chronik - LK Lilienfeld

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chronik - LK Lilienfeld
CHRONIK
ANNO 1901
Die offenkundige Unzulänglichkeit der bestehenden Notspitäler bildeten für die Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld den Ausgangspunkt für Studien, auf welche Art am zweckmäßigsten diesen Übelständen gründlich abgeholfen werden konnte. Während der Typhusepidemie in den Jahren 1897–1899 wurden mit den unzulänglichen Notspitälern die
schlechtesten Erfahrungen gemacht. Der Umstand, dass die nächstgelegenen Krankenhäuser 80 Kilometer voneinander entfernt waren, diese wegen Überfüllung eine Aufnahme
Kranker recht zweifelhaft machten und der Krankentransport dorthin sich recht schwierig
gestaltete, trieben eine Lösung der Spitalsfrage voran. Verstärkt wurden diese Probleme
durch die zahlreichen Unfälle in den Fabriken und Forstwirtschaftsbetrieben und dem starken
Durchstrom von Fremden in der Wallfahrtszeit.
Diese von der Behörde zu Tage geförderten Erkenntnisse führten die Gemeinden Lilienfeld,
Traisen, Türnitz, Eschenau und St. Veit a.d. Gölsen zusammen. Die Delegierten dieser
Gemeinden widmeten sich unter Leitung des k.k. Bezirkshauptmannes Baron Egger und des
k.k. Bezirksarztes Dr. Schönbauer den erforderlichen Studien zur Lösung der Spitalsfrage.
Dem Komitee gehörten u. a. die Delegierten Ing. Merander Diamantidi und Bürgermeister
Louis Grellepois an.
Als Ergebnis dieser Studie war das Prinzip der Zusammentretung mehrerer Gemeinden des
politischen Bezirkes Lilienfeld zu einer gemeinsamen Aktion für die Spitalserrichtung als das
einzig Richtige anerkannt worden. Dieser Erkenntnis wurde einerseits mit der im
Statterhaltererlasse vom 23. April 1900 im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen
begründete Enthebung der betreffenden Gemeinden von der bisherigen Verpflichtung,
Notspitäler zu erbauen und zu erhalten entsprochen, andererseits der Erlangung des
Öffentlichkeitsrechtes für den Betrieb einer solchen Krankenanstalt kein Hindernis
eingeräumt.
Hinsichtlich der Platzfrage kamen zwei Grundstücke in Betracht: Das eine auf dem Plateau
des Wiesberges in Marktl gegenüber der Neumann´schen Werke, das zweite in Stangental
hinter dem Kalvarienberg. Der in Stangental dem Stift Lilienfeld gehörige Platz war aus
mehreren Gründen dem in Marktl vorzuziehen. Nach den vom Komitee gründlich studierten –
von Baumeister Gröbl ausgearbeiteten – Plänen und dem Voranschlag sollten die Kosten für
die Spitalsanlage 100.000 Kronen betragen.
Bezüglich der Einrichtung und Führung des Betriebes wurde vor allem die Notwendigkeit
einer Vereinbarung mit den Barmherzigen Schwestern der Kongregation des Hl. Vinzenz von
Paul betont.
... zur selben Zeit ....
• Der Pionier der alpinen Skifahrtechnik, Mathias Zdarsky veranstaltete mit dem von ihm
gegründeten “Alpen-Skiverein” sein erstes alpines Wettfahren am Semmering.
• Verleihung des ersten Medizin-Nobelpreises an Emil Adolph v. Behring für seine Arbeiten
über Serumtherapie, insbesondere für deren Anwendung gegen Diphterie.
• Staatsform: Doppelmonarchie Österreich-Ungarn
ANNO 1902
Der umfassende Bericht bzw. die Empfehlung des Komitees zur Lösung der Spitalsfrage
erging im März 1902 an die Bezirkshauptmannschaft und es wurde dieser Rechnung
getragen.
