Hitler`s Familienbande 2. Mai 2004 Das deutsche Volk glaubte das

Transcription

Hitler`s Familienbande 2. Mai 2004 Das deutsche Volk glaubte das
Hitler’s Familienbande
2. Mai 2004
Das deutsche Volk glaubte das Märchen vom „Führer ohne Familie“ – und später übernahmen
die Geschichtsforscher dieses Bild. Tatsächlich plagte sich Adolf Hitler mit seinen nächsten
Verwandten. Ein Neffe erpresste ihn sogar
Im Frühjahr des Jahres 1982 bemerkte Ulrich Ziegltrum, der damals Archivar der Gemeinde
Berchtesgaden war, dass ein fast vergessener Ort drohte verloren zu gehen. Es war das Grab
von Adolf Hitlers jüngerer Schwester Paula. Seit neunzehn Jahren waren ihre sterblichen
Überreste auf dem Bergfriedhof über Berchtesgaden begraben. In zwei Jahren nun endete die
gesetzliche „Ruhefrist“. Sie konnte gegen eine Gebühr um zehn Jahre verlängert werden.
Andernfalls würde das Grab aufgelöst und für einen neuen Leichnam ausgehoben. Weil Paula
Hitler einsam, ohne Kinder gestorben war, entschied sich Ziegltrum ihre nächsten Verwandten
zu informieren. Sie hießen Hochegger, und sie wohnten in Linz. Doch sie weigerten sich, die
Ruhefrist zu verlängern. Ziegltrum wandte sich an den Bürgermeister von Berchtesgaden. Doch
auch der lehnte ab. Niemals, erklärte er dem Archivar, könne er Geld aus der Stadtkasse für
den Erhalt eines Hitler-Grabs zur Verfügung stellen. Als zur selben Zeit ehemalige Offiziere der
SS von der bevorstehenden Grabauflösung erfuhren, waren sie sich schnell einig: Sie
bezahlten die Ruhefrist für weitere zehn Jahre und weihten das Grab mit einer kleinen
Zeremonie zum zweiten Mal. Das Eichenkreuz, das sie in die Erde rammten, trug die Inschrift:
„Paula Hitler, geb. 21. Januar 1896. Gest. 1. Juni 1960.“ Im Jahr 2001 waren beinahe alle SSMänner tot, und Ziegltrum war inzwischen pensioniert. Diesmal ging ohne Nachfragen Geld für
den Erhalt des Grabs ein. Der neue Friedhofsverwalter berichtet, „ein unbekannter Mann aus
der Gegend“ habe die Miete bis zum Jahr 2022 bezahlt. Es handele sich um den einzigen noch
lebenden SS-Mann aus der Gruppe, die früher für die Ruhefrist aufgekommen war. Der 79
Jahre alte Mann habe eine Bedingung gestellt: Sein letzter Wille sei es, nach dem Tod am
selben Ort begraben zu werden wie Paula Hitler. Sie war die einzige Person mit den selben
Eltern wie Adolf Hitler. Den Bruder hätte dieses Szenario vermutlich erfreut: Ein SS-Mann folgt
seiner Schwester Paula für alle Ewigkeit ins Jenseits – während sie von der Nachwelt so gut
wie vergessen worden ist. Stets hatte Hitler ein großes Interesse daran, das Bild von sich als
„Führer ohne Familie“ zeichnen zu lassen. Gerne förderte er in der Öffentlichkeit die
Vorstellung, er sei eine singuläre Erscheinung. Ein Wesen ohne Familie – im sozialen wie im
biologischen Sinn. Gottgleich – bis auf die Eltern, die er nicht verleugnen konnte. Im Buch „Mein
Kampf“ hatte Hitler Vater und Mutter einige Male erwähnt. Doch weder seine jüngere Schwester
Paula noch seine beiden älteren Halbgeschwister Alois und Angela nannte er. Auf seinen
Wunsch hin hatte Paula kurz vor den Olympischen Spielen 1936 den gemeinsamen
Familiennamen abgelegt und dafür das Pseudonym „Wolf“ angenommen, das sich ihr Bruder
Adolf für seine frühen politischen Aktivitäten gegeben hatte. Alois hatte nach der
Machtergreifung seines Bruders vorsorglich von sich aus darauf verzichtet, den gemeinsamen
Namen öffentlich zu benutzen. Sein kleines Restaurant in Berlin, das er 1937 am
Wittenbergplatz 3, im Schatten des Kaufhauses des Westens eröffnete, trug schlicht nur den
Namen „Alois“. Seinen Kellnern und dem Küchenpersonal verbot er, über die Familienbande mit
dem Mann zu sprechen, der das Deutsche Reich wenige Kilometer entfernt von der
Reichskanzlei aus führte. Wie sehr Hitler daran gelegen war, seine familiären Verbindungen zu
verschleiern, lassen Passagen der bekannten „Tischgespräche“ erkennen, in denen er eisern
jedes Wissen um seine Verwandtschaft abstritt: „Von Familiengeschichte habe ich gar keine
Ahnung“, erklärte Hitler im August 1943. „Auf dem Gebiet bin ich der Allerbeschränkteste. Ich
habe auch früher nicht gewusst, dass ich Verwandte habe. Erst seit ich Reichskanzler bin, habe
ich das erfahren. Ich bin ein vollkommen unfamiliäres Wesen, ein unsippisch veranlangtes
Wesen. Das liegt mir nicht.“ Diesen Eindruck hatte man auch in seinem Umfeld. Hitlers
langjährige persönliche Sekretärin, Christa Schröder, erinnerte sich in ihren
Nachkriegsmemoiren: „Der Chef hatte keinen Familiensinn. Das hat er selbst zugegeben.“
Historische Quellen zeugen jedoch vom Gegenteil und lassen erkennen, dass Hitler durchaus
einen gewissen Familiensinn besaß, über das Wohl seiner Blutsverwandtschaft informiert war
und sich darum manchmal auch sorgte. Regelmäßig lud er Familienmitglieder zu besonderen
Festen und Ereignissen ein. So verschenkte er Eintrittskarten für die Festspiele in Bayreuth
oder für die Olympischen Spiele in Berlin und in Garmisch-Partenkirchen. 1930 nutzte er
angeblich eine Parteiversammlung als Gelegenheit für ein Familienfest. „In Nürnberg trafen sich
dann am 1. August Angela mit ihren Töchtern Geli und Elfriede und dem Sohn Leo. Adolfs
jüngere Schwester Paula war aus Wien gekommen, dann zwei Tanten aus Linz, schließlich
Hete Hitler aus Berlin. In den frühen Vormittagsstunden des nächsten Tages hatte der Adolf
seine Angehörigen zum Frühstück gebeten und war während dieser Zeit ganz der liebenswerte
und rücksichtsvolle Gastgeber seiner Familie.“ Daran erinnerte sich Petra Hitler. Sie arbeitete
im Restaurant von Hitlers Halbbruder Alois und war mit dem Vetter Hans Hitler aus Wien
verheiratet. Noch während des Krieges begann sie, auf mehr als vierhundert
Schreibmaschinenseiten ihre Erinnerungen an die Familie aufzuschreiben. 1954 stellte sie das
Manuskript endgültig fertig. Die von ihr erwähnte Hete war Hedwig Mickley, Alois Hitlers zweite
Ehefrau und somit einzige Schwägerin Adolf Hitlers. (Alois war zu diesem Zeitpunkt Anf.
