komplette Ausgabe - Christian-Albrechts

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komplette Ausgabe - Christian-Albrechts
Eine Beilage der Kieler Nachrichten
No 40 27. 01. 2007
Nachrichten und Berichte aus der
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
unizeit
Die Insel
Seite 3
Vom Winde verweht
Seite 4
Kleines Teil ganz groß
Seite 7
Die Farbe des Geldes
Seite 8
Schneller, weiter, dünner
»Es gibt rund 6000 Sprachen auf der
Welt, und ständig werden es weniger.
Umfassend erforscht ist aber nur ein
Bruchteil davon.«
Dr. Geoffrey Haig, Seminar für Allgemeine und
Vergleichende Sprachwissenschaft
Seite 5
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
wir begehen 2007 das Jahr der Geisteswissenschaften. Aus diesen »Humanities«, wie
der Engländer sagt und damit als Thema dieser Fächer den Menschen bereits benennt,
aus der Beschäftigung mit dem Menschen
also sind die anderen Wissenschaften
erwachsen, lang ehe man zwischen Geistesund Naturwissenschaften überhaupt unterschied.
In einer Beitragsreihe bringt die unizeit ab
dem kommenden Semester die verschiedenen Disziplinen der Geisteswissenschaften
zusammen, die wir als Grundwissenschaften betrachten. Die Reihe beginnt mit dem
Thema »Sprache und Literatur«, denn Sprache, Verständigung und Begrifflichkeit sind
Kernfragen der Geisteswissenschaften. Auch
die Theologie, die Rechtswissenschaften
und die Mathematik werden innerhalb dieser
Reihe zu ihrem Recht kommen.
Ausgehend von logischen Verknüpfungen hat
sich die Mathematik am weitesten von ihren
Wurzeln in der Philosophie entfernt. Dennoch
oder gerade deshalb kann sie eine wichtige
Brücke zu den technischen und Naturwissenschaften sein. Und Brücken zwischen
den Wissenschaftskulturen brauchen wir
dringender denn je. Um Brücken zwischen
den Kulturen und Disziplinen wird es auch in
einer Ringvorlesung gehen, die das Rektorat
zum Jahr der Geisteswissenschaften im kommenden Semester veranstaltet.
Brückenschlag und fächerübergreifende Verbindungen sind auch das Ziel der Konzepte,
die gegenwärtig für die Doktorandenausbildung entstehen. Gerade wenn wir unsere
Studierenden zukünftig als Bachelor und
Master schneller durch unsere Universitäten
schleusen wollen, kommt der Graduiertenausbildung eine neue Bedeutung zu. Denn
der Schritt zu eigenständiger wissenschaftlicher Arbeit will gut betreut sein. Die Kenntnis von Methoden und Theorien anderer
Fachdisziplinen führen zu einer besseren Verständigung über Fächergrenzen hinweg und
zu einer Horizonterweiterung für neue Problemlösungsstrategien. Das ist für zukünftige
Doktoren aller Fachgebiete unerlässlich.
Die Geisteswissenschaften brauchen keinen
besonderen Schutz, schon allein die Ergebnisse der PISA-Studien zeigen, wie wichtig
sie sind. Die durch die Novellierungen der
Landeshochschulgesetze »autonom« gewordenen oder noch werdenden Universitäten
sollten auf die umfassende Kooperation
gleichberechtigter, miteinander konkurrierender Wissenschaften setzen. Sie sollten im
gesellschaftlichen Raum ein ebenso selbstbewusstes wie verantwortbares politisches
Mandat als Kompetenzzentren für Bildung
und Wissenschaft wahrnehmen.
Professor Gerhard Fouquet
Prorektor
Magersucht ist nicht nur eine »Berufskrankheit« von
Models, auch Sportler erkranken überdurchschnittlich
oft – Männer wie Frauen – und das nicht nur im Spitzensport.
Das kann doch nicht gesund sein!
Dieser Verdacht kommt schnell auf, wenn
man die zarten, zerbrechlichen Körper von
Eiskunstläuferinnen sieht, die wie eine Feder
durch die Luft wirbeln. Dass Eiskunstlauf wie
Turnen, Ballett und rhythmische Sportgymnastik zu den Risikosportarten für Magersucht
zählt, ist bekannt. Denn viele Wertungssrichter sehen Schlankheit als wichtiges Kriterium
an, wenn es darum geht, über die künstlerische Benotung zu entscheiden. Aber nicht nur
Sportler aus figurbetonten Disziplinen sind
gefährdet. Das Risiko für Anorexia athletica,
wie die Variante der Magersucht bei Sportlern
genannt wird, droht bei allen Sportarten,
bei denen ein niedriges Gewicht von Vorteil
ist. Leichte Skispringer fliegen weiter, dünne Langstreckenläufer kommen schneller ins
Ziel. Leichte Eiskunstläuferinnen lassen sich
leichter heben. Auch Sportler, die in Gewichtsklassen eingeteilt werden, wie Boxer, Ringer, Judokämpfer und Gewichtheber, laufen
Gefahr, durch die ständige Fixierung auf ihr
Gewicht in eine Essstörung abzudriften.
Charakteristisch für die Sportler-Magersucht
ist, dass die Betroffenen bewusst »Ballast«
abwerfen, um eine bessere sportliche Leistung zu bringen. »Als Normalgewichtler
Campusluft schnuppern
Die Studien-Informations-Tage vom 27. bis
29. März bieten die beste Gelegenheit, das
gesamte Studienangebot der Kieler Universität kennenzulernen. In über 50 Kurzvorträgen, Erkundungen, Gruppenarbeiten,
Gesprächen und Diskussionen informieren
Vertreter der einzelnen Fachgebiete, der
Zentralen Studienberatung oder des Studentenwerks Schleswig-Holstein über alle Studiengänge und -fächer sowie Wissenswertes
kann ich den Marathon vier bis fünf Minuten
schneller laufen, wenn ich ein Kilo an Gewicht
abnehme«, erklärt der Kieler Sportmediziner
Professor Burkhard Weisser. »Irgendwann
gibt es dann keine weitere Leistungszunahme durch die Abnahme mehr. Aber es ist
überraschend, wie dünn man sein muss, um
optimale Leistung zu bringen. Manche Sieger
im Marathonlauf der Männer wiegen vielleicht 60 Kilo bei einer Größe von 1,70, die
Frauen sind 160 groß und wiegen 40 Kilo. Das
würden wir nach unseren Kriterien zum Teil
schon als Anorexie bezeichnen.«
Dennoch ist nicht jeder schlanke Sportler
auch gleichzeitig magersüchtig. Kritisch wird
Definition »Magersucht«
Medizinisch gilt jemand als magersüchtig, wenn sein
Body-Mass-Index (BMI) unter 17,5 liegt. Der BMI
berechnet sich aus dem Körpergewicht (kg) geteilt
durch das Quadrat der Körpergröße (m2). Die Formel
lautet: BMI = Körpergewicht : (Körpergröße in m2). Das
heißt: Wer zum Beispiel bei einer Körpergröße von 1,65
weniger als 47,6 Kilo, bei 1,60 weniger als 44,8 Kilo und
bei 1,70 weniger als 50,6 Kilo wiegt, gilt als magersüchtig.
ne
rund ums Studium. Dabei geht es auch um
Bewerbungsverfahren und Zulassungsvoraussetzungen, Finanzierungsmöglichkeiten
und Wohnheimplätze. »Auf dem Programm
stehen wieder Campusspaziergänge, die im
vergangenen Jahr sehr gut angekommen
sind«, verrät Anette Schmitz, die Leiterin
der Zentralen Studienberatung. »Sie starten
täglich um 13 Uhr und steuern zum Beispiel
die Sportanlagen oder das Institut für Phytopathologie an.« Die Informationsveranstaltung zu den neuen Studienmodellen mit
Bachelor- und Masterabschluss wird täglich
es, wenn nach der sportlichen Leistung das
normale Essverhalten nicht wiederhergestellt
werden kann, ausgeprägte Ängste vor einer
Gewichtszunahme vorliegen oder die Wahrnehmung der eigenen Figur und des Körpergewichts gestört ist. Persönlichkeitsmerkmale
wie mangelndes Selbstbewusstsein, Perfektionismus und starke Leistungsorientierung
erhöhen das Risiko, an einer Essstörung zu
erkranken. Wenn sich die Gedanken ständig
um Essen, Aussehen, Gewicht, Fett, Kalorien
und das Vermeiden bestimmter Nahrungsmittel kreisen, ist ein krankhafter Zustand
erreicht. Zudem treiben viele Magersüchtige
oft exzessiv Sport, gehen zum Beispiel jeden
Tag zwei Stunden joggen oder absolvieren ein
hartes Trainingsprogramm im Fitnessstudio,
um ihr Gewicht niedrig zu halten.
Erschreckend ist, wie häufig Essstörungen
bei Sportlern vorkommen. Laut einer skandinavischen Studie unter Spitzensportlerinnen liegt das Risiko, an einer Essstörung zu
erkranken, bei Sportarten wie rhythmischer
Sportgymnastik, Turnen, Marathon oder Judo
bei rund 40 Prozent. Das amerikanische College für Sportmedizin führte 1992 eine Untersuchung durch, nach der über 60 Prozent der
Sportlerinnen in den Sportarten Eiskunstlauf
und Turnen unter einer Essstörung litten. Eine
Studie im Auftrag des Kölner Bundesinstitutes für Sportwissenschaft zeigt, dass bis zu 25
Prozent aller Sportlerinnen unter Essstörungen leiden. Zum Vergleich: Die Häufigkeit von
Essstörungen in der weiblichen Bevölkerung
zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr liegt
nach Schätzungen der Universität Ulm für
Anorexie bei 0,5 bis 1 Prozent und für Bulimie
bei 3 bis 4 Prozent. Bulimie äußert sich durch
häufige Essattacken, denen der Versuch folgt,
dem »dick machenden« Effekt der Nahrung
durch selbst herbeigeführtes Erbrechen oder
mit Abführmitteln entgegenzuwirken. Diesen
Versuchen liegt die krankhafte Furcht zugrunde, zu dick zu werden. Bulimie ist eine häufige
Folgeerkrankung der Magersucht. Die Zahl
der Männer mit Essstörungen wächst beständig. Schätzungen zufolge sind mittlerweile 10
bis 15 Prozent aller Betroffenen Männer.
Dass es sich um eine Krankheit handelt, ist
Sportlern noch schwieriger beizubringen als
anderen Menschen mit Essstörungen. Sport
gilt prinzipiell als gesund. Und der sportliche Erfolg beim Minimalgewicht gibt ihnen
scheinbar Recht. »Man wundert sich, was der
Körper alles aushält und wie leistungsfähig
manche Betroffenen sind, selbst wenn sie nur
noch 30 Kilo wiegen«, berichtet Weisser, der
als Internist auch Fälle von extremer Magersucht behandelt hat. »Man macht sich keine
Vorstellung davon, wie schwierig Magersüchtige zu behandeln sind und wie hoch die
Sterblichkeit ist.«
Prominentes Opfer ist zum Beispiel Bahne
Rabe, der Olympia-Sieger im Ruder-Achter
von 1988. Er starb am 2. August 2001 im Alter
von 37 Jahren an einer Lungenentzündung in
Folge seiner Magersucht. 1994 starb die amerikanische Turnerin Christy Henrich im Alter
von 22 Jahren durch Multiorganversagen.
Laut Schätzungen hungern sich bis zu 15
Prozent aller Magersüchtigen zu Tode.
ne
Mehr zum Thema auf Seite 2
angeboten. Fast alle Studiengänge werden
zum Wintersemester 2007 darauf umgestellt.
Ausnahmen sind Human- und Zahnmedizin,
Pharmazie, Psychologie und Rechtswissenschaft. »Inhaltlich geht es darum, die neuen
Studiengänge und ihre Abschlüsse vorzustellen«, erklärt Schmitz. »Fachspezifische
Informationen erläutern die Lehrenden in
den Veranstaltungen zum Fach.«
ne
www.zsb.uni-kiel.de
Siehe Kalender Seite 6
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27. 01. 2007
Alarm bei 42 Kilo
Wenn Mädchen in der Pubertät immer dünner werden,
sollten Eltern wachsam sein. Ohne professionelle Hilfe
kann die Magersucht lebensbedrohlich werden. Ein
Vater schildert seine Erfahrungen.
»Ich habe das Problem anfangs
nicht ernst genommen«, sagt Klaus Kunze*,
dessen Tochter vor etwa einem Jahr wegen
Magersucht (Anorexia nervosa) ins Krankenhaus kam. »Mädchen in dem Alter (15 Jahre)
wollen gerne schlank sein. Das nimmt man
erst mal nicht als Risiko wahr. Bei ihr ging es
mit viel Sport und Bewegung einher und sah
gar nicht so krankhaft aus.«
Im Anfangsstadium ist es für Außenstehende schwer, eine beginnende Magersucht zu
erkennen. Betroffene machen keinen kranken
Eindruck, sind meist gute, ehrgeizige Schüler
und treiben viel Sport. Durch zwiebelartige
Kleidung versuchen sie, ihre dünnen Arme
und Beine zu kaschieren. Den nackten Körper
verbergen sie vor den Blicken anderer.
»Auch der Allgemeinarzt, der sie untersuchte,
hat das Problem gewaltig unterschätzt. Er
meinte, sie sollte mehr essen, und wir sollten
auf sie einwirken. Zu diesem Zeitpunkt war
ich überzeugt davon, das ist kontrollierbar.