Den finanziellen Grundstock von 50.000 Kronen Stamm und 50.000 Kronen Garantiekapital
legten die 5 Stammgemeinden – trotz großer finanzieller Schwierigkeiten – in folgendem
Verhältnis:
• Gemeinde Lilienfeld mit 33.000 Kronen
• Gemeinde Traisen und Türnitz je 21.500 Kronen
• Gemeinde St. Veit/Gölsen mit 17.000 Kronen
• Gemeinde Eschenau mit 7.000 Kronen
Im Weiteren wurden dem Krankenhausverband dank dem edlen Wohltätigkeitssinn und dem
Großmut der Industriellen und Großgrundbesitzer, welche an den Interessen im politischen
Bezirk lebhaften Anteil nahmen, viele weitere Spenden übergeben wie z. B.
• 3.000 Kronen St. Egydner Eisen- und Stahlindustrie Gesellschaft
• 3.000 Kronen Arthur Krupp,Großindustrieller
• 3.000 Kronen Alexander Diamantidi und Karoline Frühwirth
• 1.000 Kronen Albert Freiherr v. Rothschild
• 1.000 Kronen Karl Wittgenstein
Das Damenkomitee unter Führung und außerordentlich lebhaften Betätigung der Präsidentin
Mathilde v. Lindheim-Vivenot hatte rühmenswerte Erfolge vorzuweisen. Durch die Sammlung
von Bar- und Naturalspenden, Einnahmen durch Konzertveranstaltungen und einem
Grammophon-Abend kam man auf die beträchtliche Summe von über 6.000 Kronen.
Eine höchst wertvolle Grundlage für die Realisierung des Projektes bot sich in der
„vornehmen Jubelgabe“ des Stiftes Lilienfeld zur Erinnerung an seinen 700-jährigen Bestand
unter Abt Justus Panschab. Das geschenkweise zur Disposition gestellte Territorium an der
Grenze der Katastralgemeinde Lilienfeld bestand aus mehreren Parzellen, wonach ein
Grundbesitz im Ausmaße von 1 ha, 23 a und 82 m2 im Schätzwert von 5.000 Kronen
übergeben wurde. Als Pioniere sind u. a. folgende Staatsorgane und Delegierte der
Verbandsgemeinden zu nennen:
k.k. Bezirkshauptmann Dr. Emil Freiherr von Egger
k.k. Bezirksarzt Dr. Franz Schönbauer
Gemeindearzt Dr. Hans Krainer
Bürgermeister Louis Grellepois
… zur selben Zeit …
In Wien wird mit dem Bau des Lainzer Versorgungskrankenhauses begonnen. Die Kosten
werden vom Reingewinn der „Wiener Tramway“ bestritten.
ANNO 1903
Das Krankenhaus wurde am 31. Oktober 1903 vom damaligen Stadthalter Erich Graf
Kielmannsegg eröffnet und von Abt Julius Panschab eingeweiht. Das Öffentlichkeitsrecht
wurde der Krankenanstalt mit dem 1. November 1903 zuerkannt und am Tag darauf wurden
die ersten Patienten aufgenommen. In diesem Jahr wurden 109 Patienten aufgenommen, für
welche 1.715 Verpflegstage in Anrechnung kamen. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer
war damals 28 Tage. Der erste Primararzt war Dr. Franz Schönbauer und zur Pflege waren
die barmherzigen Schwestern des Ordens Hl. Vinzenz von Paul aus Wien-Gumpendorf unter
der ersten Oberin Sr. Eduarda Schröckhuber eingesetzt.
