Kinder, Medien und Gewalt

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Kinder, Medien und Gewalt
Ana Mijić
Kinder, Medien und Gewalt
Ein Thema für die Entwicklungszusammenarbeit
Betrachtungen zu einem aktuellen Problembereich
Institut für Friedenspädagogik
Tübingen e.V.
Das vorliegende Papier entstand im Rahmen einer
Kooperation des Instituts für Friedenspädagogik
Tübingen e. V. (ift) mit dem Sektorvorhaben Bil­
dung und Konfliktbearbeitung, das von der Deut­
schen Gesellschaft für Technische Zusammen­arbeit
(GTZ) im Auftrag des Bundesministeriums für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick­
lung durchgeführt wird. In einem vom Institut
für Friedenspädagogik und dem Sektorvorhaben
Bildung und Konfliktbearbeitung veranstalteten
Fachgespräch im Juni 2006, an dem 20 Fachleute
teilnahmen, wurden im Besonderen die Themen
Mediengewaltwirkungsforschung, Krieg in den
Medien, konstruktive Konfliktberichterstattung
sowie medienpädagogische Praxisbeispiele dis­
kutiert (Protokoll des Fachgesprächs vgl. www.
friedenspaedagogik.de). Darüber hinaus entstand
eine umfangreiche Literaturstudie zur Thematik
„Kinder, Medien und Gewalt“ (vgl. www.friedens­
paedagogik.de).
Impressum
Ana Mijić: Kinder, Medien und Gewalt – Ein Thema
für die Entwicklungszusammenarbeit
Betrachtungen zu einem aktuellen Problemfeld
© 2007, Institut für Friedenspädagogik Tübingen e. V.
Corrensstr. 12, 72076 Tübingen
www.friedenspaedagogik.de
Sektorvorhaben Bildung und Konfliktbearbeitung
Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammen­
arbeit (GTZ) GmbH
Postfach 5180, 65726 Eschborn, www.gtz.de
Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammen­
arbeit und Entwicklung
Referat 311
Titelbild: dpa
Satz und Layout: 8421medien.de, Rottenburg a. N.
Druck: Deile, Tübingen
ISBN
978-3-932444-19-7
Dem Fachgespräch verdankt das vorliegende
Papier, in dem die für die Entwicklungszusam­
menarbeit (EZ) wesentlichen Aspekte der Litera­
turübersicht zusammenfassend und thesenförmig
dargestellt werden, vielfältige Hinweise und
An­regungen.
Einführung 2
Die Medienlandschaft und ihre Relevanz für die Entwicklungszusammenarbeit Veränderung der Medienlandschaft Verbreitung der Medien Neue Tendenzen Relevanz für die Entwicklungszusammenarbeit 2
3
4
5
6
Gefahren
6
Gewaltbegriff
Gefährdung durch Gewaltdarstellungen in Bildschirmmedien
Gefährdungen durch das Internet
Realitätsverlust und Suchtverhalten
Vermittlung problematischer Weltbilder
Neue Informations- und Kommunikationstechnologien und Krieg
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10
10
11
Chancen und Herausforderungen
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Verbesserung von Bildungschancen
Medien als Instrument und Hilfsmittel im Bereich der Konflikttransformation
Medien als Mittel der Gewaltprävention
Demokratisches Potential der Informations- und Kommunikationstechnologien
Neue Erwerbsmöglichkeiten
Zensur, Unterdrückung und Inszenierung
Wahrheitsgehalt von Medieninhalten
Sicherheit von Daten und Transaktionen
Umgang mit Datenmüll
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Medien als Sozialisationsinstanz und Wirklichkeitskonstrukteur
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Medienpädagogische Interventionsstrategien zur Minimierung der Gefahren
und Maximierung der Chancen
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Jugendmedienschutz
Förderung von Medienkompetenz
Medienethik - Verantwortung der Medienproduzierenden
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Bedeutung der Medien für die friedenspädagogische Arbeit
21
Vermittlung von Friedenskompetenz
Anleitung zur Erlangung von Friedensfähigkeit
Anleitung zum Friedenshandeln
Zusammenfassung und Empfehlungen an die Entwicklungszusammenarbeit
21
23
23
25
Literatur
Links
Dokumente
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31
Einführung
Medien, im Besonderen die neuen Informationsund Kommunikationstechnologien, gewinnen im
Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit stetig
an Bedeutung. Die Aufhebung der Ungleichheit
hinsichtlich der Möglichkeiten der Nutzung vor
allem digitaler Technologien ist ein wichtiges Bestreben internationaler Entwicklungszusammen­
arbeit geworden. „Let us turn the digital divide
into digital opportunity“, so der UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon bei der Eröffnung der Vorstandssitzung der UN-Initiative Global Alliance for Information and Communication Technologies and
Development (GAID). Das Bündnis, entstanden
2006, sei mit seinen Teilnehmern aus Regierung,
Wirtschaft und Zivilgesellschaft gut positioniert,
den Gebrauch neuer Technologien zu fördern, um
Armut, Analpha­betismus und Erkrankungen zu
bekämpfen, die Umwelt zu schützen sowie Frauen und Mädchen zu stärken, so Ki-Moon. Als Bestandteil der UN-Strategie im Kampf gegen Armut
betont die Initiative die Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnologien sowie
der Internetvernetzung für das Erreichen der Millenium Development Goals (MDG), in deren letzter
Zielvorgabe gefordert wird diese Technologien zur
Erreichung der MDGs einzusetzen: „In cooperation
with the privat sector, make available the benefits
of new technologies – especially information and
communication technologies“. In der Anfangsphase
soll der GAID zufolge besonders in abgelegenen Gebieten nicht nur Hardware zur Verfügung gestellt,
sondern auch die nötige Infrastruktur aufgebaut
werden, um dort einen Zugang zum Internet zu ermöglichen. Darüber hinaus werden den Menschen
die hierzu notwendigen technischen Kompetenzen
vermittelt. Langfristiges Ziel ist, das Potential der
Informations- und Kommunikationstechnologien
zu nutzen, um sowohl soziale Entwicklung als
auch Wirtschaftswachstum zu fördern. „Low-cost
internet“, „low-cost computer“ und „open source“
sind notwendige Voraussetzungen für schnelle und
nachhaltige Entwicklungen in diesem Bereich.
Hierzu muss es jedoch zu einem Umdenken bezüglich der Informations- und Kommunikationstechnologien kommen: neben Geräten mit größerer
Kapazität und mehr Anwendungsmöglichkeiten
müssen billige Geräte produziert werden mit einem
Mindeststandard an Kapazität und Anwendungen.
„Affordability“ wird zu einem entscheidenden Kriterium für die Technologieentwicklung. Mit Negro­
pontes 100-Dollar-Laptop ist hier sicherlich ein
erster Schritt getan (www.laptop.org).
Ziel ist es, dass bis 2015 mehr als 50 Prozent der
Weltbevölkerung Zugang zum Internet haben und
alle Dörfer, Verwaltungen, Schulen, Universitäten,
Bibliotheken, Museen und Krankenhäuser dieser
Welt vernetzt sind (vgl. Kammerl / Lang-Wojtasik
2006).
Wissen als wichtiger Faktor der Entwicklung
Die Bemühungen um die Verbreitung der Informations- und Kommunikationstechnologien im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) hängen
nicht zuletzt mit der Entdeckung der Bedeutung
von Wissen für die ökonomische Entwicklung zusammen. Spätestens seit der Veröffentlichung des
Weltentwicklungsberichtes Knowledge and Development durch die Weltbank im Jahre 1999 wird
dieser Zusammenhang immer wieder diskutiert
und seither im Rahmen verschiedener UN-Konferenzen und Erklärungen in seiner Bedeutung bestätigt. Als zentral anzusehen sind hier der World
Summit on the Information Society 2003 (Genf)
und 2005 (Tunis).
Dieser in zwei Etappen geteilte Weltgipfel über die
Informationsgesellschaft setzte sich mit zentralen
sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen
auseinander, die mit der Verbreitung der neuen
Technologien einhergehen. Das Ziel des Gipfels
besteht in der „Entwicklung einer gemeinsamen
Vision und eines gemeinsamen Verständnisses der
Informationsgesellschaft und [der] Verabschiedung
einer Grundsatzerklärung sowie eines Aktionsplans
einschließlich einer Reihe konzentrierter Maßnahmen, die von den Regierungen, den internationalen
Institutionen und allen gesellschaftlichen Akteuren
zwecks Überwindung des digitalen Grabens umgesetzt werden sollen“ (www.wsisgeneva2003.org).
Im Rahmen des Jahresberichts Towards a Knowledge Society identifiziert die UNESCO die Förderung von Wissen als ein Schwerpunktthema für die
internationale EZ.
Kinder und Medien in der internationalen
Diskussion
In Artikel 17 der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen ist das Recht der Kinder zur Mediennutzung festgehalten, sowie die Verantwortung der Massenmedien gegenüber den Kindern.
Vorgesehen wurde schon bei der Verabschiedung
der Konvention im Jahre 1989 die Gründung eines
internationalen Netzwerkes, das sich mit dem Verhältnis von Kindern und Medien beschäftigt. Mitte
der 1990er Jahre richtete das Nordic Information
Center for Media and Communication Research
(Nordicom) in Göteborg eine Clearingstelle ein,
die zur Verbesserung des Wissens über Kinder, Jugendliche und Mediengewalt beitragen soll. Die
Arbeit der Institution konzentriert sich dabei auf
drei Schwerpunkte: (1) research on children, young
people and media, with special attention to media
violence; (2) research and practices regarding media education and children‘s / young people‘s participation in the media; (3) measures, activities and
research concerning children‘s and young people‘s
media environment (http://www.nordicom.gu.se/
clearinghouse.php).
Die Medienlandschaft und
ihre Relevanz für
die Entwicklungszusammenarbeit
Veränderung der Medienlandschaft
Spätestens mit der Verbreitung der PCs in Büros und
später in Haushalten in den 1980er Jahren begann
eine ungeheure Umwälzung im Bereich der Medien. Allein im vergangenen Jahrzehnt ist es zu tief
greifenden Veränderungen der Medienlandschaft
gekommen. Aufgrund der Entstehung neuer Medienformen bzw. der Verschmelzung verschiedener
bestehender Formen im Zuge der Digitalisierung
werden traditionelle Differenzierungen zunehmend
durch neue ersetzt. Das Internet zeichnet sich hier
als ein „Hybridmedium“ par excellence aus. Es repräsentiert eine qualitative Verlagerung innerhalb der
Medienlandschaft, indem es Inhalte bereits existierender Medien integriert und darüber hinaus neue
Möglichkeiten eröffnet: So kann ein internetfähiger
Computer mit einer ausreichenden Bandbreite und
entsprechendem Zubehör Buch und Zeitung, das
Radio wie auch den Fernseher ersetzen.
Des Weiteren kam es auch zu einer gravierenden
Veränderung der Kommunikationsgewohnheiten
(E-Mail, Chats, Weblogs, SMS usw.), wobei die
Grenzen zwischen Individual-, Gruppen- und Massenkommunikation zu verschwimmen scheinen
und jeder Rezipient zum Produzenten von Informationen werden kann, die auch an ein disperses
Publikum (Maletzke) gerichtet sein können, wie
es für die Massenmedien typisch ist. Die neuesten Veränderungen v. a. im Hinblick auf interaktive
Techniken und Dienste des Internets, werden heute
unter dem Oberbegriff „web 2.0“ zusammengefasst
(O‘Reilly 2004). Ein zentraler Unterschied zum „web
1.0“ liegt darin, dass das „web 2.0“ durch soziale
Teil­habe (participation) und die (kostenlose) Weitergabe von Wissen charakterisiert ist.
Neue Informationstechnologien führten und führen
darüber hinaus über verschiedenste Kanäle zu einer stetigen Zunahme von Medienangeboten und
In­formationen. Das Wachstum des digitalen Datenbergs ist dabei unterschiedlich verteilt. So haben alle Weltregionen außerhalb von Nordamerika,
Westeuropa und Japan nur einen Anteil von zehn
Prozent am digitalen Universum. Das Wachstum
wird dort aber künftig um 30 bis 50 Prozent größer
sein als in den Industrienationen.
Auf Grund dieser abzusehenden Entwicklungen
kann den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien im Rahmen der EZ eine zentrale
Rolle zugesprochen werden. Ihre Bedeutung nimmt
in Industrie, Medizin, Wissenschaft und Politik kontinuierlich zu.
Es gilt jedoch darauf hinzuweisen, dass die alten Medien in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden
dürfen (UNESCO 2005: 37). So wird beispielsweise
in weiten Teilen Afrikas das Radio voraussichtlich
zunächst das zentrale Medium bleiben. Dies gilt es
im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit anzuerkennen und weiterhin zu fördern, denn „[t]he
radio alone, not the internet enables many disinherited and isolated communities to offer their members
– particularly women – the possibility of making their
voices heard, of participating in political life and of
gaining access to a greater quantity of information
and knowledge of particular use in everyday life.“
(UNESCO 2005: 37).
In Anbetracht dessen, dass das Internet als Hybridmedium charakterisierbar ist, kann von einer
zunehmenden Bedeutung auch für die oralen Kulturen ausgegangen werden. Eine Verbreitung und
zunehmende Nutzung des Internets wird dabei
Auswirkungen auf die jeweiligen Kulturen nach
sich ziehen. Die Annahme der Kommunikationswissenschaftler McLuhan und Innis, dass Medien
die Art und Weise der Wahrnehmung, des Denkens
und einer Kultur beeinflussen und damit die soziale
Struktur einer Gesellschaft von ihren Kommunikationsmitteln bestimmt wird, scheint evident (vgl.
