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Weltweit unterwegs für Kinderrechte Werkstatt Ökonomie e.V. (Redaktion: Klaus Heidel), Obere Seegasse 18, 69124 Heidelberg Tel.: 06 221 – 720 296, Fax: 06 221 – 781 183, eMail: [email protected] www.globalmarch.de Materialien für den Unterricht und die Arbeit mit Jugendgruppen Liebe Leserin, lieber Leser, „Ausbildung statt Ausbeutung: Materialien für den Unterricht und die Arbeit mit Jugendgruppen“ wurde aus Anlaß des Global March Against Child Labour erstellt und bietet Bausteine an für die Schule und die Gruppenarbeit. Anliegen der Materialsammlung ist es, Schule und Aktionen in deren Umfeld zu verbinden. Der Global March bietet sowohl Anknüpfungspunkte für Lernerfahrungen zum Thema Kinderarbeit als auch eine Vielzahl von Beteiligungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Das gilt für alle Altersstufen; deshalb konzentriert sich die vorliegende Materialsammlung nicht auf eine Altersgruppe. Wir würden uns wünschen, daß das Thema in Verbindung mit dem Global March nach Möglichkeit fächerübergreifend behandelt wird; deshalb verzichten wir hier auf ausgearbeitete Unterrichtsverläufe. Zu den folgenden thematischen Bereichen will die Unterrichtsmappe Bausteine liefern: • Was ist Kinderarbeit? Wo arbeiten Kinder unter welchen Umständen, aus welchen Gründen und mit welchen Folgen? • Was kann man, können wir angesichts der Arbeit von Kindern tun? • Was will der Global March Against Child Labour und welche Möglichkeiten der Beteiligung gibt es? Nach zwei Kapiteln mit Hintergrundinformationen finden Sie dazu in diesem Begleitheft einige kurze Anregungen für die unterschiedlichen Klassenstufen (diese nur zur groben Orientierung) und Hinweise auf die entsprechenden Arbeitsmaterialien. Der Unterrichtsverlauf muß diesem Schema nicht unbedingt folgen: Wir empfehlen, den Global March als Rahmen zu nutzen und zum Beispiel mit dem Video „Lernen statt schuften“ (vom Start des Marsches in Manila) einen positiven und auf die handlungsorientierte Umsetzung der Lerninhalte hinführenden Einstieg ins Thema zu wählen. Es versteht sich von selbst, daß die Unterrichtsmappe alle Aspekte nur anreißen und keinesfalls erschöpfend behandeln kann. Deshalb sind im Anhang weitere Informations- und Unterrichtsmaterialien genannt. Im Interesse der Anschaulichkeit – gerade für jüngere Schülerinnen und Schüler – mag es sinnvoll sein, das Thema Kinderarbeit auf eine konkrete Branche bezogen zu behandeln; entsprechende Materialien finden Sie ebenfalls im Anhang. Wir hoffen, daß Ihnen die Unterrichtsmappe einige Hilfestellungen geben kann. Die besonderen Entstehungsbedingungen im Kontext einer laufenden Kampagne haben sicherlich Spuren hinterlassen. Um so dankbarer sind wir für Kritik und Anregungen. Uwe Kleinert, Werkstatt Ökonomie Impressum Die Mappe „Ausbildung statt Ausbeutung: Materialien für den Unterricht und die Arbeit mit Jugendgruppen“ wurde im Auftrag des Deutschen Bündnisses für den Global March zusammengestellt von der Werkstatt Ökonomie (Uwe Kleinert), Obere Seegasse 18, 69124 Heidelberg, Telefon (06221) 720296, Telefax (06221) 781183, E-mail [email protected] Heidelberg, April 1998 Die Erstellung der Mappe wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert. Hintergrundinformation 1: Der weltweite Marsch gegen Kinderarbeit Mindestens 250 Millionen Kinder zwischen fünf und 14 Jahren arbeiten nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in den Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas unter Bedingungen, die ihre Gesundheit und Entwicklung auf Dauer schädigen. Fast die Hälfte dieser Kinder, nämlich 120 Millionen, schuften den ganzen Tag über, also zwölf Stunden und mehr. Kinderarbeit gab es zu allen Zeiten. Und es gibt sie noch auf der ganzen Welt, also auch in den Industrieländern, auch in Deutschland, wo nach Schätzungen des Kinderschutzbundes 700.000 Kinder regelmäßig arbeiten. Die ganz überwiegende Mehrzahl lebt aber in den Ländern der sogenannten „Dritten Welt“, davon 153 Millionen in Asien, 80 Millionen in Afrika und 17 Millionen in Lateinamerika. Die Bedingungen, unter denen Kinder arbeiten, unterscheiden sich beträchtlich: Da sind die Kinder, die „nur“ ihr Taschengeld aufbessern wollen; andere Kinder helfen ihren Eltern gelegentlich im Betrieb (etwa in der bäuerlichen Landwirtschaft); wieder andere müssen regelmäßig zum Familieneinkommen beitragen, können aber doch die Schule besuchen; schließlich sind die Kinder zu nennen, denen Ausbildung und damit Zukunftschancen verwehrt werden, weil sie tagtäglich ums eigene Überleben oder das der Familie kämpfen müssen; und ganz zum Schluß stehen die Kindersklaven, die – aus unterschiedlichen Gründen – für ihre Arbeit noch nicht einmal bezahlt und wie Leibeigene gehalten werden. Im Juni 1998 berät die ILO eine neue Konvention zur Abschaffung der unerträglichsten Formen von Kinderarbeit. Darunter sind vor allem gesundheitsgefährdende und sklavenähnliche Arbeit sowie Schuldknechtschaft und Kinderprostitution zu