Alte Flugschule

Transcription

Alte Flugschule
Therapeutische Einrichtung für
Abhängigkeitskranke
„Alte Flugschule“
„Alte Flugschule“
Behandlungsindikation und Behandlungsdauer
Das Angebot der Klinik richtet sich an:
-
drogenabhängige und polytoxikomane Frauen und Männer ab dem 16.
Lebensjahr
(ICD10 F 11-19)
-
drogenabhängige und polytoxikomane Frauen und Männer ab dem 16.
Lebensjahr
mit
einer
zusätzlich
nicht
Abhängigkeitserkrankung (Glücksspielsucht, Mediensucht)
stoffgebundenen
-
drogenabhängige und polytoxikomane Frauen und Männer ab dem 16.
Lebensjahr
mit zusätzlichen psychiatrischen Erkrankungen, die in der Regel keiner
komplexen psychopharmakologischen Medikation bedürfen (Ausnahmen sind
in Einzelfällen möglich)
Darüber hinaus gehende Aufnahmeindikationen:
-
Es besteht die Möglichkeit einer Auffangbehandlung nach Rückfälligkeit bei
vorangegangener Entwöhnungsbehandlung und längerer Abstinenzzeit.
-
Drogenabhängige Eltern oder Elternteile können gemeinsam mit ihren Kindern
aufgenommen werden, wenn diese das Grundschulalter nicht überschreiten.
Die Kinder können während der Behandlungszeit je nach Alter innerhalb der
Einrichtung betreut werden, den örtlichen Kindergarten oder die Grundschule
besuchen.
Das Angebot der Einrichtung richtete sich ebenfalls an schwangere
drogenabhängige
Frauen.
-
Es werden Paare in der Klinik aufgenommen, bei denen beide Partner
drogenabhängig sind.
-
Außerdem können Rehabilitanden nach § 35 - § 37 BtMG aufgenommen
werden.
Kontraindikationen:
-
akute Suizidalität
-
akute Psychosen
-
ausgeprägte hirnorganische Störungen
-
alle schweren somatischen Erkrankungen (z.B. akute Hepatitiden, Vollbild
AIDS, kardiologische Erkrankungen, Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts,
neurologische Erkrankungen), die dauerhafter medizinischer Behandlung und
pflegerischer Hilfeleistung bedürfen
Unsere Fachklinik arbeitet in enger Kooperation mit dem nur 20 Minuten entfernten
Erzgebirgsklinikum Haus Zschopau zusammen. In diese Kooperationsvereinbarung
sind alle Fachabteilungen des Klinikums MEK Haus Zschopau eingeschlossen.
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Für den größten Teil unserer potentiellen Rehabilitanden findet hier auch die
Entgiftung vor Aufnahme in die Rehabilitationsklinik statt. So kann schon im Vorfeld
sichergestellt werden, dass für eventuell schwer somatisch erkrankte Rehabilitanden
oder solche mit einer akuten psychiatrischen Zusatzerkrankung keine Aufnahme in
unsere
Klinik,
sondern
in
eine
entsprechend
ausgerichtete
Akut-
bzw.
Rehabilitationsklinik erfolgt.
Zeigt sich in einigen wenigen Ausnahmefällen erst während der Rehabilitation eine
solche Erkrankung, wird eine Umverlegung in ein Akutkrankenhaus, i.d.R. Zschopau
oder bei entsprechender Notwendigkeit in eine Akut- oder Rehabilitationsklinik mit
jeweiliger Spezifikation eingeleitet
Behandlungsdauer und Entlassung:
Die konzeptionelle Behandlungsdauer beträgt sechs Monate. Bei entsprechender
Indikation wird eine Verlängerung der Therapiemaßnahme mit ausführlicher
medizinischer
Begründung
beim
Kostenträger
beantragt.
Bei
medizinischer
Notwendigkeit schließt sich der Entwöhnungsbehandlung eine Adaptionsbehandlung
von drei Monaten an. Diese kann, nach Beantragung beim Kostenträger, auf 6
Monate verlängert werden.