McLuhan 1995a; Innis 1997).
Verbreitung der Medien
Richtet man einen Blick auf die Verfügbarkeit von
Medien im weltweiten Vergleich, ist trotz einer zunehmenden Verbreitung der meisten Medienformen
eine medienübergreifende informationelle Spaltung
zu konstatieren.
Bislang liegen kaum länderübergreifende Erhebungen zur Medienverfügbarkeit und Mediennutzung von Kindern vor. Bei den meisten Studien handelt es sich um länderspezifische Untersuchungen.
Unter Rückgriff auf länderspezifische Daten sowie
die Ergebnisse des InterMedia survey wird im Report
des 4th World Summit on Media for Children and
Adolescents (Gigli 2004) versucht, ein internatio­
nales Bild zu zeichnen:
International betrachtet ist der Fernseher das dominante Medium bei Kindern und Jugendlichen sowie
Erwachsenen (Gigli 2004). Nach dem Fernseher ist
das Radio das am weitesten verbreitete Medium.
In vielen Ländern setzte im vergangenen Jahrzehnt
ein regelrechter Boom ein, was als Folge der zunehmenden Erscheinung privater Radiostationen
gesehen werden kann. Das Radio wird dabei meist
zur Unterhaltung, aber auch für die Beschaffung
von Informationen genutzt. In manchen Ländern
ist die Nutzung der öffentlichen internationalen
Rundfunksendungen (z. B. BBC, Deutsche Welle) unter Jugendlichen besonders verbreitet. Den
kontinuierlichen Zuwachs dieser Medien kontrastierend, nimmt die Bedeutung der Printmedien in
vielen Ländern ab, was zum Teil auf die verbesserte
Qualität und die Quantität der über Fernsehen und
Radio verfügbaren Informationen, aber auch auf die
deutlich höheren Kosten ihrer Produktion und Distribution zurückzuführen ist.
Aufgrund der oben skizzierten Veränderungen der
Medienlandschaft durch neue Technologien gilt es
jedoch das Internet als das zentrale Medium (Leitmedium / Basismedium) einerseits der Unterhaltung,
der Informationsbeschaffung sowie der Kommunikation, andererseits aber auch der Wirtschaft und
Logistik zu betrachten. Doch auch im Hinblick auf
die weltweite Verfügbarkeit des Internets ist noch
immer eine signifikante Ungleichverteilung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern zu verzeichnen. Während die Mehrheit der Menschen in
den Entwicklungsländern keine Möglichkeit haben
das Internet zu nutzen, verfügen etwa zwei Drittel
der Menschen in den Industriestaaten über einen
eigenen Zugang.
Die mit der internetbasierten Kommunikation verbundenen Chancen und Möglichkeiten bleiben damit bislang weitestgehend denjenigen vorbehalten,
welche bereits über einen ökonomischen Wettbewerbsvorteil verfügen (ITU 2006). Die „digitale“
Spaltung ist als eine zentrale globale Herausforderung zu betrachten.
Es ist jedoch zu beachten, dass es dabei nicht nur
um die Minimierung der Kluft zwischen den Ländern des Südens und des Nordens gehen darf. Es
gilt zu berücksichtigen, dass die digitale Spaltung
auch innerhalb der Länder zwischen verschiedenen
gesellschaftlichen Gruppen besteht. Für Industriewie auch Entwicklungsländer gilt, dass sich Verfügbarkeit und Nutzung vorwiegend auf wohlhabende,
besser ausgebildete, in der Stadt lebende junge
Männer konzentriert. Im Rahmen des World Internet Project der University of California in Los Angeles wurde festgestellt, dass in all den untersuchten
Ländern eine Kluft zwischen Männern und Frauen
besteht, die im Durchschnitt bei 8 Prozent liegt. Die
Kluft zwischen Arm und Reich sowie zwischen Alt
und Jung, sei dabei noch wesentlich größer als die
Gender-Kluft. Auch Bildung konnte als wesentlicher
Faktor identifiziert werden: Die Zahl der User unter
den Hochschulabsolventen ist in einer deutlichen
Mehrheit der Fälle höher als die Zahl der Internetnutzer ohne Hochschulabschluss. Die einzige Ausnahme unter den untersuchten Ländern besteht
diesbezüglich in Deutschland. Es erweist sich jedoch
als sinnvoll, nicht nur den Zugang sondern auch die
Art der Nutzung bzw. die konsumierten Inhalte der
Informations- und Kommunikationstechnologien
zu berücksichtigen.
Neben ökonomischen Ressourcen, Alter, Geschlecht,
Bildung und geographischer Lage, werden im Rahmen des UNESCO Reports Towards Knowledge Societies auch Sprache, Arbeitsverhältnis sowie Behinderungen als Faktoren identifiziert, die zu einer
digitalen Spaltung beitragen. „The emergence of
English as the lingua franca of globalization leaves
little room for other languages within cyberspace“
(UNESCO 2005: 30). Des Weiteren sei der Zugang
zum Internet in vielen Ländern auf die Arbeitswelt
beschränkt. Wenig Beachtung findet die Tatsache,
dass Menschen mit Behinderung (relativ betrachtet), seltener Zugang zu neuen Informations- und
Kommunikationstechnologien haben. Für diese
Menschen stellt das Internet eine einzigartige Möglichkeit zur Integration und sozialen Partizipation
dar (UNESCO 2005: 30).
Neue Tendenzen
Der International Telecommunication Union (ITU)
zufolge lassen sich positive Entwicklungen auch für
die 50 ärmsten Länder der Welt (LDC) verzeichnen.
Ihrem aktuellen Bericht ist zu entnehmen, dass
weltweit mehr und mehr Menschen Zugang zu verschiedenen Informations- und Kommunikationstechnologien haben (ITU 2006). Dies trifft vor allem
für die Verbreitung neuer Technologien zu. So zeigt
etwa der Mobilfunksektor im Vergleich zu den Festnetzanschlüssen deutlich höhere Wachstumsraten
auf. 2004 wurden beispielsweise allein in Afrika ca.
15 Millionen neue Mobiltelefone angemeldet. Die
Zahl der Neuanmeldungen hat sich seit 1999 mehr
als verdoppelt. Ein siebenundzwanzigfacher Unterschied zwischen Industrie- und Entwicklungsländern
im Jahre 1994 ist auf einen vierfachen im Jahre 2004
gesunken. Bezüglich der Verbreitung des Internetzugangs sind ebenfalls Fortschritte zu verzeichnen.
Nutzten 1994 noch 73 Mal mehr Menschen in den
Industrieländern das Internet, sind es 2004 lediglich
8 Mal mehr als in den Entwicklungsländern. Auch im
Hinblick auf die technischen Entwicklungen lassen
sich Fortschritte feststellen: Obwohl der Großteil
der Nutzer aus diesen ärmsten Regionen über Telefonleitungen das Internet nutzt, ist ein Trend hin zu
Breitbandanschlüssen erkennbar, welche bereits in
die ländlichen Gegenden vordringen (www.itu.int).
Es ist davon auszugehen, dass sich die Art der Nutzung des Internets in Entwicklungsländern von der
Nutzung in Industrieländern unterscheidet: Nicht
zuletzt aufgrund einer mangelhaften Infrastruktur,
wird die gemeinschaftliche Nutzung (Internetcafes,
Jugendzentren, Schulen usw.) gegenüber einer individuellen Nutzung (am eigenen Computer) dominant bleiben. Dies gilt aber auch schon für die
„alten“ Medien, wie Radio oder Fernseher und liegt
neben den infrastrukturellen Bedingungen auch in
sozial-kulturellen Unterschieden begründet.
Relevanz für die Entwicklungszusammenarbeit
Diese Entwicklung wird wohl in Zukunft weiter
voranschreiten, nicht zuletzt auch aufgrund einer
gezielten Förderung im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, die zu Beginn des Papiers geschildert wurden.
„The digital divide is thus of direct concern to
UNESCO‘s task. If we wish to promote the development of genuine knowledge societies in the name
of human development, there is a self-evident and
pressing need to overcome digital inequalities“
(UNESCO 2005: 29).
„Two challenges posed by the information revolution
stand out in particular – bridging the digital divide
and guaranteeing the future of freedom of expression“ (UNESCO 2005: 27).
„These technologies play an important role, not
only in economic development (through the spread
of innovation and the productivity gains the bring
about), but also in human development“ (vgl. UNDP
2001).
Mit der zunehmenden Verbreitung der Medien ergeben sich neue Herausforderungen für Entwicklungszusammenarbeit, die dann im Besonderen für den
Bildungsbereich von Bedeutung sind. Die Versorgung mit Endgeräten, der Aufbau der Infrastruktur
sowie die Vermittlung technischer Kompetenzen alleine reichen nicht aus, um die informationelle Kluft
de facto zu überwinden, d. h. die Chancen, die mit
der Verfügbarkeit vor allem der neuen Technologien
verbunden wären, tatsächlich zu nutzen. Darüber
hinaus gilt es zu beachten, dass Medien auch ihre
Schattenseiten haben.
Die Relevanz der Thematik für die EZ im Allgemeinen und für den Bildungsbereich im Besonderen
ergibt sich somit daraus, dass mit der Verbreitung
der Medien, vielfältige Chancen aber auch Gefahren
einhergehen, die gleichermaßen als Herausforderung zu betrachten sind.
GEFAHREN
Gewaltbegriff
Eltern, Lehrer und Politiker sind besorgt über angenommene negative Einflüsse, welche Medien auf
Kinder und Jugendliche haben könnten. Diese Sorge bezieht sich typischerweise im Besonderen auf
Darstellungen direkter physischer Gewalt und pornographische Darstellungen. Dem hier vorliegenden
Papier liegt ein umfassendes Gewaltverständnis
zugrunde, welches auf der Definition von Johan
Galtung basiert. Ihm zufolge liegt Gewalt dann vor,
wenn Menschen so beeinflusst werden, dass ihre
tatsächliche körperliche und geistige Verwirklichung
geringer ist als ihre mögliche Verwirklichung. Nach
einer ersten Unterscheidung zwischen direkter und
struktureller Gewalt vervollständigt er in den 1990er
Jahren sein „Dreieck der Gewalt“ um das Konzept der
kulturellen Gewalt. Unter direkter Gewalt versteht
er äußerliche, d. h. sichtbare physische oder verbale
Gewalt, die sich auch dadurch auszeichnet, dass ein
Täter klar identifizierbar ist. Die Verantwortung für
strukturelle Gewalt jedoch liegt nicht bei Personen,
sondern bei spezifischen organisatorischen oder
gesellschaftlichen Strukturen und Lebensbedingungen. Mit kultureller Gewalt werden schließlich
Ideologien, Überzeugungen, Überlieferungen und
Legitimationssysteme beschrieben, mit deren Hilfe
direkte und strukturelle Gewalt ermög­licht werden
(Galtung 1974; Galtung 1993).
sichtbar
Direkte
Gewalt
unsichtbar
Kulturelle
Gewalt
Strukturelle
Gewalt
Johan Galtung
Die umfassende, und aus diesem Grund auch häufig
kritisierte Gewaltdefinition von Galtung, erscheint
als geeignet, um die vielfältigen mit dem Bedeutungsgewinn von Medien verbundenen Herausforderungen vor allem für die Entwicklungszusammenarbeit zu erfassen.
So wird etwa vor diesem Hintergrund deutlich,
dass auch die oben beschriebenen Ungleichheiten
bezüglich der materiellen Zugangsmöglichkeiten
zu Medien sowie der kognitiven Zugangsmöglichkeiten zu medial transportierten Informationen als
Gewaltphänomen zu berücksichtigen sind. In diesem Sinne ist von struktureller Gewalt zu sprechen,
wenn Menschen nicht über die Möglichkeiten verfügen, die etwa immer wichtiger werdenden Informations- und Kommunikationstechnologien zu nutzen
bzw. sie aufgrund mangelnder Medienkompetenz
nicht zu nutzen wissen und die damit verbundenen Chancen letztlich nicht umzusetzen in der Lage
sind. Beides ist gleichermaßen als Herausforderung
für die Entwicklungszusammenarbeit zu betrachten, im Rahmen derer jedoch ein weiterer Aspekt
von besonderer Relevanz ist: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kommt in ihrem Bericht Gewalt
und Gesundheit von 2002 zu der Einschätzung,
dass „[d]ie Vorstellung von akzeptablen und nicht
akzeptablen Verhaltensweisen und die Grenzen
dessen, was als Gefährdung empfunden wird, (…)
kulturellen Einflüssen [unterliegt] und (…) fließend
[sind], da sich Wertvorstellungen und gesellschaftliche Normen ständig wandeln“ (WHO 2002: 6).
Beschäftigt man sich mit dem Zusammenhang von
Medien und Gewalt im Kontext der Entwicklungszusammenarbeit, gilt es zu berücksichtigen, dass das
Verständnis darüber, was unter Gewalt zu verstehen
ist, grundsätzlich kontextgebunden ist (historisch,
geographisch, kulturell). „Was an einem Ort und zu
einer bestimmten Zeit als Gewalt bezeichnet und
erlebt wird, gilt nicht unbedingt für andere Zeiten
und andere Orte“ (Gugel 2005: 282). Daraus ergeben sich etwa Konsequenzen für den Jugendmedienschutz weltweit. Trotzdem können internationale
Standards benannt werden, die in Dokumenten von
internationalen Organisationen festgehalten sind.
Reale und fiktive Gewaltdarstellungen in
den Medien
Im Hinblick auf Gewaltdarstellungen in den
Medien wird zwischen realen und fiktionalen
Darstellungen von Gewalt differenziert. Reale
Gewaltdarstellungen präsentieren reale Vorgänge bzw. Verhaltensweisen, während fiktionale Gewaltdarstellungen frei erfunden sind.