1930 auch noch in London mit Bridget verheiratet. Also gab es eine zweite Schwägerin!
Die zzweite Ehe mit Hedwig wäre nach heutiger Rechtsprechung ungültig!)Zugunsten
seiner Geschwister verfasste Hitler im Mai 1938 eine verbindliche Erklärung. Darin versprach er
Paula und Angela „auf Lebenszeit monatlich“ einen Betrag von 1000 Reichsmark und seinem
„Stiefbruder Alois einen einmaligen Betrag von 60 000 (sechzigtausend) Mark“. Auch seine
entfernte Familie im Waldviertel hatte er nicht vergessen: „Für meine Verwandten in Spital
Niederösterreich den einmaligen Betrag von 30 000 (dreißigtausend) Mark.“ Hitler entschied:
„Die Verteilung dieses Betrages bestimmt meine Schwester Paula in Wien.“ Dass die
Zuwendungen eher bescheiden waren, mag einen Grund gehabt haben. In den monologischen
Tischgesprächen bemerkte Hitler, dass die Vetternwirtschaft und die Bereicherung unter
Napoleons Verwandten zum Fall des französischen Kaisers beigetragen hätten. Offenbar wollte
er niemals in die Verlegenheit kommen, an jenem Nepotismus und der Übervorteilung von
Familienmitgliedern zu scheitern. Dennoch schien er sich bis an sein Lebensende gewisser
familiärer Verpflichtungen bewusst gewesen zu sein. Seinen beiden Schwestern Paula und
Angela half er immer wieder dabei, den Unterhalt zu finanzieren, und gegen Ende des Krieges
kümmerte er sich um ihren Schutz und ließ Gelder für die Flucht überbringen. Mitte April 1945,
als das Reich zusammenbrach, befahl er dem SS-Kommando Obersalzberg, seine beiden
Schwestern nach Berchtesgaden zu evakuieren: Angela befand sich im zerbombten Dresden
und Paula in ihrem Sommerhaus im Waldviertel. Als Hitler selbst keine Möglichkeit mehr sah,
sich von Berlin aus in Sicherheit zu bringen, diktierte er im Bunker der Reichskanzlei ein zweites
Testament. Bei der Aufteilung seines Vermögens verfügte er, „alles das, was persönlichen
Erinnerungswert besitzt oder zur Einhaltung eines kleinen, bürgerlichen Lebens notwendig ist,
meinen Geschwistern abzutrennen“. Zur gleichen Zeit war sein persönlicher Adjutant Julius
Schaub offenbar mit einer halben Million Reichsmark nach Berchtesgaden unterwegs.
Hunderttausend Mark davon sollte er unter seinen Geschwistern Angela und Paula aufteilen.
Wenig später hielt sich Hitler eine Pistole an den Kopf und drückte ab. An der Bunkerwand über
ihm hing ein Portrait seiner Mutter. Doch der Mythos vom Führer ohne Familiensinn lebt fort. In
den sechziger und siebziger Jahren wühlten einige, meist umstrittene Historiker im
Familienleben der Hitlers herum, vor allem David Irving, John Toland und Werner Maser – doch
sie förderten kaum neue Erkenntnisse über das private Umfeld des Diktators zu Tage. Auch
neuere, sehr renommierte Biografen lassen die Familie Hitlers im Kern ihrer Untersuchungen
außer Acht. Der Leser erfährt, dass es kaum möglich sei, in Hitlers Privatleben vorzudringen.
Der renommierte britische Historiker Ian Kershaw beklagt in seiner hervorragenden HitlerBiografie aus dem Jahr 1998: „Nimmt man Hitlers angeborene Heimlichtuerei, die Leere seiner
persönlichen Beziehungen, seinen unbürokratischen Stil, die Extreme an Verherrlichung und
Hass, die er auslöste, und die Apologien und Verzeihungen, welche die nach dem Krieg
publizierten Memoiren und die geschwätzigen Anekdoten der Menschen seiner Entourage
kennzeichnen, zusammen, sind die Quellen zur Rekonstruktion der Lebensgeschichte des
deutschen Diktators trotz der erhaltenen Papierberge, die der Regierungsapparat des Dritten
Reichs ausgestoßen hat, in vielfacher Hinsicht außerordentlich begrenzt.“ Der in Deutschland
wohl bekannteste Hitler-Biograf und ehemalige FAZ-Herausgeber Joachim C. Fest schrieb
1979 über sein Studienobjekt: „Kaum eine Erscheinung der Geschichte hat sich so gewaltsam,
mit so pedantisch anmutender Konsequenz stilisiert und im Persönlichen unauffindbar
gemacht.“ Wahrscheinlich hätte sich Hitler sehr gut mit dieser Beschreibung seiner
„Erscheinung“ anfreunden können. Sie ist Ausdruck einer gewissen Stilisierung des Singulären
in der Hitlerforschung. In mehr als fünfzig Jahren Geschichtsschreibung haben Forscher aller
Couleur wenig dazu beigetragen, seine wahre familiäre Einbindung zu beleuchten und damit
einen fundamentalen menschlichen Aspekt des Mannes in ihre Analysen mit einzubeziehen.
