Breslau - Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie
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Breslau - Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie
Studieren an der Universität Wroclaw im Rahmen des ERASMUS-Programms Erfahrungsbericht von Martin Gey (Kontakt: [email protected]) Im akademischen Jahr 2006/2007 hatte ich die Möglichkeit, für zwei Semester an der Universität Wroclaw als ERASMUS-Student zu studieren. Ich hatte mich aus verschiedenen Gründen für einen Auslandsaufenthalt in Polen entschieden. Mich interessierte Polen als neuer Mitgliedsstaat der Europäischen Union, das alltägliche Leben der Menschen nach den tiefgreifenden Transformationsprozessen sowie das besondere Verhältnis zwischen Polen und Deutschland. Hinzu traten familiäre und freundschaftliche Bindungen nach Polen sowie die Empfehlung meiner Projektbeauftragten am Institut für Politikwissenschaft, man fände ein gutes Angebot englischsprachiger Kurse für die Austauschstudenten vor. Letzteres war für mich auch von Bedeutung, da ich erst in Wroclaw begann, mich intensiver mit der polnischen Sprache zu beschäftigen. Vor meinem Aufenthalt in Polen hatte ich lediglich an einem Sprachkurs an der Leipziger Volkshochschule teilgenommen. Auch wenn mir dieser nur einen Teil der Grundlagen vermitteln konnte, so war es doch eine gute Hilfestellung und eine Vorbereitung auf Standardsituationen im Alltag. Ich empfehle jedem, der zukünftig eine Zeit lang in Polen lebt, wenigstens mit einer Grundidee von der Sprache in das Land zu gehen. Die Vorstellung, man würde mit Englisch alle Situationen meistern, wird sich nicht bewahrheiten. In Wroclaw begann ich Mitte September 2006 einen zweiwöchigen Intensivsprachkurs, der für die Austauschstudierenden kostenfrei war. Dieser Kurs war sehr gut, da er einerseits an meinen Volkshochschulkurs anknüpfte und „Polnisch zum Überleben“ vermittelte. Andererseits diente der Sprachkurs dazu, mit den anderen ERASMUSStudenten in Kontakt zu kommen und gemeinsam die Stadt, ihre Kneipen, Restaurants und Clubs kennen zu lernen. Im folgenden Wintersemester nahm ich an einem Sprachkurs der Schule für polnische Sprache und Kultur der Universität Wroclaw teil, der ebenfalls kostenfrei war. Ich persönlich war mit diesem Kurs nicht zufrieden, da er wenig Wert auf Konversation lag und stattdessen auf ziemlich trockene und stupide Art und Weise versuchte, Grammatik zu vermitteln. Viele andere Erasmi waren im Gegensatz zu mir und meinen „Kurskollegen“ zufrieden. In der Konsequenz entschied ich mich, im zweiten Semester einen Kurs an einer privaten Sprachschule zu belegen, der zwar etwa 190 Euro für die gleiche Stundenanzahl (60 Unterrichtsstunden) kostete, aber dafür auch in einer Kleingruppe (4 Personen) stattfand und sich durch ein ausgewogenes Konversation-Grammatik-Verhältnis auszeichnete. Polnisch zu lernen braucht sehr viel Zeit. Hilfreich waren auch die zahlreichen Treffen mit meinen Tandem-Partnern. Die kostenfreien Sprachkurse waren nur zwei Aspekte der Betreuung der Austauschstudenten an der Universität Wroclaw. Die MitarbeiterInnen des International Relations Office habe ich als motiviert, zu jeder Zeit freundlich und hilfsbereit erlebt. Des 1 Weiteren gibt es eine Gruppe von Studenten, die Wroclaw2-Group, die im Verlauf meines Aufenthaltes eine Vielzahl von Aktivitäten organisiert hat: größtenteils Parties und