Musterbriefe VOB.book - vh

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Musterbriefe VOB.book Seite 114 Donnerstag, 5. August 2010 9:37 09
Musterbriefe zur VOB/B
§ 12 Abnahme
§ 12 Abs. 1 VOB/B
Verlangt der Auftragnehmer nach der Fertigstellung – gegebenenfalls auch
vor Ablauf der vereinbarten Ausführungsfrist – die Abnahme der Leistung, so
hat sie der Auftraggeber binnen 12 Werktagen durchzuführen; eine andere
Frist kann vereinbart werden.
§ 12 Abs. 2 VOB/B
Auf Verlangen sind in sich abgeschlossene Teile der Leistung besonders
abzunehmen.
§ 12 Abs. 3 VOB/B
Wegen wesentlicher Mängel kann die Abnahme bis zur Beseitigung verweigert werden.
§ 12 Abs. 4 VOB/B
1. Eine förmliche Abnahme hat stattzufinden, wenn eine Vertragspartei es
verlangt. Jede Partei kann auf ihre Kosten einen Sachverständigen zuziehen.
Der Befund ist in gemeinsamer Verhandlung schriftlich niederzulegen. In die
Niederschrift sind etwaige Vorbehalte wegen bekannter Mängel und wegen
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Abnahme
Vertragsstrafen aufzunehmen, ebenso etwaige Einwendungen des Auftragnehmers. Jede Partei erhält eine Ausfertigung.
2. Die förmliche Abnahme kann in Abwesenheit des Auftragnehmers stattfinden, wenn der Termin vereinbart war oder der Auftraggeber mit genügender Frist dazu eingeladen hatte. Das Ergebnis der Abnahme ist dem Auftragnehmer alsbald mitzuteilen.
§ 12 Abs. 5 VOB/B
1. Wird keine Abnahme verlangt, so gilt die Leistung als abgenommen mit
Ablauf von 12 Werktagen nach schriftlicher Mitteilung über die Fertigstellung
der Leistung.
2. Wird keine Abnahme verlangt und hat der Auftraggeber die Leistung oder
einen Teil der Leistung in Benutzung genommen, so gilt die Abnahme nach
Ablauf von 6 Werktagen nach Beginn der Benutzung als erfolgt, wenn nichts
anderes vereinbart ist. Die Benutzung von Teilen einer baulichen Anlage zur
Weiterführung der Arbeiten gilt nicht als Abnahme.
3. Vorbehalte wegen bekannter Mängel oder wegen Vertragsstrafen hat der
Auftraggeber spätestens zu den in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Zeitpunkten geltend zu machen.
§ 12 Abs. 6 VOB/B
Mit der Abnahme geht die Gefahr auf den Auftraggeber über, soweit er sie
nicht schon nach § 7 trägt.
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Musterbriefe zur VOB/B
Erläuterungen
Die Abnahme der Werkleistung ist eine vertragliche Pflicht des Auftraggebers und bedeutet die – ausdrückliche oder stillschweigend mögliche – Billigung der erbrachten Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäß. Abnahmefähigkeit bedeutet nicht, dass die Leistung in sämtlichen Einzelheiten
fertiggestellt ist, sodass unwesentliche Mängel oder noch nicht erbrachte
und ganz untergeordnete Leistungsteile eine Abnahme grundsätzlich nicht
ausschließen.
Von einem wesentlichen Mangel ist auszugehen, wenn dieser nach Art,
Umfang und vor allem nach seinen Auswirkungen so erheblich ist, dass es
dem Auftraggeber nach objektiven Maßstäben im Verhältnis zu dem nach
dem Vertragszweck vorausgesetzten Gebrauch und dem erreichten Erfolg
nicht zumutbar ist, auf Mängelansprüche (nach Abnahme) verwiesen zu
werden.
Ein besonders wichtiger Aspekt bei der Beurteilung ist die Gebrauchsfähigkeit, insbesondere bei zugesicherten Eigenschaften.