Letztere lassen sich darüber hinaus danach
unterscheiden, ob es sich um natürliche oder
künstliche Gewaltdarstellung handelt (Kepplinger / Dahlem 1990: 10). Unter natürlicher
Gewaltdarstellung wird dabei die lebens­echte
(Realfilm), unter künstlicher die artifizielle Präsentation verstanden, wie etwa ein Zeichentrick- oder ein Animationsfilm.
Es gilt jedoch darauf hinzuweisen, dass auch
in die Darstellung realer Gewalt gestalterische
Momente eingehen. Auch in den Medien werden reale Ereignisse – wie etwa Kriege – nicht
einfach abgebildet, sondern unterliegen einer
Inszenierung.
Aufgrund der Vielfältigkeit, stellt man zwischenzeitlich in Frage, ob Gewalt noch ein passender Begriff zur Erfassung der Problematik ist: „Violence is
no longer an adequate heading; today, terms like
‚harmful media content‘ or ‚harm and offence in
media content‘ are more in keeping with the situation. It is this broader term, that forms our point of
departure in this work“ (Carlsson 2006: 9), so etwa
im aktuellen Jahrbuch des International Clearinghouse on Children, Youth and Media. Diese kontextbedingte Abwendung vom Gewaltbegriff spiegelt
die Uneinigkeit in Wissenschaft und Gesellschaft
hinsichtlich der Frage wider, was unter Gewalt zu
verstehen ist (vgl. dazu Gugel 2006).
Gefährdung durch Gewaltdarstellungen
in Bildschirmmedien – Erkenntnisse der
Mediengewaltwirkungsforschung
Zwischenzeitlich existiert eine kaum noch zu überschauende Anzahl an Studien zur Erforschung des
Zusammenhangs zwischen Gewaltdarstellungen –
vor allem im Fernsehen – und realem Gewalthandeln.
In Form einer Metastudie liefern Michael Kunczik
und Astrid Zipfel einen Überblick über theoretische
Konzepte sowie (in der Regel auf ihnen beruhende)
bisherige Untersuchungsergebnisse (Kunczik / Zipfel
2005). Auf der Grundlage dieser Literaturstudie können folgende Punkte festgehalten werden: Mediengewalt kann nicht grundsätzlich als ungefährlich betrachtet werden. Es gilt jedoch die Auswirkungen von
Mediengewalt einer differenzierten Betrachtung zu
unterziehen. Einfache Ursache-Wirkungszusammenhänge, sind empirisch nicht haltbar, obwohl diese in
der Regel dem verbreiteten Bedürfnis nach eindeutigen Antworten auf die Frage nach der Gefährlichkeit von Mediengewalt entsprechen. Vielmehr stellt
Mediengewalt nur einen Faktor innerhalb eines komplexen Bündels von Ursachen für die Entstehung gewalttätigen Verhaltens dar. Dabei ist davon auszugehen, dass nicht alle Medieninhalte gleich wirken und
nicht jeder Medienkonsument von den potentiellen
Gefahren der Mediengewalt betroffen ist: „manche
Formen von Mediengewalt [können] für manche Individuen unter manchen Bedingungen negative Folgen nach sich ziehen“ (Kunczik / Zipfel 2006: 12). Den
bisherigen Befunden zufolge könne unter Vorbehalt
– vor allem aufgrund methodischer Probleme – angenommen werden, dass die Auswirkungen von Mediengewalt auf Aggressionsverhalten „am ehesten bei
jüngeren, männlichen Vielsehern zu erwarten [sind],
die in Familien mit hohem Fernseh(gewalt)konsum
aufwachsen und in ihrem unmittelbaren sozialen
Umfeld (d. h. Familie, Schule und Peer-Groups) viel
Gewalt erleben (sodass sie in Gewalt einen ‚normalen‘ Problemlösungsmechanismus sehen), bereits
eine violente Persönlichkeit besitzen und Medieninhalte konsumieren, in denen Gewalt auf realistische
Weise und / oder in humorvollem Kontext gezeigt
wird, gerechtfertigt erscheint und von attraktiven,
dem Rezipienten möglicherweise ähnlichen Protagonisten mit hohem Identifikationspotential ausgeht,
die erfolgreich sind und für ihr Handeln belohnt bzw.
zumindest nicht bestraft werden und dem Opfer keinen sichtbaren Schaden zufügen (‚saubere Gewalt‘)“
(Kunczik / Zipfel 2006: 11). Zu unterscheiden ist hier
zwischen personenbezogenen Variablen, dem sozialen Umfeld sowie Inhaltsvariablen, welche nicht unabhängig voneinander zu betrachten sind. Vielmehr
sei von einer Interaktion der einzelnen Variablen auszugehen. Des Weiteren kann angenommen werden,
dass auch der soziale oder sozioökonomische Status
als Einflussfaktor wirkt. Doch konnte dieser Zusam-
menhang bislang empirisch nicht nachgewiesen
werden (Kunczik / Zipfel 2005: 157ff.). Sozioökonomischer Status und soziales Umfeld scheinen jedoch
zu interagieren: Wachsende soziale Gegensätze und
Einkommensunterschiede erhöhen das Gewaltpotential in allen Gesellschaften (UN 2006: 4).
Dem sozialen Kontext als Einflussfaktor auf die
Wirkung von Mediengewalt gilt es im Rahmen
der Entwicklungszusammenarbeit besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Den Untersuchungen
der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge,
ist beispielsweise das Risiko ermordet zu werden,
für Kinder in Entwicklungs- und Schwellenländern
doppelt so hoch wie in den Industrieländern. Verweisend auf die aktuelle UN-Studie Violence against
Children ist außerdem darauf festzuhalten, dass in
vielen dieser Länder das Recht auf eine gewaltfreie
Erziehung nicht gesetzlich verankert ist, die Prügelstrafe an Schulen nicht abgeschafft wurde, verschiedene Formen von auf Traditionen beruhender
Gewalt – etwa die Beschneidung von Mädchen
– Millionen von Kindern zu Opfern werden lassen.
Darüber hinaus sind vor allem die ärmeren Regionen
der Welt von Kriegen und Konflikten betroffen.
Für Kinder, die im realen Leben Gewalt beobachten
(zur Auswirkung beobachteter Gewalt vgl. UN 2006:
290) oder ihr ausgesetzt sind, besitzen laut Kunczik
und Zipfel, violente Medieninhalte eine besondere
Anziehungskraft, da diese „durch die erlebte Realität als ‚normal‘ und angemessen eingeschätzt“
werden (Kunczik / Zipfel 2006: 162). Der UNESCOMedienstudie zufolge sind 16 Prozent der befragten
Kinder aus Regionen, die im besonderen Maße
durch Gewalt geprägt sind, der Ansicht, dass die
meisten Personen durch die Gewalt anderer sterben,
während in gewaltarmen Regionen lediglich sieben
Prozent diese Ansicht teilen (Groebel 1998: 14). In
derselben Studie geben 51 Prozent der Kinder aus
diesen Regionen an, sie würden gerne wie Arnold
Schwarzenegger in seiner Rolle als „Terminator“
sein (Groebel 1998: 12).
Gefährdungen durch das Internet
Die mit der Nutzung des Internets verbundenen
Gefahren sind vielfältig und lassen sich nicht auf
Auswirkungen von Gewaltdarstellungen reduzieren.
Anhand der öffentlichen Diskussion identifizieren
Kunczik und Zipfel sechs potentielle Risikofaktoren
(Kunczik / Zipfel 2005: 241f.), die im Folgenden benannt und um einige zusätzliche Aspekte erweitert
werden sollen.
Gewaltdarstellungen im Internet
Die beschriebenen Erkenntnisse über die Auswirkungen von Gewaltdarstellungen sind auch für das
Internet von Relevanz. Es gilt jedoch darauf hinzuweisen, dass die Gewaltdarstellungen im Internet
häufig besonders grausam und detailliert sind. So
werden Bilder von realen Ereignissen gezeigt, von
deren Veröffentlichung sowohl in den Printmedien
als auch im Fernsehen abgesehen wird. Besonders
grausame Ausschnitte aus Horrorfilmen sind ebenso zu finden, wie gewalthaltige pornographische
Darstellungen. Gewalttaten werden auch eigens
für die Verfilmung und die Veröffentlichung im
Internet durchgeführt. Die Spitze der Grausamkeit wäre hier mit den so genannten „Snuff-Movies“ erreicht. Ein Snuff-Movie bezeichnet dabei
die Aufzeichnung eines Mordes, der zum Zweck
der Aufzeichnung und letztlich mit kommerzieller
Absicht begangen wird. Über die Existenz solcher
Filme wird jedoch gestritten.
Gewaltausübung im Internet
Das Internet eignet sich aufgrund seines interaktiven
Charakters nicht nur zur Darstellung von Gewalt. Im
Rahmen von Onlinespielen dient es ebenso zur „fiktiven“ Ausübung direkter physischer Gewalt.
Gefahren durch die Beschaffung anderer
violenter Medien via Internet
Über das Internet können Kinder und Jugendliche
gewalthaltige Medien – z. B. Filme und Computerspiele – beziehen, die ihnen ansonsten nicht
10
zugänglich sind. Einerseits durch die Bestellung
bei Versendern, andererseits aber auch durch das
Herunterladen auf den Computer. Gewalthaltige
Computerspiele zum kostenlosen und anonymen
Download werden vielfach angeboten.
Neben den Risiken von Gewaltdarstellungen und
den von Kunczik und Zipfel identifizierten vielfältigen Gefahren im Hinblick auf das Internet, gilt
es auf einige weitere Aspekte zu verweisen, die ein
Gefahrenpotential in sich bergen.
Gefahren, via Internet Opfer von Gewalt zu
werden
Realitätsverlust und Suchtverhalten
Eine Studie in Großbritannien kommt zu dem Ergebnis, dass über zehn Prozent der Kinder zwischen
11 und 15 Jahren Opfer von „Cyber-Bullying“, aber
auch von Gewaltandrohungen oder von der Veröffentlichung falscher Informationen im Internet sind
(Microsoft 2006). Gewaltandrohungen, Verleumdung sowie Cyber-Bullying sind erst aufgrund der
hohen Anonymität des Internets in dieser Ausprägung möglich. Das Phänomen des Cyber-Bullyings
geht dabei beispielsweise Hand in Hand mit der
Verbreitung von Mobiltelefonen.
Des Weiteren besteht die Gefahr Opfer sexueller
Gewalt zu werden. Die zahlreichen Chat-Rooms für
Kinder und Jugendliche, in denen diese sich unter
Gleichgesinnten glauben, werden bewusst von Pädophilen aufgesucht, die die Kinder sexuell belästigen,
auch mit dem Ziel ein reales Treffen zu provozieren.
Aufrufe zur Gewalt
Das Internet wird auch von rassistischen, rechtsextremen oder terroristischen Gruppierungen als
Plattform für die Veröffentlichung ihrer Ideologien
sowie den gezielten Aufruf zur Gewalt genutzt. Allgemein ist die Politisierung des Internets, besonders die Nutzung jenseits völkerrechtlich-demokratischer Prämissen, als zentrale Gefahrenquelle zu
betrachten.
Anleitung zur Ausführung violenter Hand­
lungen
Wie Kochrezepte finden sich im Internet auch Anleitungen zum Bau von Bomben, zum Mixen von
Schießpulver, aber auch Anleitungen zum Mord und
Selbstmord.
Verbreitet ist die Annahme, dass mit einem übermäßigen Konsum von Medien ein zunehmender Realitätsverlust bzw. der Verlust einer „primären Welterfahrung“ einhergeht. Diskutiert wird dieser Aspekt
vor allem im Zusammenhang von Computerspielen
und dem Eintauchen in die virtuellen Welten des
Internets, wie etwa dem Internet-Spiel Second Life.
Empirisch ließen sich diese Annahmen jedoch noch
nicht bestätigen.
Wissenschaftlich kontrovers diskutiert wird auch
die These, dass eine exzessive Nutzung von Internet
und Computerspielen (online / offline) zu Suchtverhalten führen kann. Auf Untersuchungen der
Berliner Humboldt-Universität beruhenden Schätzungen zufolge, sind ca. drei Prozent der deutschen
Internetnutzer süchtig. Diese äußere sich in einer
Verengung des Verhaltensraums, Kontrollverlust,
Toleranzentwicklung (d. h. Nutzung wird gesteigert, damit ein konstantes positives Gefühl erhalten
bleibt) und Entzugserscheinungen.
Vermittlung problematischer Weltbilder
Richtet man sein Interesse auf potentielle Gefahren
von Medien im Entwicklungskontext, gilt es zu
beachten, dass sowohl das Internet als auch das
Fernsehprogramm oder Kino bislang weitestgehend
westlich geprägt sind. Bei Film und Fernsehen handelt es sich zumeist um US-amerikanische Produktionen, die weltweit Verbreitung finden. Auf Grund
mangelnder Ressourcen für eigene Produktionen
wird in Entwicklungsländern verstärkt auch die
Mehrzahl der Programme für Kinder und Jugendliche importiert: „Unfortunately much of the content
contains characters and messages that, at best, are
simply not relevant to local cultures, and at worst
11
convey violent images and mass marketing messages“ (Gigli 2004). Darüber hinaus wird im Rahmen
der UN-Studie Violence Against Children darauf hingewiesen, dass durch den Konsum solcher Produktionen die Kluft zwischen dem Lebensstil der „haves“
und dem Lebensstil der „have-nots“ unterstrichen
wird, was sowohl zu geringfügigen aber auch zu
gewaltsamen kriminellen Handlungen führen kann
(UN 2006: 313). Die Herausforderung der Entwicklungszusammenarbeit besteht hier nicht zuletzt in
der Förderung einheimischer Produktionen.