Mehr essen ist doch kein Problem. Wir machen
ihr einfach das, was sie besonders mag, dann
wird sie schon mehr essen. Wir haben auch
mit ihr gesprochen, und sie versprach, mehr
zu essen. Sie hielt sich aber nicht daran.«
Dass Freunde und Angehörige allein wenig
ausrichten können bei Menschen mit Essstörungen, sagen auch Experten. So schreibt
die Bundeszentrale für Gesundheitliche Auf-
klärung: »Aufgrund der massiven Folgeschäden und der fehlenden Selbsteinschätzung
der Betroffenen bezüglich ihrer körperlichen
Befindlichkeit ist eine medizinische Betreuung
in jedem Fall erforderlich. Es ist sehr wichtig,
seitens der Familie darauf zu bestehen.«
»Irgendwann wurde klar, es geht nicht mehr
ohne professionelle Hilfe. Sie aß nur noch
winzige Portionen und zum Essen zwingen
konnten wir sie nicht. Wir sind dann mit ihr
zu einem Kinderarzt gegangen, und der hat
sie unverzüglich in ein Krankenhaus eingewiesen. Sie durfte gar nicht mehr nach Hause.
Als Maja* in die Klinik kam, wog sie bei einer
Körpergröße von 1,75 Metern gerade mal 42
Kilogramm. Dieser Zustand war lebensbedrohlich. Dass es so schlimm um sie stand,
hatten wir nicht geahnt. Ich nahm an, der
Körper holt sich, was er braucht. Sie wird
schon nicht verhungern. Das war eine Fehleinschätzung, wie ich heute weiß.«
Etwa jede sechste schwer erkrankte Magersüchtige stirbt an den Folgen der Krankheit.
Häufigste Todesursachen sind Infektionen,
Unterernährung, Wasser- und Elektrolytverlust sowie Selbstmord. Infolge der Erkrankung kann es außerdem zum Absinken von
Stoffwechsel, Puls, Blutdruck und Körpertemperatur kommen. Das führt zu Müdigkeit,
Frieren und Verstopfung. Trockene Haut und
brüchige Haare zeigen die hormonellen Ver-
änderungen an, die sich auch im Ausbleiben
der Menstruation äußern.
»In der Klinik wurde sie medizinisch und psychotherapeutisch versorgt. Die ersten anderthalb Monate hatte sie Bettruhe und wurde
mit Spezialnahrung aufgepäppelt. Sie durfte
nur aufstehen, um zur Toilette zu gehen. Es
hat lange gedauert, bis das Gewicht nach
oben ging. Für sie waren der Aufenthalt in
der Klinik und vor allem der Verzicht auf den
Sport sehr schwierig. Zuhause hätte das nie
funktioniert, wir hätten das nicht durchsetzen können. Als Gewichtsziel hatten wir mit
ihr 54 Kilo festgesetzt. Es war für sie sehr
schwer, das zu erreichen, und sie hat es auch
bis zur Entlassung aus der Klinik, nach etwa
einem halbem Jahr Behandlung, nicht ganz
geschafft. Die Bedrohung bleibt. Auch jetzt
steht die Krankheit immer noch im Hintergrund. Wenn sie Frust hat oder sich ärgert,
dann isst sie nicht. Sie weiß allerdings auch,
dass wir jetzt schneller handeln. Wenn sie
nicht isst, kommt sie sofort wieder in die Klinik. Das ist bei ihr die einzige Motivation, die
letztlich zieht.«
Eine Studie der Universität Heidelberg hat
ergeben, dass nur die Hälfte der an Magersucht erkrankten Personen vollständig geheilt
wird. Bei 20 Prozent wird das Leiden chronisch und 30 Prozent entwickeln andere Symptome wie etwa Depressionen.
Bei der Entstehung der Anorexie wirken
verschiedene Faktoren zusammen, die sich
gegenseitig beeinflussen. Neben biologischen
und gesellschaftlichen (Schönheitsideal) Einflüssen sind vor allem psychische Faktoren
bestimmend. Ein Faktor ist zum Beispiel, die
Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
»Was sie eigentlich sucht, ist Aufmerksamkeit. Das habe ich als einen Grund für ihre
Essstörung aus den Gesprächen mit ihrer
Therapeutin mitgenommen. Das Bedürfnis,
Aufmerksamkeit aus der Familie einzufordern,
hatte sie eigentlich schon immer. Hinzu kam,
dass sie auch in der Schule nicht die Akzeptanz hatte, die sie sich wünschte. Stattdessen
galt sie eher als eine graue Maus, und das in
einem Alter, wo das Aussehen unheimlich
wichtig ist. Unser Fehler war vielleicht, dass
wir uns zu wenig Zeit genommen haben, mit
ihr zu reden und zu verstehen, wo die Probleme sind. Das ist in der Pubertät unheimlich
wichtig. Wir als Eltern waren unsicher, wie
geht man mit dem sich verändernden Kind
um, wo ist es Kind, wo Jugendlicher, wo
Erwachsener. Da besteht die Gefahr, dass
man sich zu sehr heraushält.«
ne
*Namen von der Redaktion geändert
Von Sparflamme
auf Vollgas
Der Stoffwechsel von Magersüchtigen hat sich auf das
knappe Nahrungsangebot eingestellt. Bei der Umstellung
zurück auf normale Ernährung gerät die hormonelle
Steuerung aus dem Ruder.
Es ist schon erstaunlich, mit wie
wenig Nahrung unser Körper auch über längere Zeit auskommen kann. Menschen, die an
Magersucht (Anorexia nervosa) erkrankt sind,
führen das vor. Manche essen am Tag nicht
mehr als einen Apfel, vielleicht einen Magerjoghurt und ein trockenes Brötchen. Nach und
nach zehrt die magere Kost an der Substanz.
Der Körper begegnet diesem andauernden
Nahrungsmangel mit einer Umstellung des
Stoffwechsels. Der Ruheenergieverbrauch,
also die Energie, die für Stoffwechselvorgänge verbraucht wird, sinkt auf ein Minimum.
Der Körper läuft sozusagen auf Sparflamme. »Vermittelt wird das durch die Hormone
Trijodthyronin und Leptin, die miteinander
über einen Regelkreis verbunden sind. Entscheidend für den reduzierten Grundumsatz
ist das Schilddrüsenhormon Trijodthyronin.«
Diesen Schluss zieht Professor Manfred J.
Müller vom Institut für Humanernährung und
Lebensmittelkunde aus Untersuchungen seiner Arbeitsgruppe zur Gewichtsregulation
bei Patientinnen mit Magersucht, die an der
Medizinisch-Psychosomatischen Klinik Bad
Bramstedt behandelt wurden. Müller und
sein Team analysierten die Werte verschiedener Hormone im Blut der Patientinnen,
ermittelten den Grundumsatz und maßen die
Körperzusammensetzung von MagersuchtPatientinnen bei Einweisung in die Klinik
sowie im Verlauf der Therapie. Die Werte
verglichen die Wissenschaftler mit denen
von gesunden, normalgewichtigen Frauen.
Ein besonderes Augenmerk legten sie auf
die Hormone Leptin und Trijodthyronin. Beide
Hormone sind bedeutsam für den Energiehaushalt. Das Hormon Leptin wird von Fettzellen produziert und wirkt appetithemmend.
Das Schilddrüsenhormon Trijodthyronin ist
quasi der Motor für die Stoffwechselaktivität.
Bei den Patientinnen mit Magersucht waren
die Konzentrationen beider Hormone im Blut
reduziert. Unter der kontrollierten Ernährung
mit dem Ziel der Gewichtszunahme steigt
der Leptinspiegel an – im Verhältnis zum
immer noch zu niedrigen Körpergewicht viel
zu stark.
»Durch das Angebot energiereicher Nahrung
kommt es zu einer überschießenden Reaktion der hormonellen Regelkreise, die vorher auf Hunger adaptiert waren«, erklärt der
Ernährungsmediziner. »Die Hormone werden
durch die Ernährung im Rahmen der Therapie so stark angestoßen, dass sie einer weiteren Gewichtszunahme entgegenstehen.«
Hohe Leptinspiegel im Blut geben das Signal:
»Ich bin satt« – obwohl die Patientin noch
immer unterernährt ist und eigentlich weiter
essen sollte. Die steigende Konzentration des
Schilddrüsenhormons im Lauf der Therapie
bringt einen erhöhten Grundumsatz mit sich.
Dadurch wird die höhere Energiezufuhr mit
der Nahrung wieder wettgemacht. Das heißt,
zusätzlich zu den psychischen Problemen mit
dem Essen erschwert auch die hormonelle
Steuerung ein normales Essen.
Müller: »Die Botschaft aus unseren Studien
lautet, nicht alleine auf das Gewicht zu achten, sondern zu schauen, ob Leptin und Schild-
Wer über lange Zeit zu wenig isst, bekommt vom Körper schneller das Satt-Signal. Foto: pur.pur
drüsenhormon im Verhältnis zum Gewicht
ausgewogen sind. Für die Therapie bedeutet
das, man muss sich viel länger Zeit für die
Gewichtszunahme lassen. Die drei bis sechs
Wochen, die die Patientinnen normalerweise
Hilfe für Kollegen in Not
Es ist ein typisches Phänomen: Obwohl nicht zu übersehen ist, wenn jemand zusehends abmagert und nur
Miniportionen isst, haben Freunde, Kollegen oder Vorgesetzte oft nicht den Mut, das Offensichtliche anzusprechen und Hilfe anzubieten. Das ist jedoch gar
nicht so schwer, meint die Suchthelferin der Kieler
Universität, Monika Zschau.
Das Gespräch sollte unter vier Augen erfolgen. »Ich
rate dazu, offen zu sagen, was man wahrnimmt, ohne
vorwurfsvoll zu sein. Also zum Beispiel: Sie haben sich
verändert. Ich mache mir Sorgen. Ich bin für Sie da.«
Betroffene fühlten sich vielleicht im ersten Moment peinlich berührt, aber sie seien sicher auch dankbar für
das Hilfsangebot und die Fürsorge. Vorausgesetzt, man
spreche sie nicht jeden Tag aufs Neue an, kommentiere
nicht ihre Essgewohnheiten und fordere sie nicht zum
Essen auf. Das rufe Abwehr hervor. Hilfe bei Essstörungen
im Krankenhaus sind, reichen nicht aus. Die
Gewichtszunahme, wenn sie nachhaltig sein
soll, muss in kleinen Schritten erfolgen. Dafür
braucht man einen längeren Zeitraum.« ne
bietet innerhalb der Universität der Sozialdienst an
– wie auch in psychosozialen Notlagen und bei anderen
Suchtproblemen.
Monika Zschau arbeitet seit 28 Jahren an der CAU,
gehört seit zwölf Jahren der Suchthilfe und seit 1999
dem aus der Suchthilfe hervorgegangenem Sozialdienst an. Zurzeit betreut sie kontinuierlich zehn
Universitätsangehörige, darunter sind auch Magersüchtige, psychisch Kranke und Verschuldete. Dabei
versteht sie sich als Mittlerin: »Ich kenne zuständige
Therapeuten, Kliniken und externe Ansprechpartner,
begleite Betroffene auch mal zum Arzt, zur Klinik oder
zum Therapeuten und vermittle zwischen Vorgesetzten, Personalabteilung und Betroffenen.« Als Suchthelferin bietet sie außerdem in Zusammenarbeit mit
externen Referenten eintägige Schulungen an, zum
Beispiel für Führungskräfte zum Thema »Umgang und
Gesprächsführung mit gefährdeten und abhängigen
Mitarbeitern«.
ne
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27. 01. 2007
Die Zypernfrage
Der Weg Zyperns in die Europäische Union war lang und
schwierig. Jetzt lastet das Zypern-Problem auf den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Dr. Hauke Stöwsand
hat sich in seiner Promotion mit dem rechtlichen Rahmen
des EU-Beitritts von Zypern befasst.
Als Stöwsand 2003 die Arbeit am
Walther-Schücking-Institut für Internationales Recht begann, war der Beitritt Zyperns zur
Europäischen Union (EU) bereits beschlossene Sache. Aber die besondere Situation
in Zypern erforderte noch Sonderregelungen. Die Teilung Zyperns in einen (südlichen)
griechischen und einen (nördlichen) türkischen Teil war eines der größten Probleme der
sechsten Erweiterungsrunde der EU. »Da die
Bemühungen zur Überwindung der Teilung
in letzter Minute scheiterten, waren Regeln
nötig, die erst zum Ende des Jahres 2004 im
Detail feststanden. Diese sollten die Einheit
des Gemeinschaftsrechts wahren und zum
Beispiel verhindern, dass über Nordzypern
Waren aus Ländern außerhalb der EU unverzollt eingeführt werden«, erklärt Stöwsand,
der zurzeit als Referendar in einer Kieler Kanzlei arbeitet. »Ich habe Zyperns Beitritt zur EU
an der Schnittstelle zwischen Völkerrecht und
Europarecht untersucht.«
Zypern wurde im Mai 2004 zusammen mit
neun anderen Staaten in die EU aufgenommen. Gemeinschaftsrecht gilt jedoch nur im
Südteil der Insel. Der Süden ist Mitglied der
EU und Teil des gemeinsamen Marktes mit
weitgehend barrierefreiem Handel. Dieser
basiert in hohem Maße auf dem gegenseitigen Vertrauen der Mitgliedsstaaten. Stöwsand: »Der türkische Norden ist nicht Teil des
gemeinsamen Marktes, und die zyprischen
Behörden im Südteil der Insel haben keine
Kontrolle über den Nordteil. Um den Binnenhandel zwischen Nord- und Südzypern
trotzdem zu ermöglichen und die Wieder-
vereinigung zu fördern, wurde ein Protokoll
mit Sonderregeln in den Beitrittsvertrag aufgenommen. Die EU will den Handels- und
Personenverkehr zwischen beiden Teilen der
Insel durch das Protokoll garantieren, aber
auch kontrollieren.« Durch den Handel zwischen den beiden Inselteilen soll wieder eine
Vertrauensbasis zwischen den Volksgruppen
geschaffen werden. »Dadurch, dass man den
Wohlstand im Norden fördert, soll auch die
Verständigung untereinander verbessert werden«, erklärt der Jurist.
