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Fachabteilungen / Dermatologie / Wichtige Hauterkrankungen von A - Z /
Demodikose
Was ist Demodikose?
Unter Demodikose versteht man eine Erkrankung, welche mit einer übermäßigen Vermehrung von Demodexmilben
(auch Haarbalgmilben genannt) einhergeht. Diese Milbenart ist eigentlich ein „normaler“ Bestandteil der Hautfauna.
Sie kommt praktisch bei allen behaarten Säugetieren und auch beim Menschen artspezifisch vor, oft sogar in mehr
als einer Unterart (meist zwei bis drei), und bewohnt bei gesunden Individuen in geringer Zahl vor allem Haarbälge
und teilweise auch Talgdrüsen. Nur unbehaarte Meeressäuger haben keine eigenen Demodexmilben.
Erst bei Proliferation der Milben über das „normale“ Maß hinaus kommt es zu der Erkrankung an einer Demodikose,
von der es unterschiedliche Formen gibt.
Die Pathogenese ist sehr komplex und konnte bisher noch nicht in allen Einzelheiten aufgeklärt werden. Bei der
Entwicklung der generalisierten Demodikose bei bestimmten Rassen geht man von einer erblich bedingten
Prädisposition aus (s.u.).
Welche Formen der Demodikose gibt es?
Es können bis zu 8 verschiedene Formen der Demodikose unterschieden werden:
1. Lokalisierte, spontane Demodikose
2. Lokalisierte, jatrogene Demodikose
3. Generalisierte, erbliche Demodikose
4. Generalisierte Demodikose aufgrund jatrogener oder spontaner Immunsuppression
5. „Old dog demodicosis“(Demodikose des alten Hundes)
6. Pododemodikose
7. Demodikose durch Demodex cornei
8. Demodikose durch Demodex injai
1. Lokalisierte, spontane Demodikose
Betroffen sind meist Hunde im jugendlichen oder „pubertierenden“ Alter. Sie zeigen ein bis mehrere (i.d.R. bis fünf)
scharf begrenzte haarlose Stellen mit oder ohne Schuppenbildung, Juckreiz fehlt meist. Betroffen sind am häufigsten
der Kopf, aber auch Hals, Gliedmaßen und Rumpf. Die Veränderungen heilen bei 90 % der Hunde innerhalb von 3 - 8
Wochen ohne Behandlung ab.
2. Lokalisierte, jatrogene Demodikose
Altersunabhängig kann eine lokalisierte Demodikose an den Injektionsstellen von Depot- Cortisonpräparaten oder
Depot-Gestagenen (zur Läufigkeitsverhütung) oder nach örtlicher Anwendung von Corticoiden auftreten. Auch sie
heilt in den meisten Fällen nach Abklingen der Depotwirkung des verursachenden Präparates ohne weitere
Behandlung ab.
Die lokalisierte Form der Demodikose ist nach heutigem Wissensstand nicht erblich!
3. Generalisierte, erbliche Demodikose
beim jungen Hund (bis 2 Jahre)
Bei diesen Patienten ohne erworbene Immunsuppression geht man von einem erblichen spezifischen Immundefekt
gegenüber den Demodexmilben aus.
Für die Entwicklung dieser Form der generalisierten Demodikose werden folgende Rassenprädispositionen
angegeben: Bobtail, Collie, Afghane, DSH, Cocker, Dobermann, Dalmatiner, Deutsche Dogge, Englische Bulldogge,
Französische Bulldogge, Bullterrier, Boston-Terrier, Dackel, Chihuahua, Boxer, Mops, Shar-Pei, Beagle und
Englischer Pointer.
Das klinische Bild ist u.a. auch davon bestimmt, ob und in welchem Maß eine sekundäre bakterielle Infektion vorliegt.
4. Generalisierte Demodikose aufgrund jatrogener oder spontaner Immunsuppression, und
5. „Old dog demodicosis“(Demodikose des alten Hundes)
Beim älteren Hund muss das Auftreten einer generalisierten Demodikose ebenfalls sehr ernst genommen werden.
Die Erkrankung kann durch Verabreichung immunsuppressiv wirkender Medikamente (z. B. Glukokortikoide,
Zytostatika) ausgelöst werden.
Spontan tritt sie bei bösartigen Tumorerkrankungen (Lymphosarkom, Hämangiosarkom, Mamma-Adenokarzinom),
schweren Stoffwechselstörungen (Diabetes mellitus oder Cushing-Erkrankung) und einigen Lebererkrankungen auf.
In Einzelfällen kann die Demodikose äußerlicher Anzeichen derartiger Erkrankungen bis zu 12 Monaten vorauseilen,
so daß entsprechende engmaschige Untersuchungen des Patienten anzuraten sind.
Welche Hautveränderungen sind bei Demodikose typisch?
Durch eine übermäßige Vermehrung der Demodex-Milben in den Haarbälgen wird als erstes Symptom
normalerweise Haarausfall, evtl. mit zunächst geringgradiger Hautrötung und Schuppenbildung festgestellt. Die
betroffenen Stellen sind scharf begrenzt oder weisen diffuse Ränder auf.
Häufig kommt es dann zu bakteriellen Sekundärinfektionen der betroffenen Haarbälge mit Pustel- und Krustenbildung
sowie (bakteriell beingtem) Juckreiz. Wenn tiefergehende bakterielle Infektionen mit Zerstörung der Haarfollikel
auftreten, können Hautschwellungen, Fisteln, bläuliche Verfärbungen der Haut sowie deutliche Allgemeinstörungen,
Fieber und Schmerzen beobachtet werden. Durch die Bakterientoxine und Entzündungsmediatoren werden andere
Organe geschädigt, und es kann zu einer Sepsis (Blutvergiftung) und zum Tod des Patienten kommen.
