9 6 M A TRIX „Und was da wert sei mein Gedicht / Führwahr, das

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9 6 M A TRIX „Und was da wert sei mein Gedicht / Führwahr, das
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MATRIX
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CHÜLER-LYRIK-WETTBEWERB 2008 DER MÖRIKE-GESELLSCHAFT
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„Und was da wert sei mein Gedicht /
Führwahr, das weiß ich selber nicht ...“
Eduard Mörike
Mit Mörike meldet sich schon in sehr jungen Jahren ein „Vor-Moderner“ zu Wort. Ein Schreibender, der äußerlich zwar ganz in der milden
Verklärung des Biedermeier verwurzelt scheint, dessen sorgenvolle Existenz jedoch auf erschütternde Weise das widersprüchliche Innenleben
eines Unsteten zum Inhalt macht und poetisch zu einem bis dato ungehört virtuosen Ausdruck bringt. Mörike war seiner Zeit in Form und
Sprache weit voraus. Ein aus den versagenden und versagten Empfindungen in die Sprache getriebener Dichter, und er nimmt in seinen Gedichten vorweg, was in der Lyrik erst im 20. Jahrhundert dichtes Wort und
Spannung werden soll: Die Zerrissenheit als Wesen der Erkenntnis und
Daseinsgrund. Das „Ich“ im Seelentaumel zwischen Sehnsucht und der
Furcht, diese könnte sich doch erfüllen.
Der Sohn eines Arztes und einer Pfarrerstochter ging mit sieben Jahren in
die Lateinschule in Ludwigsburg. Dort schrieb er sein erstes, noch erhaltenes, Gedicht. Nach dem Tod des Vaters holte ihn sein Onkel nach Stuttgart, wo er die Schulausbildung beenden sollte. Mörike bestand das
Landesexamen jedoch nicht, wurde aber durch die Protektion des Onkels
im Theologischen Seminar in Urach aufgenommen. Im Herbst 1822 folgte
schließlich das Theologiestudium in Tübingen. Allerdings nur halbherzig und verträumt, sich ein Land erfindend, ein poetisches Land, namens
Orplid. In ihm sollte er fürderhin leben und vor allem: leiden. Nicht zuletzt
ob der Unfähigkeit zu lieben. Es gibt Zungen, die behaupten, dieser Dichter hätte tragischerweise nicht einen wirklichen Menschen, sondern die
Liebe als solche geliebt, sei also in die Liebe verliebt gewesen. Liegt
darin möglicherweise sein rastloser, sich ins Idyll flüchtender Herzensgeist als Liebender begründet? Vielleicht gewagt und doch nicht von der
Hand zu weisen: Mörike und die Frauen war immer auch eine Knechtschaft für sich. Die Peregrina-Dichtungen, der Wunsch-Gesang an Maria Meyer – sie sprechen Bände. Peregrinus heißt der Pilger, und Mörike
stand in seinem eigenen Peregrinus-Schatten. Auf der Suche nach dem
orplidschen Seelenheil musste er auf eine grandiose Art und Weise scheitern. Ein Dichter, der seiner Liebe, auch über den hautgefühlten Umweg
der Natur, wie ein Belauerter, wenn nicht gar Gejagter, hinterher pilgerte.
Fast katholisch, nur ohne Erlösung. Dichtung als memento mori.
