Bestimmung der Molmasse von Polymeren mittels Membranosmose

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Bestimmung der Molmasse von Polymeren mittels Membranosmose
Bestimmung der Molmasse von Polymeren
mittels Membranosmose
Betreuerin: Dr. V. Strehmel
Arbeitskreis: Prof. Dr. A. Laschewsky
Tel.: 5224
e-mail: [email protected]
Theoretische Grundlagen
Die Molmasse eines Makromoleküls ist wie auch die Molmasse niedermolekularer Stoffe
durch die Summe der relativen Atommassen aller Atome im Molekül gegeben. Da aber bei
Polymeren die einzelnen Makromoleküle aufgrund der Polymerbildungsreaktionen
unterschiedlich lange Ketten enthalten, d. h. da sie polymolekular sind, muß die Molmasse
experimentell bestimmt werden. Eine Vielzahl der Methoden gibt jedoch nur Auskunft über
die mittlere Molmasse. Außerdem ist der dabei bestimmte Zahlenwert von der jeweiligen
experimentellen Methode abhängig. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die mittleren
Molmassen und die experimentellen Methoden zu ihrer Bestimmung. Bei molekulareinheitlichen Polymerproben sind alle Mittelwerte gleich groß. Dagegen nehmen bei
uneinheitlichen Polymeren die Mittelwerte mit der Erhöhung des statistischen Gewichts zu:
Mn≤ Mw≤Mz
Das Viskositätsmittel der Molmasse enthält den Exponenten a in der Viskositäts-MolmasseBeziehung. Ist dieser Exponent gleich 1, so entspricht das Viskositätsmittel dem
Gewichtsmittel der Molmasse.
Tabelle 1: Definition der mittleren Molmasse und Überblick über physikochemische
Methoden zu ihrer experimentellen Bestimmung ( Mi ist die Molmasse eines Makromoleküls
und ni die Zahl der Makromoleküle gleicher Molmasse, wi ist der Gewichtsanteil und zi ist
das z-Argument der Moleküle gleicher Molmasse)
Mn
Zahlenmittel
Membranosmose
Ebullioskopie
Kryoskopie
Dampfdruckosmose
GPC
ni M i
M n=
i
ni
i
Mw
Gewichtsmittel
M w=
i
wi
=
i
ni M i
i
Mz
Zentrifugenmittel
i
wi M i2
zi M i
Mz =
i
zi
=
i
Mη
Viskositätsmittel
i
wi M i
ni M i3
=
i
wi M ia
Mη =
Lichtstreuung
GPC
Sedimentation
ni M i2
wi M i
i
wi
i
ni M
2
i
Sedimentation
i
1/ a
a ≠1
Lösungsviskosität
Sedimentation
i
Die Methoden zur Bestimmung der Molmasse werden auch in Absolut-, Äquivalent- und
Relativmethoden eingeteilt Bei den Absolutmethoden steht der Messwert in direktem
Zusammenhang zur Bestimmungsgröße Molmasse. Eine Annahme über die physikalische
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oder chemische Struktur der Polymerketten ist nicht erforderlich. Zu den Absolutmethoden
gehören alle Messmethoden, die auf den kolligativen Eigenschaften beruhen
(Membranosmose, Dampfdruckosmose), alle Streuverfahren (Statische Lichtstreuung,
Röntgenkleinwinkelstreuung, Neutronenkleinwinkelstreuung, Dynamische Lichtstreuung)
und die Ultrazentrifugationsmethoden (Sedimentationsgeschwindigkeit,
Sedimentationsgleichgewicht). Die Dampfdruckosmose wird ebenfalls den Absolutmethoden
zugeordnet, da sie nicht aus methodischen Gründen kalibriert werden muss, sondern aus
apparativen Gründen. Die Endgruppenanalyse ist eine Äquivalentmethode, da sie Kenntnisse
über spezielle, der Eigenschaft äquivalente Strukturen voraussetzt. Das sind insbesondere
Kenntnisse über die chemische Natur und die Zahl der Endgruppen in der Polymerkette. Die
Relativmethoden zur Molmassenbestimmung sprechen sowohl auf die chemische und
physikalische Struktur der gelösten Makromoleküle an als auch auf deren Wechselwirkungen
mit dem Lösungsmittel. Um diese Zusammenhänge zu berücksichtigen, ist es notwendig, die
Beziehung zwischen der Mess- und der Bestimmungsgröße zu kalibrieren. Beispiele für
Relativmethoden sind die Viskosimetrie und die Gelpermeationschromatographie (GPC).