Das 32-Betten-Haus bestand aus einem Haupttrakt und einem Isolierpavillon. Der Haupttrakt
war ein durchwegs unterkellertes Gebäude mit Tiefparterre, Parterre und Stockwerk. Im
Tiefparterre waren die Wirtschaftsräume wie Küche, allgemeiner Keller, Waschküche, Bügel-
zimmer, Raum zur Aufbewahrung der Schmutzwäsche, Dienstboten- und Dienstwohnung sowie Holz- und Kohlenlager. Im Parterre befanden sich Krankenzimmer, Cabinet und Vorraum
für die Schwestern und ein ärztliches Dienstzimmer. Im ersten Stock waren der OP, die
Sterilisation, Verbandsstofflager und Krankenzimmer untergebracht. Die Eröffnung war ein
großes Ereignis und so widmete die damalige Zeitung, der „Lilienfelder Bezirksbote“, in
seiner Ausgabe vom Sonntag, dem 1. November 1903, der Eröffnung des Krankenhauses
fast die gesamte Ausgabe. So konnte man lesen: „Der 31. Oktober bildet in der Geschichte
unseres Bezirkes, speziell unseres Ortes, einen Markstein von unvergänglicher Bedeutung,
…“
Das öffentliche Interesse war groß und an den Tagen der offenen Tür am 1., 2. und 3.
November 1903, bei welchem der Krankenhausleiter selbst anwesend war und die
notwendigen Erläuterungen gab, konnten viele Interessierte begrüßt werden.
… zur selben Zeit …
Das erste serienmäßig hergestellte Motorrad der Firma Johann Puch in Graz kommt in den
Handel.
1907–1910
Im Kampf gegen den damals sehr mächtigen „Feind“, die Tuberkulose, erhielt das Krankenhaus 1907 einen Zeltpavillon als Freiliegehalle mit 8 Betten vom Roten Kreuz.
Im Jahre 1908 musste, da sich die Inanspruchnahme der Anstalt wesentlich erhöht hat, an
eine Erweiterung gedacht werden. Es wurde ein neues, mit dem Haupttrakt verbundenes
Wirtschaftsgebäude, in welchem die Pflegeschwestern, die elektrische Waschanstalt und die
Leichenhalle untergebracht waren, errichtet sowie der Infektionspavillon verlängert.
Zu gleicher Zeit mussten unbedingt nötige Reparaturarbeiten und Wiederanstriche
durchgeführt werden. Die Verhältnisse verschlechterten sich dennoch fortwährend und
unsere Krankenanstalt befand sich finanziell meist im Hintertreffen gegenüber anderen
Krankenhäusern, da fast ausnahmslos Kassenpatienten und nur sehr selten „Zahlpatienten“
in der höheren Verpflegsklasse (heute Sonderklasse) Aufnahme suchten und die
Verpflegskosten oft zu spät refundiert wurden oder gar nicht einbringbar waren. Dies erklärt
sich auch aufgrund der Staatsform, wonach Menschen aus der weiten Monarchie auch im
Bezirk Lilienfeld tätig waren und das Krankenhaus zur Heilung oder Besserung ihrer Leiden
aufgesucht haben. Ein Blick auf einen Frequentationsbericht dieser Zeit zeigt, dass nur 40%
aus dem Bezirk selbst, die restlichen Patienten aus Böhmen, Bukowina, Dalmatien, Galizien,
Krein-Küstenland, Mähren, Schlesien, Ungarn, Kroatien, Slowenien, Siebenbürgen, Bosnien
und Herzegowina, Italien, Deutschland, Schweiz, Montenegro, Serbien und Rußland kamen.
1910 machte eine Spende des Großindustriellen Karl Wittgenstein in Höhe von 5.000 Kronen
die Errichtung eines Röntgenzimmers möglich, welches das Niveau deutlich anhob.
… zur selben Zeit …
1907 – Das letzte Teilstück der Mariazellerbahn wird nach einer Gesamtbauzeit von 9
Jahren in Betrieb genommen.
1908 – Die Venus von Willendorf wird ausgegraben.
1910 – Eine Volkszählung in Österreich-Ungarn ergibt eine Zahl von 50.943.418 Menschen.
1914 – 1926
Die finanziellen Verhältnisse gestalteten sich immer schwieriger und trotz Vorsprachen
konnten nicht mehr als Versprechungen auf Subventionen erhalten werden, die infolge der
Kriegsverhältnisse schließlich gänzlich unerfüllt blieben.