Der Weg dahin ist jedoch noch weit. Konflikte gibt es vor allem um den Direkthandel
zwischen Nordzypern und der Gemeinschaft,
was sich auch auf die Beitrittsverhandlungen
mit der Türkei als Schutzmacht Nordzyperns
auswirkt. Die Türkei und Nordzypern streben den Direkthandel Nordzyperns mit der
Gemeinschaft an. Durch das Beitrittsprotokoll
lassen die Verträge Direkthandel aber nur
zu, wenn darüber Einstimmigkeit zwischen
den EU-Mitgliedsstaaten herrscht. Dagegen
sperrt sich jedoch die Republik Zypern. Auf
der anderen Seite will Zypern, das eine der
größten Handelsflotten der Welt hat, auch
Häfen in der Türkei anlaufen. Die Türkei blockiert aber ihre Häfen wegen der internationalen Isolation Nordzyperns, für die sie direkt
die Regierung der Republik Zypern verantwortlich macht. Wie sich die Situation weiter entwickelt, vermag auch Stöwsand nicht
vorherzusagen. »Es ist noch nicht absehbar, was kommt. Die Regierung der Republik
Zypern hat sich zumindest bereit erklärt, den
Direkthandel zwischen Nordzypern und der
Geschmackssache
Geschmacksvorlieben sind nicht angeboren, sondern
werden erworben. Wie sie entstehen, untersuchen
Kieler Psychologen.
Die erste Prägung unseres
Geschmacks erfahren wir bereits im Mutterleib. Bereits sehr früh, etwa im dritten Monat,
schmeckt und riecht der Fetus das Fruchtwasser. »Bis zur Geburt ist eine Menge Zeit, um
Präferenzen festzulegen«, bemerkt Professor
Roman Ferstl vom Institut für Psychologie.
Dass Neugeborene einen süßen Geschmack
bevorzugen, liege schlicht und einfach daran,
dass das Fruchtwasser eine Fülle süßer Stoffe
enthalte. Diese frühe Prägung wurde auch im
Tierexperiment nachgewiesen.
An der weiteren Entwicklung unserer
Geschmacksvorlieben sind viele Faktoren
beteiligt. Dazu zählen etwa die soziale Umgebung, in der wir leben, und die Kultur, in der
wir aufwachsen. Auch die Werbung und das
Image eines Nahrungsmittels bestimmen den
Veranstaltungen
MESSE FÜR AUSLANDSPRAKTIKA
Es gibt viele gute Argumente, für eine
begrenzte Zeit vor, während oder nach dem
Studium ins Ausland zu gehen. Aber wie lässt
sich das verwirklichen? Wo kann ich mich
bewerben? Wer fördert Auslandspraktika?
Die Planung, Organisation und Durchführung
in der Praxis muss gründlich vorbereitet werden. Hilfe hierbei bietet die 8. Kieler Messe für
Auslandspraktika »International Internship
Wert einzelner Lebensmittel. Zum großen Teil
prägen jedoch Gewohnheiten unsere Essmuster – nach dem Motto: Wir essen nicht Speisen,
die wir mögen, sondern wir mögen Speisen,
weil wir sie essen. Wie neue Geschmacksrichtungen bewertet werden und wie sich
geschmackliche Präferenzen im Detail ausbilden, untersucht die Arbeitsgruppe um Ferstl.
»In einem Experiment konnten wir erstmals
beim Menschen zeigen, dass wir uns bei
der Wahl zwischen zwei Getränken nicht
unbedingt für das leckerste entscheiden, sondern (unbewusst) das Getränk wählen, das
in der Vergangenheit für das Überleben des
Organismus einen besonderen Wert hatte«,
berichtet Dr. Christian Wiesner.
An dem Geschmacks-Experiment nahmen 16
Studenten teil. Sie durften mindestens zwölf
2007« am 7. Februar im Foyer des Audimax.
Sie wird vom International Center der Kieler
Universität in Zusammenarbeit mit dem Team
Akademische Berufe Kiel der Bundesagentur
für Arbeit veranstaltet und richtet sich an Studierende aller Fachrichtungen und Hochschulen sowie an Abiturienten. Besucher können
sich hier über Jobs und Praktika im Ausland
informieren. Viele Organisationen, Verbände
und Firmen, die sich mit Beschaffung, Organisation und Finanzierung von Praktika in
Europa und dem Rest der Welt beschäftigen,
sind mit Infoständen dabei. Drei Vorträge
Gemeinschaft innerhalb des nächsten halben Jahres zu ermöglichen. Jetzt muss man
abwarten, ob es dabei bleibt. Wenn nicht,
wird sich auch an der Haltung der Türkei
nichts ändern. So lange wird es in den Beitrittsverhandlungen keine entscheidenden
Fortschritte geben können.«
ne
tutsdirektor Professor Andreas Zimmermann, gehört
zum Kieler Exzellenzcluster »Ozean der Zukunft«. Zum
Weiterlesen: Hauke Stöwsand: Zyperns Beitritt zur
Europäischen Union. Vom Antrag auf Mitgliedschaft bis
zum Protokoll der Beitrittsakte. Frankfurt/Main 2007
Das Walther-Schücking-Institut für Internationales
Recht an der Universität Kiel, vertreten durch Insti-
Die Teilung Zyperns
Im Jahr 1960 entließ Großbritannien Zypern in die Unabhängigkeit. Drei Jahre später kam es zu Gewaltausbrüchen zwischen den griechischstämmigen und den
türkischstämmigen Bevölkerungsgruppen Zyperns. In
den folgenden Jahren schwelte der Konflikt vor sich
hin und konnte auch durch Friedenstruppen der Vereinten Nationen nicht gelöst werden. 1974 besetzte
die türkische Armee nach einem von der griechischen
Militärjunta unterstützten Putschversuch gegen Präsident Makarios den nördlichen Inselteil, um – offiziell –
die verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen.
Seither ist Zypern eine zweigeteilte Insel. Im griechisch-zyprischen Südteil der Insel übt die Regierung
der von den Vereinten Nationen (UN) als Vertretung für
ganz Zypern anerkannten Republik Zypern die effektive
Hoheitsgewalt aus. Die 1983 im türkisch-zyprischen
Nordteil der Insel ausgerufene »Türkische Republik
Nordzypern« wird – außer von der Türkei – internati-
onal nicht anerkannt. Nach dem Beitrittsgesuch der
Republik Zypern zur EU im Jahr 1990 und dem Beginn
der Beitrittsverhandlungen im März 1998 verband sich
damit die Hoffnung, durch Aufnahme Zyperns in die EU
auch zu einer Lösung des Zypernproblems zu gelangen. 2002 beschloss der Europäische Rat in Kopenhagen die Aufnahme der Republik Zypern in die EU. Der
Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan,
legte ein Referendum über eine Wiedervereinigung
vor (»Annan-Plan«). Dieses wurde jedoch von rund 75
Prozent der griechischen Zyprer 2004 in einer Volksbefragung abgelehnt, während knapp 65 Prozent der
türkischen Zyprer dafür stimmten. Im Mai 2004 wurde
die gesamte Insel Mitglied der Europäischen Union,
wobei die Geltung des Europäischen Rechts (Acquis
Communitaire) im nördlichen Teil der Insel, in dem die
Behörden der Republik Zypern keine Hoheitsgewalt
ausüben, bis zu einer Lösung des Zypernkonfliktes
ausgesetzt ist.
Stunden vor dem Testdurchlauf nichts essen
und trinken. Dann kamen sie ins Institut und
sollten Getränk A oder B zu sich nehmen.
»Die beiden Fruchtsaftgetränke, Holunderblüte und Wildpreiselbeere, waren den Probanden unbekannt«, berichtete Katja Könnecke,
Mitarbeiterin der Studie. Die eine Hälfte der
Probanden durfte vor der Geschmacksprobe
ihren Durst mit Wasser stillen, die andere
nicht. Dieser Versuch wurde pro Getränk viermal wiederholt. Den Geschmack der Säfte
bewerteten die Versuchsteilnehmer auf einer
Skala von »überhaupt nicht angenehm« bis
»sehr angenehm«. Bei der abschließenden
Sitzung durften sie zwischen den beiden
Getränken frei wählen. Sie entschieden sich
mehrheitlich für das Getränk, das sie immer
dann bekommen hatten, wenn sie vor der
Verkostung kein Wasser erhalten hatten. Könnecke: »Die meisten Probanden bevorzugten
das Getränk, das sie in der Mangelsituation
bekommen hatten. Allerdings gab es zwei
Versuchspersonen, die eindeutig angaben,
dass sie Getränk A lieber mochten, sich aber
dennoch für Getränk B entschieden, weil es
zuvor ihren Durst gelöscht hatte.« Ein zweiter
interessanter Befund der Studie war, dass
die beiden zunächst unvertrauten Getränke im Verlauf des Versuchs immer beliebter
wurden. Daraus folgern die Wissenschaftler,
je bekannter uns ein Nahrungsmittel ist, desto lieber mögen wir es. »Unabhängig vom
Geschmack geht es erst einmal nur darum,
was trinke ich oder was esse ich in einer
Mangelsituation, und das verändert die Präferenz, ohne dass einem das klar wird«, erklärt
Professor Ferstl. Diesen aus Tierexperimenten
bereits bekannten Befund konnten die Kieler
Psychologen jetzt erstmals auch beim Menschen bestätigen.
Als nächstes will die Arbeitsgruppe den neurobiologischen Mechanismen dieses Phänomens
auf den Grund gehen. Dazu messen sie zum
Bespiel die Hirnströme der Versuchsteilnehmer
mittels EEG während der Geschmacks- und
Geruchstests oder beobachten die Aktivität
einzelner Gehirnregionen mittels Magnetresonanztomografie. »Für uns ist die Entwicklung von Geschmacksvorlieben ein Modell, um
das dahinterliegende System zu verstehen«, so
Wiesner. Dabei geht es um folgende Fragen:
Wie wird Belohnung im Gehirn verarbeitet?
Wie funktionieren die Verstärkungssysteme?
Wie lässt sich die Diskrepanz zwischen der
subjektiven Beurteilung eines Geschmacks
und der tatsächlichen Bevorzugung erklären?
Die Forschungen sollen auch dazu beitragen,
scheinbar irrationale menschliche Verhaltensweisen, zum Beispiel die Entwicklung einer
Drogensucht, zu erklären.
ne
ergänzen das Informationsangebot: Brigitte
Dix-Kuessner von der Kieler Sprachenschule
DIX LINGO erklärt, wie man sich auf Englisch
bewirbt, Dr. Annette Freitag stellt die Angebote der Zentralen Arbeitsvermittlung vor,
und Jan Bensien vom International Center der
CAU sowie Christine Boudin vom International Office der Fachhochschule Kiel erläutern
die Finanzierungsmöglichkeiten für Auslandspraktika.
ne
PLATTDEUTSCHER GOTTESDIENST
Siehe Kalender S. 6
www.uni-kiel.de/international
Siehe Kalender Seite 6
Glöwt an dat Licht – unter diesem Motto wird
der Gottesdienst am 28. Januar um 10:30 Uhr
in der Universitätskirche stehen. Pastor Ulrich
Gradert, Lehrbeauftragter für Plattdeutsche
Predigt, organisiert mit seinen Studenten und
naturwissenschaftlicher Unterstützung von
Dr. Heiko Künnemann, Strahlenschutzbeauftragter der CAU, einen plattdeutschen Morgen zum Thema Licht.
jz
unizeit | forschung + praxis | seite 4
27. 01. 2007
Viel Wirbel
Der Windkanal hat sich in erster Linie als Arbeitsplatz
für Autodesigner einen Namen gemacht. Doch auch die
Uni Kiel hat sich »windigen« Forschungsprojekten verschrieben.
Mit schicken Karossen hat es ganz
und gar nichts zu tun, wenn Michaela Bach
und Kristine Fruhner im Windkanal werkeln.
Vielmehr geht es den beiden Doktorandinnen darum, nachzuvollziehen, wie in Norddeutschland Luftbewegungen zu Bodenerosion führen und damit langfristig die Qualität hiesiger Äcker erheblich beeinträchtigen
können. Michaela Bach, die ihre Arbeit am
Lehrstuhl von Professor Rainer Duttmann vom
Geographischen Institut verfasst, hat sich
die räumliche Prognose des Winderosionsgeschehens zum Ziel gesetzt. Kristine Fruhner,
die unter den fachlichen Fittichen von Professor Rainer Horn vom Institut für Pflanzenernährung und Bodenkunde zur Doktorwürde
strebt, betrachtet hingegen vor allem die
physikalischen Grundlagen von Erosionsprozessen, die wiederum für die Modellierung
von Erosionsvorgängen entscheidend sind.
Gemeinsam ist indes beiden Frauen, dass sie
zu den Wenigen gehören, die systematisch
mit dem etwa 12,5 Meter langen und jeweils
um die 75 Zentimeter hohen und breiten
Windkanal arbeiten. Bis vor ein paar Monaten stand das Objekt noch im ehemaligen
Bodentechnologischen Institut in Bremen.
Dort wurde es nicht mehr benötigt und fand
schließlich in Form einer Dauerleihgabe den
Weg nach Kiel, wo es jetzt mit teilweise bis
zu Windstärke 12 ordentlich Wirbel im Dienst
der Wissenschaft macht.
»Mach das Fenster zu, der Acker kommt rein.«
Diese norddeutsche Redensart beschreibt
treffend, worum es dabei im Grundsatz geht.
Besonders im April und Mai, wenn die Felder
noch wenig Bewuchs aufweisen, ist dieses
Phänomen bei trockenem Ostwind immer
wieder zu beobachten. Der Wind fegt wie ein
Föhn über die kahlen Schollen und bläst die
somit knochentrockenen Partikel in alle Welt
hinaus. Dazu bedarf es keineswegs handfester Stürme, sondern es genügen schon
vergleichsweise moderate Luftbewegungen
der Stärke 5. Selten tritt das Problem überdies
auch nicht gerade auf. Statistische Auswertungen langjähriger Klimamessreihen haben
gezeigt, dass es durchschnittlich an 13 Tagen
pro Jahr zu solchen Ereignissen kommt.