Damit wurde bis heute Hitlers eigene Version der Lebensgeschichte – ein gewissermaßen von
ihm selbst geschriebenes Drehbuch einer unbestimmbaren Provenienz und einer sozial
bindungslosen Existenz gefördert und für die Nachwelt verstärkt. Weiterhin scheint die
Vorstellung verbreitet, Hitler sei eine ahnenlose Gestalt, eine einmalige historische Erscheinung
ohne Blutsverwandtschaft gewesen – so einmalig wie der Schrecken und die Gewalt, die der
Diktator in der Welt anrichtete. Richtig ist: Der singuläre Schrecken des Holocaust wurde von
einem Mann verursacht, der Bruder, Halbbruder, Neffe, Cousin, Onkel und sogar Großonkel
war. Im Waldviertel, wo Hitler geboren wurde, sind über mehrere Jahrhunderte inzestuöse
Beziehungen einer kleinen Gruppe von Familienstämmen nachweisbar: der Hiedlers, der
Pölzls, der Wallys, der Göschls, der Schmidts, der Schmieds, der Koppensteiners und
bekanntlich der Schicklgrubers. Hitlers Vater Alois kam 1837 als unehelicher Sohn von Maria
Anna Schicklgruber auf die Welt. Den Familiennamen seines Adoptivvaters Johann Georg
Hiedler übernahm er im Alter von 39 Jahren und änderte ihn in jene sechs Buchstaben, die in
die Weltgeschichte als Synonym für das Böse eingegangen sind: Hitler. Alois Hitler war
Zollbeamter, der mit einer angenehmen Rente die letzten Jahre seines Lebens in Leonding bei
Linz verbrachte. Er hatte drei Mal geheiratet und sieben Kinder gezeugt, von denen vier
überlebten: Alois junior und Angela kamen in zweiter Ehe zur Welt. Adolf und Paula gebar seine
dritte Frau Klara Pölzl – eine Cousine und ehemalige Hausangestellte von Alois. Im Dezember
1907 starb Hitlers Mutter Klara an Brustkrebs. Ihre beiden Kinder wurden zu Vollwaisen. In
einem oft zitierten Akt der Großzügigkeit verzichtete Adolf Hitler auf seinen Anteil der
Waisenrente zugunsten seiner kleinen Schwester. In den folgenden Jahren versuchte er sein
Glück als Maler und Zeichner in Wien, später in München. Er traf seine Schwestern erst 1921
wieder. Angela war bereits verwitwet, sie hatte drei Kinder und arbeitete als Leiterin einer
Cafeteria in einer jüdischen Schule in Wien. Paula war unverheiratet und arbeitete als
Sekretärin einer Versicherungsgesellschaft. „Er kam nach Wien, um nach mir Erkundungen
einzuziehen“, erinnerte sich Paula nach dem Krieg. „Als er vor der Tür stand, erkannte ich ihn
überhaupt nicht. Ich war darüber so weg, dass ich ihn zuerst nur groß angeschaut habe.“ Dann
erzählte sie, dass ihr Bruder als Erstes mit ihr einkaufen gegangen sei. Im folgenden Jahr
besuchten sie gemeinsam das Grab ihrer Eltern. Beide blieben fortan in Kontakt. Bis Hitler
seinen Bruder Alois wieder sah, sollten noch einige Jahre vergehen:
- direkte Nachkommen A.H. Im Herbst 1903, nach dem Tod des Vaters, ist „Loisl“ mit seinem Erbteil nach England gezogen,
wo er sich niederließ, und die Irin Bridget Dowling heiratete. 1911 bekamen sie einen Sohn:
William Patrick Hitler – ein Neffe Adolf Hitlers. Drei seiner vier Söhne leben heute, sehr
zurückgezogen, auf Long Island in den USA. Es sind die Großneffen von Adolf Hitler:
Alexander (Adolf), Louis und Brian. Sie haben selber keine Kinder. Kurz vor dem Ersten
Weltkrieg verließ Alois Frau und Kind und zog nach Deutschland, wo er seine zweite Frau,
Hete, heiratete. Sie gebar 1919 den Sohn Heinz. Vier Jahre später, als Adolf Hitler im
Gefängnis von Landsberg seine Strafe für den Münchner Putschversuch absaß, focht sein
Bruder einen anderen Kampf gegen das deutsche Recht: eine Anklage wegen Bigamie und
wegen Ehebruchs, denn von seiner ersten Ehefrau Bridget hatte er sich nie scheiden lassen.
Der Kontakt der Hitler-Geschwister intensivierte sich nun von Jahr zu Jahr. Gegen Ende der
zwanziger Jahre lebte Angela mit ihrer Tochter Elfriede im Haus Wachenfeld, Adolf Hitlers
Feriendomizil auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Angelas ältere Tochter Geli war
inzwischen in die Wohnung ihres Onkels Adolf am Prinzregentenplatz in München eingezogen.
Die beiden wurden häufig gemeinsam gesehen: Geli begleitete Hitler in die Oper, fuhr mit ihm
aufs Land, folgte ihm zu privaten und öffentlichen Abendveranstaltungen. Damit war schlagartig
Schluss, als Geli mit 21 Jahren im September 1931 in der gemeinsamen Wohnung Selbstmord
beging. Die Polizei protokollierte einen „verfehlten Herzschuss“. Bis heute sind Gerüchte
nachzulesen: Die Frustration habe sie in den Freitod getrieben, sie sei über die Trennung von
einem jüdischen Musiker nicht hinweggekommen, sie sei unerwartet schwanger geworden oder
sie habe unter einer inzestuösen Beziehung mit Adolf Hitler gelitten. Nach dem Krieg erklärte
ihre Mutter Angela amerikanischen Soldaten, der Tod sei nichts mehr gewesen als der
tragische Unfall mit einer geladenen Pistole. Ohne Zweifel widmete Hitler seiner Nichte Geli die
größte Aufmerksamkeit, doch auch seine Neffen vergaß er nicht. In den zwanziger und frühen
dreißiger Jahren ließ er Alois’ Sohn Heinz immer wieder Geschenke zukommen: unter anderen
eine komplette Sammlung Karl-May-Bücher und eine Schreibmaschine von Adler. Heinz
besuchte Onkel Adolf nach dessen Machtergreifung in der Reichskanzlei, auf dem Berghof, und
absolvierte später die nationalsozialistische Eliteschule Napola im Harz. Einem anderen Neffen
versuchte Hitler gar das Leben zu retten: Als Angelas Sohn Leo 1943 während der Schlacht
von Stalingrad in Gefangenschaft geriet, unternahm Hitler einen Befreiungsversuch auf
höchster Ebene: Er schlug vor, Leo gegen Stalins Sohn Jakob auszutauschen, den die
Deutschen außerhalb von Leningrad festgenommen hatten und seitdem gefangen hielten.
Stalins Tochter Svetlana Alliluyeva erinnerte sich später, ihr Vater habe Hitlers Vorschlag
abgelehnt: „Nyet, na woine, kak na woine!“ – Krieg ist Krieg! Jakob starb schließlich in
deutschen Händen, Leo überlebte wie durch ein Wunder den Krieg und kehrte im Herbst 1955
mit den letzten Gefangenen in die Bundesrepublik Deutschland zurück. „So hat die
Nachkriegszeit in meine Familie weit größere Lücken gerissen, als es vorauszusehen war“,
schrieb Paula Hitler im Dezember 1955 an einen Freund. „Nun kam mein Neffe von Russland
heim und mit ihm ein junger Waldviertler Verwandter und von Rechts wegen müssten sieben
Personen heimgekehrt sein. Die anderen fünf haben all ein Kreuzlein zu Häupten – jedenfalls
haben sie die Gefangenschaft nicht überstanden. Es ist das Schicksal von Hunderttausenden ...
das Brüderlein würde es ganz in Ordnung finden, dass auch wir nicht verschont blieben.“
Abgesehen von einigen Beschreibungen des Selbstmords von Geli, zuletzt in Anna Sigmunds
Buch „Des Führers bester Freund“ genauer erörtert, und einer kürzlich erschienenen Biografie
über Paula Hitler von Alfred Läpple wurden bislang keine umfassenden Recherchen zur
hitlerischen Familie unternommen, obwohl der Clan wiederholt in wichtigen Quellen des Dritten
Reichs auftaucht. So erwähnt etwa Joseph Goebbels in seinen Tagebüchern regelmäßig
Angela, die Schwester Hitlers. Am 13. Juli 1928 taucht sie darin erstmals auf. Goebbels
notierte: „Montag fahre ich mit ihm [Hitler], seiner Schwester und seiner Nichte nach Helgoland“.