Die Beziehungen zum Roten Kreuz waren während der Friedens- und Kriegsjahre immer
sehr wertvoll. So wurden zwei Krankentransportwägen leihweise zur Verfügung gestellt, von
denen einer ausschließlich für die Überführung von Infektionskranken bestimmt war und mit
Schlittenkuven für den Winter ausgestattet waren. Diese blieben dem Krankenhaus auch in
den Kriegsjahren erhalten. So kann man in alten Schriften lesen: „Im Infektionstrakt wurde
die Möglichkeit zur Unterbringung eines zweiten Rettungswagens geschaffen, die Pferde
bleiben weiterhin bei der Wirtschaft Brunnsteiner eingestellt …!“
Mit der allgemeinen Mobilisierung im Sommer 1914 waren viele für unser Krankenhaus
wichtige Persönlichkeiten einberufen worden und es begann für die Verbleibenden eine
höchst aufreibende Zeit, da während der gesamten Kriegsjahre aufgrund akuten
Ärztemangels die doppelte Arbeit zu leisten war. Der ganze Betrieb musste nun vorwiegend
in Richtung eines militärischen Rekonvaleszentenheimes geführt werden. Die
Verwaltungsarbeiten gestalteten sich infolge der militärischen Diktate ziemlich kompliziert, da
das Krankenhaus gewissermaßen als Zentralstelle der verschiedenen Rekonvaleszentenheime der Umgebung fungierte. Untergliedert wurden 1914 das Rekonvaleszentenheim
Tavern, jenes in Marktl und 1915 jenes in Wiesenfeld. Unsere Zentrale war ursprünglich dem
Garnisonsspital Nr. 1 in Wien bis 1915, später dem Kriegsspital St. Pölten bis 1916 und
schließlich dem Wilhelminenspital in Wien unterstellt. Im Laufe der Zeit wurden die meisten
Zweiganstalten aus dem Verband gelöst und nahmen eine selbstständige Stellung ein. Die
Folgen der übermäßigen Inanspruchnahme führten schließlich zu einem desolaten Zustand,
weil für Instandhaltung und Reparaturen in keiner Weise vorgesorgt werden konnte. Als
später die Demobilisierungsgüter der militärischen Sanitätsanstalten verteilt werden sollten,
war es erstes Bestreben, Sanitätsmaterial zugewiesen zu bekommen, leider vergebens. Erst
später bekam das Krankenhaus durch die amerikanische Hilfsaktion Nahrungs- und
therapeutische Mittel zugewiesen. Mit dem Eintritt des Friedens und nach Auflassung des
Rekonvaleszentenheimes sollte der frühere Betrieb wieder aufgenommen werden, was sich
aufgrund der finanziellen Lage als sehr schwierig gestaltete. Die große Verschiedenheit in
den Einnahmemöglichkeiten der Krankenanstalten, die bisher teils Staats-, teils Landes-,
Bezirks- oder Gemeindeinstitute waren, ergab die unbedingte Notwendigkeit einer
einheitlichen Regelung.
Nach harten Verhandlungen erschien 1922 ein Landesgesetz, das erstmals das 1920
erschienene Krankenanstaltengesetz mit Durchführungsverordnungen regelte. Für NÖ
wurde ein einziger Krankenanstaltensprengel geschaffen und Bund und Land wurden zu
finanziellen Trägern der Krankenanstalten. Damals verfügte das Krankenhaus über 2 Ärzte.
ANNO 1927
Das Ringen mit dem mächtigen Feind, der Tuberkulose ist in den letzten Jahren ein
besonders intensives geworden und es war die Absicht der Krankenhausleitung in diese
Richtung tätig zu werden, da die Errichtung von Tuberkuloseheimen grundsätzlich am Land
erfolgen sollte.
1927 konnte den Infektionskrankheiten wirkungsvoller mit einer Aufstockung des
Isolierpavillons und der Errichtung einer Freiluftliegehalle begegnet werden. Der Grundstock
für die Realisierung des Tuberkuloseheilstättenprojektes wurde von den 14 Bezirksgemeinden bereits 1925 durch Errichtung eines Fonds gelegt, welcher aus Geldern der
Fürsorgeabgabe gespeist wurde. Die Bettenanzahl erhöhte sich somit von bereits 40 auf 100
Betten. Die großen politischen Veränderungen dieser Zeit und die Auswirkungen des 1.