Und das mit Folgen, die weit dramatischer
sind, als Laien es sich vorstellen mögen. In
einzelnen Jahren wird seriösen Schätzungen
zufolge eine bis zu acht bis zehn Millimeter
starke Bodenschicht vom Winde verweht.
Lediglich etwa 30 Zentimeter umfasst andererseits der schwarze und humose Oberboden. Eines nicht allzu fernen Tages könnte
also jegliche Fruchtbarkeit der Äcker auch auf
dem Versuchsfeld im nordfriesischen Goldelund buchstäblich weggeblasen sein, und die
Bildung von neuem Boden ist selbst innerhalb
einer Zeit von 100 Jahren so gut wie nicht
messbar. Ist der Boden erstmal in Bewegung,
bleibt den Landwirten meist nichts ande-
Die Zukunft
der Vergangenheit
Elektronische Datenverarbeitung und Informatik spielen in der Archäologie eine immer größere Rolle. Kiel
entwickelt sich zur Hochburg der Archäoinformatik in
Deutschland.
Bei archäologischen Grabungen
werden oft Zehntausende Fundstücke zu
Tage gefördert: Scherben, Splitter oder Knochenreste müssen erfasst, katalogisiert und
analysiert werden. Schon bei kleineren Grabungen entstehen Datenmengen, die ohne
elektronische Datenverarbeitung kaum zu
bewältigen wären. Deswegen hielten bereits
in den sechziger Jahren die ersten Computer
Einzug in die Archäologie. Seit Anfang des
Jahrtausends entwickelt sich mit der Archäoinformatik eine Disziplin, die archäologische
Probleme mit moderner Informationstechnologie lösen will. Die Kieler Universität hat 2005
als erste und bislang einzige deutsche Hochschule eine wissenschaftliche Stelle dafür
geschaffen. Ab 2007/2008 sollen Studierende
in Kiel sogar einen Bachelor und Master of
Science mit Schwerpunkt im Bereich Archäoinformatik erwerben können.
Benjamin Ducke beschäftigt sich als wissen-
Veranstaltungen
CHORKONZERT IN DER PETRUSKIRCHE
Georg Friedrich Händels »Messias« steht auf
dem Programm des Semesterkonzertes des
Akademischen Chores der CAU am 1. Februar in der Petruskirche Kiel-Wik, Weimarer
Straße 3. Zusammen mit dem Akademischen
Chor musizieren das Kammerorchester der
Kieler Universität und die Solisten Heike
Wittlieb (Sopran), Karin Kunde (Alt), Steffen Doberauer (Tenor) Hans Georg Ahrens
schaftlicher Mitarbeiter am Institut für Ur- und
Frühgeschichte sowohl mit Grundlagenforschung als auch mit der Praxis der Archäoinformatik. Er schildert die Vorteile der jungen
Disziplin: »Mit moderner Computertechnik
eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten für
Publikation und Auswertung archäologischer
Daten. Früher hatte man oft nur die Möglichkeit, Fundstücke zu fotografieren, zu beschreiben und in einem Buch zu veröffentlichen.
Das macht bei 20.000 Scherben aber wenig
Sinn. Heute können wir bei einer Ausgrabung
die Daten direkt in die Datenbank eingeben
und daraus eine elektronische Dokumentation machen. Mit den Daten können wir auch
Multimedia-Präsentationen produzieren, die
zum Beispiel in Museen verwendet werden.
Die Archäoinformatik steht auch für das
Bewusstsein, dass die ganz eigenen Strukturen und Potenziale archäologischer Informationen selbst von Archäologen nur unter
(Bass) unter der Leitung von Klaus Volker
Mader. Karten zum Preis von zehn Euro,
ermäßigt fünf Euro, gibt es bei Ruth König
Klassik (Dänische Straße), der Konzertkasse
Streiber sowie an der Abendkasse.
ne
Siehe Kalender Seite 6
MAX FRISCHS »ANDORRA« IM SECKSECKBAU
»Plötzlich bist Du so, wie sie sagen. Das ist
das Böse.« Max Frisch (1911 – 1991) hat mit
seinem Drama »Andorra« ein Stück über
Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmung
Jedes Sandkorn zählt. Michaela Bach und Kristine Fruhner füllen den Windkanal mit Material.
Foto: pur.pur
res übrig, als Gülle auszubringen, damit der
Boden verklebt und nicht so leicht verweht
werden kann. Ein Ziel der aktuellen Forschungen im Kieler Windkanal ist es nun, die Verklebungsmechanismen der ausgebrachten Gülle
zu analysieren. Gleichzeitig werden weitere
Möglichkeiten erforscht, wie der Boden stabilisiert werden kann.
Kristine Fruhner untersucht in diesem Bereich
Grundsätzliches. Sie ermittelt beispielsweise,
ab welcher Windgeschwindigkeit Erdpartikel
abheben und lotet den Wassergehalt und
dessen Verteilung unmittelbar im Übergangsbereich zwischen der Luftschicht und dem
Boden aus. Sie bestimmt die Klebewirkung,
die zum Beispiel durch organische Säuren
zwischen den einzelnen Körnern entsteht. Die
Erkenntnisse aus dem Windkanaltest sollen
nun im Feldversuch überprüft werden. Dabei
wird auch der Einfluss der Bodenbewirtschaftung und der jeweiligen Windrichtung genauer betrachtet.
Michaela Bach will unter anderem den Bodenabtrag und den Nährstoffverlust durch Winderosion exakt bestimmen. Das ist sowohl
aus ökonomischer wie ökologischer Sicht von
erheblicher Bedeutung. Zumal die Geographin
zu ihrer eigenen Überraschung feststellte,
dass es zu dem wichtigen Thema des Nährstoffverlustes bislang kaum Untersuchungen
gibt. Auch Anbau- und Bewirtschaftungsmethoden spielen in ihrer Arbeit eine Rolle. So ist
im ewigen Kampf gegen den Wind dank der
heute weitverbreiteten Methode, die Stoppeln nach der Ernte auf den Feldern stehen
zu lassen, schon manches gewonnen. Um
auf sandigen Böden einen wirksamen Erosionsschutz zu gewährleisten, bietet sich nach
Einschätzung von Michaela Bach auch das
Einbringen von Saatgut direkt in die Reste
der Vorfrucht an. Eine nähere Untersuchung
soll die Vor- und Nachteile dieser Variante
beleuchten.
Bis die beiden Windforscherinnen zu diesen
Themen handfeste Ergebnisse verkünden
können, dürfte freilich noch so mancher Sturm
über die Förde pfeifen. Zum Ende gekommen
sein werden sie voraussichtlich im Herbst
2007.
mag
Nutzung moderner Informationstechnologie
durchdrungen werden können, genauso, wie
das etwa auch für die Bioinformatik, die Geoinformatik oder die Kulturinformatik gilt.«
Eine wesentliche Grundlage für die Entstehung der Archäoinformatik stellen aber Technologien aus Nachbardisziplinen dar, wie
etwa Geoinformationssysteme (GIS). Mit GIS
kann man etwa einen digitalen Lageplan
einer Grabungsstelle erstellen oder Karten,
die eine detaillierte Übersicht über archäologische Funde und Befunde geben. Als technische Plattformen dienen der Archäoinformatik
weiterhin Datenbanken, CAD-Anwendungen,
Statistikprogramme und vieles mehr.
Das Entstehen der Archäoinformatik fällt
zusammen mit dem Siegeszug der OpenSource-Philosophie in der Wissenschaft. Open
Source oder freie Software heißt, dass die Software beliebig kopiert, verbreitet und genutzt
werden darf. Sie bietet sich zum Lernen, Mitmachen und Verbessern an. Ein Schwerpunkt
in der Archäoinformatik liegt auf dem Einsatz
und der Entwicklung leistungsfähiger Open-
Source-Systeme wie etwa GRASS GIS. GRASS
steht für Geographic Resources Analysis Support System.
Die Archäoinformatik am Institut für Ur- und
Frühgeschichte, mit der Berufung von Professor Johannes Müller 2005 eingerichtet,
sei interdisziplinär ausgerichtet, sagt Ducke:
»Man kann zu vielen anderen Fachgebieten
Brücken schlagen, zum Beispiel zu den Ingenieurswissenschaften oder den Natur- und
Geowissenschaften. Wir arbeiten auch sehr
gerne mit Doktoranden der Informatik oder
der Mathematik zusammen, die bei uns interessante Aufgabenstellungen bekommen und
ideale Arbeitsbedingungen vorfinden.«
Die Arbeitsaussichten für Archäoinformatiker
sind gut. Denn die Landesämter für Archäologie und Denkmalpflege, die Archäologen
beschäftigen, wechseln zu digitalen Datengrundlagen, Dokumentations- und Arbeitsprozessen. Daneben setzen auch private
Grabungsfirmen oder spezialisierte Software-Hersteller Archäoinformatiker ein.
js
Digitale Vermessungsarbeiten auf einer
Grabung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte
und Anpassung geschrieben. 1961 wurde
es im Schauspielhaus Zürich uraufgeführt.
Die studentische Theatergruppe »theater
poetry slam« bringt ihre Andorra-Version am
7., 9., 10., 11., und 12. Februar im Sechseckbau an der Mensa I jeweils um 20 Uhr auf
die Bühne. Hauptperson ist der junge Andri,
dem so lange eingeredet wird, dass er Jude
ist, bis er es selbst glaubt. Der Kleinstaat
Andorra in den östlichen Pyrenäen zwischen
Spanien und Frankreich hat übrigens nichts
mit dem fiktiven Staat zu tun, in dem das
Stück spielt. »Andorra ist der Name für ein
Virtuelle Rekonstruktion eines jungsteinzeitlichen Dorfes (um 4800 v. Chr., heutiges Bosnien).
Fotos: Institut für Ur- und Frühgeschichte
Modell«, so Max Frisch. Er selbst hat diesen
Namen später als Notlösung bezeichnet:
»Was den Kleinstaat Andorra betrifft, tröste
ich mich mit dem Gedanken, dass er kein
Heer hat, um die Länder, die das Stück
spielen, aus Missverständnis überfallen zu
können.« Karten sind in der Mensa II, Leibnizstraße 14 und in Zimmer 2 des Studentenhauses, Westring 385 erhältlich.
may
Siehe Kalender Seite 6
unizeit | campus + kultur | seite 5
27. 01. 2007
Nje femij kalon mae bichiklaet.Nje burr po vjael
d a r d h a . B u r ra t f u s i n d a r d hat ne kosh. Djali flae. Un
ijap makines.Vjaen nje burr
tjaeter mae nje dhi cili
k a l o n p ra n k o s h a v a e . U n
Wie erforscht man eine unbekannte Sprache? Angehende k a m n j e c h a e n . N j e b u r r p o
Sprachwissenschaftler lernen das im Feldforschungskurs.
vjael dardha. Nje femij
genau in die Schriftform überträgt, um ein
Robinson und Freitag gehören dazu,
kalon mae bichiklaet. Djali
Gebrauchsalphabet für die Sprache entwiTarzan und Jane auch, Winnetou und Old
ckeln zu können.
Shatterhand sowieso – Geschichte und Liteflae. Un ijap makines.Vjaen
Wer diese Voraussetzungen hat, kann die
ratur kennen unzählige prominente Beispiele
große Kunst der Gesprächsführung mit dem
von Kulturen, die sich erst einmal sprachlich
Muttersprachler in einem Seminar lernen, in
annähern müssen. Meist lernte dann die Neue
nje burr tjaeter mae nje
Sprachpuzzle
Welt die Sprache der Kolonialisten – Englisch, Spanisch oder Französisch. »So wurden
und werden heute noch die lokalen Sprachen
verdrängt. Es gibt rund 6000 Sprachen auf
der Welt, und ständig werden es weniger.
Umfassend erforscht ist aber nur ein Bruchteil
davon«, erklärt Dr. Geoffrey Haig. Bei ihm am
Seminar für Allgemeine und Vergleichende
Sprachwissenschaft bekommen Studierende
das Handwerkszeug vermittelt, sich selbst
die Grundstrukturen für eine für sie unbekannte Sprache zu erarbeiten.
Die bekannteste Methode hierfür ist die Feldforschung, mit der eine Sprache systematisch erforscht wird. Mit gezielten Fragen an
den Muttersprachler werden Strukturen von
Wörtern und Sätzen erkannt, verschriftet und
übersetzt. Wer Feldforschung betreiben will,
muss also bereits über einige Fähigkeiten
verfügen: Er muss Grammatiktheorie gelernt
haben und muss die Struktur einer Sprache beschreiben können. Außerdem muss er
wissen, wie er gesprochenes Wort lautlich
dem man sich Wort für Wort vortastet: In diesem Semester sind es zehn Studierende, die
sich die albanische Sprache selbst erschließen wollen, mitten unter ihnen ist ihr Dozent
Geoffrey Haig. Sie alle schauen die junge
Albanerin aufmerksam an, die sich die ersten
Szenen aus einem Film anschaut. Eine Fragestunde beginnt: Welche Personen kommen
in der Geschichte vor? Die junge Frau deutet
auf die Personen im Film: burr – der Mann,
shatar – der Bauer. Dem Beobachter drängt
sich wieder das Bild von Robinson auf … Welche Gegenstände kommen vor? Dardha – die
Birnen, Kosha – die Körbe. Dann versucht es
eine Studentin selbst mit einem Satz auf Albanisch: »Nje burr po vjael dardha. Korrekt?« Die
Muttersprachlerin strahlt, nickt heftig. Sie
freut sich über den geglückten Versuch der
Studentin. »Wer sich wie wir eine Sprache
selbst erarbeitet, muss auch den Mut haben,
sie auszuprobieren«, so Haig. Diese Methode hat für die Studierenden einen entscheidenden Vorteil: »Sie ist vom Lerner selbst
gesteuert. Das heißt, er kann sein eigenes
Tempo bestimmen, auf diese Weise lernt er
sehr schnell.« Alles, was im Kurs gesprochen
wird, wird per Mikrofon aufgenommen und
später in mühevoller Kleinarbeit am Computer
geschnitten und archiviert.