Eine vorzeitige Entlassung seitens der Einrichtung kann erfolgen als disziplinarische
Entlassung (unter Umständen bei Rückfall oder anderen schwerwiegenden
Regelverstößen) oder Beendigung der Therapie auf ärztlichen und therapeutischen
Rat.
Die Therapie in unserer Einrichtung gilt als vorzeitig gegen ärztlich und
therapeutischen Rat beendet, wenn der Klient die Therapie abbricht.
Ausstattung und personelle Gegebenheiten
Personal und Apparative Ausstattung
Das multiprofessionelle Team der „Alten Flugschule“ arbeitet unter ärztlicher und
psychotherapeutischer Leitung.
Die Gesamtverantwortung für den therapeutischen Prozess tragen die leitenden
Ärzte, FÄ für Psychiatrie und Psychotherapie, die je einem Klinikhaus zugeordnet
sind. Darüber hinaus wird durch die Ärzte die Adaptionseinrichtung in Leipzig betreut.
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Um eine umfassende ärztliche Betreuung sicherzustellen, die den Anforderungen
unserer Rehabilitanden gerecht wird, ist die ärztliche Leitung durch zwei Ärzte mit
fachspezifischer Qualifikation und sozialmedizinischer Weiterbildung besetzt. Diese
stehen ganztägig bzw. zu den jeweiligen Ansprechzeiten zur Verfügung und führen
eine wöchentliche Rehabilitandenvisite durch.
Die
Bezugstherapeuten
verfügen
über
entsprechende
suchtspezifische
Zusatzqualifikationen oder sind in Zusatzausbildung.
Das weitere fachtherapeutische Personal setzt
sich aus Sozialpädagogen/
Sozialarbeitern, Arbeitstherapeuten, Pädagogen und Sporttherapeuten für die
jeweiligen Funktionsbereiche zusammen. Physiotherapeutische Maßnahmen, dazu
gehören
Strombehandlungen,
Ultraschall,
Krankengymnastik,
Massagen
und
Wärmebehandlungen, werden nach ärztlicher Anordnung durch die leitenden Ärzte
(unterstützt durch den konsiliarischen Facharzt für Orthopädie/ Chirurgie) vom
Physiotherapeuten der Einrichtung im physiotherapeutischen Behandlungsraum
durchgeführt.
In der Rehabilitationsklinik wird ein Ruhe- EKG vorgehalten, die Auswertung erfolgt
durch die leitenden Ärzte. Bei Verdachtsdiagnosen wird ein Internist des Klinikums
MEK Haus Olbernhau hinzugezogen.
Es besteht ein Kooperationsvertrag mit dem Klinikum Mittleres Erzgebirge Haus
Zschopau für notwendige zusatzdiagnostische Maßnahmen.
Belastungs-EKG, Abdomen-Sonografie, kleine Lungenfunktion, EEG, EMG, ENG
werden mit entsprechender fachärztlicher Auswertung durch das Klinikum Zschopau
bereitgestellt, die notwendige Labordiagnostik wird durch erbracht.
Kooperation
Die Klinik kooperiert mit anderen Einrichtungen des Suchthilfesystems wie
Drogenberatungsstellen, Entgiftungseinrichtungen bzw. psychiatrischen Kliniken,
anderen Entwöhnungs- und Nachsorgeeinrichtungen. Eine enge Zusammenarbeit
besteht mit dem Klinikum Mittleres Erzgebirge Haus Zschopau, insbesondere mit der
Psychiatrischen Abteilung. Bedingt durch die räumliche Nähe, können hier
Rehabilitanden bereits während ihrer Entgiftungsbehandlung von uns betreut und
kann der nahtlose Übergang in die Entwöhnung unterstützt werden.
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Die stationäre Nachsorgebehandlung unserer Rehabilitanden findet in der Regel im
Adaptionshaus des Trägers in Leipzig statt. Die Mitarbeiter aus Entwöhnungs- und
Adaptionseinrichtung arbeiten eng zusammen und stehen in regelmäßigem
Austausch.