Weltkrieges machten eine harmonische Zusammenarbeit des Krankenhauskuratoriums
verständlicherweise nicht gerade leichter. Trotzdem blieb das Wohl des Krankenhauses und
das der Patienten immer an erster Stelle.
1927 erhielt unser Krankenhaus hohen Besuch vom damaligen Bundespräsidenten Dr.
Michael Hainisch, dem ein Gedenkblatt im Goldenen Buch des Krankenhauses gewidmet
wurde.
... zur selben Zeit ....
• Der Pionier der alpinen Skifahrtechnik, Mathias Zdarsky veranstaltete mit dem von ihm
gegründeten “Alpen-Skiverein” sein erstes alpines Wettfahren am Semmering.
• Verleihung des ersten Medizin-Nobelpreises an Emil Adolph v. Behring für seine Arbeiten
über Serumtherapie, insbesondere für deren Anwendung gegen Diphterie.
• Staatsform: Doppelmonarchie Österreich-Ungarn
1928–1954
1928 wurde anlässlich des 25-jährigen Bestandes unseres Krankenhauses der Kreis, der
krankenhausverbandsbildenden Gemeinden, auf sämtliche des Bezirkes ausgedehnt,
sodass dieser „Sanitätsinstitution“ nunmehr der Charakter eines Bezirkskrankenhauses
zukommt.
1936 wurde die aus dem Jahre 1911 stammende Röntgenanlage durch eine stationäre
Anlage und einen fahrbaren Apparat ersetzt. Durch Einrichtung einer Entwicklerkammer war
es nun auch möglich, die Röntgenbilder, die bis dahin beim Ortsfotografen entwickelt
wurden, im Haus zu entwickeln. Neben verschiedenen kleineren Umstellungen wurde der
von früher stammende grüne Anstrich sämtlicher Türen und Fenster des Haupttraktes durch
weiße Lackfarbe ersetzt und der ganze Haupttrakt (Chirurgischgeburtshilfliche Abteilung)
samt Krankenzimmern und deren Einrichtung frisch weiß gestrichen, wodurch das Haus
einen bedeutend freundlicheren und optisch sauberen Eindruck machte. Sämtliche
Neuanschaffungen und die zur Modernisierung erforderlichen Änderungen wurden zur
Gänze durch Betriebsüberschüsse gedeckt.
1942 wurde die Mansarde des Infektionspavillons für die Unterbringung von Hauspersonal
ausgebaut und eine Notbaracke mit 20 Betten für Fremdarbeiterpatienten errichtet. 1944
wurde die Bettenzahl mit der Fertigstellung einer Patientenbaracke für die Interne Abteilung
und die Geburtshilfe erweitert.
Doch der Krieg hinterließ seine Spuren. Während der letzten Kriegstage erfolgt die
Evakuierung des Krankenhauses in die Pappenfabrik nach Dickenau.
So schreibt eine Zeitzeugin: „… eines Nachts wurde ich von Sr. Adulfa geweckt. Schnell,
mach dich fertig, das Spital muss geräumt werden! Alles Personal und die Patienten, die
noch da sind, müssen hinunter zur Haltestelle Stangental. Dort wartet bereits ein getarnter
Triebwagen, der uns wegbringt ins Hinterland! Mit meinem Koffer machte ich mich sodann
auf den finsteren Weg zum Triebwagen hinunter. Wie alle beisammen waren, fuhren wir in
die Dunkelheit hinein. Erst bei Tagesanbruch sahen wir, wo wir gelandet waren. Es ist das
Wohnhaus der Pappendeckelfabrik in Dickenau vor Türnitz … War doch die Front des
Kampfes schon in Marktl vor Lilienfeld …“
Susanne Hoffmann
Die Gebäude hatten Gott sei Dank keine nennenswerten Schäden und dank der – nicht
immer ganz ungefährlichen – Tatkraft der damaligen Bediensteten ist dem Krankenhaus das
Inventar erhalten geblieben.
