Smart Metering
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Smart Metering
Smart Metering: Potenziale und Erfolgsfaktoren für Energieeinsparung in Haushalten durch intelligente Zähler-, Kommunikations- und Tarifsysteme Dr. Siegfried Behrendt Jahrestagung Wissenschaftsforum Green IT Berlin, 2.11.2011 Smart Meter: neue Generation von Stromzählern Herkömmlicher Elektromechanischer Ferrariszähler Neuer Smart Meter Elektronische Zähler: zur bidirektionalen Datenübertragung, der die herkömmlichen „schwarzen“ Stromzähler ersetzen soll. Komponente einer komplexen Kommunikationsinfrastruktur Dadurch sind eine Reihe neuer Funktionen für Kunden und Stromanbieter möglich. Energieeinsparung und Lastmanagement durch neue Funktionen • Anzeige und Vergleich des Verbrauchs und der Stromkosten über einen bestimmten Zeitraum, z.B. Stunden, Tage, Monate oder Jahre (Transparenz) • Speicherung und Auswertung der Verbrauchsdaten, auch durch den Kunden selbst am eigenen Computer (Feedback) • Automatische Zählerfernablesung sowie Fern-Ein und Abschaltung der Stromzufuhr durch den Energieversorger • Monatsgenaue Abrechnung des Stromverbrauchs • Lastmanagement: Lastverschiebung durch Tarifanreize • Speicherung (Wärme/Kälte) Kühlschrank, Gefriertruhe, Wärmespeicher in Kombination mit Brennstoffzelle oder Wärmepumpe), Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge Chancen: Steigerung der Energieeffizienz, Kostenreduktion durch Automatisierung des Messwesens, verbessertes Netzmanagement bis hin zur Vermeidung neuer Kraftwerkskapazitäten. Bis 2020 müssen 80% der Haushalte (EU) mit Smart Metern ausgestattet sein §9 MessZV Anschlussnutzer haben das Recht, Dienstleister für Messstellenbetrieb und Messung frei zu wählen § 40 Absatz 1 EnWG Ausweis der Entgelte für Messstellenbetrieb und Messung in Rechnungen an Letztverbraucher. § 40 Absatz 2 EnWG Letztverbraucher können eine monatliche, viertel- oder halbjährliche Abrechnung für Strom- und Gaslieferungen einfordern. § 21 b Absatz 3a Messstellenbetreiber sind verpflichtet, bei Neubauten und bei umfänglich sanierten bzw. renovierten Gebäuden Messeinrichtungen einzubauen, die den tatsächlichen Energieverbrauch und Nutzungsdauer anzeigen. § 21 b Absatz 3b EnWG Der Messstellenbetreiber muss allen Strom- und Gasverbrauchern auf Wunsch die Umstellung auf Smart Meter anbieten. § 12 MessZV Der Netzbetreiber hat einen elektronischen bzw. vollautomatischen Datenaustausch in einheitlichem Format zu ermöglichen § 40 Absatz 3 EnWG Energieversorgungsunternehmen müssen last- oder tageszeitvariable Stromtarife anbieten. Smart Meter in Deutschland bisher kaum installiert Keine Erstattung der Mehrkosten für Netzbetreiber Einbaupflicht bei Neubauten und Renovierungen nur soweit technisch machbar und wirtschaftlich zumutbar Kaum Spielraum bei der Tarifgestaltung Ungeklärte Datenschutzfragen Fehlende Kommunikationsstandards ADL 2011 Der von der Bundesregierung angestrebte marktgetriebene Prozess zur Einführung von Smart Metering hat bei weitem nicht die gewünschte Dynamik erreicht Deutschland 40 progressive Szenario mit einer jährlich wachsenden Anzahl an Installationen um den Faktor 1,33 zur Erreichung einer Mindesabdeckung von 80% nach Vorgaben des 3. EU Binnenmarktpakets Installationen in Millionen Stück 