Neue Informations- und Kommuni­­ka­tions­
technologien und Krieg
Abschließend gilt es zumindest flankierend darauf
hinzuweisen, dass „moderne“ Kriege, ohne die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien
gar nicht führbar wären. Auch der internationale
Terrorismus, wie man ihn seit spätestens dem 11.
September 2001 kennt, wäre nicht denkbar, gäbe
es nicht die Möglichkeit einer globalen Vernetzung
über das Internet.
CHANCEN
UND HERAUSFORDERUNGEN
Vor allem mit der Verbreitung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien sind
auch vielfältige Chancen verbunden. Im Folgenden
werden die für den Bereich „Bildung und Konflikt“
relevanten benannt.
Verbesserung der Bildungschancen
„Might we now have the means to achieve equal
and universal access to knowledge, and genuine
sharing?“ (UNESCO 2005: 17).
Verbesserungen im Hinblick auf Bildungschancen
ergeben sich mit der Verbreitung der neuen In-
formations- und Kommunikationstechnologien im
Hinblick auf zumindest dreierlei Nutzungsmöglichkeiten:
Medien als Informationsquelle zur Generierung
individuellen Wissens
Durch die Verbreitung des Internets ergeben sich
vielfältige Möglichkeiten der individuellen Wissensgenerierung. Es erscheint als unerschöpfliche Quelle von Informationen und bietet nahezu unendliche
Möglichkeiten der Recherche. Den Schätzungen
eines Forschungsprojektes an der Universität in Berkeley (Kalifornien) zufolge, entsprechen die jährlich
geschaffenen neuen Informationen 37 000 Bibliotheken der Größe der US Libary of Congress. Über
90 Prozent dieser Informationen werden digital gespeichert (Lyman / Varian 2003). Dabei gilt es jedoch
darauf hinzuweisen, dass Information allein nicht
notwendigerweise zu Wissen führt.
E-Learning
Darüber hinaus ist an die vielfältigen Formen eines
gezielten Lernens mit Hilfe neuer Informations- und
Kommunikationstechnologien, dem so genannten
E-Learning, zu denken, einerseits im Rahmen des
formalen aber auch des informellen Bildungsbereichs. Im formalen Bildungsbereich handelt es
sich typischerweise um Formen des so genannten
Blended Learning, d.h. traditionelles und virtuelles Lernen auf der Basis neuer Informations- und
Kommunikationstechnologien, die im Rahmen konkreter Lehr- und Lernkonzepte didaktisch sinnvoll
verknüpft werden (Kerres 2001a). Dieses integrierte
Lernen hat sich in der Regel als effizienter erwiesen
als reine E-Learning Arrangements.
Im Hinblick auf die Frage nach den Potentialen und
dem Mehrwert gegenüber traditionellen Formen, lassen sich vor allem folgende Aspekte benennen, die für
die Förderung solcher Lehr- und Lernformen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit sprechen:
Ein zentraler Vorteil besteht in der flexiblen Lernorganisation: Lehrende und Lernende sind im Hin-
12
blick auf Raum und Zeit unabhängig voneinander.
Hierbei ist beispielsweise an verschiedene Formen
des „teleteaching“ oder der „distance education“
zu denken. Eine individuellere Ausrichtung des
Lehrmaterials sowie eine Individualisierung der
Qualifizierung wird möglich. Darüber hinaus ist
digitalisiertes Lehrmaterial flexibler zu handhaben
im Hinblick auf die Aktualisierung: Selbst in Industrieländern sind die Schulbücher häufig veraltet und
bieten damit keine idealen Lernbedingungen. Eine
Digitalisierung des Lehrmaterials bietet sich auch
aus Kostengründen an.
Da im Rahmen des E-Learnings selbstorganisiertes Lernen von zentraler Bedeutung ist, sind damit
hohe Anforderungen an die individuellen Lernkompetenzen verknüpft, die auch eine Überforderung
des Lernenden mit sich bringen können. Auf dem
E-Learning beruhende Lernarrangements können
aufgrund dessen nur dann wirksam sein, wenn sie
mit einer durchdachten didaktischen Konzeption
einhergehen.
Neue Informations- und Kommunikationstech­
nologien als Hilfsmittel traditioneller Bildung
Auch im Hinblick auf traditionelle Lehr- und Lernformen bieten die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien bislang nicht da gewesene
Möglichkeiten. So etwa die digitale Bereitstellung
von Lehrbüchern. Diesbezügliche Pionierarbeit
leistet etwa das US-Unternehmen Freeload Press,
welches über kommerzielle Werbung finanzierte
kostenlose Lehrbücher im Netz bereitstellt.
Globales Lernen
Durch das Internet ergeben sich für den Bereich des
Globalen Lernens neue Möglichkeiten, bezüglich Information und Kommunikation sowie Kreativität in
Form international angelegter Projekte.
In seinem nahezu unerschöpflichen Pool lassen sich
beispielsweise Informationen über andere Länder,
Kulturen, Weltsichten sowie über globale Themen
recherchieren. In ihrer Aktualität sind diese In-
formationen in der Regel denjenigen aus anderen
Medien weit voraus. Schüler können kostengünstig
– über E-Mail, Chats oder Weblogs – mit anderen
Schülern weltweit in einen direkten Dialog treten
und auf diesem Wege unmittelbar mehr über das
alltägliche Leben der jeweils anderen erfahren, aber
auch über ihre Perspektiven zu globalen Fragen.
Über diese neuen Kommunikationsmöglichkeiten
entstehen auch neue Chancen für die Umsetzung
international angelegter Projekte im Bereich des
Globalen Lernens, ob nun virtuell, zum Beispiel in
Form gemeinsam gestalteter Webseiten oder real,
wie etwa ein Schüleraustausch.
In diesem Zusammenhang gilt es anzumerken, dass
sich der Fokus im Hinblick auf die Nutzung des Internets im Rahmen der Bildung auf E-Learning sowie die individuelle Informationsbeschaffung, d. h.
Recherche, richtet. Das Potential der neuen Kommunikationsmöglichkeiten für den Bildungsbereich,
besonders in Form von Chats, Weblogs und zukünftig auch online-Videokonferenzen, wird bislang
unterschätzt. Häufig werden sie gar als die dunkle
Seite des Internets betrachtet und der Zugang zu
diesen Werkzeugen an Schulen gesperrt (Cawson
2006: 20).
Medien als wichtiges Instrument und
Hilfsmittel im Bereich der Konflikttransformation
Die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien haben viele Bemühungen im Bereich
der Konflikttransformation erleichtert oder gar erst
ermöglicht.
So ist etwa der Kontakt zwischen Angehörigen verschiedener Konfliktparteien häufig nur über E-Mails
realisierbar. Diskussionsforen oder eigens zu diesem
Zweck eingerichtete Chatrooms oder Internetforen
(vgl. Bonsi@Kids Online) bieten darüber hinaus eine
spezifische Möglichkeit des Austauschs von Meinungen und Perspektiven.
Des Weiteren ergibt sich für Menschen in Kriegsoder Krisengebieten vor allem durch das Internet
13
die Chance auf zahlreiche Informationsquellen zuzugreifen. So wird eine „neutrale“ Information jenseits von Kriegspropaganda vielfach erst denkbar.
Diesbezüglich ist auch auf Friedensforschungsinstitute, wie etwa das Stockholm International Peace
Research Institute (SIPRI) zu verweisen, die ihre Ergebnisse – auch im Hinblick auf Frühwarnung – im
Internet dem interessierten Publikum weltweit zur
Verfügung stellen.
Auch im Hinblick auf die Planung, Koordination
und Nachhaltigkeit von Projekten im Bereich der
Konflikttransformation haben neue Informationsund Kommunikationstechnologien einen zentralen
Stellenwert: Vielfach wäre die Durchführung und
die Vernetzung solcher Projekte auf Grund einer
zu großen Zeit- und Kostenintensität ohne digitale
Kommunikation gar nicht zu realisieren.
Medien als Mittel der Gewaltprävention
Im Rahmen der UN-Studie Violence Against Children
wird den Medien eine zentrale Rolle im Bereich der
Gewaltprävention zugesprochen. Die Studie bezieht sich dabei vor allem auf einen Aspekt: Medien
werden dazu aufgefordert, die Thematisierung von
Gewalt in Familie, Schule, der Gesellschaft zu enttabuisieren, mit dem Ziel die Einstellung der Gesellschaft gegenüber Gewalt zu verändern, d. h. Menschen für die unterschiedlichen Formen von Gewalt
zu sensibilisieren. Während Morde an Kindern und
andere extreme Formen der Gewalt in den Medien
große Beachtung finden, bleiben die täglichen, immer wiederkehrenden Gewaltakte, die Kinder und
Jugendliche in Familien, Schulen, Kinderheimen,
Internaten, Gefängnissen oder am Arbeitsplatz erleiden, meist unbeachtet, so die Studie. Gewalt ist
vielfach auch unsichtbar, weil die Opfer niemanden
haben, dem sie sich anvertrauen können. Speziell
hierfür eingerichtete Internetforen mit professioneller Betreuung eröffnen auch in diesem Bereich
neue Chancen.
Demokratisches Potential der Informations- und Kommunikationstechnologien
Die Informations- und Kommunikationstechnologien tragen in mehrfacher Hinsicht zu einer Erhöhung des demokratischen Potentials in Gesellschaften bei.
Informationsfreiheit und freie Meinungs­
äußerung
Einerseits spielt auch im Hinblick auf diesen Aspekt,
der schnelle Zugriff auf eine Vielzahl von Informationen eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus
kann man sich mit einem sehr geringen finanziellen, organisatorischen und technischen Aufwand im
Internet auf verschiedenste Weise Gehör verschaffen. Seit einigen Jahren nehmen Weblogs vor allem
aufgrund der einfachen Publikationsmethode und
schnellen Verbreitungsmöglichkeit (Verlinkung),
in diesem Zusammenhang eine zentrale Stellung
ein. Sie stehen „als postmodernes Medium für die
Pluralität von Wahrheit und Informationen“ (Franz
2006: 23). Von besonders großer Bedeutung ist
dieses Medium vor allem in Kriegs- und Krisenregionen, sowie in Ländern mit eingeschränkter Informations-, Meinungs- und Pressefreiheit. Die so
genannten Warblogs tauchten verstärkt während
des Irak-Krieges 2003 auf. Die Vorteile gegenüber
der Berichterstattung liegen in erster Linie in ihrer
Vielfältigkeit und Interaktivität. Es handelt sich dabei in der Regel um Augenzeugenberichte, die gekennzeichnet sind durch das Niederschreiben von
persönlichen Eindrücken und Meinungen. So wurden täglich (subjektive) Berichte über die Kriegsgeschehnisse ins Netz gestellt, auch mit dem Ziel die
reguläre Kriegsberichterstattung zu kommentieren
oder gar zu revidieren. Die Warblogs werden auch
als Gegengewicht zu den Berichten der embedded
journalists betrachtet: Während diese einer nahezu vollständigen militärischen Zensur unterliegen,
seien die Blogger nur ihren Lesern verpflichtet. Anzumerken gilt jedoch, dass die Blogger im Gegensatz der traditionellen Berichterstattung aus einer
14
Froschperspektive berichten. Bestimmte Ereignisse
werden typischerweise nicht in größeren Zusammenhängen betrachtet.
Organisation und Vernetzung von unten
Die Informations- und Kommunikationstechnologien bringen auch im Hinblick auf die Organisation
von Interessengruppen zentrale Vorteile mit sich.
Sie vereinfachen die nationale und internationale Vernetzung sozialer Bewegungen, wie etwa der
Menschenrechtsbewegung, und können damit zu
einer wesentlichen Verbesserung zivilgesellschaftlicher Partizipation beitragen.
E-Government
Auch in der Politik werden Informations- und Kommunikationstechnologien immer bedeutender: von
der Internetpräsentation politischer Parteien über
die Ausweitung des Wahlkampfes auf virtuelle
Welten – wie es beispielsweise im französischen
Präsidentschaftswahlkampf 2007 der Fall war,
dessen Spitzenkandidaten Wahlkampfbüros in der
virtuellen Welt von Second Life eröffneten – bis hin
zum so genannten E-Government. Darunter ist die
Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien für Verwaltungs- und Regierungsprozesse zu verstehen. Durch das E-Government sollen
die Kommunikation und Transaktionen zwischen
und innerhalb staatlicher Institutionen einerseits
und zwischen den staatlichen Institutionen und den
Bürgern andererseits erleichtert und durchgeführt
werden. Damit verknüpft sind jedoch verschiedene
rechtliche, organisatorische sowie technische Voraussetzungen.
Festzuhalten ist, dass die Informations- und Kommunikationstechnologien ein enormes demokratisches Potential in sich bergen. Dieses kann jedoch
nicht per se als realisierbar betrachtet werden. Der
Mehrwert im Hinblick auf die Demokratisierung
wird durch verschiedene Faktoren geschmälert:
­Einerseits gilt es auf die zunehmende Unterneh-
menskonzentration und Monopolitisierung des
Internets hinzuweisen. Nur wenige Unternehmen
bestimmen einen Großteil der Webaktivitäten (v. a.
Google). Außerdem wird eine zunehmende Kommerzialisierung des Internets und damit von Wissen und Information beklagt. Darüber hinaus ist das
Internet in vielen Ländern der Welt nicht als freies
Medium zu betrachten: Laut Reporter ohne Grenzen
befinden sich aktuell 60 Online-Aktivisten in Haft
– 50 davon allein in China.
