäß § 323 I BGB zurückgetreten sein. Am 16. Februar erfolgte keine Einigung i.S.d. §§ 145 ff. BGB, aber ein bindendes Angebot des Mohr. Gegenstand war das konkrete Bild, so wie es besichtigt worden war. a) b) Eine Annahmeerklärung des A könnte am 18. Februar erfolgt sein. Allerdings setzte Adler eine Frist für die wegen § 269 BGB grds. nicht geschuldete Lieferung (= Wunsch einer Schickschuld). A hat es jedoch versäumt, dem M zur Erfüllung der Verpflichtung zur Übereignung und Übergabe des Bildes (§ 433 I S.1 BGB) eine angemessene Frist zu setzen. Aus diesem Grund kommt ein Rücktrittsrecht aus § 323 BGB nur in Betracht, wenn ausnahmsweise die erforderliche Fristsetzung entbehrlich gewesen wäre. a. Damit liegt ein Fall des § 150 II BGB (modifizierende Annahme) vor. Es handelt sich daher um eine Ablehnung, verbunden mit einem neuen Angebot. Dieses nahm Mohr aber letztlich an. 2. Vertragsinhalt: „Der Huber“ Da von vornherein ein Fall der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung (§ 323 II Nr. 1 BGB) nicht in Betracht kommt, könnte zunächst § 323 II Nr. 2 BGB (bzw. bei Vorliegen eines zumindest einseitigen [§ 345 HGB !] Handelskaufs § 376 I HGB) die Fristsetzung entbehrlich machen, wenn man das Schreiben vom 25. Februar als Rücktrittserklärung auslegt, §§ 133, 157 BGB. Voraussetzung dafür ist jedoch ein relatives Fixgeschäft. Es fragt sich, ob die Erklärung des A einen Anhaltspunkt für den tatsächlichen Willen des A enthält, dass er ein Gemälde von E. Huber kaufen will. Zwar war ein Liefertermin vereinbart, doch setzt ein relatives Fixgeschäft nach h.M. darüber hinaus voraus, dass der Besteller deutlich zu erkennen gibt, dass er nach Verstreichen des Termins kein Interesse an der Leistung mehr hat („stehen und fallen“, vgl. Wortlaut des Gesetzes) ! Möglicherweise kommt ein versteckter Dissens und damit evtl. gem. § 155 BGB das Nichtzustandekommen des Vertrages in Betracht. Wenn die Rede von Huber war, bezog sich das immer auf das bestimmte Bild, das man als Gegenstand der Vertragsverhandlungen unmittelbar vor Augen hatte. Die Bezeichnung Huber fungierte nicht als genaue Herkunftsbezeichnung, sondern diente zur Identifizierung des besichtigten Bildes. Rücktritt nach § 323 BGB Dies hat A bei Vertragsabschluss nicht getan. b. Allerdings könnte wegen § 323 II Nr. 3 BGB die Fristsetzung entbehrlich sein. Da der Adler das Bild letztlich zum Zwecke des Weiterverkaufs an Herrn Freund erworben hat und dieser Weiterverkauf nun „geplatzt“ ist, könnten Umstände Vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien den sofortigen Rücktritt rechtfertigen. Damit diese Vorschrift aber nicht zum „Auffangbecken“ für ein fristloses Rücktrittsrecht wird, muss § 323 II Nr. 3 BGB eng ausgelegt werden. Es ist daher zu fordern, dass die Pflichtverletzung des Schuldners kausal dafür war, dass Kunden des Gläubigers wegen der Lieferverzögerung die Abnahme verweigern1. Hier hätte aber auch die rechtzeitige Erfüllung des Kaufvertrags nicht zum Kauf durch F geführt. Denn F hat hier den Huber aus persönlichen Grün- 1 PALANDT § 323 Rn. 22 Da M das Bild als Huber bezeichnet hatte, konnte er vom verobjektivierten Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) die Annahmeerklärung nur so verstehen, dass A das Bild kaufen wollte, welches Gegenstand der Verhandlung war. Selbst wenn M gedacht hätte, A könnte ein Bild von E. Huber meinen, bezog sich die Äußerung des A auf das bestimmte Bild. Zwischenergebnis: Die Annahme deckt sich mit dem Angebot, da die Herkunftsbezeichnung nicht