Die Leitung der Einrichtung wirkt in verschiedenen Fachgremien und – verbänden
der Suchthilfe, der psychiatrischen Versorgung und der Jugendhilfe mit.
Es
besteht
Zusammenarbeit
mit
dem
Ausbildungsinstitut
„Zentrum
für
Psychotherapie Chemnitz“.
Im Zusammenhang mit der Schul- und Lehrausbildung der Rehabilitanden besteht
Kooperation
mit
dem
Berufsbildungsverein
Annaberg,
der
Mittelschule
Großrückerswalde und der Technischen Universität Chemnitz.
Kontakt besteht außerdem zum örtlichen Sportballverein und zur Jungen Gemeinde
der evangelischen Kirche Großrückerswalde.
Behandlungsphasen
Die konzeptionelle Behandlungsdauer in unserer Entwöhnungseinrichtung beträgt
sechs Monate. Bei entsprechender Notwendigkeit kann eine Verlängerung der
Therapiezeit beim Kostenträger beantragt werden. Der Entwöhnungsbehandlung
schließt sich bei medizinischer Notwendigkeit eine Adaptionsphase, zwischen drei
und vier Monaten an.
Überblick über den Behandlungsablauf
Aufnahme
In der Regel nach vorangegangener Entgiftungsbehandlung

Orientierungsphase

Kernphase

Ablösephase

Adaption (bei Indikation)
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Aufnahme
Der Aufnahmezeitpunkt wird mit dem Rehabilitanden so vereinbart, dass nach der
Entgiftung ein nahtloser Übergang in unsere Einrichtung erfolgen kann.
Zur Aufnahme benötigen wir:
-
einen ausführlichen Lebensbericht mit Suchtgeschichte
-
die Kostenzusage des zuständigen Leistungsträgers
-
eine Bescheinigung über die abgeschlossene Entgiftung
-
einen gültigen Personalausweis oder Reisepass
Bei Aufnahme erfolgen eine Atemluft- und eine Urinkontrolle.
Der Rehabilitand wird von seinem zuständigen Bezugstherapeuten aufgenommen. In
einem ersten Gespräch mit diesem werden organisatorische Inhalte besprochen und
erste anamnestische Daten erfragt. Der Rehabilitand erhält einen „Wegweiser“ für die
Klinik und es wird ihm ein Pate aus der Bezugsgruppe zur Seite gestellt, der den
Neubeginn erleichtern soll. Die medizinische Aufnahme erfolgt durch die leitenden
Ärzte. (→ siehe Behandlungselemente/ Medizinischer Bereich)
Orientierungsphase
Die Orientierungsphase umfasst ca. sechs Wochen.
Relevante motivationale Zielsetzungen:
-
Erkennen der Notwendigkeit einer Änderung der gegenwärtigen Situation
-
Anerkennung des Abhängigenstatus
-
Akzeptieren der eigenen Hilfsbedürftigkeit
-
Annahme der angebotenen Hilfe
-
Bereitschaft zur Abstinenz
-
Einsicht in die Notwendigkeit eines allgemeinen Verhaltenswandels
-
Akzeptanz der Eigenverantwortlichkeit und aktiven Mitarbeit
Kernphase
Zusammenfassung wichtiger Ziele und Inhalte in dieser Phase:
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-
Aufdeckung und Aufarbeitung des Stellenwertes der Sucht im individuellen
Lebenszusammenhang
-
Abschiednehmen von „süchtigen“ Lebensmustern
-
Überprüfung des Selbstbildes
-
Auflösung von Projektionen
-
Einüben von Grenzziehungen
-
Erhöhung von Frustrations- und Ambiguitätstoleranz
-
Erhöhung der Konfliktfähigkeit
-
Stärkung der Autonomiebestrebungen
-
Stärkung von Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen
-
Wahrnehmung eigener Bedürfnisse
-
Entwicklung von Lebendigkeit, Kreativität und Spontaneität
-
Kennenlernen von Möglichkeiten, sich zu entspannen und zu genießen
-
Entwicklung pragmatischer Problemlösungsstrategien
-
Realitätsüberprüfung und Zukunftsplanung
Ablösephase
In den letzten zwei Monaten stehen die Orientierung und Erprobung außerhalb der
Einrichtung (z.B. Belastungserprobung in Heimfahrten, Ämterfahrten) und der
Abschied von der stationären Therapie im Vordergrund. Erarbeitete Strategien der
Rückfallprophylaxe werden erprobt, erweitert und gefestigt, Krisen- und Notfallpläne
konkretisiert. Die Umsetzung der erarbeiteten Ziele hinsichtlich der beruflichen und
sozialen Wiedereingliederung wird weiter forciert.
