dbb-Magazin - dbb beamtenbund und tarifunion

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dbb-Magazin - dbb beamtenbund und tarifunion
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dbb magazin
April 2010 – 61. Jahrgang
Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“
Finanzpolitik:
KUNSTSTÜCKE ...
Seite 4 >
Interview
Bundesfinanzminister
Dr. Wolfgang Schäuble
Seite 13 >
Steuersünderdaten
in der Diskussion
dbb > aktuell
Die Bundesrepublik Deutschland steht vor dem größten Schuldenberg ihrer Geschichte. Sorgfältige Finanzplanungen und gezielte Investitionen sind notwendig, um den negativen Begleiterscheinungen der Wirtschaftskrise nachhaltig entgegenzuwirken. Bund, Länder und Kommunen stehen dabei in einer doppelten Pflicht: Zum einen schulden sie den Bürgern die Bereitstellung
einer funktionierenden und verlässlichen staatlichen Infrastruktur,
die wirtschaftliches Handeln für in- und ausländische Investoren begünstigt und fördert;
zum anderen müssen
sie ihre Beschäftigten in
die Lage versetzen, an der
allgemeinen Wirtschaftsund Einkommensentwicklung teilzunehmen.
Der Tarifabschluss für die
Beschäftigten beim Bund
und in den Kommunen
hat dazu den Weg gewiesen, und die Übertragung
auf Beamte und Versorgungsempfänger ist
zwingend.
Darüber hinaus ist der Staat in der Pflicht, alles daranzusetzen,
die ihm zustehenden Einnahmen zur Verringerung der Schulden
und zur Einhaltung der so genannten Schuldenbremse auch tatsächlich zu erzielen. Gegen Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung sind Appelle wenig hilfreich. Und der Hinweis, fehlendes
Personal könne nicht finanziert werden, ist der falsche Ansatz.
Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble hat im Interview
mit dem dbb magazin unmissverständlich klargestellt, dass ein
solches Verhalten eine „eklatante Verletzung der Steuergerechtigkeit als auch der Pflicht zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben“
darstellt. Bund und Länder haben einen klaren Auftrag. Statt
finanzpolitische Kunststücke vorzuführen, muss alles darangesetzt werden, die vorhandenen Ressourcen und Möglichkeiten zu
nutzen, um die grundlegenden Probleme zu lösen. Die Zeit, entsprechend zu handeln, ist jetzt.
sm
Schwerpunkt: Finanzverwaltung
>
>
interview
Bundesfinanzminister
Dr. Wolfgang Schäuble
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Arbeitsgespräch: EU-Arbeitszeitrichtlinie weiterentwickeln
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TV-L Berlin unterzeichnet
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Eingruppierung der Lehrkräfte
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Grundgesetzänderung für
Hartz-IV-Jobcenter
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IT-Nutzung in der Verwaltung
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Beamtenpensionen
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Steuersünderdaten in der Diskussion 13
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10
fokus
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Glücksspiel in Deutschland
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die andere meinung
Steuersenkungsmodelle:
Nur zu, wenn‘s geht!
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report
Finanzaufsicht im staatlich
konzessionierten Spielbankbetrieb:
Kopfrechnen am Casinotisch
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dbb akademie
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>
blickpunkt
Im Dienst der Sicherheit an
der Ostsee: Polizei ahoi
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3
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gesundheitspolitik
Pflegeberatung:
Kostenfrei und neutral
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online
Auktionen der öffentlichen Hand
30
frauen
Der öffentliche Dienst braucht
mehr mutige Mädchen!
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mitgliederservice
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glosse
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spezial
12. Europäischer Abend:
Privat oder Staat?
Impressum:
Herausgeber: Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion –
Friedrichstraße 169/170, 10117 Berlin, 030.4081-40, Fax 030.4081-5599.
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Chefredakteur: Dr. Walter Schmitz (sm); Redaktion: Christine Bonath (cri), Jan Brenner (br). Mitarbeiter dieser Ausgabe: Birgit Ulrich (bau), Britta Ibald (iba), Thomas Bemmann (be).
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Gestaltung: Marian-Andreas Neugebauer. Fotos: www.fotolia.de: L.Shat (Titel), Monsterdruck, Monkey
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Einzelheft 3,90 Euro inkl. Porto und Umsatzsteuer. Bezug durch die Post. Einzelstücke durch den Verlag.
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(dbb magazin), gültig ab 1. 10. 2009. Druckauflage: 766 533 Exemplare (IVW 4/2009). Vertrieb:
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Papier aus elementar-chlorfrei gebleichtem Zellstoff.
ISSN 0941-8156
aktuell
finale
jugend
„Löwe sucht Dompteur“
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t@cker
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mitgliedsgewerkschaften
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>
kulisse
Not macht erfinderisch
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> dbb magazin | April 2010
in eigener sache
Kunststücke
>
dbb > aktuell
>
dbb magazin
Die Tarifparteien haben sich
für Bund und Kommunen Ende
Februar 2010 auf einen Abschluss geeinigt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière
hat noch in Potsdam die zeitund inhaltsgleiche Übertragung auf Beamte und Versorgungsempfänger angekündigt.
Wie bewerten Sie als Bundesfinanzminister das Ergebnis,
und welche Perspektiven sehen Sie?
interview
4
Schäuble
Ich befürworte die Tarifeinigung für den öffentlichen
Dienst. Sie ist ein Kompromiss
mit Augenmaß, der die Interessen der Beschäftigten und
die angespannte Haushaltssituation berücksichtigt. Zu
Recht hebt mein Kabinettskollege Dr. de Maizière hervor,
dass die 26-monatige Laufzeit
dem Haushalt Planungssicherheit gibt. Den Vorschlag meines Kollegen zur Übertragung
auf den Beamtenbereich trage
ich mit. Wie Sie wissen, entscheidet über diese Fragen und
die Einzelheiten schlussendlich
der Gesetzgeber.
>
dbb magazin
Die Kommunen brauchen verlässliche Einnahmequellen, um
die Folgen der Wirtschaftsund Finanzkrise zu schultern.
Das Kabinett hat aufgrund
dessen eine Gemeindefinanzkommission eingerichtet, die
am 4. März 2010 erstmals getagt hat. Wie sieht der Fahrplan der Kommission aus?
>
Schäuble
Die Aufgabe der Kommission
wird darin bestehen, Vorschläge zu unterbreiten, wie eine
Neuordnung der Gemeindefinanzierung aussehen kann.
Sie wird Entlastungsmöglichkeiten auf der Ausgabenseite
(zum Beispiel Flexibilisierung
von Standards) zu prüfen haben, und sie wird auch über
einen Ersatz für die Gewerbe-
> dbb magazin | April 2010
Dr. Wolfgang Schäuble,
Bundesminister
der Finanzen
Steuerhinterziehern
das Handwerk legen ...
steuer nachdenken. Geprüft
wird in diesem Zusammenhang
unter anderem ein kommunaler Zuschlag auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer
sowie ein höherer Anteil der
Kommunen an der Umsatzsteuer. Daneben wird sich die Kommission mit der Beteiligung der
Kommunen an der Gesetzgebung des Bundes und dem Einfluss der EU-Rechtsetzung auf
die Kommunen befassen.
Noch vor der Sommerpause
soll ein weiteres Treffen stattfinden, um über Zwischenberichte aus den von ihr beauftragten Arbeitsgruppen (Kommunalsteuern, Standards und
Rechtsetzung) zu beraten. Die
Kommission strebt an, bis Ende
Herbst 2010 einen Bericht vorzulegen.
>
dbb magazin
Steuerhinterziehung und
Schwarzarbeit können nur
wirksam bekämpft werden,
wenn dem Staat dafür ausreichend Personal zur Verfügung
steht. Warum wird dennoch
auf die Einstellung von mehr
Steuerfahndern verzichtet –
und auf Steuereinnahmen in
Milliardenhöhe ebenfalls?
Beispiel voran und hat allein
für dieses Jahr 200 neue Stellen vorgesehen. Der Staat darf
auf die ihm zustehenden Steuer- und Abgabenzahlungen
nicht unter Verweis auf fehlendes Personal verzichten. Das
wäre eine eklatante Verletzung
sowohl der Steuergerechtigkeit als auch der Pflicht zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben.
>
>
Schäuble
Die Einstellung von zusätzlichen Steuerfahndern fällt in
die Personalhoheit der Länder.
Der Bund befürwortet die Einstellung zusätzlicher Steuerfahnder, aber er kann das den
Ländern nicht vorgeben. Die
Bundeszollverwaltung geht bei
der Bekämpfung der Schwarzarbeit jedenfalls mit gutem
dbb magazin
Die Bundesländer gehen recht
unterschiedlich mit Steuersünderdaten um. Zurzeit wird der
Ankauf entsprechender CDs
sehr kontrovers diskutiert.
Welchen Standpunkt vertritt
der BMF in dieser Frage?
>
Schäuble
Für mich bestand und besteht
kein Zweifel daran, dass Bund
Foto: BMF
>
dbb > aktuell
Dabei müssen wir uns auch
bewusst sein: Der Umgang
mit Informanten, die gegen
Geld Informationen anbieten,
die auf Steuerhinterziehung
im großen Ausmaß hindeuten,
stellt die Finanzverwaltung
des Bundes und der Länder vor
neue Aufgaben. Die Aufgabe
meines Hauses, des Bundesministeriums der Finanzen,
will ich da ganz klar formulieren: Es gilt, auf eine einheitliche Rechtsanwendungspraxis bei der Auftragsverwal>
tung zu achten. Bevor Entscheidungen getroffen werden
können, muss die Komplexität der Sachverhalte und der
Rechtsfragen, die sich daraus
ergeben, aufgearbeitet werden. Deswegen gab es und
wird es auch künftig unterschiedliche Entscheidungen
darüber geben, wie im Einzelfall mit einem konkreten Angebot umgegangen wird. Daraus
kann keinesfalls auf eine
unterschiedliche Verwaltungspraxis geschlossen werden.
Mir ist jedenfalls kein Bundesland bekannt, in dem Hinweisen auf Steuerhinterziehung
nicht nachgegangen wurde –
auch wenn sie von einem Informanten stammen, der Geld
verlangt.
>
dbb magazin
In der Wirtschaft ist es üblich,
Kosten-Nutzen-Relationen aufzustellen, um die Effektivität
von Dienstleistungen oder
Herstellungsprozessen bewerten zu können? Der öffentliche
Dienst wird dagegen eher einseitig betrachtet und gilt über-
Info
Dr. Wolfgang Schäuble …
… Jahrgang 1942, studierte Rechtsund Wirtschaftswissenschaften an
den Universitäten Freiburg und Hamburg. Seit 1965 ist er Mitglied der
CDU, seit 1972 Mitglied des Deutschen Bundestages. Von 1981 bis
1984 war er Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und von
1984 bis 1989 Bundesminister für besondere Aufgaben
und Chef des Bundeskanzleramtes. 1989 bis 1991 amtierte
Schäuble als Bundesminister des Innern. Seit 1989 ist er
Mitglied des Bundesvorstandes der CDU Deutschlands.
Von 1991 bis 2000 übte er den Vorsitz der CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages aus. Von 1998 bis 2000
war er Vorsitzender der CDU Deutschlands, seit 2000 ist
Schäuble Mitglied des Präsidiums. Von 2002 bis 2005 war
er stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im
Deutschen Bundestag. Von November 2005 bis 2009 amtierte er als Bundesminister des Innern und übernahm im
Anschluss daran das Amt des Bundesministers der Finanzen. Wolfgang Schäuble ist verheiratet und hat vier Kinder.
wiegend als Kostenfaktor. Warum gibt es keine „Leistungsbilanz öffentlicher Dienst“?
>
Schäuble
Die gibt es ja. Wir haben die
Kosten- und Leistungsrechnung. Wir sind damit in der
Lage, die Beziehungen zwischen den Leistungen der öffentlichen Hand sowie den
dafür bereitgestellten Ressourcen herzustellen und die
Kosten transparent auszuweisen. Dass wir auch neue, für
die Bundesverwaltung bislang
eher unübliche Wege beschreiten, dafür möchte ich
ein Beispiel nennen.
Bei der Erstellung von Dienstleistungen werden wir in der
Bundesverwaltung vom
Haushaltsjahr 2011 an etwas
bis dahin so noch nicht Praktiziertes erproben: Dienstleistungszentren der Bundesverwaltung können ihre Leistungen ab 2011 anderen Bundesbehörden gegen Bezahlung
anbieten. Wir bezeichnen das
als „Leistungsverrechnung
mit Geldmittelfluss“.
Die Rahmenbedingungen für
die Erprobung der Leistungsverrechnung wurden mit einer so genannten „Experimentierklausel“ für den Haushalt 2011 geschaffen. Die
Kundenbehörden veranschlagen die Ausgaben für den Bezug der Dienstleistungen in
ihrem Haushalt. Die Dienstleistungszentren kalkulieren
für die Leistung einen Preis
und stellen diesen der jeweiligen Kundenbehörde in Rechnung. Die Einnahmen stehen
dann den Dienstleistungszentren für die Refinanzierung der laufenden Ausgaben
zur Verfügung.
Für uns ist das ein wichtiger
Beitrag zur Erhöhung der
Transparenz der Leistungsbeziehungen und zur Zusammenführung von Fachund Finanzverantwortung.
Grundlage für Preiskalkulation und Kostentransparenz
ist eine leistungsfähige Kosten- und Leistungsrechnung,
die wir systematisch weiterentwickeln. Bei all dem bleibt
es unser erklärtes Ziel: Wir
wollen die Verwaltungskosten im Interesse der Erweiterung der Gestaltungsspielräume der Politik nachhaltig
reduzieren.
>
dbb magazin
Die so genannte Schuldenbremse ist im Grundgesetz
verankert worden. Wollen
Sie den Vorgaben gerecht
werden, müssten Sie in den
nächsten 24 Monaten an die
30 Milliarden Euro einsparen.
Wie wollen Sie diese Haushaltslücke schließen?
>
dbb magazin
Keine Frage: Wir werden die
neue verfassungsrechtliche
Schuldenregel einhalten. Aber
zu einer verantwortungsvollen Finanzpolitik gehört auch,
Entscheidungen erst auf der
Basis belastbarer Informationen zu treffen. Wir brauchen
zunächst eine aktuelle Prognose der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der
Steuereinnahmen. Die wird
uns erst Anfang Mai vorliegen. Insoweit kann ich Ihnen
heute auch keine neuen Zahlen für den Haushalt des Jahres 2011 und der folgenden
Jahre nennen. Damit werden
wir uns in den kommenden
Monaten intensiv beschäftigen. Eins ist jedoch klar: die
Konsolidierungsanstrengungen müssen zur Einhaltung
der neuen Schuldenregel ab
2011 erheblich verstärkt werden. Die Schuldenregel verlangt von uns, das strukturelle Defizit im Bundeshaushalt
bis zum Jahre 2016 in gleichmäßigen Schritten auf dann
nur noch 0,35 Prozent des BIP
abzubauen. Das bedeutet,
dass wir die strukturelle Nettokreditaufnahme um rund
zehn Milliarden Euro jährlich
zurückführen müssen.
> dbb magazin | April 2010
5
interview
und Länder alles tun müssen,
um Steuerhinterziehern das
Handwerk zu legen. Damit
sichern wir die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und dienen der Steuergerechtigkeit in
Deutschland. Das gilt auch
und besonders bei Auslandssachverhalten. Wir müssen
alles rechtlich Zulässige tun,
um an steuererhebliche Informationen zu gelangen. Das
gilt auch für den Ankauf von
Daten. Das sind wir den ehrlichen Steuerzahlern in unserem Land ganz einfach
schuldig.
dbb > aktuell
Arbeitsgespräch:
>
Aktionen zur neuen
Arbeitszeitrichtlinie
dbb Chef Peter Heesen hat am 18. März 2010
den Vorsitzenden der niederländischen Beamtengewerkschaft CNV Publieke Zaak, Eric de
Macker, und deren Schatzmeister Patrick Fey zu
einem Arbeitsgespräch in Berlin getroffen. Thema war die bevorstehende Neuauflage der im
Frühjahr 2009 gescheiterten Arbeitszeitrichtlinie.
kompakt
6
Der CNV Publieke Zaak setzt
sich wie der dbb für einen gewerkschaftlichen Pluralismus
auf europäischer Ebene ein
und vertritt ebenfalls Beschäftigte, die von den Regelungen der Arbeitszeitrichtlinie besonders betroffen sein
werden.
Die Europäische Kommission
arbeitet gegenwärtig an einem neuen Entwurf, der spätestens nach der Sommerpause vorliegen soll. Erste Gespräche von dbb und CESI mit
der Kommission haben bereits in Brüssel stattgefunden.
Gemeinsam wollen Deutsche
und Niederländer nun an diese Gespräche anknüpfen und
auch in den anderen EU-Institutionen vorsprechen. De Macker sagte zur Arbeitszeitrichtlinie, diese sei auch in
den Niederlanden ein großes
Thema. „Die gegenwärtige
europäische Rechtslage ist
gewiss unbefriedigend; wir
müssen aber achtgeben, dass
die besondere Arbeitssituation in zentralen Bereichen
unserer öffentlichen Dienste
berücksichtigt wird“, so de
Macker. Die Frage, wie Optout-Regelungen von der
zulässigen wöchentlichen
Höchstarbeitszeit und Bereitschaftsdienstzeiten zukünftig
geregelt werden, sei vor allem
> dbb magazin | April 2010
für Feuerwehr, Polizei und die
Mitarbeiter der Krankenhäuser wichtig, sagten Heesen
und de Macker.
„Darüber hinaus sind wir uns
absolut einig über den weiteren Weg der CESI“, freute sich
Peter Heesen nach dem mehrstündigen Gespräch. Eric de
Macker unterstrich die Bedeutung der Mitarbeit seiner Gewerkschaft in dem europäi-
>
schen Dachverband unabhängiger Gewerkschaften: „Der
Beitritt von Eurofedop zur CESI
war eine wichtige strategische
Entscheidung“, so de Macker.
Der CNV wolle sich verstärkt
in die Arbeit der CESI einbringen. Heesen erwartet neue
Impulse, insbesondere in der
Debatte um die EU-Strategie
2020. Die CESI werde die
Diskussion vorantreiben, so
Heesen.
In Kürze sollen die bisherigen
Brüsseler Geschäftsstellen von
CESI und Eurofedop vereint
werden; das gemeinsame Generalsekretariat der größeren,
neuen CESI wird am bisherigen Sitz der CESI ganz in der
Nähe von Kommission, Rat
und Parlament sein.
Trafen sich im dbb forum berlin: Patrick Fey, Eric de Macker und dbb
Chef Peter Heesen.
Info
Besoldungstabellen
online
Alle ab 1. März 2010 in
den Ländern neu geltenden Besoldungstabellen
stehen jetzt zum Download auf der dbb
Homepage zur Verfügung. Ab diesem Zeitpunkt ist mit der zweiten Stufe der Landesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetze 2009/2010 eine
gleichmäßig lineare Erhöhung der Bezüge in
allen Ländern mit einer
deutlichen Stärkung des
Basiseffekts wirksam
geworden. Einzelne Länder wie Thüringen und
das Saarland – und aktuell Hamburg – haben
bereits eigene Besoldungsgesetze beschlossen. Bei der Weiterentwicklung der Besoldung
ist es dem dbb in Bund
und Ländern bislang gelungen, eine starke Auseinanderentwicklung
der Tabellenstruktur zu
verhindern. Lediglich
Berlin hat keinerlei Besoldungs- und Versorgungsanpassung vorgenommen. Dort wird seit
August 2004 – der letzten bundeseinheitlichen
Besoldungs- und Versorgungsanpassung in Höhe von lediglich 1,0 Prozent – bei den Beamtinnen und Beamten über
die Schmerzgrenze hinaus gespart.
dbb > aktuell
Tarifabschluss öffentlicher Dienst Berlin:
Eckpunkte unterzeichnet
Eckpunkte für die Übernahme des künftig im Land
Berlin anzuwendenden Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) unterzeichnet.
>
dbb Verhandlungsführer Willi Russ (zweiter von links) und der Berliner Innensenator Ehrhard Körting
(gegenüber) unterzeichneten in Berlin die Eckpunkte für die Übernahme des TV-L im Land Berlin.
„Damit ist ein weiterer Schritt
in Richtung Tarifgerechtigkeit
getan. Wir hätten uns eine wesentlich schnellere Anpassung
gewünscht, aber mehr war im
Moment nicht drin“, sagte dbb
Verhandlungsführer Willi Russ
anlässlich der Unterzeichnung.
„Jetzt müssen wir einen
schnellen Fahrplan für die Redaktionsverhandlungen erarbeiten, damit der neue Tarifvertrag wie geplant am 1. April
2010 in Kraft treten kann – die
Beschäftigten sollen zügig zu
ihrem Recht kommen.“
Die Angleichung der Einkommen im öffentlichen Dienst
Berlins soll ab August 2011
beginnen, dann werden die
Beschäftigten 97 Prozent des
Einkommens anderer nach
TV-L Beschäftigter erhalten.
Ab 2013 sind weitere Angleichungsschritte vereinbart, sodass Berlins Landesbeschäftigte spätestens Ende 2017 das
gleiche Einkommen haben wie
die Beschäftigten anderer Länder. Die durchschnittliche Arbeitszeit soll ab August 2011
für alle Beschäftigten 39 Wochenstunden betragen.
>
Auf Beamte
übertragen
Der Landesvorsitzende des dbb
berlin Joachim Jetschmann betonte am Rande der EckpunkteUnterzeichnung erneut, dass
die Entgeltanpassung für die
Tarifbeschäftigten an das Gehaltsniveau der anderen
Bundesländer vom Grundsatz
her auf die rund 70 000 Beamtinnen und Beamten Berlins
übertragen werden müsse.
„Auch die Beamten brauchen
den Anschluss an die allgemei-
ne Einkommensentwicklung
und haben nach den vielen
Jahren, in denen sie wie die Tarifbeschäftigten zur Haushaltskonsolidierung beigetragen haben, einen berechtigten
Anspruch auf eine leistungsgerechte Bezahlung, die dem
Gesamtniveau der anderen
Bundesländer entspricht“, sagte Jetschmann. Es sei höchste
Zeit für den Senat, die Berliner
Beamtenschaft mit modernen
Einkommens- und Beschäftigungsbedingungen neu zu motivieren und nicht länger von
Besoldungsanpassungen auszuschließen. „Schon jetzt wandern hoch qualifizierte Kolleginnen und Kollegen in andere
Bundesländer mit besseren
Konditionen ab, und die Anwerbung von Nachwuchskräften wird immer schwieriger“,
warnte Jetschmann.
Der dbb Bundesvorstand ist am 26. März 2010 zu seiner Frühjahrssitzung in Berlin zusammengekommen.
dbb Bundesvorsitzender Peter Heesen analysierte in seinem Lagebricht die erfolgreich beendete Einkommensrunde 2010 und die Übertragung auf den Beamtenbereich, das Urteil des BVerfG zur Beibehaltung der Jobcenter von
Arbeitsagenturen und Kommunen, die Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens sowie Fragen der europäischen
Gewerkschaftsarbeit und der Stärkung der CESi im so genannten „Sozialen Dialog“. Der Bundesvorstand diskutierte unter anderem den Entwurf einer neuen Beitragsordnung sowie die anstehenden Sozialwahlen. Im Bild von
links die dbb Bundesleitung: Dieter Ondracek, Heinz Ossenkamp, Astrid Hollmann, Klaus Dauderstädt, dbb Chef
Peter Heesen, Frank Stöhr, Willi Russ und Kirsten Lühmann.
> dbb magazin | April 2010
7
berufspolitik
Foto: Jan Brenner
Willi Russ als Verhandlungsführer der dbb tarifunion und Berlins Innensenator Ehrhart Körting
haben am 12. März 2010 in Berlin wesentliche
dbb > aktuell
Eingruppierung der Lehrkräfte:
Kein Fahrplan ohne Ziel
Am 15. und 16. März 2010 fand in Berlin die
vierte Verhandlungsrunde zur Schaffung einer
Entgeltordnung für Lehrkräfte (L-EGO) statt.
Zwei weitere Runden sind bereits terminiert.
tarifpolitik
8
Während auf den ersten Blick
alles fahrplanmäßig aussieht,
und Themen wie Termine bestimmt sind, fehlt dem 1. Vorsitzenden der dbb tarifunion
Frank Stöhr allerdings etwas
Entscheidendes: „Es fehlt das
Ziel! Ein Fahrplan ohne Zielangabe ist jedoch schlechterdings nicht vorstellbar, weder
im Zugverkehr noch bei Tarifverhandlungen“, kritisiert
Stöhr.