Vertragsinhalt geworden ist. Ein Anspruch gemäß § 433 II BGB ist insoweit gegeben. h/w/t – 12-I - Bayreuth - Berlin - Bielefeld - Bochum - Bonn - Bremen - Dortmund Juristisches Repetitorium Augsburg Düsseldorf - Erlangen - Essen - Frankfurt/M. - Freiburg - Gießen - Göttingen - Greifswald Halle - Hamburg - Hannover - Heidelberg - Jena - Kiel - Koblenz - Köln - Konstanz emmer Leipzig - Mainz - Marburg - München - Münster - Nürnberg - Osnabrück - Passau Potsdam - Regensburg - Rostock - Saarbrücken - Stuttgart - Trier - Tübingen - Würzburg SchuldR-AT Fall 10 - Lösung - Seite 3 den nicht gekauft und nicht wegen der verspäteten Erbringung der Leistung durch M. Es liegen daher auf Seiten des A keine Interessen vor, die über die Erbringung der Leistung zum Fälligkeitstermin einen sofortigen Rücktritt rechtfertigen würden. Es müsste dann aber die Herkunft des Bildes einen Mangel i.S.d. § 434 BGB darstellen. Nach dem klaren Wortlaut des § 434 I 1 BGB liegt ein Mangel dann vor, wenn die Istbeschaffenheit im Zeitpunkt des Gefahrübergangs ungünstig von der vertraglich vereinbarten Sollbeschaffenheit abweicht. Hier aber liegt keine solche Abweichung von der vertraglich geschuldeten Sollbeschaffenheit vor, weil die Herkunft des Bildes gar nicht Vertragsinhalt geworden war. Wie oben gezeigt, war das konkrete Bild, so wie es besichtigt worden war, verkauft worden; der Name des Malers diente nur zur Identifizierung. Damit scheidet auch § 323 II Nr. 3 BGB aus. Zwischenergebnis: Mangels der nicht entbehrlichen Fristsetzung konnte A deshalb nicht vom Kaufvertrag mit M gemäß § 323 BGB zurücktreten. 2. Damit war die Lieferung des Ludwig Huber auch kein „aliud“ i.S.d. § 434 III BGB. Anfechtung, § 142 I BGB Der Kaufpreisanspruch könnte entfallen sein, wenn A wirksam angefochten hätte, § 142 I BGB. a. Da somit schon kein Mangel vorliegt, ist § 119 II BGB nicht schon aus Konkurrenzgründen ausgeschlossen. Anfechtungsgründe Anmerkung: Zur Gewährleistung beim Kauf von Kunstgegenständen nach neuem Schuldrecht lesen Sie den Aufsatz von WERTENBRUCH in NJW 2004, 1977 ff. aa. Anfechtung gem. § 123 I BGB: A wurde dadurch getäuscht, dass M das Bild als Huber bezeichnete, weil A hier an einen bestimmten Huber dachte. Darauf beruhte sein Kaufentschluss (Kausalität). (2) Fraglich ist aber, ob ein Irrtum i.d.S. gegeben ist. Bei Annahme des Angebots befand sich A auch in einem Irrtum über die verkehrswesentliche Eigenschaft des Bildes. Weitere Voraussetzung ist aber das Vorliegen einer Arglist des M. M müsste einen Täuschungswillen auf Hervorrufen oder Aufrechterhalten eines Irrtums durch Vorspiegeln oder Unterdrücken von Tatsachen gehabt haben. Die Herkunft eines Kunstwerks gilt als verkehrswesentliche Eigenschaft i.S.d. § 119 II BGB, da es sich um einen für den Rechtsverkehr wichtigen wertbildenden Faktor handelt. Ob M arglistig handelte, ist sehr zweifelhaft. Dafür spricht, dass M als Kunsthändler sich vorstellen konnte, dass A in diesem Fall getäuscht wird. Dagegen spricht, dass M darauf vertrauen konnte, der Kunstkenner und Sammler A werde seine Äußerung schon richtig verstehen. Anmerkung: Zum beiderseitigen Motivirrtum, bei dem die Anwendbarkeit des § 119 II BGB strittig ist (nach a.A. greift § 313 BGB) vgl. Fall 8, Bereicherungsrecht und Fall 18 Sachenrecht ! Deshalb liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Anwendbarkeit des § 123 I BGB vor. bb. Anfechtungsgrund § 119 II BGB: (1) Die Anfechtung könnte durch die leges speciales der §§ 434 ff. BGB ausgeschlossen sein. 2 Lesen Sie dazu