verstehen. Die neue Konvention (vgl. Z 4) soll 1999 verabschiedet werden. Die IAO beschäftigt sich nicht zum ersten Mal mit dem Schutz von arbeitenden Kindern. Vor 25 Jahren wurde die Konvention über das Mindestalter verabschiedet. Darin ist ein Schutzalter von 15 Jahren festgelegt, das jedoch nicht unter der Altersgrenze für die gesetzliche Schulpflicht liegen darf. Darüber hinaus wird für gefährliche Arbeiten ein Mindestalter von 18 Jahren bestimmt. Bisher haben jedoch nur 49 Staaten, darunter 21 Industrieländer, die Konvention über das Mindestalter (Konvention 138, vgl. Z 2) ratifiziert. Mit der neuen Vereinbarung möchte die IAO ein wirksameres Instrument im Kampf gegen die unerträglichsten Formen der Kinderarbeit schaffen. Ausbeuterische Kinderarbeit rückt zunehmend ins Bewußtsein der Menschen: Immer mehr Nichtregierungsorganisationen in aller Welt engagieren sich gegen Kinderarbeit. Kampagnen wie die gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie brachten erste Erfolge. Die Zahl der Regierungen wächst, die aktiv gegen die Ausbeutung von Kindern vorgehen. Diese Bestrebungen will der Global March Against Child Labour vorantreiben und unterstützen. Aufgerufen dazu haben das Südasiatische Bündnis gegen Kindersklaverei (SACCS) und die britische Menschenrechtsorganisation Anti-Slavery International: In allen Erdteilen sollen sich Kinder und Jugendliche sowie Kinder- und Menschenrechtsorganisationen auf den Weg machen, um in Genf mit Delegierten der Internationalen Arbeitskonferenz zusammenzutreffen. 700 Organisationen in fast 100 Ländern unterstützen mittlerweile den Global March Against Child Labour. Im Januar 1998 startete der asiatische Zweig des Marsches in Manila, 15.000 Menschen waren mit dabei. Im Februar machten sich Kinder und Jugendliche mit ihren Betreuern aus São Paulo (Brasilien) auf den Weg, und am 21. März begann der „afrikanische Marsch“ in Kapstadt (Südafrika). Im Mai wird der Marsch auch durch Deutschland kommen: Am 10. Mai kommt eine Gruppe aus Asien in Flensburg an, eine zweite wird die deutsche Grenze am 24. Mai bei Aachen überschreiten. Beide Gruppen treffen in Bonn zusammen und ziehen bis Ende Mai gemeinsam rheinaufwärts nach Basel. Zur Unterstützung des weltweiten Marsches für Kinderrechte hat sich unter der Schirmherrschaft von Christiane Herzog ein Deutsches Bündnis für den Global March Against Child Labour gebildet. Dazu gehören die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend Deutschland (aej), das Bischöfliche Hilfswerk Misereor, Brot für die Welt, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) – Bundesvorstand, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Verein Fair Trade und die Kindernothilfe. Der Global March will wie in der ganzen Welt so auch in Deutschland Kräfte zur Durchsetzung der Kinderrechte mobilisieren: Kein Kind darf zu einer Arbeit gezwungen werden, die schädlich sein könnte für seine körperliche, geistige, seelische und soziale Entwicklung. Jedes Kind hat das Recht auf eine freie Schul- und Berufsausbildung. Der Global March will die Ausbeutung von Kindern ins Bewußtsein der Menschen rufen, über Ursachen und Folgen schädlicher Kinderarbeit informieren und vor allem Schritte zu ihrer Überwindung bekannt machen (zu den Zielen des Global March vgl. M 35). Darüber hinaus wird er Anlaß sein zu fröhlichen Begegnungen junger Menschen aus vielen Ländern. Hintergrundinformation 2: „Die” Kinderarbeit gibt es nicht Verwirrend scheint die Debatte über Kinderarbeit zu sein: Während Politiker wie Bundesarbeitsminister Dr. Norbert Blüm kategorisch ein Verbot von Kinderarbeit fordern, warnen Nichtregierungsorganisationen wie terre des hommes vor einfachen Sichten: Kinderarbeit könne nicht einfach verboten werden. Verkehrte Fronten? Das zwar nicht – wohl aber ein Spiegel dafür, daß das auf den ersten Blick so eindeutige Problem Kinderarbeit beim genaueren Hinsehen vielschichtig ist. „Die“ Kinderarbeit gibt es nicht: Unterschiedliche Formen y Kinder arbeiten in unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen – vor allem in der Landwirtschaft, seltener im Dienstleistungsbereich und der kleinste Teil von ihnen im Kleingewerbe. In exportorientierten Bereichen sind schätzungsweise weniger als fünf Prozent aller Kinderarbeiter beschäftigt. y Traditionell arbeiten Kinder im (meist sehr armen) „Familienbetrieb“, in anderen Betrieben des Heimatortes oder der Nachbarschaft. Zunehmend müssen Kinder aber als Wanderarbeiter ein kümmerliches Dasein fristen – oft hunderte Kilometer entfernt von ihren Familien. Diese Zunahme der Wanderarbeit (häufig in exportorientierten Wirtschaftsbereichen) ist ein Element des Formwandels der ”Kinderarbeit”. y Nach wie vor ist der größte Teil der Kinder im (rechtlich kaum geregelten) informellen Sektor beschäftigt. Da dieser in städtischen Gebieten (unter anderem aufgrund starker Binnenmigrationen) besonders rasch wächst, nimmt die Bedeutung des städtischen (und häufig über Zulieferbeziehungen mit der Exportproduktion verkoppelten) informellen