emmer Juristisches Repetitorium - Juristisches Repetitorium Hemmer

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emmer Juristisches Repetitorium - Juristisches Repetitorium Hemmer
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Juristisches Repetitorium Augsburg
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SchuldR-AT
Fall 10 - Lösung - Seite 1
Fall 10 - Lösung
b)
ÜBERSICHT FALL 10
§ 119 II BGB ?
aa) P: Grds. nicht anwendbar neben §§ 434 ff. BGB
Anspruch M gegen A aus § 433 II BGB
1.
Ö §§ 434 ff. BGB hier aber (-), da auch nach
subj. Mangelbegriff kein Mangel, da Herkunft
nicht Vertragsinhalt wurde
Vertragsschluss?
Ö Angebot am 16.02.2002
Ö § 119 II BGB ist anwendbar
ÖAnnahmeerklärung am 18.02.2002
2.
Ö aber wegen 150 II BGB neues Angebot
bb) Herkunft des Bildes = verkehrswesentliche Eigenschaft
Ö letztlich Annahme durch M
cc) Fristgemäße Anfechtungserklärung ?
Vertragsinhalt: „Der Huber“
(1) Mit Schreiben vom 25.02. bzw. über die Haushälterin war Anfechtung nicht gewollt
Ö die Bezeichnung als „Huber“ diente nur der
Identifizierung (Empfängerhorizont)
(2) Im Mai war zwar Anfechtung erklärt, allerdings
nicht mehr unverzüglich vgl. § 121 BGB
Ö daher kein Dissens
Ö §§ 119 II, 142 I BGB (-)
II. Kaufpreisanspruch könnte entfallen sein
1.
a)
Rücktritt nach § 323 BGB
3.
Umdeutung der Rücktrittserklärung in Anfechtungserklärung gem. § 140 BGB ?
Problem: A hat dem M keine Frist zur Erbringung der Leistung i.S.d. § 323 I BGB gesetzt!
Ö Umdeutung nicht möglich, da Wirkung der
Anfechtung weiter reicht
Entbehrlichkeit der Fristsetzung gem. § 323 II
Nr.2 wegen relativen Fixgeschäfts ?
4.
Ö (-), da Stehen und Fallen des Rechtsgeschäfts
mit Einhaltung der Leistungszeit nicht Vertragsinhalt wurde
Damit scheidet
§ 376 HGB aus!
b)
auch
Entbehrlichkeit
der
§ 323 II Nr. 3 BGB ?
ein
Rücktritt
Fristsetzung
nach
nach
Ö (-), da bloße Nichtleistung trotz Fälligkeit
nicht ausreicht
2.
§ 142 BGB bei wirksamer Anfechtung
a)
§ 123 I BGB ?
Ö (-), M durfte darauf vertrauen, dass A als
Kunstkenner seine Äußerung richtig versteht
h/w/t – 12-I
Keine Aufrechnung, da kein aufrechenbarer
Gegenanspruch aus §§ 280 I, II, 286 BGB
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SchuldR-AT
LÖSUNG FALL 10
Fall 10 - Lösung - Seite 2
II. Wegfall des Anspruches:
Die vertragliche Bindung könnte aber entfallen
sein.
Anspruch des M gegen A aus § 433 II BGB
Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass ein wirksamer Kaufvertrag zustande kam und der Primäranspruch noch nicht erloschen ist.
I.
Entstehung der Forderung
1.
Vertragsschluss
1.
M hat seine fällige Verpflichtung, dem A Eigentum
und Besitz an dem verkauften Bild zu verschaffen,
nicht rechtzeitig erfüllt. Aus diesem Grund könnte
A von dem Kaufvertrag gemäß § 323 I BGB zurückgetreten sein.
Am 16. Februar erfolgte keine Einigung i.S.d.
§§ 145 ff. BGB, aber ein bindendes Angebot des
Mohr. Gegenstand war das konkrete Bild, so wie es
besichtigt worden war.
a)
b)
Eine Annahmeerklärung des A könnte am 18. Februar erfolgt sein. Allerdings setzte Adler eine Frist
für die wegen § 269 BGB grds. nicht geschuldete
Lieferung (= Wunsch einer Schickschuld).