unterschiedliche Ausflüge. Zu Beginn bekam ich eine Tutorin an meine Seite, die mir bei Fragen organisatorischer Art zur Seite stand. Auch in Bezug auf das Lehrangebot für Austauschstudenten habe ich die Universität Wroclaw als sehr gut aufgestellt erfahren. Etwa 40 Kurse werden in englischer Sprache angeboten, von denen der Großteil an der Sozialwissenschaftlichen Fakultät, die leider relativ weit von der Innenstadt entfernt liegt, stattfindet. An dem dort integrierten Institut für Internationale Beziehungen war ich eingeschrieben. Ich besuchte hauptsächlich Veranstaltungen, die an den Instituten für Internationale Beziehungen bzw. Politikwissenschaft angeboten wurden: beispielsweise zu den Themen „Deutsch-Polnische Beziehungen“, „Polnische Außenpolitik“, „Europaskepsis in West- und Osteuropa in vergleichender Perspektive“ und „Einflüsse von Migrationsprozessen in Europa“. Aber auch meine Nebenfächer (Kommunikations- und Medienwissenschaft sowie Volkswirtschaftslehre) konnte ich an der Universität Wroclaw studieren. So belegte ich Kurse im Bereich „Internationale Kommunikation“ sowie „Probleme der polnischen Wirtschaftspolitik“. Bei der Beurteilung der Lehre für Austauschstudierende sollte man aus meiner Sicht differenziert vorgehen. Ich habe Kurse belegt, die hinter meinen Erwartungen zurückgeblieben sind, andere haben meine Erwartungen erfüllt, da anspruchsvolle Texte auf Englisch zu lesen waren und es dem Dozenten gelang, ein spannendes Seminar mit guten Diskussionen zu den Inhalten der Texte und darüber hinaus zu organisieren. In anderen Seminaren wurden die Themen nur sehr oberflächlich diskutiert. Insgesamt komme ich aber zu dem Schluss, dass es an der Universität Wroclaw gut möglich ist, einen inhaltlich ausgewogenen und interessanten Semesterplan nach den jeweiligen individuellen Interessen zusammen zu stellen. Wroclaw ist eine Studentenstadt, die unglaublich viel bietet. Bei einer Vielzahl von Kneipen, Clubs, Theater etc. hat man vielfältige Möglichkeiten, einprägsame und unvergessliche Monate in der Stadt an der Oder zu verbringen. „Touristische Höhepunkte“ sind beispielsweise sind neben einem ausgiebigen Spaziergang durch die wunderschöne Altstadt die Dominsel, das Hauptgebäude der Universität sowie der Alte Jüdische Friedhof. Zu empfehlen sind auch ein Spaziergang an der Oder oder zu der Jahrhunderthalle. An dem zur Universität gehörenden Willy-Brandt-Zentrum sowie im Edith-Stein-Haus finden in unregelmäßigen Abständen öffentliche Vorträge bzw. Buchvorstellungen und andere Kulturveranstaltungen statt, in deren Fokus auch die Beziehungen zwischen Polen und Deutschland stehen. Ich selbst habe während der beiden Semester im Studentenwohnheim „Olowek“ in einem Einzelzimmer gewohnt. Diese Variante ist sicher nicht die preisgünstigste (Einzelzimmer: knapp 170 Euro) und hat Vor- und Nachteile. Größter Vorteil ist die Nähe zu den anderen ERASMUS-Studenten – größter Nachteil sind die „Spielregeln“, die im Wohnheim 2 einzuhalten sind: Schließzeit zwischen 2 Uhr und 3 Uhr, Gäste müssen ihren Ausweis abgeben, Zimmer für Besucher sind nur schwer zu bekommen und der Besuch muss, wenn er im eigenen Zimmer übernachtet auch etwas bezahlen. Die Suche nach einer polnischen Wohngemeinschaft ist die Alternative, die von einigen Austauschstudenten vorgezogen wurde; dies auch unter dem Aspekt, die polnische Sprache zu lernen. Dies ist in einem Wohnheim