Es gilt, gemeinsam mit den Rehabilitanden ein tragfähiges Netz zu knüpfen, welches
nach der Therapie Halt und Stütze geben kann. Dieses Netz ist individuell mit den
Rehabilitanden zu erarbeiten. In der Regel besteht es aus einer Kombination der
folgenden Elemente:
-
Signifikante Bezugspersonen (Eltern, Geschwister, andere Verwandte,
Lebenspartner, Freunde etc.)
-
Stationäre Betreuung (Adaptionseinrichtungen, Einrichtungen des betreuten
Wohnens, etc.)
-
Ambulante
Betreuung
(Drogenberatungsstellen,
Selbsthilfegruppen,
niedergelassene Psychotherapeuten, etc.)
-
Beruf und Bildung (Arbeitgeber, Schulen, Arbeitsämter, etc.)
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-
Freizeit (Sportvereine, Volkshochschulen, etc.)
Behandlungselemente
Medizinischer Bereich / Diagnostik
Es finden ein medizinisches Aufnahmegespräch und eine Aufnahmeuntersuchung
statt, die eine körperliche, allgemeinärztliche Untersuchung, ein EKG, eine Blut- und
eine Urinuntersuchung beinhaltet. Diese Untersuchung wird zum Aufnahmezeitpunkt
(bis spätestens am zweiten Tag nach Aufnahme) von den psychiatrischen
Fachärzten der Einrichtung durchgeführt. Diese holen gegebenenfalls Befunde von
vorbehandelnden Ärzten ein. Werden behandlungsbedürftige Begleiterkrankungen
diagnostiziert, wird der Rehabilitand zum entsprechenden konsiliarischen Facharzt
überwiesen und die Weiterbehandlung in den Therapieplan integriert. Bei
Notwendigkeit werden weitere Laboruntersuchungen eingeleitet. Die neurologische
und psychiatrische Eingangsdiagnostik und Indikationsstellung erfolgt ebenfalls
durch die leitenden Ärzte der Einrichtung. Die weitere anamnestische und
psychologische
Befunderhebung
wird
durch
die
Psychologischen
Psychotherapeuten/ Psychologen der Klinik durchgeführt. Neben der Überprüfung
der Suchtdiagnose, einschließlich des Vorliegens einer nicht stoffgebundenen
Abhängigkeit, wird das Vorliegen weiterer psychischer Störungen abgeklärt. Zudem
wird die intellektuelle Leistungsfähigkeit testpsychologisch erfasst. Eingesetzte
Verfahren sind hier beispielsweise das Strukturierte Klinische Interview für DSM-IV
(SKID), das Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI-R), der Fragebogen zur
Erfassung
von
Agressivitätsfaktoren
(FAF),
der
Mehrfachwahl-Wortschatz-
Intelligenztest (MWT-B), das Diagnosticum für Cerebralschädigung (DCS), das
Depressionsinventar nach Beck. Bei weiterem Abklärungsbedarf
wird eine
vertiefende Diagnostik durchgeführt.
Die in den Ergebnissen der Eingangsdiagnostik erfasste somatische, psychische und
soziale Situation des Rehabilitanden stellt die Grundlage für die Planung der
weiteren Behandlung dar.