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CHÜLER-LYRIK-WETTBEWERB 2008 DER MÖRIKE-GESELLSCHAFT
José F.A. Oliver, Hausach im Juli 2008
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Es lag deshalb nahe und in den Charakterzügen einer großen Dichterbiographie und ihrem unglaublich facettenreichen Werk begründet, einen Schüler-Lyrik-Wettbewerb auszuloten, der diese Modernität Mörikes
zum Anlass nahm und folgenden Aufruf enthielt:
„Die Mörike-Gesellschaft mit Sitz in Ludwigsburg schreibt für das Jahr
2008 einen Lyrik-Wettbewerb für Schülerinnen und Schüler aus. Die gestellte Aufgabe ist, in der Auseinandersetzung mit der Lyrik von Eduard
Mörike eigene Gedichte zu schreiben. Thema soll sein: Enttäuschte Liebe, Liebeskummer, Verlassenwerden.“
Kein Imitieren seines dichterischen Werkes, vielmehr eine ins eigene
Schreiben inspirierende Auseinandersetzung mit ihm sollte angeregt
werden. Das Echo, fürbass, war groß. Die immense Zahl der Einsendungen überraschte alle Beteiligten. Unter hunderten von eingereichten Arbeiten gelang es der Jury schließlich, zwölf Gedichte von Schülerinnen
und Schülern auszuwählen, die in ihrer mannigfaltigen Motiv-Wahl und
im jeweils eigenen Tonfall zu überzeugen wussten. Dieser Wettbewerb
war, so darf ich behaupten, ein Glücksgriff. Er ist alles andere als „mir nex,
dir nex usgange“, um, in Anlehnung an Mörike, eine Redewendung aus
der Historie der schönen Lau zu verwenden, und – er versöhnt angesichts der oftmals zu oberflächlichen oder harsch daherschwadronierten
Turbo-Kritik an der schöpferischen Sprachfähigkeit junger Menschen
hierzulande. Zwölf Schülerinnen und Schüler also, deren Textentwürfe
von großem Talent zeugen und die in dieser Zeitschrift zum ersten Mal
abgedruckt werden. Es kommt der entdeckungsfreudigen und stimmigen
Haltung der Jury vielleicht am nächsten, wenn ich sage, dass die drei
Hauptpreisträger und -trägerinnen, jeder und jede für sich betrachtet
und in Bezug zu den anderen Texten mit gutem Respekt wahrgenommen,
dass diese jeweils als „primus inter pares“ gelten dürfen. Aber auch all
die anderen prämierten Verdichtungen sind in die positive Reichweite
einer guten Qualität geschrieben. Formal und inhaltlich so unterschiedlich aufbegehrend, in ihrer jeweiligen Erkenntnis hingegen und im aufmerksamen Umgang mit Sprache so nah beieinander liegend.
Im Wort Trost schöpfend, indem benannt wird, was sich Mörike in einem
schieren Hilferuf bald selber verzweifelnd eingesteht: „Laß, o Welt, o laß
mich sein! / Locket nicht mit Liebesgaben, / Laßt dies Herz alleine haben
/ Seine Wonne, seine Pein!“ Aber machen Sie sich selbst ein Bild, indem
Sie die nachfolgenden Gedichte einfach lesend herhören und ihre junge
Vielstimmigkeit auf sich wirken lassen.
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DEBÜT
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MATRIX
1. P
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CAROLINA GEIGER
Wo ist die
Grenze der Dinge
Ich bin 18 Jahre alt und besuche die Waldorfschule Heidenheim. Ich schreibe schon lange Gedichte, habe mich aber
im vergangenen Jahr durch
eine Projektarbeit noch intensiver mit Lyrik beschäftigt.
Wenn man mich nach meinen
Hobbys fragt, kann ich vieles
aufzählen, meine Leidenschaften sind jedoch die Sprache
und das Tanzen.
Du hast nicht
das Recht
deine Wahrheit
zu meiner Wirklichkeit zu machen
Du hast nicht das Recht
Meinen kleinen Körper in den
Schatten deiner leeren Worte
zu stellen
Du hast nicht das
Recht
eine gewaltige Kraft
in kräftige Gewalt
zu verwandeln
der Raum zwischen uns bebt
Sag mir
wo ist die Grenze
der Dinge
DEBÜT
Milchglasrisse
Lieben werde ich noch
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JAN LANGE
deinen Körper
die Ermattung
aber doch deiner Idee
von mir
die du noch auf mich projizierst
Geboren 1988 in Oldenburg, lebe
ich mit meiner Familie in Ulm
und besuchte das Hans-undSophie-Scholl-Gymnasium, wo
ich im Juni 2008 das Abitur gemacht habe. Ich interessiere
mich für Literatur, Kunstgeschichte, Politik, Musik und
Sport. Ab September gehe ich
für sechs Monate nach Neuseeland. Danach möchte ich Literaturwissenschaft studieren.
über Verzeihungen
hinterher stolperst
Nur der Rahmen einer Endung
Morgen ist
als ich tanzte
mit altseniler Stimme
in den Fußstapfen eines Paares
deren Münder sich
weder sahen noch sehnten
Ermüdet ich
du von mir
mir den Rücken zukehrend
weißt um die Waffe des Antlitzes
ein tauber Schmerz
Bring mir Wunden bei
in denen ich mich erkenne
2. P
die du verneinst
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und sicher die Erinnerung
3. P
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MARIA HOLL
Bin 17 Jahre alt und besuche das
Hölderlingymnasium in Nürtingen.
