Auszug Baukalender "Baurecht"

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Auszug Baukalender "Baurecht"
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Aktuelle Rechtsprechung zum Bauvertragsrecht
Aktuelle Rechtsprechung zum
Bauvertragsrecht
Dr. Heinrich Merl, Vorsitzender Richter am OLG i.R.
Die nachfolgend besprochenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr
2000 sind unmittelbar zu dem vor der Schuldrechtsmodernisierung geltenden gesetzlichen Werkvertragsrecht (also dem Rechtszustand vor 1.1.2002) sowie zu früheren Fassungen der VOB/B ergangen. Sie sind jedoch in gleicher Weise für das nunmehr geltende Recht und für Verträge maßgebend, denen die VOB/B 2002 zu Grunde liegt.
1. Freizeichnung des Bauunternehmers bei Bedenkenhinweis
Nach § 13 Nr. 3 VOB/B haftet der Auftragnehmer im Ausgangspunkt auch für Mängel,
die auf die Leistungsbeschreibung oder sonstige bindende Anordnungen des Auftraggebers, auf die vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder auf die Beschaffenheit der Vorleistung anderer Unternehmer zurückzuführen sind. Insoweit obliegt dem
Unternehmer gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B eine Prüfungs- und Hinweispflicht. Nur wenn er
dieser Prüfungs- und Hinweispflicht genügt, wird er von der Haftung für fremde Mangelursachen frei. Ohne Bedenkenhinweis ist der Auftragnehmer von der Haftung für
fremdverursachte Mängel frei, wenn er das Mangelrisiko nicht erkannte und auch nicht
erkennen musste.
Wie konkret ein Hinweis des Unternehmers auf das Mangelrisiko sein muss, wenn er
selbst keine hinreichende Kenntnis und Erfahrung hinsichtlich der Tauglichkeit von
Baustoffen hat, ist Gegenstand nachfolgender Entscheidung (BGH Urteil vom 12. Mai
2005 – VII ZR 45/04 – Baurecht 2005, 1314 f.)
Sachverhalt
Der vom Bauherrn beauftragte Architekt hatte zur Verfüllung unter der Bodenplatte einer Produktions- und Lagerhalle zunächst Kies ausgeschrieben. Unter im Einzelnen ungeklärten Umständen kam die Überlegung auf, anstelle von Kies Müllverbrennungsasche als Füllmaterial zu verwenden, um die Baukosten zu senken. Einen entsprechenden Nachtragsauftrag erteilte der Architekt des Bauherrn mit dem Zusatz, dass die Zulassung für die Verwendung des Materials vom Unternehmer zu erbringen und die Herkunft des Materials nachzuweisen war. Der Auftragnehmer legte Unterlagen des Herstellers vor und wies darauf hin, dass er über keine Spezialkenntnisse oder Erfahrungen
hinsichtlich der Verwendung von Müllverbrennungsasche verfüge.
Tatsächlich erwies sich die vom Auftragnehmer eingebaute Müllverbrennungsasche als
nicht volumenbeständig, sie vergrößerte sich bei Feuchtigkeit und führte dadurch zu erheblichen Schäden an der Halle.
Der Auftraggeber verlangte vom ausführenden Unternehmer Schadensersatz und Vorschuss auf die Mängelbeseitigungskosten.
Entscheidung
Die zunächst mit dem Rechtsstreit befassten Land- und Oberlandesgerichte wiesen die
Klage des Auftraggebers ab mit der Begründung, dass der Unternehmer nach § 13 Nr. 3
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VOB/B i.V.m. § 4 Nr. 3 VOB/B von der Mängelhaftung frei sei. Denn er habe offengelegt, dass er über keine Spezialkenntnisse oder Erfahrungen mit Müllverbrennungsasche
verfüge und alle Beteiligten hätten gewusst, dass es keine allgemeine Zulassung der
Müllverbrennungsasche für Hochbauzwecke gebe. Darüber hinaus habe der Lieferant
die Volumenbeständigkeit der Asche bescheinigt und das Prüfzeugnis keinen Anlass für
Bedenken gegeben.
Der Bundesgerichtshof ist im Urteil vom 12. Mai 2005 (– VII ZR 45/04 – Baurecht
2005, 1314 f.) dieser Argumentation nicht gefolgt.
Eine Freizeichnung nach § 13 Nr. 3 VOB/B setzt nämlich in jedem Fall eine bindende
Anordnung des Bauherrn bzw. seines Architekten voraus. Allein dass der Architekt einen Nachtragsauftrag für die Verwendung der Asche erteilte, reicht nicht aus, eine bindende Anordnung im Sinne des § 13 Nr. 3 VOB/B anzunehmen. Entscheidend ist, wie
es zum Nachtragsauftrag kam, ob der Auftragnehmer die Verwendung der Verbrennungsasche selbst vorschlug oder ob Bauherr bzw. sein Architekt die Verwendung von
Müllverbrennungsasche von sich aus verlangten.
So liegt keine bindende Anordnung gemäß § 13 Nr. 3 VOB/B vor, wenn
– der Auftraggeber zwar den Anstoß zur Verwendung des Materials gibt, aber die
Verwendung des Baustoffs nur unverbindlich vorschlägt, der Auftragnehmer diese
Anregung übernimmt und es erst dadurch zur verbindlichen vertraglichen Regelung kommt, oder
– die Anregung , den Baustoff zu verwenden, vom Auftragnehmer ausgeht, der Auftraggeber mit der Verwendung eines durch den Auftragnehmer vorgeschlagenen
Stoffs einverstanden ist, und somit der Baustoff auf Vorschlag des Auftragnehmers in das Leistungsverzeichnis aufgenommen bzw. mittels Nachtragsauftrag
beauftragt wird.
Selbst wenn aber eine bindende Anordnung des Bauherrn bzw. seines Architekten vorliegt, führt dies nicht von selbst zur Haftungsbefreiung. Diese setzt in jedem Fall voraus,
dass der Unternehmer seiner Prüfungs- und Hinweispflicht genügt.
Ob der Hinweis des Auftragnehmers auf seine fehlende Kenntnis und Erfahrung bezüglich der Verbrennungsasche zur Haftungsbefreiung ausreichte, ist nach der Entscheidung
des BGH davon abhängig, inwieweit vom Auftragnehmer eine Sachkunde verlangt werden konnte, die ihn in die Lage versetzte, konkret die Geeignetheit bzw. das Mängelrisiko des vorgeschriebenen Stoffs zu beurteilen. Da dies hier der Fall war, führte der allgemeine Hinweis des Auftragnehmers auf seine subjektive Unkenntnis und fehlende praktische Erfahrung nicht zur Haftungsbefreiung.
Der BGH verneinte auch eine (stillschweigende) Risikoverlagerung zu Lasten des Bauherrn. Allein der Umstand, dass die Verwendung der Asche durch den Architekten beauftragt und die Asche von ihm zur Verwendung freigegeben wurde, enthielt keine Risikoverlagerung, das Haftungsrisiko für die Tauglichkeit des Baustoffs verblieb beim
Unternehmer.
Leitsatz
1. Die Übernahme des Risikos einer mangelhaften Leistung des Auftragnehmers
durch den Auftraggeber setzt eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung voraus.
2. Ein Baustoff wird durch den Auftraggeber nicht vorgeschrieben, wenn seine Verwendung auf Drängen des Auftragnehmers vertraglich vereinbart wird.
BGH, Urteil vom 12. Mai 2005 – VII ZR 45/04 – Baurecht 2005, 1314 f.