Weil es also bei den Arbeitgebern, der Tarifgemeinschaft
deutscher Länder (TdL), bislang noch am grundsätzlichen Bekenntnis fehlt, überhaupt eine einheitliche tarifliche Regelung schaffen zu
wollen, haben die Gewerkschaften ihre Gangart verschärft und die Arbeitgeber
aufgefordert, sich bis zur
nächsten Verhandlungsrunde
am 28. April 2010 Stellung zu
den Positionen der Gewerkschaften zu beziehen. Die Gewerkschaften fordern zum
Beispiel in Sachen Geltungsbereich eine umfassende tarifliche Regelung. Die Kriterien für die Eingruppierung
müssen die auszuübende Tätigkeit und die für diese Tätigkeit erforderliche Ausbildung
erfassen.
Die Eckeingruppierung E 13
für Tätigkeiten, für die ein
wissenschaftlicher Hochschulabschluss gefordert ist,
soll auch für Lehrkräfte gelten. Außerdem streben die
Gewerkschaften eine einheitliche Eingruppierung in Ost
und West an.
> dbb magazin | April 2010
>
Kein Minimalkonsens
„Die gute Sacharbeit in den
einzelnen Verhandlungsrunden erhält nur dann Sinn und
Ziel, wenn beide Tarifpartner
ihre Zielsetzung auch offenlegen“, erklärt Stöhr. Die Gewerkschaften hätten dies
längst getan, ihre Positionen
seien bekannt. Von Seiten der
Tarifgemeinschaft deutscher
Länder (TdL) fehle dagegen bis
heute jegliche Positionierung:
„Nicht einmal die Schaffung
des Minimalkonsenses, die bisherigen Arbeitgeberrichtlinien
durch ein Tarifwerk zu ersetzen, war nach vier Verhandlungsrunden mit der TdL möglich“, so der dbb Tarifchef.
Aktuell werden bundesweit
Aktionen durchgeführt, in denen die Kolleginnen und Kollegen ihrem Unmut über das
fehlende Bekenntnis der TdL zu
einer einheitlichen tariflichen
Eingruppierungsregelung für
>
Willi Russ: Die Zukunft unserer Kinder sichern.
Lehrkräfte Luft machen. Eine
davon fand am 19. März 2010
am Rande der bildungsmesse
didacta in Köln statt. Gemeinsam nutzten dbb tarifunion
und GEW die Gelegenheit, viele Kolleginnen und Kollegen
sowie die übrige Fachwelt über
die Tarifproblematik zu informieren.
Willi Russ, 2. Vorsitzender der
dbb tarifunion, erklärte dort
zum Abschluss seiner Rede:
„Wir fordern hier und heute
alle Verantwortlichen in der
Politik auf: Setzen Sie sich mit
uns zusammen für Verbesserungen für alle Lehrerinnen
und Lehrer an allen Schularten
und Schulformen ein! Helfen
Sie uns, Ernst zu machen mit
der Umsetzung eines gerechten Bezahlungssystems! Und
setzen Sie sich zusammen mit
den Gewerkschaften für Verbesserungen ein, die eine bessere Bildung für unsere Kinder
und für unsere Zukunft bedeuten!“
Insbesondere in Sachsen haben die Gewerkschaften Ende
März zusammen mit den Beschäftigten dafür gesorgt,
dass das Thema Eingruppierung auf der Tagesordnung
bleibt, unter anderem mit einer Kundgebung am 29. März
2010 vor dem Dresdner Finanzministerium. Neben „LEGO“ ist in Sachsen auch das
Thema Arbeitsplatzabbau aktuell, weshalb die sächsischen
Kolleginnen und Kollegen mit
doppelter Motivation nach
Dresden gereist sind.
dbb > aktuell
Grundgesetzänderung
für Hartz-IV-Jobcenter:
Behördenwirrwarr
verhindert
„Die rund sieben Millionen
Hartz-IV-Bezieher werden damit auch künftig aus einer
Hand betreut, die Mitarbeiter
in Arbeitsgemeinschaften und
Optionskommunen haben nun
wieder eine sichere Grundlage
für ihre weitere Arbeit. So ist
ein Behördenwirrwarr für Bür-
ger und Beschäftigte in letzter
Minute verhindert worden“,
sagte der dbb Bundesvorsitzende Peter Heesen.
Eine Grundgesetzänderung sei,
wie der dbb seit der Verfassungsgerichtsentscheidung
gegen die enge Kooperation
von Kommunen und Arbeitsagenturen in den Jobcentern
Ende 2007 immer wieder betont habe, die einzig sinnvolle
Lösung, so Heesen. „Die Alternative, eine Trennung der verfassungsrechtlich nicht gedeckten Mischverwaltung, wie
ursprünglich durch die Koalitionsvereinbarung von Union
und FDP beabsichtigt, hätte
nicht nur eine gewachsene
und zunehmend erfolgreiche
Zusammenarbeit zu Lasten der
betroffenen Arbeitssuchenden
sowie der Beschäftigten infrage gestellt. Sie hätte zudem
mehr Bürokratie und einen
weiteren Anstieg sozialgerichtlicher Verfahren zur Folge gehabt“, machte der dbb Chef
deutlich. „Außerdem war auf
Seiten aller Beteiligten stets
unstrittig, dass die kommunalen Leistungen, insbesondere
in Sachen Kosten der Unterkunft, und die Leistungen der
Bundesagentur für Arbeit in
Bezug auf Langzeitarbeitslose
zusammengehören, sodass
nur gemeinsam gefördert und
gefordert werden kann“, stellte
Heesen fest.
IT-Nutzung in der Verwaltung:
Bürgerfreundlich
Einen „sehr hohen Effizienzgewinn“ durch den
Einsatz von Informationstechnologie (IT) in der
öffentlichen Verwaltung hat Kirsten Lühmann
konstatiert. Im „Behörden Spiegel“ (Ausgabe
vom 4. März 2010) verwies die stellvertretende
dbb Bundesvorsitzende auf den Einsatz umfangreicher Finanzmittel in diesem Bereich, vor
allem für Fortbildung und Management.
Der öffentliche Dienst brauche
eine zügige Ausstattung mit IT.
Die Prämisse, ein Euro IT-Investition ergibt fünf Euro Personalersparnis, sei allerdings
falsch, erklärte Lühmann. Die
öffentliche Verwaltung müsse
Vorreiter bei der IT-Nutzung
sein. Dadurch „ergeben sich
große Vorteile in Sachen Bürgerfreundlichkeit, Qualität und
bei der Vorgangsbearbeitung“,
stellte Lühmann fest. So gebe
es bei der Polizei inzwischen
überall IT-gestützte Vorgangsabläufe mit erheblichem Effizienzgewinn. Allerdings werde
damit kein Personal eingespart.
„Die Vorstellung‚ qualifiziertere Arbeit mit weniger Leuten
erledigen zu können, sei allerdings nicht machbar. IT ermögliche Synergieeffekte beispielsweise bei Personalangelegenheiten, Besoldung oder Beihilfe. Zugleich zeige im Schnitt-
stellenmanagement die Erfahrung immer wieder, dass es
„einzig die Menschen sind, die
die Kommunikation am effektivsten übernehmen können“.
Es müsse immer die Möglichkeit geben, von Angesicht zu
Angesicht mit den Bürgerinnen und Bürgern zu sprechen.
„Der Bürger verlangt in einer
Behörde zu Recht, Menschen
anzutreffen, mit denen er reden kann.“
Eine Nutzung sozialer Netzwerke wie facebook durch die
öffentliche Hand sei wegen der
Risiken aufgrund der Sammlung und Verwertung personenbezogener Daten „schwer
vorstellbar“. Wichtiger sei es,
den klassischen Internetauftritt zu nutzen und zu verbessern: „Dort bestehen echte
Chancen, dem Anspruch auf
bürgerfreundlichen Service gerecht zu werden“, sagte Lühmann.
> dbb magazin | April 2010
9
kompakt
Der dbb begrüßt die Einigung von Union, FDP
und SPD auf eine Grundgesetzänderung, die die
Beibehaltung der Jobcenter von Arbeitsagenturen und Kommunen in der bisherigen Form
möglich macht.
dbb > aktuell
Beamtenpensionen:
Dichtung und Wahrheit
Die Studie „Beamtenpensionen – Fakten statt Vorurteile“
führt eine ganze Reihe von
Behauptungen über die Beamtenversorgung ad absurdum und erläutert, warum
Halbwahrheiten so gefährlich
sind: „Weil immer die falsche
Hälfte geglaubt wird“, sagte
Autor Werner Siepe auf der
Pressekonferenz zur Untersuchung am 24. Februar 2010 in
Berlin. Daher ersetze die Studie Halbwahrheiten durch
beweisbare Wahrheiten und
belastbare Zahlen. Anhand
der sieben häufigsten Irrtümer über Beamtenpensionen
weist Siepe nach, dass vermeintliche Beamtenprivilegien weitgehend in den Bereich der Fabel gehören. Wie
der Experte ebenfalls aufdeckt, tappen bei Weitem
nicht nur Stammtischbrüder
in diese Irrtumsfalle, sondern
auch angesehene Wirtschaftsinstitute wie das DIW
in Köln oder der Finanzwissenschaftler Prof. Bernd Raffelhüschen von der AlbertLudwigs-Universität Freiburg
im Breisgau, der zum Beispiel
> dbb magazin | April 2010
Mitglied der „Rürup-Kommission“ für die Nachhaltigkeit in
der Finanzierung der sozialen
Sicherungssysteme war.
Das dbb magazin fasst die
wichtigsten Ergebnisse der unabhängigen Studie zusammen.
>
Irrtum 1:
Pensionshöhe
Pensionen sind doppelt und
dreifach so hoch wie die Renten. Beispiele sind eine Studie
>
Info
Foto: Jan Brenner
Werner Siepe …
>
… Jahrgang 1942, ist Finanzmathematiker und pensionierter Beamter.
Siepe ist Autor von Fachbüchern zu
Immobilien, Geldanlage und Altersvorsorge (unter anderem des Ratgebers „Finanziell sicher in Pension“).
Darüber hinaus ist er seit 1994 als
freier Mitarbeiter für die von der Stiftung Warentest herausgegebenen Zeitschrift FINANZtest
im Ressort Geldanlage und Altersvorsorge tätig.
Info
Die Studie …
Foto: Jan Brenner
hintergrund
10
Es gibt Gegebenheiten in der Bundesrepublik,
die immer wieder für breit angelegte Stammtischdiskussionen und Boulevard-Exkurse herhalten müssen. Die Beamtenversorgung ist eines dieser Dauerthemen. Von den Privilegien
der Pensionäre und der Benachteiligung der
Rentner ist da gern die Rede. Wenn sich Stammtischbrüder und Revolverblätter des Themas annehmen, liegen Dichtung und Wahrheit weit
auseinander, Vorurteile gehen vor Fakten. Eine
aktuelle Studie des Finanzmathematikers Werner Siepe bringt jetzt Licht ins Dunkel und erhellt, dass der vermeintliche Vorsprung der Pensionäre vor den Rentnern immer weiter zusammenschmilzt, je tiefer man sich mit den
Fakten der Pensionsberechnung beschäftigt.
… „Beamtenpensionen – Fakten statt
Vorurteile“ wurde von der VERS Versicherungsberater-Gesellschaft mbH in
Berlin in Auftrag gegeben. Die VERS
betreibt ausschließlich unabhängige
Versicherungsberatung. Geschäftsführer Hans-Hermann Lüschen ist von der
IHK zugelassener Versicherungsberater und hat sich seit Jahren auch auf die Beratung von Beamten hinsichtlich ihrer Altersversorgung spezialisiert, insbesondere auf das Erkennen und Schließen von Pensionslücken im
Falle einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit. Die komplette Studie kann im Internet unter www.vers-berater.de als PDF-Datei
heruntergeladen werden.
des Deutschen Instituts für
Wirtschaftsforschung (DIW),
nach der Pensionsansprüche
einen Gegenwartswert von
400 000 Euro haben, Rentenansprüche aber nur von
200 000 Euro sowie eine Berechnung der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) aus dem Jahr 2004,
nach der die durchschnittliche Pension dem Dreifachen
einer Durchschnittsrente entspricht.
Richtig sei dagegen, dass nur
ein Vergleich von aktuellen
Nettopensionen mit aktuellen Nettogesamtrenten aus
gesetzlicher Rente und Be-
triebsrente Sinn mache: „Bei
einem solchen fairen Vergleich errechnet sich beispielsweise ein finanzielles
Plus von zehn bis zwölf Prozent (bei 40 Beschäftigungsjahren) je nach Familienstand zu Gunsten der Pension, sofern ein monatliches
Bruttoendgehalt von 3 080
Euro und die Zusatzrente im
öffentlichen Dienst für einen
Rentner des Jahrgangs 1945
zugrunde gelegt wird.“ Bei
45 Beschäftigungsjahren
komme es sogar zu einem
kleinen finanziellen Minus
zu Lasten der alleinstehenden Pensionäre.
dbb > aktuell
>
Irrtum 2: Rente und
Pension im Vergleich
Als weiteren grundlegenden
Irrtum führt Siepe an, dass im
Vergleich von Rente und Pension die Pension stets höher
ist: Eine durchschnittliche Pension liegt bei 2 600 Euro, während bei Durchschnittsverdienern mit 40 beziehungsweise
45 Beitragsjahren die Rente
aber nur 1 088 beziehungsweise 1 224 Euro hoch ist?
„In den Bruttopensionen ist
quasi schon eine Betriebsrente
enthalten, da die Beamtenversorgung bifunktional ausgestaltet ist. Daher muss der bifunktionalen Beamtenpension
die Gesamtrente, also die Summe von gesetzlicher Rente und
Betriebsrente, gegenübergestellt werden. Außerdem muss
ein fairer Vergleich von einem
gleich hohen Bruttoendgehalt
ausgehen“, erläutert Siepe in
der Studie und bringt ein Rechenbeispiel: Bruttogehalt
3 000 Euro, Bruttopension
2 160 Euro, Bruttogesamtrente
2 030 Euro bei 40 Beschäftigungsjahren als Angestellter
im öffentlichen Dienst. „In diesem Fall kommt zu der gesetzlichen Rente von 1 542 Euro
noch die VBL-Zusatzrente in
der Höhe von 487 Euro hinzu,
falls der Rentenbeginn für den
Jahrgang 1945 im Jahr 2010
erfolgt. Die Bruttopension liegt
in diesem Beispielfall also nur
130 Euro beziehungsweise
sechs Prozent über der Bruttogesamtrente.“
>
Irrtum 3: Explosion
der Pensionsausgaben
Auch die These, dass die Pensionsausgaben explosionsartig
von 42 Milliarden Euro im Jahr
2010 auf 150 Milliarden Euro
im Jahr 2050 steigen – also
um mehr als das Dreifache –
widerlegt der Finanzmathematiker als unhaltbar:
„Diese Explosion der Pensionsausgaben über einen langen
Zeitraum von 40 Jahren steht
zunächst nur auf dem Papier.
Richtig ist, dass die künftigen
Pensionsausgaben durch die
zunehmende Anzahl von Pensionären um geschätzte 60
Prozent steigen werden (,Mengeneffekt‘). Es ist aber falsch,
bei der Hochrechnung auf das
Jahr 2050 ein gleichbleibendes
Pensionsniveau sowie eine
sehr hohe jährliche Gehaltssteigerung von drei Prozent zu
unterstellen (,Preiseffekt‘).
Wenn man von einer realistischen Gehaltssteigerung in
Höhe von durchschnittlich 1,5
Prozent pro Jahr ausgeht, sinken die Pensionsausgaben im
Jahr 2050 laut Drittem Versorgungsbericht der Bundesregierung von 2005 bereits auf 82
Milliarden Euro.“ Der Zuwachs
werde noch deutlich geringer,
wenn – wie erwartet – die
Pensionen relativ geringer steigen als die Gehälter der Beamten und somit das Pensionsniveau weiter sinkt. „Im vierten
Versorgungsbericht der
> dbb magazin | April 2010
dbb > aktuell
Bundesregierung von 2009
werden nur noch hochgerechnete Zahlen für die Pensionäre
beim Bund genannt, da die
Bundesländer seit der Föderalismusreform eigene Wege bei
der Versorgung ihrer Landesbeamten gehen“, erklärt Siepe.
>
Irrtum 4: Übertragung
der Rentenreform
Es sei eine falsche Annahme,
dass das Niveau der gesetz-
hintergrund
12
lichen Rente durch die Rentenreform laufend sinkt, während
das Pensionsniveau gleich hoch
bleibt: Die Absenkung des Rentenniveaus werde nicht wirkungsgleich auf die Beamtenversorgung übertragen.
Richtig dagegen sei, dass das
Pensionsniveau von 2003 bis
2010 in acht Stufen von maximal 75 Prozent auf 71,75 Prozent des Bruttoendgehalts
sinkt. „Das Bundesverfassungsgericht hat diese Kürzung des
Pensionsniveaus durch Urteil
vom 27. September 2005 (Az. 2
BvR 1387/02) gebilligt“, erläutert Siepe. „Alle Bundesregierungen sowie der Deutsche Beamtenbund (dbb) haben bisher
> dbb magazin | April 2010
erklärt, dass sie auch künftig die
Absenkung des Rentenniveaus
wirkungsgleich und systemgerecht auf die Beamtenversorgung übertragen wollen. Dies
ist also politisch und sogar
höchstrichterlich gewollt.“
>
Irrtum 5:
Pensionshöhe
Eine weitere falsche Annahme:
Die Pensionen richten sich nach
dem Durchschnitt der in den
letzten drei Jahren vor Pensionsbeginn erzielten Bruttogehälter. Von diesem durchschnittlichen Bruttogehalt wird
die Pension berechnet. Sie
macht 75 Prozent (andere sagen und schreiben 71,75 Prozent) dieses Bruttogehalts aus
dem Durchschnitt der letzten
drei Jahre aus.
Richtig sei, dass die Pension immer aus dem zum zuletzt erzielten Bruttogehalt (dem so
genannten Bruttoendgehalt)
berechnet wird, sofern keine
Beförderung in den letzten
zwei Jahren erfolgte (siehe § 5
Abs. 1 und 5 des Beamtenversorgungsgesetzes 1). „Den
Durchschnitt aus den Bruttogehältern der letzten drei Jahre
als Berechnungsgrundlage hat
es in der Beamtenversorgung
nie gegeben, sondern nur bei
nichtbeamteten Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes
bis Ende 2001“, heißt es in der
Studie. „Der aktuelle Pensionssatz beträgt je nach Bund,
Bundesland oder Kommune
zwischen maximal 72,16 und
72,97 Prozent des Bruttoendgehalts. Höchstsätze von 75 beziehungsweise 71,75 Prozent
kommen nur in Medienberichten vor, aber nie in der momentanen Praxis der Pensionsberechnung.“
>
>
Irrtum 7:
Krankenversicherung
Beim Vergleich von Pensionen
und Renten werden die Beiträge der Pensionäre zur privaten
Krankenversicherung und
Pflicht-Pflegeversicherung
Irrtum 6: Versteuerung von Pensionen
Beim Vergleich von Pensionen
und Renten wird unterstellt,
dass keine oder gleich hohe
Steuern anfallen. Siepe widerlegt auch dies: „Pensionen werden im Gegensatz zu gesetzlichen Renten und Betriebsrenten im Prinzip voll besteuert,
allerdings gibt es einen steuerlichen Pensionsfreibetrag, der
beispielsweise für die Neupensionäre im Jahr 2010 jährlich
3 276 Euro ausmacht. Dies bewirkt, dass bei einem Brut-
toendgehalt von 3 000 Euro
und dem Höchstpensionssatz
von rund 72 Prozent der steuerpflichtige Anteil rund 87 Prozent der Bruttopension ausmacht.“ Bei Neurentnern des
Jahres 2010 dagegen werde die
gesetzliche Rente nur zu 60 Prozent versteuert. Insbesondere
verheiratete Rentner zahlten infolge des steuerlichen Grundfreibetrags von rund 16 000 Euro pro Jahr keine Steuern, sofern sie keine anderen Alterseinkünfte haben. „Ehemalige
Angestellte im öffentlichen
Dienst müssen nur einen Ertragsanteil von 18 Prozent der
VBL-Zusatzrente versteuern, sofern sie zum Rentenbeginn das
65. Lebensjahr vollendet haben“, erklärt Siepe weiter.
unterschlagen, da die Berechnung angeblich zu kompliziert
sei oder sehr stark schwanke.
Stimmt nicht, weiß Siepe:
„Rund 98 Prozent der Pensionäre zahlen Beiträge in die private
Krankenversicherung (PKV) und
die Pflicht-Pflegeversicherung,
die insbesondere vom Familienstand, Eintrittsalter und Gesundheitszustand abhängen.
Im Durchschnitt muss der Pensionär mit monatlichen Beiträgen in Höhe von rund 180 Euro
(alleinstehend) beziehungsweise 360 Euro (verheiratet)
rechnen, sofern er 40 Jahre Beamter und seit dem Eintritt in
das Beamtenverhältnis in der
privaten Krankenversicherung
versichert war.“
Die restlichen zwei Prozent der
Pensionäre zahlten sehr hohe
Beiträge in die freiwillige gesetzliche Krankenversicherung
(GKV), da sie vor Eintritt in das
Beamtenverhältnis gut verdienende Angestellte waren. Siepe: „Da es keinen Arbeitgeberzuschuss vom Staat im Ruhestand gibt, können sich die bisher gezahlten Beiträge im Extremfall verdoppeln.“
br
dbb > aktuell
Steuersünderdaten in der Diskussion:
CDs kaufen oder nicht?
>
Bundesregierung
sagt ja
Die Bundesregierung mit Kanzlerin Merkel an der Spitze hat
entschieden, die Daten anzunehmen und dafür die geforderte Belohnung zu zahlen. Die
Landesregierung von BadenWürttemberg lehnte dagegen
einen Ankauf ab. Erneut wird
sichtbar, dass Steuerhinterziehung im breiten Umfang existiert und dass bisher zu wenig
getan wird, um dieses Phänomen zu bekämpfen. Gezeigt hat
sich auch, dass zwei Drittel der
Bevölkerung verinnerlicht haben, dass Steuerhinterziehung
eine Straftat ist, die wirksam
bekämpft werden muss.
Dass für Informationen Geld bezahlt wird, mag man unanständig finden, aber unüblich ist es
nicht. Bei vielen anderen Straftaten loben Staatsanwälte Belohnungen für Hinweise aus, die
zur Ergreifung der Täter führen.
Im polizeilichen Bereich werden
Informationen, die aus anderen
Straftaten gewonnen werden,
selbstverständlich verwertet.
Soll dies beim Delikt Steuerhinterziehung anders sein?
Steuerhinterziehung ist eine
Straftat wie andere Vermögensdelikte auch. Sie ist allerdings
schwerer zu entdecken als andere Straftaten. Steuerhinterziehung ist auch eine besondere Straftat, weil nicht ein einzelner Bürger geschädigt wird,
sondern die Gemeinschaft der
Bürgerinnen und Bürger. Während im normalen Strafbereich
die Tat sichtbar ist und angezeigt wird, muss bei der Steuerhinterziehung die Tat gesucht
werden. Dies erschwert das Geschäft der Steuerfahndung.
Deswegen gilt es, gerade bei
dieser Straftat, alle Informationen, die zur Aufdeckung von
Steuerhinterziehung führen,
anzunehmen und aufzugreifen.
>
Diebstahl an uns allen
Der Staat ist kein anonymes
Gebilde, sondern die Gemeinschaft aller Bürgerinnen und
Bürger – also wir ALLE! Wer bestohlen wird, erwartet vom
Staat selbstverständlich, dass
der Täter gefunden und bestraft
wird. Erst recht darf die Gemeinschaft vom Staat erwarten, dass er den Massendiebstahl an ALLEN konsequent bekämpft, die Täter sucht und bestraft. Wenn die zuständigen
Behörden Hinweise erhalten,
die zur Aufdeckung der Straftat
Steuerhinterziehung führen,
müssen sie diese annehmen
und verfolgen, sonst würden
sich die Ermittler selbst strafbar
machen. Der Vorwurf der Strafvereitelung (§ 285 StGB) beziehungsweise Strafvereitelung im
Amt (§ 285a StGB) steht hier im
Raum. Unstreitig, auch unter
Kritikern, ist es, dass solche Daten angenommen und verfolgt
werden müssen, wenn sie den
Strafbehörden zugehen, ohne
dass dafür Geld verlangt wird.