auch HEMMER/WÜST, BGB-AT III, Rn. 423 f. b. A müsste die Anfechtung erklärt haben, § 143 I BGB. Im Bereich der Sachmängelhaftung ist § 119 II BGB ausgeschlossen. aa. Die Anfechtungserklärung ist aber zunächst nicht ausdrücklich erfolgt. Dies könnte statt dessen aber konkludent geschehen sein. Grund: Das Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung, das durch das Erfordernis einer vorherigen Fristsetzung sichergestellt ist (vgl. §§ 281 I, 323 I BGB) würde leer laufen. Die Erklärung muss erkennen lassen, dass die Partei das Rechtsgeschäft wegen eines Willensmangels nicht gelten lassen will. Das Wort „anfechten“ braucht dabei nicht benutzt zu werden. Außerdem würden die Vorschriften der §§ 438 I Nr. 3, II, 442 I S.2 BGB ausgehöhlt werden2. Auch der Anfechtungsgrund braucht nicht angegeben zu werden, es muss dem Anfechtungsgegner aber erkennbar sein, auf welche tatsächlichen Gründe die Anfechtung gestützt wird. vgl. ausführlich dazu Fall 4 SchuldR-BT h/w/t – 12-I - Bayreuth - Berlin - Bielefeld - Bochum - Bonn - Bremen - Dortmund Juristisches Repetitorium Augsburg Düsseldorf - Erlangen - Essen - Frankfurt/M. - Freiburg - Gießen - Göttingen - Greifswald Halle - Hamburg - Hannover - Heidelberg - Jena - Kiel - Koblenz - Köln - Konstanz emmer Leipzig - Mainz - Marburg - München - Münster - Nürnberg - Osnabrück - Passau Potsdam - Regensburg - Rostock - Saarbrücken - Stuttgart - Trier - Tübingen - Würzburg SchuldR-AT Fall 10 - Lösung - Seite 4 Die Haushälterin (als Vertreterin oder Botin) hat die Anfechtung nicht ausdrücklich erklärt, sie hat nur gesagt, M solle das Bild wieder abholen. Das hätte einer Anfechtungserklärung nur genügt, wenn sie gleichzeitig zu erkennen gegeben hätte, dass dies wegen Willensmängeln erfolgen soll, §§133, 157 BGB. Dies war aber nicht der Fall. Zu diesem Zeitpunkt war die Anfechtung aber nicht mehr nachholbar, da A unverzüglich nach der Kenntniserlangung vom Anfechtungsgrund die Anfechtung hätte erklären müssen, vgl. § 121 I BGB. Ergebnis: Eine wirksame Anfechtung mit der Folge des § 142 I BGB scheidet damit aus. III. Einwendungen wegen Mangelhaftigkeit bb. Zu prüfen ist aber, ob die Rücktrittserklärung vom 25. Februar als Anfechtungserklärung ausreichend ist. (1) Diese könnte möglicherweise als Anfechtungserklärung ausgelegt werden, §§ 133,157 BGB.3 Einwendungen bzw. Einreden gegenüber der Höhe des Kaufpreises z.B. aus Minderung (§§ 437 Nr. 2, 441 BGB) bestehen nicht, da kein Mangel vorliegt (s.o.). IV. Aufrechnung gemäß §§ 387 ff. BGB Fraglich ist, ob der A diese Forderung aus § 433 II BGB durch Aufrechnungserklärung nach § 388 BGB zum Erlöschen bringen kann (§ 389 BGB). Hier hat A aber nur darauf hingewiesen, dass er das Bild nicht für einen typischen Ernst Huber halte. Vom Empfängerhorizont ist das nicht als Anfechtungserklärung zu verstehen. Dann müsste die Aufrechnungslage gemäß § 387 BGB gegeben sein und es dürften keine Aufrechnungshindernisse nach §§ 390 ff. BGB vorliegen. Auch konnte A seinen Irrtum noch gar nicht zu erkennen geben, weil er ihn ja selbst erst später entdeckt hat. Als aufrechenbarer Gegenanspruch kommt hier nur ein solcher aus §§ 280 I, II, 286 I BGB in Betracht. Hiernach wäre dem A der durch den Verzug des M entstandene Verzögerungsschaden zu ersetzen. Die Lehre vom fehlenden Erklärungsbewusstsein hilft hier auch nicht weiter. Zum einen fehlte dem A nicht das Bewusstsein, irgendetwas rechtlich erhebliches zu erklären. Ein Verzug mit der Pflicht zur Übergabe und Übereignung (§ 433 I S.1 BGB) ist gegeben, da