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Praxishinweis
Die Entscheidung gilt in ihrer grundsätzlichen Aussage nicht nur für den Fall der vereinbarten VOB/B, sondern auch für den BGB-Vertrag. Dies gilt sowohl hinsichtlich der
Prüfungs- und Hinweispflicht als auch hinsichtlich der Frage einer vertraglichen Risikoübernahme durch den Architekten bzw. Bauherrn.
Dass der bloße Hinweis auf fehlende Kenntnis und fehlende Erfahrung mit einem Baustoff nicht zur Haftungsbefreiung führt, gilt sowohl für den ausführenden Unternehmer
wie auch für den mit Planung oder Bauleitung beauftragten Architekten. Sollen z.B.
neuartige Materialien verwendet werden, so können sich weder der Unternehmer noch
der Architekt und Ingenieur auf fehlende Kenntnis und Erfahrungen hinsichtlich des
Baustoffs berufen. Soweit möglich, haben sie sich die erforderliche Kenntnis zu verschaffen. Handelt es sich um einen neuartigen Baustoff, hinsichtlich dessen Eignung allgemein keine sichere Kenntnis besteht, so ist das hierin liegende Risiko dem Bauherrn
offen zu legen.
2. Mitverantwortung des Bauherrn bei Planungsfehler des Architekten
Nach § 13 Nr. 3 VOB/B hat der Auftragnehmer, sofern er nicht seiner Prüfungs- und
Mitteilungspflicht nachkommt, auch für Mängel Gewähr zu leisten, die auf eine fehlerhaften Planung des Architekten/Ingenieurs des Bauherrn zurückzuführen sind. Das Verschulden des Architekten wird dem Auftraggeber zugerechnet und führt zu einer Abwägung der Mitverursachungsanteile von ausführendem Unternehmer einerseits und Architekt /Ingenieur/Bauherr andererseits. Der Unternehmer haftet in Höhe seines Mitverantwortungsanteils. Im Einzelfall kann der Verantwortungsanteil eines der Mangelverursacher so überwiegen, dass der Verursachungsanteil des anderen Verursachers zurücktritt
und in vollem Umfang außer Acht bleibt. Mit einem derartigen Abwägungsproblem hatte sich nachfolgende Entscheidung des BGH zu befassen.
Sachverhalt
Der klagende Unternehmer war vom Architekten im Namen der Bauherrin mit Mauer-,
Beton – und Stahlbetonarbeiten beauftragt worden. Im Vertrag wurde der Architekt als
Bevollmächtigter der Bauherrin bezeichnet mit dem Recht, erforderliche Anordnungen
zur vertraglichen Durchführung der Leistung zu treffen.
Auf Weisung des Architekten gründeten der Tiefbauunternehmer und der Kläger den
Keller um 1,15 m höher als ursprünglich geplant. Über die Höhergründung war möglicherweise vor Vertragsschluss mit dem Kläger in Anwesenheit des Ehemanns der Bauherrin gesprochen worden. Im Vertrag selbst war jedoch die Ausführung der Arbeiten
entsprechend der genehmigten Planung mit der um 1,15 m tieferen Gründung vereinbart.
Entscheidung
Das zunächst mit der Sache befasste OLG Hamm hatte ein Mitverschulden des klagenden Unternehmers zwar in Betracht gezogen, aber zu Lasten der Bauherrin ein überwiegendes Mitverschulden des Architekten angenommen mit der Folge, dass eine Haftung
des Unternehmers entfiel.
Der BGH ist dem nicht gefolgt (Urteil vom 24. Februar 2005 – VII ZR 328/03 – Baurecht 2005, 1016 f.).
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Zwar ist der Bauherrin im Verhältnis zum ausführenden Unternehmer das Mitverschulden des Architekten gemäß § 278 BGB wie eigenes Verschulden zuzurechnen, denn der
Architekt war Erfüllungsgehilfe der Bauherrin, die sich des Architekten zur Erfüllung
ihrer Planungsaufgaben bediente. Es begründet aber ein Mitverschulden des ausführenden Unternehmers, wenn er die Bauherrin nicht über die gravierende Planabweichung
des Architekten aufklärte (vgl. auch BGH Urteil vom 16. Dezember 2004, VII ZR
167/02 – Baurecht 2005, 548 f.).
Im Regelfall setzt der Unternehmer eine gewichtige Mangelursache, wenn er bei der gebotenen Prüfung und Mitteilung der Bedenken Planungsmängel hätte verhindern können. Das Verschulden des Unternehmers darf bei gravierenden Eingriffen des Architekten in die vereinbarte Planung, wie sie hier vorlag, nicht bagatellisiert werden, sofern der
Unternehmer den mangelursächlichen Eingriff ohne weiteres gegenüber dem Bauherrn
hätte zur Sprache bringen und eine Klärung hätte herbeiführen können.
Leitsatz
Nimmt der Auftraggeber den Unternehmer (Auftragnehmer) wegen einer vertragswidrigen Ausführung des Bauwerks auf Gewährleistung in Anspruch, die auf eine
vertragswidrige Planung seines Architekten zurückzuführen ist, muss bei der Bewertung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge der Bedeutung der Verpflichtung des
Unternehmers Rechnung getragen werden, über die Vertragswidrigkeit der Planung
aufzuklären.
BGH Urteil vom 24. Februar 2005 – VII ZR 328/03 – Baurecht 2005, 1016 f.
3. Schadensersatz in Höhe der Mangelbeseitigungskosten trotz
geringerem Minderwert
Verlangt der Auftraggeber wegen vorhandener Mängel kleinen Schadensersatz (d.h.
Schadensersatz unter Behalten der mangelhaften Leistung), so kann er entweder Ersatz
der Mangelbeseitigungskosten oder des mangelbedingten Minderwerts der Bauleistung
verlangen. Gegenstand der nachfolgenden Entscheidung war die Frage, ob Ersatz notwendiger Mangelbeseitigungskosten auch dann in voller Höhe verlangt werden kann,
wenn der durch den Mangel verursachte Minderwert der Leistung geringer ist.
Sachverhalt
Die Erwerberin einer neu zu erstellenden Eigentumswohnung verlangte vom Bauträger
Minderung und Schadensersatz wegen Baumängeln. Das OLG Frankfurt/Darmstadt billigte der Klägerin den eingeklagten Betrag nur zum Teil zu mit der Begründung, dass
sich ein Anspruch nur in Höhe der Differenz zwischen tatsächlichem Verkehrswert des
Objekts und seinem hypothetischen Wert in mangelfreiem Zustand ergebe. Der wirtschaftliche Nachteil der Klägerin liege in dieser Wertdifferenz und nicht in den höheren
Kosten der Mangelbeseitigung.
Entscheidung
Nach dem Urteil des BGH vom 10. März 2005 (Az. VII ZR 321/03 – Baurecht 2005,
1014 f.) kann der Auftraggeber, wenn er das Bauwerk bzw. die Bauleistung als solches
behalten will, als Schadensersatz entweder den mangelbedingten Minderwert oder den
zur Beseitigung der Mängel erforderlichen Betrag verlangen. Dies gilt auch dann, wenn
die objektive Minderung des Verkehrswerts geringer ist als die Kosten der Mangelbeseitigung.
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Der Auftraggeber kann Schadensersatz allerdings dann nicht nach den Kosten der Mangelbeseitigung berechnen, wenn die Mangelbeseitigung unverhältnismäßig wäre und
vom Auftragnehmer (hier Bauträger) aus diesem Grund zu Recht verweigert wird. Im
entschiedenen Fall, waren selbst hohe Mangelbeseitigungskosten nicht unverhältnismäßig, weil das Bauwerk "geradezu elementar" geschädigt war und die zahlreichen Mängel auf ein gravierendes Verschulden des Bauträgers schließen ließen.