Die Osmometrie zählt zu den Absolutmethoden, die auf den kolligativen Eigenschaften
beruhen. Das chemische Potential einer polymeren Lösung unterscheidet sich von dem des
reinen Lösungsmittels. Es ist von der Zahl der gelösten Partikel, vom Druck und von der
Temperatur abhängig. Der Potentialunterschied kann isotherm durch eine Erhöhung des
Druckes (Membranosmose) und isobar durch eine Erhöhung der Temperatur der Lösung
(Dampfdruckosmose) ausgeglichen werden.
Bei der Membranosmose wird der hydrostatische Überdruck zwischen der Polymerlösung und
dem reinen Lösungsmittel , die durch eine semipermeable Membrane getrennt sind,
gemessen. Während die Lösungmittelmoleküle durch die semipermeable Membrane solange
in die Polymerlösung diffundieren bis der Potentialunterschied Null ist (Gl. 1), ist die
semipermeable Membrane für Polymermoleküle aufgrund ihrer Größe undurchlässig. Der
Gleichgewichtszustand ist dann erreicht, wenn der hydrostatische Druck einer
Flüssigkeitssäule der Höhe ∆h dem durch den Potentialunterschied ∆µ A bedingten
osmotischen Druck π gleich ist. Demzufolge ist bei isothermer Betrachtungsweise das
chemische Potential des reinen Lösungsmittels (∆µ A’)P(0) gleich dem chemischen Potential der
Lösung (∆µA’’)P(0)+π
'
0A Po
(µ )
''
= (µA )P
(1)
o +π
Nach der Theorie von Flory und Huggins gilt für die freie Mischungsenthalpie (∆Gm) einer
Lösung aus dem Polymeren (B) in einem Lösungsmittel (A) (Gl. (2)), wobei χ der
Wechselwirkungsparameter nach Huggins, n die Molzahl und Φ der Volumenbruch sind.
∆Gm = R ⋅ T (nA ⋅ lnΦ A + n B ⋅ lnΦ B + χ ⋅ nA ⋅ Φ B )
(2)
Durch partielle Differentiation von ∆Gm nach nA erhält man das chemische Potential des
Lösungsmittels in der polymeren Lösung, wobei berücksichtigt werden muss, dass die
Volumenbrüche ΦA und ΦB Funktionen der Molzahl nA sind.
∆µA = µA − µ0A = R ⋅ T ⋅ ln ΦA + 1−
VA
⋅ ΦB + χ ⋅ Φ 2B
VB
(3)
Taylor-Reihenentwicklung von lnΦA und Abbruch nach dem 2. Glied ergibt Gl. (4), welche
dann in Gl. (2) eingesetzt den in Gl. (5) dargestellten Zusammenhang ergibt.
3
1
lnΦ A = ln(1− Φ B ) = −Φ B − Φ B2
(4)
2
R ⋅ T VA
1
π =−
− ⋅ Φ B − − χ ⋅ ΦB2
(5)
VA
VB
2
Für den auf die Konzentration bezogenen osmotischen Druck ergibt sich unter
Berücksichtigung der Gleichungen (6) und (7) der in Gl. (8) dargestellte Zusammenhang.
c
ΦB = B
(6)
ρB
und VB =
π
cB
=
MB
(7)
ρB
R⋅T
+
MB
1
−χ
2
⋅ cB
ρ B2 ⋅VA
R⋅T ⋅
(8)
Bei einer unendlich verdünnten Polymerlösung ergibt sich die Molmasse aus dem
Ordinatenabschnitt. Bei konzentrierten Polymerlösungen (etwa ab 1 Gew-%) kann die TaylorReihe nicht mehr nach dem zweiten Glied abgebrochen werden (Gl. (9)).
π
cB
=
R⋅T
+ B ⋅ c B + C ⋅ c B2
Mn
(9)
Die in Gl. 9 mit B und C bezeichneten Virialkoeffizienten sind ein Maß für die
zwischenmolekularen Wechselwirkungen in der polymeren Lösung. Aus dem experimentell
gut bestimmbaren 1. Virialkoeffizienten (B) des osmotischen Druckes lässt sich der
Hugginssche Wechselwirkungsparameter χ bestimmen, wenn die Polymerlösung so verdünnt
ist, dass C gleich Null ist (Gl. (10)).
1
2
χ= −
B ⋅ ρ B2 ⋅VA
R⋅T
(10)
Aufgabenstellung
Die Molmasse von Polystyrol ist mittels Membranosmose unter Verwendung von Toluol als
Lösungsmittel und einer Messtemperatur von 37°C zu bestimmen.