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Indikationsgruppen

Spielsucht
Spiel- und Internetsucht stehen zunehmend im Zentrum wissenschaftlicher
Forschung und Handelns. Exzessive Nutzung von neuen Medien ist gerade unter
Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht selten. Hierbei ähneln sowohl die
Symptome
sowie
die
nachweislichen
corticalen
Verarbeitungs-
und
Veränderungsprozesse denen einer klassischen stoffgebundenen Suchterkrankung,
wie z.B. Kontrollverlust, Toleranzentwicklung, Auftreten konsumbedingter negativer
Konsequenzen, Craving und Entzugserscheinungen. Eine Komorbidität zur Drogenbzw. Alkoholabhängigkeit ist häufig gegeben.

Raucherentwöhnung
Hierbei geht es um die Förderung der Tabak- bzw. Nikotinabstinenz.

Gesunde Ernährung / Ernährungsberatung
Im Vorfeld der Ernährungsberatung findet eine Diagnostik hinsichtlich einer
potentiellen Essstörung statt.

Entspannung
Es werden sowohl die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen als auch Thai
Chi als Methoden zur Entspannung, mit den Zielen der Steigerung der
Selbstwahrnehmung und der eigenständigen Spannungs- und Affektregulation,
vermittelt. Dieses Angebot findet mindestens 1x pro Woche a 30 Minuten in der
Gruppe statt.

Frauengruppe / Männergruppe
Regelmäßig
finden
geschlechtsspezifische
Angebote
innerhalb
des
Therapieprogramms statt.
Diese Gruppenangebote sollen Rahmen und Möglichkeit geben, frauen- bzw.
männerspezifische Themen ungestört, in vertrauensvoller Atmosphäre ohne die
Anwesenheit des anderen Geschlechts zu bearbeiten.
Drogenabhängige Frauen machen auf der Szene, aber auch schon vor ihrer
Drogenabhängigkeit Erfahrungen, die ihr Leben bis heute bestimmen. Es ist bekannt,
dass ein großer Teil der drogenabhängigen Frauen Beschaffungsprostitution betreibt.
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Viele dieser Frauen sind vor ihrer Drogenkarriere sexuell missbraucht worden.
Erfahrungen von sexueller Gewalt, Prostitution, Körper- und Essprobleme in einer
Gruppe mit Männern zu besprechen, ist für viele Frauen unmöglich.
Einzeltherapie
Die lösungsorientierten Einzelgespräche sind ein fester Therapiebaustein und
werden bei allen Patienten wöchentlich durchgeführt.
Die Schwerpunktbehandlung zusätzlicher psychischer Störungen (z.B. affektive
Störungen,
Angststörungen,
Persönlichkeitsstörungen,
Belastungs-
psychotische
und
Störungen)
Anpassungsstörungen,
findet
im
regelmäßigen
einzeltherapeutischen Setting mit den Bezugstherapeuten der Einrichtung unter
Fallsupervision des psychotherapeutischen und ärztlichen Leitungsteams statt. In
gesonderten Fällen kann eine Einzelbetreuung auch durch die Psychologischen
Psychotherapeuten oder die Ärzte erfolgen.
Arbeits- und Beschäftigungstherapie
Innerhalb der verschiedenen Arbeitsbereiche besteht zudem die Möglichkeit der
beruflichen Qualifikation für Rehabilitanden.
Innerhalb der verschiedenen Arbeitsbereiche besteht zudem die Möglichkeit der beruflichen
Qualifikation für Rehabilitanden.
Küche und Hauswirtschaft
Die in der Küche tätigen Rehabilitanden sind unter Anleitung des Arbeitstherapeuten für
Nahrungsmittelbestellungen, Planung, Vor-, Zu- und Nachbereitung der Mahlzeiten
zuständig.
Die Versorgung der Mitbewohner stellt keine einfache Aufgabe dar. Die
Rehabilitanden/Rehabilitanden müssen sich täglich wiederkehrenden Aufgaben stellen, ohne
mit sich einstellender Routine Sorgfalt vermissen zu lassen.