Leitsatz
Der Anspruch nach § 635 BGB a.F. ist auf den zur Mangelbeseitigung notwendigen
Betrag gerichtet. Der Auftraggeber kann auch dann nicht auf den Ersatz der objektiven Minderung des Verkehrswerts verwiesen werden, wenn diese erheblich geringer
ist als die Kosten der Mangelbeseitigung.
BGH Urteil vom 10. März 2005 – VII ZR 321/03 – Baurecht 2005, 1014 f.
Praxishinweis
Die Entscheidung, die zu dem bis 1.1.2002 geltenden Gewährleistungsrecht erging, ist
auch auf den mangelbedingten Schadensersatzanspruch nach neuem Recht anwendbar.
4. Ausschluss von Aufrechnung und Zurückbehaltung durch AGB
Leitsatz
Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingung eines Bauunternehmers
"Die Geltendmachung von Aufrechnungen mit nicht rechtskräftig festgestellten
Gegenansprüchen sowie von Zurückbehaltungsrechten ist ausgeschlossen."
ist dahin zu verstehen, dass Zurückbehaltungsrechte und damit auch Leistungsverweigerungsrechte nach §§ 320, 641 Abs. 3 BGB generell ausgeschlossen sind.
Insoweit ist die Klausel unwirksam.
BGH Urteil vom 31. März 2005 – VII ZR 180/04 – Baurecht 2005, 1010 f.
Nach der Entscheidung des BGH benachteiligt es den Auftraggeber unangemessen,
wenn sein Zurückbehaltungs- und Leistungsverweigerungsrecht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen des Auftragnehmers generell ausgeschlossen wird. In diesem Sinn
ist die hier vorliegende Klausel auszulegen und damit unwirksam. Ob eine Klausel des
Auftragnehmers wirksam wäre, die das Zurückbehaltungs- und Aufrechnungsrecht nur
hinsichtlich nicht rechtskräftig festgestellter Ansprüche des Auftraggebers ausschließt,
lässt der BGH ausdrücklich offen.
5. Zurückbehaltungs- und Leistungsverweigerungsrecht bei schwierigem
und zeitraubendem Rechtsstreit
Leitsatz
Ein Leistungsverweigerungs- oder Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln von Bauleistungen ist nicht deshalb (als treuwidrig) ausgeschlossen, weil die Aufklärung der
Mängel schwierig und zeitraubend ist.
BGH Urteil vom 31. März 2005 – VII ZR 369/02 – Baurecht 2005, 1012 f.
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6. Anspruch aus unerlaubter Handlung bei Mängeln
Leitsatz
Entsteht infolge einer vertraglichen Leistung eines Bauunternehmers oder Architekten ein Schaden am Bauwerk, besteht kein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, wenn
dieser Schaden sich mit dem Mangelunwert der vertraglichen Leistung deckt. Dies
gilt auch dann, wenn die vertragliche Leistung den Schutz des beschädigten Bauteils
bezweckt.
BGH Urteil vom 27. Januar 2005 – VII ZR 158/03 – Baurecht 2005, 705 f.
Bei mangelhafter Leistung stehen dem Auftraggeber nicht nur die Gewährleistungsrechte der § 634 f. bzw. §§ 633 ff. BGB a.F. zu, in Betracht kommen auch Ansprüche aus
unerlaubter Handlung, die u.U. erst später verjähren, weil der Lauf der Verjährung bei
unerlaubter Handlung nicht mit der Abnahme der Bauleistung bzw. des Architektenwerks beginnt, sondern erst im Zeitpunkt der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Auftraggebers von Mangel und Mangelverantwortung.
Sachverhalt
Der klagende Bauherr verlangte vom Architekten wegen Verletzung seiner Baufsichtspflicht Ersatz der Schäden an einer Geschoßdecke und einem Balkons.
Hinsichtlich der Geschoßdecke war schadensursächlich, dass die beim Umbau verbliebenen Deckenbalken barsten, weil die Balkendecke den aufgebrachten Asphaltestrich
nicht tragen konnte. Ein an Stelle einer Stützwand eingebrachter Träger unter der Balkendecke blieb wirkungslos, weil die Decke nicht auf ihm auflag.
Hinsichtlich des Balkons war im Rahmen der Umbaumaßnahmen die Oberfläche erneuert und eine Abdichtung ausgeführt worden. Auf Grund mangelhafter Abdichtung drang
Niederschlagswasser in den Betonkern des Balkons ein, so dass die Festigkeit des Betons erheblich beeinträchtigt war.
Entscheidung
Der BGH (Urteil vom 27. Januar 2005 – VII ZR 158/03 – Baurecht 2005, 705 f.) verneinte einen Anspruch aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 1 BGB), weil die Mangelfolgen nicht über den Mangelunwert der Leistung hinausgingen.
Muss der Auftragnehmer (ausführender Unternehmer oder Architekt) nach dem Vertrag
in die Bausubstanz eingreifen, so ist eine mit dem Eingriff zusammenhängende Schädigung des Bauwerks in der Regel keine Eigentumsverletzung. Die Haftung des Architekten (wie des ausführenden Unternehmers) richtet sich nur nach Mängelhaftungsrecht mit
den hierfür geltenden kurzen Verjährungsfristen,
– soweit der Sachmangel zu einem Schaden am Leistungsgegenstand (an dem neu
hergestellten oder bearbeiteten Bauteil) führt, oder
– soweit der mangelbedingte Schaden an Bauteilen entsteht, die in die Sanierungsaufgabe derart "integriert" sind, dass andernfalls der geschuldete Leistungserfolg nicht
erreicht würde.
So liegt keine unerlaubte Handlung vor, wenn durch eine nachträglich eingebrachte
mangelhafte Abdichtung ein Schaden an Bauteilen eintritt, die durch die Abdichtung vor
Feuchtigkeit geschützt werden sollten, wie dies vorliegend für den Balkon und dessen
Abdichtung zutraf.
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Ausschließlich Mängelhaftungsrechte kommen im entschiedenen Fall aber auch hinsichtlich des Deckenschadens in Betracht. Denn die beschädigte Geschoßdecke war in
die Umbaumaßnahmen einbezogen. An den Deckenbalken wurde im Zug des Umbaus
unmittelbar gearbeitet. Der Betonfußboden und die Deckenverkleidung wurde ausgebaut
oder beseitigt, ein Teil der Holzbalkendecke abgebrochen, Deckendurchbrüche für einen
Schornstein erstellt, Magerbeton in die Holzdecken eingebracht und ein Abfangträger
unter der Obergeschoßdecke eingebaut. Dementsprechend war Gegenstand des Auftrags
an den Architekten auch die Prüfung, inwieweit die verbleibenden Deckenbalken der
Geschoßdecke noch geeignet warten, die neue Deckenkonstruktion zu tragen. Mangelunwert und Schaden waren damit deckungsgleich. Dem Bauherrn konnte von vorneherein kein Recht aus unerlaubter Handlung, sondern nur Mangelhaftungsrechte nach
§§ 634 ff. BGB bzw. § 4 Nr. 7 VOB/B und § 13 VOB/B mit den für sie geltenden Verjährungsfristen zustehen.
Praxishinweis
Ein Anspruch aus unerlaubter Handlung mit gegebenenfalls längerer Verjährung wäre in
Betracht gekommen, wenn die mangelhaften Leistungen zu Schäden an bereits bestehenden und durch den Sanierungsauftrag nicht betroffenen Bauwerksteilen oder an den
das Bauwerk eingebrachte Sachen des Auftraggebers geführt hätten.