Jeder Kursteilnehmer bekommt sein eigenes
Projekt: Der eine erstellt ein Alphabet, mit
dem den Lauten vertraute Zeichen zugeordnet werden. Der nächste konzentriert sich
auf die Verben und deren Beugung, wieder
einer dokumentiert die Hauptworte in ihren
unterschiedlichen Fällen. Die Rechtschreibung wird selbst entwickelt und entspricht
darum nicht dem Wörterbuch. Am Ende des
Kurses entsteht ein eigenes kleines Nachschlagewerk für die neue Sprache.
Die Christian-Albrechts-Universität hat
mit Professor Ulrike Mosel eine anerkannte Sprachforscherin für den südpazifischen
Raum, darum finden hier auch einige Studierende den Weg über Projekte in die professi-
Große Forscher von der Förde (16)
Gustav Radbruch
Der Jurist und SPD-Politiker war Justizminister in der
Weimarer Republik. An der Kieler Universität lehrte er
von 1919 bis 1926. Professor Robert Alexy stellt den
bedeutenden Rechtsphilosophen vor.
Gustav Radbruch ist der erste deutsche Jurist, dem als Jurist, also nicht, wie
Goethe als Dichter oder Max Weber als Soziologe, die Ehre einer Gesamtausgabe zuteil
geworden ist. Die 20 Bände dieser Ausgabe,
der eine elf Bände umfassende japanische
Ausgabe vorangegangen ist, zeigen, wie breit
die Interessen Radbruchs gestreut waren.
Dabei wird deutlich, dass die Rechtsphilosophie das Zentrum bildet. Entfiele sie, verlöre
das Ganze seine Größe.
Radbruch wurde am 21. November 1878
in Lübeck als Sohn eines wohlhabenden
Kaufmanns geboren. Er studierte ab 1898
Rechtswissenschaft in München, Leipzig und
Berlin, wo er 1902 promoviert wurde. Nur
ein Jahr später habilitierte er sich in Heidelberg. Diesem rasanten Gang folgte eine
Stagnation: Von 1904 bis 1910 blieb Radbruch Privatdozent, von 1910 bis 1914 war er
nicht beamteter außerordentlicher Professor.
Dem äußeren Stillstand korrespondierte eine
lebendige innere Entwicklung. Radbruch sog
den Heidelberger Neukantianismus in sich
auf. Besondere Anregungen erhielt er von
dem Soziologen Max Weber (1864 –1920) und
dem Philosophen Emil Lask (1875 –1915). 1910
erschien die »Einführung in die Rechtswissenschaft«, die 1980 ihre 13. Auflage erlebte.
1914 folgten die »Grundzüge der Rechtsphilosophie«, aus denen sein Hauptwerk, die 1932
erschienene »Rechtsphilosophie« hervorgehen sollte. Neben den Grundelementen seiner
Rechtsphilosophie entwickeln sich in dieser
Zeit auch Radbruchs politische Neigungen: Er
engagierte sich zunächst für die Fortschrittliche Volkspartei und dann zunehmend für die
Sozialdemokratie.
Anfang 1914 erhielt Radbruch, wenn auch
nur auf eine außerordentliche Professur, endlich einen Ruf, und zwar nach Königsberg.
Wegen seiner Teilnahme an dem bald danach
ausbrechenden 1. Weltkrieg konnte er das
neue Amt nur sehr sporadisch wahrnehmen.
Ende 1918 trat er der SPD bei. 1919 erhielt
er einen Ruf nach Kiel, zunächst gegen den
Willen der Fakultät auf eine außerordentliche
Professur für Öffentliches Recht, was in der
Tat nicht Radbruchs Gebiet war, kurz darauf
dann, diesmal mit Zustimmung der Fakultät
und parallel zu einem Ruf nach Köln, auf
einen Lehrstuhl für Strafrecht. Radbruch war
nun, 15 Jahre nach seiner Habilitation, wie er
durchaus ironisch in seiner Autobiographie
vermerkt, endgültig von seiner »Privatdozentenkrankheit« erlöst. Seine sieben »Kieler
Jahre« brachen an.
Das dramatischste Ereignis dieser Zeit waren
für Radbruch die Wellen, die der Putsch rechtsradikaler Kräfte unter Führung von Wolfgang
Kapp gegen die Berliner Reichsregierung in
Kiel schlugen. Nachdem er am 13. März 1920
von dem Putsch in Berlin gehört hatte, begab
er sich zusammen mit Hermann Heller, der
später einer der bedeutendsten Staatsrechtslehrer der Weimarer Republik werden sollte,
zu den in den Generalstreik getretenen Arbeitern, die die Kieler Reichswerft besetzt hatten
und sich zu bewaffnen versuchten. Radbruch
und Heller wollten mit dem Militärbefehlshaber in Kiel, Konteradmiral von Levetzow, über
einen Waffenstillstand verhandeln, wurden
aber festgenommen und vorübergehend in
Haft genommen. Nach dem Zusammenbruch
des Putsches bemühte sich Radbruch, die sich
nunmehr entladende Wut der Arbeiter einzu-
Walter Eimer: Portrait Gustav Radbruch,
1938. Stiftung Schleswig-Holsteinische
Landesmuseen Schloß Gottorf
dämmen. Am 24. März hielt er für 25 Opfer
des Putsches auf dem Friedhof Eichhof die
Grabrede. Durch sein Verhalten während des
Putsches hatte Radbruch sich bei den Sozialdemokraten ein so hohes Ansehen erworben,
dass er einen sicheren Platz auf der sozialdemokratischen Reichsliste erhielt. So zog er von
1920 bis 1924 in den Reichstag ein. Während
dieser Zeit war er zweimal Reichsminister der
Justiz. Nach 1924 überwog das Verlangen, in
die Wissenschaft zurückzukehren. Radbruch
widmete sich wieder ganz seinem Kieler Universitätsamt. Im Sommersemester 1926 war
er Dekan der juristischen Fakultät.
Die Kieler Jahre fanden 1926 durch einen
Ruf nach Heidelberg ihr Ende. Wieder in
Heidelberg, schrieb Radbruch in den letzten
Radbruchsche Formel
Die dauernde Bedeutung von Radbruchs Rechtsphilosophie beruht wesentlich auf seiner These zum
Verhältnis von Gerechtigkeit, Rechtssicherheit und
Zweckmäßigkeit, die ihren endgültigen Ausdruck in der
»Radbruchschen Formel« aus dem Jahr 1946 findet.
Sie lautet: »Der Konflikt zwischen der Gerechtigkeit
und der Rechtssicherheit dürfte dahin zu lösen sein,
dass das positive, durch Satzung und Macht gesicherte
Recht auch dann den Vorrang hat, wenn es inhaltlich
ungerecht und unzweckmäßig ist, es sei denn, dass der
Widerspruch des positiven Gesetzes zur Gerechtigkeit
ein so unerträgliches Maß erreicht, dass das Gesetz
als ›unrichtiges Recht‹ der Gerechtigkeit zu weichen
hat. Es ist unmöglich, eine schärfere Linie zu ziehen
zwischen den Fällen des gesetzlichen Unrechts und
den trotz unrichtigen Inhalts dennoch geltenden Geset-
onelle Sprachforschung. Die meisten heute
noch unerforschten lokalen Sprachen sind in
Südamerika, Afrika und im Südpazifik beheimatet. Man findet sie aber auch beispielsweise im arabischen Raum. Mit bedrohten
iranischen Sprachen beschäftigen sich Wissenschaftler aus aller Welt während einer
zweiwöchigen Sommerschule im kommenden
August in Kiel.
Was aber nutzt ein Feldforschungskurs denjenigen, die keine bedrohte Sprache retten
wollen? »Sie üben sich in Detektivarbeit: Sie
bekommen ein Puzzle vorgesetzt und lernen,
die fehlenden Teile selbst zu finden. Das
sind unschätzbare analytische Fähigkeiten«,
erklärt Dr. Haig. Am Ende erweitert jeder
Kursteilnehmer auch seinen Horizont. »Verstehen, wie Sprache funktioniert und dass die
indogermanischen Sprachen nur einen winzigen Ausschnitt der sprachlichen Möglichkeiten bieten, ist eine wichtige Erkenntnis.«
so
Jahren der Weimarer Republik die dritte und
endgültige Auflage seiner Rechtsphilosophie.
Rufe nach Hamburg und Berlin lassen die
steigende Wertschätzung erkennen. Er lehnte
die Rufe jedoch ab. Am 9. Mai 1933 wurde
er aufgrund des berüchtigten Gesetzes »zur
Wiederherstellung des Berufsbeamtentums«
(RGBl I 1933, S. 175) als erster Universitätsprofessor nicht aus rassischen, sondern aus
politischen Gründen entlassen. Radbruch
blieb in Deutschland, musste jedoch vorwiegend im Ausland publizieren. Die Annahme
von Rufen an die Universitäten Kaunas in
Litauen und Zürich wurde ihm verwehrt. Er
konnte aber 1935/36 einen einjährigen Studienaufenthalt am University College in Oxford
wahrnehmen, der sich vor allem in seinem
1945 erschienenen Buch »Der Geist des englischen Rechts« niederschlug.
1945 änderte sich wiederum alles. Radbruch
kehrte als erster Heidelberger Nachkriegsdekan auf seinen Lehrstuhl zurück. Es entstanden die berühmten Arbeiten des Radbruchschen Spätwerkes, vor allem der 1946
erschienene Aufsatz »Gesetzliches Unrecht
und übergesetzliches Recht«. Am 23. November 1949 starb Radbruch in Heidelberg im
Alter von 71 Jahren.
Dieser Beitrag ist eine gekürzte Fassung des Artikels
von Robert Alexy über Gustav Radbruch, den er in der
»Christiana Albertina« (Heft 58) 2004 veröffentlicht hat.
Professor Alexy ist Inhaber des Kieler Lehrstuhls für
Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie am Juristischen Seminar.
zen; eine andere Grenzziehung aber kann mit aller
Schärfe vorgenommen werden: Wo Gerechtigkeit nicht
einmal erstrebt wird, wo die Gleichheit, die den Kern
der Gerechtigkeit ausmacht, bei der Setzung positiven
Rechts bewusst verleugnet wurde, da ist das Gesetz
nicht etwa nur ›unrichtiges Recht‹, vielmehr entbehrt
es überhaupt der Rechtsnatur.«
Diese einflussreichste rechtsphilosophische These
des 20. Jahrhunderts lässt sich auf die Kurzfassung
bringen: Extremes Unrecht ist kein Recht. Sie liegt der
Rechtsprechung der deutschen Gerichte zur Aufarbeitung des nationalsozialistischen Unrechts zugrunde
und ist zwecks Beurteilung des DDR-Unrechts in den
Mauerschützenprozessen wieder aufgegriffen worden.
Aber sie wird auch heftig kritisiert. Diese Diskussion
hat eine Breite wie kaum eine andere rechtsphilosophische Debatte.
ne
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Veranstaltungen
27.01.07 – 06.04.07
Alle Veranstaltungen auch unter: www.uni-kiel.de/veranstaltungen
Januar
27.1. 2000 Samstag
Semesterkonzert Johannes-Passion (BWV 245) von Johann Sebastian Bach in der Bearbeitung von
Robert Schumann | Christiane
Maria Vetter, Sopran; Manuela
Mach, Alt; Mario Trelles Diaz,
Tenor; Thomas Peter, Bass; Julian
Redlin, Bass; Collegium musicum
und Studentenkantorei,Leitung:
Universitätsmusikdirektor Bernhard Emmer, Kiel 3Kiel, Schloss,
Wall 74 – Konzertsaal
28.1. 1030 Sonntag
Glöwt an dat Licht Plattdeutscher
Gottestdienst | Pastor Ulrich Gradert Institut für praktische Theologie 3 Kiel, Universitätskirche
am Westring
29.1. 1815 Montag
Alter, Gesundheit und aktiver
Lebensstil Ringvorlesung | Hormonveränderungen im Alter und
Möglichkeiten der Gegensteuerung | Dr. Ferdinand Kokenge, Kiel
Institut für Sport und Sportwissenschaft u. a. 3 Kiel, Olshausenstraße 75, Gebäude H – Hörsaal 3
29.1. 2000 Montag
31.1. 1615 Mittwoch
4.2. 1030 Sonntag
7.2. 1615 Mittwoch
Toxikologie vom Feinsten: Nanotechnologie Vortrag | Dr. Christiane Aschmann, Kiel Institut für
Toxikologie und Pharmakologie
3Kiel, Brunswiker Straße 10 –
Seminarraum 4. OG
Semesterschlussgottesdienst
mit Abendmahl Prof. Reiner
Preul, Kiel Theologische Fakultät 3 Kiel, Westring/Olshausenstraße – Universitätskirche
Toxikologie der Textilhilfsstoffe
und Farbmittel Vortrag | Prof.