In der Waldorfschule habe ich
meine Vorliebe zu schreiben, zu
zeichnen und zu basteln noch
mehr für mich entdeckt und habe
dies auch immer weiterverfolgt.
Lesen, Theater, Cello spielen,
Schreiben gehören, ohne wenn
und aber, zu meinen Lieblings-Beschäftigungen. Genau so aber
auch Inliner fahren, Musik machen und hören, telefonieren,
chatten und mit Freunden weggehen.
Rap the Love*
Ehescheidung, Seitensprung
alle lebten in der Welt hier,
Sexshop und Beleidigung,
sprachen viel von großer
Vergewaltigung und Bisse,
schneller Quickie in der
Liebe,
hatten letztlich nur die Tinte.
Küche
Heute gehen wir in die Städte,
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Viele Worte, kein Gefühl
Unsre Seelen, die stehn still
Groß Gelaber, nichts
dahinterDie Welt rennt weiter ohne
Halt
Alles wird auf einmal kalt.
hörn von One-night-stands in
Betten,
auf dem Klo, im Flugzeug,
Garten,
können auf gar nichts mehr
warten,
sind so abgebrüht und kalt
und das Herz sagt einfach:
Goethe, Schiller, Heine,
Shakespeare,
Halt.
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Wo sich jeder Liebe wünscht,
nach dem Einzgen, Richtgen
DEBÜT
Haus,
baun damit zu schnell was auf.
rennt,
Sexclips nehmen ihren Lauf.
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Doch wie oft in allem
Schlechten,
Arschgefickt und totgebumst,
den Rechten.
Liebt und lacht wie tausend
geiles Luder, falsche Titten,
flotter Dreier, große Säcke.
vor uns
Wird lebendig, mehr noch,
Chaos.
Könn alles in Worte fassen,
denken mit Verstand und
hassen
Wenn die Welt ganz plötzlich still,
harmonisch, leis, bezaubernd
unsre kalte, schnelle Welt,
die nur unsre Seelen quält.
wirkt,
gleichzeitig so bunt und schön,
könn kaum laufen oder gehen.
Suchen nach Geborgenheit,
Liebe, Glück und Zärtlichkeit.
wollen nach den Sternen greifen,
Gehen verlorn im Rausch
und die ganze Welt
der Zeit,
durchstreifen,
wünschen uns Unendlichkeit.
mit dem einen, wichtgen
Habn so vieles in der Welt,
der unsre Ängste, Träume kennt.
Mensch,
Essen, Läden, Autos, Geld
Brauchen einfach nur
das Beste
Unsre gute, zweite Hälfte.
Diese Liebe die uns trug,
uns um alles dann betrug,
schmerzt dann wie ein Würgeseil,
keine Seele bleibt da heil.
Nennen alles heut beim Namen,
Alle Risiken im Blick,
sprechen von Erguss und Sa-
stürzen wir zurück ins Leben,
men,
wolln das Herz erneut vergeben,
gleich von Heirat, Kindern,
spielen wieder mal um alles
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*Unsere Schulband hat den Rap auch vertont.
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abgeknutscht und abgeleckt,
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findet mancher doch
3. P
blühen Puffs und Pornos auf,
PATRICK WAGNER
1989 in Kirchheim u. T. geboren besuche ich das Technische
Gymnasium mit dem Ziel Informationstechnik.
Ich fasziniere mich für Computer und andere technische Dinge, zum anderen schreibe ich gern
Gedichte und Briefe.
Bin ein lebensfroher Mensch,
wenn auch mein Charakter nicht
immer der leichteste ist. Mache
gern neue Bekanntschaften mit
interessanten Menschen.
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Das war einmal ...
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MATRIX
Mal ehrlich Herr Mörike,
Meistens sind Männer wie Böcke,
Die Zeiten haben sich geändert,
Das Liebesgedönse hat sich stark verändert.
Sie himmeln in ihren Gedichten die Frauen an,
Doch die heutige Jugend geht da anders ran,
Sie schreiben in Gedichten von Leid und Schmerzen,
Aber über Gefühle wagt die Jugend heute
nur noch zu scherzen.
DEBÜT
Mit sowas konnte man damals noch Frauen gewinnen,
Doch heute leitet nur noch der Fortpflanzungstrieb.