Fehlendes Bewusstsein von gesunder Ernährung kann aufgearbeitet werden. Die
Rehabilitanden können Erfahrungen machen, dass Essen mehr ist als der Konsum von
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Nahrungsmitteln zum Zwecke der Sättigung, sondern dass Essen eine Möglichkeit ist zu
genießen.
Das Tätigkeitsfeld der Hauswirtschaft setzt sich zusammen aus der Betreuung von
Rehabilitanden/Rehabilitanden, Mitarbeitern und Gästen (z.B. bei Angehörigenseminaren),
der Reinigung und Pflege von Gemeinschaftsräumen und dem Betrieb der Wäscherei.
Kreativ- und Holzwerkstatt
Dieser Arbeitsbereich widmet sich v.a. der Herstellung von Holz- (z.B. erzgebirgische
Holzkunst, Holzspielzeug) und Töpferwaren. Die Rehabilitanden lernen verschiedene
Bearbeitungstechniken
kennen
und
erlangen
dabei
entsprechende
instrumentelle
Fertigkeiten.
Landwirtschaft und Tierhaltung
Auf dem „Arche Hof“ der „Alten Flugschule“ werden bedrohte Haustierrassen gezüchtet und
verarbeitet. Die Rehabilitanden sind für Haltung und Pflege verschiedener Nutztiere wie z.B.
Schweine, Schafe, Rinder, Ziegen, Pferde, Geflügel, Kaninchen und Hunde zuständig.
Dieser Arbeitsbereich fördert und fordert in besonderem Maße Verantwortungs- und
Pflichtgefühl. Tiere sind abhängig von regelmäßiger und zuverlässiger Versorgung und
bieten so ein ideales Lern- und Betätigungsfeld. Zudem bietet dieser Bereich den oftmals
beziehungs- und kontaktgestörten Rehabilitanden die Möglichkeit angstfreier Begegnung.
Schreinerei und Bau
Stallungen, Weidezäune, Unterstände etc. werden vom diesem Arbeitsbereich gefertigt,
gepflegt und repariert. Weitere Aufgabengebiete sind die Unterhaltung der Außenanlagen
und Reparaturarbeiten in der Einrichtung.
Es werden, neben den Voraussetzungen für eine spätere Berufstätigkeit, die in allen
Arbeitsbereichen vermittelt werden (Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit), auch Kenntnisse der
Werkstoffbearbeitung erlangt. Die Herstellung oder Reparatur von Gegenständen, die im
eigenen Umfeld benötigt werden, bieten Motivation und Bestätigung.
Die aufgeführten Arbeitsbereiche werden von Arbeitstherapeuten bzw. von Berufspraktikern
mit pädagogischen Zusatzqualifikationen aus den jeweiligen Arbeitsfeldern geleitet. Um den
realen Arbeitsbedingungen, auf die die Rehabilitanden vorbereitet werden sollen, möglichst
nahe zu kommen, beginnt jeder Wochentag mit Arbeit. Rehabilitanden, die in den Bereichen
Landwirtschaft, Küche und Hauswirtschaft tätig sind, haben zum Teil Wochenenddienst, zum
Ausgleich allerdings Freizeit während der Wochenarbeitszeit. Um Verhaltensänderungen im
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Bereich Arbeit zu unterstützen, wird ein Tokenprogramm eingesetzt und so der
Mechanismus positiver und negativer Verstärkung genutzt. Die Rehabilitanden erhalten so
genannte „Batzen“, die als Stempel in einem Heft gesammelt werden können. Es gibt eine
Maximalgrenze von 6 „Batzen“ für einen Wochenverdienst. Durch den individuell erreichten
Wochenverdienst, der nach konkreten Kriterien vergeben wird, bekommt der Rehabilitand
eine direkte Rückmeldung über seine Arbeitsleistung. Das Erreichen einer bestimmten
Anzahl von „Batzen“ ist Voraussetzung für bestimmte Vergünstigungen (z.B. Radioausleihe,
Ausgänge) im Therapieprozess. Regelverstößen wird wiederum mit der Abgabe von
„Batzen“ begegnet. Die Anzahl der erreichten oder nicht erreichten „Batzen“ zu bestimmten
Zeitpunkten der Therapie dient so auch als diagnostisches Hilfsmittel, für z.B. motivationale
Probleme,
Schwierigkeiten
im
Umgang
mit
Regeln
oder
„Verdienstprobleme“
im
Arbeitsbereich.