Chemikalien
Polystyrol
Toluol
Messtechnik
Das Membranosmometer der Firma Gonotec enthält eine temperierbare Messzelle, die durch
eine semipermeable Membrane in zwei Kammern unterteilt ist. Als Membranmaterial wird
für organische Lösungsmittel regenerierte Zellulose (verseiftes Celluloseacetat) und für
wässrige Lösungsmittel Celluloseacetat und Cellulosenitrat verwendet. Dabei wird die
Membrane waagerecht eingespannt. Während die obere Zellenhälfte mit der Polymerlösung
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gefüllt ist, stellt sich an der unteren mit Lösungsmittel gefüllten Zellenhälfte ein Unterdruck
ein, welcher der osmolalen Konzentration der Lösung entspricht. Die Lösungskammer ist mit
einer Kapillare zur Messung der Steighöhe versehen. In der Lösungsmittelkammer befindet
sich eine Referenzkapillare, durch welche die Einflüsse von Temperaturschwankungen und
Benetzungseffekten berücksichtigt werden.
Bild 1: Membranosmometer
Bild 2: Veranschaulichung des prinzipiellen Aufbaus des Membranosmometers
Der osmotische Unterdruck wird mit Hilfe eines hochempfindlichen Druckmeßsystems
gemessen, welches außen angebaut ist. Das Druckmeßsystem muß vor der Messung der
Polymerlösung mit einer definierten hydrostatischen Flüssigkeitssäule des benutzten
Lösungsmittels kalibriert werden. Zum Kalibrieren wird der Einfülltrichter gegen einen
Stopfen mit Kanüle und die Absaugflasche gegen die Flasche zum Kalibrieren ausgetauscht,
die etwa zu 2/3 mit dem benutzten Lösungsmittel gefüllt ist. Die Flasche zum Kalibrieren
wird auf die Oberkante des Messzellengehäuses gestellt, der Absaugball der Absaugflasche
wird zusammengedrückt und der Auslaufhahn geöffnet. Der Unterdruck saugt nun das
Lösungsmittel aus der Flasche zum Kalibrieren durch die Messzelle hindurch in die
Absaugflasche hinein. Der Auslasshahn wird geschlossen, wenn keine Luftblasen mehr die
Messzelle verlassen und alle Schläuche luftblasenfrei mit dem Lösungsmittel gefüllt sind.
Durch Drücken des Buttons „NEW MEASUREMENT“ und anschließend des Buttons „DO
CALIBRATION“ wird die Kalibrierung durchgeführt, wobei den Anweisungen auf dem
Bildschirm zu folgen ist. Nach Schließen des Auslasshahnes wird durch Veränderung der
Höhenposition der Flasche zum Kalibrieren ein hydrostatischer Differenzdruck erzeugt, der
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durch die semipermeable Membrane auf das Druckmesssystem einwirkt. Die Kalibration ist
mindestens zwei Mal zu wiederholen, um die Zellkonstante reproduzierbar zu bestimmen.
Das Lösungsmittelvolumen innerhalb des Druckmesssystems und der Verbindungskanüle
sowie unterhalb der semipermeablen Membrane ist auf ein Mindestmaß reduziert.
Unmittelbar unter der semipermeablen Membrane besteht lediglich ein Flüssikgkeitsfilm.
Damit ist die Reinigung der unteren Zellenhälfte von permeierten niedermolekularen
Polymerbestandteilen durch Rückpermeation in kürzester Zeit möglich.
Bei der Wahl des Lösungsmittels ist zu berücksichtigen, dass dieses gegen Edelstahl, Glas,
Polytetrafluorethylen sowie das Material der semipermeablen Membrane beständig ist. Die
einzusetzenden Polymerkonzentrationen sollten zwischen 1g/l und 10g/l gewählt werden. Das
Zellvolumen wir über einen Einfülltrichter und Auslasshahn durch Hineinsaugen bzw.
Hindurchsaugen mit verschiedenen Lösungen gespült und gefüllt.
Versuchsdurchführung
Zur Bestimmung der Molmasse einer Polystyrolprobe werden 4 Lösungen in einem
Konzentrationsbereich von 1 bis 10 g/l in Toluol hergestellt oder zur Verfügung gestellt.