Für eine Sprache will sich die Jugend nicht entscheiden,
Die Ausdrucksweise klingt daher sehr bescheiden,
„Short Message Service“ nennt sich deren Medium,
Wenige Worte und schon ist das Geständnis rum.
Liebe ist nur noch ein Deckungsname,
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Indem man an Maria Liebesbriefe schrieb,
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Doch heute wär’ sowas total von Sinnen,
Heute sagt man zu Frauen selten noch Dame,
Wer traut sich schon seiner Gefühle zu entblößen,
Vielleicht brauche ich jetzt ein Bodyguard,
Ich stehe auf Ihre Art von Liebe,
Auch wenn die Coolen mir geben Hiebe.
P
Aber dennoch, alter Eduard,
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Man achtet heute nur noch auf Konfektionsgrößen.
PATRIK TOBIAS
Ich bin gerade 16 geworden.
1992 in Leonberg geboren lebe
ich heute in der Nachbarstadt
Gerlingen und besuche hier die
Realschule. Ich spiele Gitarre
und Bass, mag Texte schreiben, lesen, Musik machen und
chillen.
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Scheiß auf Liebe
Ich sitz wieder zu Hause, kannst du das verstehen?
MATRIX
Aber nein, ich warte auf ein Ja oder Nein,
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Ich könnt mit Freunden chilln oder Wodka saufen gehen.
Alles Wichtige tritt in den Hintergrund,
von einem Mädchen, wie kann so was wichtig sein?
Ich gammle vorm PC, hab SMS geschrieben,
ich würd so gerne drauf scheißen, ey ich hasse lieben!
ich hab kein Bock mehr zu Kiffen und lebe wieder gesund.
Ich hab nur noch Lust, mit diesem Mädchen zu chilln,
wie wäre es mit einem Sekt, zu irgendeinem Film?
Auf Chancen bei ihr, mach ich mir keine Hoffnung,
DEBÜT
ey das hier ist real und nicht irgend so ein Lovesong.
Es ist mir wichtig, dass ihr wisst,
sie wissen, wer gemeint ist, wenn sie diese Zeilen hört?
Glaubst du, dass es sie freut oder dass es sie stört?
Was soll ich machen, für was hab ich mich entschieden?
Mir ist nichts als der Gedanke an das Mädchen geblieben.
Was soll ich machen, für was hab ich mich entschieden?
Alter, scheiß auf Liebe, ich hasse Lieben!
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ich bin abhängig von ihr, wie ein Kiffer von seinem Gras. Wird
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ich mach das nicht zum Spaß,
Hast du schon mal geliebt, dann weißt du, was ich mein;
Regen fällt nur dann, wenn das Mädchen weint,
Ich pack meine Gefühle in dieses Gedicht,
Manche lachen drüber,
doch für mich gibt es hier kein Licht.
Mann ich lieb sie übertrieben!
Es ist nicht bei einem kleinen bisschen Liebe geblieben.
Wie am Anfang, als ich sie noch kennen lernte,
da dachte ich halt an sie und schaute in die Sterne.
Es ist gut und schlecht, es ist mehr draus geworden.
Manchmal wünsch ich mir, die Gefühle wären gestorben!
Doch sie bleiben in mir und fressen mich auf
und meine Worte an sie zerfallen letztlich zu Staub.
Weil ihre Liebe trotz allem unerreichbar für mich ist,
doch wenn ich Zeilen auf Papier schreib,
befreit es mich!
Was soll ich machen, für was hab ich mich entschieden?
Mir ist nichts als der Gedanke an das Mädchen geblieben.
Was soll ich machen, für was hab ich mich entschieden?
Alter, scheiß auf Liebe, ich hasse Lieben!
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Ich würd alles für sie tun und steh trotzdem hier allein.
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wenn sie lächelt ist es so, als wenn die Sonne scheint.
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LILLI DÖSCHER
Lilli Döscher
Ich liebe Sonne, Wind und Meer, – wahrscheinlich bin ich deshalb am 5.
Juni 1989 in Kiel geboren – , meine Segelfreiheit und das damit verbundene Logbuchschreiben. Seit meiner Einschulung gehe ich auf die Freie
Waldorfschule Kiel – vielleicht habe ich dadurch meine Neigung zum
Theater, Literatur und Schriftstücken bekommen. Schon lange spiele ich
Klavier – mit Vorliebe Kompositionen von Debussy.