A hat es jedoch versäumt, dem M zur Erfüllung der
Verpflichtung zur Übereignung und Übergabe des
Bildes (§ 433 I S.1 BGB) eine angemessene Frist
zu setzen. Aus diesem Grund kommt ein Rücktrittsrecht aus § 323 BGB nur in Betracht, wenn
ausnahmsweise die erforderliche Fristsetzung
entbehrlich gewesen wäre.
a.
Damit liegt ein Fall des § 150 II BGB (modifizierende Annahme) vor.
Es handelt sich daher um eine Ablehnung, verbunden mit einem neuen Angebot. Dieses nahm Mohr
aber letztlich an.
2.
Vertragsinhalt: „Der Huber“
Da von vornherein ein Fall der ernsthaften und
endgültigen Erfüllungsverweigerung (§ 323 II
Nr. 1 BGB) nicht in Betracht kommt, könnte zunächst § 323 II Nr. 2 BGB (bzw. bei Vorliegen eines zumindest einseitigen [§ 345 HGB !] Handelskaufs § 376 I HGB) die Fristsetzung entbehrlich
machen, wenn man das Schreiben vom 25. Februar
als Rücktrittserklärung auslegt, §§ 133, 157 BGB.
Voraussetzung dafür ist jedoch ein relatives Fixgeschäft.
Es fragt sich, ob die Erklärung des A einen Anhaltspunkt für den tatsächlichen Willen des A enthält, dass er ein Gemälde von E. Huber kaufen
will.
Zwar war ein Liefertermin vereinbart, doch setzt
ein relatives Fixgeschäft nach h.M. darüber hinaus
voraus, dass der Besteller deutlich zu erkennen
gibt, dass er nach Verstreichen des Termins kein Interesse an der Leistung mehr hat („stehen und fallen“, vgl. Wortlaut des Gesetzes) !
Möglicherweise kommt ein versteckter Dissens
und damit evtl. gem. § 155 BGB das Nichtzustandekommen des Vertrages in Betracht.
Wenn die Rede von Huber war, bezog sich das immer auf das bestimmte Bild, das man als Gegenstand der Vertragsverhandlungen unmittelbar vor
Augen hatte. Die Bezeichnung Huber fungierte
nicht als genaue Herkunftsbezeichnung, sondern
diente zur Identifizierung des besichtigten Bildes.
Rücktritt nach § 323 BGB
Dies hat A bei Vertragsabschluss nicht getan.
b.
Allerdings könnte wegen § 323 II Nr. 3 BGB die
Fristsetzung entbehrlich sein.
Da der Adler das Bild letztlich zum Zwecke des
Weiterverkaufs an Herrn Freund erworben hat und
dieser Weiterverkauf nun „geplatzt“ ist, könnten
Umstände Vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.
Damit diese Vorschrift aber nicht zum „Auffangbecken“ für ein fristloses Rücktrittsrecht wird, muss
§ 323 II Nr. 3 BGB eng ausgelegt werden. Es ist
daher zu fordern, dass die Pflichtverletzung des
Schuldners kausal dafür war, dass Kunden des
Gläubigers wegen der Lieferverzögerung die Abnahme verweigern1.
Hier hätte aber auch die rechtzeitige Erfüllung des
Kaufvertrags nicht zum Kauf durch F geführt.
Denn F hat hier den Huber aus persönlichen Grün-
1
PALANDT § 323 Rn. 22
Da M das Bild als Huber bezeichnet hatte, konnte
er vom verobjektivierten Empfängerhorizont
(§§ 133, 157 BGB) die Annahmeerklärung nur so
verstehen, dass A das Bild kaufen wollte, welches
Gegenstand der Verhandlung war.
Selbst wenn M gedacht hätte, A könnte ein Bild
von E. Huber meinen, bezog sich die Äußerung des
A auf das bestimmte Bild.
Zwischenergebnis: Die Annahme deckt sich mit
dem Angebot, da die Herkunftsbezeichnung nicht
Vertragsinhalt geworden ist. Ein Anspruch gemäß
§ 433 II BGB ist insoweit gegeben.
h/w/t – 12-I
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SchuldR-AT
Fall 10 - Lösung - Seite 3
den nicht gekauft und nicht wegen der verspäteten
Erbringung der Leistung durch M.
