2. Textanalyse und -interpretation (S. 23)
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2. Textanalyse und -interpretation (S. 23)
Inhalt Vorwort 1. Ödön von Horvath: Leben und Werk 1.1 Biografie 1.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund 1.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken 2. Textanalyse und - interpretation 2.1 Entstehung und Quellen 2.2 Inhaltsangabe 2.3 Aufbau 2.4 Personenkonstellation und Charakteristiken 2.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen 2.6 Stil und Sprache 2.7 Interpretationsansätze 3. Themen und Aufgaben 4. Rezeptionsgeschichte 5. Materialien Literatur 4 6 8 8 14 20 24 24 29 60 64 83 85 88 96 98 101 105 2. Textanalyse und -interpretation (S. 23) 2.1 Entstehung und Quellen Ödön von Horváth schrieb seinen Roman Jugend ohne Gott innerhalb von nur zwei Wochen in der zweiten Julihälfte 1937 in Henndorf bei Salzburg, wohin er 1936 gezogen war. In Deutschland war Horváth nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 eine unerwünschte Person. Seine Stücke durften nicht mehr auf deutschen Bühnen aufgeführt werden. Zwei geplante Aufführungen, u. a. die Uraufführung von Glaube, Liebe, Hoffnung in Berlin, mussten abgesagt werden. Neben dem Verlust seines „Podiums Berlin" bedeutete das für Horváth aber auch eine starke finanzielle Einbuße. Er verließ Berlin und ging nach Murnau, wo seine Eltern lebten. Als die SA das Haus seiner Eltern durchsuchte, floh Horváth nach Österreich. In Budapest ließ er seine ungarische Staatsangehörigkeit erneuern. Ansonsten lebte er in Wien und Salzburg. Seine Rückkehr 1934 nach Berlin mit der Hoffnung, dort wieder arbeiten zu können, wurde enttäuscht. Horváth war unerwünscht und musste nach kurzem Aufenthalt wieder abreisen. Danach lebte er zeitweise in Budapest (um seine ungarische Staatsbürgerschaft zu sichern) und in Wien, bevor er sich 1936 in Henndorf bei Salzburg niederließ. Hier im österreichischen Exil im Haus seines Freundes Carl Zuckmayer (1896– 1977) setzte eine kreative Schaffensphase ein: Innerhalb eines Jahres schrieb Horváth allein fünf Theaterstücke. 1937 verfasste er innerhalb weniger Wochen seine beiden letzten Romane Jugend ohne Gott und Ein Kind unserer Zeit. Dass diese enorme Schaffenskraft auch durchaus pragmatische Gründe hatte, zeigt folgende Bemerkung Horváths, die er kurz nach Fertigstellung von Jugend ohne Gott schrieb: „Ich muß dies Buch ... schreiben. Es eilt, es eilt! Ich habe keine Zeit, dicke Bücher zu lesen, denn ich bin arm und muß arbeiten, um Geld zu verdienen, um essen zu können, zu schlafen. Auch ich bin nur ein Kind meiner Zeit." Unter welchen Bedingungen Horváth seinen Roman Jugend ohne Gott schreiben musste, vermittelt auch ein Brief seiner Freundin Wera Liessem (1913–1992), in dem sie u. a. schildert, dass Horváth nur sehr widerwillig und erst nach Intervention Zuckmayers dazu bereit gewesen sei, sein Manuskript noch einmal zu überarbeiten. Horváth habe es genügt, das Buch schon in Gedanken richtig durchgearbeitet zu haben. Es habe ihn vielmehr gedrängt, mit dem neuen Roman Ein Kind unserer Zeit zu beginnen. Nach der Durcharbeitung sei Horváth jedoch glücklich gewesen, dass seine Freunde ihn zu dieser Arbeit „getreten" hätten. Horváths Vorarbeiten zu Jugend ohne Gott gehen bis ins Jahr 1934 zurück. Zu nennen sind hier Entwürfe mit der späteren Kapitelüberschrift „Auf der Suche nach den Idealen der Menschheit", einige weitere handschriftliche Skizzen und besonders das Dramenfragment Der Lenz ist da! Ein Frühlingserwachen in unserer Zeit sowie ein ausführliches Exposé zu diesem Drama. Besonders das Dramenfragment Der Lenz ist da! weist starke Motivparallelen zum späteren Roman Jugend ohne Gott auf. So finden sich in beiden Werken Hinweise auf einen militaristischautoritären Staat, der sowohl die männlichen wie auch die weiblichen Jugendlichen auf den Krieg hin erzieht (Zeltlager). Aber auch das zentrale Motiv der Liebe sowie die Motivgruppe Soziales und Ökonomie und die damit verbundenen sozialkritischen Elemente finden sich in beiden Werken wieder.