mit internationalen Studenten sicher schwieriger. Das Internationale natürlich auch gleichzeitig das Reizvolle. Für mich war es eine sehr positive Erfahrung, für zwei Semester an der Universität Wroclaw zu studieren. Diese Zeit ermöglichte mir, die unterschiedlichsten Leute aus verschiedenen Ländern kennen zu lernen, etwas über deren Länder, Kulturen und Sichtweisen aus erster Hand zu erfahren. Ich habe Polen insgesamt als sehr gastfreundliches Land kennengelernt. Von Wroclaw aus besuchte ich unter anderem Warschau, Krakau und Torun. Den Großteil der Polen, den ich getroffen habe, nahm ich als sehr gastfreundlich, aufgeschlossen und an Ausländern interessiert wahr. 3 Instytut Studiów Miedzynarodowych (ISM) we Wrocławiu Im WS 2003/4 war ich als ERASMUS-Student in Breslau (Wrocław) am Institut für Internationale Studien (Instytut Studiów Miedzynarodowych, ISM). Ich wählte den Studienort Breslau (Wrocław), nachdem ich zuvor dort ein Praktikum sowie einen Sprachkurs in Oppeln (Opole) absolviert hatte. Die Stadt kannte ich somit ein wenig, jedoch nicht von der Seite, als die sich zeigt, wenn man dort studiert und sich dementsprechend länger und intensiver mit ihr auseinandersetzen kann. Nach einem vierwöchigen Intensiv-Sprachkurs an der Universität Krakau (Kraków), der durch das Akademische Auslandsamt der Universität Leipzig sowie den DAAD finanziert wurde, kam ich an meinen Studienort. Und es zeigte sich, dass die vielen Dokumente, die ich vor Antritt des Studiums auszufüllen hatte, ihre positive Wirkung nicht verfehlten. Untergebracht war ich in einem Wohnheim, dass außer den ERASMUSStudenten auch einheimische Studenten beherbergte. Mit dreien von ihnen teilte ich mir „ein Modul“ (möblierte Wohnung mit Balkon und Internetanschluss), was ungemein spannend und angenehm war. Somit hatte ich immer jemanden zur Seite, den ich um Rat fragen konnte, entweder bei Fragen zur Stadt, wichtigen Informationen zur Hausverwaltung etc. oder wenn es nur um sprachliche Ausdrücke oder Formulierungen ging. Diese waren wichtig, weil ich neben dem Studium einen Sprachkurs belegt hatte, wie alle anderen ERASMUS-Studenten auch. Lernen und Gelerntes später bei diversen Gesprächen (z.B. mit der Tandempartnerin), Parties oder an der Uni anwenden. So zumindest könnte das Motto gelautet haben. Das Studium selbst gestaltete sich durchaus positiv, belegte ich doch Kurse nach meiner Wahl. Zum Beispiel gab es einen Kurs, der sich aus politikwissenschaftlicher Sicht ausschließlich mit Polen und seiner jüngsten Transformationsgeschichte befasste. Darüber hinaus gab es Kurse zu Themen wie dem Internationalen Terrorismus, Marketing in der Politik oder die polnische Wirtschaft im Zeitalter der Globalisierung. Unterrichtet wurden wir in englischer Sprache. Einerseits war es sehr entgegenkommend, andererseits muss man beispielsweise in Spanien als ausländischer „Studiosus“ in der Landessprache studieren. Und das alles vor dem Hintergrund, dass man mit Studenten aus (fast) ganz Europa diskutieren konnte. Gerade dieser Aspekt war für mich neben dem Studium ungemein wichtig. Die Erfahrungen und Erlebnisse mit anderen auszutauschen. Dieses Interesse war auch den Lehrenden anzumerken. Daneben war es erstaunlich, welche Aufmerksamkeit uns von den polnischen Studenten entgegengebracht wurde. 