Es liegen daher auf Seiten des A keine Interessen
vor, die über die Erbringung der Leistung zum Fälligkeitstermin einen sofortigen Rücktritt rechtfertigen würden.
Es müsste dann aber die Herkunft des Bildes einen
Mangel i.S.d. § 434 BGB darstellen. Nach dem
klaren Wortlaut des § 434 I 1 BGB liegt ein Mangel dann vor, wenn die Istbeschaffenheit im Zeitpunkt des Gefahrübergangs ungünstig von der vertraglich vereinbarten Sollbeschaffenheit abweicht.
Hier aber liegt keine solche Abweichung von der
vertraglich geschuldeten Sollbeschaffenheit vor,
weil die Herkunft des Bildes gar nicht Vertragsinhalt geworden war. Wie oben gezeigt, war das
konkrete Bild, so wie es besichtigt worden war,
verkauft worden; der Name des Malers diente nur
zur Identifizierung.
Damit scheidet auch § 323 II Nr. 3 BGB aus.
Zwischenergebnis: Mangels der nicht entbehrlichen Fristsetzung konnte A deshalb nicht vom
Kaufvertrag mit M gemäß § 323 BGB zurücktreten.
2.
Damit war die Lieferung des Ludwig Huber auch
kein „aliud“ i.S.d. § 434 III BGB.
Anfechtung, § 142 I BGB
Der Kaufpreisanspruch könnte entfallen sein, wenn
A wirksam angefochten hätte, § 142 I BGB.
a.
Da somit schon kein Mangel vorliegt, ist
§ 119 II BGB nicht schon aus Konkurrenzgründen
ausgeschlossen.
Anfechtungsgründe
Anmerkung: Zur Gewährleistung beim Kauf von
Kunstgegenständen nach neuem Schuldrecht lesen
Sie den Aufsatz von WERTENBRUCH in NJW 2004,
1977 ff.
aa. Anfechtung gem. § 123 I BGB:
A wurde dadurch getäuscht, dass M das Bild als
Huber bezeichnete, weil A hier an einen bestimmten Huber dachte. Darauf beruhte sein Kaufentschluss (Kausalität).
(2) Fraglich ist aber, ob ein Irrtum i.d.S. gegeben ist.
Bei Annahme des Angebots befand sich A auch in
einem Irrtum über die verkehrswesentliche Eigenschaft des Bildes.
Weitere Voraussetzung ist aber das Vorliegen einer
Arglist des M. M müsste einen Täuschungswillen
auf Hervorrufen oder Aufrechterhalten eines Irrtums durch Vorspiegeln oder Unterdrücken von
Tatsachen gehabt haben.
Die Herkunft eines Kunstwerks gilt als verkehrswesentliche Eigenschaft i.S.d. § 119 II BGB, da es
sich um einen für den Rechtsverkehr wichtigen
wertbildenden Faktor handelt.
Ob M arglistig handelte, ist sehr zweifelhaft. Dafür
spricht, dass M als Kunsthändler sich vorstellen
konnte, dass A in diesem Fall getäuscht wird. Dagegen spricht, dass M darauf vertrauen konnte, der
Kunstkenner und Sammler A werde seine Äußerung schon richtig verstehen.
Anmerkung: Zum beiderseitigen Motivirrtum, bei
dem die Anwendbarkeit des § 119 II BGB strittig ist
(nach a.A. greift § 313 BGB) vgl. Fall 8, Bereicherungsrecht und Fall 18 Sachenrecht !
Deshalb liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte
für die Anwendbarkeit des § 123 I BGB vor.
bb. Anfechtungsgrund § 119 II BGB:
(1) Die Anfechtung könnte durch die leges speciales
der §§ 434 ff. BGB ausgeschlossen sein.
2
Lesen Sie dazu auch HEMMER/WÜST, BGB-AT III,
Rn. 423 f.
b.
A müsste die Anfechtung erklärt haben, § 143 I
BGB.