7. Dauer der Verjährungsfrist bei gesetzlichem Neubeginn der Verjährung, wenn die Verjährung bereits gem. § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B durch
schriftliches Mängelbeseitigungsverlangen verlängert war
Nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B verjährt (bei vereinbarter VOB/B) der Anspruch
auf Beseitigung eines erstmals schriftlich gerügten Mangels in 2 Jahren (VOB/B 2002)
bzw. innerhalb der Regelfristen nach § 13 Nr. 4 (VOB/B 2000 und früher), gerechnet ab
Zugang des Beseitigungsverlangens. Problematisch war, welche Verjährungsfristen in
Lauf gesetzt werden, wenn der Auftragnehmer nach Zugang des Mangelbeseitigungsverlangens seine Verpflichtung zur Mangelbeseitigung anerkennt.
Sachverhalt
Grundlage der vertraglichen Beziehungen der Streitparteien war ein VOB-Vertrag, wobei die Parteien eine 5-jährige Gewährleistungsfrist vereinbart hatten. Nach Abnahme
der Werkleistung am 21.12.1994 forderte der Auftraggeber mit Schreiben vom
23.10.1998 und 16.12.1998 unter Fristsetzung die Beseitigung eines Mangels. Auf die
zweite Aufforderung sagte der Auftragnehmer mit Schreiben vom 30.12.1998 die Beseitigung des Mangels zu, kam dem aber nicht nach. Der Auftraggeber ließ den Mangel daher im Weg der Ersatzvornahme (Selbstvornahme) durch eine Drittfirma beseitigen und
verlangte Ersatz der Mängelbeseitungskosten. Der Auftragnahme berief sich auf die Verjährung des vom Auftraggeber geltend gemachten Gewährleistungsanspruchs.
Entscheidung
Das OLG Celle wies die Klage mit der Begründung ab, der Anspruch sei verjährt. Zwar
habe der Auftragnehmer den Anspruch anerkannt, so dass die Verjährung unterbrochen
und eine neue Verjährungsfrist in Lauf gesetzt wurde. Neu begonnen habe aber nicht die
vertraglich vereinbarte Verjährungsfrist von 5 Jahren, sondern die (nach damaliger
VOB/B geltende) zweijährige Regelfrist gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B.
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Anders der BGH in seinem Urteil vom 13.1.2005. Durch das Anerkenntnis des Auftragnehmers in Lauf gesetzt wurde jedoch, so die Entscheidung des BGH, nicht die verkürzte Frist des § 13 Nr. 5 VOB/B, sondern die vertraglich vereinbarte (5-jährige) Verjährungsfrist. § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B regelt nämlich ausschließlich das Ende der
durch das Mängelbeseitigungsverlangen in Lauf gesetzten Verjährungsfrist. Einen Hinweis, welche Verjährungsfrist nach einem (zeitlich nachfolgenden) Schuldanerkenntnis
des Auftragnehmers beginnt, enthält § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B dagegen nicht.
Leitsatz
Wird der Lauf einer nach § 13 Nr. 4 Abs.1 VOB/B vereinbarten, gemäß § 13 Nr. 5
Abs. 1 Satz 2 VOB/B verlängerten Verjährungsfrist nach gesetzlichen Bestimmungen unterbrochen, so wird nach dem Ende der Unterbrechung die vereinbarte Frist
erneut in Gang gesetzt.
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lungsverpflichtung auf erstes Anfordern) abzulösen berechtigt ist. Dass die Parteien eine
solche Regelung bei Kenntnis der Unwirksamkeit der Klausel getroffen hätten, kann angesichts der vielfältigen Möglichkeiten zur Sicherung des Auftraggebers nicht mit der
erforderlichen Sicherheit angenommen werden ( so auch BGH Urteil vom 8.3.2002 –
VIX ZR 236/00-; BGH Urteil vom 22.11.2001 – VII ZR 208/00 – Baurecht 2002,463;
BGH Urteil vom 9. Dezember 2004 – VII ZR 265/03- Baurecht 2005, 539 f.)
Leitsatz
Eine vom Auftraggeber gegenüber einem Bauunternehmer verwendete Klausel,
nach der ein Bareinbehalt von 5 % der Schlussrechnungssumme auf die Dauer der
Gewährleistungsfrist einbehalten und allein durch Bürgschaft auf erstes Anforderung abgelöst werden kann, ist unwirksam.
Bundesgerichtshof Urteil vom 14. April 2005 – VII ZR 56/04 Baurecht 2005, 1154 f.
BGH Urteil vom 13. Januar 2005 – VII ZR 15/04 – Baurecht 2005, 710 f.
Praxishinweis
Die Entscheidung ist in ihrer Bedeutung nicht auf die Verjährungsunterbrechung durch
Schuldanerkenntnis beschränkt. Sie gilt ihrem Inhalt nach für alle gesetzlichen Tatbestände der Verjährungsunterbrechung (nach altem Recht) bzw. des Neubeginns der Verjährung (nach neuem Recht).
8. Unwirksamer formularmäßiger Sicherheitseinbehalt
Gegenstand der nachfolgenden Entscheidung das BGH (Urteil vom 14. April 2005 – VII
ZR 56/04 Baurecht 2005, 1154 f.) war eine Allgemeine Geschäftsbedingung des Auftraggebers zum Sicherheitseinbehalt, die ein Ablösen des Einbehalt nur durch Bürgschaft auf erstes Anfordern zuließ.
Sachverhalt
Mehrere Verträge eines Generalunternehmers enthielten nahezu gleichlautende Regelungen, wonach der Einbehalt einer unverzinslichen Sicherheitsleistung von 5 % der Bruttoschlussrechnungssumme für die Dauer der Gewährleistungsfrist, ablösbar durch Bürgschaft des Generalunternehmers auf erstes Anfordern, vereinbart sein sollte. Der Generalunternehmer hielt diese Sicherungsvereinbarung als Allgemeine Geschäftsbedingung
für unwirksam und verlangte die Herausgabe der Bürgschaften, die er zur Ablösung des
Sicherheitseinbehalts dem Auftraggeber bereits übergeben hatte.
Entscheidung
Im Anschluss an entsprechende frühere Entscheidungen (vgl. vorangehendes BGH –
Urteil vom 9.12.2004 – VII ZR 265/03 – Baurecht 2005, 539; Urteil vom 16.5.2002 –
VII ZR 494/00 – Baurecht 2002, 11392 = NZBau 2002, 493) verneint der BGH die
Wirksamkeit der Formularklausel. Sie benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen.
Denn sie legt einen im Gesetz nicht vorgesehenen Einbehalt zu Lasten des Auftragnehmers fest, ohne dass ihm eine angemessene Möglichkeit zur Ablösung des Einbehalts
eingeräumt wäre. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern setzt den Auftragnehmer einem
hohen Risiko aus, vom Auftraggeber zu Unrecht aus der Bürgschaft belastet zu werden.
Die durch die Unwirksamkeit der Klausel entstehende Vertragslücke kann nicht durch
ergänzende Vertragsauslegung dahin ausgefüllt werden, dass der Auftragnehmer den
Einbehalt durch einfache selbstschuldnerische und unbefristete Bürgschaft (ohne Zah-
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9. Unwirksame AGB des öffentlichen Auftraggebers zum Sicherheitseinbehalt; Voraussetzungen des Aushandelns einer Klausel
Allgemeine Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, wonach für die Dauer der Gewährleistungsfrist ein Sicherheitseinbehalt von 5% der Abrechnungssumme, ablösbar
nur durch Bürgschaft auf erstes Anfordern, vereinbart sein soll, sind im Grundsatz unwirksam (siehe oben). In seiner Entscheidung vom 9. Dezember 2004 hatte sich der
BGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob dies auch für öffentliche Auftraggeber gilt.
