Möbelhändler XXX-Lutz expandiert kräftig

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Möbelhändler XXX-Lutz expandiert kräftig
FRANKFU RT ER A L LG EM E I NE Z E I TU NG
TUI lässt mehr Schiffe
auf Rhein und Mosel fahren
Neue Chancen nach der Insolvenz von zwei Wettbewerbern
tko. HAMBURG, 5. April. Der Reisekonzern TUI baut sein Geschäft mit Flusskreuzfahrten aus. Bis 2011 soll die Flotte
auf Rhein, Mosel und Donau von einem
auf sechs gecharterte Schiffe wachsen –
darunter drei Neubauten. Das teilte TUI
Deutschland, die deutsche Tochterfirma
des Veranstalters TUI Travel, mit. Andreas Casdorff, bei TUI für Kreuzfahrten zuständig, sagte, Flussreisen seien ein „absoluter Wachstumsmarkt“. Mit den Viereinhalb- bis Fünfeinhalb-Sterne-Schiffen
wolle der Konzern „neue Maßstäbe setzen“ und seine „Erfolgsgeschichte mit
schwimmenden TUI-Hotels fortsetzen“.
Mit der Erweiterung der Flotte hat es
TUI sogar eilig. Noch in dieser Sommersaison will der Reiseveranstalter seine Kapazität von bislang 180 Passagieren verdoppeln, bis 2011 soll sie sich mehr als
verfünffachen. Andere Anbieter taten
sich zuletzt hingegen schwer. Die Flussschiff-Sparte der Neustädter Reederei Peter Deilmann und das Bremer Unternehmen Transocean Tours mussten 2009 sogar Insolvenz anmelden. Aus der ehemaligen Deilmann-Flotte stammt das 120 Meter lange Kreuzfahrtschiff „Mozart“, das
von 2011 an mit TUI-Logo auf Fahrt gehen soll. Bei der Expansion arbeitet TUI
mit einem vertrauten Partner zusammen,
dem Münchner Schiffsfinanzierer Premicon. Wie schon das erste Binnenschiff
„Maxima“, das seit 2008 für den TUI-Konzern unterwegs ist, charterte TUI bei dem
Kreuzfahrtfonds-Anbieter auch die fünf
weiteren Schiffe. Darunter sind auch
Kreuzfahrtschiffe, die bislang von Premicon-Tochtergesellschaften betrieben wurden.
Den Betrieb auf dem vornehmsten der
fünf Schiffe, der 2008 gebauten „Premicon Queen“, organisierte bislang die
Rhein-Schifffahrtsgesellschaft Köln-Düsseldorfer, die mehrheitlich zu Premicon
gehört. Den ersten der drei Neubauten,
die aus dem Konzern der Stralsunder Hegemann-Werft stammen, hatte zuletzt die
Transocean-Nachfolgefirma beworben.
Das Unternehmen liegt komplett in der
Hand des Münchner Investors.
Auch an anderer Stelle kooperieren
TUI und Premicon. Seit Jahresbeginn arbeiten sie bei der Vermarktung von Flussreisen zusammen, Transocean-Touren
sind im aktuellen TUI-Angebot gelistet.
Ihre Hochseekreuzfahrtschiffe „Mein
Schiff“ und „Astor“ wollen die beiden Unternehmen aber auch künftig getrennt vermarkten. Weitere Kooperationen seien
nicht geplant, versicherte eine TUI-Sprecherin.
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GmbH, Kirchentellinsfurt; IBB - Electronics &
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Betriebs GmbH, Hohenschäftlarn.
Aachen: Resort Blankenheim GmbH, Blankenheim. Bad Hersfeld: Eydt KG, Kirchheim. Bochum: Park Medien GmbH, Bochum; RELAX Sauna Betriebs GmbH, Bochum. Bonn: RheinlandDach GmbH, Troisdorf. Charlottenburg: helping
ants GmbH, Berlin; KO - LB Baumanagement
GmbH, Berlin. Chemnitz: REA Fassmann & Nagel
GmbH, Chemnitz OT Mittelbach. Detmold: BECKER Kalletaler Fruchtsäfte GmbH & Co. KG, Kalletal. Dortmund: Bumblebee GmbH, Dortmund.
Essen: H. Fischer GmbH, Marl; HCK Electronic
GmbH, Essen. Frankfurt/Oder: OWK Umwelttechnik und Anlagenbau GmbH, Rüdersdorf.