Im Bereich der Sachmängelhaftung ist § 119 II
BGB ausgeschlossen.
aa. Die Anfechtungserklärung ist aber zunächst nicht
ausdrücklich erfolgt. Dies könnte statt dessen aber
konkludent geschehen sein.
Grund: Das Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung, das durch das Erfordernis einer vorherigen Fristsetzung sichergestellt ist (vgl. §§ 281 I,
323 I BGB) würde leer laufen.
Die Erklärung muss erkennen lassen, dass die Partei das Rechtsgeschäft wegen eines Willensmangels
nicht gelten lassen will. Das Wort „anfechten“
braucht dabei nicht benutzt zu werden.
Außerdem
würden
die Vorschriften
der
§§ 438 I Nr. 3, II, 442 I S.2 BGB ausgehöhlt werden2.
Auch der Anfechtungsgrund braucht nicht angegeben zu werden, es muss dem Anfechtungsgegner
aber erkennbar sein, auf welche tatsächlichen
Gründe die Anfechtung gestützt wird.
vgl. ausführlich dazu Fall 4 SchuldR-BT
h/w/t – 12-I
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SchuldR-AT
Fall 10 - Lösung - Seite 4
Die Haushälterin (als Vertreterin oder Botin) hat
die Anfechtung nicht ausdrücklich erklärt, sie hat
nur gesagt, M solle das Bild wieder abholen. Das
hätte einer Anfechtungserklärung nur genügt, wenn
sie gleichzeitig zu erkennen gegeben hätte, dass
dies wegen Willensmängeln erfolgen soll, §§133,
157 BGB.
Dies war aber nicht der Fall.
Zu diesem Zeitpunkt war die Anfechtung aber nicht
mehr nachholbar, da A unverzüglich nach der
Kenntniserlangung vom Anfechtungsgrund die Anfechtung hätte erklären müssen, vgl. § 121 I BGB.
Ergebnis: Eine wirksame Anfechtung mit der Folge des § 142 I BGB scheidet damit aus.
III. Einwendungen wegen Mangelhaftigkeit
bb. Zu prüfen ist aber, ob die Rücktrittserklärung vom
25. Februar als Anfechtungserklärung ausreichend
ist.
(1) Diese könnte möglicherweise als Anfechtungserklärung ausgelegt werden, §§ 133,157 BGB.3
Einwendungen bzw. Einreden gegenüber der Höhe
des Kaufpreises z.B. aus Minderung (§§ 437 Nr. 2,
441 BGB) bestehen nicht, da kein Mangel vorliegt
(s.o.).
IV. Aufrechnung gemäß §§ 387 ff. BGB
Fraglich ist, ob der A diese Forderung aus § 433 II
BGB durch Aufrechnungserklärung nach § 388
BGB zum Erlöschen bringen kann (§ 389 BGB).
Hier hat A aber nur darauf hingewiesen, dass er das
Bild nicht für einen typischen Ernst Huber halte.
Vom Empfängerhorizont ist das nicht als Anfechtungserklärung zu verstehen.
Dann müsste die Aufrechnungslage gemäß § 387
BGB gegeben sein und es dürften keine Aufrechnungshindernisse nach §§ 390 ff. BGB vorliegen.
Auch konnte A seinen Irrtum noch gar nicht zu erkennen geben, weil er ihn ja selbst erst später entdeckt hat.
Als aufrechenbarer Gegenanspruch kommt hier nur
ein solcher aus §§ 280 I, II, 286 I BGB in Betracht.
Hiernach wäre dem A der durch den Verzug des M
entstandene Verzögerungsschaden zu ersetzen.
Die Lehre vom fehlenden Erklärungsbewusstsein
hilft hier auch nicht weiter. Zum einen fehlte dem
A nicht das Bewusstsein, irgendetwas rechtlich erhebliches zu erklären.
Ein Verzug mit der Pflicht zur Übergabe und Übereignung (§ 433 I S.1 BGB) ist gegeben, da eine
schuldhafte Nichtleistung trotz Fälligkeit vorliegt
(§§ 286 I, IV, 276 BGB) und die Leistungszeit nach
dem Kalender bestimmt ist, § 286 II Nr. 1 BGB.