Die schulische Qualifizierung
Eine Folge des immer weiter sinkenden Einstiegsalters in den Drogenkonsum ist das Fehlen
eines Schulabschlusses bei vielen drogenabhängigen Jugendlichen. Ein großer Teil unserer
aktuellen Rehabilitanden hat die Schule ohne Abschluss verlassen.
Im Klinikhaus „Altes Rittergut“ in Großrückerswalde, das in unmittelbarer räumlicher Nähe
zur „Alten Flugschule“ liegt, erhalten drogenabhängige Jugendliche die Möglichkeit, während
ihrer
Langzeittherapie
ihren
Schulabschluss
nachzuholen
bzw.
sich
auf
einen
weiterführenden Abschluss vorzubereiten. Diese Erweiterung des Behandlungsangebotes
entspricht
dem
hier
vorliegenden
konzeptionellen
Rahmen.
An
die
Stelle
des
Behandlungselementes Arbeitstherapie tritt hier das Lernen bzw. der Unterricht in
Vorbereitung auf die Schulfremdenprüfung. Eingebettet in den regulären Ablauf des
bestehenden Therapiekontextes, wird in einem Gesamtumfang von ca. 30 Wochenstunden
(einschließlich samstags) in den Fächern Mathematik, Physik, Geographie, Deutsch,
Gemeinschaftskunde,
Fächerspektrum
Englisch,
angeboten,
Chemie
das
die
und
Biologie
Vorbereitung
unterrichtet.
auf
So
den
wird
ein
qualifizierten
Hauptschulabschluss und den Realschulabschluss ermöglicht. Die Rehabilitanden werden
von 5 Lehrern (davon 3 Honorarkräfte) betreut. Die Rehabilitanden sind, zum einen bezogen
auf schulische Vorkenntnisse, zum anderen bezogen auf Merkmale wie Motivationslagen,
Strategien der Stressbewältigung und Ausdauer, sehr unterschiedlich ausgerüstet. So gilt es,
sowohl verschüttete Fähigkeiten und Lerninhalte zu reaktivieren, Lern- und Arbeitstechniken
zu vermitteln als auch Frustrationstoleranz, Durchhaltevermögen und Disziplin zu üben.
Begleitet wird das Projekt derzeit von der Universität Leipzig. Hier stehen vor allem Fragen
der Lehrerfortbildung in den Bereichen Diagnostik und Didaktik im Vordergrund.
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Physiotherapie/ Sporttherapie
Bevor die Rehabilitanden an den physio- und sporttherapeutischen Angeboten
teilnehmen, werden die Leistungsfähigkeit und eventuelle Einschränkungen von den
Ärzten eingeschätzt. Auf dieser Grundlage werden die individuellen Zielsetzungen
innerhalb des physio- bzw. sporttherapeutischen Programms von den Ärzten, dem
Physiotherapeut, dem Sporttherapeut, dem Bezugstherapeut und dem Rehabilitand
gemeinsam festgelegt.
Inhalte der physiotherapeutischen Behandlung sind bei entsprechender Indikation
beispielsweise
manuelle
Therapien,
Rückenschule,
Massagen,
Strom-
und
Ultraschalltherapie.
Inhalte der Sporttherapie sind sowohl körperliches Aufbautraining für Kraft,
Ausdauer, Koordination und Flexibilität als auch Schulung der Selbstwahrnehmung,
des Körpergefühls, der Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie Förderung
gesunder Freizeitbeschäftigungen.