Sektors als Ort von Kinderarbeit zu. Diese Verstädterung der „Kinderarbeit“ ist ein weiteres Charakteristikum ihres Formwandels. y Kinder beginnen in unterschiedlichem Alter zu arbeiten. y Teilweise können die Kinderarbeiter eine Schule besuchen, teilweise aber nicht. y Von Land zu Land (und teilweise von Branche zu Branche) unterschiedlich sind der Rechtsstatus der Kinderarbeiter und ihr faktischer Freiheitsgrad, der sich jenseits der Rechtsordnung und damit in der Illegalität festgesetzt hat: Keinesfalls alle Kinder arbeiten als „freiwillige“ (und „freie“) Beschäftigte, ein nicht unerheblicher Teil ist unter das Joch der Schuldknechtschaft (bonded labour) gezwängt und muß in der Regel zur Abzahlung eines elterlichen Darlehens arbeiten. Grausam ist das Leben von Kindersklaven, die aus ihren Heimatorten entführt wurden. Vielfältige Ursachen y Armut ist eine wichtige, nicht aber die einzige Ursache für Kinderarbeit: Während sich ein Teil der sehr armer Familien gezwungen sieht, Kinder zur Existenzsicherung zur Arbeit zu schicken, ermöglicht ein anderer Teil genauso armer Familien den Kindern einen Schulbesuch. y Kinderarbeit ist auch Folge gesellschaftlicher und familialer Haltungen und Einstellungen und damit vorherrschender Kindheitsbegriffe: Wo Kindheit nicht als besondere biographische Phase begriffen, wo die Notwendigkeit einer schulischen (Aus-)Bildung in diesem Lebensabschnitt nicht gesehen wird, ist Kinderarbeit häufiger als im umgekehrten Falle. Diese Kindheitsbegriffe sind in der Regel an soziale Schichtungen gebunden, werden von bildungspolitischen Grundentscheidungen transportiert und prägen zugleich diese Entscheidungen mit. y Das Anwachsen von Kinderarbeit kann auch Folge staatlicher Exportförderungsprogramme und einer wachsenden Nachfrage nach Kinderarbeitern sein. y Nicht zuletzt ist der Grad der Rechtssicherheit und der Zuverlässigkeit des bürokratischen Apparates für das Ausmaß von Kinderarbeit verantwortlich: Wo ein funktionierendes Gerichtswesen fehlt, Korruption vorherrscht und die Gewerbeaufsicht unzulänglich oder nicht vorhanden ist, ist Kinderarbeit häufiger als im umgekehrten Falle. Unterschiedliche Folgen Die unterschiedlichen Ursachen und Formen der Kinderarbeit bedingen unterschiedliche Folgen derselben: y Kinderarbeit kann unter bestimmten Umständen das Selbstbewußtsein der Kinder stärken und sie für ihr weiteres Leben zurüsten. Weit häufiger ruiniert Kinderarbeit die Gesundheit und verhindert eine zukunftsträchtige Ausbildung. y Kinderarbeit kann einen Beitrag zur Existenzsicherung leisten, häufiger aber verbessert sie die familiäre Einkommenssituation nicht (nicht nennenswert). y Kinderarbeit kann unter bestimmten Voraussetzungen einer gesamtwirtschaftlichen Entwicklung dienen, meist jedoch führt Kinderarbeit zu einem Festsetzen oder gar zur Verschärfung der Armut und schädigt die volkswirtschaftliche Entwicklung. Letzteres gilt vor allem, wenn aufgrund vorherrschender Kinderarbeit bei stark defizitärem Bildungswesen das Qualifikationsniveau der Bevölkerung auf niedrigem Niveau verharrt. Kann Kinderarbeit abgeschafft werden? Da sich hinter dem Begriff „Kinderarbeit“ sehr unterschiedliche Einzelphänomene verbergen, macht es keinen Sinn, undifferenziert über „die“ Abschaffung „der“ Kinderarbeit zu diskutieren. Bestimmt werden muß, was Kinderarbeit meint, wenn von ihrer notwendigen Abschaffung die Rede ist. Da das Deutsche nicht zwischen „child labour“ und „child work“ unterscheidet, empfiehlt sich in Anlehnung an die „UN-Kinderrechtskonvention“ ein eingeschränkter Begriff von Kinderarbeit, der sich auf jene Formen (mehr oder weniger) regelmäßiger Erwerbsarbeit von Kindern unter 15 Jahren bezieht, die „Gefahren mit sich bringen, die Erziehung des Kindes behindern oder die Gesundheit des Kindes sowie seine körperliche, geistige, seelische, sittliche oder soziale Entwicklung schädigen könnten“ (so Artikel 32, Abs. 1 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes der Vereinten Nationen von 1989). Einfache und schnelle Globallösungen zur Abschaffung „der“ Kinderarbeit verhindert bereits ihr Ausmaß. Überwunden werden kann Kinderarbeit nur allmählich und fallweise. Mittel- und langfristig müssen weltweit wie national Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Kinderarbeit schrittweise zurückdrängen. Hierfür sind zum Beispiel folgende Maßnahmen notwendig: y Bloße Verbote schaffen Kinderarbeit nicht ab, dennoch sind Gesetze und internationale Übereinkommen und Konventionen zum Schutz der Kinder unverzichtbar und wichtige Referenzrahmen für die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen. y Die Einbettung von Sozialklauseln in internationale (multilaterale) Handels- und Wirtschaftsabkommen würde Kinderarbeit nicht beseitigen, aber der Außenwirtschaftspolitik rechtliche Instrumente in die Hand geben, um zum Beispiel durch die Gewährung besonderer Zollpräferenzen für Produkte ohne Kinderarbeit Anreize zum Verzicht auf die Ausbeutung von Kindern zu schaffen. (Ausgeschlossen werden