Neue Erwerbsmöglichkeiten
Schließlich ist zumindest flankierend darauf hinzuweisen, dass das auf das Internet zurückführbare
Auflösen räumlicher Strukturen neue Erwerbsmöglichkeiten – auch in Entwicklungs- und Schwellenländern – mit sich bringt. Menschen und Firmen
haben die Möglichkeit in direkte Konkurrenz mit
den Beschäftigten in den Industrieländern zu treten. Unter dem Schlagwort E-Business ist heute
vermehrt von einer „Dematerialisierung der Warenströme“ die Rede.
Angesichts der zahlreichen und aktuell vielfach
diskutierten so genannten „Goldfarmen“ vor allem
in China, sind die durch das Internet geschaffenen
neuen Erwerbsmöglichkeiten jedoch auch nicht
gänzlich unkritisch zu betrachten. Kinder und Jugendliche werden hier zum Computerspielen rekrutiert, um für andere Computerspieler vor allem
im Westen, die zwar Geld aber keine Zeit haben,
bestimmte Charakteren oder Level in so genannten
„Massively Multiplayer Online Role-Playing Games“
zu erspielen. Verkauft werden die erspielten „Charakteren“ meist über Internetauktionshäuser wie
etwa Ebay.
Hierbei handelt es sich um eine mit der Verbreitung der Medien verbundene Ambivalenz, welche
auch unter anderen Gesichtspunkten zum Ausdruck
kommt. Auf diese Aspekte wird im Folgenden eingegangen.
Zensur, Unterdrückung und Inszenierung
„When the free flow of information is impeded, or
when information itself is censored or manipulated,
how can we speak of a global information so­ciety?“
(UNESCO 2005)
Mit der Verbreitung von Medien ist die Möglichkeit
der freien Meinungsäußerung, das Voranschreiten
von Demokratisierungsprozessen sowie die Gewährleistung der Informationsfreiheit verbunden
und damit zentrale Chancen für die Entwicklung
von Gesellschaften. Als gegeben hingenommen
verbirgt sich hinter dieser Annahme eine zentrale
Gefahr: Einerseits wird die angenommene Freiheit,
auch des Internets in verschiedenen Ländern staatlich reglementiert. Und auch wenn keine staatliche
Zensur besteht, ist es andererseits zwischenzeitlich
unumstritten, dass beispielsweise Nachrichten, etwa
über Krieg und Krisen, kein Abbild der Wirklichkeit
liefern, sondern einer „Inszenierung“ unterliegen.
Zensur des Internets
Vor allem das Internet wird als ein Medium betrachtet, das – nicht zuletzt aufgrund seines dezentralen
Charakters – nur schwer zu kontrollieren ist. Doch
in verschiedenen Staaten, etwa in China, dem Iran
oder Tunesien, unterliegt der OpenNet Initiative
zufolge zwischenzeitlich auch das Web einer systematischen Zensur. Auch in demokratischen Staaten besteht eine staatliche Kontrolle des Internets,
die meist nur partiell und gezielt greift. So werden
in Deutschland beispielsweise mit Hilfe von Filterprogrammen pornographische Seiten gesperrt. In
Ländern mit eingeschränkter Meinungs- und Informationsfreiheit greift die Sperrung von Seiten
jedoch viel weiter. Zensiert werden auch Seiten von
religiösen Abweichlern oder der politischen Opposition. Darüber hinaus kommt es regelmäßig zur Blockierung ganzer Angebote: so wurde etwa in China
der Bloganbieter LiveJournal gesperrt, in der Türkei
kam es aufgrund eines „virtuellen Krieges“ zwischen
15
türkischen und griechischen Usern zur vorübergehenden Vollsperrung von YouTube. Während früher
vor allem Internetpräsenzen internationaler Nachrichtensender, wie etwa CNN, kritisch betrachtet
und blockiert wurden, sind es heute – laut OpenNet
– vorwiegend lokale Seiten in den jeweiligen Landessprachen. Dabei läuft die Zensur nicht immer direkt. Unerwünschte Websites können durch gezielte
Angriffe lahm gelegt werden – so etwa die Seiten
verschiedener Zeitungen in Kirgistan. Ein anderes
Beispiel für indirekte Zensur findet sich im Iran,
wo die Verbindungsgeschwindigkeit aller Netzanschlüsse auf 128 KBit/s beschränkt wurde. Damit
sollte vor allem den unbeliebten Bloggern die Freude an der Internetnutzung verdorben werden.
Trotz staatlicher Reglementierung gelingt es den
Menschen in solchen Staaten – nicht zuletzt mit
Hilfe der neuen Informations- und Kommunika­
tionstechnologien – immer wieder ihre Meinungen
zu äußern. Ein Beispiel hierfür sind die ausgeprägten Bloggerszenen in China und dem Iran. Die
Internetnutzer sind ständig in Gefahr, gefasst zu
werden, da eine wirkliche Anonymität im Internet
nicht gegeben ist. Über die IP-Adresse oder andere Identifizierungsnummern kann die Identität der
Nutzer festgestellt werden.
Festzuhalten ist, dass die neuen Technologien eben
auch von staatlicher Seite eingesetzt werden, um
ihre Kontrolle und Macht zu stärken. Unterstützt
werden die staatlichen Institutionen häufig von
(westlichen) Unternehmen, die in aller Regel die
Filterprogramme bereitstellen aber auch Daten von
regimekritischen Usern an staatliche Stellen weitergeben. Für letzteres ist beispielsweise Yahoo!
verstärkt in die Kritik geraten.
Die Herausforderung an die EZ besteht in diesem
Zusammenhang darin sich für ein freies Internet
einzusetzen. Andererseits geht es aber auch darum, die Nutzer über die Vorgehensweisen der staat­
lichen Stellen zu informieren.
16
Kriegsberichterstattung – „Zwischen Infor­­­ma­tion, Inszenierung und Zensur“
In verschiedenen Arbeiten widmen sich Christian
Büttner und Magdalena Kladzinski dem „Krieg in den
Bildschirmmedien“ und stellen fest, dass sich auch
die Kriegsberichterstattung „Zwischen Information,
Inszenierung und Zensur“ bewegt. Sie arbeiten heraus, dass verschiedene Akteure Interesse haben an
der Konstruktion einer bestimmten Kriegswirklichkeit. Immer wieder stehen dabei ­Militär und Politik unter Verdacht die Kriegsberichterstattung zu
kontrollieren sowie die Medien für ihre Zwecke zu
instrumentalisieren. Von einer solchen Instrumentalisierung der Medien ist vor allem dann auszugehen, wenn das eigene Land an einem Krieg beteiligt
ist. Dabei geht es unter anderem um eine gezielte
Desinformation der eigenen Bevölkerung: Ein geführter Krieg, muss als legitim gelten und von der
Bevölkerung unterstützt werden. Und das ist in der
Regel der Fall, wenn man ihn als Verteidigungskrieg
verkaufen kann. Heute geht es dabei nicht immer
nur um die „Verteidigung“ der eigenen Bevölkerung
und des eigenen Landes, sondern mitunter auch
um „menschliche Sicherheit“. Doch auch solche
Kriege – wie z. B. der „Krieg gegen den Terrorismus“
– bedürfen einer Legitimierung, die durch Kriegsdarstellungen, die noch immer auf den üblichen
Propagandaprinzipien beruhen (Büttner / Kladzinski
2005: 33), zu erreichen versucht wird: Es sind immer die Guten, die gegen das Böse kämpfen. Darüber hinaus werden dem Publikum typischerweise
„ungeschminkte Kriegsbilder“ sowie die Perspektive
der Soldaten aber auch die Perspektive der „Bösen“
vorenthalten. Diesbezüglich wird heute weniger
von Propaganda im Sinne einer „negativen Zensur der Nachrichtenunterdrückung“ vielmehr von
einer „positive[n] Zensur der Nachrichtenlenkung“
gesprochen (vgl. Weischenberg 1993: 13; Büttner/
Kladzinski 2005: 33).
Neben der „gezielten Desinformation“ der eigenen
Bevölkerung, um sich deren Unterstützung zu sichern, ist eine „überlegene Informationspolitik“ in
Krisen- und Kriegszeiten vor allem für das Militär
von besonderer Bedeutung, weil man den Gegner
so lange wie möglich im Unklaren lassen möchte
(Büttner/Kladzinski 2005: 24f.). „Die Medienkampagne zu gewinnen, ist genauso wichtig, wie die
militärische Kampagne für sich zu entscheiden“, so
der ehemalige NATO-Sprecher Jamie Shea (Shea
2000: 214; zitiert nach Bläsi 2005: 272). „Informationskrieg“ und „Informationsoperationen“ sind Begriffe, die heutzutage sowohl in Kriegs- als auch in
Friedenszeiten fest im militärischen Sprachgebrauch
verankert sind (Büttner/Kladzinski 2005: 25).
Militär und Politik setzten ihre Interessen auf Kosten
einer wahrheitsgetreuen Kriegsberichterstattung
durch, die sich für sie nicht als „nützlich“ erweisen
würde (Büttner / Kladzinski 2005: 33). Es kann zwar
davon ausgegangen werden, dass die Medien sich
ihrer Instrumentalisierung bewusst sind. Es kann
sich jedoch als äußerst schwierig erweisen etwas
dagegen auszurichten (Müller 2002: 37). Zu beachten ist einerseits, dass die Regierungen und das
Militär sowohl im Vorfeld als auch während eines
Krieges über einen beträchtlichen Informationsvorteil verfügen. Aufgrund des öffentlichen Interesses
sind die Medien jedoch von der Berichterstattung
über politische und militärische Ereignisse abhängig
und daher auf die Kooperation mit Regierung und
Militär angewiesen (Müller 2002: 37). Im Übrigen
zeige die Geschichte auch, so Müller, „dass die patriotische Aufwallung, die für die Bevölkerung festgestellt wurde, auch die Medien in ihrer Mehrheit
mit einbezieht. Wenn die Demokratie im Krieg steht,
fällt die kritische Distanz auch und gerade den demokratisch Gesinnten schwer“ (Müller 2002: 37).
Die zentrale Herausforderung für die Entwicklungszusammenarbeit besteht hier einerseits in der Förderung eines „guten Journalismus“, d. h. letztlich
in der Ausbildung von Journalisten. Darüber hinaus
gilt es eine kritische Betrachtung der Medienberichterstattung zu vermitteln sowie die Fähigkeit
mit Informationen umzugehen.
Wahrheitsgehalt von Medieninhalten
Die Problematik bezüglich des Wahrheitsgehaltes
der Medieninhalte besteht nicht nur im Hinblick
auf Nachrichtensendungen. Sie trifft sämtliche
Inhalte des Internets und erweist sich hier als viel
relevanter als bei allen anderen Quellen. Für die
sachliche Richtigkeit sowie Vollständigkeit der Informationen gibt es keine Garanten.
Eine zentrale Herausforderung besteht darin, auf
diese Problematik aufmerksam zu machen sowie
Kindern und Jugendlichen Wege zu zeigen, wie sie
diese Gefahr zumindest verkleinern können, indem
etwa auf seriöse Seiten oder das Impressum verwiesen wird.
Sicherheit von Daten und Transaktionen
Transaktionen im Internet – auch verschlüsselte
– sind trotz vielfältigen Fortschritten im Hinblick
auf Sicherheitssysteme anfällig für Manipulationen.
Opfer von Angriffen verschiedenster Art können sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen oder
Behörden sein. Hacker und die so genannte Malware, wozu Trojaner, Viren, Würmer und Spyware zählen, sind als eine der größten Gefahren des
Internets anzusehen. Hinter der Entwicklung und
Verbreitung von Malware sowie Hackerangriffen
verbirgt sich häufig Informationsdiebstal, Spionage oder gezielte Sabotage, die bis zu einem Denial
of Service führen kann. In diesem Falle wird etwa
ein Server durch einen Angriff – in der Regel durch
Überlastung – arbeitsunfähig gemacht. Dahinter
verbirgt sich in vielen Fällen Erpressung.
Umgang mit Datenmüll
So genannte Spam-Mails (auch Junk- oder BulkMails) haben sich zu einer der größten Plagen im
Internet entwickelt. Schätzungen zufolge ist bereits
jede zweite E-Mail eine unerwünschte Werbemail.
Datenmüll in Form von Spam kann einen erheblichen Schaden verursachen. Um nur zwei Beispiele
zu benennen: Das Aussortieren der unerwünschten
Post kostet Zeit, des Weiteren können Posteingänge
17
(bzw. Mailboxen) aufgrund ihrer meist beschränkten
Kapazität durch Spam-Mails blockiert werden, was
den Eingang anderer E-Mails verhindert. Die weltweit durch Spams verursachten zusätzlichen Kosten wurden im Jahre 2003 auf 12 Milliarden Dollar
geschätzt.
MEDIEN ALS SOZIALISATIONS­INSTANZ
UND
WIRKLICHKEITS­KONSTRUKTEUR
Ungeachtet der mit der Verbreitung der Medien verbundenen potentiellen Chancen und Gefahren ist
zwischenzeitlich unumstritten, dass die Bedeutung
der Medien zunimmt: „Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen,
wissen wir durch die Massenmedien“ (Luhmann
1996: 9). Hierbei handelt es sich um die im Kontext
der Kommunikationswissenschaften weitestgehend
unumstrittene Annahme der „medialen Konstruktion der Wirklichkeit“, d. h., dass die Medien die Realität nicht nur abbilden, sondern sie auch selbst
(mit) konstruieren. Hiermit hängt auch die Annahme zusammen, dass Medien heute als eine der
wesentlichen Sozialisationsinstanz anzusehen sind,
wobei davon auszugehen ist, dass die Menschen den
Medien nicht „ausgeliefert“ sind, sondern bewusst
bestimmte mediale Angebote annehmen und andere ablehnen. Der Sozialisationsprozess läuft damit
letztlich in zwei Richtungen: „einmal als Beeinflussung der Subjekte durch die Medien und die von
ihnen transportierten Inhalte und zum anderen als
Wahl oder Ablehnung der Medien und ihrer Inhalte
durch die Subjekte“ (Schorb 2007: 30).