eine schuldhafte Nichtleistung trotz Fälligkeit vorliegt (§§ 286 I, IV, 276 BGB) und die Leistungszeit nach dem Kalender bestimmt ist, § 286 II Nr. 1 BGB. Anmerkung: Im Übrigen wäre es mit den Geboten von Treu und Glauben nicht vereinbar, bei einem Handeln ohne aktuelles Erklärungsbewusstsein Rechtsfolgen zu Lasten Dritter (hier § 142 I BGB) abzuleiten.4 Hier besteht aber kein aufrechenbarer Gegenanspruch aus §§ 280 I, II, 286 I BGB: Eine Auslegung als Anfechtungserklärung scheidet deshalb aus. A wird nämlich schwerlich nachweisen können, dass F auch das Bild des Ludwig Huber gekauft hätte. (2) Möglicherweise lässt sich die Rücktrittserklärung aber in eine Anfechtungserklärung umdeuten, § 140 BGB. Vielmehr spricht nach den Umständen alles dafür, insbesondere wegen der Vorgespräche und der konkret vereinbarten Preise, dass dieser nur an einem Bild von Ernst Huber interessiert war. Die Umdeutung einer Rücktrittserklärung in eine Anfechtung ist aber nicht möglich, da die Wirkung der Anfechtung weiter geht (das Schuldverhältnis entfällt ex tunc, § 142 BGB) als die eines Rücktritts (Umwandlung in ein Rückgewährschuldverhältnis, ex nunc).5 Immerhin war A zuvor ja selbst davon ausgegangen, dass es sich um einen Ernst Huber handelt. Damit resultiert der entgangene Gewinn nicht aus der Verzögerung. cc. Die Anfechtungserklärung erfolgte aber jedenfalls am 18. Mai. 3 4 5 Es fehlt an der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung (verzugsbedingte Verzögerung) und dem Schaden. Die Vermutung des § 252 BGB kann damit nicht helfen, die Vermutung ist widerlegbar und hier auch widerlegt. Grundsätzlich geht die Auslegung der Umdeutung vor. Ergibt bereits die Auslegung, dass sich der Erklärende deshalb vom Vertrag lösen will, weil er sich geirrt hat, so bleibt für eine Umdeutung schon kein Raum (Palandt, § 140 BGB, Rn. 4). BGH NJW 1995, 953 ff. vgl. auch Palandt, § 140 BGB, Rn. 6. Umgekehrt ist die Umdeutung aber möglich! h/w/t – 12-I - Bayreuth - Berlin - Bielefeld - Bochum - Bonn - Bremen - Dortmund Juristisches Repetitorium Augsburg Düsseldorf - Erlangen - Essen - Frankfurt/M. - Freiburg - Gießen - Göttingen - Greifswald Halle - Hamburg - Hannover - Heidelberg - Jena - Kiel - Koblenz - Köln - Konstanz emmer Leipzig - Mainz - Marburg - München - Münster - Nürnberg - Osnabrück - Passau Potsdam - Regensburg - Rostock - Saarbrücken - Stuttgart - Trier - Tübingen - Würzburg SchuldR-AT Fall 10 - Lösung - Seite 5 Darüber hinaus hatte der Anwalt des Mohr ja bereits ermittelt6, dass die Abstandnahme des F vom Kaufvertrag in keinem Zusammenhang mit dem Verzug stand, sondern F vielmehr aus persönlichen Gründen kein Interesse mehr am Kaufvertrag hatte. II. Vertiefungsfragen: Anmerkung: Entgangener Gewinn kann sowohl einen Schadensersatz statt der Leistung als auch einen Schadensersatz neben der Leistung darstellen. Der Grund hierfür ist, dass die Abgrenzung zwischen beiden Schadensersatzarten auch ein dynamisches Kriterium enthält. M.a.W.: Ein und derselbe Schaden kann, je nachdem, zu welchem Zeitpunkt er geltend gemacht wird, Schadensersatz statt der Leistung oder Schadensersatz neben der Leistung sein. Am Beispiel des entgangenen Gewinns bedeutet dies folgendes: 1. Solange der Gewinn noch realisierbar ist, handelt es sich um einen Schadensersatz statt der Leistung. 2. Ab dem Zeitpunkt, in welchem der Gewinn nicht mehr realisierbar ist, weil die Verkaufsmöglichkeit nicht mehr besteht (Saisonartikel bei abgelaufener Saison), ist der Gewinn Bestandteil des Schadensersatzes neben der Leistung (oft in Form des Verzögerungsschadens).7 6 7 I. Wiederholungsfragen: 1. Warum ist die Herkunftsbezeichnung nicht Vertragsinhalt geworden? 