Während des Krieges wechselte die Rechtsträgerschaft 1941 an das Landesratsamt, nach
Kriegsende an die Landesregierung und später an die Bezirkshauptmannschaft.
1948 verfügte das Krankenhaus über einen chirurgischen Pavillon mit 72 Betten, 2
Operationssälen mit Sterilraum, ein Röntgenzimmer, 2 Teeküchen und diversen sanitären
Anlagen. Der Infektionspavillon verfügte über 31 Betten und die neue 42 Meter lange
Baracke war innen sogar mit Ziegelwänden, Terazzofußboden, modernen Wasserleitungen
und Dampfheizung ausgestattet.
Hier war Platz für 35 interne Betten sowie 9 Betten für die Geburtshilfe und ein Entbindungszimmer.
Besonders stolz war man auf die transportable Siemens-Röntgenkugel und auf die – für
damalige Verhältnisse – sehr moderne Ausstattung der Operationssäle.
Die seit dem Krieg herrschenden ungeklärten Besitzverhältnisse am Krankenhaus wurden
erst 1949 durch tatkräftige Initiative der Bürgermeister ausgeräumt, indem sich der Krankenhausverband aus den 13 Bezirksgemeinden mit Ausnahme von Mitterbach konstituierte.
Anlässlich der Taufe des 16. Kindes der Familie Rabl war Bundeskanzler Julius Raab 1954
hoher Gast des Krankenhauses.
1955–1959
Der in den Jahren 1955 bis 1959 errichtete Neubau beendete die aufgrund des erhöhten
Operationsaufkommens und Patientenzustromes beengten Operations- und Ambulanzräumlichkeiten. Apparate und medizinische Einrichtungen wurden wieder auf den neuesten
Stand gebracht. In dem neu errichteten Nordtrakt wurden die Geburtshilfe, Teile der
Chirurgie, septischer und aseptischer OP und die Röntgenambulanz etabliert. Die Geburtshilfe konnte mit 15 Betten aus der Patientenbaracke in den neuen Trakt verlegt werden.
Leider musste sich das Krankenhaus in dieser Zeit von seinen vielverdienten „Barmherzigen
Schwestern vom Orden Hl. Vinzenz von Paul“ trennen, weil aufgrund Personalmangels die
Schwestern abberufen und in eigenen Krankenanstalten eingesetzt wurden. Um nun den
akut aufgetretenen Mangel an diplomiertem Personal zu beheben, wurde unter Leitung von
Prim. Dr. Hauser ein Krankenpflegekurs auf die Beine gestellt, um wieder diplomiertes,
geschultes Personal zu erhalten.
… zur selben Zeit …
1955 – Am 15. Mai wird der Staatsvertrag unterzeichnet. In Österreich wird die erste
Fernsehsendung ausgestrahlt.
1958 – Die „AUA“ nimmt den Flugbetrieb in Wien-Schwechat auf.
1962 – 1971
In den Jahren 1962 bis 1971 erhielt das Krankenhaus eine neue moderne Wäscherei und es
erfolgte die Installierung einer Elektroküche mit Bandportionieranlage nach dem Tablettausspeisesystem und einer zentralen Geschirrspüle, wodurch die Ausspeisung an Patienten
und Personal wesentlich effizienter abgewickelt werden konnte.
Die chirurgische und medizinischen Abteilungen wurden zu eigenständigen Primariaten
erklärt und der geburtshilflichen Abteilung ein Konsiliarfacharzt zugeteilt. Die Verwaltung
wurde in den ehemaligen Dachboden des Schwesternhauses verlegt, um die Erweiterung
der Ambulanzräumlichkeiten zu ermöglichen, denn gerade der Ambulanzbetrieb hatte in den
letzten Jahren stark zugenommen. Über den Räumlichkeiten der Verwaltung wurden
Ärztedienstzimmer geschaffen und die kleine Baracke, in der während der Kriegsjahre
Fremdarbeiterpatienten untergebracht waren, wurde abgerissen und an dieser Stelle ein
Personalparkplatz errichtet. Der Bettenstand wurde dadurch auf 160 Betten reduziert.