Den letzten Eintrag erhält sie am 5. März 1945: „Der Führer erzählt mir, dass Frau Raubal ihm
einen zorn- und empörungssprühenden Brief geschrieben hat ... Sie hat sich in der Dresdener
Katastrophe außerordentlich tapfer benommen.“ In den dazwischen liegenden 17 Jahren
notierte Goebbels Familienstreitigkeiten genauso wie Momente der Versöhnung. Nach einigen
über Eva Braun geäußerten Abfälligkeiten im Sommer 1935 – Angela nannte sie eine „dumme
Gans“ – verscheuchte Hitler die Schwester aus seinem Haus auf dem Obersalzberg. Acht Jahre
lang hatte Angela ihrem Bruder dort den Haushalt geführt. „Frau Raubal zum Kaffee“, notierte
Goebbels am 15. November 1935. „Sie erzählt mir ihr ganzes Leid. Sie ist zu bedauern. Es
wäre schon gut, wenn der Führer sich ihrer wieder annähme. Hart genug gestraft.“ Eineinhalb
Jahre später schien der Streit der Geschwister beigelegt worden zu sein. „Wir erzählen lange
mit dem Führer. Er ist sehr aufgeschlossen“, berichtete Goebbels am 27. Juni 1937. „Frau
Bouhler, Angela, die Schwester vom Führer auch da. Ein netter beschwinglicher Abend.“ Selbst
Polizeiberichte stellen eine reichhaltige Quelle der Hitler’schen Familiendynamik dar. Einige
Jahre vor dem Anschluss Österreichs beauftragte das Bundeskanzleramt in Wien die
„Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit“, Aktivitäten innerhalb des Hitler-Clans genauer
zu beobachten. Im August 1933 wurde Paula observiert, wie sie in Kuchl bei Hallein unter dem
Namen „Hietler“ Urlaub machte und dabei auch die Grenze nach Bayern überschritt, wohl um
ihren Bruder auf dem Obersalzberg zu besuchen. Elfriede Raubal fiel den Beamten im Winter
1934 bei einem Skikurs in den Radstädter Tauern auf. Auch über Besuche von
Familienmitgliedern an Geli Raubals Grab auf dem Wiener Zentralfriedhof wurde Buch geführt,
darin enthalten ein Besuch Adolf Hitlers. In den Monaten vor dem 1934 erfolgten Putschversuch
der Nazis in Österreich registrierte die Polizei einen ungewöhnlich regen Kontakt unter den
Verwandten Hitlers. Im Juli 1934 durchsuchte die Polizei schließlich die Wohnung des 26 Jahre
alten Cousins des „Führers“, Anton Schmidt, in Spital. Dort fanden sie „vier Gewehre, 45
Schuss Munition, 5 SA-Ausrüstungen sowie verschiedenes nat. soz. Propagandamaterial“.
Während des Prozesses gegen Schmidt vor dem Bezirksgericht in Gmünd unterbrach Paula
Hitler die Vernehmung und protestierte gegen die Verhaftung ihres Vetters: „Das sind
Terrorakte der Regierung, das ist eine Schweinerei. Ich werde dies meinem Bruder sagen, der
entsprechende Maßnahmen anordnen wird.“ Wenige Tage später wurde dem
Bundeskanzleramt gemeldet, „Hitler habe in einer öffentlichen Rede davon gesprochen, dass
auch gegen seine Verwandten in Österreich Terror ausgeübt wurde.“ Aus Dossiers, die der
sowjetische Geheimdienst Smersch über die Hitlerfamilie gesammelt hatte, gehen ebenfalls
interessante Beobachtungen über einzelne Verwandte Hitlers hervor. Im Frühjahr 1945 hatten
die Sowjets im Waldviertel mehrere Mitglieder der Familie festgenommen, darunter die Cousins
Johann und Eduard Schmidt und deren Schwester Maria Koppensteiner. „Am Tag, als meine
Mutter starb, am 15. August 1938, kam zu uns ins Dorf Spital die leibliche Schwester Adolf
Hitlers, Angela Hitler“, erinnerte sich Eduard während eines Verhörs im Jahr 1949. „Angela
Hitler führte mit sich einen von dem Geld von Adolf Hitler gekauften Kranz und legte diesen im
Namen Hitlers auf das Grab meiner Mutter. Danach kehrte sie zum Haus von Anton Schmidt
zurück, wo nach dem Begräbnis außer diesem sich folgende Personen versammelt hatten: ich,
mein Bruder Johann Schmidt, meine Schwester Maria Koppensteiner und ihr Mann Ignaz
Koppensteiner.“ Angela gab Eduard, der an einer schweren Rückenkrümmung litt und ein
verkrüppeltes Bein hatte, 1500 Mark und den anderen Geschwistern je 1000 Mark. „In weiteren
Gesprächen sagte Angela Hitler mir, dass nun, da die Mutter gestorben sei, die gesamte
elterliche Wirtschaft, wie es üblich sei, an den älteren Bruder, also Anton Schmidt, vererbt
würde, und ich nun ohne persönlichen Besitz sei“, erinnerte sich Eduard darüber hinaus.
„Daher, so versicherte Angela Hitler, habe sie eine Gelegenheit gesucht, Adolf Hitler meine
Lage zu schildern und von diesem eine ausreichende Summe für den Kauf eines Hauses zu
erbitten.“ Im nächsten Juni soll Paula Hitler mit 8000 Mark erschienen sein, um in Eduards
Namen ein Haus am Rande des Waldviertels zu kaufen. Paula und Eduard sollten in den
folgenden sechs Jahren gemeinsam in dem Anwesen gewohnt haben, Eduard pflegte das
Grundstück und erledigte die Reparaturen und Paula verweilte dort zur Sommerfrische und las
regelmäßig im Garten Bücher. Noch heute erinnern sich die Bewohner des kleinen Dorfes an
die bescheidene Schwester und den buckeligen Cousin des „Führers.“ Andere Mitglieder der
Familiensippe hatten schon viel früher laut auf sich aufmerksam gemacht und schreckten nicht
davor zurück, den politischen Aufstieg ihres berühmten Verwandten zu kommentieren. Britische
Boulevardzeitungen publizierten immer wieder Geschichten über Hitlers Neffen Willy und
dessen Mutter Bridget, die den Journalisten stets gerne Auskunft gaben. Nach Interviews mit
dem Evening Standard und den Evening News, Anfang der Dreißiger Jahre, erhielt Willy ein
Telegramm aus Berlin, in dem er aufgefordert wurde, umgehend bei seinem Onkel zu
erscheinen. Wie Willy später der französischen Zeitung Paris Soir erzählte, sollte er kurz nach
seiner Ankunft in Berlin einen extrem zornigen Adolf Hitler erleben. Wie sich Bridget Hitler
später zu erinnern vermochte, hatte Willy den Onkel im Beisein seines Vaters Alois und seiner
Tante Angela getroffen. Willy berichtete, das Trio sei von einem zornigen Hitler begrüßt worden.