§ 12 Abs. 3 VOB/B zielt auf einen angemessenen Interessenausgleich: Auf
der einen Seite steht das Interesse des Auftraggebers, das bestellte Werk
möglichst vollständig und so mängelfrei wie möglich vor Gewährleistungsbeginn zu bekommen, auf der anderen Seite das des Unternehmers, die für
ihn günstigen und wichtigen Rechtswirkungen der Abnahme zu erreichen
(siehe unten).
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Abnahme
Mehrere, für sich genommen nicht so schwerwiegende Mängel können in
der Summe den Auftraggeber zur Abnahmeverweigerung berechtigen.
Die Abnahmewirkungen
Mit der Abnahme sind folgende rechtliche Wirkungen verbunden:
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Beendigung des Zeitraums der Vertragserfüllung.
■■
Beginn der Verjährungsfrist für etwaige Mängelansprüche.
■■
Gefahrübergang (d.h. Risikoübertragung) auf den Auftraggeber (vgl.
Erläuterungen zu § 7 VOB/B).
■■
Umkehr der Beweislast: Vor der Abnahme muss der Auftragnehmer im
Zweifel, d.h. im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung, beweisen, dass er ordnungsgemäß, den anerkannten Regeln der Technik entsprechend und vertragsgemäß gearbeitet hat; nach der Abnahme muss
der Auftraggeber den Nachweis führen, dass etwaige Mängel der Leistung schon zum Zeitpunkt der Abnahme in der Leistung des Auftragnehmers vorhanden waren.
■■
Der Auftraggeber verliert seine Mängelansprüche (mit Ausnahme eines
evtl. Schadensersatzanspruchs), wenn er sich diese Rechte nicht bei
der Abnahme bzw. innerhalb der 6- oder 12-Tage-Frist von § 12 Abs. 5
VOB/B für solche Mängel vorbehalten hat, die ihm bereits bei der
Abnahme bekannt sind. Vor oder nach Abnahme bzw. vor/nach Ablauf
der vorgenannten Fristen erklärte Vorbehalte erhalten dem Auftraggeber nur dann seine Ansprüche, wenn der Auftraggeber schon vor Fertigstellung der Leistung ganz unmissverständlich zum Ausdruck gebracht
hat, dass er die Leistung unter keinen Umständen abnehmen werde.
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Musterbriefe zur VOB/B
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Eine vereinbarte und „verwirkte“ (also dem Auftraggeber eigentlich
zustehende) Vertragsstrafe verfällt, wenn der Auftraggeber sich diese
nicht bei der Abnahme ausdrücklich vorbehält; bei Abnahme ohne Vorbehalt kann er die Vertragsstrafe nicht mehr geltend machen.
■■
Die Abnahme ist eine Voraussetzung für Fälligkeit der Vergütung – mit
der Folge, dass nach Rechnungsstellung durch den Auftragnehmer und
Rechnungsprüfung durch den Auftraggeber bzw. Ablauf der Prüfungsfrist nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B der Werklohn zu zahlen ist.
Die vorgenannten – für den Auftragnehmer in aller Regel günstigen –
Rechtswirkungen treten sowohl bei der „Endabnahme“ nach Fertigstellung
der gesamten Leistung als auch bei der Teilabnahme nach § 12 Abs. 2
VOB/B ein.
Der Unternehmer hat Anspruch auf Teilabnahme, soweit es sich um eine
abgeschlossene Leistung handelt. Wann ein Teil einer Gesamtleistung „in
sich abgeschlossen ist“, richtet sich nach der sog. Verkehrsanschauung. So
kann der Auftragnehmer einen Abschlag fordern, wenn der betreffende Teil
von der Gesamtleistung funktional trennbar und dementsprechend selbstständig gebrauchsfähig bzw. eigenständig nutzbar ist.