35 30 25 Regulatorische Push: 20 Novellierung des EnWG (Juni 2011) 15 10 konservatives Szenario nach Angaben der BNA mit einem 20% Anschluss in 2020 Technology Push: Standardisierung 5 0 2010 2011 BSI: Schutzprofil für Smart Metering 2012 2014 2016 2012 EU-Standards für Smart Jahr Grid Referenz Architektur 2018 2020 Der Begriff „Smart Meter“ ist fast gänzlich unbekannt forsa 2010 Kosten-Nutzen-Verhältnis überzeugt viele Verbraucher nicht Zurückhaltende Verbraucher Forsa Umfage Mai 2020 Anschaffungskosten • Verbraucher befürchten erhebliche Mehrkosten. 40 bis 100€ (z.B. EDL 21 bei Vattenfall 45 € ggf. zuzügl. Adapter) • Nur 4% würden sich ein derzeit übliches kostenpflichtiges Gerät einbauen lassen. • Eine große Mehrheit würden einen Smart Meter einbauen, wenn der Zähler kostenlos wäre. • Fehlen flexibler Tarife (meist nur einen Tag- und Nachttarif) Zurückhaltende Verbraucher Monatliche Miete z.B. 15€ bei Yello Strom, davon 3,99€ für Sparzähler-Paket Ersparnis 12 bis 50 € (BNA) Bevorzugtes Einführungsszenario: modulare Zählerarchitektur Austausch des alten Zählers gegen einen integrierten Smart Meter. Einbau auf Kundenwunsch und gegen Gebühr. Kostenloser Austausch der alten Zähler gegen neue Basiszähler. Einbau eines Zusatzmoduls (flexible Tarife; Analyse der Verbrauchsdaten am PC..) forsa 2010 Höhe der Energieeinsparungen durch Feedback und Transparenz Metastudien zu Feedbackstrategien Autor(en) Rahmen Zeitraum Stromverbrauch Abrahamse (2005) 38 Interventionsstudien zum Energiesparen 1977-2003 -12% bis + 11% Darby (2006) 38 Studien 1978-2006 -5% bis -15% Fischer (2007) 26 Projekte in 11 Ländern 1987-2006 -5% bis -12% Parker (2006) Über 15 zugängliche Studien 1977 bis 2005 -10% bis –15% Die Wirkungen streuen in Abhängigkeit von den Technologien und den Rahmenbedingungen. Ein hohes Energieeinsparpotenzial besitzen verbrauchs- und lastvariable Tarife Zeitvariable Tarife mit Smart Meter Siedlung Weißenssee Stromverbrauch : - 7% Stromkosten : - 23,1% Projekt Intelliekon Stromverbrauch : - 9,5% (zum Vergleich: -3,7% durch Visualisierung) Riedel AT 2010, Intelliekon 2011 Einflussfaktoren Anreize durch sinkenden Arbeitspreis und nicht Belohnung des Mehrverbrauchs, wie heute üblich. Höhe des Potenzials hängt von den verfügbaren großen Lasten in den Haushalten ab (z.B. Wärmepumpen, E-Mobilität) Notwendigkeit der Flexibilisierung (Lastspitzen, fluktuierende Erzeuger) Einsparpotenzial: Selbsteinschätzung der Verbraucher forsa 2010 Feldstudien: Höhe und Dauerhaftigkeit der Stromeinsparungen Projekte Etelligence E-DeMa Beschreibung Energiemarktplatz auf dem Netzbetreiber, Produzenten und Nutzer verhandeln Entwicklung und Demonstration dezentral vernetzter Energiesysteme hin zum E-Energy Marktplatz MeRegio Energieampel, Anschluss steuerungsfähiger Geräte, Integration von Stromspeicher, Vernetzung der Anbieter mit den Kunden über einen gemeinsamen Markt Modellstadt Mannheim 200 Test-Haushalte mit elektronischem Stromzähler, davon mehr als 100 mit Energiebutler RegModHarz Regenerative Modellregion Harz, bisher allerdings nur Fragebogenaktion zu Verbrauchsverhalten Weißenfels Laststeuerung der Elektrogeräte mit Smart Meter, Feldversuch mit Hoch- und Niedrigtarifzeiten in einer Wohnsiedlung Intelliekon 1000 Haushalte, Visualisierung des