Hamburg: Gerüstbau Vorhagen GmbH, Hamburg; PPM Paper Print & Mail Service GmbH &
Co. KG, Hamburg. Köln: „Arbeit und Lernen“ Gemeinnützige Gesellschaft mbH, Köln. (Quelle
Bundesanzeiger)
Unternehmen
DI E N S TAG , 6 . APRI L 2 0 1 0 · NR . 7 9 · S E I T E 1 5
Möbelhändler XXX-Lutz expandiert kräftig
Die Möbelhersteller
beklagen, dass ihre Produkte
im Handel „verramscht“
werden. XXX-Lutz, die
Nummer zwei hinter Ikea,
will damit aufhören.
hpe. WÜRZBURG, 5. April. Die Aktion
ist so schwer auszusprechen wie der Firmenname des Möbelhändlers. Doch dem
Kunden, der die ersten warmen Frühlingstage für einen Besuch im Möbelhaus
nutzen möchte, wird das egal sein. XXXLutz wirbt mit einer „XXXL-JubiläumsGarten-Sparaktion“, verspricht 30 Prozent auf alle rot gekennzeichneten Gartenmöbel, denn es wird ein Geburtstag
gefeiert – mal wieder. Wer sich zum Beispiel im Stammhaus der Möbelgruppe in
Würzburg umschaut, kann von Jubiläumsangeboten und Rotstiftpreisen fast
erschlagen werden. Und wenn Preisnachlässe nicht reichen, wird der Kunde auch
schon mal zu einem Kevin-Costner-Konzert ins neue XXX-Lutz-Haus in den
Münchner Vorort Aschheim gelockt.
Der Möbelhändler aus Österreich feiert sein zwanzigjähriges Bestehen in
Deutschland mit einer großangelegten
Rabattorgie, in der der schwergewichtige
Kabarettist Ottfried Fischer, auf einem
riesigen roten Stuhl sitzend, ähnlich gewaltige „Markenrabatte“ in Aussicht
stellt. Irgendwie wirkt es fast ein wenig
befremdlich, wenn der Deutschland-Geschäftsführer Helmuth Götz im Gespräch mit dieser Zeitung die Preisstrategie seines Unternehmens in Frage stellt.
„Ehrlich ist der Preis, der auf dem Auftrag steht“, sagt Götz, „aber die Rabatte
sind mittlerweile an einem Punkt angelangt, an dem es kippen kann.“ Der aktuelle Werbeprospekt von XXX-Lutz legt
genau das nahe: 62 Prozent Nachlass auf
die Ledergarnitur „Cantus“, 63 Prozent
auf den massiven Eichentisch „Vito“ und
71 Prozent auf das Geschirr-Kombi-Set
„Flowerpower“.
Für die Möbelhersteller sind solche
Aktionen ein echtes Ärgernis. „Ich halte
das für Irreführung der Verbraucher“,
sagt der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands VDM, Dirk-Uwe Klaas.
Der Kunde könne überhaupt nicht nachvollziehen, wie der Preis zustande gekommen sei. „Entweder hat der Händler vorher in der Kalkulation draufgeschlagen und gewährt den Nachlass auf
einen Mondpreis, oder er arbeitet mit einer Mischkalkulation und setzt dazu
Lockvogelangebote ein.“ Nur wenige
Markenhersteller wie die Luxusanbieter
Interlübke und Kettnaker können sich
dem Preisdiktat des Handels entziehen.
Götz wehrt sich gegen den Vorwurf der
Intransparenz: „In unseren Möbelhäusern kaufen jedes Jahr 2,5 Millionen
Das Möbelhaus XXX-Lutz fordert die Rückkehr zur Vernunft.
Foto Imago
Menschen, fast alle sind zufrieden mit
dem guten Service und dem fairen
Preis.“
Umfragen haben schon vor Jahren gezeigt, dass zwei von drei Befragten vermuten, dass sie in Möbelhäusern nicht
wirklich sparen. Dennoch überbietet sich
die Branche mit Rabatten. Götz will das
nun ändern. „Wir werden unsere Rabattaussagen mit Vernunft zurückführen“,
kündigt er an.