Wenn zum Beispiel ein Mitarbeiter einer Schweizer Bank illegal Daten aus seinem Bankhaus
entnimmt und kopiert und die-
se CD unentgeltlich der deutschen Steuerfahndung zuleitet,
wird ermittelt – und muss ermittelt werden. Dies ist die eindeutige Rechtslage. Moralisch
diskutiert werden kann allenfalls darüber, ob für die Hinweise etwas bezahlt wird oder
nicht. Hier gilt es, selbstverständlich abzuwägen. Darf der
Rechtsstaat für Hinweise, die
zur Ergreifung von Straftätern
dienen, Belohnungen ausloben
und bezahlen?
>
Ahndung ist Pflicht
Auch hier ist die Rechtslage
klar. Er darf! Die Staatsanwaltschaft lobt teilweise Belohnungen offen aus. Wo liegt dann
der Unterschied, ob die Hinweise und Beweise für Straftaten aufgrund einer Auslobung
von Belohnung kommen, oder
das Angebot kommt: Ich liefere
die Hinweise, wenn ihr eine Belohnung zusagt. Rechtlich gibt
es jedenfalls kein Hindernis, der
da und dort erhobene Vorwurf
der staatlichen Hehlerei ist völlig abwegig. Daten sind im
Übrigen keine Ware, man könnte rein formal mit Daten gar
nicht hehlen. Auch ein irgendwie geartetes Verwertungsverbot sehe ich nicht. Die Daten
sind kein Beweismittel, das im
Strafprozess als solches eingeführt wird, sondern die Daten
liefern den Anfangsverdacht,
der zur strafrechtlichen Ermittlung führt. Erst im Zuge dieser
strafrechtlichen Ermittlungen
werden Beweise erbracht und
erhoben, die im Strafverfahren
dann eingeführt werden.
>
Vorbehalte
unbegründet
Die Bundesregierung und das
Land Nordrhein-Westfalen haben deshalb nach meiner Überzeugung richtig entschieden
und zahlen für die übergebenen werthaltigen Informationen eine Belohnung, die verhältnismäßig ist, wenn dadurch
über 1 000 Straftäter überführt
werden können. Dreistellige
Millionenbeträge werden der
Staatskasse zugeführt. Rechtsstaatliche Bedenken sind nicht
begründbar und auch moralische Bedenken können nicht
ernstlich erhoben werden.
Wer Steuern hinterzieht bestiehlt die Mitbürger. Wer Steuern hinterzieht stellt sich somit
außerhalb der geltenden Gesetze. Nicht der handelt unmoralisch, der den Dieb ermittelt
und verfolgt und ihm die Beute
abnimmt, sondern der Dieb
selbst. Denn er hat die Rechtsordnung gebrochen. Die teilweise scheinheilig geführte politische Diskussion signalisiert
den Straftätern allenfalls, dass
man in der Steuerhinterziehung keine so schwere Straftat
sieht, sondern ein Kavaliersdelikt und das ist das falsche –
wie ich meine – ein verheerendes Signal.
Dieter Ondracek,
stellvertretender
dbb Bundesvorsitzender
> dbb magazin | April 2010
13
standpunkt
Seit längerer Zeit liegen bei den
Steuerfahndungsstellen Angebote zum Kauf von CDs mit Daten Schweizer Bankkunden. Die
angebotenen Daten sind echt.
Stichproben haben ergeben,
dass die CDs wertvolle Hinweise zur Aufdeckung von
Steuerhinterziehung enthalten.
Sichtbar ist auch, dass diese Daten nicht legal aus den Geldinstituten beschafft wurden. In
der Politik wurde das Für und
Wider eines Ankaufs diskutiert:
Darf der Staat solche Informationen annehmen oder nicht?
dbb > fokus
Glücksspiel in Deutschland:
Der Staat spielt mit ...
... wenn ein Rubbellos gekauft, ein Lottoschein abgegeben
oder in der Spielbank ein Jeton auf Zero gesetzt wird. Jeder
Einsatz ist steuerpflichtig und wird mit Abgaben zwischen
knapp 20 und 80 Prozent belegt. Bei über 30 Milliarden Euro
jährlichem Umsatz im Glücksspielgeschäft kommt ein erkleckliches Sümmchen für den Fiskus zusammen. Doch der Geldsegen ist
ebenso willkommen wie umstritten: Einerseits werden damit Kunst-,
Kultur- und Sportprojekte unterstützt, andererseits geht es zu Lasten der
Gesellschaft, wenn Spielsucht verhindert oder die Begleit- und Folgekriminalität des (illegalen) Glücksspiels bekämpft werden muss.
dossier
14
Über die Hälfte der Deutschen beteiligen sich an
Glücksspielen, die meisten
davon ohne über ihr Tun
nachzudenken. Sie wissen
weder wie viel Geld sie regelmäßig in die trügerische
Hoffnung auf das große Geld
stecken noch wie hoch ihre
Gewinnchancen sind noch
wie groß der Verwaltungsund Steueranteil ist, den sie
Einsatz für Einsatz tragen
müssen. Sie spielen Lotto,
kaufen Lose der staatlichen
Klassenlotterien, tippen Fußballergebnisse oder suchen
das „Kleine Spiel“ in Kneipen,
>
Restaurants und Spielhallen an
Geldautomaten.
Diese so genannten „Einarmigen Banditen“ schlucken mit
jährlich über 14 Milliarden Euro das meiste Geld, gefolgt von
Lotto und Co. mit etwa zehn
Milliarden, während über die
Casinotische nur etwa drei
Milliarden Euro wandern. Der
Rest geht für Online-Sportwetten (Oddset-Wetten) und für
Wetten auf Pferde und Fußballer drauf. Von den rund 30
Milliarden Glücksspielumsatz
kassiert der Fiskus Jahr für Jahr
über die Spielbankabgaben der
Casinos sowie die Rennwett-
und Lotteriesteuern bis zu fünf
Milliarden Euro mit zurzeit
stark rückläufiger Tendenz.
Die Steuereinnahmen kommen größtenteils den Ländern
zugute. Die zu zahlende Spielbankabgabe der öffentlichen
Spielbankunternehmen richtet
sich nach dem Bruttospielertrag (der Differenz zwischen
Einsatz und Gewinn) und
schwankt dabei je nach
Bundesland zwischen 45 und
80 Prozent. Von allen geleisteten Einsätzen bei Wetten, die
beim Finanzamt angemeldet
werden müssen, sowie vom
Verkaufspreis aller Lose bei
Spielbank Berlin. – Spielbanken sind in Deutschland im Gegensatz zu Spielhallen stets staatlich konzessioniert, werden öffentlich überwacht und von den Steuerbehörden kontrolliert.
Lotterien fließen knapp
17 Prozent Steuern in
die Länderkassen. Ausländische Lose, die in Deutschland
verkauft werden, müssen mit
25 Prozent versteuert werden.
>
Gewinnen tun immer
die anderen ...
Der Staat gewinnt also immer
und der Betreiber eines
Casinos oder einer Spielhalle
trotz aller Unkosten und
Abgaben ebenfalls. Nur die
Chance der Spieler, den Traum
vom großen Coup zu verwirklichen und beispielsweise
die richtigen sechs aus 49
zu tippen, ist Glückssache
im wahrsten Sinne des Wortes: Die Chance liegt bei
1 : 1 139 838 160. Diese extrem niedrige Gewinnwahrscheinlichkeit wird von den
meisten Spielern ignoriert
oder völlig unterschätzt. Der
subjektiv geringe Einsatz
scheint verkraftbar, der erhoffte mögliche Gewinn dagegen extrem hoch. Beim
Roulette ist die Wahrscheinlichkeit, sechs Mal nacheinander auf die richtige Zahl zu
setzen, übrigens noch 18 Mal
geringer als beim Lotto. Dennoch: Die Zahl der Spieler –
vor allem im Internet – steigt
kontinuierlich an.
dbb > fokus
Pathologische Spieler bevorzugen in der Regel den schnellen Kick, die unmittelbare Gewinnmöglichkeit, nicht zu-
letzt auch um Verluste sofort
ausgleichen zu können. Dabei
ignorieren sie „Pechsträhnen“
in der Hoffnung, sie durch Gewinne wieder auszugleichen
beziehungsweise das große
Geld zu machen. Am Ende
wird „Haus und Hof“ verspielt,
der soziale Absturz auch für
die Familie ist vorprogrammiert, der Fall in die Ausweglosigkeit ebenfalls. Keine andere Sucht endet häufiger im
Selbstmord als die Spielsucht.
Glücksspielsucht kann jeden
treffen, und selbst Lottospieler sind davor nicht gefeit, obgleich wissenschaftlich erwiesen ist, dass bei dieser Spielart
die Suchtgefahr wesentlich
geringer ist als beim Automatenspiel oder beim Roulette.
In jedem Fall sieht sich der
Staat in der Pflicht, die Spielsucht zu bekämpfen, ohne rigorose Spielverbote zu verhängen, da er nicht auf die
Steuereinnahmen verzichten
15
>
Gewinner können sich freuen: Glücksspielgewinne sind steuerfrei.
kann oder will. In Deutschland
sind deshalb die Spielbedingungen vielfältig reglementiert, und es gilt nach wie vor
das staatliche Glücksspielmonopol, das durch ein Urteil des
Bundesverfassungsgerichts
aus dem Jahr 2006 bestätigt
worden ist.
>
Verlierer wollen oft das Glück bezwingen – und verspielen alles.
Das Karlsruher Urteil sorgte
nicht nur für Zündstoff, weil
private Anbieter, die sich ein
Stück vom lukrativen Kuchen
abschneiden wollten, weiterhin in die Schranken verwiesen wurden, sondern es legte
dem Staat zugleich auf, Maßnahmen zu ergreifen, um der
Spielsucht vorzubeugen. Die
Auflage präventiver Maßnahmen diente zur Begründung,
das staatliche Monopol trotz
verfassungsrechtlicher Einwände (Eingriff in das Grundrecht der freien Berufsausübung der privaten Wettanbieter) und europarechtlicher
Vorgaben (Monopolverbot)
aufrechtzuerhalten. Auf der
Grundlage der Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts haben die Bundesländer
daraufhin einen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) abgeschlossen, der am 1. Januar
2008 in Kraft getreten ist.
Dieser Vertrag schafft bundeseinheitliche, verbindliche Rahmenbedingungen für die
Durchführung und Veranstaltung von Glücksspielen: Die
Entstehung von Spielsucht soll
verhindert beziehungsweise
bekämpft werden, indem die
Vorgaben des Jugendschutzes
und des Spielerschutzes gewährleistet werden müssen.
Um dies durchzusetzen sind
Werberestriktionen, Internetverbot und Vertriebsbeschränkungen eingeführt worden.
Diese Einschränkungen sollen
zugleich dazu dienen, betrügerische Machenschaften im
Glücksspielmarkt und kriminelle Begleiterscheinungen
wie etwa die Geldwäsche zu
bekämpfen.
Mit diesen Vorgaben wurde
zwar den privaten Anbietern
> dbb magazin | April 2010
dossier
Damit einher geht ein Anstieg
der Zahl der Spielsüchtigen,
die von Selbsthilfeeinrichtungen und -verbänden aktuell
auf bis zu 300 000 Menschen
in Deutschland geschätzt werden. Hinzu kommen nochmals an die 300 000 Spieler,
die sehr gefährdet sind, suchtabhängig zu werden. Besonders anfällig sind die Automatenspieler in Kneipen und
Imbissbuden, die es nahezu
überall und an jeder Ecke gibt.
Aus dem harmlosen Zeitvertreib – die Spielgeräte fallen
unter das Gewerberecht und
gelten als Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit – erwächst ein hohes
Suchtpotenzial mit allen negativen Folgen für die Betroffenen, deren Familien und die
Gesellschaft.
dbb > fokus
>
Info
Historisches
Glücksspielsucht ist offenbar so alt wie das Spiel selbst:
Die ältesten Würfelfunde aus Elfenbein oder Knochen sind
an die 3 000 Jahre alt. Tacitus beschreibt in der „Germania“
die Würfelleidenschaft der Germanen, die Haus und Hof
und im letzten Spiel sogar ihre Freiheit einsetzen und verlieren würden. 1396 wurde in Frankfurt/Main das erste
Spielhaus eröffnet, die Spielbank in Band Ems wurde 1720
gegründet. Dostojewski verfiel in Bad Homburg der Roulettesucht und schrieb dort 1866 den Roman „Der Spieler“.
Zurzeit gibt es in Deutschland knapp 80 staatlich lizensierte Spielcasinos und Automatenspielstätten. Die weltweit
bekanntesten Casinos befinden sich in Las Vegas und in
Monaco.
(Würfel-)Spielsteuern wurden bereits im Mittelalter, zum
Beispiel in Frankfurt, Nürnberg oder Schwäbisch Hall, erhoben. Das Rennwett- und Lotteriegesetz, auf dessen
Grundlage noch heute die Spielsteuern erhoben werden,
stammt aus dem Jahr 1922. 1948 wurde es auf Fußballwetten/Fußballtoto ausgedehnt.
dossier
16
die Geschäftsgrundlage entzogen, zugleich mussten staatliche Anbieter aber auch weitgehend auf Werbung verzichten mit dem Effekt, dass die
(Steuer-)Einnahmen aus dem
Glücksspielgeschäft deutlich
zurückgehen. Der Deutsche
Lottoverband rechnet bis Dezember nächsten Jahres mit
Steuerausfällen von mindestens 6,2 Milliarden Euro, wobei
die Verluste der Lotteriegesellschaften und der Spielbanken
noch gar nicht berücksichtigt
seien.
>
Rien ne va plus?
Der Glücksspielstaatsvertrag
läuft Ende 2011 aus. Präzisierungen und neue Regelungen
sind nicht nur aus verfassungsund europarechtlichen Vorgaben, sondern auch aus suchtpräventiven, wirtschaftlichen
und fiskalischen Überlegungen
heraus unerlässlich. Wer den
„Zockerknoten“ durchschlägt
und vor allem wie, steht zurzeit noch nicht fest, doch der
Bestand des staatlichen
Glücksspielmonopols scheint
nicht in Gefahr zu sein. Der
> dbb magazin | April 2010
richterliche Rechtsgutachter
beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg Paolo Mengezzi erklärte Anfang März
2010 die Regelung des deutschen Glücksspielstaatsvertrages für rechtens, die Glücksspiele im Internet verbietet.
Zurzeit werden etwa 20 Prozent der Steuereinnahmen aus
dem Lottogeschäft zur Finanzierung von Kunst, Kultur und
Breitensport verwendet, doch
Analysen über das Spielverhalten haben ergeben, dass diese
Zuwendungen nicht in erster
Linie denen zugute kommen,
die sie finanzieren, indem sie
Lotto spielen. Knapp 40 Prozent des Spieleinsatzes erbringen Bezieher niedriger Einkommen. Würden die Steuereinnahmen gezielt (auch) für
diese Bevölkerungsgruppen
eingesetzt, könnten beispielsweise Bildungsangebote für
sozial benachteiligte Kinder
und Jugendliche in die Finanzierungsprogramme einbezogen werden. Auch über höhere
Investitionen in die Suchtforschung einschließlich der Entwicklung von Rehabilitations-
>
Lotto gehört zu den beliebtesten und meist gespielten Glücksspielen
in Deutschland. Etwa zehn Milliarden Euro werden jährlich über die
unscheinbaren Scheine umgesetzt.
und Beratungsprogrammen
aus dem Lottotopf könnte
nachgedacht werden.
Auf der Rückseite eines Rubbelloses aus einer „staatlich
genehmigten Lotterie des Landes Brandenburg“, zum Preis
von einem Euro an einer Tankstelle erworben, sind die Gewinne und die Gewinnwahrscheinlichkeit genau bezeich>
net. 1 : 1 333 333 stehen die
Chancen, mit dem Los 10 000
Euro zu gewinnen. Weiter
heißt es: „Teilnahme ab 18 Jahren. Beratung zur Glücksspielsucht durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: 0800.1 37 27 00 (kostenfrei und anonym).“ Ein
Schelm, wer Böses dabei
denkt?
sm
Info
dbb Web-Tipps:
Infos und Downloads zur Bekämpfung der Spielsucht finden sich unter anderem auf der Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit unter www.bmg.bund.de sowie
auf der Homepage der Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung unter www.bzga.de
dbb > fokus
Nur zu, wenn‘s geht!
Liebe Griechen, runter mit den Steuern, damit
ihr nicht pleitegeht! Was wäre das für ein irrwitziger Ratschlag. Dabei ist er soweit nicht
entfernt von dem, was uns unverdrossen ein
Teil der Bundesregierung empfiehlt.
Für die FDP ist die Steuersenkung
eine Art Mafia-Angebot – also eines, das man besser nicht ablehnen sollte. So tritt die Partei zumindest in der Koalition und in
der Öffentlichkeit auf. Das ist
nicht sehr klug. Schließlich liegt
das strukturelle Haushaltsdefizit
bei rund 66 Milliarden Euro. Statt
weltweitem Krisengerede und allgemeiner Haushaltsnot kam Hoppla-Hopp-Guido über das Land
und versprach den Himmel auf Erden für jeden Steuerzahler: mehr
leisten, dafür weniger zahlen. Gegen dieses Patentrezept aus dem
Schlaraffenland, eingekleidet in liberales Denken, war bei der Wahl
vor einem halben Jahr kein Kraut
gewachsen. Rekordzustimmung,
Vizekanzlerschaft, Traumhochzeit.
Westerwelle und Merkel, FDP und
Union, neues Denken gegen altes
Jammern. Selten waren sich Populismus, Politik und Prognose so
eins gewesen. Endlich schien man
in der bundesdeutschen Politik beweisen zu können, was in vielen
Jahrzehnten den verschiedenen
Politiker-Generationen nicht gelang: Der Staat kann mehr geben
als nehmen.
Jetzt, ein paar enttäuschende Monate später, fühlt sich die Mehrheit laut Demoskopie, aber auch
bei jeder x-beliebigen Straßenbefragung spürbar, furchtbar ernüchtert. Es ist, als käme man kollektiv nach einer ungewollt durchzechten Nacht am nächsten Morgen auf dem Weg zur Dusche an
einem Spiegel vorbei: Wer oder
was mag das fremde Gegenüber
sein? Für Guido Westerwelle ist
das Steuersenkungsversprechen
eine Frage der Restehre. Für die
Bürger ist mehrheitlich der Steuersenkungsrausch vorbei. 80,2
Milliarden Euro neuer zusätzlicher
Schulden haben ihre Wirkung.
Die Gesundung der Staatsfinanzen geht vor, so denkt und fühlt
man inzwischen wieder. Der Vizekanzler der christlich-liberalen Koalition segelte in den Zustimmungswerten nach unten. Haushaltsdefizite im Inland, krachende
Staatsfinanzen im Ausland – und
das nicht nur in Griechenland –
haben Spuren hinterlassen. Dabei
ist es bisher doch nur um gereizte
Diskussionen gegangen. Das dicke
Ende einer Politik die meint, man
könne folgenlos den Staat entkleiden, steht uns allen erst noch
bevor.
Zehn Milliarden Euro jährlich müssen ab 2011 gespart werden, dafür sorgt auch die Schuldenbremse. Bildungsförderung, Konjunkturankurbelung, KurzarbeiterUnterstützung kommen neben
vielen weiteren Milliardenverpflichtungen noch hinzu. Der
Bund mag sich im Ehrenwort sehen und unverdrossen an versprochene Wahlgeschenke denken.
Der Finanzdruck wird in jedem Fall
nach unten weitergegeben. Weiter an die Länder, weiter an die
Kommunen, eskalierend dort, wo
der Staatsbürger auf den Staat
trifft: am Schwimmbad, in der Bücherei, beim öffentlichen Dienst.
12 000 Stelleneinsparungen im
Staatsdienst allein in NordrheinWestfalen? Was für eine Botschaft
für den amtierenden Ministerpräsidenten von der CDU! Steuersenkungen meinetwegen – dann aber
ohne Länder und Kommunen als
Zahlmeister. So hat es Jürgen Rüttgers formuliert. Das ist außerhalb
der FDP und der Linken parteiübergreifend Konsens.
Wer meint, Wahlversprechen
müssten auch dann auf alle Fälle
gehalten werden, wenn ihre seriöse Gegenfinanzierung von vornherein fehlte, der müsste sich jetzt
zumindest aus dem liberalen
Sparbuch mit seinen über 400
Tipps bedienen. Reduzierung der
Zahl der Staatssekretäre, Verzicht
bei der regierungsamtlichen Propagandaarbeit oder Abschaffung
ganzer Ministerialbürokratien!
Nur zu, wenn’s geht. Aber die teuerste Form des Steuersparmodells
wäre es, dem Bürger als Steuerzahler Milliarden zu erlassen, um
ihm im gleichen Zusammenhang
als Staatsbürger die notwendige
Hilfe durch den Staat und den öffentlichen Dienst dort zu zertrümmern, wo es nur für die Vermögenden Alternativen gibt: bei der
Sicherheit, in der Bildung, bei der
Kultur, in der Vermittlung gleicher
Chancen für alle, unabhängig von
der Höhe der Einkommen.
Politik, die den Eindruck erweckt,
sie könne sich abkoppeln von der
tatsächlichen und der gefühlten
Wirklichkeit, von milliardenschweren Haushaltslöchern und von den
Schlaglöcher-Straßen in der Gemeinde, beschädigt das Ansehen
der Demokratie. Am Ende ist es
gar kein so großer Unterschied
zwischen den Extremen: Die
Linkspartei verspricht den demokratischen Sozialismus, wenn es
nur gelänge, 160 Milliarden Euro
steuerlich umzuverteilen. Die FDP
mitverantwortet 80 Milliarden
neuer Haushaltsschulden, um zugleich 20 weitere Milliarden steuerlich herzuschenken und darüber hinaus auch noch 20 bis 30
Milliarden Euro (ganz konservativ
>
Info
Der Autor, Jahrgang 1955,
seit 1983 politischer Beobachter der Bundespolitik,
wurde in Kaufbeuren/Allgäu
geboren. Nach Soziologiestudium und Volontariat
war er bei verschiedenen
nationalen Medien mit
Stationen in Stuttgart,
Wiesbaden, Hannover, Bonn
und Berlin tätig. Zurzeit ist
Dieter Wonka Leiter des
Hauptstadtbüros der Leipziger Volkszeitung in Berlin.
gerechnet) für einen steuerlichen
Sozialausgleich bei der Gesundheitsprämie einzupreisen. Das
sind zwei Seiten einer Medaille. Es
handelt sich um Politik für einen
anderen Stern.
Natürlich muss Politik auch den
Mut haben, Neues zu versuchen.
Politiker, die meinen, sie könnten
sich risikofrei von Wahl zu Wahl
hangeln, scheitern am Ende. Das
würde auch eine Moderationskanzlerin erleben, wenn sie sich
an entscheidenden Wegpunkten
nicht dazu aufraffte, eigene Haltung zu zeigen. Das Steuersenkungsmodell, das auf der Ausplünderung der Kassen des Staates an den Stellen beruht, an der
der Bürger öffentliche Daseinsvorsorge erwarten darf, ist aber kein
neues, kein mutiges, kein ehrenvolles Modell. Es ist, auch wenn es
von der FDP kommt, ein Modell
zur Stärkung des Politikfrustes.
Und damit ist es fernab von liberalen Tugenden. Und es wäre nicht
gerecht. Wer will, wenn er kann,
unter solchen Voraussetzungen
schon seine größtmögliche Leistung anbieten?
Dieter Wonka
> dbb magazin | April 2010
17
die andere meinung
Steuersenkungsmodelle:
dbb > fokus
report
18
Finanzaufsicht im staatlich konzessionierten Spielbankbetrieb:
Kopfrechnen am Casinotisch
Die gut gekleideten Damen und Herren, die in
der Spielbank Hannover aufmerksam, doch unauffällig nach dem Rechten sehen, werden von
den meisten Besuchern der größten staatlich
konzessionierten Glücksspielstätte Niedersachsens vermutlich für Casinopersonal gehalten;
eigens dafür abgestellt, den Spielern auf die
Finger zu sehen. Das tun die 18 AufsichtsbeamDie automatische Tür schließt
sich mit einem leisen Zischen.