Neben die sozial konstruierte Wirklichkeit im Sinne
primärer Welterfahrung und die medial konstruierte
Wirklichkeit tritt die mediale Wirklichkeit. Welche
Rolle diese mediale bzw. virtuelle Wirklichkeit für
den Sozialisationsprozess bzw. die Identitätsbildung spielt, ist bislang wenig erforscht. Es ist jedoch
18
davon auszugehen, dass basale Verhaltensmuster
der Subjekte auch in der virtuellen Welt bestand
haben.
Geht man von einer Wechselbeziehung zwischen
Medien, Gesellschaft und Individuum aus, so gilt
es den medialen Sozialisationsprozess im Hinblick
auf Bildung und Gewaltprävention produktiv zu
gestalten sowie durch medienpädagogische und
friedenspädagogische Maßnahmen normativ zu
beeinflussen.
MEDIENPÄDAGOGISCHE
INTERVENTIONSSTRATEGIEN ZUR
MINIMIERUNG DER GEFAHREN
UND MAXIMIERUNG DER CHANCEN
Es gibt sowohl im politischen als auch im gesellschaftlichen Bereich vielfältige Einflussfaktoren
und Steuerungsmöglichkeiten zur Minimierung
der Gefahren und Maximierung der Chancen, die
mit der Verbreitung von Medien einhergehen. Hier
können nur ausgewählte Strategien im Kontext der
Medienpädagogik diskutiert werden.
Jugendmedienschutz
Allgemein zielen jugendschützerische Zugänge
darauf ab, negative Einflüsse zu verhindern und zu
unterbinden. Kindheit und Jugend werden dabei als
schützenswerte Lebensphasen verstanden.
Jugendmedienschutz als Teil des Jugendschutzes
kann auf verschiedenen Ebenen angesiedelt sein:
Deutschland zählt zu den wenigen Ländern, welche die Verbreitung bestimmter Medieninhalte
im Strafgesetzbuch allgemein verbietet. Darüber
hinaus ist der Jugendmedienschutz festgehalten in
verschiedenen gesetzlichen Regelungen, die sicherstellen sollen, dass potentiell gefährdende Medieninhalte Kindern und Jugendlichen gar nicht oder
erst ab einem bestimmten Alter zugänglich sind.
Die gesetzliche Grundlage bilden zwei Regelwerke:
Zum einen das Jugendschutzgesetz sowie der
Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde
und den Jugendschutz in Rundfunk und ­Telemedien
der Länder. Verschiedene Einrichtungen (die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Me­dien, die
Kommission für Jugendmedienschutz, aber auch
Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle und
die gemeinsame Stelle Jugendschutz aller Länder
„jugendschutz.net“) sind mit der Umsetzung befasst.
Herausforderungen für die notwendige Inter­
nationalisierung des Jugendmedienschutzes
Es ist davon auszugehen, dass nationale Regelungen
aufgrund der zunehmenden medialen Globalisierung alleine zu kurz greifen. Notwendig ist eine
Internationalisierung des Jugendmedienschutzes
(Groebel 2004: 37). Diese dürfte aber nur schwer
umzusetzen sein, weil international betrachtet verschiedene Ansichten darüber bestehen, welches Risikopotential von Medien ausgeht, inwieweit Kinder
und Jugendliche eigenverantwortlich mit Medieninhalten umgehen können, welche Rolle den Eltern
zugesprochen wird und wie weit rechtliche Regelungen reichen sollten.
Diesbezüglich lassen sich bereits im EU-Vergleich
eklatante Unterschiede feststellen (Büttner 2006;
Büttner / Raschke 2002a, 2002b), obwohl hier noch
von einer gewissen kulturellen Nähe der einzelnen
Länder ausgegangen werden kann. Im weltweiten
Vergleich stellt sich die Situation ungleich ambivalenter dar, besonders dort, „wo Vorstellungen
von Kindheit und Jugend nach westlichem Muster
vollständig zu fehlen scheinen“ (Büttner 2006: 12).
Auch gibt es im weltweiten Vergleich zahlreiche
Unterschiede bezüglich der Frage, was unter Gewalt
zu verstehen ist. Der UNESCO-Medienstudie zufolge
ist die unterschiedliche Bewertung physischer und
psychologischer Angriffe am eklatantesten: Während körperliche Gewalt in den westlichen Ländern als am schlimmsten eingestuft wird, werden
Beleidigungen und Gesichtsverlust in vielen afri-
19
kanischen und asiatischen Staaten als wesentlich
negativer empfunden.
Zwischenzeitlich gibt es verschiedene internatio­
nale Richtlinien, welche zumeist auf der UN-Kinderrechtskonvention beruhen und die Gratwanderung
zwischen Medienfreiheit und Informationsfreiheit
(vgl. vor allem Artikel 13 und Artikel 17 der UN-Kinderrechtskonvention) sowie Jugendmedienschutz
zu bestehen versuchen. Dabei erweist sich im internationalen Kontext als eine besondere Herausforderung den Jugendmedienschutz so zu gestalten,
dass er nicht zur Legitimierung jeder Art der Medienkontrolle herangezogen werden kann, wie es in
autoritären Regimes häufig der Fall ist.
Begrenzte Reichweite des Jugend­medien­
schutzes
Die dem gesetzlich geregelten Jugendmedienschutz
zugesprochene Relevanz bewegt sich zwischen der
Ansicht, dass solche Regelungen keinerlei Wirkung
zeigen und darüber hinaus die Gefahr in sich bergen die Meinungs- und Informationsfreiheit einzuschränken, bis hin zu der Annahme, dass darin die
einzige Möglichkeit besteht, Kinder und Jugendliche vor den vermeintlichen negativen Effekten
bestimmter medialer Inhalte und v. a. deren Wirkungen zu bewahren (Anderson et al. 2003; Spitzer
2006: 276f.).
Notwendig erscheint eine differenzierte Betrachtungsweise. Ausgewogene gesetzliche Regelungen
sind vor allem auf Grund der von ihnen ausgehenden
Signalwirkung als notwendig anzusehen. Eine deutliche Positionierung des Staates dient als hilfreiches
Signal für Erzieher und Medienproduzenten, nicht
zuletzt dadurch, dass sich in ihnen idealerweise die
Moralvorstellungen einer Gesellschaft widerspiegeln. Die Balance zwischen Jugendmedienschutz
sowie Meinungs- und Informationsfreiheit ist dabei als zentrale Herausforderung für die Politik zu
betrachten. Dokumente und Stellungnahmen internationaler oder regionaler Organisationen können
dabei als Referenzrahmen dienen.
Zwischenzeitlich am weitesten verbreitet und am
evidentesten ist die Ansicht, dass es neben dem
gesetzlich festgelegten Jugendmedienschutz einer
gezielten Förderung individueller Medienkompetenz bedarf. Der Jugendmedienschutz gewährleistet nicht den Schutz vor allen potentiellen Gefahren
und darüber hinaus kann er nicht allein zur Maximierung der mit der Verbreitung der Informationsund Kommunikationstechnologien verbundenen
Chancen beitragen.
Förderung von Medienkompetenz
Medienkompetenz wird verstanden als Ziel medienpädagogischer Interventionen. Der Begriff wurde
Mitte der 1990er Jahre von Dieter Baacke in die
deutschsprachige wissenschaftliche Diskussion
eingeführt. Sein Ursprung liegt in dem Konzept der
Kommunikativen Kompetenz nach Jürgen Habermas
(1971), den Baacke bereits in den 1970er Jahren für
die Medienpädagogik aufbereitete (1973).
Die vier Dimensionen der Medienkompetenz
nach Dieter Baacke
Nach Dieter Baacke umfasst Medienkompetenz vier
Dimensionen: Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung sowie Mediengestaltung (vgl. Baacke
2004: 24; Baake 1998: 26f.):
Medienkompetenz umfasst die Fähigkeit zu Medienkritik. Sie kann unter dreierlei Gesichtspunkten
betrachtet werden: Analytisch sollten problematische gesellschaftliche Prozesse angemessen erfasst werden können. Reflexiv sollte jeder Mensch in
der Lage sein, das analytische Wissen auf sich selbst
und sein Handeln anwenden zu können. Ethisch ist
die Dimension, die analytisches Denken und reflexiven Rückbezug als sozial verantwortet abstimmt
und definiert.
Neben die Medienkritik tritt die Medienkunde, die
das Wissen über heutige Medien und Mediensysteme umfasst. Diese kann in zweierlei Hinsicht
20
ausdifferenziert werden. Die informative Dimension
umfasst Wissensbestände über Medien. Im Zentrum
stehen hier beispielsweise folgende Fragen: Wie arbeiten Journalisten? Wie kann ich einen Computer
für meine Zwecke effektiv nutzen? Die instrumentell-qualifikatorische Dimension meint die Fähigkeit,
mit den technischen Mitteln umgehen zu können.
Medienkritik und Medienkunde umfassen die Dimension der Vermittlung. Die Dimension der Ziel­
orientierung liegt im Handeln der Menschen:
Medienhandlung ist einerseits Mediennutzung, die
in doppelter Weise gelernt werden muss: Einerseits
rezeptiv, anwendend (Programm-Nutzungskompetenz), anderseits interaktiv, anbietend.
Medienhandlung ist aber auch Mediengestaltung,
welche einerseits als innovativ zu verstehen ist
(Veränderungen, Weiterentwicklungen des Mediensystems innerhalb der angelegten Logik) und
andererseits als kreativ und damit über die Kommunikationsroutine hinausgehend begriffen werden kann.
Die vier Dimensionen der Medienkompetenz nach
Baacke finden sich in zahlreichen weiteren und weiterentwickelten Definitionen wieder (vgl. Buckingham 2005: 4; Schorb 2005: 259). Auch im Rahmen
der politischen Diskussion wird einem differenzierten Begriff der Medienpädagogik und der Medienkompetenz als zentrales Ziel medienpädagogischer
Interventionen vermehrt Platz eingeräumt (vgl. z. B.
Die Empfehlungen an die UNESCO, verabschiedet
von der Wiener Konferenz Educating for the Media
and the Digital Age 1999; Europäische Charta für
Medienkompetenz).
Medienpädagogische Anforderungen
Aus dieser Definition der Medienkompetenz sowie
den thematisierten Gefahren und Chancen ergeben
sich bestimmte Anforderungen an medienpädagogische Bemühungen im Kontext der Entwicklungs-
zusammenarbeit. Die Bemühungen der Verbreitung
von Informations- und Kommunikationstechnologien mit dem Ziel einer Überwindung der digitalen
bzw. informationellen Kluft, müssen ergänzt werden durch: (1) die Förderung von Medienwissen, (2)
die Förderung der Fähigkeit zur Medienkritik und
(3) die Unterstützung bei der Herausbildung der Fähigkeit zum Medienhandeln, damit die Chancen der
Verbreitung genutzt und die damit einhergehenden
Gefahren eingedämmt werden können.
Diese drei Aspekte sind als Dimensionen zu betrachten, die aufeinander aufbauen und miteinander
interagieren. Einer aktiven Medienpädagogik, verstanden als „wesentliche Methode handlungsorientierter Medienpädagogik, die auf Erkenntnis und
Reflexion gesellschaftlichen Seins und auf Kommunikation- und Handlungsfähigkeit der Subjekte
zielt“ (Schell 2005: 10), wird dabei vermehrt ein
zentraler Stellenwert zugesprochen.
Medienethik – Verantwortung
der Medienproduzierenden
Gesetzlicher Jugendschutz und die Förderung von
Medienkompetenz sollten idealerweise durch eine
ethische Orientierung der am Medienprozess beteiligten Berufsgruppen ergänzt werden.
In Baackes Definition von Medienkritik wird auch
der Bereich der Medienethik als Verantwortung der
Mediennutzer thematisiert. Diese tragen einerseits
die Verantwortung für sich selbst und ihre Mediennutzung, aber auch die Verantwortung für die
Mediennutzung von ihnen anvertrauten Personen –
d. h. im Besonderen von Kindern und Jugendlichen.
Die Rezipienten können jedoch nicht die alleinige
Verantwortung übernehmen. Diese liegt darüber
hinaus einerseits bei den Medienschaffenden, d. h.
z. B. bei den Journalisten, Autoren, Redakteuren,
andererseits bei den Besitzern und Betreibern von
Massenmedien (Debatin 1998: 121–124; Funiok
2005).
So haben sich etwa Journalisten an allgemeine
Prinzipien zu halten, die zum Teil in nationalen
oder regionalen Vereinbarungen festgehalten sind
(z. B. deutscher Pressekodex, Allgemeine Erklärung
der Menschenrechte, UNESCO-Mediendeklaration).
Darüber hinaus wären sie in der Lage mit deeskalierender Konfliktberichterstattung oder friedensjournalistischen Grundsätzen Gegengewichte
zu schaffen zur heute dominierenden Form der
Konflikt- und Kriegsberichterstattung. Um solche
Ziele zu verwirklichen sind die Medienschaffenden
jedoch sowohl von wirtschaftlichen als auch von
politischen und gesellschaftlichen Einflussfaktoren
abhängig.