Ich gehe gerne auf Flohmärkte – habe ein Faible für antike Dinge. Ich
favorisiere richtige Kreativität und interessante Gedankengänge und die
daraus resultierende Kunst – am liebsten praktiziere ich sie selbst spontan in meinem Alltag.
DEBÜT
Frühe Sonnenstrahlen umspielen die Körper.
Lichtend.
Sonne und Liebe erwärmen die Kühle.
Erfrischend.
Ein halbgefülltes Glas Milch mit Tropfen am Finger.
Glänzend.
Zwei Hände.
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Vier Füße auf den Küchenfliesen.
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Küchenfliesen
Frühe Sonnenstrahlen umspielen den Körper.
Regnend.
Sonne und Tränen erhitzen die Kälte.
Erdrückend.
Ein halbgefülltes Glas Wasser mit Tränen am Finger.
Brennend.
Eine Hand.
Zwei Füße auf den Küchenfliesen.
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Zwei Füße auf den Küchenfliesen.
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Vier Füße auf den Küchenfliesen.
ANDREA KLEMM
Bin 19 Jahre alt und wohne
in Stuttgart. In diesem Jahr
habe ich mein Abitur bekommen und bin nun endlich fertig mit der Schule.
In meiner Freizeit beschäftige ich mich gerne mit Musik
und Sprache, meine Freunde und meine Freiheit sind
mir wichtig.
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für Dich
für dich mal ich mir
die lippen an.
MATRIX
heute und rot.
ich bette meinen schmuck
im schnee der
morgen kommt den ich
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auf dich lege
und kann wieder
sammeln
deine worte in
mir.
bis zum frühling.
dann will ich nicht mehr
dann mal ich mir
die lippen
weg
sein aus
regenbogenfarben.
DEBÜT
für Dich
2
ich die
frostflocken
gezählt
sie fliegen ostwärts
für Dich
3
und
tanzen sonnenstrahlig
ich will dich haben in
im weihnachtsmorgen
meinem lederbuch
aus wort.
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den ganzen tag habe
ich denke lieber französisch,
bis zu dir
werden
von deiner weltigkeit.
und doch
am abend
meine großen augen
wollen Dich
mit
sehen.
kerzenlicht im
arm
schleiche
ich um dein
für Dich
4
wort
an der tür
bis
ins neue jahr
hat es
geweißt
und jedes mal
wenn ich deinen
druck an der wand
ein innbruch von
vorne. von mir.
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reichen die worte nicht
will dich beschützt
P
da
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IVANA-MARIJA NEŠIÆ
Verlassen
Ich wurde 1990 in Beèej in Serbien
geboren. Meine Eltern sind Serben,
mein Vater mit ungarischen Wurzeln,
da die Region Vojvodina vor dem 1.
Weltkrieg zu Österreich-Ungarn gehörte. Kindergarten, Grundschule
und Realschule besuchte ich in
Welzheim, mittlerweile bin ich auf
dem Wirtschaftsgymnasium an der
kaufmännischen Schule in Schorndorf.
Mein Hobby ist das Tanzen; seit vier
Jahren besuche ich eine Tanzschule.
Daneben engagiere ich mich im JuFi
e.V. mit dem Ziel, sozialen Einrichtungen und Stiftungen zu helfen und
fairen Handel zu unterstützen.
Ein verlassenes Haus
Ein verdorrter Garten
Leere Zimmer
Kalte Räume
In den Fluren
In den Gängen
Trock’ne Rosen
Braune Veilchen
In der Küche
Und im Keller
Grüne Reste
Altes Brot
Hinter dem Haus
Am ruhigen See
Ein kleiner Baum
Ein mickriger Apfel daran.
DEBÜT
Die Sonne leuchtet
Das Gras sprüht
Rings herum das Grün
Des Waldes,
Die Blumen leuchten
Das Grau der Wolken
Zieht näher
Die Blumen
Schließen sich
Kalt und einsam
Ein Sturm zwischen den Wolken
Auf einmal vorbei
Als wäre nichts gewesen
Doch du sitzt da
Und
Bist umblüht von Efeu
IM SCHÜLER-LYRIK-WETTBEWERB 2008 DER MÖRIKE-GESELLSCHAFT
Bist umblüht von Efeu
PREISTRÄGER
Ich bin 16 Jahre alt, lebe mit meiner
Familie, zwei Geschwistern und drei
Hunden in Stuttgart. Besuche die
Waldschule Degerloch in der 9.