Denn immerhin trägt der Auftragnehmer hinsichtlich des öffentlichen Auftraggebers
kein Risiko, dass Rückforderungsansprüche bei zu Unrecht in Anspruch genommener
Bürgschaft wegen Insolvenz des Auftraggebers ausfallen.
Entscheidung
Die Klausel "Sicherheitseinbehalt von 5% der Abrechnungssumme auf die Dauer der
Gewährleistungsfrist, ablösbar durch Bürgschaft auf erstes Anfordern" ist auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des öffentlichen Auftraggebers unwirksam (Urteil des
BGH vom 9. Dezember 2004 – VII ZR 265/03- Baurecht 2005, 539 f.).
Dem Auftragnehmer verbleiben mit Ausnahme des Risikos einer Insolvenz des Auftraggebers alle wirtschaftlichen Risiken einer unberechtigten Inanspruchnahme der Bürgschaft auf erstes Anfordern. Dagegen bedarf der Auftraggeber zu seiner Absicherung
keiner Bürgschaft auf erstes Anfordern.
Die Klausel kann auch hier nicht mit einem reduzierten Inhalt aufrechterhalten werden.
Eine ergänzende Vertragsauslegung dahin, dass nämlich entgegen dem Klauselwortlaut
der Sicherheitseinbehalt auch durch einfache selbstschuldnerische und unbefristete
Bürgschaft zulässig ist, ist nicht möglich.
Leitsatz
Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrags, die vorsieht,
dass ein Sicherheitseinbehalt von 5 % der Bausumme nur durch eine Bürgschaft auf
erstes Anfordern abgelöst werden kann, ist auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines öffentlichen Auftraggebers unwirksam.
Eine ergänzende Vertragsauslegung dahin, dass die Ablösung durch eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft erfolgt, kommt nicht in Betracht.
Urteil des BGH vom 9. Dezember 2004 – VII ZR 265/03- Baurecht 2005, 539 f.
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Um der Unwirksamkeit von Klauseln zu entgehen, beruft sich der Verwender häufig
darauf, die Vereinbarung sei individuell ausgehandelt. Mit der Frage, wann ein Aushandeln einer vorformulierten Vereinbarung vorliegt, hatte sich der BGH in der Entscheidung vom 14. April 2005 ebenfalls zu befassen.
Sachverhalt
Der Auftraggeber, der dem Auftragnehmer eine vorformulierte Vertragsbestimmung zur
Vertragsstrafe vorgegeben hatte, war der Meinung, es handle sich nicht um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, weil man den Vertragsinhalt allgemein erörtert und die Verträge gemeinsam gelesen habe. Er, der Auftraggeber, habe bei den Vertragsverhandlungen seine Bereitschaft erkennen lassen, dem Generalunternehmer eigene Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich des Vertragsinhalts einzuräumen, auch hinsichtlich der streitigen Klauseln.
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vorteile. Diese hat er darzulegen, wenn ihnen nicht im Wesentlichen gleiche (anhand der
erkennbaren steuerlichen Situation geschätzte) Nachteile infolge einer Steuerpflichtigkeit des erhaltenen Ausgleichsbetrags gegenüber stehen.
11. Haftung des Bauträgers beim Erwerb von Altbauten mit Umbauverpflichtung
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof ging in seiner Entscheidung vom 14. April 2005 (Az. VII ZR
56/04 – Baurecht 2005, 1154) vom Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen des
Auftraggebers aus.
Eine allgemein geäußert Bereitschaft des Verwenders, Vertragsklauseln auf Anforderung
des Vertragspartners zu ändern, stellt kein Aushandeln einer konkreten Klausel dar.
Im vorliegenden Fall fehlte es an einem Aushandeln der streitigen Klausel, weil die Ausgestaltung der Sicherungsabrede nicht zur Disposition gestellt und über die Möglichkeit,
den Auftraggeber anderweit abzusichern, überhaupt nicht gesprochen wurde.
Beim Erwerb von Altbauten mit Umbauverpflichtung des Verkäufers haftet dieser nach
dem Urteil des BGH vom 16. Dezember 2004 – (Az. VII ZR 257/03 – Baurecht
2005, 542 f.) nicht nur für die ausgeführten Umbauarbeiten, sondern auch für die Altbausubstanz nach werkvertraglichen Gewährleistungsregeln, wenn die gesamten Bauleistungen nach Umfang und Bedeutung mit Neubauarbeiten vergleichbar sind.
So ist Gewähr nach Werkvertragsrecht zu leisten, wenn in Doppelhaushälften die Boden- und Wandbeläge, der Außenputz und der Anstrich erneuert, die Wasser- und
Elektroleitungen ausgetauscht, eine Gasheizung eingebaut, neue Innentreppen und Türen angefertigt sowie ein Teil der Fenster und der Dacheindeckung erneuert werden sollen. Ob die Sanierungsarbeiten bei Vertragsschluss bereits abgeschlossen waren, ist unerheblich.
Werkvertragsrecht ist nicht nur auf den sanierten Altbau selbst, sondern auch hinsichtlich der auf dem Grundstück befindlichen Anlagen anzuwenden, die der Funktion des
Altbaus dienen (hier: Betonplatte im Garten, auf der ein Flüssiggastank steht, der für die
Versorgung der Heizung des Altbaus erforderlich ist).
10. Schadensersatz wegen Überschreitung von Baukosten
12. Nachträge für Mangelbeseitigungsarbeiten
Zur Verpflichtung des Architekten, den Bauherrn rechtzeitig über die zu erwartenden
Baukosten informieren, nahm der BGH Stellung im Urteil vom 11. November 2004
(VII ZR 128/03 – Baurecht 2005, 400 f.). Danach schuldet der mit den Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 Abs. 2 HOAI beauftragte Architekt dem Bauherrn bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung eine zutreffende Aufklärung über die zu erwartenden
Baukosten. Kostenschätzung, Kostenberechnung, Kostenanschlag und Kostenfeststellung müssen grundsätzlich in den Leistungsphasen erbracht werden, denen sie in § 15
HOAI zugeordnet sind.
Erstellt der Architekt eine Kostenschätzung zu besonderen Zwecken, z.B. in Zusammenhang mit Kreditanträgen oder Förderanträgen, so kann der Bauherr davon ausgehen,
dass die abgegebene Kostenschätzung zutreffend ist, wenn ihn der Architekt nicht über
eine eventuelle Ungenauigkeit der Kostenschätzung aufklärt. Eine Aufklärung des Bauherrn kann dann entfallen, wenn der Bauherr Kenntnis von den aufzuklärenden Umständen hat und in der Lage ist, auch ohne Beratung die Konsequenzen für die weitere Planung und Durchführung des Bauvorhabens selbst zu erkennen.
Verstößt der Architekt gegen seine Beratungspflicht, ist er dem Bauherrn schadensersatzpflichtig. Eine Fristsetzung des Bauherrn (hier: nach §§ 634, 635 BGB a.F.) ist nicht
erforderlich, wenn eine nachgeholte Leistung den vertraglich vorgesehenen Zweck nicht
mehr erfüllen kann, dem Bauherrn rechtzeitig die erforderliche Grundlage zur Entscheidung über das Bauvorhaben zu liefern.