Stromverbrauchs, zeitvariable Tarife Smart Watts Steigerung der Selbstregelfähigkeit des Energiesystems durch die Etablierung eines Internets der Energie durchschnittliche Energie-Einsparung pro Haushalt in den ersten vier Monaten 7,8 Prozent. Universität Delft Gestaltung der Smart-Metering-Systeme Niedrige Nutzungsbarriere: Feedback sollte möglichst einfach zugänglich und keine komplexe Installation benötigen. Starke Integration in den Alltag Zeitnahe Informationsbereitstellung: kontinuierlichees Feedback führt zu den größten Spareffekten: Aufschlüsselung des Gesamtverbrauchs Energieberatung und Tipps zur Energieeinsparung Mit Blick auf die Gesamtbevölkerung muss mit einer geringeren Wirkung gerechnet werden Deutsche Energieagentur: 5 bis 10% Energieeinsparung pro Haushalt Bundesnetzagentur: Einsparung von 1,9 bis 8% für einen Haushalt mit 3165 kWh Price Waterhouse Coopers: 3,5% mittlere Energieeinsparung für Österreich Econcept: 5% mittlere Energieeinsparung für die Schweiz Eigenverbrauch der Geräte und Netzinfrastrukturen kann beachtenswert sein Messgeräte EHZ ca. 13 kWh/a (Ferraris-Zähler: ca. 30 kWh/a) Kommunikationsin PLC-Anbindung frastruktur MUC: 9 – 22 kWh/a Datenkonzentratoren: 35-44 kWh/a Bridges 8,5 kWh/a Feedbacksysteme GPRSÜbertragung GSM Netz: 2,5 kWh/a für die tägliche Übertragung von Lastgängen mit 96 Werten DSL-Übertragung Router: ca. 2,5 W DSL-Modem: 6-8 W Datenübertragung via Internet 0,12 kWh/a Display: 0,01 kWh/a (einfaches Display) bis 26 (17-87) kWh (farbiges Display) Energieverbrauch Inhouse-Anbindung 10 bis 20 kWh/a Server 0,44 kWh/a für die tägliche Übertragung von Lastgängen mit 96 Werten (1 MB Datenmenge/Monat) KEMA 2009, PwC 2010, EC Institute for Energy 2008 Einflussfaktoren: Art des Displays, Übertragungsmedien, Häufigkeit der Übertragung, Übertragung je Haushalt oder Gebäude … Energiebilanz für ausgewählte Konfigurationen Schlankes SM MUC Messrate nach BNA Übertragung je Gebäude 0,3 % eines 4 Personen-Haushalts 16,5 kWh 0,5 % eines 2 Personen-Haushalts Einfaches Display (8‘‘) SM: Echtzeit Visualisierung AMM Echtzeit GPRSÜbertragung Farb-Display(14‘‘) 2,0% eines 4 Personen-Haushalts 109 kWh 3,2 % eines 2 Personen-Haushalts Unter welchen Voraussetzungen kann Smart Metering einen Beitrag zur effizienten Energienutzung leisten? • Der Rollout selbst trägt zur Energieeffizienz nicht bei. Einsparungen von 0,3 bis 3% notwendig. • Die neuen Infrastrukturen für Smart Metering sollten derart ausgestaltet sein, dass ihr Eigenverbrauch nicht die Einsparungen überwiegt (EuP-Richtlinie etc.) • Neue Tarifmodelle: Anreize. Die erreichbaren Einsparungen und Lastverschiebungen sind abhängig von den Preisverhältnissen zwischen den einzelnen Tarifstufen. • Mehrwert und Akzeptanz: Häufiges Feedback zum Verbrauch mit Zusatzinformationen, Datenschutz… • Baustein für dezentrales Energiemanagement (Erdwärme, Solarenergie) und Smart Grids zum Lastmanagement (regenerativer Energien, E-Fahrzeuge) • Modularer Aufbau und bedarfsgerechtes Rollout von Smart Metern: Konzentration auf Basiszähler unter Nutzung vorhandener Schnittstellen Kontakt Dr. Siegfried Behrendt +49-30-803088 10 [email protected] Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung Schopenhauerstr. 26 / 14129 Berlin +49-30-803088 88 www.izt.de