muß allerdings ein protektionistischer Mißbrauch der Sozialklauseln.) y Die Entschuldung der Länder des Südens, eine Verbesserung ihres Zuganges zu den Märkten der Industrieländer und weitere weltwirtschaftliche Veränderungen im Interesse der Entwicklungsländer würden nicht unmittelbar Kinderarbeit zurückdrängen, wären aber weltwirtschaftliche Voraussetzungen zur Verbesserung der sozialen Lage dieser Länder und könnten damit die Abschaffung von Kinderarbeit beträchtlich fördern. y Der Ausbau des Bildungswesens, nationale und internationale Programme zur Bekämpfung der Armut und zur Schaffung von Erwerbsarbeitsplätzen für Erwachsene sind unverzichtbare Elemente einer sozial- und bildungspolitischen Offensive gegen Kinderarbeit. y Zur Begleitung wirtschafts-, sozial- und bildungspolitischer Maßnahmen sind bewußtseinsbildende Programme notwendig. y Fazit: Alle diese auf Kinderarbeit generell zielenden Maßnahmen haben jeweils nur begrenzte Reichweiten, sind mit unterschiedlichen Zeithorizonten verbunden und werden erst mittel- und langfristig greifen. Daher müssen sie ergänzt werden durch Versuche, Kinderarbeit fallweise, und das heißt: in Teilbereichen zurückzudrängen. Hierfür sind spezifische und aufeinander abgestimmte Instrumente zu entwickeln, zu denen im Blick auf die Kinderarbeit in exportorientierten Wirtschaftsbereichen auch die Einführung von Warenzeichen für Produkte ohne Kinderarbeit gehört. (aus: Klaus Heidel, Kinderarbeit in der Teppichindustrie. Ursachen, Formen, Lösungsansätze. epd-Dritte WeltInformation 13-15/96, Oktober 1996) Themenbereich 1: Kinderarbeit – Formen, Folgen und Ursachen Das wichtigste Lernziel ist in diesem Themenfeld die – je nach Altersstufe mehr oder weniger weitgehende – Differenzierung zwischen unterschiedlichen Formen und Auswirkungen von Kinderarbeit: Nicht jede Arbeit von Kindern ist gleich ausbeuterische Kinderarbeit! In Primarbereich und Orientierungsstufe sollen die Kinder eine ungefähre Vorstellung über Ausmaß und Verbreitung von Kinderarbeit und über das Leben ihrer Altersgenossinnen und -genossen in den Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas erhalten. Sie können Formen der Kinderarbeit kennenlernen und mit den eigenen Tätigkeiten – evtl. schon eigenen Arbeitserfahrungen – vergleichen. Arbeit kann konkret erfahrbar gemacht werden, etwa durch die Arbeit am Knüpfstuhl. Außerdem kann der Konflikt Arbeit – Schule angesprochen und abgewogen werden. In Sekundarstufe I bietet sich als Schwerpunkt in diesem Themenfeld die Auseinandersetzung mit eigenen Arbeiten gegen Entgelt an. Die unterschiedlichen Formen und ihre Folgen können stärker differenziert werden. Auch die Hauptursachen für Kinderarbeit können thematisiert werden, ebenso die Position, nach der Kinder ein Recht auf Arbeit haben. In Sekundarstufe II kommen als zusätzliche Themenbereiche die (welt)wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Ursachen von Kinderarbeit hinzu. Wichtig ist dabei die Aussage, daß Kinderarbeit zwar die Produktion verbilligt, der Verfall von Preisen für Produkte aus der „Dritten Welt“ aber andere Ursachen hat. Materialien zu Kinderarbeit und ihren Formen M5 M2 M5 M4 M5 M 34.1 M7 M 15 M 29.1 M3 M 8.1 M1 Kumari, Pedro und Jovencio (evtl. in Auswahl), Malen Kinderarbeit hat viele Gesichter (evtl. in Auswahl, auf Weltkarte Länder identifizieren) Kumari, Pedro und Jovencio (evtl in Auswahl), Basteln Schuften statt lernen (Grafik) Kumari, Pedro und Jovencio, Aktionsarbeit Extreme Fälle von Kinderarbeit Kinderalltag in Indien: Die vielen Gesichter der Kinderarbeit Orangen: schlecht für Gesundheit und Konzentration Unter „Aasgeiern“ Weltkarte der Kinderarbeit Sidnei erzählt Kinderarbeit ab Klasse 3 ab Klasse 4 ab Klasse 4 ab Klasse 5 ab Klasse 5 ab Klasse 6 ab Klasse 7 ab Klasse 8 ab Klasse 8 ab Klasse 8 ab Klasse 8 ab Klasse 9 Materialien zu Ursachen und Folgen von Kinderarbeit M 9.1 M 9.2 M 12 M 22 M 11 M 13 M 14 Kreislauf der Kinderarbeit Kreislauf der Kinderarbeit Hauptursachen der Kinderarbeit Rollenspiel Ursachen und Folgen der Kinderarbeit Schuften für den Weltmarkt Zum Beispiel Teppichindustrie: Kostenvorteile durch Kinderarbeit? ab Klasse 5 ab Klasse 7 ab Klasse 8 ab Klasse 8 ab Klasse 11 ab Klasse 11 ab Klasse 11 Materialien zum Vergleich der Lebenssituationen und zu Kinderarbeit in Deutschland M 8.2. M 16 M 18 M6 M 17 M 19 M 20 M 21 Mein Tagesablauf (Vergleich mit dem von Sidnei) Fragebogen Babysitten, Zeitungaustragen – ganz normal für Kinder? Kinderarbeit in Indien und bei uns Kinderarbeit – nicht nur in der „Dritten Welt“ Kinderarbeit in Deutschland – ganz legal? Arbeit hat noch keinem geschadet? Auf Kosten der Schulbildung ab Klasse 6 ab Klasse 6 ab Klasse 6 ab Klasse 7 ab Klasse 8 ab Klasse 8 ab Klasse 8 ab Klasse 10 Themenbereich 2: Kinderarbeit – was tun? Hauptanliegen in diesem Themenbereich ist die Einsicht, daß unterschiedliche Formen und Rahmenbedingungen von Kinderarbeit unterschiedliche Maßnahmen erforderlich machen. Es sollte auch deutlich werden, daß es nicht