Weiterhin bietet der Sport eine gute Möglichkeit des sozialen Lernens. Insbesondere
innerhalb der spielorientierten Sport- und Bewegungstherapie, v.a. in der Gruppe,
ergeben sich eine Vielzahl von Situationen, in denen die Kommunikations- und
Kooperationsfähigkeiten gefördert werden können. Zielsetzungen sind hier neben
den oben aufgeführten, die:
-
Steigerung der Entscheidungsfähigkeit,
-
Steigerung der Flexibilität,
-
Erweiterung des Verhaltensrepertoires,
-
Übernahme von (gemeinsamer) Verantwortung,
-
Umgang mit Gefühlen des Gewinnens und Verlierens,
-
Bewusstmachung behindernder Strukturen.
Außerdem dient die Sporttherapie zu Anregung, Sport als geeignetes Mittel zur
Freizeitgestaltung zu entdecken bzw. wieder zu entdecken.
Sozialarbeit
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Von Montag bis Freitags finden Sozialsprechstunden für die Rehabilitanden statt.
Nach einer ausführlich erstellten Sozialanamnese werden die Rehabilitanden von
Sozialpädagogen
hinsichtlich
der
Klärung
bzw.
Beantragung
finanzieller
Angelegenheiten (z.B. Übergangsgeld, ALG II, Sozialhilfe, Kindergeld, Waisenrente),
der Klärung der Kranken- und Pflegeversicherung, der Schuldenregulierung, bei
Sorgerechtsproblematiken oder bei Schwierigkeiten mit der Justiz etc. unterstützt.
Unterstützung meint hier vordergründig „Anleitung zum Selbsttun“, um das
Selbstvertrauen, die Eigeninitiative und die Selbstständigkeit der Rehabilitanden zu
fördern.
Angehörigenarbeit
Drogenabhängige als Symptomträger oder „Indexrehabilitanden“ haben in ihrer
Familie häufig eine stabilisierende und die übrigen Familienmitglieder entlastende
Funktion. Bricht der Rehabilitand durch das Anstreben von Drogenfreiheit aus dieser
Rolle aus, kommt es in der Familie häufig zu Gegenregulationsversuchen. So wird
enormer Druck auf die Rehabilitanden ausgeübt und es kommt im Kontext der
Familie häufig erneut zu Rückfällen. Diese Mechanismen aufzudecken und mit der
Familie alternative Bewältigungsstrategien für innerfamiliäre Konflikte zu erarbeiten,
ist wesentliches Ziel der Angehörigenarbeit.
Freizeit
Die freien Abende und die Wochenenden werden von den Einzelnen oder von der
Gruppe gewöhnlich selbstverantwortlich gestaltet. An den Wochenenden und
Feiertagen bestehen neben den selbstverantwortlich gestalteten Freizeitaktivitäten
strukturierende Behandlungsangebote, dazu zählen sporttherapeutische Angebote,
Entspannungsgruppen
und
arbeitstherapeutische
Angebote.
Zudem
runden
Neigungsgruppen, geleitet von Mitarbeitern, externen Kräften und Rehabilitanden,
das Angebot ab. Diese Aktivitäten sollen den Rehabilitanden die Möglichkeit geben,
neue Erfahrungen zu machen, Gemeinschaftsgefühle intensiver zu erleben und so
ein Gegengewicht gegen die Konsumorientierung aufzubauen.
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Rückfall
Ein Rückfall wird von uns als Bestandteil der Abhängigkeitserkrankung gesehen und
nicht als Versagen oder moralisches Scheitern betrachtet. Häufig werden von
Rehabilitanden Rückfälle als persönliche Niederlage wahrgenommen und jegliche
Bemühungen
und
Veränderungsvorhaben
aufgegeben
(„Abstinenzverletzungseffekt“). Deswegen bedürfen rückfällig gewordene Süchtige
gezielter Hilfe. Dabei soll der Rehabilitand auf bisher Gelerntem aufbauen. Betrachtet
man den Rückfall als kurzfristige Überforderung in konkreten Risikosituationen, wird
deutlich, dass rückfällig zu werden nicht bedeutet, wieder bei Null anfangen zu
müssen.
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