1 Nicht nur, dass es in Breslau eine Gruppe von Studenten gibt, die sich um die ERASMUSGruppe wirklich engagiert kümmert (parallel zu ihrem Studium und unentgeltlich), sondern auch bei anderen Gelegenheiten, beispielsweise in der Mensa, beim Fußball oder schlicht, während man gemeinsam eine Zigarette rauchte. Dieser wunderbare Rahmen, der sich bis hin zum Büro für Internationale Angelegenheiten der Universität erstreckte, war die Basis für einen gut organisierten Aufenthalt. Hatte man Fragen jeglicher Natur, ob nun zu Aufenthaltsgenehmigungen oder anderen bürokratischen Dingen, man wusste an wen man sich zu wenden hatte. Es folgten Ausflüge, Parties oder Besuche in Museen. Und mit der Tandempartnerin traf ich mich zumeist auf einen Kaffee oder wir gingen ins Kino. Die Stadt selbst, herrlich an der Oder gelegen, nahm ich nun mit anderen Augen wahr. Sie ist zu Fuß sehr gut zu erkunden (lediglich für den Weg zum Institut ist man auf den Bus angewiesen) und bietet viele Möglichkeiten des Zeitvertreibs, ob nun für einen Besuch im wunderschönen Botanischen Garten (im Winter ein wenig kühl), in den zahlreichen Kirchen (Pflicht ist der Dom und die gleichnamige Insel), einen Spaziergang an der Oder, oder die zahlreichen Cafés und Pub`s am Ring (Rynek) sowie dem Salzplatz (Plac Solny) und drum herum. All das und vieles mehr macht die Stadt attraktiv und verleiht ihr einen besonderen Flair. Sicher, Polnisch ist keine leichte Sprache (gibt es so etwas überhaupt?) und auch die Menschen sowie die Umgebung sind neu, doch war dies gerade der Reiz, der mich bewog, mich für das ERASMUS-Programm zu bewerben. Die vielen, zu über neunzig Prozent positiven Eindrücke und Erfahrungen, von Breslau und Krakau, sowie im Anschluss bei einem mehrmonatigen Praktikum in Warschau, werde ich so schnell nicht vergessen. Abschließend noch ein Wort zu den dortigen Studienbedingungen, welche auch hier in Leipzig zunehmend an Brisanz gewinnen. Nach meinen Aufenthalt kann ich sagen, dass das ERASMUS-Studium nicht dem hiesigen entspricht. Gründe gibt es viele. Nicht zuletzt auch die unterschiedlichen Voraussetzungen und Qualifikationen der einzelnen Teilnehmer ergeben ein Niveau, dass es offensichtlich erschwert, einen höheren Grad in der Lehre zu bewerkstelligen. Mit der sich dazu gesellenden offensichtlichen Überlastung der Dozenten (vor allem vor dem Hintergrund finanzieller Schwierigkeiten zu betrachten) ergeben sich Bedingungen, die gelegentlich Ärger bereiten. Nichtsdestotrotz sollte man die Chance des Auslandsaufenthaltes in unserem östlichen Nachbarland „am Schopfe packen“, wie gemeinhin gesagt wird. Der vielleicht wichtigste Grund dafür ist, ein Verständnis für die Menschen und das Land zu entwickeln, woran es hier zu Lande noch oftmals mangelt. Diesen Sachverhalt nicht nur zu akzeptieren, sondern 2 vielmehr durch eigenes Zutun zu ändern, dafür ist Breslau vielleicht einer der besten Städte in Polen überhaupt. 3 Erfahrungsbericht Auslandstudienjahr 2006-2007 an der Universitaet Wrocław Von Luise Strothmann, Studentin der Diplom-Journalistik und Politikwissenschaft and der Universitaet Leipzig seit dem WS 04, Erasmus-Studentin an der Universitaet Wrocław WS 06/07 und SoSe 07, GO-EAST-Stipendiatin WS 06/07 Polen Die Entscheidung zum Auslandssemester nach Polen zu gehen ist immer noch eine eher ungewoehnliche, bei der man Fragen wie "Warum das?" gestellt bekommt. Fuer viele der hiesigen Erasmusstudenten war der Grund sich fuer Polen zu entscheiden