Der Bauherr muss sich bei der Schadensberechnung als Vorteil den Wert des erhaltenen
Bauwerks abziehen lassen sowie die aus den Herstellungskosten entstandenen Steuer-
In nachfolgender Entscheidung hatte der BGH die Frage zu klären, ob eine Nachtragsvergütung auch dann verlangt werden kann, wenn ein Nachtragsauftrag erteilt ist, nachträglich jedoch festgestellt wird, dass die Nachtragsarbeiten reine Mängelbeseitigungsarbeiten sind.
386
Sachverhalt
Der Auftragnehmer war mit der Umrüstung einer Kältezentrale beauftragt. Noch vor
Abschluss der Arbeiten traten an den vom Auftragnehmer eingebauten Kältemaschinen
Betriebsstörungen auf. Da durch die Kältemaschinen betriebswichtige Systeme versorgt
wurden, forderte der Auftraggeber, im Rahmen der Mangelbeseitigung eine mobile Kälteanlage aufzubauen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Der Unternehmer
übersandte hierüber ein Nachtragsangebot und verlangte nach ausgeführter Reparatur
entsprechende Bezahlung. Diese verweigerte der Auftraggeber mit Hinweis darauf, dass
der Auftragnehmer diese Kosten als Kosten der Mangelbeseitigung selbst tragen müsse.
Entscheidung
Nach der Entscheidung des BGH vom 26.4.2005 (– X ZR 166/04 – Baurecht 2005,
1317 f.; NZBau 2005, 453) ist die Nachtragsforderung des Unternehmers nicht berechtigt.
Wird eine Werkleistung bereits nach dem ursprünglichen Vertrag geschuldet, so
kann der Auftragnehmer hierfür auch auf Grund einer Nachtragsvereinbarung in der
Regel keine zusätzliche Vergütung verlangen.
387
Aktuelle Rechtsprechung zum Bauvertragsrecht
Nur wenn sich der Auftraggeber in vertragsändernder Weise eindeutig damit einverstanden erklärt, eine zusätzliche Vergütung ohne Rücksicht auf den bisherigen Vertrag zu
bezahlen, ein entsprechendes Anerkenntnis abgibt oder sich entsprechend vergleicht,
kann der Auftragnehmer die Nachtragsvergütung fordern. In der Regel ist ein solch
weitgehender Verpflichtungswille nicht anzunehmen. Auch in vorliegendem Fall fehlten
Anhaltspunkte hierfür.
Leitsatz
Wird eine Leistung auf Grund eines Werkvertrags geschuldet und vergütet, so kann
der Auftragnehmer dieselbe Leistung auf Grund einer Nachtragsvereinbarung i.d.R.
nicht ein zweites Mal bezahlt verlangen. Etwas anderes gilt, wenn der Auftraggeber
in der Nachtragsvereinbarung eine gesonderte Vergütungspflicht selbständig anerkannt hat oder die Vertragsparteien sich gerade in Anerkennung dieser Frage verglichen haben.
BGH Urteil vom 26.4.2005 – X ZR 166/04 – Baurecht 2005, 1317 f.
13. Kann der Auftraggeber nach Ablauf der Frist des § 16 Nr. 3 Absatz 1
VOB/B noch Preisverhandlungen aus § 2 Nr. 3 VOB/B verlangen?
Nach § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B wird die Schlusszahlung alsbald nach Prüfung und Feststellung der vom Auftragnehmer vorgelegten Schlussrechnung fällig, spätestens innerhalb von 2 Monaten nach Zugang der Schlussrechnung. Ob der Auftraggeber Verhandlungen zur Preisanpassung nach § 2 Nr. 3 VOB/B wegen geänderter Leistungsmengen
noch nach Ablauf der 2-monatigen Prüfungsfrist verlangen kann, war Gegenstand der
nachfolgenden Entscheidung des BGH.
Aktuelle Rechtsprechung zum Bauvertragsrecht
Verwirkung auszugehen, bedarf es über den Zeitablauf hinaus eines vom Auftraggeber gesetzten Umstands, der das Vertrauen des Unternehmers rechtfertigt, dass der
Auftraggeber endgültig keine Preisverhandlungen verlangen will.
Solche Umstände lagen im entschiedenen Fall nicht vor. Zwar hatte der Auftraggeber
sein Verlangen weder in Zusammenhang mit der Prüfung der Abschlagsrechnung noch
innerhalb der 2-monatigen Frist zur Prüfung der Schlussrechnung nach § 16 Nr. 3
VOB/B gestellt. Dies allein rechtfertigte aber nicht den Schluss, dass sich der Auftraggeber seines Rechts auf Preisverhandlungen endgültig begeben wollte. Insbesondere war
die Frist des § 16 Nr. 3 VOB/B nur wenige Tage überschritten. Des weiteren fehlte ein
Nachweis, dass sich der Auftragnehmer in seinem Verhalten in irgendeiner Weise auf einen Verzicht des Auftraggebers hinsichtlich der Preisverhandlungen eingestellt hatte.
Der Auftraggeber war nach der Entscheidung des BGH auch nicht durch Anerkenntnis
an seine frühere Beurteilung des Mehrmengenpreises gebunden. Die Übersendung der
geprüften Rechnung, ohne Preisverhandlungen zu verlangen, stellt keine rechtsgeschäftliche Erklärung dar und enthält keinesfalls ein Anerkenntnis, das ein nachträgliches Verlangen nach Preisanpassung ausschließen würde.
Leitsatz
Die VOB/B enthält für das Preisanpassungsverlangen keine zeitliche Begrenzung.
Die Vertragspartner sind gehalten, das Preisanpassungsverlangen möglichst beschleunigt geltend zu machen. Das Recht auf Preisanpassung kann nach den allgemeinen Grundsätzen verwirkt werden.
BGH Urteil vom 14. April 2005 – VII ZR 14/04 - Baurecht 2005, 1152 f.
Praxishinweis
Sachverhalt
Die Klägerin war durch Einheitspreisvertrag mit der Ausführung von Maurer-, Betonund Stahlbetonarbeiten beauftragt, wobei die Parteien die Geltung der VOB/B vereinbarten. Bei Ausführung der Arbeiten wurden die Mengenansätze des Leistungsverzeichnisses bei einigen Positionen um jeweils mehr als 10 % überschritten. Die Klägerin
rechnete die Mehrmengen zunächst in einer Abschlagsrechnung und nach Abnahme
durch Schlussrechnung ab. Der Auftraggeber prüfte jeweils die Rechnungen und teilte
der Klägerin das Prüfungsergebnis mit. Wenige Tage nach Ablauf der 2-monatigen Frist
des § 16 Nr. 3 VOB/B forderte der Auftraggeber wegen der Mehrmengen Preisverhandlungen nach § 2 Nr. 3 VOB/B und die Offenlegung der Kalkulation durch den Unternehmer.
Entscheidung
Während das Oberlandesgericht Naumburg das Verlangen des Auftraggebers nach Preisverhandlungen für verspätet hielt, entschied der BGH mit Urteil vom 14. April 2005
(Az. VII ZR 14/04, Baurecht 2005, 1152 f.), dass der Auftraggeber unabhängig von der
Frist des § 16 Nr. 3. Abs. 1 Satz 1 VOB/B noch Preisverhandlungen gemäß § 2 Nr. 3
VOB/B und die Offenlegung der Ursprungskalkulation verlangen kann.