Da es auch auf die vorgesehene Nutzung ankommt, ist nach der Rechtsprechung beispielsweise der vertraglich geschuldete Einbau von Sanitär- und
Heizungsanlagen in einem Haus funktional wie vom Gebrauch her trennbar
und so jeweils einer Teilabnahme zugänglich.
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Abnahme
Geht es um zusammenhängende Gewerke, die in verschiedenen Häusern
zu erbringen sind, kann die Installation pro Haus (bei einheitlichem Vertrag) teilabgenommen werden. Im Rahmen der schlüsselfertigen Erstellung
wird (noch) mehr auf die Funktionsfähigkeit der Teilleistung mit Blick auf
die vorgesehene Nutzung abgestellt – und im Zweifel von folgenden „in
sich abgeschlossenen Teilen“ (mit der Folge möglicher Teilabnahme) auszugehen sein: Ausschachtungsarbeiten, Rohbau-Errichtung, Einbau von
Türen und Fenstern, Verlegung des Fußbodens, Einbau der Heizung etc.
Aufgrund der mit der Abnahme verbundenen positiven Folgen ist es für den
Auftragnehmer wichtig, sich so früh wie möglich um die Herbeiführung der
oben dargestellten Rechtswirkungen zu bemühen. Da es für ihn regelmäßig
allein auf die (günstigen) Wirkungen der Abnahme ankommt, muss
grundsätzlich nicht zwingend eine sog. förmliche Abnahme gem. § 12
Abs. 4 VOB/B durchgeführt und von ihm verlangt werden; denn – ohne
anderweitige vertragliche Vereinbarungen – führen auch andere, leichter zu
treffende Maßnahmen zu den gewünschten Abnahmewirkungen.
Gemeint sind in erster Linie die sog. Abnahmefiktionen von § 12 Abs. 5
Nr. 1 und 2 VOB/B, die zu den gleichen Abnahmewirkungen führen – wenn
nicht der Auftraggeber eine ausdrücklich erklärte Abnahme verlangt oder
im Bauvertrag – wie häufig – nur die förmliche Abnahme zugelassen ist
(vgl. Erläuterungen zu § 12 Abs. 5 VOB/B). Allerdings hat eine förmliche
Abnahme gem. § 12 Abs. 4 VOB/B stattzufinden, wenn eine der Bauvertragsparteien dies ausdrücklich verlangt.
Gemäß § 12 Abs. 1 VOB/B hat der Auftraggeber die förmliche Abnahme
binnen 12 Werktagen (Samstage zählen mit!) durchzuführen – es sei denn,
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Musterbriefe zur VOB/B
die Parteien haben eine andere Frist vertraglich festgelegt. Kommt der Auftraggeber der Aufforderung des Auftragnehmers innerhalb der genannten
Frist nicht nach, gerät er (nach ergebnislosem Verstreichen dieser ersten
Frist) in den sog. Annahmeverzug und nach erfolgloser Anmahnung der
Abnahme (also nach „fruchtlosem“ Verstreichen auch der zweiten Frist) in
den sog. Schuldnerverzug.
Damit treten dann auch die oben erläuterten Abnahmewirkungen ein, und
der Auftragnehmer kann darüber hinaus einen etwaigen Verzugsschaden
geltend machen. Dann ist er auch berechtigt, den Auftraggeber auf
Abnahme seiner Leistung und Zahlung des Werklohns zu verklagen.
Empfehlungen zur Vorgehensweise:
■■
Der „einfachste“ Weg zum Erreichen der Abnahmewirkungen führt
über die Möglichkeiten der sog. fiktiven Abnahme nach § 12 Abs. 5
Nr. 1 und 2 VOB/B (vgl. Erläuterungen zu § 12 Abs. 5 VOB/B), der
„sicherste“ über das Verlangen nach einer förmlichen (schriftlichen)
Abnahme (vgl. Musterbrief 33).