gerade dieser - eben nicht auf den abgetretenen Pfaden nach Frankreich oder England zu gehen, sondern ein Nachbarland zu entdecken, was die meisten von uns noch nicht so gut kennen. Eine Freundin und ehemalige Erasmusstudentin schrieb mir vor dem Aufenthalt "Polen ist ein spannendes und spannungsreiches Land." - das deckt sich mit meinen Erfahrungen. Auch wenn Polen nicht so "exotisch" ist wie manches Stereotyp besagt, sondern sehr westlich orientiert, kommt man auf jeden Fall in ein Land in dem die Transformations- und Orientierungsprozesse noch auf der Strasse spuerbar sind, mit allen ethischen und lebenspraktischen Fragen, die dies fuer die junge Generation einbezieht. Und da Polen touristisch immer noch eher ein Geheimtipp ist (abgesehen von Kraków) lasst sich hier wirklich noch vieles erkunden. Auch ein Grossteil der gesellschaftlichen Entwicklungen im Land findet nicht den Weg in die Westeuropaeische Presse und bleibt damit ein Feld fuer eigenes Entdecken vor Ort. Ich persoenlich bin im Nachhinein sehr froh, mich fuer Polen entschieden zu haben - vieles ist mir ans Herz gewachsen, aber es geht nicht darum, dass ich alles hier mag, sondern vielmehr, dass der intensivere Blick nach Zentral- und Osteuropa meiner Meinung nach wirklich persoenlich horizonterweiternd sein kann. Wroclaw Wrocław ist eine sehr europaeische Stadt. Polen ist heute ein sehr homogenes Land, jedoch kreierte die Stadt Wrocław heute sich resultierend aus ihrer wechselvollen Geschichte das Image eines Ort des kulturellen Austauschs. Meiner Meinung nach eignet sich Wrocław hevorragend fuer ein Austauschjahr: Es ist eine Grossstadt mir allen Moeglichkeiten, die dieses Wort beinhaltet, besonders aber mit einer lebendigen jungen Kulturszene. Es ist eine Studentenstadt mit etwa 10 Hochschulen und ueber 100.000 Studenten. Und doch ist das Stadtzentrum klein und ueberschaubar, die Wege kurz, man trifft sich also auch zufaellig auf der Strasse. Die Stadt vereint viele Gegensaetze - von der wunderschoen restaurierten Altstadt bis zu verfallenen Altbautenund Plattenbauten - und die Oder gibt der Stadt einen sehr eigenen Charakter. Wer allerdings eine moeglichst intensive Kulturerfahrung anstrebt, also Zeit an einem Ort verbringen will, der sich moeglichst stark von deutschen Staedten unterscheidet, fuer den mag Wrocław unter den polnischen Staedten nicht erste Wahl sein, kulturelle Authentizitaet in dieser Bedeutung findet man moeglicherweise staerker praesent in ostpolnischen Staedten wie Lublin, oder in oberschlesischen wie Gliwice. Unter polnischen Studenten hat Wrocław jedoch zweifellos den Ruf eine der beliebtesten UniStaedte Polens zu sein, es gibt sogar Leute, die meinen, Wrocław werde gerade zu der allerbeliebtesten. Ich persoenlich habe Wrocław als Stadt sehr ins Herz geschlossen und fuehle mich hier sehr wohl, wenngleich ich das Gefuehl habe, dass es auch eine gute Entscheidung haette sein koennen in eine Stadt mit weniger Popularitaet und weniger Deutschlandbezug zu gehen - das macht es einem zwar zu Beginn um vieles leichter, man fuehlt sich jedoch dadurch auch manchmal eben "wie zu Hause". Dennoch war Wrocław fuer mich definitiv die richtige Wahl und die Stadt verdient die Aufmerksamkeit von Erasmusstudenten. Wohnen Jeder internationale Studierende an der Universitaet Wrocław bekommt normalerweise auf Wunsch einen Platz im Studentenwohnheim Ołówek (sprich etwa "Owuweck", deutsch "Bleistift"). Das Ołówek ist ein Hochhaus mit 18 Stockwerken nicht weit vom Stadtzentrum das aus Zweiraum-WGs mit Kueche und Bad besteht. Normalerweise sind alle Zimmer Doppelzimmer (generell ist es in Polen unter Studenten im Gegensatz zu Deutschland sehr ueblich im Doppelzimmer zu wohnen), viele internationale Studenten haben jedoch Einzelzimmer, was bedeutet das ein Bett aus dem Zimmer herausgenommen wird und sie den doppelten Preis bezahlen. Alle Raeme haben einen kleinen Balkon, sind moebiliert und zwar schlicht, aber durchaus ausreichend ausgestattet. Das Leben im Ołówek hat Vorteile: Man erspart sich aufwendige Wohnungssuche; weil die meisten internationalen Studierenden hier wohnen, konzentriert sich im Ołówek das Erasmusleben (Flurpartys), die Lage am Park, der Ausblick nachts aus dem 16 Stock. Gleichzeitig hat es auch deutliche Nachteile: Fuer Uebernachtungsgaeste muss man bezahlen (nicht wenig!); AbendGaeste muessen am Eingang Dokumente abgeben, kommen nach 23 Uhr nicht mehr hinein und nach 2 Uhr nicht mehr hinaus; man selbst kommt zwischen 2 und 3 Uhr nicht ins Gebaeude; Waschen kann manchmal kompliziert werden und der internationale Studentenmikrokosmus verhindert bei so manchem das erlernen der polnischen Sprache. Die populaerste Alternative zum Ołówek ist wohl sich einen Platz in einer Studenten-WG in der Stadt zu suchen, auch ist hier ein Einzelzimmer oft billiger als im Ołówek. Die mit Abstand populaerste Seite fuer diese Suche ist dlastudenta.pl. Man sollte sich allerdings keine Illusionen ueber den Wohnungsmarkt in Wrocław machen. Es herrscht Wohnungsmangel, im Oktober sucht zudem ganz Wrocław eine Wohnung. Gerade Einzelzimmer gibt es nicht gerade im Ueberangebot. Auch sind die Preise zwar niedriger als in Deutschland, jedoch ist der Unterschied zu billigen ostdeutschen Studentenstaedten nicht gross. Sicher hat ein Zimmer zu Semesterbeginn wer bereit ist, den Sommer zum halben Preis mitzubezahlen. Trotz schwieriger Wohnugnssituation und teilweise schlechten Wohnumstaenden haben immer noch alle mir bekannten Erasmusstudenten, die eine Wohnung gesucht haben auch eine gefunden und es gibt wunderbare Altbauwohnungen in Wrocław. Hierfuer sollte man im Viertel Sródmieśćie suchen. Auch hat sich das Ausziehen bei vielen fuer den Kontakt mit Polen bewaehrt. Ich habe im Ołówek und in verschiedenen Wohnungen in der Stadt gewohnt und meiner Meinung nach hat sich jeder dieser Schritte gelohnt, da jeder Wohnort eine eigene Kulturerfahrung ist - vom ErasmusStudentenwohnheim, uber ein Acht-Quadratmeter-Doppelzimmer im polnischen Plattenbauviertel, bis zu einer Studenten-WG in einem teilsanierten Altbau an der Oder. Betreuung Die Betreuung von internationalen Studierenden in Wrocław ist ohne Frage hervorragend. Es ist spuerbar, dasses fuer Polen noch nciht selbstverstaendlich ist, dass sich auslaendische Studenten fuer ihr Land entscheiden. Die Mitarbeiterin des International Relations Office, genannt Erasmus Office, kuemmern sich in vorbildlichster Weise um die Studenten. Man bekommt hier jeden denkbare Unterstuetzung, in unserem Erasmusjahr wurden sogar verschiedene Projektideen von uns Erasmusstudenten finanziell unterstuetzt. Sehr hilfreich ist das vom hiesigen Willy Brandt Zentrum herausgegebene Jungle Book fuer internationale Studenten, das auch Online existiert - http://www.junglebook.uni.wroc.pl/ - hier