und lernen dabei im Ausland ganz unter
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und lernen dabei im Ausland ganz unter
Zwei Auszubildende aus Weyhe absolvieren eine Zusatzqualifikation als Europakaufleute – und lernen dabei im Ausland ganz unterschiedliche Job-Mentalitäten kennen - 22.05.2014 Einstieg in eine Arbeitswelt ohne Grenzen Von Justus Seebade Weyhe-Dreye. Einmal im Monat klingelt auch am Sonnabend der Wecker. Dann müssen Jan Sperling und Annika Langer früh aus den Federn und ab in die Schule, obwohl ja eigentlich Wochenende ist. Die angehenden Groß- und Außenhandelskaufleute verbringen dann sechs Stunden in den Berufsbildenden Schulen (BBS) in Syke – und zwar freiwillig. Den Aufwand nehmen die beiden nämlich auf sich, weil sie ein klares Ziel vor Augen haben: Die Abschlussprüfungen zum Europakaufmann beziehungsweise zur Europakauffrau im November dieses Jahres. © Udo Meissner Haben sich nicht nur beruflich, sondern auch menschlich weitergebildet: Die angehenden Europakaufleute Jan Sperling und Annika Langer. Sperling und Langer erwerben diese Zusatzqualifikation derzeit zusätzlich zu ihrer Ausbildung, die sie bei der Firma Dachdeckereinkauf Nordwest mit Sitz in Dreye absolvieren. Um sich offiziell Europakaufmann beziehungsweise -frau nennen zu dürfen, müssen der 24-Jährige und seine vier Jahre jüngere Kollegin mehrere Kriterien erfüllen: Zwei Zertifikate in selbst gewählten Fremdsprachen, der Europäische Computerführerschein sowie zwei Prüfungen in den Fächern Marketing und internationale Geschäftsprozesse – dann haben sie den Titel in der Tasche. Was erst einmal nach einer gehörigen Portion Arbeit obendrauf klingt, hält sich laut Jan Sperling in der Praxis halbwegs in Grenzen. „Wenn man aufpasst, muss man nicht viel zusätzlich lernen“, sagt der Weyher. Die Lehrer versuchten allerdings auch, den Aufwand nicht zu groß werden zu lassen, „sie wissen ja, dass wir ganz normal in der Ausbildung stecken und zur Berufsschule gehen“. Und überhaupt: Am Ende stehe der Vorteil der Weiterbildung während der Ausbildung. „Negativ wird das auf keinen Fall sein“, bekräftigt Sperling und schmunzelt. Was sich ebenso wenig negativ auswirken wird, ist die Erfahrung, die Sperling und Langer während ihres Auslandpraktikums gesammelt haben. Über das Mobilitätsprojekt für Auszubildende (Ma-Quem) wurden sie sechs Wochen lang mit einer neuen Sprache, einer fremden Kultur und einer völlig anderen Arbeitsweise konfrontiert – sie erst kürzlich in den Niederlanden, er vergangenes Jahr in Dänemark. Eine ganz besondere Zeit, wie beide unisono betonen, auch wenn die Arbeit in den Baumärkten eher einfach war und relativ wenig mit dem zu tun hatte, was die beiden Azubis in Weyhe so machen. „Am meisten habe ich von der dortigen Mentalität mitgenommen“, sagt Sperling. Der Umgang miteinander sei ausgesprochen locker, keiner sei sich für irgendeine Arbeit zu schade, alle hätten Spaß. „Und der Chef gibt zwar seine Anweisungen, aber im Arbeitsalltag hat man kaum gemerkt, dass er der Chef ist“, schildert Sperling seine Eindrücke. Ähnliche hat auch Annika Langer gewonnen. „Der Arbeitstag hat eigentlich erst um 9 Uhr begonnen, aber spätestens eine Viertelstunde früher saßen schon alle beisammen und haben Kaffee getrunken. Das Zwischenmenschliche wird dort gelebt“, berichtet die 20-Jährige. Und das nicht nur auf der Arbeit. Auch privat haben sich die beiden in den deutschen Nachbarländern rundum wohlgefühlt. Während Langer in einer Gastfamilie unterkam, lebte Sperling mit niederländischen und dänischen Studenten in einer Wohngemeinschaft. „Durch so ein Praktikum schließt man internationale Kontakte und Bekanntschaften“, sagt Sperling. Und es bringe einen auch persönlich voran, ergänzt Langer. „Man ist sechs Wochen lang auf sich allein gestellt und muss sich in einem fremden Land durchschlagen.“ Finanziert wurden An- und Abreise sowie Unterkunft durch Stipendien aus dem Leonardo-Da-Vinci-Fonds. Die Kosten für Verpflegung und Freizeitaktivitäten mussten Sperling und Langer hingegen selbst stemmen. Und das Stipendium gab es nicht mal eben geschenkt: 60 Prozent des Gesamtbetrages erhielten die beiden vor ihren Praktika, weitere 20 Prozent, nachdem sie die erforderlichen Berichte abgegeben hatten, und den letzten Teil gibt es, wenn sie am morgigen Freitag den Europass in der Kreissparkasse Syke verliehen bekommen haben – sozusagen die schriftliche Anerkennung ihrer Praktika. Für Sperling und Langer steht fest: Heutzutage, in einem Europa mit offenen Grenzen, sei es bedeutend einfacher, solche Erfahrungen zu machen. „Die Möglichkeiten, ins Ausland zu kommen, sind gegeben – und das wird immer mehr werden“, ist Sperling überzeugt. Daher könne er jedem nur empfehlen, die Chance zu ergreifen. Einen zweiten Rat haben die beiden auch noch parat: Am Sonntag wählen gehen. „Man redet immer nur über Politik. Jetzt geht es darum, auch etwas zu verändern“, sagt Sperling.