Thomas Platzek, Berlin Institut
für Toxikologie und Pharmakologie
3 Kiel, Brunswiker Straße 10 –
Seminarraum 4.OG
20.2. 1930 Dienstag
27.3. ab 800 Dienstag
Reisen in Mikro- und Nanowelten
Vortrag | Prof. Manfred Euler, Kiel
SHUG, Sektion Neustadt 3 Neustadt, Am Kiebitzberg 10, Klinikum
Neustadt – Vortragssaal
Studien-Informations-Tage. Universität und Land Informationsveranstaltung für Schülerinnen,
Schüler und Studieninteressierte
3 Kiel, Christian-Albrechts-Platz 2 –
Audimax
7.2. 1800 Mittwoch
21.2. 1930 Mittwoch
Die Kultur denken Ringvorlesung
Kultur denken: Rechtlicher Rahmen
und Auftrag | Dr. Cornelia Vismann,
Frankfurt/Main Philosophisches
Seminar 3 Kiel, Olshausenstraße 75,
Gebäude H – Hörsaal 3
August der Starke. Bauherr –
Sammler – Fürst | Vortrag | Prof.
Hansjürgen Flügel, Kiel SHUG,
Sektion Kronshagen 3 Kronshagen, Kopperpahler Allee 69 – Bürgerhaus
7.2. 2000 Mittwoch
März
4.2. 1100 Sonntag
31.1. 1800 Mittwoch
Die Kultur denken Ringvorlesung
Sprache und Sprachlosigkeit
der Kulturphilosophie | Dr. Ralf
Becker, Kiel Philosophisches
Seminar 3Kiel, Olshausenstraße 75,
Gebäude H – Hörsaal 3
31.1. 1830 Mittwoch
Informatik umgibt uns Ringvorlesung | Intelligente autonome
Roboter: Möglichkeiten und Grenzen | Prof. Erik Maehle, Lübeck
Institut für Informatik 3 Kiel,
Christian-Albrechts-Platz 2, Audimax – Hörsaal A
Aktuelle Probleme der Osteuropaforschung Offener Gesprächskreis | Zwischen Dresden und
Moskau: Architektonische Rekonstruktion und Geschichtspolitik
seit dem Zweiten Weltkrieg
Dr. Arnold Bartetzky, Leipzig
Osteuropäische Geschichte
3 Kiel, Leibnizstraße 8 – Seminarraum 225/228
30.1. 1800 Dienstag
Angewandte Linguistik Ringvorlesung | Multimediale Lexikographie | Dr. Gaby Cablitz, Kiel
Romanisches Seminar 3 Kiel,
Leibnizstraße 10 – Hörsaal 125
30.1. 1800 Dienstag
Ulrich Haarmann Gedächtnisvorlesung Vortrag | Jidda: Portrait
einer kosmopolitischen Stadt auf
der Arabischen Halbinsel im 19.
Jahrhundert | Prof. Ulrike Freitag,
Berlin Seminar für Orientalistik
3 Kiel, Christian-Albrechts-Platz 2,
Audimax – Hörsaal K
30.1. 1815 Dienstag
Hauptwerke der Weltliteratur
Ringvorlesung | Vergil: Aeneis
Prof. Thorsten Burkard, Kiel
Germanistisches Seminar
3 Kiel, Olshausenstraße 75,
Gebäude H – Hörsaal 3
30.1. 2000 Dienstag
Semesterkonzert wie 27. 1.
5.2. 1815 Montag
Alter, Gesundheit und aktiver
Lebensstil Ringvorlesung | Allergien – die neue Herausforderung?
Prof. Jochen Brasch, Kiel Institut für Sport und Sportwissenschaft u. a. 3 Kiel, Olshausenstraße 75, Gebäude H – Hörsaal 3
Art is a Division of Pain Vortrag
Avantgardistisches im Pop/Rock.
Versuch unpolemischer Betrachtungsweisen | Dr. Alexander
Schwan, Karlsruhe Musikwissenschaftliches Institut 3 Kiel,
Düsternbrooker Weg 1, Kunsthalle –
Videostudio
5.2. 1930 Montag
7.2. 2000 Dienstag
Einführung in den Islam Vortrag
Prof. Anja Pistor-Hatam, Kiel
Schleswig-Holsteinische Universitäts-Gesellschaft (SHUG), Sektion Kiel 3 Kiel, Christian-AlbrechtsPlatz 2, Audimax – Hörsaal C
Andorra Theaterstück | theater
poetry slam Studentenwerk
Schleswig-Holstein 3 Kiel, Westring 385 – Sechseckbau
31.1. 1915 Mittwoch
Schlaraffenäbte, Spieler und
Verlorene Söhne Gastvortrag
Das Verschwenderleben des Unbehausten im Spiegel der profanen Wandmalerei des 14. Jahrhunderts | Dr. Harald Wolter-von
dem Knesebeck, Kassel
Kunsthistorisches Institut
3 Kiel, Christian-Albrechts-Platz 2,
Audimax – Hörsaal C
Semesterkonzert wie 27. 1.
30.1. 1800 Dienstag
Pflanzen bei der Arbeit zugeschaut: Optische Techniken in
der Forschung Sonntagsvortrag
Prof. Wolfgang Bilger, Kiel
Botanisches Institut und Botanischer Garten 3 Kiel, Am Botanischen Garten – Eingangshalle der
Gewächshäuser
Februar
Andorra wie 7. 2.
6.2. 1700 Dienstag
Werbung und Produkterfahrung: Gegner oder Verbündete?
Antrittsvorlesung | Prof. Ulrich
Orth, Kiel Agrar- und Ernährungswissenschaftliche Fakultät
3 Kiel, Christian-Albrechts-Platz 2,
Audimax – Hörsaal E
1.2. 1800 Donnerstag
Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte im globalen Zeitalter Ringvorlesung | WTO und ILO:
Geht die soziale Verantwortung im
Welthandel unter? | Prof. Josef
Falke, Bremen Walther-Schücking-Institut für Internationales
Recht 3 Kiel, Christian-AlbrechtsPlatz 2, Audimax – Hörsaal B
6.2. 1800 Dienstag
Angewandte Linguistik Ringvorlesung | Expertenwissen –
Laienwissen: Die Struktur fachbezogener Kommunikation im
Alltag | Prof. Ulrich Hoinkes, Kiel
Romanisches Seminar 3 Kiel,
Leibnizstraße 10 – Hörsaal 125
Kiel modern 1857. Eine Ausstellung wird rekonstruiert Ausstellungseröffnung Kunsthalle
3 Kiel, Düsternbrooker Weg 1
Hauptwerke der Weltliteratur
Ringvorlesung | Sophokles: König
Ödipus | Prof. Lutz Käppel, Kiel
Germanistisches Seminar
3 Kiel, Olshausenstraße 75,
Gebäude H – Hörsaal 3
1.2. 2000 Donnerstag
Georg Friedrich Händel: Messias
Konzert | Heike Wittlieb, Sopran;
Karin Kunde, Alt; Steffen Doberauer, Tenor; Hans Georg Ahrens,
Bass; Akademischer Chor und
Kammerorchester | Dirigent:
Klaus Volker Mader 3 Kiel, Weimarer Straße 3 – Petruskirche
6.2. 1930 Dienstag
Das Adlige Gut Bothkamp in
Holstein und seine Sternwarte
Vortrag | Prof. Gerhard Kortum,
Kiel SHUG, Sektion Bordesholm
3 Bordesholm, Lindenplatz 18 –
Haus der Kirche
7.2. 900–1500 Mittwoch
2.2. 900 Freitag
57. Öffentliche Hochschultagung
der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät Vorträge
Auswirkungen der Agrar- und
Ernährungspolitik auf ländliche
Räume und den Verbraucher
Agrar- und Ernährungswissenschaftliche Fakultät 3 Kiel, Christian-Albrechts-Platz 2 – Audimax
10.2. 2000 Samstag
Andorra wie 7. 2.
11.2. 2000 Sonntag
Andorra wie 7. 2.
12.2. 1815 Montag
Alter, Gesundheit und aktiver
Lebensstil Ringvorlesung | Augenkrankheiten im Alter – was kann
man tun? | Prof. Gernot Duncker,
Halle Institut für Sport und
Sportwissenschaft u. a. 3 Kiel,
Olshausenstraße 75, Gebäude H –
Hörsaal 3
8. Kieler Messe für Auslandspraktika Informationsveranstaltung 3 Kiel, Christian-AlbrechtsPlatz 2, Audimax – Foyer
7.2. 1200 Mittwoch
Ozean der Zukunft Ringvorlesung
Ozean- und Klimaänderungen im
20. und 21. Jahrhundert: Ergebnisse des neuen IPCC-Berichts
Prof. Jürgen Willebrand, Kiel
Exzellenzcluster 3 Kiel, Christian-Albrechts-Platz 2, Audimax –
Hörsaal A
4.3. 1100 Sonntag
Radikale in Pflanzen. Kleine
Moleküle mit vielseitigen Funktionen | Sonntagsvortrag | Prof.
Christine Desel, Kiel Botanisches Institut und Botanischer
Garten 3 Kiel, Am Botanischen
Garten – Eingangshalle der
Gewächshäuser
6.3. 1930 Dienstag
Drei Wege zum sinnerfüllten
Leben: drei Wege zum Glück
Vortrag | Prof. Bijan Amini, Kiel
SHUG, Sektion Neumünster
3Neumünster, Am Alten Kirchhof 16 –
Evangelisches Bildungswerk
15.3. 2000 Donnerstag
15.3. 2000 Donnerstag
Enge Verwandte unter der Lupe.
Verhalten und Genetik der Rhesusaffen von Cayo Santiago | Vortrag | Prof. Michael Krawczak, Kiel
SHUG, Sektion Neumünster
3Neumünster, Am Alten Kirchhof 16 –
Evangelisches Bildungswerk
Reisen in Mikro- und Nanowelten
Vortrag | Prof. Manfred Euler, Kiel
SHUG, Sektion Bad Segeberg
3 Bad Segeberg, Bismarckallee 5 –
Villa Flath
Donnerstag
Sokrates und Platon: ein weltgeschichtliches Drama Vortrag
Prof. Wolfgang Deppert, Kiel
SHUG, Sektion Bad Segeberg
3 Bad Segeberg, Bismarckallee 5
– Villa Flath
19.2. 2000 Montag
Wie haben große Erfindungen
unser Leben verändert? 100
Jahre Nobelpreise | Vortrag | Prof.
Ruprecht Haensel, Kiel SHUG,
Sektion Trappenkamp-Bornhöved
3 Trappenkamp, Am Markt 3 –
Bürgerhaus
Studien-Informations-Tage. Uni-
versität und Land wie 27. 3.
1.4. 1100 Sonntag
Lehrwanderung Joachim Richter,
Kiel Botanisches Institut und
Botanischer Garten 3 Kiel, Am
Botanischen Garten – Haupteingang
Veranstalter
13.3. 1930 Dienstag
13.2. 1930 Dienstag
15.2. 20
29.3. ab 800 Donnerstag
Sizilien: Schnittpunkt der Kulturen Vortrag | Prof. Hermann
Achenbach, Kiel SHUG, Sektion
Bordesholm 3 Bordesholm, Lindenplatz 18 – Haus der Kirche
Andorra wie 7. 2.
00
Studien-Informations-Tage.
Universität und Land wie 27. 3.
April
Die Rhetorik in der Antike.
Durch Worte siegen, das Wort
als Vergnügen | Vortrag | Prof.
Konrad Heldmann, Kiel SHUG,
Sektion Trappenkamp-Bornhöved
3 Trappenkamp, Goethestraße 1 –
VHS-Saal
12.2. 2000 Mittwoch
6.2. 1815 Dienstag
1.2. 1900 Donnerstag
9.2. 2000 Freitag
28.3. ab 800 Mittwoch
Impressum
unizeit
Nachrichten und Berichte aus der
Christian-Albrechts-Universität
zu Kiel
Erscheint mit Unterstützung der Kieler
Zeitung GmbH & Co. Offsetdruck KG
als Beilage der Kieler Nachrichten
Herausgeber:
Christian-Albrechts-Universität
zu Kiel, Rektorat
Redaktionsleitung:
Susanne Schuck (sck)
Redaktion/Texte: Kerstin Nees (ne),
Martin Geist (mag), Sandra Ogriseck
(so), Jörg Siebels (js), Sandra May
(may), Julia Zahlten (jz)
unizeit-Kalender: Maike Schüßler
20.3. 1930 Dienstag
Festsitzender Zahnersatz durch
dentale Implantate Vortrag | Prof.
Jörg Wiltfang, Kiel SHUG, Sektion Kronshagen 3 Kronshagen,
Kopperpahler Allee 69 – Bürgerhaus
20.3. 1930 Dienstag
Die Qanate des iranischen Binnenhochlandes. Ein historisches
unterirdisches Bewässerungssystem | Vortrag | Prof. Gerhard Kortum, Kiel SHUG, Sektion Neustadt 3Neustadt, Am Kiebitzberg 10,
Klinikum – Vortragssaal
22.3. 1900 Donnerstag
Das El Niño-Phänomen Vortrag
Prof. Mojib Latif, Kiel SHUG,
Sektion Kronshagen u. a. 3 Kronshagen, Kopperpahler Allee 69 –
Bürgerhaus
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Die nächste »unizeit« erscheint am
07. 04. 2007
Pflanze, Tier und Mensch
Nicht nur Theoretiker sind dabei, wenn die Agrar- und
Ernährungswissenschaftliche Fakultät zu ihrer öffentlichen Hochschultagung einlädt. Auch Frauen und Männer aus der Praxis schätzen die inhaltliche Vielfalt
dieser Veranstaltung.
Das Leitthema lautet diesmal: »Auswirkungen der Agrar- und Ernährungspolitik
auf ländliche Räume und den Verbraucher«.