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Von einer Anmahnung der Abnahme mit Nachfristsetzung (vgl. Musterbrief 34) ist abzuraten, wenn die Abnahmewirkungen auch einfacher
mit Hilfe des § 12 Abs. 5 VOB/B herbeigeführt werden können.
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Auch wenn im VOB-Bauvertrag ausschließlich die förmliche Abnahme
zugelassen wurde, kann es ratsam sein, mit der Forderung nach förmlicher Abnahme eine Fertigstellungsmitteilung (Musterbrief 36, vgl.
Erläuterungen zu § 12 Abs. 5 VOB/B) zu verbinden: Wenn dann der
Auftraggeber ohne sachlichen Grund die förmliche Abnahme nicht
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Abnahme
innerhalb der 12-Tage-Frist des § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B durchführt,
sollte eine Nachfrist von 3 bis 5 Tagen mit dem Hinweis gesetzt werden, dass nach fruchtlosem Ablauf Verzug eintritt.
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Eine Mahnung zur Durchführung der Abnahme mit Fristsetzung wird
aber dringend empfohlen, wenn die geschilderten Umstände im konkreten Fall nicht zutreffen und mit einer kurzfristigen Abnahme nicht
gerechnet werden kann, obwohl die Leistung abnahmereif ist – schon
deshalb, weil eben mit der Abnahme zugunsten des Auftragnehmers so
weitreichende Folgen verbunden sind (vgl. „Abnahmewirkungen“).
In dem Mahnschreiben sollten dem Auftraggeber wahlweise zwei Termine zur Abnahme vorgeschlagen werden, die auch innerhalb einer
Woche liegen können.
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Musterbriefe VOB.book Seite 122 Donnerstag, 5. August 2010 9:37 09
Bauvorhaben:
Abnahmeersuchen
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Sehr geehrte Damen und Herren,
gemäß § 12 Abs. 1 VOB/B hat der Auftraggeber die Abnahme der Leistung binnen 12 Werktagen durchzuführen, wenn dies der Auftragnehmer nach der Fertigstellung – gegebenenfalls
auch vor Ablauf der vereinbarten Ausführungsfrist – verlangt.
(Gemäß § 12 Abs. 2 VOB/B sind auf Verlangen in sich abgeschlossene Teile einer Leistung
besonders abzunehmen.)
Dementsprechend bitten wir hiermit um Abnahme
•
der gesamten vertraglichen Leistung
•
folgender im Sinne von § 12 Abs. 2 VOB/B in sich abgeschlossener Teile der Leistung:
1.) ___________________________________________________
2.) ___________________________________________________
innerhalb von 12 Werktagen.
Als Termin zur Abnahme wird der ______________ vorgeschlagen.
Wir bitten um Bestätigung des vorgenannten oder Abstimmung eines anderen Termins bis zum
_______________.
Mit freundlichen Grüßen
____________________________________
(Firmenstempel/Unterschrift)
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Musterbriefe VOB.book Seite 123 Donnerstag, 5. August 2010 9:37 09
Bauvorhaben:
Anmahnung der Abnahme mit Nachfristsetzung
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Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Schreiben vom _______________ haben wir um Abnahme unserer Leistungen gem. § 12
VOB/B innerhalb einer Frist von 12 Werktagen gebeten und als Abnahmetermin den
__________ vorgeschlagen. Bisher hat weder die Abnahme stattgefunden noch wurde, wie
erbeten, ein Ausweichtermin vereinbart.
Deshalb wird Ihnen hiermit letztmalig eine Nachfrist zur Durchführung der Abnahme bis zum
_____________________________
gesetzt. (Dazu schlagen wir nochmals folgende Termine vor:)
_____________________________
_____________________________
Da die Abnahme der Leistung zu den Hauptpflichten des Auftraggebers zählt, befinden Sie sich
nach fruchtlosem Fristablauf in Schuldnerverzug und gehen die daraus entstehenden Nachteile zu Ihren Lasten.
Mit freundlichen Grüßen
____________________________________
(Firmenstempel/Unterschrift)
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