Anmerkung: Im Übrigen wäre es mit den Geboten
von Treu und Glauben nicht vereinbar, bei einem
Handeln ohne aktuelles Erklärungsbewusstsein
Rechtsfolgen zu Lasten Dritter (hier § 142 I BGB)
abzuleiten.4
Hier besteht aber kein aufrechenbarer Gegenanspruch aus §§ 280 I, II, 286 I BGB:
Eine Auslegung als Anfechtungserklärung scheidet
deshalb aus.
A wird nämlich schwerlich nachweisen können,
dass F auch das Bild des Ludwig Huber gekauft
hätte.
(2) Möglicherweise lässt sich die Rücktrittserklärung
aber in eine Anfechtungserklärung umdeuten,
§ 140 BGB.
Vielmehr spricht nach den Umständen alles dafür,
insbesondere wegen der Vorgespräche und der
konkret vereinbarten Preise, dass dieser nur an einem Bild von Ernst Huber interessiert war.
Die Umdeutung einer Rücktrittserklärung in eine
Anfechtung ist aber nicht möglich, da die Wirkung
der Anfechtung weiter geht (das Schuldverhältnis
entfällt ex tunc, § 142 BGB) als die eines Rücktritts (Umwandlung in ein Rückgewährschuldverhältnis, ex nunc).5
Immerhin war A zuvor ja selbst davon ausgegangen, dass es sich um einen Ernst Huber handelt.
Damit resultiert der entgangene Gewinn nicht aus
der Verzögerung.
cc. Die Anfechtungserklärung erfolgte aber jedenfalls
am 18. Mai.
3
4
5
Es fehlt an der haftungsausfüllenden Kausalität
zwischen Pflichtverletzung (verzugsbedingte Verzögerung) und dem Schaden. Die Vermutung des
§ 252 BGB kann damit nicht helfen, die Vermutung
ist widerlegbar und hier auch widerlegt.
Grundsätzlich geht die Auslegung der Umdeutung vor.
Ergibt bereits die Auslegung, dass sich der Erklärende
deshalb vom Vertrag lösen will, weil er sich geirrt hat, so
bleibt für eine Umdeutung schon kein Raum (Palandt,
§ 140 BGB, Rn. 4).
BGH NJW 1995, 953 ff.
vgl. auch Palandt, § 140 BGB, Rn. 6. Umgekehrt ist die
Umdeutung aber möglich!
h/w/t – 12-I
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SchuldR-AT
Fall 10 - Lösung - Seite 5
Darüber hinaus hatte der Anwalt des Mohr ja bereits ermittelt6, dass die Abstandnahme des F vom
Kaufvertrag in keinem Zusammenhang mit dem
Verzug stand, sondern F vielmehr aus persönlichen
Gründen kein Interesse mehr am Kaufvertrag hatte.
II. Vertiefungsfragen:
Anmerkung: Entgangener Gewinn kann sowohl
einen Schadensersatz statt der Leistung als auch
einen Schadensersatz neben der Leistung darstellen. Der Grund hierfür ist, dass die Abgrenzung
zwischen beiden Schadensersatzarten auch ein dynamisches Kriterium enthält.
M.a.W.: Ein und derselbe Schaden kann, je nachdem, zu welchem Zeitpunkt er geltend gemacht
wird, Schadensersatz statt der Leistung oder Schadensersatz neben der Leistung sein.
Am Beispiel des entgangenen Gewinns bedeutet
dies folgendes:
1. Solange der Gewinn noch realisierbar ist, handelt es sich um einen Schadensersatz statt der Leistung.
2. Ab dem Zeitpunkt, in welchem der Gewinn nicht
mehr realisierbar ist, weil die Verkaufsmöglichkeit
nicht mehr besteht (Saisonartikel bei abgelaufener
Saison), ist der Gewinn Bestandteil des Schadensersatzes neben der Leistung (oft in Form des Verzögerungsschadens).7
6
7
I.
Wiederholungsfragen:
1.
Warum ist die Herkunftsbezeichnung nicht
Vertragsinhalt geworden?
2.