Zwei Euro beträgt die Eintrittsgebühr. Am Empfang prüfen
freundliche Mitarbeiter mit
aufmerksamem Blick in das verlangte Ausweisdokument, ob
ihr Gegenüber älter ist als 18
Jahre und nicht vielleicht gesperrt, wegen Spielsucht. Dann
ist man frei, im staatlichen konzessionierten Casino von Hannover das Spiel seiner Wahl zu
suchen. In der Automatenspielhalle im Erdgeschoss fordern ab
> dbb magazin | April 2010
12 Uhr mittags die ersten Gäste
ihr Glück heraus. Eine glimmende Zigarette im Aschenbecher,
füttern sie blinkende Maschinen mit Münzen oder Geldscheinen. Auch in der ersten
Etage, im Nichtraucherbereich,
ist ab 12 Uhr Automatenspiel
möglich, doch bis zum Nachmittag ist hier oben wenig los.
„Ein Zocker will rauchen“, sagt
Henning Neumann und deutet
auf eine Reihe Automaten, die
mit Lichtspielen und rollenden
Symbolbildreihen vergebens
ten im Spielbankbetrieb, die das zuständige Finanzamt Hannover Mitte hier einsetzt, zwar
auch. Ihre Hauptaufgabe besteht aber darin,
den Spielbetrieb laufend zu überwachen und
täglich die Besteuerungsgrundlagen festzustellen, aus denen das Land Niedersachsen den ihm
zustehenden Anteil aus den Glückspielerträgen
abschöpft.
nach Kundschaft blinken. „Hier
oben geht der Betrieb erst richtig los, wenn ab 16 Uhr das
klassische Spiel an den Tischen
beginnt“, ergänzt Neumann.
Der Finanzbeamte wirft einen
Blick auf seine Armbanduhr –
sie zeigt wenige Minuten vor
Vier – dann nimmt er Kurs auf
einen amerikanischen Roulettetisch, an dem drei Personen soeben die so genannte Tisch-Eröffnung vornehmen.
Ein Croupier entnimmt Jetons
verschiedener Farben aus den
dafür vorgesehenen Holzkisten und zählt die Wertbeträge
den beiden am Tisch sitzenden Personen vor. Die Handvoll Spieler – ältere Herren,
die mit offensichtlicher Ungeduld auf die Freigabe dieses
ersten Spieltischs warten –
schenken dem Geschehen
kaum Beachtung. Und vermutlich ahnen sie nicht einmal, dass sie Zeugen einer hoheitlichen Verrichtung sind,
die nach den Bestimmungen
des Niedersächsischen Spiel-
dbb > fokus
>
Im Morgengrauen
wird abgerechnet
Die Bestimmungen besagen,
dass die Finanzbehörden – in
diesem Fall das Finanzamt Hannover-Mitte – den Bruttospielertrag täglich ermitteln müssen. Im aktuellen Fall ist es eine
Aufsichtbeamtin, die zusammen mit dem Saalchef der
Spielbank feststellt, ob die im
Konzessionsvertrag vorgegebene Anfangslage – pro Roulettetisch sind das Jetons im Gegenwert von 60 000 Euro – bereitgehalten wird. „Die Anfangslage ist das Einsatzkapital, das die
Spielbank an diesem Tisch ins
Spiel bringt“, sagt Neumann
und erläutert dann, dass die Finanzaufsicht die dem Staat zustehenden Abgaben nicht etwa
aus dem Einsatzkapital schöpft,
sondern aus der Summe an Jetons und Bargeld, die sich am
Ende des Spieltages in den
„Kassenbehältern“ des jeweiligen Tisches befinde. „Wenn die
Spielbank in den frühen Morgenstunden schließt, wird auf
der Basis des bei der Tischeröffnung abgezeichneten Dokuments wieder von je einem Vertreter der Finanzaufsicht und
der Spielbank eine Abrechnung
erstellt, die erzielte Gewinne
oder erlittene Verluste ausweist.“
Die Summe aller Tagesabrechnungen aus dem Spielbetrieb –
dazu zählen selbstverständlich
auch die im Automatenspiel getätigten Einsätze, vermindert
um die an die Gäste ausgezahlten Gewinne, die so genannten
Jackpots –, liefert dem Finanzamt die Grundlagen für die Besteuerung des Spielbankbetriebs. Diese wird im Abgleich
mit den Computeraufzeichnungen mit der bei der Öffnung
und Leerung einer bestimmten
Anzahl von Automaten ermittelt und dokumentiert.
Wenn das Casino Gewinne erzielt, kann die Höhe dieser
Spielbankabgabe bis zu 60 Prozent betragen.
„Im Fall einer Spielbank kann
die Finanzverwaltung nicht verfahren wie mit einem Gewerbebetrieb, in dem sich die Geschäftsvorfälle nachvollziehen
lassen: Wenn wir das hier im
Casino tun wollten, müssten
wir jeden Spieleinsatz aufschreiben“, erklärt Henning
Neumann den Kontrollaufwand
und beschreibt mit den Armen
einen Bogen, der so viel besagt
wie: Wenn die Finanzbehörde
so vorgehen müsste, hätte sie
keine Chance.
>
2.30 Uhr früh ins Casino tragen.
„Das schaffen wir nur im
Schichtdienst“, sagt Neumann
und strebt einer Tür zu, die den
öffentlichen Bereich vom Personaltrakt trennt.
>
Elizabeth Pilhofer, stellvertretende Vorsitzende des Finanzamtes Hannover.
>
Michael Herbst, Sachgebietsleiter für den Finanzaufsichtsdienst
des Finanzamtes Hannover.
18 Aufsichtsbeamte
wahren den Überblick
Schließlich verfügt der leitende
Aufsichtsbeamte für die Spielstätte Hannover bei der vom
Gesetzgeber angeordneten
„laufenden Überwachung des
Spielbetriebs am Spielort“ nicht
gerade über ein Heer von Kontrolleuren, die jede Transaktion
beobachten könnten: Ihm stehen bei der Personaleinsatzplanung gerade 18 Mitarbeiter zur
Verfügung, darunter sechs
Frauen, die alle die Berufsbe-
>
Henning Neumann, leitender
Aufsichtsbeamter in der Spielstätte Hannover.
zeichnung „Bedienstete im
Finanzaufsichtsdienst“ führen.
Der Einfachheit halber werden
sie aber meist „Aufsichtsbeamte“ genannt, obwohl 14 tariflich beschäftigt und nur vier
verbeamtet sind. Alle 18 stehen
vor der Aufgabe, dem Staat die
ihm zustehenden Erträge aus
dem Geld zu sichern, das mehrere hundert Spieler täglich
zwischen 12 Uhr mittags und
> Jetons im Wert von 60 000 Euro
kommen am Spieltisch zum Einsatz,
zur Eröffnung von den Aufsichtsbeamten akribisch geprüft.
Im Casino-Obergeschoss
herrscht inzwischen an allen
drei amerikanischen Roulettetischen reger Spielbetrieb. Um
18 Uhr beginnt „Black Jack“,
dann wird auch der große französische Roulettetisch öffnen,
und ab 20 Uhr versammeln sich
die Pokerspieler, während unten in der Automatenhalle für
Raucher die Luft mit jeder weiteren Viertelstunde des Abends
undurchdringlicher wird. Doch
auch dort, in der „dicken Luft“,
wird ein Aufsichtsbeamter
Dienst tun: „Früher, als auch an
den Spieltischen noch geraucht
werden durfte, war alles noch
unangenehmer, da kam man
nach Hause und hat gestunken
wie aus der Räucherkammer“,
erinnert sich Henning Neumann, der auf stolze 30 Jahre
Berufserfahrung im Bereich der
Finanzaufsicht zurückblicken
kann.
Jenseits der „Nur für Personal“Tür endet die plüschige Casinowelt mit ihren blinkenden
Automatenlampen schlagartig.
Das Gemurmel von Spielern
und Croupiers, deren Schritte
und Stimmen von dicken Teppichböden gedämpft werden,
ist hier genauso verschwunden,
wie das pudrige Licht, das dem
Spielsaal eine leicht unwirkliche Atmosphäre verleiht. Der
Personalbereich, den sich Spielbankbeschäftigte und Finanzbeamte teilen müssen, würde
sich in nichts von anderen herkömmlichen Büros unterscheiden: Wenn nicht ab und zu
Spielbankbedienstete mit Fliege und Anzug oder Finanzbeamte in gehobener Gesellschaftskleidung – die Finanzverwaltung zahlt ihren Aufsichtsbeamten dafür einen Bekleidungszuschuss – durch den
Flur eilen würden, zurück in die
Glitzerwelt der Geldspiele.
> dbb magazin | April 2010
19
report
bankgesetzes jeden Tag neu
durchgeführt werden muss.
dbb > fokus
>
report
20
Schichtdienst von
8.30 Uhr bis 4 Uhr
„Die Tätigkeit in der Finanzaufsicht ist für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des
Finanzamtes schon ein reichlich exotischer Einsatzbereich“, räumt auch Elizabeth
Pilhofer ein, die als stellvertretende Vorsteherin des Finanzamtes Hannover-Mitte für die
Finanzaufsicht in den Spielstätten der Landeshauptstadt,
in Bad Pyrmont und demnächst auch in Göttingen zuständig ist. „Normalerweise
bearbeiten die Kollegen im Finanzamt im normalen Tagesdienst Steuerakten oder nehmen Betriebsprüfungen vor.
Nachtarbeit ist in unserem Bereich ja eigentlich nicht vorgesehen“, sagt die stellvertretene Amtsvorsteherin mit Blick
auf den aktuellen Dienstplan,
den Henning Neumann aus
einer Schreibtischschublade
gezogen hat. Die verplante
Zeitspanne reicht über die Öffnungszeiten der Spielbank –
12 bis 2.30 Uhr – hinaus:
Sonst könnten nicht alle Vorgänge im Spielbankbetrieb
den gesetzlichen Vorgaben
entsprechend überwacht werden. In der ersten Schicht, die
um 8.30 Uhr morgens beginnt, werden beispielsweise
von den Spielbankmitarbeitern und Aufsichtsbeamten
>
die Abrechnungen für die
Spielautomaten vorgenommen , die vierte und letzte
Schicht endet um 4 Uhr früh
mit der Abrechnung der Spieltische. Und innerhalb der Publikumszeiten sind die Aufsichtsbeamten zudem gehalten, im Automatenbereich da
rauf zu achten, dass keinerlei
Manipulationen an den Spielgeräten vorgenommen werden. An den Tischen, beim so
genannten „Lebendspiel“ gilt
das Augenmerk der Finanzamtsmitarbeiter sowohl dem
Treiben der Spieler, als auch
dem der Beschäftigten.
„Wo viel Geld im Umlauf ist,
besteht auch die Gefahr, dass
Mitarbeiter der Spielbank der
Versuchung nachgeben, sich
zu bedienen“, schaltet Michael
Herbst sich ein. Nachdem er
Erfahrung im Aufsichtsdienst
gesammelt hatte, pendelt er
nun als Sachgebietsleiter für
den Finanzaufsichtsdienst zwischen den vom Finanzamt
Hannover-Mitte kontrollierten
Spielstätten, um zu prüfen, ob
in den Betriebsabläufen auch
alles so funktioniert, wie es
sollte. Dass Michael Herbst
hierbei weniger Sorgen hegt,
dass einer der eigenen Leute
dem trügerischen Glanz des
Casino-Geschäftes erliegt und
nach Geld greift, das ihm nicht
gehört, versteht sich von
selbst.
Auf manche Menschen üben blinkende Spielgeräte mehr Faszination
aus, als ihren Brieftaschen guttut.
Aussterbende Art: Das klassische französische Roulette weicht
immer öfter der schnelleren amerikanischen Variante. Die Spielbank Hannover verfügt noch über einen französischen Tisch.
Herbst achtet vielmehr darauf, dass die Aufsichtsbeamtinnen und -beamten sich korrekt verhalten – und das nicht
nur im Umgang mit Spielern,
wenn es beispielsweise gilt,
Missverständnisse oder Unklarheiten im Spielbetrieb aufzuklären oder Betrugsversuche zu vereiteln, sondern auch
gegenüber den Beschäftigten
der Spielbank. Da die gesetzlichen Vorgaben Spielbankpersonal und Aufsichtsbeamte in
ein Joch spannen, könnte sich
Kollegialität entwickeln, die
bei den Mitarbeitern der Finanzverwaltung zu nachsichtigem Verhalten bis hin zur
Befangenheit führt: Schließlich herrscht bei allen Abrechnungen und Kontrolltätigkeiten mindestens das Vier-Augen-Prinzip. Behälter, die ungezähltes Geld enthalten –
beispielsweise bei der Ermittlung der Automatenerträge –
sind doppelt gesichert , wobei
je ein Schlüssel von der Spiel-
bank, der andere vom Finanzamt geführt wird. „Für solche
Situationen ist enge Kollegialität absolut unerwünscht“,
sagt Herbst entschieden. „Das
bedeutet nicht, dass unsere
Leute keinen freundlichen
Umgangston pflegen sollen,
aber der Kontakt darf sich nur
auf das Dienstliche beschränken.“
>
> dbb magazin | April 2010
Ein Croupier muss nicht nur perfekt Kopfrechnen können, sondern
auch sehr fingerfertig sein.
dbb > fokus
Nachtaktiv und fähig,
im Kopf zu rechnen
Damit diese Unverbindlichkeit
auch gewährleistet ist, werden
die Aufsichtsbeamten im Spielbankbetrieb alle zwölf bis 18
Monate in einem Rotationssystem an eine andere Spielbank
versetzt. In Niedersachsen gibt
es zehn staatlich konzessionierte Casinos. „Diese Versetzungen erfolgen nach Möglichkeit
wohnortnah und sind für die
Beschäftigten selbstverständlich kostenneutral“, betont Michael Herbst. Dennoch bleibt
die berechtigte Frage, was einen Beschäftigten der niedersächsischen Finanzverwaltung
veranlasst, sich im Exotenfach
Finanzaufsicht zu bewerben
und den geregelten Tagesdienst
mit Sonn- und Feiertagen im
Finanzamt gegen Schichtdienst
an 360 Tagen im Jahr einzutauschen?
Und Nachtmenschen müssten
sie sein: „Wenn gegen vier Uhr
früh die Tischabrechnungen gemacht werden, müssen die Kolleginnen und Kollegen noch
hellwach sein, das ist eine Gabe, die man unbedingt mitbringen muss für diesen Beruf“,
sagt Neumann und ergänzt:
„Kopfrechnen. Das müssen sie
auch können. Und da gibt es
manchmal Schwierigkeiten bei
den jungen Bewerberinnen und
Bewerbern. Heute rechnet ja
kein Mensch mehr auf diese
Weise. Unsere Leute hier müssen aber beispielsweise in der
Lage sein, im Kopf zu überschlagen, wie viel Geld sich an einem
Tisch im Spiel befindet. Ich
kann da ja niemanden mit dem
Taschenrechner daneben stellen.“
„Das sind oftmals ganz persönliche Gründe, für einen ist gera-
Text: Christine Bonath
Fotos: Jan Brenner
>
Info
Glücksspielaufsicht ist Ländersache – auch in
Niedersachsen
Handlungsgrundlage für die Kontrolle des öffentlichen
Glücksspiels in Niedersachsen ist das Spielbankengesetz
(NSpielbG).
Ziele des Gesetzes sind:
– das Entstehen von Glückspielsucht zu verhindern und die
Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung
zu schaffen,
– das Glücksspielangebot in Spielbanken zu begrenzen und
den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete
und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere ein
Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern,
– den Jugend- und den Spielerschutz zu gewährleisten,
– sicherzustellen, dass Glücksspiele in Spielbanken ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität einschließlich der Geldwäsche abgewehrt werden, und einen sicheren und transparenten Spielbetrieb zu gewährleisten.
Um dies sicherzustellen, wurde dem Finanzministerium die
Aufsicht über den staatlich zugelassenen Betreiber der öffentlichen niedersächsischen Spielbanken übertragen: Die
Spielbankaufsicht hat den Schutz der öffentlichen Sicherheit
und Ordnung vor Gefahren, die vom Spielbankbetrieb ausgehen, zu gewährleisten“, heißt es im Gesetz.
Die Finanzaufsicht über die zehn staatlich konzessionierten
niedersächsischen Spielbanken obliegt den Finanzämtern,
wie zum Beispiel dem Finanzamt Hannover-Mitte, dessen
Aufsichtsbeamte neben der Spielbank in Hannover im Casino von Bad Pyrmont und ab Juni 2010 auch in einer neuen
Anlage in Göttingen den „Spielbetrieb sowie die Ermittlung
des Bruttospielertrags und der Tronceinnahmen“ laufend
überwachen und auf diese Weise dafür sorgen, dass das
Land die ihm zustehende Spielbank-und Zusatzabgabe auch
bekommt.
cri
>
Die Tür zur Spielbank führt für die einen ins Paradies, für andere in die
Hölle. Nur ein Gewinner ist wirklich sicher: der Landeshaushalt.
> dbb magazin | April 2010
21
report
>
de der Schichtdienst interessant, weil er tagsüber die Kinder häufiger sehen kann, andere wollen sich räumlich verändern oder können ihren
Schichtdienst gut mit der Arbeitszeit ihres Partners vereinbaren. Viele machen sich anfangs aber auch falsche Vorstellungen. Deshalb bieten wir vor
einem möglichen Einsatz Informationsveranstaltungen an,
damit sich jeder vor Ort ein realistisches Bild über die Arbeitsbedingungen machen kann.
Tatsächlich werden nur wenige
Mitarbeiter im Aufsichtsdienst
eingesetzt“, erläutert die stellvertretende Amtsvorsteherin
Elizabeth Pilhofer. Von den rund
13 000 Beschäftigten der
niedersächsischen Finanzverwaltung sind gerade 100 in den
Casinos tätig.
„Und die brauchen und haben
auch ein besonderes Persönlichkeitsprofil“, ergänzt Henning Neumann. Wichtig sei eine schnelle Auffassungsgabe,
wenn es etwa darum geht, bei
Unregelmäßigkeiten im Spielbetrieb eine schnelle Entscheidung zu treffen.
dbb > fokus
Arbeitstagung
Controllerforum
„Moderne Controllinginstrumente und deren
Anwendung in der öffentlichen Verwaltung –
Praxiserfahrungen und Best Practice Ansätze“
Mittlerweile hat sich das einmal jährlich durchgeführte
Controllerforum Public Service
etabliert – zum 4. Mal bietet
das Controllerforum der dbb
akademie am 10. Juni 2010 aktuelle Informationen zu modernen Controllinginstrumenten und deren Anwendung in
der öffentlichen Verwaltung.
Nach Berlin, Köln und Hamburg
ist in diesem Jahr Dresden der
Veranstaltungsort. „Wir möchten gerne allen Teilnehmern
aus den unterschiedlichsten Regionen Deutschlands die Möglichkeit geben, an unserem Controllerforum teilzunehmen“, erläutert Dr. Michael Rannacher,
verantwortlicher Mitarbeiter der
dbb akademie im Bereich Betriebswirtschaft, die Wahl des
Veranstaltungsortes.
„Moderne Controllinginstrumente und deren Anwendung in
der öffentlichen Verwaltung –
Praxiserfahrungen und Best
Practice Ansätze“ lautet das
Thema der diesjährigen Veranstaltung. „Der Schwerpunkt unserer Veranstaltung wird dabei
auf der Implementierung und
Nutzung moderner Controllinginstrumente im Rahmen der
outputorientierten Steuerung
liegen“, umreißt Dr. Michael
Rannacher die Zielsetzung für
2010. „Wir wollen gute Erfahrungen, aber auch Probleme
und Schwierigkeiten bei der
Umstellung des Haushaltsführungssystems hin zu einer integrierten Verbundrechnung auf
Basis der Doppik und der Einführung der Kostenleistungsrechnung (KLR) vorstellen und
diskutieren. Ziel ist, von der Praxis für die Praxis zu lernen.“
sprächspartner aus Bundes-,
Landes- und Kommunalverwaltungen sind ausgewiesene
Fachleute aus der Praxis. Sie berichten über Standpunkte und
Arbeitsergebnisse konkreter
Projekte und diskutieren mit
den Teilnehmenden ihre praktischen Erfahrungen.
Neben Fachvorträgen und Diskussionen liegt der Fokus daher
auf den praxisorientierten neun
Foren – Referenten und Ge-
Ihre Anmeldung nimmt gerne
entgegen: Christa Vißers,
Tel.: 0228.81 93-111, E-Mail:
[email protected] Das komplette Veranstaltungsprogramm finden Sie auf
unserer Homepage
www.dbbakademie.de.
Die Kosten für die eintägige Arbeitstagung (2010 Q 177 CV)
im Hilton Hotel in Dresden betragen 150,– Euro (incl. Mittagessen, zwei Kaffeepausen und
Tagungsgetränken).
akademie
22
Erhoben, gesammelt und
gespeichert – und was dann?
dbb akademie nimmt das Thema Datenschutz
neu ins Jahresprogramm auf
Ob Telekom-Affäre, Vorratsdatenspeicherung oder BKA-Gesetz: das Thema „Die Datensammelwut von Staat und
Wirtschaft“ scheint keine
Grenzen zu kennen. Sich da im
Dickicht rechtlicher Bestimmungen, Verordnungen und
Regelungen zurechtzufinden,
ist keine leichte Aufgabe.
Die dbb akademie geht das
Thema „Datenschutz“ offensiv
an – im Jahresprogramm 2010
gibt es den neuen Bereich „Datenschutz“. „Um das Thema
kommt man im medialen Zeitalter einfach nicht herum“, so
die Einschätzung von Dr. Dieter
Haschke, dem Juristen und Datenschutzbeauftragten der
dbb akademie. „Ob im privaten
oder beruflichen Umfeld – ein
Ziel von sinnvollem Daten-
> dbb magazin | April 2010
schutz muss es sein, Maßnahmen zu kennen, sich selbst zu
schützen und respektvoll mit
den Daten anderer umzugehen.
Wir sprechen mit unserem neuen Seminarangebot insbesondere behördliche beziehungsweise betriebliche Datenschutzbeauftragte, Personalund Betriebsräte und Organisa-
tionsverantwortliche an. Aber
auch für andere Beschäftigte,
die sich mit personenbezogenen Daten beschäftigen, ist
eine Teilnahme sinnvoll.“
Die Seminare finden im
dbb forum siebengebirge in
Königswinter statt. Der Teilnehmerbeitrag (inkl. Ü/VP)
pro Seminar beträgt für dbb
Mitglieder 170 Euro; für Nichtmitglieder beträgt er 300 Euro.
Ansprechpartnerin ist: Christa
Vißers, Tel.: 0228.81 93-111,
Fax: 0228.81 93-106, E-Mail:
[email protected] >
Info
Grundlagen des Datenschutzes I
07.06. – 08.06. 2010 Q 060 CV
08.11. – 09.11. 2010 Q 066 CV
Datenschutz Aufbaukurs I
09.06. – 10.06. 2010 Q 062 CV
10.11. – 11.11. 2010 Q 068 CV
Datenschutz Aufbaukurs II
10.06. – 11.06. 2010 Q 063 CV
11.11. – 12.11. 2010 Q 069 CV
Aktuelle Tendenzen im
Datenschutz
02.09. – 03.09. 2010 Q 064 CV
Arbeitnehmerdatenschutz
05.10. – 06.10 2010 Q 065 CV
Datenschutz im Betriebs-/
Personalrat
06.12. – 07.12. 2010 Q 070 CV
Die Seminare finden im dbb
forum siebengebirge in Königswinter statt. Der Teilnehmerbeitrag (inkl. Ü/VP) pro Seminar
beträgt für dbb Mitglieder 170
Euro; für Nichtmitglieder beträgt er 300 Euro.
Ansprechpartnerin ist:
Christa Vißers,
Tel.: 0228. 81 93-111,
Fax: 0228. 81 93-106, E-Mail:
[email protected]
dbb > fokus
Absolventen des ersten Zertifikatskurses
Internationale Standards
setzen
dbb akademie bildet Führungskräfte
zur Bekämpfung von Korruption aus
Die dbb akademie bildet seit
September 2009 – erstmalig in
Europa – Führungskräfte zu zertifizierten Integritätsmanagern
aus. Mehr als 30 Teilnehmende
aus Deutschland und Österreich haben nach bestandener
Prüfung eine Zertifizierung des
TÜV-Rheinland erworben.