2. Wann liegt ein Fixgeschäft i.S.d. § 323 II Nr.2 BGB bzw. des § 376 HGB vor? 3. Warum war im Fall Verzug ohne Mahnung eingetreten? 4. Wann ist bei § 323 BGB die Fristsetzung entbehrlich? 5. Definieren Sie den Begriff arglistige Täuschung in § 123 BGB! 6. Was gilt für das Verhältnis des § 119 II BGB zu den §§ 434 ff. BGB? 7. Was sind die Voraussetzungen der Umdeutung nach § 140 BGB? 1. Bei einem gegenseitigen Vertrag hat der Gläubiger über §§ 280 I, III, 281 BGB hinaus die Rechte aus § 323 BGB. Stellen Sie die Voraussetzungen des § 323 BGB zusammen! Vgl. dazu HEMMER/WÜST, Schuldrecht I, Rn. 459 ff. 2. Welche Voraussetzung des § 323 BGB kann entbehrlich sein? Nennen Sie die wichtigsten Fallkonstellationen! Vgl. dazu HEMMER/WÜST, Schuldrecht I, Rn. 480 ff. 3. Welche Wahlmöglichkeiten hat der vertragstreue Gläubiger, wenn der Schuldner trotz Fristsetzung nicht leistet? Vgl. dazu HEMMER/ WÜST, Schuldrecht I, Rn. 128; 351 ff.; 466 ff. 4. Wie ist das Verhältnis zwischen Rücktritt und Schadensersatz? Vgl. dazu HEMMER/WÜST, Schuldrecht I, Rn. 541 ff. III. Arbeitsanleitung: Beachten Sie, dass Sie im Ersten Examen die Klausuren aus der „Vogelperspektive“ schreiben und daher nicht an solchen Sachverhaltsvorgaben zweifeln dürfen! Vgl. hierzu LORENZ, Schuldrechtsreform 2002: Problemschwerpunkte 3 Jahre danach, NJW 2005, 1889 [1891]. h/w/t – 12-I 1. Bearbeiten Sie zum Verzug auch HEMMER/WÜST, Schuldrecht I, Rn. 128 ff. 2. Zur Anwendbarkeit der §§ 280 I, 311 II BGB (c.i.c.) neben dem Mängelrecht vgl. BGH, Life&LAW 2009, 433 ff. sowie TYROLLER, Die Bedeutung der Anwendbarkeit der c.i.c. neben dem Mängelrecht im Fall der arglistigen Täuschung, Life&LAW 2009, Heft 7, 493 ff. - Bayreuth - Berlin - Bielefeld - Bochum - Bonn - Bremen - Dortmund Juristisches Repetitorium Augsburg Düsseldorf - Erlangen - Essen - Frankfurt/M. - Freiburg - Gießen - Göttingen - Greifswald Halle - Hamburg - Hannover - Heidelberg - Jena - Kiel - Koblenz - Köln - Konstanz emmer Leipzig - Mainz - Marburg - München - Münster - Nürnberg - Osnabrück - Passau Potsdam - Regensburg - Rostock - Saarbrücken - Stuttgart - Trier - Tübingen - Würzburg SchuldR-AT Fall 10 - Lösung - Seite 6 IV. Vertiefungsfall: Berta Bock verkauft mit notariellem Vertrag vom 04. Januar ihr Hausgrundstück für 210.000 € an Kaspar Krass. Nach Fälligkeit des Kaufpreises leistete Krass eine Teilzahlung von 28.000 €. Den Restbetrag bezahlte er trotz der am 08. Februar erfolgten Mahnung nicht. Zwischen den Parteien gab es Meinungsverschiedenheiten über den Umfang der dinglichen Belastung des Grundstücks. Nach erfolglosen Verhandlungen verkaufte Bock am 28. Februar das Grundstück an den Altmann. Am 08. März erklärte sie ohne Vorankündigung den Rücktritt von dem mit Krass geschlossenen Kaufvertrag. Dieser klagt daraufhin auf Erfüllung des Vertrages. Danach übereignet Bock das Grundstück an Altmann. Krass verfolgt seine Klage weiter, verlangt aber nunmehr Schadensersatz statt der Leistung, den er zunächst auf einen Teilbetrag von 28.000 € beschränkt. Bock beantragt Klageabweisung, hilfsweise rechnet sie mit einem Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens auf, den sie ebenfalls mit 28.000 € beziffert. Wie ist die materielle Rechtslage? Es ist davon auszugehen, dass auf beiden Seiten der geltend gemachte Schaden besteht. Altmann will das Grundstück keinesfalls wieder hergeben. h/w/t – 12-I