„Dass das mir, ausgerechnet mir passieren muss! Ich bin umgeben von Idioten. Jawohl, ihr seid
Idioten! Ihr zerstört alles, was ich mit eigenen Händen aufgebaut habe“, soll der „Führer“
gewettert haben. „Was hast du den Zeitungen erzählt? Wer hat dir überhaupt die Erlaubnis
gegeben in der Öffentlichkeit über mein Privatleben zu reden?“ Während Willy seinen Onkel
anstarrte, versuchte Alois zu erklären, das New Yorker Büro der Hearst Zeitungsgruppe hätte in
München angerufen, weil sie Hitler persönlich sprechen wollten. Vor allem wollte die Redaktion
herausfinden, ob es zutreffe, dass es einen Hitler-Neffen in London gebe, der über die
Familienverhältnisse des deutschen Regierungschefs Auskunft geben könne. „Sie haben mir
persönliche Fragen gestellt, mir, mir!“, soll Hitler ständig im Zorn wiederholt haben. „Niemand
darf meine privaten Angelegenheiten in die Presse zerren. Ich habe denen nie ein Wort gesagt,
das sie schreiben dürfen. Und jetzt taucht da plötzlich ein Neffe auf, der ihnen all die Details
erzählt, die sie wissen wollen.“ Willy erinnerte sich später, Hitler habe ihm und Alois einen
Briefumschlag mit zweitausend Dollar gereicht und gesagt, er wolle nie mehr wieder etwas von
den beiden hören. Petra Hitler, die Teile der Familiengeschichte aufgeschrieben hat, bestätigte,
dass Hitler wohl sehr zornig über Willy gewesen sein soll – doch betonte sie, dass nicht Hitler
die Standpauke gehalten habe, sondern seine Schwester Angela. Tatsächlich gibt es keinen
eindeutigen Beleg, dass Willy jemals seinen Onkel getroffen hat. Doch es ist belegbar, dass
Hitler Geld an Willy überwiesen hat. Unter persönlichen Dokumenten von Willy, die im Archiv
zur Zeitgeschichte des Obersalzbergs in Berchtesgaden liegen, befindet sich die Kopie eines
Barschecks über einhundert Reichsmark. Er trägt den Stempel der Reichskanzlei. Im Herbst
1933 kam Willy Hitler wieder nach Berlin. Mit dem Argument, dass er in London mit dem Namen
Hitler keinen Job bekommen könne, wollte der junge Engländer nun in der deutschen
Hauptstadt eine Anstellung suchen. Es war bereits vorgesorgt worden: Eine Beamtenstelle in
der Reichskreditgesellschaft stand zur Verfügung. Willy nahm das Angebot an, doch
beschwerte er sich nach kurzer Zeit über die geringe Bezahlung und die schlechten
Arbeitsbedingungen. Kurz darauf wurde er Autoverkäufer bei Opel-Winter auf dem
Kurfürstendamm. Der Jurastudent Otto Schlepper sollte sich fortan in Berlin um Willy kümmern
und ihm das Leben in der Hauptstadt näher bringen. Schlepper erinnert sich, dass Hitlers Neffe
am liebsten durch die Nachtszene von Berlin streunte und versuchte, junge Frauen mit einem
deutschen Satz zu überrumpeln, den er am besten aussprechen konnte: „Ich will dich vögeln.“
So, als hätten Angela und ihr Bruder nie ein Machtwort gesprochen, kokettierte Willy die
folgenden sechs Jahre immer wieder mit seinem Familiennamen Hitler. Einmal soll Hans Hitler
seinen Cousin Willy in einer Bar auf dem Kurfürstendamm getroffen haben. „Nach seinen
eignen Erzählungen hatte er England schon seit Monaten verlassen, hatte Beziehungen zu
Brückner und anderen Parteigrößen aufgenommen, um hier in Deutschland, im ‚Reiche seines
Onkels‘ Fuß zu fassen“, notierte später Petra Hitler. „Nach einigen Zwischenstationen, als
Angestellter der Reichskreditgesellschaft, wohin ihn Rudolf Hess vermittelt hatte, war er jetzt
Autoverkäufer bei Opel-Winter am Kurfürstendamm.“ Der problematische Verwandte gab
weiterhin Interviews. Während eines Besuchs in London im Jahr 1937 trug er einen
Oberlippenbart und einen Scheitel wie Hitler. „Ich bin der einzige offizielle Nachfahre der HitlerFamilie“, behauptete Willy gegenüber dem Daily Express. Er verschränkte die Arme „im
typischen Führer-Stil“ und erklärte: „Diese Geste muss mir im Blut liegen. Ich stelle fest, dass
ich das immer öfter mache.“ Zwei Jahre später, als Willy wieder in London war, beschrieb er
seinen Onkel als „Madman“. Willy wurde im Jahr 1942 von seinem Vater enteignet – Alois soll
zuvor des Öfteren erbost über den Ton und das Verhalten seines Sohnes gewesen sein. Ob es
eine Geste der Solidarität gegenüber dem Halbbruder war, ist nicht bekannt. Dass Adolf Hitler
seinem Neffen gegenüber so tolerant blieb, überrascht. Ununterbrochen selbstgefällig setzte
sich dieser über den Diktator hinweg und gab ihm zu verstehen, dass er die auferlegte
Schweigepflicht nicht ernst nahm. Gelang es den Halbgeschwistern Alois und Angela zu
schlichten? Oder obsiegte familiäres Wohlwollen? Die Antwort lagert möglicherweise im „Archiv
zur Zeitgeschichte des Obersalzbergs“ in Berchtesgaden, wo viele Quellen zu finden sind, die
Einblicke in die Geschichte der Hitlerfamilie geben. Unter anderem wird dort die
Originaldurchschrift der Familienerinnerungen Petra Hitlers verwahrt. Auch mehrere Ordner
Familienkorrespondenz aus drei Hitler-Generationen stehen in den Regalen. Zwei
Erpressungsbriefe, geschrieben von William Patrick, werfen Licht auf ein Gerücht, das Hitler
viele Jahre beunruhigt haben soll. Das Gerücht, es gäbe jüdische Vorfahren in seiner
Ahnenreihe. Willy hatte seinem Onkel die Briefe im November 1934 geschickt. Zu dieser Zeit
lebte der Neffe in einer kleinen Wohnung in der Uhlandstrasse 163 und arbeitete noch bei der
Reichskreditgesellschaft. Im ersten handgeschriebenen Brief erörtert Willy über sechs Seiten
lang, wie schwierig es für ihn und seine Mutter sei, den Namen Hitler zu tragen. Er bittet seinen
Onkel um Hilfe. Im zweiten Brief vom 29. November 1934 schlägt Willy einen direkteren Ton an
und droht Hitlers Adjutanten Wilhelm Brückner, Familiengeheimnisse bekannt zu geben, sofern
sich seine Umstände nicht änderten. „Um das zu erzielen, werde ich eine Erklärung an die
englische Presse übergeben in diesem Sinn, die eine Besserung meiner Lebensverhältnisse in