Durch diese besondere Qualifikation können spezielle Sachkenntnisse in der Prävention
und der Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Ver-
waltung nachgewiesen und
umgesetzt werden. Zertifizierte
Integritätsmanager sind zudem
berechtigt ein TÜV-Signet zur
Außendarstellung einzusetzen.
Denn: Der Einsatz für Integrität
am Arbeitsplatz ist eine Daueraufgabe, für die die Mitarbeiter
der öffentlichen Verwaltung in
besonderer Weise verantwortlich sind.
Aktuelle Angebote
Auch im Jahr 2010 bietet die
dbb akademie Zertifizierungs-
>
entwickeln und umzusetzen.
Möchten Sie gerne mehr wissen? Weitere Auskünfte zum
Programm und zu den Terminen zur Zertifizierung 2010 wie
zu allen weiteren Themen und
Veranstaltungen zum Thema
„Korruptionsprävention“ finden
Sie auf unserer Website
www.dbbakademie.de
Ihre Ansprechpartnerin ist:
Käthe Kupke,
Tel.: 030.40 81 65 44, E-Mail:
[email protected]
Info
>
Wussten Sie schon, dass …
... erfahrene Fachkräfte der dbb akademie mit Ihnen auch gemeinsam Präventionskonzepte und vorbeugende Maßnahmen konkret
für Ihre Verwaltung vor Ort erarbeiten? Organisation, Verwaltungsabläufe, Personalentwicklung, das Erstellen eines verbindlichen Regelwerks und die Einbindung der Öffentlichkeit und Politik können Inhalte im Rahmen eines Integritätsprojekts der öffentlichen Verwaltung sein. So können Sie vor Ort alle notwendigen Schritte für eine integere Verwaltung treffen.
23
akademie
>
kurse an. Die Kurse umfassen
zwei jeweils zweitägige Veranstaltungen und enden mit einer
Abschlussprüfung am letzten
Seminartag. Wichtige Bausteine sind: Kompetenzen zum
Erkennen von Korruption und
deren Ursachen, Durchführung
einer Gefährdungsanalyse, Umgang mit den Hinweisgebern
und Grundzüge der Arbeit einer
Innenrevision. So werden die
Absolventen in der Lage sein,
selbst Präventionsansätze zu
dbb > fokus
Im Dienst der Sicherheit an der Ostsee:
Polizei ahoi
Gemächlich tuckert die „Warnow“ in den neblig
trüben Frühjahrsmorgen. Es ist kurz nach sieben
Uhr. Michael Meinshausen steht am Ruder, Christian Küchenmeister verfolgt auf dem Radar, wie
sich gelbe Punkte über das dunkelblaue Meer
schieben. Und Menard Kruse hat das Fernglas in
der Hand und beobachtet, was Backbord und
Steuerbord passiert. Im Maschinenraum sorgen
die Techniker dafür, dass die zwei 1 100 PS starken
Dieselmotoren schnurren. Es ist Arbeitsbeginn für
die Beamten der Wasserschutzpolizei in Rostock.
blickpunkt
24
Im Seehafen hat das Küstenstreifenboot „Warnow“ seinen
Liegeplatz. Von hier aus kontrollieren Polizeioberkommissar Michael Meinshausen und
seine Kollegen den Schiffsverkehr auf der Ostsee vor Mecklenburg-Vorpommern. Gefahrenabwehr, Einhaltung der
Schifffahrtsregeln, Papiere und
Befähigungsnachweise der
Mannschaft kontrollieren,
nach Unfällen auf See ermitteln, Verstöße gegen zoll- und
fischereirechtliche Bestimmungen aufdecken – die Aufgaben der Polizisten zu Wasser
sind umfangreich. Die „Warnow“ ist eines von vier hochseetauglichen Küstenstreifenbooten der Wasserschutzpolizei in M-V. Ihr Einsatzgebiet erstreckt sich im Osten bis Prerow auf dem Fischland/Darß
und im Westen fast bis Wismar. Hochseetauglich heißt,
dass die „Warnow“ bis an die
Hoheitsgrenze, rund 16 Kilometer, hinausfahren kann.
Wenn es schnell gehen muss,
legt das Boot 23 Knoten vor.
288 Polizisten sind mit 17
Streifenbooten und 13 Hilfsstreifenbooten auf den vielen
Seen, entlang der Küste, in den
Häfen und Flüssen Mecklenburg-Vorpommerns unterwegs. Aber auch an Land ist
> dbb magazin | April 2010
die Wasserschutzpolizei präsent. Die Hafensicherheitsbeamten in Rostock kontrollieren
Lkw, die auf eine Fähre wollen
oder gerade ankommen. Auf
einem kleinen Parkplatz kurz
vor dem Seehafen halten sie
gerade einen großen Brummi
an. Für ihn endet die Fahrt auf
dem Parkplatz vor der Polizeistation. Seine Ladung, Papierrollen, war so schlecht gesichert, dass der Fahrer nun erst
einmal nachbessern muss, bevor er weiterfahren darf.
>
Öl über Bord?
Rostock ist Umschlagplatz für
Getreide und Kohle. Ein Ölund ein Chemiehafen schließen sich an. Von hier starten
die Fähren Richtung Skandinavien. Frachter aus aller Welt
machen in Rostock fest, und
nicht immer nehmen es Kapitän und Besatzung mit dem
Umweltschutz so genau. Bei
Schiffskontrollen schauen die
Beamten deshalb genau hin,
was mit Müll, Öl und anderen
Schadstoffen an Bord passiert.
Die Ostsee ist ein besonders
geschützter Bereich. Hier dürfen Frachter nur mit Schweröl
fahren, das mit niedrigem
Schwefelgehalt versetzt ist.
Die Reste, die beim Verbrennen
des Öls entstehen, dürfen
>
Michael Meinshausen (links) und Christian Küchenmeister stechen mit
dem Küstenstreifenboot „Warnow“ in See.
>
Christian Küchenmeister verfolgt auf dem Radar den Schiffsverkehr. So
kann die „Warnow“ auch bei Nebel auslaufen.
dbb > fokus
nicht einfach über Bord gekippt werden, ebenso wenig
wie Müll. All das regeln internationale Vereinbarungen –
etwa das MARPOL-Abkommen
–, die wiederum in deutsches
Recht übertragen wurden und
nun dicke blaue Bücher, den so
genannten Küsten-Almanach,
füllen.
Michael Meinshausen hat an
diesem Morgen eine schwere
Tasche über die Schulter geworfen, als er mit Polizeihauptmeister Christian Küchenmeister an Bord der
„Hamburg Pearl“ geht. Polizeiobermeister Menard Kruse
hält derweil auf der „Warnow“
>
Meinshausen schlägt einen Notizblock auf und fängt an zu
rechnen. Wie viel Öl hat das
Schiff verbraucht, wie viel Rest,
so genannter Sludge, ist angefallen? Was ist damit passiert?
Das muss in einem Öltagebuch
dokumentiert werden. „In
Deutschland gibt es die Ein-Prozent-Regel“, erklärt er dem Kapitän. „Mindestens ein Prozent
des Schweröls an Bord muss als
Rückstand bleiben.“ Christian
Küchenmeister blättert sich
derweil durch dicke Ordner mit
Genehmigungen und Sicherheitszeugnissen. Der administrative Aufwand an Bord ist beachtlich. „Die Maschinen haben
Laufzeiten, die regelmäßig kontrolliert werden“, erklärt der Polizeihauptmeister. Seit 31 Jahren ist Küchenmeister schon bei
Viel administrativer Aufwand. Christian Küchenmeister (links) und Michael
Meinshausen studieren Öltagebücher und Sicherheitszeugnisse. Der Chefingenieur muss erklären, warum in der Ostsee Öl verbrannt wurde.
der Wasserschutzpolizei. Eigentlich kenne er jede Möwe
und jeden Schwan hier, sagt er
scherzhaft. Die Papiere der
„Hamburg Pearl“ sind in Ordnung. Der vierseitige Fragebogen, den Küchenmeister dabei
hat, füllt sich langsam. Auch
bei der Kontrolle im Maschinenraum stellt er nichts fest.
ten steile Treppen hinunter in
den Maschinenraum und steile
Treppen hinauf auf die Brücke
führt. „Im Seehafen ist immer
was los“, sagt Polizist Meinshausen. „Frachter fahren unabhängig von der Saison.“ Seit der
Wirtschaftskrise sei es aber etwas ruhiger geworden.
>
Aber jetzt gibt es ein Problem.
Obwohl strikt verboten, hat
die Besatzung in der Ostsee Ölreste verbrannt. Das hätten sie
nicht gewusst, bringt der Kapitän als Erklärung vor. Das wird
ihn vor einer Geldstrafe nicht
bewahren. Nach Rücksprache
mit dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie
wird die Sanktion festgelegt.
Strafzahlungen in Höhe von
68 000 Euro wurden im vergangenen Jahr in Rostock verhängt. 90 Verstöße stellten die
Beamten bei ihren 1 371 Kontrollen fest.
Mehr als eine Stunde sind die
beiden Polizisten mittlerweile
an Bord. Die Stimmung ist entspannt. Kapitän und Chefingenieur sind freundlich. „Wir arbeiten mit Leuten zusammen,
die hoch qualifiziert und professionell sind“, sagt Meinshausen. Keiner will es sich mit
den strengen Beamten aus
Deutschland verscherzen. Fast
zwei Stunden dauert die Kontrolle insgesamt, die die Beam-
>
Kontrolle im Maschinenraum.
Sportboote als
Unfallrisiko
Noch sind wenige „Hobbykapitäne“ unterwegs. Langsam aber
beginnt die Saison, und dann
wird es wieder eng auf dem
Wasser. Die Unfallgefahr steigt.
298 Unfälle zählte die Wasserschutzpolizei 2009. In 236 davon waren Sportboote verwickelt. Ein besonders dramatischer Fall ereignete sich im vergangenen Jahr auf dem Plauer
See. Ein Boot, das vor Anker lag,
wurde gerammt. Eine Frau
konnte sich durch einen beherzten Sprung über Bord retten, ihr Mann aber lag in einer
Koje unter Decke und schlief.
Das heranrasende Boot rammte
ihn am Kopf. Er überlebte
schwer verletzt. Der Unfallverursacher flüchtete, doch die Beamten der Wasserschutzpolizei
fanden ihn einige Tage später.
Die „Warnow“ schippert bereits
wieder über die Ostsee. Zum
nächsten Frachter, Fischer oder
„Hobbykapitän“.
Text und Fotos: Manja Nowitzki
> dbb magazin | April 2010
25
blickpunkt
mit den Maschinentechnikern
die Stellung und das Boot einsatzbereit. Der Frachter wird
gerade mit Getreide beladen,
das für den Sudan bestimmt
ist. Wenig später wabert ein
Sprachengewirr durch den kleinen Aufenthaltsraum des Schiffes. Der Kapitän gibt russische
Anweisungen, die Polizisten
stellen englische Fragen und
sprechen sich auf Deutsch ab.
Schifffahrt ist international.
Die „Hamburg Pearl“ fährt
unter der Flagge von Liberia,
hat einen deutschen Eigner,
die Besatzung kommt aus der
Ukraine.
dbb > spezial
12. Europäischer Abend:
Privat oder Staat?
Kaum ein europäisches Thema erregt die Gemüter
so zuverlässig wie die Strategie der Europäischen
Union zu öffentlichen Dienstleistungen und zur
Daseinsvorsorge. Unabhängig von der gegenwärtigen Krise stellt sich schon seit Längerem die Frage, was der Staat und was Private leisten können
und müssen. Ebenso muss gefragt werden, ob bisherige Privatisierungen vermeidbar gewesen wären und ob nicht die öffentliche Hand Gemeinnutzen und Effizienz häufig besser vereinbaren kann
als private Anbieter.
immer im europäischen Kontext
gesehen werden. Dies müsse
auch dann bedacht werden,
wenn es darum geht, wie sich
ein einzelnes Land und die gesamte Gemeinschaft gegenüber
Privatisierungen verhalten. Lange habe man geglaubt, dass vor
allem derjenige, der skrupellos
ist, der bessere Unternehmer
sei, weil er aufgrund schlechterer Arbeitsbedingungen niedrigere Preise bieten kann. Dies sei
autonomen Gestaltung. Die öffentliche Hand sei zuallererst auf
die Regeln des freien Wettbewerbs verpflichtet. Der Staat solle angehalten werden, sich auf
seine originären Aufgaben zu beschränken. Die Freiheit des Einzelnen stehe über der staatlichen
Bevormundung der Bürger. Dennoch wäre es falsch anzunehmen, dass das Gemeinschaftsrecht Privatisierungen gebiete.
Lediglich der Missbrauch der
marktbeherrschenden Stellung
sei verboten. Weiter betonte
Petschke ausdrücklich, dass der
Lissabon-Vertrag zahlreiche positive Veränderungen für die Kommunen mit sich bringe. Erstmals
werde das Selbstverwaltungs-
europa
26
>
Rund 250 Gäste aus Politik und Verbänden nahmen am
12. Europäischen Abend teil.
Unter dem Titel „Privat oder
Staat? – Öffentliche Dienstleistungen in Europa“ diskutierten
rund 250 Vertreter aus Politik
und Verbänden auf dem gemeinsam von dbb, Europäischer
Kommission und Europa-Union
Deutschland veranstalteten 12.
„Europäischen Abend“ die Zukunft der Daseinsvorsorge. Der
dbb Bundesvorsitzende Peter
Heesen betonte, dass Europa
nur dann gelingen könne, wenn
Gestaltungsspielräume gewahrt
würden. „Viele Entscheidungen
können nur vor Ort getroffen
werden.“
Für eine Europäische Wirtschaftsregierung sprach sich der
Erste Parlamentarische Ge-
> dbb magazin | April 2010
schäftsführer der CDU/CSUBundestagsfraktion und Präsident der Europa-Union Deutschland, Peter Altmaier, aus. In seiner Eröffnungsansprache betonte er, dass viele Themen nicht
mehr ausschließlich national
diskutiert und gelöst werden
könnten, sondern zusammen
mit den europäischen Nachbarn
angegangen werden müssten.
So sei es zum Beispiel für alle
Mitgliedstaaten interessant, wie
ein einzelnes Land die Gemeinschaftswährung Euro behandle.
Die ganze Union müsse daraus
die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Und selbst die Entscheidungen, die noch rein national getroffen werden, sollten
>
Matthias Petschke
ein völlig falsches Verständnis
von Privatisierungen. Außerdem
könne es nicht sein, dass der
Staat sich aus seiner sozialen
Verantwortung stehle und dadurch die Qualität öffentlicher
Dienstleistungen in großem Maße leide.
Die Privatisierung der Erfüllung
öffentlicher Aufgaben sei kein
Selbstzweck. Auf Grundlage dieser Feststellung erklärte der Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland, Matthias Petschke, die Politik der Kommission auf dem
Feld der Daseinsvorsorge. Bei all
diesen Prozessen ginge es immer um das Erreichen von Wohlstand, unter Vorrang der privat-
>
Hans-Günter Henneke
recht primärrechtlich anerkannt,
das Subsidiaritätsprinzip werde
neu gefasst und es gebe insgesamt einen transparenteren, solideren EU-Rahmen. Abschließend
unterstrich Petschke nochmals,
dass die Kommission unter José
Manuel Barroso großen Wert auf
das Subsidiaritätsprinzip lege
und dies in den zukünftigen Entscheidungen und Vorschlägen
zum Binnenmarkt deutlich
werde.
Hans-Günter Henneke, der
Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, wies in
seinem anschließenden Beitrag
darauf hin, dass in der Diskussion
deutlich zwischen hoheitlichen
Staatsaufgaben und Daseins-
dbb > spezial
Henneke wies darauf hin, dass
die Stärkung der kommunalen
Selbstverwaltung im Vertrag
von Lissabon nicht vergleichbar
sei mit den Garantien aus dem
Deutschen Grundgesetz. Vielmehr seien sie als Zeichen zu
werten, dass die Europäische
Union die autonomen Binnenstrukturen der einzelnen Staaten anerkenne. Dies sei zwar ein
wichtiger Fortschritt, langfristiges Ziel müsste aber eine primärrechtliche Festschreibung
der Garantie zur kommunalen
Selbstverwaltung bleiben.
Über lange Jahre habe es in der
Bundesrepublik eine klare Aufgabenverteilung in der Gesellschaft gegeben: auf der einen
Seite den wirtschaftenden Bürger, der Steuern zahlt und auf
der anderen Seite den rechtfertigungsbedürftigen Staat, der Sicherheit bietet, nach innen und
außen und die Sicherheit der
Versorgung. Dieses Selbstverständnis habe sich durch die Politik der Europäischen Kommission und der EU insgesamt in
der Zeit des Europäischen
Binnenmarkts seit 1993 bereits
verändert, so Henneke. Der Regelungskonflikt bestehe darin,
dass die EU-Kommission auch
die Dienstleistungserbringung
durch die öffentliche Hand in
Frage stellt, die durch einen öffentlichen Zweck legitimiert
sind. Dies sei mit dem kommunalen Selbstbestimmungsrecht
nur schwer vereinbar.
Auf dem Podium diskutierten
unter der Moderation der rbbJournalistin Katja Weber neben
den Hauptrednern Matthias
Petschke, und Hans-Günter
Henneke auch die Europaabgeordneten Thomas Mann von der
CDU und Michael Theurer von
der FDP sowie Jens Lattmann
vom Deutschen Städtetag. Einig
waren sich die Diskutanten in
der Frage der Regelungsgeschwindigkeit. Ein langsameres
Vorangehen und die damit verbundene Gründlichkeit sei einem übereilten, unsauberen gesetzgeberischen Vorgehen vorzuziehen. Die Frage, ob es einen
Vorschlag für eine neue Richtlinie geben wird oder nicht, konnte Matthias Petschke noch nicht
beantworten und es herrschte
starke Uneinigkeit darüber, ob
eine solche Richtlinie überhaupt
wünschenswert sei.
Thomas Mann sprach sich dafür
aus, viele Aufgaben weiterhin
kommunal und lokal zu übernehmen. Von der Kommission
forderte Mann mehr Durchsetzungsfähigkeit und erwartete
konkrete Konzepte über reine
Absichtserklärungen hinaus.
Sein Parlamentskollege Michael
Theurer betonte, dass vor allem
dem Europäischen Parlament
eine wichtige Rolle in der Diskussion zukomme, da die Abgeordneten ihre spezifischen Erfahrungen und Fähigkeiten aus
der Arbeit vor Ort einbringen
könnten. Die Kommission müsse diese Erfahrungen noch stärker in ihre Arbeit mit einbeziehen.
Jens Lattmann vom Deutschen
Städtetag war mit Hans-Günter
Henneke insofern einig, als
dass beide eine neue Rahmenrichtlinie der Kommission zu
Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
ablehnten. Die Träger in den
Mitgliedstaaten müssten eine
größtmögliche Freiheit im Rahmen der nationalen Traditionen
behalten.
Abschließend wies Matthias
Petschke noch einmal darauf
hin, dass die Schaffung eines
einheitlichen europäischen Regelungsrahmens auch weiterhin vom politischen Willen abhängen werde. Gleichzeitig
kündigte er konkrete Initiativen
der Europäischen Kommission
auf diesem Gebiet für das Frühjahr an.
In seinem Schlusswort betonte
der dbb Bundesvorsitzende und
CESI-Präsident Peter Heesen,
dass es zur Frage „Privat oder
Staat“ selbst innerhalb der einzelnen deutschen Parteien kei-
>
dbb Chef Peter Heesen: „Viele
Entscheidungen können nur
vor Ort getroffen werden.“
ne einheitliche Meinung gebe
und es deshalb wenig Erfolg
versprechend sei, die Klärung
dieser Frage der Europäischen
Union zu überlassen. Die Traditionen und Strukturen in den
einzelnen Ländern seien entsprechend unterschiedlich. Einheitlichkeit um der Einheitlichkeit willen sei nicht zielführend,
vielmehr müsse Vielfalt zugelassen werden. Ein einheitliches
Europa könne es nur dann geben, wenn Gestaltungsspielräume gelassen würden, die von
den einzelnen Staaten gemäß
ihren Traditionen und politischen Auffassungen genutzt
werden könnten. Peter Heesen
legte Wert darauf, dass die Diskussion um einzelne politische
Fragen nicht darüber hinwegtäuschen könne, dass die Akzeptanz der Europäischen
Union wachsen müsse, da Europa alternativlos sei.
Mit Bezug auf die Deutsche
Bahn und speziell das Debakel
der S-Bahn in Berlin betonte
Heesen: „In diesem Fall hat sich
gezeigt: Private sind nicht billiger und besser, sondern häufig
ist das Gegenteil wahr.“
be
> Podiumsdiskussion unter der
Leitung von rbb-Journalistin
Katja Weber.
> dbb magazin | April 2010
27
europa
vorsorgeleistungen unterschieden werden müsse. Eindeutig
hoheitliche Leistungen wolle
auch die Kommission bislang
nicht privatisieren lassen.
Außerdem schreibe Brüssel
zwar nicht vor, ob kommunale
Aufgaben der Daseinsvorsorge
privat oder öffentlich-rechtlich
erbracht werden müssten. Die
EU sei hier deutlich „trägerblind“. Wohl aber versuche sie
überall den Wettbewerb durchzusetzen, was nicht immer der
Versorgungssicherheit diene.
Deshalb müsse dringend geklärt werden, wie der Stand
kommunaler Selbstaufgaben
gesichert werden könne. Dennoch dürfe die öffentlich-rechtliche Trägerschaft nur dann gegeben sein, wenn auch ein öffentlicher Zweck vorhanden ist
und es nicht um die reine Gewinnerzielung gehe.
dbb > spezial
Pflegeberatung:
Kostenfrei und neutral
Seit Januar 2010 gibt es in Deutschland einen
gesetzlichen Anspruch auf neutrale und kostenlose Pflegeberatung. Doch nur jeder Dritte weiß
davon.
Zwei Millionen Menschen sind
in Deutschland pflegebedürftig. Bis zum Jahr 2050 wird
sich die Zahl – offiziellen Statistiken zufolge – verdoppeln.
Häufig tritt eine Pflegesituation sehr plötzlich ein und
führt zu großer Hilflosigkeit
bei Betroffenen und ihren Angehörigen. Wie bei Maria Zimmer: Nach einem Schlaganfall
ist sie halbseitig gelähmt. Ihre
schriebenen Anspruch auf kostenfreie und unabhängige
Pflegeberatung.
Der Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV) hat
zu diesem Zweck COMPASS Private Pflegeberatung GmbH gegründet. COMPASS bietet den
Versicherten Pflegeberatung
auf zwei Wegen: Rat Suchende
können sich jederzeit an die telefonische Pflegeberatung un-
>
gesundheitspolitik
28
Über Voraussetzungen und Möglichkeiten der ambulanten oder stationären Pflege sollten frühzeitig Informationen eingeholt werden, um
rechtzeitig entsprechende Vorsorge treffen zu können: etwa durch den
Abschluss einer privaten Pflegeversicherung.
kommen zu den Menschen
nach Hause, in die Klinik, die
Pflege- oder Rehabilitationseinrichtung und beraten zu allen Fragen rund um die Pflege.
„Wir bewegen uns mit unserem Angebot auf die Menschen zu, um ihnen direkte
Unterstützung bieten zu können und sie in einer ohnehin
schwierigen Situation zu entlasten“, erläutert die COMPASS-Geschäftsführerin. Die
Pflegeberatung ist ein kostenfreies Angebot.
>
Zur optimalen Betreuung eines pflegebedürftigen Angehörigen in der
Familie und in seiner gewohnten Umgebung kann ein ambulanter Pflegedienst hinzugezogen werden.
Tochter möchte sie nicht ins
Heim geben, sondern zuhause
betreuen. Doch mit der Situation fühlt sie sich überfordert.
Um Betroffene wie Maria Zimmer und ihre Tochter besser
über Entlastungsmöglichkeiten zu informieren, sie bei der
Organisation der Pflege zu
unterstützen und sie in
schwierigen Situationen zu begleiten, gibt es seit Januar
2009 einen gesetzlich festge-
> dbb magazin | April 2010
ter 0800-101 88 00 wenden.
„Die Servicenummer ist gebührenfrei und steht allen Rat
Suchenden offen“, sagt COMPASS-Geschäftsführerin Elisabeth Beikirch.