Angesichts der geballten Informationen, die
am 2. Februar bei der Hochschultagung unter
die Teilnehmer gebracht werden, verteilt sich
das Programm gleich auf drei Hörsäle des
Audimax. Es beginnt um 9 Uhr in Hörsaal
G mit der Eröffnung durch Dekan Professor
Joachim Krieter sowie Grußworten von Rektor
Professor Thomas Bauer und vom Minister für
Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume,
Christian von Boetticher. Ebenfalls in Hörsaal
G steht um 10:15 Uhr ein Thema an, das für den
bäuerlichen Alltag von erheblicher Bedeutung
ist. Professor Friedhelm Taube und Professor
Henning Kage vom Institut für Pflanzenbau
und Pflanzenzüchtung befassen sich mit den
Auswirkungen der EU-Umweltpolitik auf die
Pflanzenproduktion in Schleswig-Holstein. Um
11:15 Uhr widmet sich Professor Jutta Roosen
vom Institut für Ernährungswirtschaft und Verbraucherlehre dem Einfluss der Agrar- und
Ernährungspolitik auf die Verbraucher. Zwischen 13:30 und etwa 17 Uhr kommt in diesem
Hörsaal Bioenergie ebenso zur Sprache wie die
Analyse erfolgs- und effizienzbestimmender
Faktoren im ökologischen Landbau.
Rund ums Tier drehen sich die Beiträge auch
zwischen 13:30 und 17 Uhr in Hörsaal H. Dort
stehen der Strukturwandel von Molkereien und
seine Auswirkung für die ländlichen Räume in
Schleswig-Holstein auf dem Programm, aber
auch die Zukunft der Weide für die Milchviehhaltung und das so genannte Gesundheitsmonitoring in hiesigen Milchviehbetrieben.
In Hörsaal C spielen am Nachmittag Ernährung
und Gesundheit die Hauptrolle. Wer sich für
den Zusammenhang zwischen Lebensstil und
gesundheitsbewusstem Verhalten interessiert
oder für die Arbeit der seit fünf Jahren bestehenden Arbeitsgruppe Lebensmittelqualität
und -sicherheit, kommt in diesem Hörsaal auf
seine Kosten.
Der Eintritt zur 57. öffentlichen Hochschultagung, deren Mitveranstalter die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein und der
Berufsverband Agrar, Ernährung, Umwelt
sind, ist wie immer frei.
mag
Siehe Kalender
unizeit | personen + projekte | seite 7
Astrid Holzheid
Andreas Oschlies
Rainer Wehrhahn
Konzerttipp
ENTSTEHUNGSGESCHICHTE DER ERDE
KLIMAMODELLE UND MEERESBIOLOGIE
STADTENTWICKLUNG UND MIGRATION
JOHANNES-PASSION IM KIELER SCHLOSS
Metallischer Kern mit Silikatmantel und Kruste – der Aufbau der Erde und anderer terrestrischer Planeten wie Merkur, Venus und
Mars ist bereits seit über hundert Jahren
bekannt. Wie dieser Kern aus eisenreichem
Metall entstanden sein könnte, versucht
Professor Astrid Holzheid in Experimenten
nachzuvollziehen. »Ich versuche die Prozesse, die sich früher auf der Erde abgespielt
haben, und solche, die heute noch ablaufen,
im Labor zu simulieren.« Hierzu untersucht
sie zum Beispiel die physikalisch-chemische
Wechselwirkung und Trennung nebeneinander bestehender Silikat- und Metallschmelzen
und beobachtet, welchen Einfluss verschiedene Druck- und Temperaturbereiche auf diese
Prozesse haben. In der Silikatschmelze sieht
sie in ihren Experimenten den Silikatmantel,
in der Metallschmelze den Erdkern. Holzheid:
»Anhand dieser Experimente erfahre ich, welche Bedingungen geherrscht haben müssen,
damit sich dieser Metallkern überhaupt bilden konnte.«
Forschungsschwerpunkt der Petrologin, die
zweieinhalb Jahre am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT)
geforscht hat, sind die Prozesse, die im silikatischen Mantel und in der Kruste der Erde
ablaufen. »Die Kruste ist das, worauf wir
leben, der Mantel ist teilweise geschmolzen
und steht in Wechselbeziehungen zum metallischen Kern sowie zur Erdkruste.« Holzheid
ist Mitglied im Exzellenzcluster »Ozean der
Zukunft«.
ne
Wie reagiert das Leben im Meer auf Klimaänderungen, und wie kontrolliert es das Klima
der Erde? Das sind die wesentlichen Fragen,
mit denen sich Professor Andreas Oschlies in
der Forschung beschäftigt. Ein Schwerpunkt
seiner Tätigkeit ist die Entwicklung neuartiger
mariner Ökosystemmodelle, die eine Darstellung mariner Nährstoff- und Kohlenstoffflüsse,
wie zum Beispiel die Kohlendioxidaufnahme
durch Algenblüten, für vergangene, heutige und mögliche zukünftige Klimazustände
erlauben. »Veränderungen in der marinen Biologie spielen vermutlich eine große Rolle für
die derzeit nicht vollständig erklärbaren starken Temperatur- und Kohlendioxid-Schwankungen der letzten Eiszeit-Warmzeit-Zyklen«,
erklärt Oschlies. »Mit Klimamodellen, in die
wir Beschreibungen biogeochemischer Kreisläufe einbauen, können wir am Computer
nun verschiedene Szenarien vergangener und
zukünftiger Klimaänderungen durchspielen
und durch Abgleich mit konkreten Messwerten verschiedene Hypothesen über die Rolle
der marinen Biologie überprüfen.«
Im durch die Exzellenzinitiative geförderten Forschungscluster »Ozean der Zukunft«
beschäftigt sich der Physiker vor allem mit
der Simulation der zukünftigen KohlendioxidAufnahme des Ozeans. »An meinem Arbeitsplatz, dem IFM-GEOMAR, fasziniert mich
insbesondere die ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen experimentellen und modellierenden Arbeitsgruppen aller vertretenen
Fachrichtungen.«
ne
Astrid Holzheid, 38 Jahre. Seit November 2006 Professorin für experimentelle und theoretische Petrologie an
der Christian-Albrechts-Universität. Geboren in Mainz.
Studium der Geologie und Mineralogie an den Universitäten Mainz und Edinburgh, Schottland. Max-PlanckInstitut für Chemie, Mainz. 1996 Promotion an der
Universität Köln. Wissenschaftliche Mitarbeiterin am
Institut für Mineralogie und Geochemie der Universität
Köln und am Bayerischen Geoinstitut in Bayreuth. Postdoc (DFG-Forschungsstipendium) am Massachusetts
Institute of Technolgy (MIT), Cambridge, USA. Wissenschaftliche Assistentin am Institut für Mineralogie der
Universität Münster. 2003 Habilitation. Hochschuldozentin an der Universität Münster.
Andreas Oschlies, 40 Jahre. Seit August 2006 Professor
für Marine Biogeochemische Modellierung am Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR).
Geboren in Oldenburg. Physikstudium an den Universitäten Heidelberg und Cambridge, Großbritannien.
1994 Promotion am Institut für Meereskunde (IfM) in
Kiel. Postdoc am Laboratoire d’Etudes en Géophysique
et Océanographie Spatiales in Toulouse, Frankreich.
Hochschulassistent am IfM, Leiter der interdisziplinären Stickstoffgruppe. 2002 Habilitation. Professor für
Physikalische Ozeanographie am National Oceanography Centre Southampton, Großbritannien.
Städte und Regionen müssen sich ständig
neuen ökonomischen, sozialen und demographischen Herausforderungen stellen, um ihre
Zukunftsfähigkeit nicht zu verlieren. Zuwanderung und demographischer Wandel sind
dabei zwei aktuelle Forschungsthemen in der
Bevölkerungsgeographie. »Ausgangspunkt
unserer Forschung ist die zunehmende Diversität (Vielfalt) der Migration nach Europa«,
berichtet Professor Rainer Wehrhahn. Vor diesem Hintergrund befasst sich seine Arbeitsgruppe unter anderem mit folgenden Fragen:
Wie geht man mit der Verschiedenartigkeit
der Zuwanderer in Städten um? Und welche
Integrationskonzepte gibt es? Daneben untersucht Wehrhahn auch die Auswirkungen des
soziodemographischen Wandels für Städte
und Regionen in Deutschland. »Hier geht es
zum Beispiel darum, die Anforderungen einer
älter werdenden Gesellschaft an Wohnungsmärkte und kommunale Infrastrukturen zu
ermitteln, und Konzepte zu entwickeln, wie
Politik und Stadtplanung darauf reagieren
könnten«, erklärt der Geograph, der viele
Jahre in Brasilien geforscht hat.
Die Entwicklung europäischer Metropolen
und von Megastädten in Schwellenländern
ist ein weiterer Forschungsschwerpunkt des
Lehrstuhls Anthropogeographie. »In einem
von der Deutschen Forschungsgemeinschaft
geförderten Projekt untersuchen wir zusammen mit Kollegen von der RWTH Aachen die
Dynamik des Strukturwandels in Megastädten am Beispiel des Perlflussdeltas in China.
Der Fokus liegt hierbei auf der Siedlungsentwicklung und dem Wassermanagement.« ne
Die Universität lädt heute Abend um 20 Uhr
zum Semesterabschlusskonzert ins Kieler
Schloss ein. Unter Leitung von Universitätsmusikdirektor Bernhard Emmer präsentieren
Collegium musicum und Studentenkantorei
der Christian-Albrechts-Universität gemeinsam mit Gesangssolisten die Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach in der Bearbeitung von Robert Schumann (1851). Bereits
im Januar 2001 wurde mit der Rekonstruktion
einer Fassung der bachschen Matthäus-Passion von Felix Mendelssohn Bartholdy (1841)
ein ähnliches Projekt mit großem Erfolg umgesetzt. Felix Mendelssohn Bartholdy hatte mit
seinen Aufführungen der Vokalmusik Bachs
– die damals nur wenigen Kennern bekannt
war – ab 1829 nicht nur Aufsehen erregt,
sondern auch einen wichtigen Anstoß für
weitere Aufführungen der Passionsmusiken
in Deutschland gegeben. Damit beeinflusste
er auch den zeitgenössischen Musiker Robert
Schumann.
Die umfangreiche Bach-Rezeption Schumanns
führte schließlich zu einer Aufführung der
Johannes-Passion mit Chor und Orchester
des Düsseldorfer Musikvereins am 13. April
1851. Um für den heutigen Konzertabend
im Kieler Schloss die damalige Aufführungspraxis mit ihren Änderungen und Eigenarten möglichst getreu nachzuempfinden,
wurde unter anderem auch ein originales
Hammerklavier von 1848 aus der international renommierten Instrumentensammlung
von Professor Andreas Beurmann geliehen –
seinerzeit spielte Clara Schumann an einem
vergleichbaren Instrument.
ne
Rainer Wehrhahn, 44 Jahre. Seit April 2006 Professor
für Anthropogeographie an der Christian-AlbrechtsUniversität. Geboren in Oldenburg/Holstein. Studium
der Fächer Geographie und Französisch an der Universität Kiel. Forschungsaufenthalte und Gastdozenturen
in Brasilien, Argentinien, Kuba, Spanien und Italien.
1994 Promotion. 2001 Habilitation. Lehrstuhlvertretung
an der Universität Stuttgart. Professor für Stadt- und
Bevölkerungsgeographie an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen.
Weitere Konzerttermine: 29. und 30. Januar. Der Eintritt ist frei. Einlasskarten für die Konzerte am Montag
und Dienstag gibt es im Büchershop der Mensa I, bei
der Buchhandlung Weiland, Holtenauer Straße, sowie
bei Ruth König Klassik und der Konzertkasse Streiber.
Die Karten für die heutige Premiere gibt es nur noch
an der Abendkasse.
Siehe Kalender Seite 6
Harte Schale, weicher Kern
Blickfang
Am Kieler Lehrstuhl für Physikalische Chemie entwickelte Dr. Ingo Berndt unter Leitung von Professor
Walter Richtering in seiner Promotionsarbeit Nanopartikel mit besonderen Eigenschaften.
Das Besondere an den Mini-Kügelchen ist ihr Aufbau: »Ich habe Teilchen hergestellt, die eine Kern-Schale-Morphologie
besitzen. Dabei bestehen Kern und Schale
aus unterschiedlichen Polymeren, die verschieden auf Temperaturänderungen reagieren«, erklärt Dr. Berndt, der mittlerweile
bei B. Braun Aesculap in Tuttlingen, einem
Unternehmen der Gesundheitsversorgung,
arbeitet. »Beide Polymere quellen im Wasser
auf und bilden so genannte Mikrogele.« Entscheidend für eine spätere Anwendung der
Teilchen ist, dass sich das Wasseraufnahmevermögen zwischen den Polymerbausteinen
unterscheidet und dass es durch die Umgebungstemperatur gesteuert werden kann. Bei
70 Grad Celsius, der Herstellungstemperatur,
sind beide Polymere dicht gepackt. Sie können kaum Wasser und darin gelöste Substanzen aufnehmen. Werden die Mikrogele auf
unter 34 Grad Celsius abgekühlt, so haben
Kern und Schale den höchsten Wassergehalt
und die niedrigste Dichte. Gelöste Moleküle
können durch die Schale hindurch in den Kern
gelangen und sich dort verteilen. Interessant
wird es, wenn man die Temperatur auf 39
Grad erhöht. Dabei ändert sich ausschließlich
das Quellverhalten der Schale. Sie gibt Wasser ab, schrumpft zusammen und bildet eine
dichte Hülle um den Kern.
Nanopartikel mit einer Schale, deren Dichte
sich temperaturabhängig regeln lässt, eignen sich laut Berndt für vielfältige industrielle und biomedizinische Anwendungen.
So können die Mikrogele beispielsweise bei
Reinigungsprozessen mit Verunreinigungen
beladen werden, die nach Temperaturerhöhung eingeschlossen und ganz einfach
abgetrennt werden können. Durch die dichte
Schale können pharmazeutische Wirkstoffe
nur sehr langsam nach außen gelangen; auf
diese Weise eignen sich die Mikrogele für eine
kontrollierte Freisetzung von Wirkstoffen über
einen längeren Zeitraum.