findet man fast alle Informationen, die man vorab benoetigt. Weiterhin sehr hilfreich ist die Yahoogroup [email protected], in der fast alle Erasmusstudenten eingetragen sind und die als offene Mailinglist benutzt wird. Hier wird man besonders darueber informiert, was momentan in Wrocław los ist und wo die Erasmus-Community feiert. Freiwillige studentische Betreuer organisieren weiterhin fuer internationale Studierende diverse Ausfluege und wer moechte kann sich einen persoenlichen polnischen Tutor zuordnen lassen. In Wrocław sollte also niemand verloren gehen. Ich selbst war in Wrocław manchmal positiv erstaunt darueber, was fuer ein herzliches Verhaeltnis die Erasmus-Betreuer zu "ihren" internationalen Studenten pflegen. Ich habe mich sehr gut betreut gefuehlt und hatte vor allem nicht nur im Bezug auf das Erasmusbuero, sondern auch im Bezug auf andere Kulturinstitutionen (Edit-Stein-Haus, Stiftung Haus des Friedens) das Gefuehl, dass man hier wirklich einen Raum hat in dem man das Realisieren von Ideen ausprobieren kann. Ich habe in meinem ErasmusJahr zum Beispiel mit Freunden gemeinsam eine Sendung im Universitaetsradio gehabt, einen ErasmusPhoto Wettbewerb mit Ausstellung organisiert und an einem Ungarisch-Polnisch-Deutschen GeschichtsProjekt teilgenommen und fuer alle Ideen dieser Art wirklich die groesstmoegliche Unterstuetzung vor Ort bekommen (z.B. Ausstellungsraeume umsonst). Diese offenen Strukturen in Wrocław sollte man nutzen. Studium Die Universtiaet Wrocław bietet fuer internationale Studierende ein spezielles Program von interdisziplinaeren Studien auf Englisch an. Am meisten Veranstaltungen finden sich hier im sozialwissenschaftlichen Bereich. Aus dem Angebot an Seminaren kann jeder Student selbst sein Studienprogramm zusammenstellen. Die Veranstaltungen werden von polnsichen Dozenten an den jeweiligen Instituten gegeben - die Politikwissenschaft, Philosophie, Soziologie und Internationale Studien befinden sich etwas ausserhalb, die meisten anderen Institute im Stadtzentrum. Von den Studienverhaeltnissen her betrachtet trifft man hier auf sehr gute Verhaeltnisse: Die Veranstaltungen sind fast ausschliesslich Seminare mit 10 bis 20 Teilnehmern; fast immer sind kritische Seminardiskussionen, Lektuere, Referate bzw. Essays gewuenscht. Gleichzeitig ist das wissenschaftliche Niveau der Kurse allerdings sehr durchwachsen - was allerdings meist mehr an der fehlenden Seminarvorbereitung der Erasmusstudenten als am Dozenten liegt. Die Themen der Veranstaltungen sind definitiv groesstenteils sehr aktuell und interessant, da viele von Doktoranten gegeben werden. Gleichzeitig steht es Studenten offen an polnischen Seminaren ihrer Fachrichtung teilzunehmen. Fast alle Dozenten sind dafuer sehr sehr offen. Hier gibt es auch Vorlesungen. Fuer deutsche Studierende bietet das Willy Brandt Zentrum fuer Deutschland und Europastudien auch vereinzelt Veranstaltungen in deutscher Sprache an, die es sich zu besuchen lohnt. Ich habe das Gefuehl ich habe in meinem Jahr in Wrocław viel gelernt, aber das meiste habe ich wohl nicht in der Universitaet gelernt, sondern eben im Diskutieren mit Menschen aus verschiedenen Laendern, beim Zuhoeren ueber polnische Verhaeltnisse usw. Es gab einige gute Kurse, aber eben auch eine Reihe mittelmaessiger und es ist mir vor allem wichtig zu erwaehnen, dass das wichtigste, will man etwas aus den Veranstaltungen