England sicher herbeiführen wird“, schrieb Willy in einfachem Deutsch, „obwohl ich dadurch mit
einem Zusammenstoß mit meinem Onkel rechnen muss, was leider unvermeidlich geworden
ist, weil ich mich nicht einem Zustand unterwerfen kann, der nicht meine beschränkten, jedoch
dringenden Lebensvoraussetzungen erfüllt oder billigt.“ In seinem Brief enthüllt Willy nicht den
wahren Hintergrund seiner „Erklärung“, doch er lag auf der Hand und er wurde spätestens
durch die Geständnisse von Hans Frank, Hitlers Anwalt und späterer Generalgouverneur in
Polen, bekannt. „Er sagte mir unter Vorlage eines Briefes, dass hier eine ‚ekelhafte
Erpressungsgeschichte‘ eines seiner widerlichsten Verwandten vorliege, die seine Abstammung
betreffe“, erinnerte sich Frank kurz vor seiner Hinrichtung während des
Kriegsverbrecherprozesses 1946 in Nürnberg. „Wenn ich nicht irre, war es ein Sohn seines
Stiefbruders Alois Hitler (aus der anderen Ehe von Hitlers Vater), der leise Andeutungen
machte, dass sicher‚ im Zusammenhang mit gewissen Presseäußerungen, ein Interesse daran
bestünde, sehr gewisse Umstände unserer Familiengeschichte nicht an die große Glocke zu
hängen‘. Diese Presseäußerungen, auf die hier angespielt wurde, lauteten dahin, dass ‚Hitler
Judenblut in seinen Adern hätte und er daher eine geringe Legitimation hätte, Antisemit zu
werden‘.“ Hitler hatte Frank mit Recherchen beauftragt, die zu Tage fördern sollten, ob sein
Vater tatsächlich von einem jüdischen Metzger in Graz abstammte. Frank ist es nie gelungen,
eindeutig nachzuweisen, ob diese jüdische Abstammung existierte oder nicht. „Nichts ist
bewiesen, weder die eine, noch die andere Behauptung“, schrieb Frank an seine Kinder. „Denn
wer könnte, außer den Beteiligten, die ja schon lange tot sind, das als ‚Wissen der Wirklichkeit‘
darstellen? Ich muss also sagen, es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass der Vater Hitlers ein
Halbjude war. Dann war Adolf Hitlers maßloser Antisemitismus nichts anderes als eine
schreckliche Verwandtenhasspsychose.“ Die Familienakten von Berchtesgaden zeigen Hitler
mit bislang unbekannten Facetten: nicht als Politiker oder als militärischen Strategen, sondern
als alternden Mann, der sich mit alltäglichen Streitereien und Sorgen, mit Lästigkeiten wie Neid
und Missgunst herumschlagen musste. Angela missbilligte ihren Bruder wegen dessen
Verhältnis mit Eva Braun, die jung genug war, um seine Tochter zu sein. Alois drückte seinen
Unmut darüber aus, dass es Adolf im Leben immer leichter hatte als er selbst. Paula weigerte
sich, mit ihrer Schwester um die Gunst des Bruders zu konkurrieren. In ihrer Familiengeschichte
zeigt Petra Hitler den Diktator „mit seinen menschlichen Seiten, wie sie von unserer Familie
erlebt wurden“. In einem Gestapobericht aus dem Jahr 1944, gestempelt als „Geheime
Reichssache“, war von „Irrsinnigen und Halbidioten“ in Hitlers Familie die Rede. Schwarz auf
weiß stand dort geschrieben: „Die Linie Schicklgruber weist abnormale Menschen auf, was die
idiotische Nachkommenschaft bezeuge.“ Tatsächlich geben die Einblicke in den Hitlerclan
Zeugnis von einem Diktator, der sich familiären Verpflichtungen hingab. Er war ein Leitwolf
innerhalb seines Familienrudels, der das soziale Gefüge aktiv förderte und mitunter sogar für
die Verwandten sorgte. Diesen Beschreibungen fehlt der Jähzorn und die Rücksichtslosigkeit,
die Hitler als Politiker eigen waren. Das zeigt, dass sich Hitlers Charakter nicht mit dem
Holzschnitt eines ewig und immer Bösen beschreiben lässt. Hitler konnte sehr wohl zwischen
Gut und Böse differenzieren, und er war darin sehr berechnend. Der Terror, der von ihm
ausging, erscheint mit Wissen noch maßloser. Zugleich fordern diese privaten Beobachtungen
auf zu begreifen, was zuvor schon für viele brutale Chargen des Hitlersystems festgestellt
worden ist, die mordeten und zugleich Familienväter waren: Das Schreckliche ist inmitten des
Gewöhnlichen entstanden, und es konnte neben dem Gewöhnlichen bestehen und wachsen.
Der Autor ist Historiker und Geschäftsführer des Salzburg Seminars. Er schreibt auch für die
Magazine The Atlantic Monthly und The New Yorker
Zusatzinfo: zu Alois jun.:
Seit der Machtergreifung des Bruders hatten Alois jun. und Adolf keinen (bekannt gewordenen)
Kontakt mehr zueinander. In Mein Kampf wurde Alois jun. gänzlich verschwiegen, nur wenige
wussten von Hitlers Bruder. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges lebte Alois Hitler, der sich nun
Alois Hiller nannte, unerkannt und in gutbürgerlicher Umgebung mit seiner Familie in HamburgFuhlsbüttel. Sein Grab befand sich in Hamburg auf dem Hauptfriedhof Ohlsdorf. Es wurde 2005
aufgelassen. Das Grab war ein Familiengrab, in dem neben Alois Frau Hete auch der weitläufig
Verwandte (Johannes Theodor) Hans Hitler mit seiner Frau Erna „Petra“, geb. Schünemann,
verheiratete Mach, begraben worden war. Hans und Erna Hitler hatten sich ebenfalls offiziell in
„Hiller“ umbenannt.
Familienchronik Hiedler/Hitler erstellt am 18.5.2015/ergänzt 1.1.2016
1792-
Johann Georg
Hiedler
1837-1903
Alois
Schicklgruber ,
ab 1876 Hitler
(um ein Erbe
von J.G.
Hiedler
anzutreten)
1860-1907
Klara Hitler
1882-1956
Alois Hitler
jun.,, geb.
Matzelsber
ger in Wien
1883-1949
Angela Hitler
1889-1945
Adolf Hitler
1890 ?
Erna Hitler,
geb. March,
Geburtsjahr
geschätzt
1891-1969
Bridget
Downing
Paula Hitler
1896-1960
1900 ?
Johannes
Thedor Hitler
1906-1977
Leo Adolf
Großvater Adolf abgeleitet von „Hiedl“ Hitler’s
Quelle oder Fluss auf
bayrisch/österreichisch
unehelich, 1875 Alois unehelich 1882
1. Ehe mit Anna und Angelika 1884,
Glasl-Hörer, 2.
ausdritter Ehe:
Ehe 1883
Adolf 1889 und Paula
Franziska
1896, vier Kinder zw.
Matzelsberger,
1885 und 1900 sind
3. Ehe 1885
verstorben!
Klara Pötzl
(Nichte 2.
Grades)
dritte Ehefrau
Mutter Adolf und Paula
von Alois Hitler
sen.