Wann liegt ein Fixgeschäft i.S.d. § 323 II Nr.2
BGB bzw. des § 376 HGB vor?
3.
Warum war im Fall Verzug ohne Mahnung
eingetreten?
4.
Wann ist bei § 323 BGB die Fristsetzung entbehrlich?
5.
Definieren Sie den Begriff arglistige Täuschung in § 123 BGB!
6.
Was gilt für das Verhältnis des § 119 II BGB
zu den §§ 434 ff. BGB?
7.
Was sind die Voraussetzungen der Umdeutung
nach § 140 BGB?
1.
Bei einem gegenseitigen Vertrag hat der
Gläubiger über §§ 280 I, III, 281 BGB hinaus
die Rechte aus § 323 BGB. Stellen Sie die Voraussetzungen des § 323 BGB zusammen! Vgl.
dazu HEMMER/WÜST, Schuldrecht I, Rn. 459
ff.
2.
Welche Voraussetzung des § 323 BGB kann
entbehrlich sein? Nennen Sie die wichtigsten
Fallkonstellationen!
Vgl.
dazu
HEMMER/WÜST, Schuldrecht I, Rn. 480 ff.
3.
Welche Wahlmöglichkeiten hat der vertragstreue Gläubiger, wenn der Schuldner trotz
Fristsetzung nicht leistet? Vgl. dazu
HEMMER/ WÜST, Schuldrecht I, Rn. 128;
351 ff.; 466 ff.
4.
Wie ist das Verhältnis zwischen Rücktritt und
Schadensersatz? Vgl. dazu HEMMER/WÜST,
Schuldrecht I, Rn. 541 ff.
III. Arbeitsanleitung:
Beachten Sie, dass Sie im Ersten Examen die Klausuren
aus der „Vogelperspektive“ schreiben und daher nicht an
solchen Sachverhaltsvorgaben zweifeln dürfen!
Vgl. hierzu LORENZ, Schuldrechtsreform 2002: Problemschwerpunkte 3 Jahre danach, NJW 2005, 1889 [1891].
h/w/t – 12-I
1.
Bearbeiten
Sie
zum
Verzug
auch
HEMMER/WÜST, Schuldrecht I, Rn. 128 ff.
2.
Zur Anwendbarkeit der §§ 280 I, 311 II BGB
(c.i.c.) neben dem Mängelrecht vgl. BGH,
Life&LAW 2009, 433 ff. sowie TYROLLER, Die
Bedeutung der Anwendbarkeit der c.i.c. neben
dem Mängelrecht im Fall der arglistigen Täuschung, Life&LAW 2009, Heft 7, 493 ff.
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Fall 10 - Lösung - Seite 6
IV. Vertiefungsfall:
Berta Bock verkauft mit notariellem Vertrag vom
04. Januar ihr Hausgrundstück für 210.000 € an
Kaspar Krass.
Nach Fälligkeit des Kaufpreises leistete Krass eine
Teilzahlung von 28.000 €. Den Restbetrag bezahlte
er trotz der am 08. Februar erfolgten Mahnung
nicht.
Zwischen den Parteien gab es Meinungsverschiedenheiten über den Umfang der dinglichen Belastung des Grundstücks. Nach erfolglosen Verhandlungen verkaufte Bock am 28. Februar das Grundstück an den Altmann.
Am 08. März erklärte sie ohne Vorankündigung
den Rücktritt von dem mit Krass geschlossenen
Kaufvertrag.
Dieser klagt daraufhin auf Erfüllung des Vertrages.
Danach übereignet Bock das Grundstück an Altmann.
Krass verfolgt seine Klage weiter, verlangt aber
nunmehr Schadensersatz statt der Leistung, den er
zunächst auf einen Teilbetrag von 28.000 € beschränkt.
Bock beantragt Klageabweisung, hilfsweise rechnet sie mit einem Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens auf, den sie ebenfalls mit 28.000 € beziffert.
Wie ist die materielle Rechtslage?
Es ist davon auszugehen, dass auf beiden Seiten
der geltend gemachte Schaden besteht. Altmann
will das Grundstück keinesfalls wieder hergeben.
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