darum geht, den Ländern des „Südens“ unsere westlichen Wertvorstellungen und kulturellen Standards aufzuzwingen, sondern das Ziel die Durchsetzung von Rechten der Kinder ist. In Primarbereich und Orientierungsstufe können Projektbeispiele besprochen werden, gerade auch solche, die Arbeit und Schule verbinden; die Kinder können selbst überlegen, was ihrer Meinung nach getan werden könnte (und werden dabei möglicherweise auf Warenzeichen kommen, die sie dann selbst entwerfen und Bedingungen ihrer Vergabe festlegen können) und was sie selbst tun könnten; das Warenzeichen RUGMARK kann in Grundzügen vorgestellt werden; und es könnte schon herausgearbeitet werden, daß die Beseitigung der besonders unerträglichen Formen von Kinderarbeit Vorrang hat. In Sekundarstufe I können diese Aspekte vertieft behandelt werden, wobei hier die Möglichkeiten (aber auch Grenzen) der Einflußnahme über veränderte Konsumgewohnheiten (einschließlich Unternehmenskodizes) und die Frage von Boykotten in den Mittelpunkt rücken könnte. Außerdem empfiehlt sich eine Auseinandersetzung mit der Forderung nach einem Recht auf Arbeit für Kinder. In Sekundarstufe II kann die Einflußnahme auf die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den Vordergrund rücken und die Kinderarbeitsfrage in den Kontext anderer ILO-Arbeitsnormen gestellt werden Materialien M 28.1 Eine Chance für die Müllkinder von Payatas M 28.2 Monte Azul – ein Lichtblick für die Kinder in der Favela M 32 Teppiche ohne Kinderarbeit: Das Warenzeichen RUGMARK ohne Details, evtl. Warenzeichen ausdenken und malen M 23 Warum Rosario nicht mehr arbeiten muß M 32 Teppiche ohne Kinderarbeit: Das Warenzeichen RUGMARK M 34 Extreme Fälle von Kinderarbeit / Ausbeuterische Kinderarbeit (ohne auf die ILO-Konvention einzugehen) M 24 Was man gegen Kinderarbeit tun könnte: Zum Beispiel Orangensaft M 25 Was kann ich tun? M 26 Meinungen M 29.1 Unter „Aasgeiern“ M 29.2 Alptraum Kinderprostitution M 34 Extreme Fälle von Kinderarbeit / Ausbeuterische Kinderarbeit M 27 Nicht mehr arbeiten dürfen, ist schlecht ... Besser wäre, nicht mehr arbeiten zu brauchen! M 30 Kinderarbeit nicht boykottieren? M 31 Kinder haben das Recht zu arbeiten M 33.1 Mit Sozialklauseln gegen Kinderarbeit? M 33.2 Pro & contra Sozialklauseln M 36 Aktionsplan gegen Kinderarbeit ab Klasse 4 ab Klasse 4 ab Klasse 4 ab Klasse 6 ab Klasse 6 ab Klasse 6 ab Klasse 8 ab Klasse 8 ab Klasse 8 ab Klasse 8 ab Klasse 8 ab Klasse 8 ab Klasse 10 ab Klasse 10 ab Klasse 10 ab Klasse 11 ab Klasse 11 ab Klasse 11 Themenbereich 3: Der Global March – was soll er erreichen und wie können wir uns beteiligen? Im Primarbereich sollten sich die Kinder zunächst auf ein oder zwei Aktivitäten beschränken, insbesondere die „Aktion Daumen“ ist dabei zu empfehlen. Danach steht das gesamte Spektrum an Beteiligungsmöglichkeiten offen. Es wäre im Sinne des Global March, wenn in möglichst vielen Klassen versucht würde, das Thema „Kinderarbeit“ aus dem Unterricht hinauszutragen in die Schule, das Elternhaus, die Gemeinde ... Materialien M 42 M 38 M 37 M 39 M 43 M 40 M 35 M 41 Die Route des Global March in Deutschland Aktion Daumen Das Thema nach draußen tragen (ggf. Auswahl) Die Banner des Global March Das Lied zum Global March Global March – Global Chat 1998: Die Internet-Aktivitäten ... Die Ziele des weltweiten Marsches gegen Kinderarbeit Marschieren ohne Gleichschritt ab Klasse 3 ab Klasse 3 ab Klasse 5 ab Klasse 5 ab Klasse 6 ab Klasse 6 ab Klasse 8 ab Klasse 8 Hinweise Unterrichtsmaterialien Wolfram Dawin, „Eine Chance für Teppichkinder“. Materialien für den Unterricht, Kassel/Heidelberg 1996 Deutsches Komitee für UNICEF, Kinderarbeit – Eine Bildkartei für Unterricht und Bildungsarbeit, Köln 1997 Dritte-Welt-Haus Bielefeld (Hg.), Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995 Klaus Heidel, Kinderarbeit in der Teppichindustrie: Ursachen, Formen, Lösungsansätze, Frankfurt am Main 1996 (epd-Dritte Welt Information; 13-15/96) Kindernothilfe, Arbeit statt Schule. Wie Kinder und Jugendliche schuften müssen. Unterrichtsmaterialien für den fächerübergreifenden Unterricht in der Sekundarstufe I zum Thema „Kinderarbeit“, Duisburg, Febr. 1998 Kindernothilfe, Kinderarbeit in der Dritten Welt, Materialien und Ideen für die Arbeit im Kindergottesdienst, in der Christenlehre in den neuen Bundesländern und in der Grundschule, Duisburg 1993 Kindernothilfe, Kinderarbeit. Ein Reader der Kindernothilfe, Duisburg, Januar 1998 terre des hommes, Ein Recht auf Kinderarbeit? Osnabrück 1996 terre des hommes, schuften statt spielen. Kinderarbeit weltweit, Osnabrück 1993 Werkstatt Ökonomie (Red.), InfoMappe der Kampagne gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie, Heidelberg 1994 Weitere nützliche Materialien zum Global March Werkstatt Ökonomie (Red.), Fundgrube – Materialhinweise für die Arbeit vor Ort und in Schulen, Heidelberg, Febr. 1998 Werkstatt Ökonomie (Red.), Ideen und Gestaltungshilfen für Aktivitäten vor Ort, Heidelberg, Februar 1998 Werkstatt Ökonomie (Red.), Hintergründe: Kinderarbeit und der Global March, Heidelberg, April 1998 Kindernothilfe, Video „lernen statt schuften. ein video zum Global March“, 10 Minuten Kontaktanschriften Werkstatt Ökonomie (Koordinationsstelle für den Postleitzahlbereich 6 bis 9), Obere Seegasse 18, 69124 Heidelberg, Telefon (06221) 720296, Telefax (06221) 781183, E-mail [email protected] Informationszentrum Dritte Welt des Kirchenkreises Herne (Koordinationsstelle für den Postleitzahlbereich 0 bis 5, Overwegstraße 31, 44625 Herne, Telefon (02323) 496970, Telefax (02323) 496956, E-mail iz3w.kkherne @cww.de Kindernothilfe, Düsseldorfer Landstr.180, 47249 Duisburg, Telefon: (0203) 7789-0, Telefax (0203) 7789-118, Email [email protected] Amt für Mission und Ökumene der Evang. Kirche in Kurhessen-Waldeck, Wolfram Dawin, Wilhelmshöher Allee 330, 34114 Kassel, Telefon (0561) 9378-383, Telefax (0561) 9378-409 Übersicht über die Materialien M1 Kinderarbeit M2 Kinderarbeit hat viele Gesichter M3 Weltkarte der Kinderarbeit M4 Schuften statt lernen M5 Kumari, Jovencio und Pedro M6 Kinderarbeit in Indien und bei uns M7 Kinderalltag in Indien: die vielen Gesichter der Kinderarbeit M 8.1 Sidnei erzählt M 8.2 Mein Tagesablauf M 9.1 Kreislauf der Kinderarbeit M 9.2 Kreislauf der Kinderarbeit M 10 Anleitung zum Teppichknüpfen M 11 Ursachen und Folgen der Kinderarbeit M 12 Hauptursachen der Kinderarbeit M 13 M 28.1 Eine Chance für die Müllkinder von Payatas M 28.2 Monte Azul – ein Lichtblick für die Kinder in der Favela M 29.1 Unter „Aasgeiern” M 29.2 Alptraum Kinderprostitution M 30 Kinderarbeit nicht boykottieren? M 31 Kinder haben das Recht zu arbeiten M 32 Teppiche ohne Kinderarbeit: Das Warenzeichen RUGMARK M 33.1 Mit Sozialklauseln gegen Kinderarbeit? M 33.2 Pro & contra Sozialklauseln M 34.1 Extreme Fälle von Kinderarbeit M 34.2 Ausbeuterische Kinderarbeit M 35 Die Ziele des weltweiten Marsches gegen Kinderarbeit Schuften für den Weltmarkt M 36 Aktionsplan gegen Kinderarbeit M 14 Zum Beispiel Teppichindustrie: Kostenvorteile durch Kinderarbeit? M 37 Das Thema nach draußen tragen M 15 Orangen: schlecht für Gesundheit und Konzentration M 38 Aktion Daumen M 39 Die Banner des Global March M 16 Fragebogen M 40 M 17 Kinderarbeit – nicht nur in der „Dritten Welt” Global March – Global Chat 1998: Die Internet-Aktivitäten im Rahmen des Global March M 18 Babysitten, Zeitungaustragen – ganz normal für Kinder? M 41 Marschieren ohne Gleichschritt M 42 M 19 Kinderarbeit in Deutschland – ganz legal? Die Route des Global March in Deutschland M 43 Das Lied zum Global March M 20 Arbeit hat noch keinem geschadet? M 21 Auf Kosten der Schulbildung M 22 Rollenspiel M 23 Warum Rosario nicht mehr arbeiten muß M 24 Was man gegen Kinderarbeit tun könnte: Zum Beispiel Orangensaft M 25 Was kann ich tun? M 26 Meinungen M 27 Nicht mehr arbeiten dürfen, ist schlecht ... Besser wäre, nicht mehr arbeiten zu brauchen! Zusatzmaterialien Z1 Vereinte Nationen: Charta der Rechte des Kindes (1959) Z2 Internationale Arbeitskonferenz: Übereinkommen über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (1973) (Übereinkommen 138) Z3 Vereinte Nationen: Übereinkommen über die Rechte des Kindes (1989) (UN-Kinderkonvention) Z4 Vorschlag des Internationalen Arbeitsamtes für die neue ILO-Konvention M 1: Kinderarbeit Ungefähr 250 Millionen Mädchen und Jungen auf der Welt müssen arbeiten – die meisten von ihnen in Indien. Genaue Zahlen gibt es nicht, weil weder die Kinder noch die Leute, bei denen sie Arbeit finden, dies offiziell bei den Behörden melden: Kinderarbeit unter 14 Jahren ist schließlich fast überall auf der Welt verboten. Außerdem arbeiten viele Mädchen und Jungen selbständig, auf eigene Faust. Warum arbeiten sie? Bestimmt nicht, weil es ihnen Spaß macht, sondern weil sie für sich und ihre Familien Geld verdienen müssen. Ihre Eltern haben meist keine Schule besucht und bekommen deshalb keine gut bezahlte Arbeitsstelle. Darum übernehmen sie alle Arbeiten, die sie finden können. Viele bleiben arbeitslos. Sie haben nicht genug Geld, um für ihre Töchter und Söhne zu essen, zu trinken und etwas anzuziehen zu kaufen. Deshalb müssen ihre Kinder mitarbeiten. Warum werden Kinder eingestellt? Kinder bekommen weniger Lohn als Erwachsene, obwohl sie oft genauso schwer arbeiten. Sie können nicht dagegen protestieren, weil sie laut Gesetz meistens gar nicht arbeiten dürften. Und sie brauchen das Geld für ihre Familien. Für bestimmte Arbeiten sind Kinder angeblich besser geeignet, weil sie kleiner und flinker sind als Erwachsene. Was bedeutet das für ihr Leben? Sie haben keine Zeit für die Schule. Aber ohne Schule können sie später keine Berufsausbildung machen, keine gute Arbeitsstelle mit Kranken- und Rentenversicherung oder bezahltem Urlaub bekommen. Sie haben keine Zeit zum Spielen, zum Faulenzen, zum Geburtstagfeiern. Neben dem Geldverdienen versorgen viele von ihnen noch ihre jüngeren Geschwister, holen Wasser von weit entfernten Brunnen, sammeln Feuerholz, kochen Essen, helfen ihren Eltern auf dem Feld. Manche