Stiefbruder aus
zweiter Ehe,
nannte sich
nach
Kriegsende
„Hiller“
Ehefrau Bridget
Dowling (Irin), 1911
Patrick William, zweite
Ehe mit Hedwig „Hete“
Heidermann 1916 (
Scheidung 1923 von
Bridget), sein
illegitimer Sohn
Johannes Theodor
„Hans“ gab es, aber
ohne Angaben von
Jahreszahlen
Stiefschweaster verh. Raubal und dann
aus zweiter Ehe Hammitzsch
dt.
Reichskanzuler
1933-1945
genannt: Petra, war die Leiterin der NShatte eine
Schwesternschaft
unehel. Tochter 1934, glühende NSMargot, wurde
Verfechterin
von Johannes
Thedor nach
der Hochzeit
adoptiert
Ehefrau von
Alois Hitler jun.
ab 1936 nannte
sie sich Paula
Wolf
illegitimer Sohn Geburtsjahr geschätzt
von Alois Hitler
jun. oder doch
ein entfernter
Vetter, wurde
Hans genannt
Sohn von
Lieblingsneffe A. H.,
1908-1931
1910-1993
Raubal
Angela
Angelika „Geli“
Raubal
Elfriede Raubal
Tochter von
Angela
Tochter von
Angela,
Schwester von
Leo
Sohn von Alois
jun., emigrierte
1939 in die
USA, er soll
sich später
StewartHouston
genannt haben
und so steht es
auch auf
seinem
Grabstein
1911-1987
William Patrick
Hitler
1912-1945
Eva Braun
1920-1942
Heinrich Hitler
1920
Margot Hitler,
geb. March
1945
Heiner
Hochegger
Ehefrau Adolf
Hitlers seit 1945
Sohn von Alois
u. Hedwig
Hitler, Neffe
Seit 1940, der
Hochzeit der
Eltern Erna und
Johannes
Theodor Hitler
mit der Mutter
zerstritten, da
sie selber den
Mann „haben“
wollte
Sohn von
Elfriede Raubal
und Ernst
Hochegger
hat einen Sohn Peter
Raubal
A.H. war der Vormund
Verh. mit Ernst
Hochegger
versuchte A. H. wegen
angebl. jüdischer
Wurzeln seines Vater
zu erpressen, hatte drei
Söhne0, die Kinderlos
in den USA lebten, drei
der vier Söhne leben
noch (1949, 1951
1965 sie
heißenStewartHouston!der dritte
Sohn Howar Ronal
(1957-1989) sie sind
Großneffen von A.H.
nicht verheiratet, keine
Kinder
Sohn Manuel 1952
geboren, lebt noch und
ist zum Judentum
konvertiert und lebt in
Israel
Ein deutsches Leben
Erna („Petra“) Hitler schrieb eine 400-seitige
Familienchronik
http://www.zeit.de/2013/50/hitler-nachfahre-juedisch-konvertit/seite-2
Als Stein 1952 in Braunschweig zur Welt kam (Enkel von Erna und Hans) , war der Krieg noch
allgegenwärtig. In seinen ersten Erinnerungen sieht er sich zwischen Häuserruinen spielen. Er
erinnert sich an Hunger und wie besonders es war, wenn seine Mutter sonntags Fleischwurst
mit Kartoffeln zubereitete. Erst kochte sie die Kartoffeln mit dem Tauchsieder, dann erhitzte sie
die Wurst im Wasser. Die ersten Jahre seines Lebens, so hat es ihm seine Mutter erzählt,
mussten sie ständig die Wohnung wechseln, weil die Mutter die Miete nicht bezahlen konnte.
Sie zog ihn allein auf, von Manuels Vater bekam sie keine Unterstützung. Zwar arbeitete sie als
Sekretärin, aber das Geld reichte nicht.
Unter den zahlreichen Papieren und Akten in seinem Wohnzimmer zieht Manuel Stein ein Bild
seines Vaters hervor. Es ist die Kopie eines Fotos, die ihm sein Halbbruder auf eine Karte
geklebt hat. Darauf ist ein Mann in SA-Uniform zu sehen. "Vater im Alter von 30 Jahren" steht
darunter. Auch Steins Vater war überzeugter Nazi gewesen. Manuel Stein hat ihn nur ein paar
Mal gesehen, der Vater hatte schon eine andere Familie mit vier Kindern, als Steins Mutter von
ihm schwanger wurde. Einmal im Jahr, zum Geburtstag des Sohnes, schrieb der Vater.
Auch von der Großmutter kam keine Hilfe. Sie hatte nach Manuels Geburt den Kontakt zu ihrer
Tochter weitgehend abgebrochen, weil sie kein uneheliches Kind in der Familie wollte. Für
Manuel Stein war Erna immer die Böse, das machte es ihm leicht, sie abzulehnen.
Erna Hitler war überzeugte Nationalsozialistin und hatte es schon vor der Ehe mit Hans Hitler in
der NS-Hierarchie weit nach oben gebracht. Die ausgebildete Krankenschwester war zwischen
1934 und 1935 Leiterin der NS-Schwesternschaft gewesen, des Berufsverbands der
Krankenschwestern im "Dritten Reich", auch "Braune Schwestern" genannt. In einem Buch über
die NS-Schwestern wird sie mit den Worten zitiert, sie wolle "Schwestern im Sinne Adolf Hitlers
ausbilden und zu einer nationalsozialistischen Gemeinschaft zusammenschweißen". Nach dem
Krieg schrieb sie auf 400 Seiten die einzige überlieferte Familienchronik der Hitlers, sie wurde
nie veröffentlicht, das Manuskript lagert heute in einem Privatarchiv in den USA.
Adolf Hitler hatte stets ein großes Geheimnis gemacht um seine Familie, er wollte nicht, dass
etwas über seine Herkunft bekannt wird, vor allem nicht, nachdem sich seine Nichte Geli
Raubal 1931 in seiner Münchner Wohnung das Leben genommen hatte. Die Gründe für ihren
Selbstmord konnten nie aufgeklärt werden.
Hitlers Verwandte traten kaum in der Öffentlichkeit auf, auch nicht sein Halbbruder Alois.
Er soll, nach allem, was Manuel Stein weiß, der illegitime Vater von Hans Hitler gewesen
sein, seinem Stiefgroßvater. Alois und Hans änderten nach dem Krieg ihre Namen in
Hiller und lebten mit ihren Ehefrauen in Hamburg. Beide Ehepaare wurden in einem
gemeinsamen Familiengrab beigesetzt.
Manuel Stein hat darüber nachgedacht, sich um die Hitler-Chronik seiner Großmutter zu
bemühen, schließlich ist er der Erbe. Steins zweiter Sohn, der ultra-orthodoxer Jude ist, hat
daraufhin seinen Rabbiner gefragt, ob man sie besorgen solle. Der Rabbiner riet ab. Familie
Stein ließ die Finger von der Familiengeschichte der Hitlers. "Ich habe einige Anstrengungen
unternommen, um anders zu sein als meine Vorfahren", sagt Manuel Stein. "Warum sollte ich
mir jetzt diese Chronik ins Haus holen?" Während die Nachfahren anderer NS-Täter versuchen,
so viel wie möglich über die Taten ihrer Vorfahren zu erfahren, um das Unverständliche zu
verstehen, hat er sich entschieden, lieber auf Distanz zu gehen. Zum eigenen Schutz.