Nach der Entscheidung des BGH ist eine Verwirkung des Rechts auf Preisverhandlungen nach § 2 Nr. 3 VOB/B zwar grundsätzlich möglich, sie tritt aber nicht
automatisch mit Ablauf der Prüfungsfrist des § 16 Nr. 3 VOB/B ein. Um von einer
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Für den Auftragnehmer (bauausführenden Unternehmer) folgt aus der Entscheidung des
BGH, dass er auch nach geprüfter Abschlagsrechnung und abgelaufener Prüfungsfrist
der Schlussrechnung nicht sicher sein kann, ob es bei dem in der Abschlagsrechnung
bzw. Schlussrechnung angesetzten und geprüften Einheitspreisen für Mehr- oder Mindermengen bleibt. Für die Preisanpassung maßgebliche Umstände muss er daher vorsorglich weiterhin beweiskräftig sichern.
Der vom Bauherrn mit der Rechnungsprüfung beauftragte Architekt oder Ingenieur ist
gehalten, eine nach den Umständen gebotene Preisverhandlung bereits bei der Prüfung
einschlägiger Abschlagsrechnungen vorzubehalten. Unterlässt er dies, führt dies aber
nur unter besonderen Umständen zu einem Rechtsverlust des Bauherrn.
14. Limitierter Einheitspreisvertrag (AGB),
Zusatzvergütung nur nach schriftlichem Auftrag (AGB)
Prüfung der Schlussrechnung enthält kein Anerkenntnis des
Auftraggebers
Zum Vergütungsrecht des Einheitspreisvertrags erging das Urteil des BGH vom 14.
Oktober 2004 – VII ZR 190/03 – Baurecht 2005, 94 f. Danach ist in einem Einheitspreisvertrag eine Vertragsklausel des Auftraggebers überraschend und unwirksam, wonach die Auftragssumme limitiert werden soll. Die Klausel widerspricht dem Abrech-
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Aktuelle Rechtsprechung zum Bauvertragsrecht
nungsmodus des Einheitspreisvertrags, dass nach tatsächlichen Massen und Einheitspreisen abgerechnet wird.
Unwirksam ist auch die Allgemeine Geschäftsbedingung eines Auftraggebers, wonach zusätzliche Leistungen nur nach "schriftlichem Auftrag" bezahlt werden, da der
Auftragnehmer hierdurch unangemessen benachteiligt würde.
Die Prüfung und Abzeichnung der geprüften Schlussrechnung durch den Architekten bindet den Bauherrn auch dann nicht, wenn der Bauherr die geprüfte Rechnung dem
Auftragnehmer übersendet. Die Massen- und Einheitspreisabrechnung soll auch in dem
durch die Prüfung belassenen Umfang nicht dem Streit oder der Ungewissheit entzogen
werden.
15. Angemessene Frist zur Sicherheitsleistung nach § 648 a BGB
Gemäß § 648 a BGB kann der Unternehmer eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon Sicherheit für die von ihm zu erbringende Vorleistung verlangen Er
kann dem Auftraggeber eine angemessene Frist zur Sicherheitsleistung unter Androhung
der Leistungsverweigerung setzen und durch eine Nachfrist mit Kündigungsandrohung
die Aufhebung des Vertrags herbeiführen. Bei aufgehobenem Vertrag steht dem Unternehmer Anspruch auf Ersatz des Schadens zu, den er dadurch erleidet, dass er auf die
Gültigkeit des Vertrags vertraut hat.
Voraussetzung für die Aufhebung des Vertrags und für den Schadensersatzanspruch des
Auftragnehmers ist u.a., dass zur Sicherheitsleistung Frist und Nachfrist gesetzt wurden.
Mit der Frage der Angemessenheit einer wegen des nahen Fertigstellungstermins besonders kurzen Frist hatte sich der BGH in der Entscheidung vom 31. März 2005 – VII
ZR 346/03 – Baurecht 2005, 1009 f. zu befassen.
Sachverhalt
Der mit Erdarbeiten beauftragte Subunternehmer verlangte am 31.7.2001 vom Hauptunternehmer Sicherheit gemäß § 648 a BGB in Höhe der Vergütung von 110.133,62 DM
für noch auszuführende Arbeiten. Er setzte Frist zur Sicherheitsleistung bis 2.8.2001, 12
Uhr.
Am 1.8.2001 teilte der Auftraggeber mit, dass die Ausstellung der Sicherheit in die
Wege geleitet sei, und forderte die Fertigstellung der Arbeiten zum 4.8.2001. Darauf
kündigte der Subunternehmer mit Schreiben vom 2.8.2001 den Vertrag und räumte die
Baustelle. Dies nahm der Hauptunternehmer seinerseits zum Anlass, den Vertrag am
7.8.2001 zu kündigen.
Entscheidung
Das OLG Koblenz hielt die vom Subunternehmer (Auftragnehmer) zur Vorlage der Sicherheit gesetzte Frist zwar für außergewöhnlich kurz, aber noch für angemessen, da bei
einer längeren Frist der Zweck der Sicherheitsleistung verfehlt worden wäre. Auf die auf
Revision des Subunternehmers hob der BGH die oberlandesgerichtliche Entscheidung
mit Urteil vom 31. März 2005 (Az. VII ZR 180/04 - Baurecht 2005, 1010 f.) auf.
Zur Beurteilung der Angemessenheit der Frist ist nach dem Urteil des BGH darauf abzustellen, welchen Zeitraum ein Auftraggeber benötigt, um ohne schuldhaftes Zögern die
Sicherheit zu besorgen. Dabei kommt es nicht auf die konkreten Verhältnisse des Auftraggebers an, sondern darauf, was von einem Auftraggeber zu verlangen ist, der sich in
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Aktuelle Rechtsprechung zum Bauvertragsrecht
normalen finanziellen Verhältnissen befindet. Es ist zu berücksichtigen, dass in der Regel Verhandlungen mit einem oder mehreren baufinanzierenden Kreditinstituten geführt
werden müssen. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers, auf die der BGH ausdrücklich
hinweist, ist in der Regel eine Frist von sieben bis 10 Tagen angemessen.
Dies zu Grunde gelegt, war die vom Subunternehmer gesetzte Frist zur Sicherheitsleistung zu kurz. Seine Einstellung der Arbeiten sowie sein Abzug von der Baustelle waren grob vertragswidrig und berechtigten den Hauptunternehmer (Auftraggeber) seinerseits zur Kündigung des Vertrags.
Nach der Kündigung des Vertrags war der Hauptunternehmer im Übrigen nicht mehr zur
Stellung der Sicherheit nach § 648 a BGB verpflichtet, da infolge der Kündigung keine
vergütungspflichtigen Leistungen durch den Subunternehmer mehr zu erbringen waren.
Leitsatz
Angemessen zur Leistung der Sicherheit nach § 648 a BGB ist eine Frist, die es dem
Auftraggeber ermöglicht, die Sicherheit ohne schuldhaftes Zögern zu beschaffen.
Grundsätzlich ist darauf anzustellen, was von einem Auftraggeber zu verlangen ist,
der sich in normalen finanziellen Verhältnissen befindet.
BGH Urteil vom 31. März 2005 – VII ZR 346/03 – Baurecht 2005, 1009 f.
Praxishinweis
Für die Praxis ergibt sich aus dieser Entscheidung für den Auftragnehmer der Hinweis,
von seinem Recht auf Sicherheitsleistung nach § 648 a BGB rechtzeitig Gebrauch zu
machen. Fordert er die Absicherung von Vorleistungen erst im Laufe der Bauabwikklung, so rechtfertigt auch der bevorstehende Ablauf der Fertigstellungsfrist keine für
den Auftraggeber unerfüllbar kurze Fristsetzung.