Zu beachten ist, dass es bei der Differenzierung
zwischen Medienbesitzern, Medienschaffenden und
Medienrezipienten im Zeitalter des Internets um
eine idealtypische Unterscheidung handelt. In der
Realität verschwimmen die Grenzen kontinuierlich.
BEDEUTUNG DER MEDIEN
FÜR DIE FRIEDENSPÄDAGOGISCHE
ARBEIT
Die Vermittlung von Friedenskompetenz, die Hinführung zur Friedensfähigkeit und die Befähigung
zum Friedenshandeln können als drei Kernelemente
der Friedenserziehung angesehen werden, die aufeinander aufbauen und miteinander verbunden sind
(Gugel / Jäger 1997: 16–42). Bei der Umsetzung dieser drei Kernelemente kann den Medien eine wichtige Rolle zugesprochen werden. Hierbei geht es um
die Frage, von welcher Relevanz Medienkompetenz
im Sinne einer Förderung von Medienwissen, der
Förderung der Fähigkeit zur Medienkritik und der
Unterstützung der Fähigkeit zum Medienhandeln
für friedenspädagogische Bemühungen ist.
Vermittlung von Friedenskompetenz
Friedenskompetenz ist in erster Linie Sachkompetenz. Sie ist wichtig, um Zusammenhänge zu begreifen, Entwicklungen einzuordnen und selbständig
21
Analysen und Strategien zur Auseinandersetzung
mit Krieg und Gewalt zu entwickeln. Es geht um das
Wissen über die Ursachen, Dynamiken und Folgen
von Krieg und Gewalt, um das Wissen über die individuellen Voraussetzungen von Friedensfähigkeit
sowie deren gesellschaftliche und internationale
Rahmenbedingungen, aber auch um die Einsicht in
die eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten.
Das Heranziehen verschiedener Quellen zur Information und deren kritische Betrachtung muss als
Voraussetzung zur Erlangung von Friedenskompetenz betrachtet werden. Von großer Bedeutung für
Kinder sind dabei vor allem Kindernachrichtensendungen, welche ihnen altersgerecht aufgearbeitete
Informationen liefern (Götz 2003; Lemish 2003;
Seiter / Picus 2003). Es hat sich gezeigt, dass Kindernachrichtensendungen im Vergleich zu regulären Nachrichtensendungen dabei in einem größeren Maße den Kriterien einer deeskalierenden
Konfliktberichterstattung (Kempf 2005; Bläsi 2005,
2006) oder den Kriterien des Friedensjournalismus
entsprechen.
Spezifische Online-Angebote der Friedenspädagogik sind bereits verfügbar. Diese können vor allem
für Kinder und Jugendliche von besonderer Relevanz sein, da sie in den Angeboten für Erwachsene
häufig keine adäquaten Antworten auf ihre spezifischen Fragen finden. Ein Beispiel für eine altersgerechte didaktische Aufarbeitung von Erkenntnissen der Friedens- und Konfliktforschung findet sich
beispielsweise auf der Internetseite www.friedenfragen.de.
22
Frieden-fragen.de
Infos und Hintergründe zu Krieg und Frieden
Frieden-fragen.de ist ein Internet-Angebot des
Instituts für Friedenspädagogik Tübingen e. V.
und wendet sich an Kinder, Eltern und ErzieherInnen. Es informiert zu Fragen über Krieg
und Frieden und ermöglicht einen Austausch
zu diesem Themenbereich.
Betroffenheit von Kindern
Motivation für dieses Online-Angebot für Kinder ist die Erfahrung, dass Kinder ihre soziale
und politische Umwelt sehr bewusst wahrnehmen. Damit verbunden sind viele Fragen und
der Wunsch nach Antworten und Orientierung.
Die Konfrontation mit Krieg und Gewalt, Hass
und Ungerechtigkeit berührt zentrale Lebensund Zukunftsbereiche gerade auch von Kindern. Sie sind in vielfältiger Weise betroffen:
als unmittelbare Opfer durch die Zerstörung
ihrer Lebensgrundlagen und Perspektiven, durch
Traumatisierung und Angst vor erneuter Gewalt
oder auch durch Missbrauch. Zusätzlich lösen –
vermittelt über die Medien – schwerwiegende
weltpolitische Ereignisse, wie die Terroranschläge vom 11. September 2001, tief greifende Unsicherheiten und Ängste aus. Dabei entwickeln
Kinder mit ihrem stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn häufig mehr und stärkere Empathie
für die Opfer als Erwachsene und suchen nach
konkreten Handlungsansätzen und Handlungsmöglichkeiten.
Kinderfragen
In diesen Situationen wenden sich Kinder immer häufiger an die Medien selbst und kontaktieren die Chat-Angebote im Internet mit
ihren Fragen und Sorgen, Kommentaren und
Vorschlägen.
Zigtausendfach wurden nach dem 11. September 2001 oder dem Krieg im Irak auf diese Art
scheinbar „kindlich-banale“ Fragen formuliert:
„Warum schießen die jetzt aufeinander?“; „Wer
ist der Gute und wer ist der Böse?“; „Können die
Bomben auch uns treffen?“ ; „Was kann ich für
den Frieden tun?“.
Die Antworten von „frieden-fragen.de“
An diesem Punkt knüpft das Angebot für Kinder
„frieden-fragen.de“ an. Es möchte kontinuierlich – und nicht nur reaktiv bei Terroranschlägen
oder Kriegsereignissen – ehrliche, kindgemäße
und wissenschaftlich fundierte Antworten
auf zentrale Lebens-Fragen geben, die Ängste von Kindern aufgreifen und Orientierungen
anbieten. Denn an die genannten „ersten Fragen“ schließen sich „Dilemmata-Fragen“ und
„Überlebens-Fragen“ an, wie z. B. die nach dem
Töten im Krieg, nach Kriegsgründen und Rechtfertigungen für Gewalt. Eine dritte Kategorie
von Themen betrifft friedens- und sicherheitspolitische Fragen im engeren Sinne, wie z. B.
der Umgang mit diktatorischen Regimes.
Die Antworten orientieren sich am Stand der
wissenschaftlichen Diskussion verbunden mit
einer ethischen Ausrichtung an den Menschenrechten und dem Prinzip der Gewaltfreiheit, an
ziviler Konfliktbearbeitung und der Etablierung
einer Friedenskultur. Dabei sollen und müssen
durchaus unterschiedliche Meinungen und Erklärungsansätze Berücksichtigung finden.
Elternbereich
Neben dem Kinderbereich gibt es einen Bereich
für Eltern, ErzieherInnen und LehrerInnen, der
pädagogische Fragen sowie Reaktions- und
Handlungsmöglichkeiten mit diesem Themenbereich zum Inhalt hat.
www.frieden-fragen.de
23
Das Internet kann des Weiteren auch genutzt werden, um Multiplikatoren im Bildungsbereich Sachinformationen und Lernmodelle zur Verfügung zu
stellen. Ein Beispiel hierfür ist der internationale
UNESCO Bildungsserver Dadalos, der 11 OnlineLehrbücher zu wichtigen Themen politischer Bildung wie etwa Demokratie, Europäische Union,
Menschenrechte sowie einen Baustein zum Thema
Friedenspädagogik anbietet. Dieser UNESCO-Bildungsserver ist im Nachkriegsbosnien vor dem Hintergrund der Idee eine kostengünstige Möglichkeit
zur Förderung der politischen Bildung entstanden
und ist zwischenzeitlich in neun Sprachen verfügbar. Der Server wird international mit durchschnittlich 200 000 Besuchern pro Monat genutzt. Darüber
hinaus wird jedes Jahr eine erweiterte Auflage von
6000–8000 CD-ROMs mit dem gesamten Inhalt des
Bildungsservers produziert und kostenlos an Bildungseinrichtungen und Multiplikatoren vor allem
in Südosteuropa verteilt.
Die zahlreichen Möglichkeiten des Internets sind
noch lange nicht ausgeschöpft: So wäre es beispielsweise vorstellbar, in der virtuellen Welt von
„Second Life“ Vorlesungen zur Friedens- und Konfliktforschung anzubieten.
Anleitung zur Erlangung von Friedens­
fähigkeit
Es geht hierbei um die Frage, wie die Fähigkeit
erworben werden kann, mit individuellen, gesellschaftlichen und internationalen Konflikten umzugehen, die dahinter stehenden Interessen zu erkennen und Lösungswege zu suchen.
Friedensfähigkeit – nicht gleichzusetzen mit einer
passiven Friedfertigkeit – bedeutet beispielsweise
die Entwicklung von Ichstärke und Selbstbewusstsein, um kompetent kommunizieren zu können, um
eigene Vorurteile zu erkennen und zu bearbeiten,
aber auch um am politischen Geschehen so teilhaben zu können, dass ein Engagement in Richtung
Gewaltminimierung und Partizipation möglich wird.
Medien können diesen Lernprozess vielfach unterstützen.
Kontakte zwischen Konfliktparteien
Das Internet bietet Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zwischen Menschen verschiedener Konfliktparteien (Chats, E-Mails oder Internetforen), wenn
reale Begegnungen nur eingeschränkt möglich sind.
Eine (wenn auch lediglich über Medien vermittelte)
Kontaktaufnahme kann bei Kindern, Jugendlichen
und Erwachsenen dazu führen, die eigenen Ansichten und Vorurteile zu überprüfen und die Perspektive bzw. die Geschichte der „Anderen“ kennen
zu lernen.
Möglichkeit der Partizipation
Die durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien entstandene Möglichkeit sich
nicht nur Einzelnen, sondern auch Massen mitzuteilen kann dazu beitragen die Selbstwahrnehmung
als Opfer zu durchbrechen und die Selbstachtung
als politisches Subjekt zu gewinnen. Dies muss als
notwendige Voraussetzung für Friedenshandeln betrachtet werden.
Anleitung zum Friedenshandeln
Friedenshandeln zielt in erster Linie auf die Beeinflussung politischer Entscheidungen und Entwicklungen auf kommunaler, staatlicher und internationaler Ebene. Handlungsansätze transnationalen
Friedenshandelns sind heute besonders bedeutsam.
Diese erstrecken sich von Projekten internationalen
Lernens bis hin zu gewaltfreien Interventionen in
Krisenregionen. Der Friedenserziehung kommt die
Aufgabe zu, zum politischen Engagement zu ermutigen und zu befähigen, gerade auch dadurch, dass
die Grenzen dieses Friedenshandelns sichtbar gemacht werden und der Handlungsspielraum greifbar ist. Auch in diesem Zusammenhang kann Me­
dien eine bedeutende Rolle zugesprochen werden.
24
Medien als Hilfsmittel
Die Hürden sich zu engagieren werden durch neue
Kommunikationsmöglichkeiten herabgesetzt. Die
Organisation und Koordination von Projekten sowie Vernetzung und Erfahrungsaustausch werden
vereinfacht.
Friedenshandeln durch Medienhandeln
Gelingt es aus der weitestgehend passiven Rolle des
Medienkonsumenten in die Rolle des Medienproduzenten zu schlüpfen, entstehen ganz neue Möglichkeiten von Friedenshandeln. Diese Möglichkeiten
beschränken sich nicht auf die neuen Medien. Aktive Medienarbeit, auch mit „alten“ Medien, kann
Hallo Krieg
Medienprojekt Wuppertal
Das Medienprojekt Wuppertal e. V. führt seit
1992 Projekte im Bereich der Jugendvideoproduktion durch. Jugendliche erhalten innerhalb
dieser Projekte, welche der „aktiven Medienerziehung und dem kreativen Ausdruck jugendlicher Ästhetiken, Meinungen und Lebensinhalten dienen“, professionelle Unterstützung
bei ihren eigenen Videoproduktionen. Dabei
werden nicht abstrakte oder recherchierte
Themen bearbeitet. Der Schwerpunkt liegt
auf Bereichen, in denen Jugendliche selbst
involviert sind. „Deswegen sind ihre Filme oft
dynamischer, authentischer, direkter und kompromissloser als Fernsehproduktionen“. „Hallo
Krieg“ ist der Titel einer solchen Videoproduktion. Es handelt sich hierbei um eine fünfteilige
Dokumentationsserie zum Irakkrieg. „Deutsche,
irakische und amerikanische Jugendliche dokumentierten in diesem weltweit einzigartigen
Projekt mit der Videokamera ihr Leben und ihre
Gedanken über mehrere Monate vor, während
gezielt genutzt werden, um sich politisch zu engagieren. Ein herausragendes Beispiel für politisch engagierte aktive Medienarbeit findet sich im Rahmen
des Medienprojektes Wuppertal.
Motivation zum Friedenshandeln durch Medien
Idealerweise können Medien selbst Anregungen
und Aufforderungen zum Friedenshandeln liefern.