Weiters wurde die biologische Kläranlage geschliffen und die Abwässer in das örtliche
Kanalnetz eingeleitet.
… zur selben Zeit …
1963 wird die Europabrücke dem Verkehr übergeben.
1969 hält das Farbfernsehen mit der Ausstrahlung des traditionellen Neujahrskonzert in
Österreich Einzug.
1970 stirbt der Gynäkologe Hermann Knaus der zeitgleich mit dem japan. Gynäkologen
Ogino eine Methode (Knaus-Ogino-Kalendermethode) zur Empfängnisverhütung entwickelt
hat.
1974–1977
In die Jahre 1975 bis 1977 fiel die erste der drei Bauetappen des Großprojektes „Zu- und
Umbau des Krankenhauses“. Die Ambulanzräumlichkeiten wie die Erstversorgung und der
Röntgenraum wurden komplett erneuert bzw. vergrößert. Werkstätten, Lager- und Technikräume und die Aufnahmekanzlei wurden erneuert. In der Verwaltung wurden bereits 1974
die ersten EDV-Schritte mit der P-358 gesetzt. Der Inspektionsbesuch von Bundesminister
für Gesundheit und Umweltschutz Dr. Ingrid Leodolter gab begründete Hoffnung, dass der
Krankenhausausbau weiterhin Unterstützung fand. Wie dringend der weitere Ausbau des
Krankenhauses war, veranschaulichen einige Bilder der Patientenbaracke aus dieser Zeit.
Der Zustand war desolat, der Platz zu eng und der Speisentransport gestaltete sich mehr als
mühsam.
… zur selben Zeit …
1974 tritt die Verordnung über einen autofreien Tag pro Woche in Kraft.
1975 wird ein Terroranschlag auf die OPEC verübt.
1978–1982
1978 bis 1979 wurde die Bauetappe II, die Aufstockung des Westtraktes I und der
Speisesaalzubau realisiert. Die Interne Abteilung übersiedelte mit 26 Betten in den Westtrakt
I und die Patientenbaracke wurde abgerissen. Die Patientenzimmer erhielten erstmals
zugeordnete Sanitärzellen, die heute zum Standard gehören.
Aufgrund der immer knapper werdenden Budgetmittel wurde mit 1. 1. 1979 die Trägerform
des Krankenhauses geändert. Der Gemeindeverband a. ö. Krankenhaus Lilienfeld löste als
Körperschaft öffentlichen Rechts den bisherigen Krankenhausverband ab. Somit konnte
auch die weitere Umsetzung der Bauvorhaben sichergestellt werden.
Die Grundsteinlegung für das in den Jahren 1982 bis 1985 realisierte Hauptprojekt, dem
Neubau des Osttraktes mit rund 100 Betten und der Ambulanzerweiterung, erfolgte durch LR
Liese Prokop am 9.12.1982.
1985 – 1992
Als optimaler Baukörper hat sich das Oktogon mit außenliegenden Nasszellen und
Patientenzimmern, nach innen zu der Verkehrsgang und im Kern die Betriebsräume
angeboten. Es konnte der Dreibettzimmerstandard mit eigenen Nasszellen in weiser Voraussicht an künftige sozialstrukturelle Entwicklungen im Krankenhauswesen umgesetzt
werden. Die dritte Ausbaustufe, welche in den Jahren 1982–1985 erfolgte, umfasste den
Ausbau des Nordtraktes. Eine eigene Abteilung für Geburtshilfe, neue OP-Einrichtungen,
Kreißsäle, Röntgenambulanz, Zentralgarderobe, Wäschelager und die Krankenhauskapelle
wurden errichtet.