Arbeiten sind sehr gefährlich. Viele Kinder sterben durch Unfälle oder an Krankheiten. Da sie trotz ihrer schweren Arbeit meist nur wenig zu essen bekommen, entwickeln sie sich nicht so wie andere Kinder. Sie wachsen langsamer, sind oft müde und können sich nicht konzentrieren. Wo arbeiten Kinder – zum Beispiel in Indien? Sie übernehmen alle möglichen Arbeiten, die sie finden können, oder helfen ihren Eltern zum Beispiel auf dem Feld. Nicht alle Arbeiten sind gefährlich oder schädlich wie diejenigen, die in den folgenden Absätzen beschrieben sind. In Hunderten von Dörfern rund um die Stadt Mirzapur (Nordindien) hocken manchmal schon Sechsjährige 12 Stunden oder mehr am Knüpfstuhl. Durch die schlechte Beleuchtung werden ihre Augen geschädigt, das Einatmen der Wollfusseln macht ihre Lungen krank und die gekrümmte Haltung verursacht Wachstumsstörungen. Übrigens: Fast die Hälfte der indischen Teppiche wird nach Deutschland verkauft. Fast 100.000 Kinder, hauptsächlich Mädchen, arbeiten bei glühender Hitze in Streichholzfabriken. Durch die giftigen Chemikalien haben sie oft Kopfund Halsschmerzen, Hautausschläge und Augenschäden. Viele verbrennen sich. In den Glasfabriken starren Hunderttausende Kinder bis zu zehn Stunden lang in die Flammen von kleinen Brennern, über denen sie Glasschmuck herstellen. Dadurch bekommen sie Augenkrankheiten. Durch das ständige Einatmen von giftigem Quarzstaub sterben viele an einer tödlichen Lungenkrankheit. Verbrennungen und Verletzungen durch Glassplitter sind keine Seltenheit. Immer wieder verunglücken Kinder, die in Steinbrüchen arbeiten. Der feine Staub, der beim Zerklopfen der Steine entsteht, schädigt ihre Lungen. Durch die gebückte Haltung wird ihr Rücken krumm. Auf den Äckern und Feldern (Plantagen) kommen die Kinder mit Chemikalien in Kontakt, die Unkraut und Schädlinge bekämpfen sollen. Die Folgen sind Hautausschläge und Vergiftungen. Sie müssen moderne Maschinen bedienen, die für Erwachsene gebaut wurden und mit denen die kleinen Kinder oft schlimme Unfälle bauen. Viele Kinder arbeiten bei Wind und Wetter auf der Straße. Sie verkaufen Zeitungen, Süßigkeiten, Zigaretten und Tee – Sachen, die sie selbst für viel Geld Händlern abgekauft haben. Den ganzen Tag atmen sie Abgase ein, und immer wieder verunglücken Kinder im Autoverkehr. Gunhild Aiyub aus: Kindernothilfe, Kinderarbeit. Ein Reader der Kindernothilfe. Duisburg, Januar 1998, leicht verändert M 2: Kinderarbeit hat viele Gesichter Pakistan Von den bis zu 19 Mio. Kinderarbeitern und Kinderarbeiterinnen sind viele in Gerbereien beschäftigt. Ein wichtiger Abnehmer ist die deutsche Lederindustrie, seit die italienischen Gerbereien zu teuer geworden sind. Bangladesch 50.000 Kinder sind in der Textilindustrie beschäftigt – eine gute Quelle für Billigimporte von T-Shirts, Hemden und billigen Jeans. Guatemala Tausende von Kindern arbeiten als Saisonarbeiter und Saisonarbeiterinnen bei der Kaffee-Ernte. Ein Kind kann über 50 Pfund Kaffeekirschen am Tag pflücken. Dafür bekommt es sechs Quezales (ca. 1,50 DM). Indien Etwa 15 % der Arbeiter und Arbeiterinnen in den Streichholzfabriken sind unter 15 Jahre alt. Sie durch Erwachsene zu ersetzen, würde Mehrkosten von 1,5 Mio. US$ jährlich verursachen. Kenia Fast vier Millionen Kinder arbeiten illegal in Handel, Haushalt und Landwirtschaft. Kolumbien Fünfjährige arbeiten in Steinkohleminen, ohne jede Sicherheitsvorrichtung, zwölf Stunden am Tag in Stollen, die oft weniger als 70 cm hoch sind. Lohn: 7 DM pro Woche. 1992 importierte die EU 13,5 Mio. t Steinkohle aus Kolumbien. Brasilien Kinder arbeiten im Akkord bis zu vier Stunden auf den Plantagen und pflücken bis zu 1,8 Tonnen Apfelsinen pro Tag. Etwa 90 Prozent des Orangensaftkonzentrats werden nach Deutschland exportiert. Peru 20 % der Arbeiter in der Goldproduktion sind zwischen elf und 18 Jahre alt. 1991 wurden 71 versteckte Friedhöfe mit Dutzenden von Kinderleichen entdeckt. Deutschland Kinder über 13 Jahre dürfen ganz legal täglich bis zu zwei Stunden und maximal zehn Stunden wöchentlich leichte Arbeiten ausführen. Philippinen Fünf bis 15 US$ verdient die 13jährige Prostituierte Sandy, wenn deutsche oder japanischen Touristen an ihr Interesse zeigen. Die Hälfte des Lohns erhält der Zuhälter, die andere Hälfte geht an Sandys Familie. Sie selbst erhält ein Taschengeld. 