Bevor mit einer Messung begonnen werden kann, muss sich die Messzelle auf die gewählte
Zellentemperatur (37°C) eingestellt haben. An der Kontrolleinheit wird die Seite „SAMPLE
MEASUREMENT“ ausgewählt und in der Seite „CONCENTRATION SCREEN“ die
Konzentrationen der vorbereiteten Lösungen eingetragen. Auf der Seite „BASELINE
ADJUSTMENT“ wird die Basislinie durch Spülen mit dem Lösungsmittel und Nullabgleich
des Messsystems hergestellt. Zur Durchführung einer Messung wird der Einfülltrichter etwa
3/4 mit Hilfe der Glasspritze mit langer Kanüle gefüllt. Dann wird das Lösungsmittel durch
Ansaugen in die Messzelle gesaugt. Dabei wird vor dem Öffnen des Auslasshahnes der
Ansaugball der Absaugflasche zusammengedrückt, wobei ein Unterdruck erzeugt wird, der
das in dem Einfülltrichter vorhandene Lösungsmittel durch das meanderförmige Kanalsystem
der oberen Zellenhälfte in die Absaugflasche saugt. Der Auslasshahn wird geschlossen, wenn
der Meniskus des Lösungsmittels eine Höhe von ca. 2mm oberhalb des Endes der
Ablaufkanüle erreicht hat, die im Zentrum des Einflülltrichters angeordnet ist. Dann wird
durch Drücken des Ablaufballes der zweiten Absaugflasche der Rest des Lösungsmittels aus
dem Einfülltrichter abgesaugt, wobei sich eine reproduzierbare Füllhöhe der Restmenge des
Lösungsmittels einstellt. Durch erneutes Spülen der Messzelle mit Lösungsmittel kann die
Reproduzierbarkeit der Basislinie überprüft werden, wobei danach der Basislinienwert jeweils
durch „ENTER“ bestimmt wird. Ist eine stabile und reproduzierbare Basislinie erreicht, so
kann die Messung der Polymerlösungen erfolgen. Dazu wird die Seite „SAMPLE
MEASUREMENT“ an der Kontrolleinheit ausgewählt. Dabei ist mit der niedrigsten
Konzentration zu beginnen. Die Messzelle ist mindestens drei bis vier Mal mit der gleichen
Konzentration der Polymerlösung zu spülen, um die obere Messzellenhälfte mit der Lösung
zu sättigen. Für jede Spülung ist der Trichter jeweils ¾ voll zu füllen. Nach jeder Spülung
wird dabei ein Messwert aufgenommen (Button „START“). Mit der nächsten Konzentration
kann erst begonnen werden, wenn sich ein reproduzierbarer Endwert für die jeweilige Lösung
eingestellt hat. Dieser reproduzierte Endwert ist im Anschluss an die Messungen für die
Auswertung zu verwenden.
Nachdem alle Polymerlösungen vermessen wurden, wird die Seite „BASE LINIE
CORRECTION“ ausgewählt und die Messzelle mit reinem Lösungsmittel gespült. Dabei wird
die sich einstellende Basislinie geprüft. Es sind mehrere Spülvorgänge erforderlich, um einen
reproduzierbaren Basislinienwert zu erhalten.
Nach Abschluss der Messung wird die Seite „CALCULATION SCREEN“ ausgewählt, wo
alle Messparameter und die Messergebnisse der Messung zusammengefasst sind.
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Der osmotische Druck wird entsprechend Gl. (11) berechnet und das Zahlenmittel der
Molmasse nach Gl. (12).
OsmotischerDruck =
Mn =
Zellenkons tan te ⋅ Digit ( Messergebnise)
100
848 ⋅ TZelle (K)⋅100
π
c c →0
(11)
(12)
⋅ ρ Lösungsmittel
Für die Auswertung wird aus den Messergebnissen (Digit) der einzelnen Lösungen und der
Zellkonstanten der osmotische Druck nach Formel 11 berechnet. Dazu ist der reproduzierte
Messwert zu verwenden. Im Fall einer statistischen Streuung der Messwerte kann auch der
Durchschnittswert mehrerer Einzelmessungen eingesetzt werden.
Dann werden für die einzelnen Lösungen der Quotient aus dem osmotischen Druck und der
jeweiligen Konzentration berechnet. Diese Ergebnisse werden in ein Koordinatensystem
π
c
über die Konzentration c aufgetragen und auf eine Konzentration von Null extrapoliert. Der
Quotient
π
c
bei einer Konzentration nahe Null wird in die Gl. (12) eingesetzt und M n
berechnet.
Ergebnisdiskussion
π
über die Konzentration c ist zu diskutieren und die ermittelte Molmasse
c
ist mit den Angaben des Herstellers zu vergleichen.
Die Auftragung
Literatur
H.-G. Elias, Makromoleküle Struktur Synthese Eigenschaften, Hütig & Wepf Verlag (1990)
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