Neben der telefonischen Pflegeberatung durch erfahrene
Fachkräfte hat COMPASS ein
bundesweites Netz mit Pflegeberatern vor Ort aufgebaut.
Die COMPASS-Mitarbeiter
Die COMPASS-Mitarbeiter
konnten auch Maria Zimmer
und ihrer Tochter helfen. Beim
>
Info
dbb Web-Tipp:
Nähere Informationen zur
gesetzlichen Pflegeversicherung und privaten Ergänzungsmöglichkeiten erhalten Sie auf den Internetseiten des dbb vorsorgewerk
unter www.dbb-vorsorgewerk.de in der Rubrik „Gesundheit und Pflege“.
ersten gemeinsamen Termin
zuhause wurde klar: Die Tochter möchte zur Versorgung ihrer Mutter einen ambulanten
Pflegedienst hinzuziehen. Mit
der Pflegeberaterin wurden
Kriterien zur Auswahl eines
solchen Dienstes erarbeitet.
Die COMPASS-Mitarbeiterin
hat Mutter und Tochter auch
über das Verfahren einer Begutachtung zur Pflege-Einstufung informiert und mit der
Familie Möglichkeiten zum behindertengerechten Umbau
der Wohnung durchgesprochen.
Pflegeberatung setzt aber
nicht erst dann ein, wenn
Menschen der Pflege bereits
bedürfen. Vielmehr beraten
COMPASS-Mitarbeiter auch
Klienten, bei denen Pflegebedürftigkeit noch weit entfernt
scheint.
Weitere Informationen im
Internet unter: www.compasspflegeberatung.de
Gebührenfreie Servicenummer: 0800.101 88 00
dbb > spezial
Auktionen der öffentlichen Hand:
Schnäppchen
vom Staat
Wenn der Gerichtsvollzieher klingelt, wird es für
die Betroffenen meist unangenehm, geht es doch
um die Pfändung von Bargeld oder Wertgegenständen. Gepfändete Güter wiederum füllen die
Lager und müssen, wenn sie nicht ausgelöst werden, irgendwann unter den Hammer. Neben der
normalen Auktion setzen die Bundesländer jetzt
auch auf das Internet, um gepfändete Waren an
Mann und Frau zu bringen.
Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Internetversteigerung in der Zwangsvollstreckung und den jeweiligen Landesrechtsverordnungen gibt es
diese Möglichkeit erst seit dem
7. Januar 2010 auch für Gerichtsvollzieher. Entsprechend
unbekannt ist das Verfahren
noch, und deshalb lässt sich so
manches Schnäppchen machen.
Die nordrhein-westfälische
Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter erklärte dazu:
„Die Justiz-Auktion ist eine
eingeführte und etablierte Versteigerungsplattform, auf der
die Justiz beschlagnahmte, gepfändete und ausgesonderte
Gegenstände unter für alle Beteiligten sicheren Bedingungen anbietet. Der besondere
Vorteil gegenüber anderen
Internetversteigerungen ist,
dass auf www.justiz-auktion.de ,echte‘ Versteigerungen
> dbb magazin | April 2010
im Rechtssinne durchgeführt
und den Besonderheiten einer
öffentlich-rechtlichen Versteigerung Rechnung getragen
wird.“
>
Elf Länder vernetzt
Bislang wird in der Praxis aus
Kostengründen häufig von einer Pfändung abgesehen, weil
eine Veräußerung der gepfändeten Gegenstände in einer
Auktionen aus öffentlicher Hand: die Justiz-Auktion bietet so manches
echte Schnäppchen mit Expertise.
Präsenzversteigerung nicht zu
erwarten ist. Demgegenüber
wird durch die Nutzung des
Internets für Versteigerungen
der Bieterkreis erheblich erweitert, sodass sowohl mit
einer nahezu vollständigen
Verwertung aller angebotenen
Gegenstände als auch mit
weitaus höheren Erlösen gerechnet werden kann. Ein Vorteil für Staat und Bürger
gleichermaßen.
„Ich freue mich“, so MüllerPiepenkötter weiter, dass
sich insgesamt elf Landesjustizverwaltungen für den Betrieb einer gemeinsamen Online-Versteigerungsplattform
entschieden haben.“ Die an
der Justiz-Auktion beteiligten Länder Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, NordrheinWestfalen mit der Projektleitung, Rheinland-Pfalz, Saar-
Foto: 2007 Bundeswehr/Herholt
online
30
Das nordrhein-westfälische
Justizministerium bietet mit
www.justiz-auktion.de die entsprechende Online-Plattform.
Die Justiz-Auktion präsentiert
sich nach einer optischen
Runderneuerung jetzt mit einem modernen und zeitgemäßen Design, einem neuen Logo
und zusätzlichen Funktionen.
>
>
Fregatten werden derzeit in den Online-Auktionen zwar nicht angeboten.
Ausgemusterte Militärfahrzeuge und Ausrüstung gibt es aber reichlich zu günstigen Kursen.
dbb > spezial
land, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Und nicht nur die Justiz nutzt
das Internet für Versteigerungen von Gütern aller Art.
Auch der Zoll, Oberfinanzdirektionen, die Polizei, die
Fundbüros vieler großer Städte oder Verkehrsbetriebe, die
Bahn und die Vebeg, das Verwertungsunternehmen des
Bundes, nutzen die neuen
Möglichkeiten des Internet.
Eine gute Übersicht über die
verschiedenen öffentlichrechtlichen Auktionsportale
bietet die von einer privaten
Firma betriebene Seite
behoerden-auktionen.de
>
Vom Verstärker
bis zur Diesellok
Beim Stöbern auf den verschiedenen Angeboten trifft
man auf viele interessante
Angebote, besonders, was
Fahrzeuge betrifft. Ein cooler
Bundeswehr-Jeep oder ein
Motorboot gefällig? Kein
Problem. Ein Alkohol-Messgerät für den Eigenbedarf oder
eine komplette Büroausstattung? Auch das gibt es. Oder
soll es vielleicht ein Satz Torpedo-Systembauteile sein, bestehend aus zwei Wellenbaugruppen, elf Torpedoladestöcken, elf Klemmstücken, 57
Kontaktgruppen, acht Lichtreflektoren und einem Prüfspiegel? Damit könnte man prima
für Verwirrung am sommerlichen Baggersee sorgen.
Aber natürlich gibt es auch
Albernheiten wie die 1GB SD
Speicherkarte, die von der
Stadt Unna versteigert wird.
Beim Elektronikdiscounter um
die Ecke ist das gute Stück
neu für sechs Euro zu haben.
Aber wer weiß, vielleicht lassen sich interessante Fotos
oder gar geheime Dokumente
wiederherstellen?
Ein echtes Schnäppchen dagegen ist die Diesellokomotive BRV60 Lok 17 unter der Ar-
tikel ID 14658 auf justiz-auktion.de, die nach unabhängigem Gutachten, das als PDF
heruntergeladen werden
kann, mit einem Zeitwert
von 45 000 Euro angesetzt
wird und deren Mindestgebot bei „läppischen“ 22 500
Euro liegt. Allerdings dürfte
es Probleme mit der Abholung geben, sofern man
nicht über ein eigenes Schienennetz verfügt. Außerdem
lässt sich der Motor nicht
starten.
Ein klarer Vorteil von JustizAuktion ist, dass viele Wertgegenstände wie Schmuck
oder Fahrzeuge mit Expertise
oder Gutachten eingestellt
werden, sodass potenzielle
Käufer wirklich wissen, für
was sie bieten, und wie weit
sie mit ihren Geboten gehen
können. Der Staat als Auktionator ist auf jeden Fall seriös.
Wer nun glaubt, man bekäme Top-Schmankerl zum Beispiel aus der Unterhaltungselektronik vom Gerichtsvollzieher quasi geschenkt, liegt
manchmal vielleicht sogar
fast richtig: Derzeit im Angebot der wirklich traumhafte
High-End-Röhrenvorverstärker Octave HP500 SE, dessen
Anzahl auf 100 Stück limitiert ist. Laut Hersteller kostet das Schmuckstück neu
6 000 Euro, das Startgebot
liegt bei 2 000 Euro. Fast dazu passend gibt es zwei
High-End-Lautsprecher von
Magellan, die zwar etwas
unprofessionell viermal von
hinten fotografiert wurden,
aber für ein Startgebot von
1 750 Euro zu haben sind.
Die zwei Jahre alten HighEnd-Boliden im Bestzustand
kosten neu ebenfalls mehr
als 6 000 Euro. Mit ein bisschen Glück kann also mit
staatlicher Hilfe ein HiFiTraum wahr werden, den
man sich sonst nur schwer
oder gar nicht leisten
könnte.
br
> dbb magazin | April 2010
dbb > spezial
Hauptversammlung in Königswinter:
Der öffentliche Dienst braucht
mehr mutige Mädchen!
Inmitten der Vorbereitungen für den im Juni geplanten dbb bundesfrauenkongress trafen sich am 26. und 27. Februar 2010 die Frauenvertreterinnen aus dbb Mitgliedsgewerkschaften und Landesbünden in Königswinter zur turnusmäßigen Hauptversammlung der dbb bundesfrauenvertretung. Auf der Tagesordnung standen die Fortentwicklung des
Dienstrechts in Bund und den Ländern, die Aktionsplanung zum Equal
Pay Day sowie die Frage nach geeigneten Strategien, Mädchen und junge
Frauen zu ermutigen, Spitzenpositionen in von Männern dominierten
Berufsfeldern anzustreben.
Fotos: Sybille Scholz
frauen
32
>
„Frauen sind im öffentlichen Dienst keine Randgruppe“, betonte Helene
Wildfeuer. Sie sprach sich auf der Hauptversammlung erneut für eine
gezielte Förderung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst aus.
„Frauen sind im öffentlichen
Dienst längst keine Randgruppe mehr. Mit 53 Prozent stellen sie dort mittlerweile die
Mehrheit der Beschäftigten
und sind dennoch in den Führungsetagen noch immer
unterrepräsentiert“, mit diesen
Worten fasste die Vorsitzenden der Bundesfrauenvertretung Helene Wildfeuer die aktuelle Lage zusammen. Um
dieses Missverhältnis auszugleichen, bedürfe es einer
starken gewerkschaftlichen
Interessenvertretung, die
selbstständig über ihre Mittel
verfügen kann: „Die finanzielle
Ausstattung der Frauenvertretungen muss sich langfristig
verbessern“, forderte Wildfeu-
> dbb magazin | April 2010
er und verlangte zugleich
mehr Planungssicherheit für
die Frauenarbeit „Zu erst müssen die Mittel bereitstehen,
>
dann können Aktionen und
Aktivitäten effektiv durchgeführt werden. Frauenarbeit ist
ein wichtiger Anteil der Genderpolitik, und diese muss gefördert und unterstützt werden, solange berufliche und
gesellschaftliche Benachteiligungen von Frauen bestehen.“
>
Entgeltgleichheit
aktiv fördern
Ein weiteres Leitthema der
Frühjahrssitzung der dbb
bundesfrauenvertretung war
die noch immer herrschende
Ungerechtigkeit in der Bezahlung von Männern und Frauen, zu deren Beseitigung der
„Equal Pay Day“, der Interna-
tionale Tag der Entgeltgleichheit, jährlich am 26. März
weltweit aufruft. Auch Helene
Wildfeuer forderte die Frauenvertretungen der dbb Untergliederungen auf, Aktionen in
ihren Dienststellen durchzuführen und sich an öffentlichen Veranstaltungen zu
beteiligen. Gleichzeitig informierte die Vorsitzende
über eine neue Initiative des
Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die darauf abzielt, Ungerechtigkeiten in der Bezahlung von Frauen und Männern
mithilfe eines Datenerfassungssystems zu überprüfen:
Unter dem Namen Logib-D
biete das Ministerium ein
Computerprogramm an, das
Unternehmen einen Überblick
über die Entgeltstrukturen
und die Entgeltgleichheit im
eigenen Haus verschaffen
soll. Flankiert werde das Programm von Beratungsangeboten, die Maßnahmen zur
Verbesserung der Lohnstrukturen fördern sollen. Das in
erster Linie für die Wirtschaft
konzipierte Programm solle
auch zur Anwendung im öffentlichen Dienst geeignet
sein, erläuterte Wildfeuer:
„Derzeit laufen Anfragen der
dbb bundesfrauenvertretung
an das Bundesministerium
des Innern, ob eine Evaluierung der Gehaltsstrukturen
im Bereich der Bundesverwaltung mit Logib-D geplant ist.“
Lagebesprechung: Die Geschäftsführung der dbb bundesfrauenvertretung bereitete sich auf den dbb bundesfrauenkongress am 4. und 5. Juni 2010 in Potsdam vor (von links): Astrid Hollmann, Eva Hermanns, Ute Wiegand-Fleischhacker, Jutta Endrusch, Helene Wildfeuer.
dbb > spezial
Motivationsprogramm
für junge Frauen
Wie Sandra Hennig, die Vorsitzende der dbb jugend anschließend berichtete, nehmen die
aktuellen Fragen der Frauenpolitik auch in der Jugendarbeit
des dbb einen immer wichtigeren Stellenwert ein. Dennoch
zeigten sich junge Frauen sehr
zurückhaltend, wenn es darum
geht, für ihre Belange gewerkschaftlich einzutreten, bedauerte Hennig und verwies auf
die Ergebnisse einer von der
dbb jugend gemeinsam mit
den Landesjugendleitungen
durchgeführten Situationsanalyse. „Die dbb jugend hat inzwischen ein Mentoringprogramm
aufgelegt, das junge weibliche
stellte Helene Wildfeuer klar.
„Junge Mädchen sind eine
wichtige Zukunftsklientel –
auch für den dbb“, bilanzierte
Wildfeuer und übergab das
Wort an Elisabeth Schöppner,
Mitarbeiterin beim Kompetenzzentrum Technik – Diversity –
Chancengleichheit e. V. und zuständig für die Initiative „Girls‘
Day – Mädchen-Zukunftstag“.
Seit zehn Jahren setzt sich die
Initiative, zu deren offiziellen
Kooperationspartnern auch die
dbb bundesfrauenvertretung
zählt, bereits dafür ein, Mädchen ab der Klassenstufe acht
jeweils am letzten Donnerstag
im April mithilfe eines eintägigen „Schnupperpraktikums“ in
Betrieben und Behörden für ei-
halb wichtig, das Selbstbewusstsein der Schülerinnen zu
stärken und ihren Mut zu wecken, neue berufliche Wege
einzuschlagen. Vor allem die
Wirtschaft zeige ein großes
Interesse daran, Frauen zunehmend in die technische Entwicklung und Produktion einzubinden: „Rund die Hälfte aller Unternehmen, Betriebe und
öffentlichen Arbeitgeber veranstalten einen ,Girls‘ Day‘.
Der öffentliche Dienst deckt
ein Fünftel der Angebote ab
und ist nach den Unternehmen, die die Hälfte der Anbie-
ter ausmachen, zweitgrößter
Gastgeber für den MädchenZukunftstag. Aus dem Bereich
Politik bieten nur 1,2 Prozent
der Institutionen und Organisationen Plätze an“, informierte Schöppner. Zugleich verwies
sie darauf, dass die Initiative
„Girls‘ Day – Mädchen-Zukunftstag“ neben einem Onlinetool zur Organisation auch
Unterstützung durch Mitarbeiter in 350 regionalen Arbeitskreisen bietet, die die Öffentlichkeitsarbeit vor Ort begleiten.
bau
> Info
Tarifabschluss in Bund und Kommunen:
Wildfeuer: Auch die Frauen profitieren
>
Der „Girls‘ Da“ soll mehr Mädchen für technische Berufe begeistern.
Wie das funktioniert, erläuterte Elisabeth Schöppner, Mitarbeiterin der
Initiative „Girls‘ Day – Mädchen-Zukunftstag“.
Beschäftigte zum Engagement
motivieren soll“, berichtete die
Vorsitzende der dbb jugend
weiter. Das erste Seminar werde im Juni in Zusammenarbeit
mit den jeweiligen Landesfrauenvertreterinnen stattfinden.
Die dbb bundesfrauenvertretung sprach der dbb jugend ihre Unterstützung beim Ausbau
des Mentoringprogramms aus.
Schließlich gehe es darum junge Frauen zu fördern und sie fit
für Führungspositionen zu machen. „Was der öffentliche
Dienst braucht, sind mehr mutige Mädchen, die auch in den
technischen Bereichen nach einer Spitzenposition streben“,
ne berufliche Karriere in den
Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften
und Technik zu begeistern.
Ziel der Mädchentags-Schnupperpraktika sei es, Hemmschwellen abzubauen. „Derzeit
werden 72 Prozent der Ausbildungsplätze von Mädchen in
nur 20 von 400 möglichen Berufen abgefragt“, erklärte
Elisabeth Schöppner. 50 Prozent der Mädchen mit Migrationshintergrund besetzten
Ausbildungsplätze sogar in lediglich vier Berufen. Um die
Studienwahl von Mädchen
stärker in Richtung technischer
Berufe zu lenken, sei es des-
Anerkennend hat die dbb bundesfrauenvertretung den Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst von Bund und
Kommunen aufgenommen. „Vor allem Frauen profitieren
von dem erzielten Kompromiss“, sagte Helene Wildfeuer,
Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, am 2. März
2010. Sie bezeichnete das Ergebnis als einen fairen Interessenausgleich, der sowohl die Ansprüche der Beschäftigten
berücksichtige, als auch auf die angespannte finanzielle
Lage der Kommunen Rücksicht nehme.
Wildfeuer wies darauf hin, dass Beschäftigte in den unteren Gehaltsstufen, in denen vor allem Frauen tätig sind,
überdurchschnittlich von der sozialen Komponente profitierten. Zudem erfahre der Gesundheitsbereich – und damit eine „wirkliche Frauendomäne im öffentlichen Dienst“
– eine reale finanzielle Aufwertung.
Auch die Ankündigung, die Auszubildendenbezüge zu erhöhen sowie Azubis mit guten Abschlüssen für mindestens zwölf Monate weiter zu beschäftigen, stieß bei der
dbb bundesfrauenvertretung auf positive Resonanz. „Vor
allem junge Frauen, die sich zunehmend für eine Arbeitsstelle im öffentlichen Dienst bewerben, profitieren von
dieser Regelung“, betonte Wildfeuer.
> dbb magazin | April 2010
33
frauen
>
dbb > spezial
Versicherungsschutz anpassen:
Lieber richtig …
mitgliederservice
34
... Das gute Gefühl, vernünftig
abgesichert zu sein, hat, wer
seinen Versicherungsschutz seinen Lebensumständen anpasst.
In jedem neuen Lebensabschnitt gilt es zu prüfen, wie
sich das Eigentum schützen, die
Existenz sichern und die Altersvorsorge gestalten lässt. Denn
der Bedarf und die Motivation,
sich zu versichern, verändern
sich. Steht in jungen Jahren im
Vordergrund, frei und unabhängig zu sein, steigt mit der Gründung der eigenen Familie das
Bedürfnis, die Zukunft abzusichern. Im Ruhestand zählt die
Gewissheit, gut vorgesorgt zu
haben – auch für Zeiten, in denen die Hilfe anderer gebraucht
wird.
Mit System und vergleichsweise geringem finanziellem
Aufwand lässt sich über das
dbb vorsorgewerk ein sinnvolles und abgestimmtes Versicherungspaket zusammenstellen,
wobei als wichtige Grundüberlegung die Frage berücksichtigt
werden sollte: Sind besonders
diejenigen Risiken abgesichert,
die mich und meine Familie finanziell ruinieren könnten?
>
Start in den Job
Spätestens mit dem Start in
den Vorbereitungsdienst und
mit dem ersten selbst verdienten Geld muss ergänzend zur
Beihilfe das Krankheitsrisiko
durch eine private Krankenversicherung abgesichert werden.
Das ist den meisten Anwärtern
bewusst, und eine gezielte Beratung durch die Spezialisten
des dbb vorsorgewerk ist der
richtige Weg zur maßgeschneiderten Lösung. Dabei sollten
Anwärter wie Auszubildende
aber auch unangenehme Themen nicht ausklammern: Was
passiert beispielsweise, wenn
aufgrund einer Krankheit oder
> dbb magazin | April 2010
eines schweren Freizeitunfalls
das berufliche Aus folgt?
Dienstherr oder Arbeitgeber
zahlen in solchen Fällen nicht,
also ist eine Absicherung dieses
Risikos durch eine entsprechende Versicherung ein absolutes
Muss. Das dbb vorsorgewerk
bietet deshalb in Kooperation
mit der DBV Deutsche Beamtenversicherung eine so genannte Dienstanfänger-Police,
die eine Dienstunfähigkeitsrente mit einer Vorsorge für den
Ruhestand zu günstigen Konditionen kombiniert.
Auch eine private Haftpflichtversicherung ist unerlässlich,
weil sie Risiken absichert, die
schnell immense Summen erreichen können. Egal wie vorsichtig Sie sind, ein Missgeschick ist schnell passiert. Im
schlimmsten Fall kann es zum
lebenslangen Abzahlen eines
Millionenschadens führen. Teuer ist dieser Schutz über das
dbb vorsorgewerk nicht: Für unter 30 Euro Jahresprämie sind
Sie mit einer guten Basisabsicherung dabei. Über den privaten Bereich hinaus sollten sich
Beschäftigte des öffentlichen
Dienstes zusätzlich mit einer
Diensthaftpflichtversicherung
>
vor Regressansprüchen durch
den Dienstherrn schützen.
>
>
Informationen und individuelle Beratung über die TopVersicherungsangebote durch
das Service-Team des dbb vorsorgewerks montags bis freitags, 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr:
0180.52 22 170 (0,14 Euro/
Min. aus dem Festnetz, Mobilfunk max. 0,42 Euro/Min.).
Bestellen Sie unseren kostenlosen E-Mail-Newsletter oder
fordern Sie online Informationen an unter:
www.dbb-vorsorgewerk.de
Familie und Eigentum
Anwärter und Azubis haben ihren Platz im öffentlichen Dienst
gefunden und stellen sich auch
privat auf neue Lebensumstände ein, die abgesichert sein wollen: Familie gründen, Eigentum
erwerben, die Zukunft auf ein sicheres finanzielles Fundament
stellen. Ein zentraler Baustein
für das Schließen zukünftiger
Versorgungslücken stellt die
Riester-Rente dar. Trotz mancher
Kritik ist die Riester-Förderung
der beste Einstieg für die Sicherung des Lebensstandards im Alter. Über das dbb vorsorgewerk
gibt es leistungsstarke RiesterVersicherungen, Fondssparpläne
und Wohn-Riester-Verträge – zu
attraktiven Sonder-Konditionen
für dbb Mitglieder.
Das dbb vorsorgewerk ermöglicht Ihnen Vorsorgeschutz der
sich Ihren neuen Lebensumständen anpasst. Damit Sie beim Bezug einer größeren Wohnung
oder nach Bau und Erwerb der
eigenen vier Wände, wenn
Wohngebäude, Hausrat oder
Glasbruch versichert werden
müssen, finanziell keine bösen
Überraschungen erleben.
Dass die private Krankenversicherung auch auf die Familienmitglieder ausgedehnt werden
muss, versteht sich von selbst.
Eine Versicherung gegen Berufs- beziehungsweise Dienstunfähigkeit
ist absolut notwendig.
Info
Darüber hinaus machen sinnvolle
Zusatzabsicherungen das Paket
rund um die Gesundheit sowohl
für Beamte als auch für Tarifbeschäftigte erst komplett und bewahren vor hohen Zusatzkosten.
So lässt sich beispielsweise der
Festzuschuss der Krankenkasse –
in der Regel nur 50 bis 60 Prozent
der Kosten – durch eine Zahnzusatzversicherung verdoppeln.