6. Was ist eine Pododemodikose?
Die Pododemodikose (Demodikose der Pfoten) kann entweder als Relikt (Überbleibsel) einer früheren generalisierten
Demodikose oder als eigenständiges Problem ohne Veränderungen am restlichen Körper auftreten.
In allen Fällen von Entzündungen im Pfotenbereich sollte eine Demodikose als mögliche Ursache mit in Betracht
gezogen und entsprechende Untersuchungen durchgeführt werden.
Stark geschwollene, außerordentich schmerzhafte Pfoten mit tiefen bakteriellen Infektionen und wechselnden
Lahmheiten infolge einer Pododemodikose sind bei großen Rassen wie Neufundländer, Bernhardiner, Deutschn
Dogge und Bobtail, aber auch beim Westhighland White-Terrier nicht selten.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Die Diagnose einer Demodikose wird in aller Regel über eine mikroskopische Untersuchung von tiefen
Hautgeschabseln, welchen ein Tropfen Mineralöl beigefügt wurde, gestellt, und zwar unmittelbar(!) nach deren
Entnahme. Die Proben werden auf Objektträger verbracht, mit einem Deckgläschen abgedeckt und bei 100facher
Vergrößerung mikroskopisch untersucht.
Bei manchen Rassen (Shar-Pei) und Lokalisationen (z.B. Pfoten) sowie bei stark verdickter Haut können Geschabsel
trotz korrekter Entnahmetechnik negativ sein. In diesen Fällen sollten Hautbiopsien (Gewebeproben) entnommen und
auf Demodexmilben untersucht werden.
Eine weitere nur im positiven Fall beweisende diagnostische Methode stellt die mikroskopische Untersuchung von
ausgezupften Haaren dar, an deren Wurzeln gelegentlich auch Demodexmilben oder deren Eier nachzuweisen sind.
Im Gegensatz zu anderen Milbenarten ist der mikroskopische Nachweis einer adulten, toten Demodexmilbe nicht
ausreichend für die Diagnose „Demodikose“. Hierfür sind mehrere lebende Milben, am besten mit Jugendstadien,
erforderlich.
Warum ist die korrekte Einordnung in die verschiedenen Formen der Demodikose, vor allem die lokalisierte
oder generalisierte Demodikose wichtig?
Da sowohl die Therapie als auch die Prognose bei den verschiedenen Formen der Demodikose sehr unterschiedlich
sind, ist eine korrekte Diagnose unerlässlich („Demodikose“ allein reicht nicht!)! Ein Zuchtausschluß wird nur bei der
generalisierten Form des jungen Hundes empfohlen.
Wie wird behandelt?
Grundsätzlich gilt für alle Formen, daß jegliche Cortisonpräparate wegen ihrer weiteren Verminderung der
Hautabwehr kontraindiziert sind und sofort abgesetzt werden müssen.
Die lokalisierte Form der Demodikose braucht nicht mit akariziden Mitteln therapiert zu werden, da sie, wie bereits
erwähnt, in etwa 90 % der Fälle spontan binnen 3 - 8 Wochen abheilt. Man beschränkt sich auf die Suche nach einer
möglichen Immunsuppression (z.B. Verwurmung) und korrigiert diese. Regelmäßige Kontrollgeschabsel (alle 10 - 14
Tage) sollten auf jeden Fall durchgeführt werden.
Die Behandlung der generalisierten Demodikose ist langwierig (mindestens 4-6 Monate) und bedarf einer besonders
intensiven Zusammenarbeit zwischen Tierhalter und Tierarzt. Die meisten angeblichen „resistenten Fälle“ sind in
Wirklichkeit nur nicht lange und intensiv genug behandelt worden.
Neben der Behandlung der Demodexmilben mit geeigneten Mitteln (als Waschungen oder evtl. systemisch) muß bei
der generalisierten Demodikose unbedingt auch die sekundäre bakterielle Infektion mit geeigneten hautwirksamen
Antibiotika in Tablettenform und geeigneten antibakteriellen Shampoos behandelt werden. Bei langhaarigen Hunden
und tiefen, fistelnden Veränderungen sollte falls möglich das Haarkleid ausgeschoren werden. Dazu erfolgt
normalerweise eine Sedierung des Patienten.
Wie sehen die Kontrolluntersuchungen aus?
Alle 2-4 Wochen werden die Patienten sorgfältig untersucht und Hautgeschabsel entnommen (möglichst immer vom
gleichen Untersucher und immer an den gleichen Stellen!). Dabei werden die Gesamtzahl der Milben, das Verhältnis
lebende:tote Milben und das Verhältnis erwachsene Milben:Jugendstadien insbesondere beurteilt.
Die klinische Besserung bzw. Heilung (in diesem Falle Nachwachsen von Haaren) setzt schon ein, wenn in den
Hautgeschabsel noch Milben nachweisbar sind. Die Behandlung dagegen wird so lange weitergeführt, bis
mindestens 2x die Hautgeschabseln negativ waren, sonst sind Rückfälle vorprogrammiert!
Diesen Artikel finden Sie bei Tierklinik Birkenfeld unter:
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Weitere Informationen zu wichtigen Hauterkrankungen bei Kleintieren finden Sie unter
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