In seiner Promotionsarbeit hat Berndt in
Kooperation mit Professor Jan Skov Pedersen von der Universität Arhus, Dänemark,
die Größe der Teilchen als eine Funktion der
Temperatur aufgezeichnet und die Struktur
im Inneren der Teilchen aufgeklärt. Die Arbeit
wurde mit dem Familie-Schindler-Förderpreis
2006 ausgezeichnet.
ne
Auge in Auge – Ringelnatter und Erdkröte. Foto: Giesbers
Das Zoologische Museum präsentiert in seiner ersten Sonderausstellung in
diesem Jahr mit dem Titel »Glanzlichter. Die
unglaublichen Tierfotos europäischer Tierfotografen« Fotokunstwerke der Extraklasse.
Die Wanderausstellung des »projekts natur &
fotografie« mit ausgewählten Fotografien des
7. Internationalen Naturfoto-Wettbewerbs
2005 zeigt Highlights von ambitionierten
Tierfotografen. Die Fotoausstellung mit etwa
35 Werken ist bis zum 25. März 2007 in den
regulären Öffnungszeiten zu besichtigen.
ne
Zoologisches Museum, Hegewischstraße 3, Öffnungszeiten: dienstags bis samstags 10 bis 17 Uhr, sonn- und
feiertags 10 bis 13 Uhr
www.zoologisches-museum-kiel.de
unizeit | forschung + praxis | seite 8
27. 01. 2007
Reden und
reden lassen
Lehrer sollten neben vielem anderen auch Profis in
puncto Kommunikation sein. Das Know-how hierfür
können Lehramtsstudenten am Institut für Psychologie
erwerben.
Lehrer haben einen schlechten
Stand in unserer Gesellschaft. Alle hacken
auf ihnen herum und das nicht erst seit den
Ergebnissen der PISA-Studien. Auch der kürzlich vorgeschlagene Eignungstest für Studenten, die ein Lehramtsstudium erwägen,
passt in dieses Konzept vom unvollkommenen Lehrer. Das Problem: »Eigentlich verlangen wir viel zu viel von unseren Lehrern.
Trotzdem müssen sie es leisten«, stellt auch
die Kieler Psychologin Dr. Anna ZaunbauerWomelsdorf vom Institut für Psychologie fest.
»Lehrer müssen nicht nur Wissen vermitteln
und Lernziele mit den Schülern erreichen,
sondern sie müssen auch gute Beziehungen
zu den Schülern und deren Eltern aufbauen
und pflegen. Gerade im Zwischenmenschlichen sollten sie besonders gut sein. Vielleicht
mangelt es dort bei vielen Lehrern, weil sie
in der Ausbildung davon wenig mitbekommen.« Die wenigen Semesterwochenstunden,
die Lehramtsstudenten im Fach Psychologie
belegen müssen, reichten bei den heutigen
Anforderungen nicht aus. Dabei ist das Angebot vorhanden. Der Lehrstuhl Psychologie für
Pädagogen bietet verschiedene Lehrveranstaltungen an, die dazu beitragen, die zwischenmenschlichen Herausforderungen im
Schulalltag zu meistern. Die meisten davon
sind aber keine Pflichtveranstaltungen, so
Zaunbauer-Womelsdorf, wie zum Beispiel die
Seminare zu Gesprächsführung und Kommunikation.
»Gerade Lehrer brauchen kommunikative
Kompetenzen, zum Beispiel fürs Elterngespräch. Darüber kann man das Vertrauen der
Auch wenn’s schwer fällt: Probleme müssen
angesprochen werden. Foto: Corbis
Eltern gewinnen. Und das ist die Voraussetzung dafür, dass zwischen Lehrern und Eltern
eine fruchtbare Zusammenarbeit bei Konflikten möglich ist und sich Eltern bei Problemen
ihres Kindes in der Schule oder auch zu Hause
überhaupt an den Lehrer wenden.« Außerdem
müssten Lehrer auch gelernt haben, zwischen
den Zeilen zu lesen, also die wahren Probleme
hinter dem Gesagten zu verstehen.
Wie widersprüchlich Kommunikation ist, veranschaulicht ein Beispiel: Ein Lehrer sagt zu
den Eltern seines Schülers: »Ihr Sohn macht
mir Spaß.« Dabei meint er etwas ganz anderes, denn er macht gleichzeitig ein zerknirschtes Gesicht. Oder, der Vater sagt, »mich interessiert Ihre Meinung« und schaut dabei aus
dem Fenster. Der Gesichtsausdruck beziehungsweise die Körperhaltung widerspricht
den geäußerten Worten. Dadurch wirkt das
Gesagte unglaubwürdig. Die nonverbalen
Signale, die unser Körper zum Beispiel mit
Gesicht, Händen und Haltung vermittelt,
sind meistens unmittelbarer mit unserem
tatsächlichen Empfinden verbunden als die
sprachlichen Botschaften. Sie sind häufig
ehrlicher. Wenn verbale und nonverbale Kommunikation nicht zusammenpassen, glaubt
man nonverbalen Signalen deshalb eher, da
sie als unverfälschter aufgefasst werden. Diese Zusammenhänge zu erkennen und ein
Bewusstsein dafür zu entwickeln, wie eine
tatsächliche Verständigung erreicht werden
kann, das möchten die Kommunikationsexperten am Institut für Psychologie Lehramtsstudierenden in den Seminaren vermitteln. »Wir
legen die theoretische Basis und vertiefen die
Kenntnisse in Rollenspielen. Es ist aber kein
Kommunikationstraining. Jeder muss darüber
hinaus die Techniken der Gesprächsführung
weiter trainieren. Übungsfelder gibt es im
Alltag genug.«
Tipps für das Gespräch
mit dem Lehrer
Wiederholter Unterrichtsausfall, eine vielleicht ungerechte Benotung, zu viele Hausaufgaben oder störende
Mitschüler – es gibt zahlreiche Themen, die Eltern
und Schülern im Unterrichtsalltag unter den Nägeln
brennen. Die Elternsprechstunde ist dafür da, solche
Dinge zu klären.
- Wenn Probleme auftreten, vereinbaren Sie frühzeitig
ein Gespräch mit dem Lehrer und gehen Sie möglichst ohne Vorurteile ins Gespräch. Suchen Sie nicht
nach einem Schuldigen für die Probleme, sondern
nach Lösungsmöglichkeiten.
- Sie haben im Gespräch die Chance zu sagen, was sie
oder ihr Kind belastet. Klagt ihr Kind über Bauch-
Ein wichtiges Kommunikationsmittel, gerade
für Lehrer, sei zu schweigen und die Eltern zum
Sprechen aufzufordern. Zaunbauer-Womelsdorf: »Dabei sollte man die Eltern reden lassen
und sich deren Sicht der Dinge anhören, ohne
ihnen die eigenen Maßstäbe und Moralvorstellungen überzustülpen. Schließlich sollte
man die Eltern nie nur mit negativen Momenten aus dem Gespräch entlassen. Wenn ein
Kind in allen Fächern schlecht ist und nur in
Musik gut ist, dann muss man das betonen.
Den Lehrern kann man nur den Tipp geben,
Eltern regelmäßig über Fragen zum eigenen
Kind, zum Unterricht und zum Schulleben zu
informieren. Und die Eltern sollten sich nicht
schämen, Fragen zu stellen.«
ne
schmerzen, wenn es nur an die Schule denkt, dann
sollten Sie das dem Lehrer sagen. Fühlt sich das
Kind ungerecht benotet, sagen Sie genau das.
- Scheuen Sie sich nicht, Fragen zu stellen, wenn Sie
etwas nicht verstanden haben.
- Stellen Sie Fragen und vermeiden Sie Vorwürfe.
Wenn zum Beispiel seit mehreren Wochen der Sportunterricht ausfällt, fragen Sie, wie lange die Lehrkraft noch fehlt oder wie man eine Ersatzstunde
regeln könnte.
- Wenn der Lehrer zu einem Gespräch bittet, unterhalten Sie sich vor diesem Gespräch mit Ihrem Kind.
Lassen Sie sich alles berichten, was wichtig ist.
Notieren Sie sich Ihre Fragen und Ansichten und
nehmen Sie die Notizen mit ins Gespräch.
ne
Optionen? Aber sicher!
Geldanlage mit Optionspapieren? Otto Normalsparer
wendet sich mit Grausen ab. Zu Unrecht, findet der
Betriebswirt Sven Meincke.
Wer von Börsengeschäften mit
Optionen hört, denkt an Horrorgeschichten
über windige, nicht selten in den blanken
Ruin mündende Spekulationen mit Schweinebäuchen in Südamerika. Doch dies ist nur die
düstere Seite der Medaille. In Wirklichkeit, so
betont Sven Meincke, können Optionen auch
für sicherheitsbewusste Kapitalanleger eine
rundum empfehlenswerte Sache darstellen.
Der Laie mag darüber staunen, doch der Fachmann wundert sich mitnichten. Meincke, der
am Lehrstuhl für Finanzwirtschaft von Professor Peter Nippel eine Dissertation zu diesem
Thema verfasst hat, veranschaulicht das mit
einem plastischen Beispiel. »Eine Vollkaskoversicherung fürs Auto ist vereinfacht ausgedrückt nichts anderes als eine Option«,
betont der Nachwuchswissenschaftler, der
nach Einschätzung seines Doktorvaters seine Sache in dieser Dissertation »richtig gut
gemacht« hat.
Aber wie ist das genau gemeint mit der Vollkaskoversicherung? Autofahrer X vereinbart
in diesem Fall mit der Versicherungsgesellschaft Y im Prinzip eine Garantie für die Rücknahme seines Fahrzeugs unter bestimmten
Bedingungen und innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Sollte sein Fahrzeug bei Glatteis gegen den Baum fahren, würde er sich
demzufolge der beruhigenden Gewissheit
erfreuen, seinen materiellen Schaden ersetzt
zu bekommen.
Ein bisschen anders, aber eben doch ähnlich,
ist es mit Optionsgeschäften. Die können in
Form von Call- oder Kaufoptionen getätigt
werden, aber auch in Form von Put- oder Verkaufsoptionen. Anleger erwerben dabei im
Grundsatz das Recht, eine Aktie, einen Rohstoff oder auch einen Index-Fonds innerhalb
einer festgelegten Zeit, die meist ein bis zwölf
Monate beträgt, zu einem festgesetzten Preis
zu erwerben beziehungsweise abzugeben.
Schließt also, um beim berüchtigten Schweinebauch zu bleiben, tatsächlich jemand eine
Kaufoption für dieses Erzeugnis ab und liegt
der vereinbarte Preis am Stichtag unter dem
Weltmarktpreis, so hat der Anleger ein wahrlich fettes Geschäft gemacht.
Dazu mag Sven Meincke jedoch nicht raten,
zumal bei solchen hochspekulativen Geschäften gern mit Waren gehandelt wird, die man
überhaupt nicht besitzt. »Ich schließe ja auch
keine Kaskoversicherung für ein Auto ab,
das mir nicht einmal gehört«, erläutert der
Finanzfachmann. Grundregel für seriöse
Optionsgeschäfte sollte deshalb sein, diese Papiere nur in Kombination mit anderen
Wertpapieren oder Waren zu handeln. Am
besten sollten das laut Meincke Index-Fonds,
die sich zum Beispiel auf den Dax beziehen,
oder ähnliche Papiere sein. Die sind genauso
zusammengesetzt wie der zugrunde gelegte Index und insofern äußerst transparent.
Kauft Anleger A also heute beim Stand von
vielleicht 6500 Punkten einen Dax-Fonds und
ist sich einigermaßen sicher, dass der Dax in
einem halben Jahr nicht über die Marke von
7000 Punkten klettert, so kann er diesen Deal
mit dem Verkauf einer Kaufoption abrunden.
Das klingt komplizierter, als es ist, bedeutet
es doch nichts anderes, als dass über die
Börse ein Geschäftspartner mit entgegengesetzter Erwartungshaltung vermittelt wird.
Um beim Beispiel zu bleiben: Ein Anleger B
genannter Optimist traut dem Dax locker die
7500 zu und freut sich – falls er Recht behält
– über einen netten Gewinn. Denn schließlich hat er ja das Recht (aber keineswegs die
Pflicht) erworben, den am Ende dann mit 7500
Euro dotierten Indexfonds von Anleger A für
schlappe 7000 Euro zu erwerben.
Andererseits guckt auch A nicht rundum
dumm aus der Wäsche, denn er hat sich von
B die Kaufoption mit einer Gebühr von, sagen
wir, 300 Euro vergüten lassen. Dieses Geld
gleicht den Gewinnausfall durch den unerwartet stark gestiegenen Dax wenigstens
zum Teil aus und steht zudem für die tröstliche Gewissheit, dass Anleger A auch dann
noch ganz gut dagestanden hätte, wenn der
Wert seines Papiers sich rückläufig entwickelt
hätte. Wäre der Index etwa von 6500 auf 6300
Punkte gepurzelt, so hätte A aufgrund der eingenommenen Gebühr immer noch 100 Euro
Gewinn gemacht.
Dass dies nicht nur exemplarisch, sondern
durchaus regelmäßig funktioniert, hat Meincke in seiner Doktorarbeit mit zahlreichen
Modellrechnungen und auch auf Grundlage
tatsächlicher Börsengeschehnisse nachgewiesen. Demnach gilt grundsätzlich: Wer
Aktienkäufe mit Optionen kombiniert, reduziert damit seinen Maximalgewinn, vermindert aber auch die Verlustgefahren. Insofern gilt die Losung »Weniger Risiko durch
Optionen« zumindest unter Beachtung der
beschriebenen Grundregeln.
Und wirklich kompliziert, so betont Meincke,
ist die Umsetzung der beschriebenen Strategie auch nicht. Vielmehr wird sie in Form so
genannter Discount-Zertifikate an der Börse
in verbrauchergerechte Produkte umgesetzt.
mag

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