>
Sicher in den
Lebensabend
Bestehen Verbindlichkeiten, etwa
die Abzahlung eines Immobilienkredites, müssen existenzielle Risiken abgesichert werden. Dazu
gehört der eigene Tod, denn die
Familie darf nicht vor dem finanziellen Fiasko stehen, wenn der
Hauptverdiener ausfällt. Hier
empfiehlt sich eine (Risiko-)Lebensversicherung, deren Versicherungssumme sich, so eine
Faustregel, mindestens am Fünffachen des Jahresbruttogehalts
orientieren sollte. Dies gilt auch
für den Fall, dass man später auf
Pflege angewiesen sein könnte,
was in der immer älter werdenden Gesellschaft zunehmend für
jeden Einzelnen ein beträchtliches Risiko darstellt. Sollen die
eigenen Kinder nicht zur Kasse
gebeten werden, ist auch der Abschluss einer privaten Pflegeversicherung ein unbedingtes Muss
für das Policen-Paket, das über
das dbb vorsorgewerk geschnürt
und nach jeder größeren Veränderung im Leben – ob dienstlich
oder privat – hinterfragt und angepasst werden sollte
sm
dbb > spezial
Mitgliederservice:
„Elisabeth“ mit dbb Bonus
Das Schicksal der Kaiserin Elisabeth von Österreich, besser bekannt als „Sissi“, hat ganze Generationen berührt und fasziniert zugleich. Bis
heute ist ihr Mythos weit über die Grenzen Eu-
ropas hinaus lebendig. Die außergewöhnliche
Lebensgeschichte der schönen Kaiserin ist seit
dem 18. März 2010 im Capitol Theater Düsseldorf zu sehen.
Musik, die ans Herz geht, prunkvolle Kostüme und grandiose
Bühnenbilder machen das erfolgreichste deutschsprachige
Musical zu einem unvergesslichen Theatererlebnis.
Sparen oder gewinnen!
dbb Mitglieder erhalten unter
der Kunden-PIN 7752 eine Ermäßigung von 10 Prozent auf
37
die Vollpreiskarten, die zwischen 29,90 und 79,90 Euro zuzüglich Vorverkaufsgebühr und
2,– Euro Systemgebühr pro
Ticket liegen. Geben Sie bei der
Buchung unter 0211.7 34 41 20
einfach die dbb PIN an! Oder
gewinnen Sie 5 x 2 Freikarten
für Sonntag, den 25. April 2010,
18.30 Uhr im Capitol Theater
Düsseldorf, indem Sie unsere
Frage beantworten:
Welche Schauspielerin spielte
neben Karl-Heinz Böhm die
Hauptrolle in den „Sissy-Filmen“?
Einfach per Mail an magazin@
dbb.de, Betreff „Sissy“ oder per
Post an dbb beamtenbund und
tarifunion, Redaktion dbb magazin, Friedrichstraße 169/170,
10117 Berlin. Einsendeschluss
ist der 16. April 2010. Der
Rechtsweg ist ausgeschlossen.
> dbb magazin | April 2010
mitgliederservice
Seit der Weltpremiere am
3. September 1992 in Wien eroberte ELISABETH die Herzen
von über acht Millionen Menschen weltweit. Die hochkarätige Neuinszenierung „ELISABETH
– Die wahre Geschichte der
Sissi“ feierte im April 2008 im
Berliner Theater des Westens ihre Premiere. Harry Kupers fesselnde Inszenierung hält
zweieinhalb Stunden lang den
Theatersaal in Spannung. Das
Musical bringt den Zuschauern
das Schicksal der unvergleichlichen Kaiserin nahe wie nie zuvor: Hochdramatisch, zeitgemäß
und unvergesslich!
dbb > spezial
DB Railway
No. Five
von Freiheit und Abenteuer eine neue Dimension verleihen.
In wie immer gut unterrichteten Kreisen wird zurzeit ge-
munkelt, dass der DB Vorstand
eine Lizenz erwerben und das
Eisenbahnparfüm bei Bahnreisenden und Beschäftigten ver-
markten möchte. Eine eigens
eingerichtete olfaktorische
Grundsatzkommission hat inzwischen Vorschläge eingebracht, wie das Parfüm dem
deutschen Geruchsempfinden
angepasst werden und unter
welchem Namen es seinen Siegeszug durch Züge und Bahnhöfe antreten könnte: DB Railway
No. Five soll es heißen, und zusätzlich zu den amerikanischen
Basisdüften sollen Essenzen von
Baldrian und Immergrün hinzugefügt werden. Erstere zur Herstellung des seelischen Gleichgewichts von Lokführern, Zugbegleitern und Reisenden
gleichermaßen, letztere als Reminiszenz an bessere Zeiten. Der
Bahn-Vorstand soll zugestimmt
haben mit einer Korrektur: statt
der Immergrün-Herznote soll
dem Duft als Basisnote eine
Spur von Goldstaub beigemischt
werden. Man gönnt sich ja sonst
nichts …
sm
39
glosse
Eisenbahnromantik war gestern? Die Zeit der Dampfloks ist
vorbei? Von wegen! Im Land der
unbegrenzten Möglichkeiten haben New Yorker Parfümeure das
erste Eisenbahnduftwasser der
Welt kreiert und sich alle Mühe
gegeben, den erregenden Duft
von Schienen, Betonbohlen und
Lokomotiven zu einem Dufterlebnis werden zu lassen, dass
nicht nur Eisenbahner betört. Es
duftet (für den wahren Kenner)
androgyn-blumig nach See, gemischt mit Nuancen von rotem
Präriegras, zitronigem Bergamotte und würzigem Schildblatt. Hinzu kommen als blumige Herznote Rosen-, Tulpen- und
Hyazinthendüfte. Die verweilende Basisnote des Parfüms vereint Bureiche mit Irischem Moos
sowie Moschus und Teakholz.
Die Kreation namens Bond No. 9
High Line könnte das Trendparfüm der Zug-Enthusiasten Amerikas werden und dem Gefühl
> dbb magazin | April 2010
dbb > finale
Modernes Personalmanagement: Wie sich Verwaltungen fit für die Zukunft machen:
„Löwe sucht Dompteur“
jugend
40
Der sichere Job „auf dem Amt“ gilt als begehrt, gerade
in konjunkturell schwierigen Zeiten. Personalmangel
dürfte in öffentlichen Verwaltungen also kein Thema
sein. Ein Trugschluss. Auch den öffentlichen Arbeitgebern macht der demographische Wandel zu schaffen:
In den kommenden zehn Jahren wird sich jeder dritte
Beschäftigte des öffentlichen Dienstes altersbedingt in
den Ruhestand verabschieden, und die geburten-
schwachen Jahrgänge mindern das Arbeitskräfteangebot auf dem Arbeitsmarkt zusehends. Mit dem gesamten Repertoire modernen Personalmanagements betreiben einige Verwaltungen deswegen schon jetzt aktive Präventionsarbeit und machen sich in Sachen Human Ressources fit für die Zukunft – zum Beispiel in
Düsseldorf, im Landkreis Soest und in der Lippestadt
Hamm …
„Ausbildung im Sinn? Düsseldorf
im Kopf!“ Der Slogan der aktuellen Ausbildungsmarketing-Kampagne der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt lässt keinen Zweifel: Düsseldorf will die
besten Köpfe für seine Verwaltung. Der demographische Wandel macht auch vor der hiesigen
Stadtverwaltung mit derzeit rund
10 500 Beschäftigten nicht Halt,
absehbar steigende Ruhestandseintrittszahlen machen personelles Aufrüsten am unteren Ende
der Altersskala nötig. „Seit vier bis
fünf Jahren steigern wir kontinuierlich unsere Ausbildungszahlen“,
berichtet Ulf Fischer, Leiter der Abteilung Personalwirtschaft im Amt
für Personal, Organisation und IT.
„Die Verantwortlichen bis hin zur
politischen Stadtführung haben
verinnerlicht, dass kontinuierliche
Ausbildung der Schlüssel für eine
leistungsfähige und in der Altersstruktur gesunde Verwaltung ist.“
sagt Fischer und hebt die Hände,
„ein Dauerthema.“ Während die
Einkommensbedingungen für die
Mediziner nach öffentlichem Tarifrecht im Vergleich mit dem Markt
denkbar schlecht sind, hapert es
bei den Erziehern schlicht an Masse. Deswegen gibt es in Düsseldorf eine Dauerausschreibung für
Erzieher, flankiert von einer flotten Werbekampagne, die unter
dem Motto „Löwe sucht Dompteur, Rallyefahrer sucht Beifahrer,
Rockstar sucht Manager, Lisa
sucht Erzieherinnen und Erzieher“
Promotion für Jobs in der Kinderbetreuung macht. So bleibt auch
die Düsseldorfer Personalwirtschaft spannend …
> Aktives Ausbildungsmarketing
Bei der Personalgewinnung, früher für den öffentlichen Dienst
mehr oder weniger ein Selbstläufer, gehen die Düsseldorfer heute
aktiv auf den potenziellen Berufsnachwuchs zu und umwerben ihn
in direktem Wettbewerb mit der
Privatwirtschaft. „Wir wollen nicht
irgendwen, sondern die Besten“,
sagt Fischer. Und wer die haben
wolle, müsse den künftigen Leistungsträgern schon ganz genau
erklären, warum gerade ein Job im
öffentlichen Dienst ihr Traumziel
sein sollte. „Die relative Arbeitsplatzsicherheit ist ganz sicher ein
wichtiger Punkt, gerade in kon-
> dbb magazin | April 2010
junkturell schwächeren Phasen.
Aber das allein reicht heutzutage
nicht, um die hochgradig motivierten Leute zu gewinnen, die wir
haben wollen“, weiß Fischer. „Wir
müssen in jeder Hinsicht attraktive Bedingungen bieten. Das Gesamtpaket zählt: Ein gewisses
Maß an Sicherheit, spannendes
Betätigungsfeld, leistungsgerechte Bezahlung und Perspektiven,
attraktive, moderne Arbeitsplätze,
eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf, ein gutes, kollegiales
Klima.“ Dass all das im öffentlichen Dienst zu bekommen ist, ist
die Botschaft, die Fischer und seine Mitstreiter bei ihren Besuchen
in Schulen, auf Ausbildungs- und
Jobmessen, an Universitäten und
im Internet verbreiten. Über mangelnde Bewerberzahlen kann sich
das Personalamt am Rhein nicht
beklagen. Dennoch gibt es chronische Engpassbereiche, die auch
den Düsseldorfern Kopfzerbrechen bereiten: „Ärzte, Erzieher“,
>
„Wir wollen nicht irgendwen,
sondern die Besten“: Ulf Fischer, Leiter der Abteilung Personalwirtschaft im Amt für Personal, Organisation und IT der
Stadt Düsseldorf.
> Soest: Tausend Jahre –
und kein bisschen alt
„Tausend Jahre – und kein bisschen alt“, den Claim von Soest in
Westfalen hat man sich auch in
der ortsansässigen Kreisverwaltung zu Herzen genommen –
sinngemäß zumindest. Ulrike Burkert, in der direkt unter der Landrätin angesiedelten Stabsstelle
Zentrale Steuerungsunterstützung verantwortlich für die Personalentwicklung, ist quasi die
„Mastermind“ der Kreisverwaltung, wenn es um moderne Personalwirtschaft und modernes Personalmanagement geht. „Über allem steht das Ziel, dass der Kreis
Soest noch bürgernäher wird“, erklärt Burkert, und dazu gehört eine aufgabenangemessene Personalausstattung – quantitativ
ebenso wie qualitativ. „Wir werden älter und weniger. Wenn der
Staat mit immer weniger und immer älteren Leuten und immer
kleinerem Budget eine immer anspruchsvollere Kundschaft versorgen will, ist professionelles, demographiesensibles Personalmanagement unverzichtbar. Da muss jeder
Mitarbeiter auf dem richtigen Platz
sitzen.“ Deswegen hat die Personalentwicklerin Verwaltungsspitze
und politische Führung schon seit
Beginn des neuen Jahrtausends
immer wieder auf die zu erwartenden Veränderungen hingewiesen
und ließ sich nicht von der anfänglich herrschenden demonstrativen
Gelassenheit irritieren, beharrte
weiter auf einer Beschäftigung mit
dem Thema. Sie sorgte dafür, dass
sich die Kreisverwaltung in Sachen
Personalmanagement die Demographiebrille aufsetzt und ihre Instrumente neu bewertet und gewichtet. Systematisch nahm man
sich die Altersstruktur vor, machte
eine Bestandsaufnahme von Personalplanung und Gesundheitsmanagement. Heute hat jeder in der
Soester Kreisverwaltung verinnerlicht, dass angesichts der grundlegend veränderten demographischen, technologischen, gesellschaftlichen, finanziellen und ökonomischen Rahmenbedingungen
vorausschauendes Handeln und
nachhaltige Strategien in der Personalentwicklung zwingend geboten sind. „Einerseits gilt es mit
Blick nach außen zu klären, welchen Erfordernissen die öffentlichen Leistungs- und Serviceangebote künftig genügen müssen“,
dröselt Ulrike Burkert die Herausforderungen auf, „andererseits
müssen wir anhand dessen klären,
wie wir als Verwaltung konkret
aufgestellt sein müssen, um unsere Aufgaben erfüllen zu können.“
dbb > finale
Die Demographiebrille aufsetzen: „Professionelles, demographiesensibles Personalmanagement ist unverzichtbar“, sagt
Ulrike Burkert, Personalentwicklerin beim Landkreis Soest.
Das muss nicht zwingend teuer
sein. „Analyse und Strategie kosten außer der Zeit, die man intern
darauf verwendet, zunächst einmal gar nichts. Wenn klar ist, wo
die Defizite liegen und welche Optimierungsmaßnahmen erforderlich sind, kann erst mal über eine
Neuaufstellung des vorhandenen
Personals nachgedacht werden.“
Und wenn dann – so wie in der
Soester Kreisverwaltung – ein absehbarer Knick in der Personalstruktur identifiziert und durch
keine internen Optimierungsmaßnahmen zu begradigen sei, sei es
auf der Grundlage der bisherigen
Diskussion zumindest leichter als
früher, die Entscheider davon zu
überzeugen, dass Geld für qualifizierten Nachwuchs in die Hand
genommen werden muss, weiß
Burkert. Leichter wird die Personalgewinnung perspektivisch
trotzdem nicht, denkt die Personalexpertin. „Zwar haben wir immer noch hohe Bewerberzahlen
und finden auch gute, aber es sind
heute schon weniger geeignete
als früher dabei. Für die Aufgaben
einer modernen Verwaltung auf
>
Hamm: Mit Kreativität
und Ausbildungsqualität
„Um die Leistungsträger von morgen zu gewinnen und zu formen,
muss der öffentliche Dienst das
Thema Ausbildung systematisch
und kreativ angehen“, sagt Malte
Dahlhoff, Leiter des Sachgebiets
Qualifizierung und Ausbildungsleiter der Stadt Hamm. „Machbar“, sagt Kollege Roman Quenter,
„auch wenn Ausbildung zunehmend im Spannungsfeld zwischen
schrumpfenden Finanzmitteln
und notwendigen Qualitätssteigerungen steht.“ Viele Instrumente
könnten bereits mit geringem
Finanzbedarf implementiert werden, betont Dahlhoff: „Wir machen wenig Hochglanz, nichts für
die Galerie.“ Bei Ausbildungsorganisation, Bewerberauswahl und
Ausbildungsmarketing überlassen
der Ausbildungschef und sein
Team nichts dem Zufall. Jeder der
Hammer Auszubildenden weiß
von Beginn an, was auf ihn zukommt und von ihm erwartet
wird – dank der Zielvereinbarungen, die die Verwaltung seit 2006
jährlich mit jeder Nachwuchskraft
abschließt. Neben den ergebnisorientierten Lernzielen, den Aus-
t@cker
„We want you“ – Nachwuchs gesucht, heißt es für den
öffentlichen Dienst angesichts des demographischen
Wandels, der auch vor den Verwaltungen nicht Halt
macht. Wie sich öffentliches Personalmanagement dieser Herausforderung stellt, ist Thema dieser April-Ausgabe vom dbb jugend magazin t@cker. Die t@cker-story berichtet aus Düsseldorf, dem Landkreis Soest und
der Lippestadt Hamm, wo sich die Personalentwickler
schon frühzeitig mit der Zukunft ihrer Human Ressources beschäftigt und nachhaltige Strategien entwickelt
haben, um im Wettbewerb um die besten Köpfe bestehen zu können. Ulrich Mohn, Referatsleiter „Recht
und Verfassung“ beim Deutschen Städte- und Ge-
bildungserfolgen, werden darin
gleichzeitig die Bedingungen zur
Erreichung dieser Ziele vereinbart. „Das macht die Ausbildung
zum einen für beide Seiten transparenter. Darüber hinaus sorgen
die Zielvereinbarungen aufgrund
ihres persönlichen Zuschnitts für
eine hohe Identifikation mit der
eigenen Ausbildung und sind zugleich ein wichtiges Instrument
zur Qualitätskontrolle.“ Nicht zu
vernachlässigen auch die
„Nebenwirkungen“ der Zielvereinbarungen: „Die Nachwuchskräfte sind von Beginn an eine direkte und offene Kommunikation
über Leistung mit Kollegen und
Vorgesetzten gewohnt.“ Während viele Azubis andernorts ihr
erstes Lehrjahr überwiegend mit
Kopieren und Kaffeekochen zubringen, muss der Nachwuchs in
der Stadtverwaltung Hamm vom
ersten Tag an anpacken.
Bei der Bewerberauswahl setzt
die Stadtverwaltung neben einem ausgefeilten aufwändigen
Assessment-Verfahren auf frühzeitiges Ausbildungsmarketing:
„Wir gehen an Schulen und Eltern, informieren über Hamm als
Arbeitgeber“, erzählt Roman
Quenter. Besondere Taktik dabei:
Nicht gestandene Beschäftigte
des Personalamts präsentieren
die Stadtverwaltung, sondern ihre Auszubildenden. Die erstellen
auch das entsprechende Info-Material, mehrsprachig selbstverständlich, denn auch Menschen
mit Migrationshintergrund sind
gefragt. „Unsere Azubis machen
unser Marketing viel authenti-
>
Systematisch und kreativ werden
in der Stadtverwaltung Hamm die
Leistungsträger von morgen ausgebildet: Ausbildungschef Malte
Dahlhoff (links) und Kollege Roman Quenter mit den Auszubildenden Kirsten Pilger, Lilli Godoroscha und Lukas Huster (von links).
scher und effektiver, das haben
Evaluierungen gezeigt“, sagt
Quenter. Auch während der Ausbildung fördert, fordert und umwirbt Hamm seine angehenden
Leistungsträger. In einer Einführungswoche mit Werteworkshop
wird die Truppe auf die kommunalen Aufgaben eingeschworen,
regelmäßige Fortbildungen, organisierte externe Hospitationen
und Betriebsausflüge gehören
zum festen Programm. Beim „Erlebnis lernen“, einem Theaterstück, das von den Azubis binnen
einer Woche erfunden, einstudiert und logistisch organisiert
und schließlich öffentlich aufgeführt werden muss, praktiziert
der Nachwuchs nicht nur Teambuilding, Arbeitsorganisation,
Stressbewältigung und Präsentation, sondern zeigt zudem der Öffentlichkeit, „was für eine starke
Truppe diese Stadtverwaltung
ist“, freut sich Dahlhoff.
Iba
meindebund, erläutert in seinem Gastbeitrag im t@cker-special ein Bündel von
Maßnahmen, mit denen sich Kommunen
dagegen wehren können, dass ihnen künftig große Personalengpässe entstehen. Auch
neben dem Schwerpunktthema gibt es im
dbb jugend magazin wieder allerlei Aktuelles aus dbb jugend und ihren Jugendverbänden und Interessantes – die t@cker-tipps
fühlen diesmal den so genannten „Social Networks“ – Facebook, Twitter & Co – auf den
Zahn. Außerdem winken bei den Gewinnspielen wie immer tolle Preise und – übrigens! –
steht auch der Gewinner des „ZOOM-Fotowettbewerbs“ zur Einkommensrunde 2010
fest. t@cker verrät, wer’s ist. Reinsurfen und lesen lohnt sich: www.tacker-online.de!
> dbb magazin | April 2010
41
jugend/t@cker
>
kommunaler Ebene braucht es
mittlerweile weniger den klassischen Beamten, der die Aktenlage
abarbeitet und Anordnungen umsetzt, sondern eher einen Manager, der vernetzt denken, mitdenken, selbstständig handeln, Projekte steuern, gestalten kann.“
Dieser Typus ist schon heute zunehmend rar gesät …
dbb > finale
>
>
dbb brandenburg
Spitzengespräch
Die Landesleitung des dbb brandenburg ist am 3. März 2010 mit
dem neuen Innenminister des
>
>
Heinz-Egon Müller,
Vorsitzender des
dbb brandenburg
Landes, Rainer Speer, zusammengetroffen. Ebenso stellte
sich der neue Finanzminister,
Helmuth Markov, den Fragen
der Gewerkschaftsvertreter. Der
dbb brandenburg war durch
den Landesvorsitzenden HeinzEgon Müller und dessen Stellvertreter Gerhard Stuchlick und
Christina Adler vertreten. Themen waren die Eckpunkte des
Gesetzesentwurfs zum Versorgungsrecht, die Dienstrechtsreform und das Personalvertretungsrecht. Dazu bat Innenminister Speer den dbb brandenburg um schriftliche Formulierung eigener Vorstellungen und
Positionen.
Am 9. März 2010 ist plötzlich und unerwartet der ehemalige Bundesvorsitzende der Deutschen Justiz-Gewerkschaft
(DJG), Horst Mix, im Alter von 65 Jahren
verstorben. Mix wurde am 28. November 1944 in Königsberg/Ostpreußen geboren. Er trat 1963 in den Justizdienst
des Landes Baden-Württemberg ein
und amtierte bis zu seiner Pensionierung als Geschäftsleiter beim Amtsgericht Wiesloch. Seit 1970 engagierte er
sich im dbb und in der DJG, deren
Bundesvorsitzender er von 1996 bis 2004 war. Neben seinem gewerkschafspolitischen Engagement war Mix in der Personalratsarbeit tätig, zuletzt im Bezirkspersonalrat beim Oberlandesgericht
Karlsruhe. Unter seiner Federführung wandelte sich der Bund der
Justizbeamten zur heutigen Deutschen Justizgewerkschaft und öffnete sich für alle Bediensteten der Justiz.
dbb und DJG werden Horst Mix ein ehrendes Andenken bewahren. >
Vorschläge zeugen
von Unkenntnis
mitgliedsgewerkschaften
42
>
>
Auf die schwierige Situation der Altersversorgung angestellter ostdeutscher Professoren und Wissenschaftler aus universitären und
außeruniversitären Einrichtungen des öffentlichen Dienstes der neuen Bundesländer haben drei Akademikerverbände gemeinsam hingewiesen. avb (Akademikerverband Berlin), vhw (Verband Hochschule und Wissenschaft im dbb) und VAV (Verein für angestellte Professoren und Hochschullehrer neuen Rechts und Angestellte im höheren Dienst der Behörden in den neuen Bundesländern e. V.) stellten
bei einer Veranstaltung am 26. Februar 2010 im dbb forum berlin zugleich einen „Lösungsansatz“ zur Diskussion. Hintergrund ist, „dass
gerade diejenigen ostdeutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hinsichtlich ihrer Altersversorgung zu den ‚Verlierern‘ der
deutschen Einheit zählen, die aufgrund ihrer Leistungen und ihrer
politischen Integrität – nach doppelter Evaluation – in universitäre
und außeruniversitäre bundesdeutsche Einrichtungen übernommen
worden sind“, heißt es in dem Papier. Wissenschaftler im Angestelltenverhältnis, die zwischen 1. Juli 1995 und Ende 2005 aus dem Berufsleben ausgeschieden sind, erhalten den Angaben zufolge eine
Einheitsrente von 1700 Euro brutto. Das sind etwa 30 bis 35 Prozent
der letzten Arbeitsbezüge und damit weniger als 60 Prozent der
Brutto-Altersbezüge eines leistungsmäßig vergleichbaren beamteten Kollegen der neuen Bundesländer bzw. 35 bis 40 Prozent der Bezüge entsprechender altbundesdeutscher beamteter Kollegen. Die
Verbände schlugen ein zeitlich befristetes Fondsmodell vor. Da die
Zahl der Anspruchsberechtigten immer geringer wird, werde der Finanzaufwand für Ausgleichsbeträge pro Jahr einen „unteren zwei
stelligen Millionenbetrag“ nicht übersteigen.