Seine Aussage hat Gewicht, denn
XXX-Lutz ist mit inzwischen 157 Möbelhäusern in aller Welt die Nummer zwei
hinter Ikea. Der Abstand der Österreicher zu den Schweden ist gleichwohl beträchtlich. Die Lutz-Gruppe hat mit ihren Filialen Neubert, Hiendl, Mann Mobilia und Möma zuletzt einen Umsatz von
2,5 Milliarden Euro erwirtschaftet, bei
Ikea waren es mehr als 20 Milliarden
Euro. Aber XXX-Lutz will jedes Jahr
sechs bis acht neue Standorte erschließen. „Als Nächstes eröffnen wir ein Möbelhaus in Malmö“, sagt Götz und lacht,
weil XXX-Lutz den Standort in der südschwedischen Hafenstadt von Ikea abgekauft hat – immerhin ein kleiner Nadelstich gegen den Möbelriesen. „Interessante Auslandsmärkte sind auch Frankreich und Italien.“
Auf dem deutschen Markt tobt dagegen ein Verdrängungswettbewerb, dem
vor allem kleinere Möbelhäuser ausgeliefert sind. Die Gewinnspannen liegen unter einem Prozent, und gleichzeitig wachsen die Verkaufsflächen der großen Anbieter wie XXX-Lutz oder Höffner (Möbel Kraft, Möbel Walther). „Viele Möbelhändler bieten uns ihre Unternehmen
an“, sagt Götz. „Jetzt, in der Krise, bekommen wir deutlich mehr Angebote.“
Und auch im Krisenjahr 2009 sind
überall neue Möbelpaläste auf der grünen Wiese entstanden, 150 gibt es mittlerweile in Deutschland. Die Lutz-Gruppe, 1946 im österreichischen Wels von Richard und Gertrude Seifert (geborene
Lutz) gegründet, gilt als einer der aggressivsten Spieler. XXX-Lutz hat sich in
Deutschland dem mächtigen Einkaufsverbund Begros angeschlossen, um Einkaufsvolumen zu bündeln. Mit 55 Möbelpalästen ist Begros im großflächigen Möbelhandel der stärkste Einkaufsverbund,
deutlich vor Union, VME und Atlas.
In Deutschland investieren die Österreicher unaufhörlich in die Flächenexpansion. Nach Aussage von Götz liegen
die Investitionen stets zwischen 150 und
200 Millionen Euro und können überwiegend ohne Bankenfinanzierungen gestemmt werden. Zur Ertragslage macht
das Familienunternehmen, das heute
den beiden Gründersöhnen Andreas und
Richard Seifert gehört, keine Angaben.
XXX-Lutz sei profitabel, behauptet
Götz. Auf jeden Fall sollen die hohen Rabatte, die dem Kunden versprochen werden, bisher nicht zu einem Margenverfall
in der eigenen Bilanz geführt haben.
„Mit der Fabrik stirbt auch die Stadt“
Die ostsibirische Monostadt Baikalsk im Spannungsfeld zwischen Ökonomie, Ökologie und Sozialpolitik
gho. BAIKALSK, 5. April. „Wenn es die
Fabrik nicht gibt, gibt es auch die Stadt
nicht“, erläutert mit einem bedauernden
Schulterzucken Konstantin Proschkin,
der Generaldirektor des Zellulose- und
Papierkombinats im ostsibirischen Städtchen Baikalsk. Walerij Pintajew, der energische Bürgermeister der Stadt am Baikalsee, schlägt in dieselbe Kerbe: „Rund
80 Prozent des städtischen Haushalts
hängen vom Kombinat ab.“ Beide unterstützen deshalb die Entscheidung von
Wladimir Putin: Der russische Ministerpräsident hatte im Januar der Fabrik
nach mehr als einem Jahr Produktionsstopp die Wiederaufnahme des Betriebs
genehmigt – trotz der Proteste von Umweltschutzaktivisten, die das Kombinat
als „Dreckschleuder“ bezeichnen. Die
Ortschaft mit den 15 000 Einwohnern ist
eine der – je nach Zählart – bis zu 460 sogenannten Monostädte in Russland, die
ein industriepolitisches Erbe der Sowjetunion sind. Rund um ein Kombinat oder
mehrere zusammenhängende Großbetriebe wurden Städte aus Plattenbauten
gebaut, das Werk kümmerte sich meist
um Schulen, Kindergärten, Straßen,
Krankenhäuser und Sportanlagen.
Die Nachteile dieser Wirtschaftsstruktur wurden in der Krise schmerzhaft aufgedeckt, Baikalsk wurde dabei besonders
hart getroffen. Im Oktober 2008 war das
Werk geschlossen und der Großteil der
rund 2000 Beschäftigten entlassen worden. Pintajew malt mit groben Pinselstrichen ein düsteres Bild: Die Männer hätten sich dem Wodka ergeben; die Geschäfte, die Friseure und das Kino hätten
gelitten. Die Stilllegung fand jedoch
auch ihren Applaus. Baikalsk ist nicht
nur eine Monostadt in Reinkultur, sondern auch ein symbolisch wichtiger Ort
für Umweltschutzaktivisten in Russland.
Seit der Eröffnung des Werkes im Jahr
1966 ist das Kombinat, das früher auch
für die Rüstungs- und Raketenbauindustrie produziert hatte, einer der größten
Verschmutzer des Baikalsees. Giftige Abwässer wurden weitgehend ungeklärt in
den See geleitet, Abgase verpesteten die
Luft. Nicht nur in Russland schwingt im
Namen des größten Süßwasserreservoirs
der Welt, der seit 1996 auf der Weltkulturerbeliste der Unesco steht, auch die
Sehnsucht nach unberührter Natur mit.