Für den Auftraggeber ist es zweckmäßig, auch bei einer unangemessen kurz vorgegebenen Frist, seine Absicht nach außen zu dokumentieren, unverzüglich Sicherheit zu leisten, indem er z.B. - wie im entschiedenen Fall - dem Auftragnehmer mitteilt, dass die
Beschaffung der Bürgschaft bereits in die Wege geleitet ist. Damit bleibt kein Zweifel
an der Vertragstreue des Auftraggebers. Auf eine unangemessen kurze Frist mit einer
Ablehnung der Sicherheitsleistung zu antworten, wäre dagegen vertragswidrig. Denn
eine unangemessen kurze Frist ist nicht wirkungslos, sondern setzt eine angemessene
Frist in Lauf.
16. Kein Anspruch aus § 648 a BGB bei Rodungsarbeiten auf Baugrundstück
Im vorliegenden Fall hatte der BGH darüber zu entscheiden, ob ein Fall des § 648 a
BGB mit dem sich daraus ergebenden Leistungsverweigerungsrecht einer bürgenden
Bank nach § 648 a Abs. 2 Satz 2 BGB vorlag.
Sachverhalt
Der Unternehmer war vom Bauherrn beauftragt, für beabsichtigte Bauarbeiten das Baugrundstück zu roden. Der Bauherr hatte dem Unternehmer entsprechend einer zwischen
ihnen getroffenen Vereinbarung eine Erfüllungsbürgschaft gestellt, die vom Auftragnehmer später in Anspruch genommen wurde. Die in Anspruch genommene Bank berief
sich auf ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 648 a Abs. 2 Satz 2 BGB. Danach darf
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Aktuelle Rechtsprechung zum Bauvertragsrecht
der Bürge Zahlungen an den Auftragnehmer nur leisten, wenn der Auftraggeber den Vergütungsanspruch des Auftragnehmers anerkennt oder nach entsprechender Verurteilung
des Auftraggebers die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen.
Entscheidung
Das Berufungsgericht hatte ein Leistungsverweigerungsrecht der Bürgin mit der Begründung abgelehnt, dass die Bürgschaft auf Grund Vereinbarung der Parteien übergeben worden war. Die Parteien hätten sich auf eine andere Sicherheit als nach
§ 648 a BGB geeinigt. Die gesetzliche Regelung des § 648 a BGB greife nur für den
Fall fehlender Einigung der Parteien ein.
In seiner Entscheidung (Beschluss vom 24. Februar 2005 – VII 86/04 – Baurecht 2005,
11019 f.) kommt der BGH zwar zum selben Ergebnis folgt aber der Begründung des
Oberlandesgerichts nicht. § 648 a BGB lässt in seinem Geltungsbereich keinen Raum
für entgegenstehende Vereinbarungen der Parteien.
Ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 648 a Abs. 2 Satz 2 BGB setzt aber die generelle Anwendbarkeit von § 648 a BGB voraus. Diese wurde vom BGH verneint. Die
dem Unternehmer übertragenen Arbeiten waren weder Arbeiten an einem Bauwerk noch
an einer Außenanlage i.S. von § 648 a BGB.
Mit dem in § 648 a BGB so bezeichneten "Unternehmer einer Außenanlage" ist der
Unternehmer gemeint, der mit solchen Arbeiten an einer Außenanlage beauftragt ist, die
der Errichtung der Anlage oder deren Bestand dienen. Isoliert in Auftrag gegebene Rodungsarbeiten sind dagegen ebenso wenig Arbeiten an einer Außenanlage wie Abbrucharbeiten Arbeiten an einem Bauwerk sind. Dies folgt auch aus der Begründung des Gesetzes, die als Beispiele für Arbeiten an Außenanlagen auf landschaftsgestalterische Arbeiten, Gartenarbeiten und den Sportplatzbau verweist.
Leitsatz
Unternehmer einer Außenanlage i.S. von § 648 a BGB ist nicht, wer lediglich mit
Rodungsarbeiten und sonstigen Arbeiten beauftragt ist, die dazu dienen, ein Baugrundstück zur Bebauung frei zu machen.
BGH Beschluss vom 24. Februar 2005 – VII 86/04 – Baurecht 2005, 11019 f.
Aktuelle Rechtsprechung zum Bauvertragsrecht
gert und der Auftragnehmer sodann seinerseits die Beseitigung der Mängel im Hinblick auf die verweigerte Sicherheitsleistung ablehnt.
Das Recht, Sicherheit nach § 648 a BGB zu verlangen steht dem Auftragnehmer auch
nach Abnahme zu, wenn der Auftraggeber die Beseitigung von Mängeln an der abgenommenen Leistung verlangt und noch Werklohn offen steht (BGH Urteil vom 9. Dezember 2004 – VII ZR 199/03). Nach erfolgloser Aufforderung an den Auftraggeber zur
Sicherheitsleistung unter Fristsetzung und Nachfristsetzung kann der Auftragnehmer seine restliche Vergütung nach den oben dargelegten Grundsätzen fordern und wird von der
Verpflichtung zur Beseitigung der bei der Abrechnung durch Minderung der Vergütung
berücksichtigten Mängel frei.
18. AGB zur Vertragsstrafen – Obergrenze
Gegenstand der Entscheidung war folgende Allgemeine Geschäftsbedingung des Auftraggebers:
"Vertragsstrafe1 ist vereinbart mit 3 Tausendstel der Abrechnungssumme (ohne
MWSt.)."
In der Fußnote 1 am Ende der Formularseite findet sich folgender Text „1) Insgesamt
darf die vereinbarte Vertragsstrafe 10 v.H. der Abrechnungssumme nicht überschreiten.“
Entscheidung
Mit dieser Vertragsgestaltung ist keine Obergrenze der Vertragsstrafe vereinbart. Denn
die Fußnote ist nicht Vertragsinhalt, sondern nur ein redaktioneller Hinweis auf die Notwendigkeit einer solchen Vereinbarung einer Obergrenze.
Leitsatz
Der Hinweis in einer Fußnote eines Standardvertrags darauf, dass die Vertragsstrafe
10 v.H. der Abrechnungssumme nicht überschreiten darf, ersetzt nicht die Vereinbarung einer solchen Obergrenze.
BGH Beschluss vom 24. Februar 2005 – VII ZR 340/03 – Baurecht 2005, 1015
17. Leistungsverweigerungsrecht des Auftraggebers, der entgegen § 648 a
BGB keine Sicherheit stellt; Sicherheit nach § 648 a BGB nach Abnahme
Der Auftraggeber verliert nach dem Urteil des BGH vom 16 Dezember 2004 (Az. VII
ZR 167/02 – Baurecht 2005, 548 f) sein Leistungsverweigerungsrecht wegen Mängeln
der Bauleistung nicht, wenn er die vom Unternehmer nach § 648 a BGB unter Fristsetzung und Ankündigung der Leistungsverweigerung geforderte Sicherheit nicht stellt.
Der Unternehmer kann dem Auftraggeber jedoch eine Nachfrist mit der Erklärung
bestimmen, dass er bei fruchtlosem Fristablauf den Vertrag kündige. Nach ergebnislosem Ablauf der Nachfrist gilt der Vertrag gemäß § 648 a Abs. 5 Satz 1, 643
Satz 1, Satz 2 BGB als aufgehoben. Dann ist der Auftragnehmer berechtigt, die
Werkleistung abschließend abzurechnen. Seine Vergütung ist um den durch den
mangelbedingten Minderwert zu kürzen. Diese Rechtsfolgen treten auch ohne Nachfristsetzung ein, wenn der Auftraggeber die geforderte Sicherheitsleistung verwei-
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