Anke Schwitzer,
Vorsitzende des
dbb schleswig-holstein
Kürzungen bei den Beamtenpensionen. „Zunächst mal muss darauf hingewiesen werden, dass
bereits in acht Schritten auf der
Grundlage des Versorgungsänderungsgesetzes von 2001 die Pensionen abgesenkt werden. Die
Prozedur ist in Schleswig-Holstein noch gar nicht abgeschlossen.“
Info
bgv: Mehr Personal nötig
Durch Angaben im Prüfbericht des Bundesrechnungshofes (BRH)
zur bahnpolizeilichen Aufgabenerfüllung durch die Bundespolizei
sieht sich die bundespolizeigewerkschaft bgv in ihrer Forderung
nach mehr Personal bestätigt. Die „Süddeutsche Zeitung“ (Ausgabe
vom 11. März 2010) hatte unter Bezug auf den Prüfbericht geschrieben, dass bei mehr als einem Viertel der 121 Reviere der Bundespolizei so wenige Beamte im Einsatz sind, dass eine durchgängige Streifenbildung und Besetzung der Wache nicht sichergestellt werden
kann. Die bundespolizeigewerkschaft bgv, so Vorsitzender Rüdiger
Reedwisch, habe in den vergangenen drei Jahren immer wieder auf
den Personalmangel und andere organisatorische und ausstattungsmäßige Missstände bei der Bundespolizei hingewiesen. 1 800
Stellen für Bundespolizisten und 350 Stellen im Verwaltungsbereich
seien nicht besetzt.
> dbb magazin | April 2010
Info
Angestellte ostdeutsche Wissenschaftler nicht
länger benachteiligen
dbb schleswig-holstein
Die jüngsten Sparvorschläge der
Grünen im Landtag SchleswigHolsteins hat die dbb Landesbundvorsitzende Anke Schwitzer
als „ideenlose Politik“ bezeichnet.
Die Grünen hatten Kürzungen bei
den Beamtenpensionen angeregt, um so die Landesfinanzen
zu sanieren. „Ein Griff in die politische Mottenkiste“ sei dies, so
Schwitzer am 11. März 2010. Am
Ende seien es Leistungen für Bürgerinnen und Bürger, die nach
dem geforderten Abbau von
4800 Stellen eingestampft werden müssen, gab Schwitzer zu
bedenken. Von grobem Unverstand zeuge die Forderung von
Personalie
>
Info
BRH im Gespräch über Rente
Das Thema Rente war Schwerpunkt eines Gespräches, zu dem die
Spitze des Seniorenverbandes BRH am 4. März in Berlin mit dem beamteten Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Andreas
Storm, zusammentraf. In einer offenen Atmosphäre sei unter anderem über die erstmals gesunkenen Bruttoverdienste, die Absicherung der Rentner sowie die Anpassung des Rentenwertes Ost an
den aktuellen Rentenwert diskutiert worden, wie der BRH mitteilte.
Die stellvertretende BRH-Bundesvorsitzende Anna Maria Müller erinnerte daran, dass insbesondere die „Alten“ in den ost- und mitteldeutschen Ländern von der Regierung eine „zeitnahe, noch erlebbare Lösung“ erwarten.
dbb > finale
>
dbb nrw
>
Reformdialog gestartet
>
dbb saar
Spitzengespräch mit
Landesregierung
Der Landesvorstand des dbb saar
ist am 9. März 2010 zu einem
Spitzengespräch mit dem Ministerpräsidenten des Landes, Peter
Müller, zusammengetroffen. Im
Mittelpunkt standen der Koalitionsvertrag, die Finanzsituation
des Landes und deren Auswirkungen auf den öffentlichen Dienst
sowie die weitere Umsetzung der
Föderalismusreform I im Beamtenbereich. Ministerpräsident
Müller verwies auf die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise, kündigte aber die Förderung
von Projekten in den Bereichen
Bildung, Forschung, Wirtschaftsförderung, Umwelt und Kultur an.
mitgliedsgewerkschaften
44
>
Artur Folz,
Vorsitzender des dbb saar
Zudem setze die Landesregierung
verstärkt auf Innere Sicherheit.
Im Schulbereich seien 78 neue
Stellen geplant. Bei der Polizei
sollen zusätzlich 55 Anwärterstellen und bei den Justizvollzugsanstalten zusätzlich 35 Stellen geschaffen werden. Durch die vorgesehenen Einsparungen von circa vier Millionen Euro dürfe ein
qualifizierter öffentlicher Dienst
nicht gefährdet werden, mahnte
der dbb saar.
>
Ein Jahr nach dem Amoklauf eines Schülers in Winnenden haben
die Lehrerverbände VBE und DPhV sowie die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) gefordert, gesetzliche Möglichkeiten zur Prävention besser als bislang zu nutzen und die Schulen wirksamer zu
unterstützen. „Den Zeit- und Leistungsdruck auf Schüler und Lehrer zu erhöhen, ist der falsche Weg“, warnte der Vorsitzende des
Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann. „Der VBE
vermisst bis heute glaubwürdige Strategien zur Unterstützung von
Schulen, die dann auch tatsächlich umgesetzt werden. Schulen
müssen sich zu einem angstfreien und offenen Lern- und Lebensort
entwickeln können“, so Beckmann. Als unverständlich kritisierte
der Deutsche Philologenverband (DPhV) den Verzicht einzelner
Kommunen und Landkreise auf verdachtsunabhängige Waffenkontrollen. „Wir unterstützen die Forderung nach zusätzlichem Personal für die erweiterten Kontrollaufgaben der Kommunen“, machte
DPhV-Chef Heinz-Peter Meidinger klar. Waffenbesitzern zu versichern, sie würden nicht kontrolliert, sei „das völlig falsche Signal“.
Die DPolG stellte sich hinter Vorschläge, Maßnahmen zur Gewaltprävention an Schulen zu verstärken. „Entscheidend sind Maßnahmen, die auf lange Sicht an Schulen ein angstfreies und faires Miteinander unter Schüler, Lehrern und Eltern entstehen lassen“, sagte
DPolG-Chef Rainer Wendt. Dazu gehörten mehr Schulpsychologen,
flächendeckende Anti-Gewalt-Programme an Schulen sowie die in
tensivere Beratung von Eltern.
Meinolf Guntermann,
Vorsitzender des
dbb nordrhein-westfalen
und DRB auch Vertreter des
Bundes der Steuerzahler, von
Landkreistag, Städtetag sowie
Städte- und Gemeindebund eingeladen hatten. Wie der dbb
nrw am 12. März 2010 mitteilte,
seien sich alle Teilnehmer einig
darüber gewesen, dass das Thema Besoldung „Bestandsschutz
genießt“. Der dbb nrw machte
deutlich, dass auch das bestehende Beihilfesystem tabu sein
müsse. Zudem dürfe es keine
Diskussion auf Grundlage des
Papiers der so genannten BullKommission aus dem Jahre
2004 geben. Darin war das Beamtenverhältnis als „nicht zukunftsfähig“ bezeichnet worden. Für den dbb nrw entscheidende Punkte seien Fragen des
Aufstiegs in Verbindung mit
dem Leistungsaspekt bis hin zur
leistungsorientierten Bezahlung.
Info
GDL erstmals im Bahn-Aufsichtsrat
Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) zieht erstmals
mit einem Vertreter in den Konzernaufsichtsrat der Deutschen Bahn
ein. Das Mitglied des GDL-Bezirksvorstands Mitteldeutschland, Mario Reiß, wurde am 11. März 2010 in Hannover in einer Delegiertenversammlung der Arbeitnehmer in das Kontrollgremium gewählt.
Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky sagte: „Wir verstehen dieses
Votum als klaren Auftrag für eine objektive und kritische Arbeit in
den Aufsichtsratsgremien der Unternehmensmitbestimmung.“ Bei
den Tochtergesellschaften DB Regio und DB Schenker Rail Deutschland gewann die GDL je ein Aufsichtsratsmandat hinzu.
> dbb magazin | April 2010
Ein Jahr nach Winnenden –
Gesetzesmöglichkeiten ausschöpfen
In Nordrhein-Westfalen haben
die Gespräche zur Reform des
Dienstrechts begonnen. Ende Februar 2010 fand die erste Unterredung des Expertenforums
statt, zu der Finanzminister Helmut Linssen und Innenminister
Ingo Wolf neben Fachleuten aus
den Gewerkschaften dbb, DGB
>
Info
>
Info
BDF für nachhaltige Personalpolitik
Nach vorläufigen Schätzungen hat der Orkan Xynthia, der am 28.
Februar 2010 mit Spitzengeschwindigkeiten bis zu 180 Kilometern
pro Stunde über Deutschland hinwegraste, in den Wäldern etwa
4,5 Millionen Festmeter Schadholz verursacht. Zwar sei man im Vergleich zu dem „Jahrhundertsturm“ Kyrill „mit einem blauen Auge
davon gekommen“, erklärte der Bund Deutscher Forstleute (BDF).
Nichtsdestotrotz müssten die Aufräumarbeiten nun schnell beginnen, sagte BDF-Vorsitzender Hans Jacobs am 3. März 2010. Da
wegen des Personalabbaus Beschäftigte vielerorts schon an der
Leistungsgrenze arbeiteten, sei „eine nachhaltige Personalpolitik
reine Zukunftsvorsorge für den Wald und die Gesellschaft“.
>
sbb
Wunsch und
Wirklichkeit bei Lehrerbedarfsplanung
Wunsch und Wirklichkeit bei der
Lehrerbedarfsplanung in Sachsen klaffen nach Einschätzung
des sbb beamtenbund und tarifunion sachsen weit auseinander.
Während die Zahl der Schüler an
Mittelschulen und Gymnasien
bis 2014 auf 128 Prozent des
derzeitigen Niveaus steige, würde sich durch das Auslaufen des
Bezirkstarifvertrages in diesem
Schuljahr die Zahl der Lehrkräfte
nur auf 110 Prozent nach oben
bewegen. Damit würde eine
Unterversorgung von mindestens 18 Prozent in Kauf genommen“, rechnete der sbb am 15.
>
Günter Steinbrecht,
Vorsitzender des sbb
März 2010 vor. Aus einer aktuellen Berechnung der Lehrerverbände im sbb gehe hervor, dass
allenfalls im kommenden Schuljahr ein geringfügiger Überhang
an Lehrkräften vorhanden wäre.
Bereits ein Jahr später würde eine erneute Unterversorgung an
Lehrern das Bildungsangebot für
Kinder wieder deutlich einschränken.
dbb > finale
>
Personalie
Sechs Prozent gefordert
Der Bundesehrenvorsitzende des
Seniorenverbandes BRH im dbb,
Gerhard Schröder, ist tot. Er starb am
9. März 2010, zwei Tage nach seinem
96. Geburtstag, wie der Verband mitteilte.
Schröder, am 7. März 1914 in Braunsberg in Ostpreußen geboren, kam
nach Zweitem Weltkrieg und Kriegsgefangenschaft nach Boppard ins
Rheinland. Er wurde Rechtspfleger und stieg im rheinland-pfälzischen Justizministerium bis zum Amtsrat auf. Daneben engagierte er sich seit 1952 für den Beamtenbund, 1961 wurde er Geschäftsführer des DBB-Landesbundes. 1968 zum Bundesvorsitzenden des BRH gewählt, stand er bis 1981 an der Spitze des Seniorenverbandes und war zugleich Schriftleiter der Verbandszeitschrift. Seit 1981 war er BRH-Ehrenvorsitzender. dbb und BRH
werden Gerhard Schröder ein ehrendes Gedenken bewahren.
GDBA
Die Verkehrsgewerkschaft GDBA
hat ein umfangreiches Forderungspaket für die Tarifrunde bei
der Deutschen Bahn beschlossen.
Das Gesamtvolumen bezifferte
der für den Tarifbereich zuständige GDBA-Vize Heinz Fuhrmann
am 17. März 2010 auf sechs Prozent. Im Mittelpunkt steht die
Forderung nach einer realen Einkommenserhöhung. Hinzu kommen Verbesserungen bei Zulagen
und Arbeitszeit. Parallel dazu soll
auch die Beschäftigungssicherung im Bahnkonzern neu verhandelt werden. Die Tarifverträge
bei der Deutschen Bahn laufen
am 31. Juli 2010 aus. „Eine Lohnpause wäre in der aktuellen Situation das völlig falsche Signal“,
>
Klaus-Dieter Hommel,
Bundesvorsitzender der
Verkehrsgewerkschaft GDBA
machte Fuhrmann deutlich.
Spielräume seien bei der Deutschen Bahn vorhanden, denn
trotz der Krise werde der Konzern
wieder einen Milliardengewinn
verkünden. „Das ist vor allem auf
die Leistung der Beschäftigten
zurückzuführen.“
45
mitgliedsgewerkschaften
>
> dbb magazin | April 2010
dbb > finale
>
Info
DPolG für „Geisterspiele“
>
dbb berlin
Anwerbungen
unterstützt
Auf der Personalrätekonferenz
des dbb berlin am 3. März 2010
hat der Landesvorsitzende des
dbb berlin, Joachim Jetschmann,
erneut eine Aufhebung des Verbeamtungsverbots für Lehrkräfte
und die mittleren Laufbahnen der
allgemeinen Verwaltung und des
Justizdienstes gefordert. Das seit
2004 bestehende Verbeamtungsverbot wirke sich negativ auf die
Personalentwicklung in diesen
Bereichen aus. So würden Möglichkeiten für das berufliche Fortkommen stark eingeschränkt.
Auch die Übernahme von Führungsaufgaben durch Beamtinnen und Beamte werde erschwert. „Der dbb berlin unterstützt daher die öffentliche Ausschreibung der Senatsverwaltung
mitgliedsgewerkschaften
46
>
Joachim Jetschmann,
Vorsitzender des dbb berlin
für Bildung, Wissenschaft und
Forschung zur Anwerbung beamteter Lehrkräfte aus anderen
Bundesländern für das Einstellungsverfahren im Rahmen der
zentralen Nachsteuerung für das
Schuljahr 2010/2011“, sagte
Jetschmann. Auch die beabsichtigte öffentliche Ausschreibung
>
zur Einstellung beamteter Nachwuchskräfte für die ordentliche
Gerichtsbarkeit im mittleren und
gehobenen Justizdienst werde
vom dbb berlin unterstützt.
>
Nach den Ausschreitungen im Anschluss an die 1:2-Niederlage
von Bundesliga-Schlusslicht Hertha BSC gegen den 1. FC Nürnberg
in Berlin hat der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft
(DPolG), Rainer Wendt, Partien ohne Zuschauer für den Berliner
Club gefordert. „Ich bin fassungslos darüber, dass so etwas in der
Bundesliga möglich ist. Ich fordere mindestens einige Spiele ohne
Zuschauer, damit diese Krawallmacher merken, dass sie ihrem
Verein schaden“, zitiert „Die Welt“ (Ausgabe vom 15. März 2010)
den DPolG-Chef. Er erneuerte zugleich die Forderung nach personengebundenen Eintrittskarten.
dbb sachsen-anhalt
Gesundheitsreform
Am 4. März 2010 hat sich der
Landesvorsitzende des dbb sachsen-anhalt, Maik Wagner, mit
Norbert Bischoff, Minister für Ge-
>
Maik Wagner,
Vorsitzender des
dbb sachsen-anhalt
sundheit und Soziales, zu einem
Spitzengespräch getroffen. Wagner, der auch Landesvorsitzender
der Gewerkschaft der Sozialversicherung (GdS) ist, und der GdS
Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt diskutierten mit Bischoff
über die Pläne der Bundesregierung zur Gesundheitsreform und
über die Organisationsstruktur
der gesetzlichen Krankenkassen.
Dauderstädt und Wagner zeigten
sich besorgt, dass durch Umstellung auf gleiche Beitragsprämien
mit milliardenschwerem Sozialausgleich das Solidarprinzip
preisgegeben werde. Dem
stimmte Bischoff zu. Der Minister
äußerte auch Sympathie für die
GdS-Forderung nach Wiederher-
stellung einer paritätischen Beitragsaufbringung durch Arbeitgeber und Versicherte. Zurückhaltung sei geboten bei der Verlagerung der GKV-Finanzierung auf
Steuermittel. Beim Thema Organisationsstruktur stimmten beide
Seiten überein, dass sich die Zahl
der gesetzlichen Krankenkassen
weiter reduzieren werde.
>
Dienstrecht-Entwurf
sorgt für Unmut
Der BBW – Beamtenbund Tarifunion hat die baden-württembergische Landesregierung aufgefordert, bei der Reform des
Pläne zum
Stellenabbau gerügt
„Entsetzt“ über die Aussage des
Vorsitzenden der CDU-Fraktion
im thüringischen Landtag, Mike
Mohring, hat sich der tbb beamtenbund und tarifunion thüringen gezeigt. Mohring hatte angekündigt, bis 2020 müssen bei den
Landesbehörden 8000 Stellen abgebaut werden. „Herr Mohring
hat offensichtlich vorhandene
Haushaltslöcher addiert, bis zum
Jahr 2020 hochgerechnet und das
in Personalkosten umgerechnet“,
komba will mehr Sicherheit für Busfahrer
> dbb magazin | April 2010
BBW
tbb
Info
Nachdem alle Omnibusse in Berlin mit Schutztrennscheiben für die
Fahrer ausgerüstet worden sind, hat der Bundesvorsitzende der
komba gewerkschaft, Heinz Ossenkamp, am 4. März 2010 dafür
plädiert, bundesweit die Sicherheitsmaßnahmen für Busfahrerinnen und Busfahrer zu verstärken. Ossenkamp befürwortete den
Vorschlag, zur Vermeidung von Gewalttaten und Vandalismus in
Zukunft Begleitpersonen einzusetzen. Damit gewinne der Öffentliche Personennahverkehr an Kundenattraktivität. Zudem sei durch
das Eindämmen von Sachschäden der Einsatz von Schaffnern weitgehend kostenneutral.
>
>
Helmut Liebermann,
Vorsitzender des tbb
sagte der Landesvorsitzende des
tbb, Helmut Liebermann, am
5. März 2010. Eine seriöse Voraussage über einen Zeitraum
von zehn Jahren sei aber unmöglich. Die Aussage Mohrings suggeriere, dass in den Landesbehörden 8 000 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter ohne Beschäftigung
seien. „So werden Vorurteile geschürt“, sagte Liebermann.
>
Volker Stich, Vorsitzender des
BBW – Beamtenbund und
Tarifunion Baden-Württemberg
Dienstrechts gravierende Einschnitte zu Lasten der öffentlich Beschäftigten und ihrer
Personalvertretungen zu unterlassen.
In einem Schreiben an Ministerpräsident Stefan Mappus
unterstreicht BBW-Chef Volker
Stich: Die ursprünglich vorgesehene Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes
(LPVG), die sich auf eine Korrektur der Mitbestimmung bei Anträgen auf Verlängerung der
Lebensarbeitszeit beschränkte,
ist für den BBW akzeptabel. Alles was darüber hinausgeht,
lehnt der BBW ab. Stich kritisiert, dass der jetzt in die Ressortanhörung gegangene Entwurf zum Dienstrechtsreformgesetz (DRG) derart in die Beteiligungsrechte der Personalvertretungen eingreife, dass
dies weit über das hinausgeht,
was das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber auferlegt habe. „Ein solches Vorgehen kann beim BBW niemand
verstehen“, sagte Stich am
15. März 2010.
dbb > finale
Not macht erfinderisch
kleinen Gemeinde Niederzimmern in Thüringen. Weil der
harte Winter den Straßen dort
arg zugesetzt hat, die Gemeinde aber nicht über das nötige
Kleingeld zur Reparatur verfügt, werden auf der Homepage des Ortes die Schlaglöcher
zum Kauf angeboten. Unter
dem Slogan „Teer muss her.
Kaufen sie Ihr Schlagloch!“ erfährt der staunende Leser, dass
50 Euro zur Ausbesserung eines Schlagloches bezahlt werden müssen, wofür der Spender als Gegenleistung eine Plakette mit seinem Namen oder
einen Spruch seiner Wahl erhält, damit sein Verdienst um
die kommunale Wohlfahrt allgemein sichtbar werde.
Niederzimmern kann sich vor
Nachfragen kaum noch retten.
Die Aktion ging über die Nachrichtenagenturen und eroberte
die Medien. Die Nachfrage ist
so groß, dass wohl die ganze
Straße neu geteert werden
kann, und selbst die BBC zeigte
sich interessiert. Kein Wunder,
den Aufruf auf der Gemeindehomepage kann man auch in
Englisch lesen: „We need Tar.
The muncipality of niederzimmern is selling their road holes.“
Heimatliebe per Gesetz – gibt es ab sofort in der
>
Slowakei. Die Slowaken haben
ihre Heimat zu lieben, wenn
nicht, werden sie dazu verpflichtet. Durch das „Gesetz
zur Unterstützung der Heimatliebe“ soll Patriotismus und
Identifikation mit dem Staat
Franzosen mogeln
mit ihrem Gewicht – und
>
zwar unabhängig vom Geschlecht. Sie sind ohnehin
schlanker als die Deutschen,
machen sich aber bei Nachfragen im Schnitt einen Kilo leichter und einen Zentimeter größer als sie in Wirklichkeit sind.
Das hat sich bei einer Befragung von etwa 630 Testteilnehmern herausgestellt, die –
so die Experten – wohl noch
mehr geschummelt hätten,
wenn sie nicht davon ausgegangen wären, dass die Eigen-
angaben mit Waage und Metermaß überprüft werden sollten. Der Schlanker-GrößerKomplex hat bereits einen Namen: Obelix-Syndrom. Der
schwergewichtige Comic-Gallier bestreitet ebenfalls hartnäckig, zu dick zu sein.
>
Stunden kosten 600 Franken,
längere schlagen mit 950 Franken (650 Euro) zu Buche.
>
Stofftiere auf Reisen –
Mit diesem Angebot schließt
eine polnische Agentur eine
Marktlücke. Den entsprechen-
Nomen est omen –
Die Gesellschaft für deutsche
Sprache hat die Eintragungen
von 225 Standesämtern ausgewertet und die Vornamen-Hitliste 2009 ermittelt. Viel Bewegung im Vergleich zu den Vorjahren hat es allerdings nicht
gegeben. Nach wie vor ist Marie (seit 1999) der beliebteste
deutsche Mädchenname, gefolgt von Sophia und Maria.
Bei den Jungen gibt es auch
nichts Neues. Maximilian, Alexander, Leon, Paul und Luca
stehen in der Gunst der Deutschen unverändert auf den ersten Plätzen. Denkt denn niemand an die Lehrer, die damit
über Jahrzehnte umgehen
müssen? „Marie, bitte an die
Tafel!“ Was passiert? Zweidrittel aller Mädchen in der Klasse
wandern nach vorne …
> Zum Schutz vor betrunkenen Randalierern
– ist in Zürich die Zentrale
Ausnüchterungsstelle (ZAS)
eingerichtet worden. Ab sofort
stehen dort zwölf Zellen zur
Verfügung, in denen Betrunkene ihren Rausch unter medizinischer und polizeilicher Überwachung ausschlafen sollen.
Die Kosten für den Aufenthalt
in den ZAS-Zellen, die spartanisch mit Pritsche und Chromstahl-Schüssel ausgerüstet
sind, sind allerdings nicht billig
und müssen – auch aus erzieherischen Gründen – von den
Kunden getragen werden.
Kurzzeitaufenthalte bis drei
47
kulisse
Schlaglöcher zu
verkaufen – heißt es in der
>
gefördert werden. Als Maßnahme dazu dient ab 1. April
das obligatorische Absingen
der Nationalhymne bei Versammlungen aller Art, von Parlamentssitzungen bis hin zur
Sportveranstaltung, ferner
müssen künftig Staatswappen,
Fahne sowie die Texte der
Hymne und der Verfassungspräambel in allen Klassenräumen aufgehängt werden. Die
„Erziehung zur Heimatliebe“
wird als Bildungsprinzip gesetzlich vorgeschrieben, und
Beamte müssen künftig
schwören, „die Symbole des
Staates zu ehren“.
den Service bietet seit Kurzem
die Prager Agentur „Toy Traveling“ an. Für 90 Euro (Standardprogramm) oder für 150
Euro (Luxusprogramm einschließlich der täglichen Massage für das Plüschtier) gehen
Hase, Teddy und Co. auf Bildungsreise. In diesem Jahr stehen München, Berlin, Budapest und Wien auf dem Programm. Vor den lokalen Sehenswürdigkeiten werden die
Lieblinge abgelichtet, und
auch die tägliche E-Mail nach
Hause, damit sich niemand
Sorgen machen muss, gehört
zum Service der Agentur. Ausgestattet mit Reisedokumenten und Erinnerungsfotos geht
es dann heim zu den stolzen
Besitzern der weit gereisten
Stofftiere. 1,2 Milliarden Stück
gibt es nach Schätzung des
Agenturbesitzers davon weltweit – alles potenzielle Kunden.
sm
> dbb magazin | April 2010