Den Produktionsstopp bewirkte jedoch
erst die Wirtschaftskrise. Die föderale
Umweltschutzbehörde hatte einen geschlossenen Wasserkreislauf bei der Zelluloseproduktion vorgeschrieben. Dabei
kann jedoch nur ungebleichter Zellstoff
hergestellt werden, der aber weniger lukrativ ist. Zudem sah sich das Werk aufgrund der Krise einem Nachfragerückgang und Preiszerfall gegenüber. Aus
wirtschaftlichen Gründen wurde die Produktion eingestellt. Baikalsk erhielt den
zweifelhaften Ruf einer Krisenstadt.
Im Spannungsfeld zwischen Ökonomie, Ökologie und Sozialpolitik sprach
Putin ein Machtwort: Mitte Januar gestattete er die Wiederaufnahme der Produktion ohne geschlossenen Wasserkreislauf.
Das Unternehmen heuert Leute an, derzeit sind 1200 Personen beschäftigt. Das
Werk befinde sich noch in einer Testphase, sagt Generaldirektor Proschkin. Er
zeigt zufrieden ein Stück Karton, auf
dem das Datum 13. März geschrieben
steht: das erste Produkt aus gebleichter
Zellulose seit Stilllegung. Proschkin gibt
zu, dass damit wieder Abwässer in den
See gelangten, das Werk berücksichtige
aber die gesetzlichen Bestimmungen.
Marina Richwanowa, Leiterin der Umweltschutzorganisation Baikal-Umweltwelle, schüttelt den Kopf in ihrem Büro
in Irkutsk. Die Technologie sei veraltet,
vom Werk gehe eine große Gefahr für
den See aus, sagt sie. Hinter der Entschei-
dung Putins vermutet sie eine Klüngelei
mit Oleg Deripaska, der einstmals als
reichster Russe bezeichnet worden war.
Der in der Krise finanziell angeschlagene Deripaska besaß als Hauptaktionär
der Gesellschaft Kontinental Management 51 Prozent am Zellulosewerk. Deripaska ist aber wohl mit seiner Beteiligung
nicht mehr zufrieden. Er stufte die Eröffnung des Werks als soziales und nicht als
kommerzielles Projekt ein. Der Magnat
verkaufte nun 25,07 Prozent an einen Geschäftspartner, die restlichen 25 Prozent
möchte er der Stadt Baikalsk übergeben.
Das Kombinat hat nach offiziellen Zahlen in den vergangenen zehn Jahren mehr
Verluste als Gewinne erzielt. Für Putin
und die russische Führung geht es wohl
vielmehr darum, Unzufriedenheit in der
Bevölkerung bereits im Ansatz einzudämmen. Mit der Wirtschaftskrise und dem
Ansteigen der Arbeitslosigkeit verlor Putin den Nimbus des Garanten für wirtschaftlichen Aufstieg.
Für Wassilij Temgenewskij, den Generaldirektor des Skigebietes Zobelberg am
Rande von Baikalsk, ist die Wiedereröffnung des Werks eine Katastrophe. Er
baut auf Naturerlebnis und saubere Luft,
das Kombinat stört dabei nur. Der Baikal-
Die russische Stadt Baikalsk lebt und stirbt mit ihrer Zellulosefabrik.
see sei ein Markenname, man müsse in
den Ausbau der Tourismusinfrastruktur
investieren, sagt er. Mit der Schließung
des Zellulosewerks seien merklich mehr
Touristen gekommen. Das kleine Skigebiet mit acht Liften und elf Pisten beschäftigt rund 220 Mitarbeiter, 30 davon
arbeiteten früher im Kombinat. Eine
eher geringe Zahl, in der Stadt würden
durch das Skigebiet aber auch Pensionen, Mini-Hotels und Geschäfte entstehen, sagt Temgenewskij.
Der Bürgermeister Pintajew schätzt
das touristische Potential geringer ein.
Das Klima sei rauh, höchstens für Extremtouristen geeignet, die wenig Geld
einbrächten. Ein weiteres Projekt sei der
Anbau und die Vermarktung von Erdbeeren. Pintajew kann sich gar vorstellen,
dass auf dem Gelände des Kombinats
nicht mehr Zellulose und Viskose, sondern Möbel oder andere Dinge hergestellt werden. Offizielle Sprachregelung
ist jedoch, dass dem Werk noch eine Gnadenfrist von rund drei Jahren gewährt
werden soll, in der es Geld für eine moderne Umwelttechnologie erwirtschaften müsse. Offenbar wurde der Königsweg zwischen Ökologie, Ökonomie und
Sozialpolitik noch nicht gefunden.
Foto IMAGO