Klasse. Ich spiele Klarinette und
liebe die Poesie.
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FRANCISKA BURGER
IM SCHÜLER-LYRIK-WETTBEWERB 2008 DER MÖRIKE-GESELLSCHAFT
PREISTRÄGER
MATRIX
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XENIA KNOCHENHAUER
16-jährige
Heilbronnerin,
älteste
von vier
Kindern.
Halbtags (gelegentlich auch länger) beschäftigt am Elly-Heuss-KnappGymnasium mit der Aufnahme und Vertiefung von neu Gelerntem. Danach ist aber noch genügend Zeit für Volleyball, gelegentliche Übungstänze, Blockflötenunterricht, Unternehmungen mit Freunden, mehr oder
weniger sinnvolle Gespräche und sonstige Zeitvertreibe, die 16-Jährige
benötigen.
Fremde außerhalb des Parketts
Wiener Walzer, Gott sei Dank,
denn die Haltung verlangt,
den Kopf ganz nach links.
ich muss ihn nicht sehn
und das ist perfekt,
denn die Hand am Rücken
ist Quälerei genug.
DEBÜT
Nur noch ein paar Tänze und dann
ist es endlich vorbei.
Dann gibt es keinen Streit
und nur noch mich
und nicht
mehr diesen elften Mai.
Mit dem er mich so tief verletzt
Leid versetzt.
treulos sein,
Sterne,
und mich in dieses
Wie konnt er nur so
und alle schönen
die er mir holte vom Himmel
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und keine Rumzickerei
so ganz und gar vergessen.
Aus war der
Traum
mit ihm.
was mich so große
Tränen
heulen lässt.
Nur noch auf dem Parkett,
da reden wir ein wenig,
wobei das öfter lauter ist
und außerhalb, da fühl ich mich,
als wäre ich nur noch
Luft
für ihn.
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* Wörter aus Mörikes Gedicht „Das verlassene Mägdlein“
PREISTRÄGER
Und das ist es,
IM SCHÜLER-LYRIK-WETTBEWERB 2008 DER MÖRIKE-GESELLSCHAFT
Doch seiner startet neu.
IM SCHÜLER-LYRIK-WETTBEWERB 2008 DER MÖRIKE-GESELLSCHAFT
PREISTRÄGER
CUMALI ZENGIN
1991 in Herrenberg geboren,
türkische Staatsangehörigkeit, lebe mit meiner Familie in
Jettingen. Ich möchte eine
Ausbildung als Kaufmann im
Einzelhandel absolvieren und
liebe vor allem Sport, besonders Fußball und Kampfsport,
höre begeistert Musik, zeichne und treffe mich gerne mit
Freunden.
Erste große Liebe
In der Stadt
am Rande eines Hauses
sah ich dort
das erste Mal
meine große Liebe
alles klar
doch jetzt
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MATRIX
der Traum zerplatzt
Schwarz gelocktes Haar
an deiner Seite
Lieben gelernt
meine Seele gewärmt
verlassen
Schicksal entscheidet
kein Gedicht
das Leben
DEBÜT
oder
Liebe mit allen Sinnen!
ich höre deine Gedanken,
du hörst meine Worte.
ich fühle deine Worte,
du fühlst meine Haut.
ich atme deine Haut,
du atmest meinen Atem.
ich sehe deinen Atem,
du siehst meine Blicke.
ich denke deine Blicke,
du denkst meinen Gedanken:
ich sage: wir sind zu verschieden.
du sagst das auch.
IM SCHÜLER-LYRIK-WETTBEWERB 2008 DER MÖRIKE-GESELLSCHAFT
Liebe mit allen Sinnen?
PREISTRÄGER
Ich bin am 21.09.1989 in Stuttgart geboren und besuche die
zwölfte Klasse des Ernst-SigleGymnasiums in Kornwestheim.
Neben meiner Leidenschaft für
Ausdauersport und Musik bin
ich sehr interessiert an der Literatur, vor allem der Lyrik. Vielleicht stammt diese Neigung
von meinem Vorfahr Eduard
Mörike, dessen Blut bis heute
in den Adern meiner Familie
fließt.
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LENA MÖRIKE