Am 12. Mai 1990 konnte der Endausbau feierlich von LH Siegfried Ludwig im Zuge eines
Festaktes übergeben werden. In den folgenden Jahren wurde die medizinische Ausrüstung
im operativen Bereich wie in der Diagnostik um neue Geräte erweitert. 1992 wurden
medizintechnische Geräte angeschafft, das Umbauvorhaben im Bereich der postoperativen
Überwachung, der In-Vitro-Fertilisation und die Umgestaltung des alten Sitzungssaales in
Büroräume wurde abgeschlossen. Im Bereich der Technik wurde in das Müllentsorgungssystem investiert und die Personenrufanlage erweitert. Zusätzliche Bildschirmarbeitsplätze
mit entsprechender Software wurden geschaffen. Dieses Großprojekt ging nun nach einer
Bauzeit von fast 20 Jahren zu Ende und ließ ein modernes Grundversorgungskrankenhaus
entstehen.
Technische Daten – Zusammenfassung
Bauetappe I (Zu- und Umbau Ambulanz)
Umbauter Raum: ca. 1.250 m2 Zubau
ca. 1.250 m2 Sanierung
Bauzeit: 1974–1977
Bauetappe II (Aufstockung Westtrakt I mit rd. 26 Betten und Speisesaalzubau)
Umbauter Raum: ca. 2.500 m2 Aufstockung
ca. 600 m2 Sanierung
Bauzeit: 1978–1979
Bauetappe III Oktogon (Bettentrakt mit rd. 100 Betten und Ambulanzerweiterung)
Umbauter Raum: ca. 24.000 m2 Neubau
ca. 12.500 m2 Sanierung
Bauzeit: 1982–1985
1994 – 2001
Aufgrund des hohen Bedarfs an diplomierten Pflegekräften wurde vom Gemeindeverband
eine Krankenpflegeschule, beginnend mit dem Schuljahr 1994/1995, eingerichtet. Nachdem
sich die Situation entschärft hatte und wieder genügend diplomiertes Personal zur Verfügung
stand, wurde die Schule 1999 geschlossen.
Vom Jahrhunderthochwasser im Jahr 1997 blieb das Krankenhaus selbst, Gott sei Dank,
unbeschadet, der Betrieb konnte dank dem Einsatz aller Bediensteten und Rettungskräfte
aufrecht erhalten und die Versorgung der Patienten sichergestellt werden. 1999 wurde mit
einem zweigeschossigen Zubau für eine Computertomografie-Anlage an die Radiologie begonnen und im Jänner 2000 beendet. Am 9. März 2000 wurde die darin aufgestellte hochmoderne CT-Anlage durch LH Dr. Erwin Pröll eröffnet. Der Spatenstich für den neuen
Küchentrakt erfolgte in Anwesenheit von LH-Stv. Liese Prokop am 26. 3. 1999. Die Inbetriebnahme der neuen Küche mit Lager- und Kühlräumen, dem Personalspeisesaal, Notarztstützpunkt inkl. Mannschaftsräumlichkeiten erfolgte im April 2001, offiziell eröffnet wurde der
Neubau am 7. 5. 2001 durch Finanzlandesrat Mag. Wolfgang Sobotka.
2001 – 2002
2001 wurde die alte Küche zu einer zentralen Haustechnik mit E-Werkstatt, Sicherheits- und
Medizintechnik, technischen Anlagen und Gebäudeleittechnik umgebaut. 2002 erfolgte die
Errichtung einer Überdachung der zentralen Abfallsammelstelle im Hofbereich und die
Fertigstellung der neuen Personalparkplätze am Gelände des Steinhauses.
ANNO 2004
Mit der Unterfertigung des "Letter of Intent" am 5.Oktober 2004 wurde die Übergabe der
Rechtsträgerschaft vom Gemeindeverband an das Land Niederösterreich besiegelt. In vielen
Detailverhandlungen wurden sämtliche "strittige" Punkte geklärt und in der Verbandsversammlung vom 30.11.2004 wurde die Übergabe des Krankenhauses mit allen Liegenschaften und seinem gesamten Personal an das Land von den Bürgermeistern der 13
Verbandsgemeinden einstimmig beschlossen

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