Als Beispiel kann hier das Peace Counts project
angeführt werden. Mit Reportagen und Portraits
von Friedensmachern weltweit liefert es gelungene Beispiele für „Frieden machen“. Eine Teilnehmerin an einem vom Peace Counts project und
dem Institut für Friedenspädagogik durchgeführten
und nach dem Krieg“. Die Dreharbeiten fanden
in Bagdad, Wuppertal, Iowa und Oklahoma
statt. Den Kern der Gruppe bildeten im Wesentlichen acht Jugendliche aus Wuppertal
(sieben Mädchen, ein Junge) im Alter von 18
und 19 Jahren. Unter Anleitung von Medienpädagogen und Filmemachern wurden sie in
unterschiedlichsten Bereichen von weiteren
Jugendlichen, so zum Beispiel von zwei Austauschschülern in den USA, von irakischen
Jugendlichen in Bagdad und von in Wuppertal
lebenden Irakis unterstützt. Mit der Serie richten sich die Jugendlichen an eine breite Öffentlichkeit. Die einzelnen 30minütigen Videos,
wie auch ein 60minütiger Zusammenschnitt
werden als Bildungsmaterial für Antikriegserziehung in Schulen, Jugendeinrichtungen und
vielem mehr vertrieben. Daneben wurden Kurzfassungen als Vorfilm in Wuppertaler Kinos gezeigt und Ausschnitte der Filme und Makingof-Reportagen im Fernseher ausgestrahlt.
www.medienprojekt-wuppertal.de
25
Peace Counts project
Die Erfolge der Friedensmacher
Ziel von Peace Counts project ist es, weltweit
Vorbilder für Frieden zu recherchieren, zu dokumentieren und für ein breites Publikum aufzubereiten. Die Best Practice-Beispiele umfassen:
charismatische Friedensstifter; gewaltfreies
Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, Herkunft, Kultur; Friedensschlüsse in Bürgerkriegsregionen; Integration
Jugendlicher durch Sport; professionelle Konfliktschlichter. Die grundlegende These lautet:
Peace is possible! Gerade weil der Mainstream
öffentlicher Meinungen von Kriegsgedanken
beherrscht wird, lohnt es, eine „Kultur des
Friedens“ weiter zu entwickeln. Peace Counts
bedeutet auch: Frieden zahlt sich aus! Peace
Counts project zeigt den engen Zusammenhang
zwischen Stabilität einerseits und nachhaltiger
wirtschaftlicher Entwicklung andererseits auf,
die so genannte Friedensdividende. Um möglichst viele Menschen zu erreichen, setzt das
Projekt auf Multimedia. Die Inhalte werden
Multiplikatoren­programm in Sri Lanka bringt dies
folgendermaßen auf den Punkt: „We are working
and working and don‘t see the changes and we feel
it is quite hopeless. And this really shows that you
don‘t need no fancy ideas and you don‘t need to
have power behind. You have to have the commitment and the interest that you really can contribute
in a way“.
über die Medien Buch, Magazin, Hörfunk, Fernsehen und Internet verbreitet sowie als Lehrmaterialien für Schulen und auf Peace Counts
Foren angeboten. 2005 wurde vom Institut für
Friedenspädagogik eine erweiterte Fassung der
CD-ROM „Peace Counts“ entwickelt und fertig gestellt. Die CD-ROM „Peace Counts 2005
– die besten Reportagen“ stellt zehn Projekte
aus den Regionen Nordirland, Naher Osten, Sri
Lanka, Mazedonien, Afghanistan, Kolumbien,
Japan, Philippinen, Südafrika und Mali vor.
Des Weiteren werden in eigenen Sequenzen
die Grundsätze des Friedensjournalismus und
der Friedensfotografie aufgezeigt sowie Hintergründe, Ziele und Arbeitsweise von Peace
Counts project dargestellt. Finanziert durch das
Sektorvorhaben „Bildung und Konflikt“, welches von der GTZ im Auftrag des BMZ durchgeführt wird, wurde die CD-ROM ins Englische
übersetzt.
www.peace-counts.org
www.peace-counts-school.org
ZUSAMMENFASSUNG
UND EMPFEHLUNGEN AN DIE
ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT
1. Differenziertes Gewaltverständnis
Der Beschäftigung mit der Thematik Medien und
Gewalt im Kontext der Entwicklungszusammen­
arbeit gilt es ein differenziertes Gewaltverständnis
zugrunde zu legen. Damit wird deutlich, dass hier
nicht nur Gewaltdarstellungen in den Medien thematisch werden. Auch die strukturelle Gewalt, einerseits im Hinblick auf die Zugangsmöglichkeiten,
andererseits im Hinblick auf die „kompetente“ Nutzungsmöglichkeiten ist von zentraler Bedeutung.
26
2. Verständnis für die Veränderungen der
Medienlandschaft
Es zeichnet sich ab, dass die traditionelle Aufgliederung der Medienlandschaft nicht mehr lange erhalten bleibt. Im Besonderen das Hybridmedium Internet wird mehr und mehr an Bedeutung gewinnen
und sich die anderen Medienformen einverleiben.
Diesem Medium gilt es in Zukunft verstärkt Aufmerksamkeit zu schenken.
3. Die zunehmende Verbreitung der neuen
Informations- und Kommunikationstechnologien erkennen
Trotz noch immer bestehender Ungleichheiten im
Hinblick auf die Zugangsmöglichkeiten zu den
­Informations- und Kommunikationstechnologien,
ist die Entwicklung hin zu einer vernetzten Welt
nicht mehr aufzuhalten. Diese gilt es im Rahmen
der Entwicklungszusammenarbeit einerseits zu unterstützen und zu fördern. Andererseits muss man
auf diese Entwicklungen gleichzeitig in adäquater
Weise vorbereitet sein, um die damit verbundenen
Chancen auch wirklich nutzen zu können.
4. Kulturspezifische Medienkonferenzen
berücksichtigen
Obwohl die neuen Informations- und Kommuni­
kationstechnologien auf dem Vormarsch sind, dürfen die „alten“ Medien nicht außer Acht gelassen
werden. Weltweit betrachtet ist der Fernseher das
dominante Medium und das Radio erweist sich
vor allem in Kulturkreisen mit einer ausgeprägten
oralen Tradition als zentral.
5. Differenzierte Betrachtung der Wirkung
von Mediengewalt
Es gilt zu beachten, dass es keine eindeutige Antwort auf die Frage nach der Wirkung von Gewaltdarstellungen in den Medien gibt. Als relevant erweist sich in diesem Zusammenhang, dass reales
Gewaltverhalten vielfältige Ursachen hat und dass
mediale Gewaltdarstellungen nur ein Faktor inner-
halb eines komplexen Bündels von Ursachen für die
Entstehung gewalttätigen Verhaltens ist. Dem sozialen Kontext als Einflussfaktor ist im Rahmen der
Entwicklungszusammenarbeit ein besonderer Stellenwert einzuräumen, da Kinder und Jugendliche in
Entwicklungs- und Schwellenländern vermehrt Opfer oder Beobachter von Gewalt sind, wodurch die
Gefahr vergrößert wird, dass sie Gewalt als normale
und legitime Verhaltensweise betrachten.
6. Die vielfältigen Gefahren des Internets
erkennen
Die mit dem Internet verbundenen Gefahren lassen
sich nicht auf Gewaltdarstellungen reduzieren. Für
Kriegs- und Krisenregionen könnten sich im Internet veröffentlichte Aufrufe zur Gewalt und Anleitung zur Ausführung gewalttätiger Handlungen als
relevant erweisen.
7. Meinungs- und Informationsfreiheit
nicht per se als gegeben betrachten
Mit der Verbreitung vor allem der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien können
enorme Fortschritte bezüglich der Meinungs- und
Informationsfreiheit verzeichnet werden. Doch diese als gegeben zu betrachten birgt die Gefahr, nicht
zu erkennen, dass vielfältige Formen der Zensur und
Inszenierung von Medieninhalten auf die Medien
wirken.
8. Medien als Sozialisationsinstanz anerkennen
Mit einer zunehmenden Verbreitung von Medien nimmt auch ihre Bedeutung für die alltägliche
Lebensgestaltung zu. Die Medien sind neben die
traditionellen Sozialisationsinstanzen getreten und
ihre Inhalte prägen immer stärker unser Bild der
Wirklichkeit.
Negativ gewendet bedeutet dies, dass beispielsweise ein übermäßiger Konsum gewalthaltiger
Medieninhalte, das Realitätsbild dahingehend beeinflussen kann, Gewalt als adäquates Mittel zur
27
Konfliktlösung zu betrachten (v. a. dann, wenn die
primäre Wirklichkeitserfahrung diesem Bild entspricht). Andererseits können Medien auch gezielt
eingesetzt werden, um – friedenspädagogisch bzw.
gewaltpräventiv – in diesen Sozialisationsprozess
einzugreifen. Darüber hinaus gilt es in diesem Zusammenhang die weltweite Verbreitung westlicher
Produktionen kritisch zu betrachten. Vor diesem
Hintergrund muss die Förderung einheimischer Produktionen als eine zentrale Herausforderung für die
Entwicklungszusammenarbeit gesehen werden.
9. Die Vorteile der Medien für den
Bildungsbereich nutzen
Die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien bringen viele Vorteile für den Bildungsbereich mit sich. Traditionelle Bildung kann durch die
kostenlose Bereitstellung von Schul- und Studienbüchern unterstützt werden. Die durch die neuen
Technologien verstärkt ermöglichte Unabhängigkeit
von Lehrenden und Lernenden im Hinblick auf Raum
und Zeit, kann Menschen in abgelegenen Gebieten
neue Bildungschancen eröffnen. Schließlich können
ganz neue Dimensionen des Lernens entstehen (z. B.
im Hinblick auf das Globale Lernen). Es ist jedoch
zu beachten, dass es eines geschulten Lehrpersonals bedarf, um diese neuen Bildungschancen auch
adäquat umsetzen zu können.
10. Unterstützung bei der Ausarbeitung
gesetzlicher Regelungen zum Jugend­
medienschutz
Vor allem auf Grund der von ihnen ausgehenden
Signalwirkung sind gesetzliche Regelungen zum
Jugendmedienschutz als notwendig zu betrachten.
Eine aufgrund der zunehmenden Globalisierung
der Medien notwendig erscheinende Internationalisierung erweist sich aus verschiedenen Gründen
als schwierig. Dennoch sollte es als eine Herausforderung angesehen werden, einen angebrachten,
an internationalen Dokumenten (als Referenzdokumente) orientierten Jugendmedienschutz zu för-
dern und dessen Instrumentalisierung zu Zwecken
der Beschneidung von Meinungs- und Informationsfreiheit entgegenzuwirken.
11. Förderung von Medienkompetenz
Die Reichweite jugendschützerischer Zugänge ist
begrenzt. Um die mit der Verbreitung der Medien verbundenen Gefahren zu minimieren und die
Chancen zu maximieren, gilt es die Medienkompetenz zu fördern. Ansetzen sollte man dabei sowohl
im formalen wie auch im non-formalen Bildungsbereich und im Rahmen umfassender Programme
auch die Lehrer und Erziehenden mit einbeziehen.
Medien sind zwar als eine Sozialisationsinstanz anzusehen. Sie treten jedoch neben die traditionellen,
die es auch weiterhin zu berücksichtigen gilt.
12. Nutzung der Medien für friedens­
pädagogische Ansätze
Medien können im Kontext friedenspädagogischer
Bemühungen auf verschiedenste Weise zum Einsatz
kommen und diese unterstützen. Dabei gehen Friedenspädagogik mit dem Ziel der Vermittlung von
Friedenskompetenz, der Förderung von Friedens­
fähigkeit und Friedenshandeln und die Medienpäda­
gogik mit dem Ziel der Vermittlung von Medienkompetenz Hand in Hand.
13. Nutzung des Internet zum Erfahrungsaustausch
Die Entwicklungszusammenarbeit kann die modernen Technologien gezielt zur Erleichterung der
Arbeit und Steigerung ihrer eigenen Effizienz nutzen. Schnellere Kommunikationswege erleichtern
die Organisation. Blogs, Internetforen und Chats
können zum Erfahrungsaustausch genutzt werden:
zur Weitergabe von „Lessons Learned“ und „BestPractice“, zur Diskussion und damit zu einer gesteigerten Reflexion.
28
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29
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Diese Studie zeigt, was Gewaltprävention bedeutet
und welche Ansätze Wirkung haben. Neben der Klärung der Grundlagen und des Grundverständnisses
von Gewaltprävention werden die Bereiche Familie,
Schule und das kommunale Umfeld mit ihren jeweils spezifischen Problemlagen und Erfordernissen
sowie vorhandenen Ansätzen systematisch dargestellt und mit Evaluationsergebnissen konfrontiert.
Handlungsmöglichkeiten in Problem- und Gewaltsituationen werden in einem eigenen Kapitel aufgegriffen.
Günther Gugel:
Gewalt und Gewaltprävention
Grundfragen, Grundlagen, Ansätze und Handlungsfelder von Gewaltprävention und ihre Bedeutung
für Entwicklungszusammenarbeit.
Unter Mitarbeit von Ana Mijic
Institut für Friedenspädagogik Tübingen e. V.,
Sektorvorhaben Bildung und Konfliktbearbeitung,
Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, Bundesministerium für
wirtschafliche Zusammenarbeit und Entwicklung,
Referat 311
Tübingen 2006, 371 Seiten, Format: 21 x 13,3 cm,
20,00 Euro
ISBN 3-932444-15-9
ISBN 978-3-932444-15-9
In den letzten Jahren hat die Verbreitung der neuen Informationsund Kommunikationstechnologien weltweit zu tief greifenden
Veränderungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik geführt, die
inzwischen auch den Bereich der Entwicklungszusammenarbeit er­
reicht haben.
Welche Chancen und Gefahren vor allem aber welche Heraus­
forderungen sind mit diesen neuen Kulturtechniken verbunden?
Was bedeuten diese, insbesondere für die Sozialisation von Kindern,
auch und gerade in den Ländern des Südens?
Wie ist das Problem der Gefährdung durch Gewaltdarstellungen in
Neuen Medien und deren zunehmende Einbeziehung in Gewalthand­
lungen und Kriegsstrategienzu bewerten?
In dieser Broschüre werden – vor dem Hintergrund der Entwick­
lungszusammenarbeit – neben zentralen Entwicklungen der Neuen
Medien und deren Herausforderungen wichtige Strategien des Um­
gangs im Kontext der Medienpädagogik diskutiert.
www.friedenspaedagogik.de

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