Auch die Eltern von Manuel Steins Frau waren Nationalsozialisten. Sein Schwiegervater Adolf
hütete nach dem Krieg stolz seine Nazi-Orden. Als er ins Altersheim ging, wollte er seinem
ältesten Enkel ein besonderes Andenken überreichen und schenkte dem Jungen, der als Jude
in Jerusalem geboren wurde, einen seiner Orden mit einem Hakenkreuz darauf.
Von den Großeltern Erna und Hans Hitler ist Stein nur der eine Besuch im Gedächtnis, als er
zwölf war. "Die Großmutter war zu Hause immer tabu gewesen", sagt er. Sie habe ihre Tochter
Margot nie wirklich angenommen, weil sie eigentlich überhaupt keine Kinder haben wollte.
Margot wiederum habe ihrer Mutter Erna später die Hochzeit mit Hans Hitler sehr übel
genommen, weil die Tochter, damals 20, selbst in Hans verliebt gewesen war, der vom Alter her
genau zwischen Mutter und Tochter stand. Die Mutter hat sie nicht nur abgelehnt, sondern ihr
auch noch den Mann weggeschnappt. Zum endgültigen Bruch kam es dann bei Manuel Steins
Geburt.
Warum die Großeltern Hitler, die sich mittlerweile Hiller nannten, dann an jenem
Samstagnachmittag (1964) so überraschend auftauchten? "Aus Neugier", vermutet Manuel
Stein. An Details des Besuchs kann er sich nicht erinnern, nur dass Hans ein sehr freundlicher
Mann gewesen sei. "Dieser Mann war ja kein Eichmann", sagt Stein, "er war eben zufällig ein
Verwandter von Adolf Hitler." Was er nicht weiß: Nach Recherchen des Historikers und
Journalisten Florian Beierl war Hans Hitler schon sehr früh in der österreichischen NSDAP aktiv,
er soll sich auch nach dem Krieg in Hamburg an Straßenveranstaltungen rechter Parteien
beteiligt haben.
Hans Hitler überlebte seine Frau Erna um einige Jahre. Nach deren Tod fuhr Manuel Steins
Mutter öfter von Frankfurt nach Hamburg, um Hans zu besuchen. Man ging in die Oper und
verbrachte ein paar Tage zusammen. Einmal soll Hans ihr vorgeschlagen haben, das Grab
ihrer Mutter zu besuchen. Margot weigerte sich. Die Feindschaft zu ihrer Mutter ging bis über
den Tod hinaus.
Unter den vielen Büchern, die Manuel Stein in seiner Wohnung hat, ist auch eines, das er von
seinem leiblichen Großvater geerbt hat, dem ersten Mann von Erna Hitler. Es ist die
Originalausgabe von Adolf Hitlers Mein Kampf. Es irritiert, dieses Buch mit einem Porträt von
Adolf Hitler auf der ersten Seite in einer Jerusalemer Wohnung durchzublättern. Manuel Stein
hat es 1971, mit 19 Jahren, gelesen, allerdings nur bis Seite 136. Die Dummheit Hitlers habe
ihn so abgeschreckt, dass er nicht weiterlesen wollte.
Manuel Steins Großvater hat Mein Kampf zu seiner zweiten Hochzeit 1940 bekommen, er war
schon 1927 der NSDAP beigetreten. Im Haus von Manuel Steins Mutter begrüßte man sich
innerhalb der Familie mit "Heil Hitler". Es hat unter Steins Vorfahren eigentlich niemanden
gegeben, der kein Nazi war.
Seine Mutter, sagt Manuel Stein, habe aber später nichts dagegen gehabt, dass er Jude wurde.
Sie habe sogar jedes Jahr das Pessach-Fest mit ihm in Israel gefeiert. Nur über den Holocaust
herrschte Schweigen zwischen ihm und seiner Mutter. Es gibt nur eine Geschichte, die ihm
seine Mutter vom Krieg erzählt hat. Sie hatte damals als Stabshelferin der Wehrmacht
gearbeitet – als Sekretärin in Uniform. Den Krieg erlebte sie in Finnland, den Niederlanden, der
Ukraine, Polen und in der Slowakei. 1942 war sie in Łódź stationiert und hörte, dass die
Deutschen mehrere Juden mitten in der Stadt öffentlich erhängt hatten und die Leichen zur
Abschreckung hängen ließen. Diese Nachricht, erzählte sie ihrem Sohn, habe sie so geschockt,
dass sie die Innenstadt mied, um sich den Anblick zu ersparen. Kurz darauf sah sie Fotos von
den Hinrichtungen: Auf einem feierlichen Abschiedsabend wurden die Bilder der Erhängten in
einer Diashow vorgeführt. Seine Mutter sagte über diesen Vorfall zu ihrem Sohn Manuel:
"Damals habe ich verstanden, was passiert. Und ich hatte Angst."
Es sei ihm so klar gewesen, dass seine Mutter keine Antisemitin war, sagt Manuel Stein,
deshalb habe er nie weiter nachgefragt. Das Schweigen über die Vergangenheit ist ein so
auffälliger Aspekt der deutschen Nachkriegsgesellschaft, dass der israelische Psychologe Dan
Bar-On ein Buch danach benannt hat. Die Last des Schweigens betitelte er seine berühmte
Sammlung von Gesprächen mit Kindern von Nazi-Tätern. Diejenigen, die nach Jahren des
Nichtredens zum Gespräch mit ihm bereit waren, versuchten verzweifelt, mit der Schuld ihrer
Vorfahren und mit der Frage, wie sie zu gewissenlosen Mördern werden konnten,
fertigzuwerden. Viele hatten ihre Väter und Onkel kaum oder gar nicht gekannt, sie hatten
keinen direkten Einfluss auf die Erziehung, aber auch das ist kein Schutz.
Stand: 18.5.2015
Heute leben noch fünf Nachkommen, drei Söhne von Patrick William Hitler in den USA,
ein Enkel von Erna Hitler in Israel. und ein Enkel von Angela Raubal (Hitler), deren
Tochter Elfriede, Sohn Heiner Hochegger.
Was verwundert: es wird zuwar immer über Erna „Petra“ und Hans Hitler gesprochen,
aber reale Zahlen werden nie genannt und auch nirgendwo aufgeführt. Erna Hitler soll
Erna March, die NS.Schwesternschaftsleiterin gewesen sein.
Ebenso mysteriös wird die angebliche Familienchronik von Erna Hitler behandelt. Sie
soll in einemPrivatsafe in den USA unter Verschlußmliegen. Es sind eigentlich nie
irgendwelche realen Informationen daraus aufgetaucht!
Ein Link zur „Hitler-Familie“ und einer Ahnentafel:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hitler_%28Familie%29
1.1.2016. ab diesem Datum endet das Urheberrecht zum Buch „Mein Kampf“,
dessen Besitzer - der bayr. Staat - keine weiteren Druckausgaben zulassen will. Das
Institu für Zeitgeschichte will einen Druck herausgeben!