hier mitnehmen, ist, sich selbst Zeit fuer die Seminarvorbereitung zu geben, denn die Texte sind meist gut ausgewahlt und erkenntnisreich. Passt die Konstellation der Seminarteilnehmer kann ein Kurs sehr erhellend sein, aber in meinem Erasmusjahr kann ich das leider nicht von allen meiner Seminare sagen. Gefallen hat mir, dass der Interdisziplinaeritaets-Ansatz der englischen Seminare. Mein Studienschwerpunkt lag vor allem auf politikwissenschaftlichen und kommunikationswissenschaftlichen Seminaren. Allerdings habe ich das Gefuehl, dass mir dadurch, dass uns Seminare aus einem sehr breiten Spektrum angeboten wurden, nochmal ein bisschen Anschub gegeben wurde nicht zu stark in den universitaeren Tunnelblick der Fachrichtung zu verfallen, sondern auch darueber hinaus Seminare zu besuchen. Sprache Polnisch ist eine der schwersten, wenn nicht sogar die schwerste slawische Sprache. Das hat den Vorteil, dass man sich mit ihr eine hervorragende Tuer zu dieser Sprachfamilie erarbeitet, allerdings den Nachteil, dass man sich mit vielen grammatikalischen Ungeheuern herumschlagen muss. Dennoch es lohnt sich! Man kommt in Wrocław mit Englisch und paar elementaren Brocken Polnisch irgendwie zurecht, allerdings oeffnet sich denjenigen, die es wirklich versuchen, durch die Moeglichkeit wirklich zu kommunizieren noch ein ganz anderer Blick auf das Land. Die Universitaet Wrocław bietet vor Semesterbeginn einen kostenlosen zweiwoechigen Intensivsprachkurs an. Er ist in Ordnung und dient vor allem schon sehr der Erasmus-Integration, doch prestigetraechtigere Intensivsprachkurse findet man in Torun, Katowice und ganz besonders in Kraków. Waehrend des Semesters bietet die Universitaet jedem Erasmusstudenten die Moeglichkeit kostenlos zwei Mal woechentlich 90 min Polnisch-Sprachkurs in seinem jeweiligen Niveau zu erhalten. Auch ist es kein Problem vor Ort einen Tandem-Partner zu finden, bei Bedarf wird er auch von der Universitaet vermittelt. Ich wuerde jedem empfehlen, so frueh wie moeglich anzufangen Polnisch zu lernen, denn ich habe noch niemanden kennengelernt, der ohne Kenntnisse ankam und die Sprache nach einem Jahr fehlerfrei berherrschte. Allerdings soll das nicht entmutigen - man kann es ohne Zweifel durch viel Alltags-Kontakt mit Polen zu einem annehmbaren Niveau bringen. Ich habe vor meiner Abreise ein Semester Polnisch gelernt, kam aber dennoch natuerlich weitgehend ohne Kenntnisse an. Ich bin allerdings froh, dass ich mich bemueht habe, die Sprache zu erlernen, denn ich habe das Gefuehl, ohne Polnisch haette ich nur halbsoviel von meiner Zeit in Polen mitgenommen. Persoenliches Fazit Ich bin sehr froh, dass ich ein Jahr an der Universitaet Wroclaw verbringen durfte und habe das Gefuehl, es hat mich in vielerleit hinsicht weitergebracht. Ich bin nun noch sehr viel neugieriger auf Mittel- und Osteuropa auch wenn ich gleichzeitig erlebt habe, wie nah Polen Deutschland dennoch ist. Alle so verschiedenen Erfahrungen - vom Erleben der unglaublich herzlichen polnischen Gastfreundschaft und ihrer Offenheit gegenueber auslaendischen Studierenden auf der einen Seite bis hin zu Diskussionen ueber Homophobie und die aktuelle polnische Regierung auf der anderen Seite formen fuer mich die Erfahrung eines spannenden Landes voller Spannungen. Und ich bin froh hier ein Jahr studiert und gleichzeitig die internationale Erasmus-Kultur erlebt haben zu koennen.