Basilika Ottobeuren Giebelfiguren St. Alexander und Theodor

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Basilika Ottobeuren Giebelfiguren St. Alexander und Theodor
Basilika Ottobeuren
Giebelfiguren St. Alexander und Theodor
Festakt am 10.05.2014, 16:00
Sehr geehrter Hochwürdiger Herr Abt,
sehr geehrter Herr Staatsminister a. D. Miller,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
„leider erlaubt es der Zustand der Skulpturen auch nach der restauratorischen
Bearbeitung nicht, sie wieder an ihren ursprünglichen Orten aufzustellen.“
Wovon ist hier dir Rede? - Für Sie ist es heute klar:
Gemeint sind die beiden Kirchenpatrone St. Alexander und Theodor, 4 Meter
hohe Sandsteinfiguren mit einem Gewicht von je 6,5 Tonnen, 1759, also vor 255
Jahren von dem Riedlinger Bildhauer, Holzschnitzer und Stuckateur Johann
Joseph Christian geschaffen, der auch für das Chorgestühl verantwortlich
zeichnet.
Nach Meinung der Sachverständigen im Jahre 2007 waren die Skulpturen trotz
vorausgegangener Restaurierung so fragil, dass ihr Rücktransport an den
exponierten Standort in der Kirchenfassade auf 35 m Höhe direkt über den
Eingängen der Basilika aus Sicherheitsgründen nicht mehr vertretbar war.
-2Durch die ungenügende Verbindung zwischen der rückseitigen Ausmauerung
und dem Sandstein der Skulpturen, sowie zahlreicher, das Gestein
durchziehender Risse waren die Figuren in mehrere, voneinander getrennte
Volumenteile zerlegt, die nur noch ungenügend miteinander verbunden waren.
Ein Versuch im Jahr 1991, diese Risse kraftschlüssig mit Acrylharz zu
überbrücken, war auf Grund der Größe der Figuren ohne Erfolg geblieben. Auch
konnte man wegen der starken klimatischen Exposition auf der Fassade der
Basilika nicht davon ausgehen, dass die Spannungen zwischen den
Einzelelementen der Figuren bereits ein Ende gefunden hätten, sodass sich die
Risse nicht mehr vergrößern würden. Vielmehr würde dieser Prozess auch in
Zukunft weiter voranschreiten und in letzter Konsequenz zum Ausbrechen von
Teilen führen. Wegen des komplizierten Verlaufs der Risse war es auch nicht
möglich, durch geschickt gesetzte Anker die Rissflächen zu überbrücken, weil
deren Entstehen und Verlauf weder abschätzbar noch vorhersehbar war.
Für die Originalstandorte waren also aus Sicherheitsgründen nur noch neu
anzufertigende, stabile Kopien der beiden Heiligen denkbar, auch finanziell keine
Kleinigkeit.
Die ursprünglich geplante Restaurierungsmaßnahme hatte sich jetzt deutlich
verkompliziert; ungelöste Fragen der Kostenübernahme drängten sich in den
Vordergrund. Ohne hier Bekanntes vertiefen zu wollen; die Basilika befindet sich
ja seit der Säkularisation 1802 im Eigentum des Freistaats Bayern, was zwar den
positiven Effekt hat, dass ein Großteil des Baugeschehens finanziell vom
Freistaat bestritten wird, aber eben auch den durchaus komplizierten Effekt,
dass durch ein nicht wirklich klares Baulastrecht, Kostenzuständigkeiten
diskussionsfähig sind.
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Damit war das Schicksal der beiden Skulpturen von Joseph Christian zunächst
besiegelt: sie fristeten fortan ihr Dasein im Südhof des Klosters, in kleinen
Holzverschlägen zwar gut gegen die Witterung geschützt; ob sie sich aber dort
wohlgefühlt haben ... , ich glaube nicht.
Bis mich im Dezember 2012 ein Anruf ereilte:
Kirchengemeinde und Gemeinde Ottobeuren waren fest entschlossen,
im Jahr 2014, dem 1250-jährigen Gründungsjubiläum der Abtei Ottobeuren die
Kirchenpatrone St. Alexander und Theodor wieder an ihrem Platz zu sehen.
Dafür hatten sie sich das wichtigste Zugpferd geholt: Herrn Staatsminister a. D.
und Landtagsabgeordneten Josef Miller, der sich schon immer mit enormer
Tatkraft für die Baumaßnahmen im Kloster eingesetzt hatte.
Drei Tage vor Weihnachten 2012 wurden von ihm neben Gemeinde,
Kirchengemeinde und der Abtei alle Zuständigen im Kloster versammelt:
Die Diözese Augsburg, das Bayerische Kultusministerium, die Regierung von
Schwaben und wir vom Staatlichen Bauamt Kempten. Ihnen, Herr Staatsminister
a. D. und allen anderen Beteiligten, herzlichen Dank für das große Engagement.
Tatsächlich gelang es, alle Parteien zu einer Beteiligung an den Kosten für
Abgüsse der Heiligen zu bewegen, sodass wir bereits im Februar des Jahres 2013
in die ersten Planungen einsteigen konnten.
Um dauerhafte und witterungsbeständige Kopien der Heiligen zu erhalten, hatte
man sich nach Abwägung aller Vor- und Nachteile für die Anfertigung von
Abgüssen aus Steinersatz für Stampfmörtel entschieden.
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Auch für uns, die Bayerische Staatsbauverwaltung, keine alltägliche Aufgabe wir durften durchaus neues und spannendes Terrain betreten vielen Dank hier unserem verantwortlichen Bauleiter Herrn Rupert Lohr.
Im Mai 2013 konnten wir dann einen öffentlichen Teilnahmewettbewerb für die
Bildhauerarbeiten veröffentlichen, schließlich wollten wir sicher gehen, eine
wirklich qualifizierte Firma für die Ausführung zu finden. Nach der sich
anschließenden beschränkten Ausschreibung konnten wir Anfang Juli den
Auftrag an die Firma Dr. Pfanner aus Scheffau vergeben. An dieser Stelle
herzlichen Dank an Herrn Dr. Pfanner und Herrn Kowalski für diese
herausragenden Arbeiten, die bei all Ihrer Erfahrung auch für Sie eine große
Herausforderung waren.
Neben der Herstellung von Abgüssen der originalen Figuren war aber noch eine
Frage zu lösen:
Wohin dann, wenn nicht mehr an ihren angestammten Platz, mit den Skulpturen
von Joseph Christian? Für 4 Meter hohe und 6,5 Tonnen schwere Heilige findet
sich auch im Museum nicht so schnell ein Platz.
Nach gründlichen Überlegungen stehen sie jetzt also weiter im Freien, aber im
Grünen vor der Basilika; jederzeit für Bauunterhaltsarbeiten gut zugänglich und
zwar nicht zum Anfassen, aber doch aus nächster Nähe zu bewundern.
So sind wir zum vielleicht schönsten Nebeneffekt gelangt:
Die Heiligen sind zu uns auf die Erde gekommen.

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