60.000 Prostituierte unter 15 Jahren gibt es schätzungsweise auf den Philippinen. Weltweit sind es mehr als eine Million. Ägypten Mitten in der Nacht müssen die sieben bis 14 Jahre alten Kinder die Jasminblüten ernten, denn bei Tagesanbruch verlieren diese ihren Duft. Jasmin-Essenz ist ein begehrter Exportartikel. Für 10.000 gepflückte Blüten erhält ein Kind ca. eine Mark. Pakistan Rund 25.000 Kinder nähen in der Stadt Sialkot Fußbälle – 80 % der Weltproduktion. Die Kinder produzieren 2-3 Bälle pro Tag und bekommen dafür rund 25 Cents – im Westen werden die Bälle für 50 Dollar pro Stück verkauft. nach: Praxis Geographie 9/96; Kindernothilfe, Arbeit statt Schule, Februar 1998 M 3: Weltkarte der Kinderarbeit aus: Praxis Geographie 9/96 Kinderarbeit weltweit Eine neuere Studie des Internationalen Arbeitsamtes spricht von rund 250 Millionen Kinderarbeitern im Alter von fünf 5 bis 14 Jahren. Davon arbeiten 120 Millionen Vollzeit, die anderen teilen ihr Leben zwischen Arbeit und Schule oder anderen nicht ökonomischen Aktivitäten. Die Zahl von 250 Millionen ist eher eine Unterschätzung, da sie nicht diejenigen einschließt, die Vollzeit im Haushalt der Eltern arbeiten. aus: ILO, Welt der Arbeit, Dezember 1997 M 4: Schuften statt lernen M 5: Kumari, Jovencio und Pedro Kumari Pedro »Ich heiße Kumari und lebe in Indien, einem sehr großen Land in Asien. Aufgewachsen bin ich in einem kleinen Dorf, bei meinen Eltern und meinen acht Geschwistern. Wir alle arbeiteten auf den großen Baumwollplantagen und sorgten dafür, daß unsere Familie etwas zu essen hatte. Aber trotzdem reichte das wenige Geld nicht. Vor einem Jahr kam ein Fremder aus der Stadt zu uns und bot meinem Vater an, daß ich zur Teppichknüpferin ausgebildet werde. Ich könnte viel Geld verdienen, würde gut versorgt und könnte ab und zu ins Kino gehen. Eine tolle Vorstellung! Mein Vater erhielt sogar noch eine kleine Summe Geld als Vorschuß für meine Arbeit. »Ich heiße Pedro und wohne in São Paulo, einer großen Stadt in Brasilien, dem größten Land in Südamerika. Früher lebte ich mit meinen Eltern und meinen sechs Geschwistern auf dem Land. Wir arbeiteten alle auf einer Kakaoplantage, ernteten bei glühender Hitze die Kakaofrüchte. Aus ihnen wird Kakao hergestellt, der in alle Länder, auch nach Deutschland, geliefert wird. Aber wir erhielten immer weniger Lohn für unsere Arbeit. „Der Kakao wird immer billiger. Die Menschen in Europa freuen sich darüber, aber wir bekommen deshalb weniger Geld für die gleiche Arbeit”, erklärte mir mein Vater. Als ich in die Stadt kam, sah alles ganz anders aus: 12 Stunden am Tag, von Montag bis Sonntag, sitze ich mit vielen anderen Kindern in einer dunklen Halle vor einem großen Knüpfrahmen und knüpfe Teppiche. Mein Rücken schmerzt, ich habe einen Hautausschlag und muß häufig husten, da viele Wollflusen in der staubigen Luft umherfliegen. Morgens und abends bekomme ich etwas Fladenbrot und eine wäßrige Linsensuppe zu essen. Ich schlafe auf einer dünnen Reisstrohmatte. Einen freien Tag habe ich nie, Geld habe ich auch noch nie bekommen. Nach Hause kann ich nicht, ich habe kein Geld und weiß nicht, wie ich hier wegkommen kann. So knüpfe und knüpfe ich Teppiche, die nach Europa, nach Deutschland verkauft werden. Vielleicht liegt so ein Teppich auch bei Euch zuhause im Wohnzimmer.« Jovencio »Ich heiße Jovencio und lebe auf den Philippinen, einer großen Inselgruppe in Südostasien. Meine Familie und ich wohnen in einer kleinen Wellblechhütte am Rande der größten Müllkippe in Manila, der Hauptstadt der Philippinen. Jeden Tag, von morgens bis abends, suche ich in den Abfällen nach wiederverwertbarem Müll: nach Eisenstangen, Chromteilen von Autos, Papier, aber auch nach Eßbarem. Alles, was ich eingesammelt habe, bringe ich abends zu einem Müllhändler und bekomme dann ein paar Pesos. Das wenige Geld brauchen wir, um etwas zu essen kaufen zu können. Meine Eltern sind krank: Tuberkulose hat der Arzt gesagt. Ich weiß nicht, was das ist, aber ich sehe, daß meine Eltern immer schwächer werden und immer häufiger husten müssen. Manchmal habe ich Angst, daß sie nie mehr gesund werden. „Die Müllhalde ist schuld”, sagen viele Erwachsene. Dabei ist sie doch der einzige Ort, wo wir Geld verdienen können. Mein größter Wunsch: ein paar Gummistiefel, dann würde ich mich nicht so häufig verletzen.« Da wir von unserem Verdienst auf der Plantage nicht mehr leben konnten, zogen wir in die Stadt. „Dort muß es doch Arbeit geben”, dachten wir. Aber es kam ganz anders. Da viele Menschen ihre Dörfer verlassen haben, um in der Stadt Arbeit zu finden, gibt es für uns Neue nicht genug Arbeit. Ich versuche, ein paar Cruzeiros am Tag zu verdienen, indem ich reicheren Leuten, oft auch Touristen, die Schuhe putze. Mein ganzer Stolz ist meine Kiste mit dem Schuhputzzeug. Ich gebe mir viel Mühe, damit die Schuhe blitzblank sind, um vielleicht ein paar Cruzeiros extra zu erhalten. Zur Schule gehe ich nur noch selten. Ich habe den Anschluß verpaßt, außerdem bin ich durch das Suchen nach Schuhputzkunden und das ständige Bücken ganz schön müde. Manchmal sehne ich mich in unser Dorf und zu meinen Freunden zurück.« Aktivitäten zu den Berichten von Kumari, Pedro und Jovencio Malen Material: Papier, Stifte, Klebeband y Wir reichen uns die Hände – Pedro (Jovencio, Kumari) und ich y Wovon Jovencio (Pedro, Kumari) träumt y Wie sich Kumari (Jovencio, Pedro) mein Leben vorstellt Basteln Material: Zeitschriften, Zeitungen, Plakatkarton, Schere, Papier, Klebstoff, Buntstifte y Wofür Kinder in Deutschland arbeiten ... Ausschneiden und Aufkleben von Fotos, Anzeigen Aktionsarbeit y Eltern werden eingeladen, für diese Aktion ihre Schuhe gegen eine Spende putzen zu lassen (Material: Schuhputzzeug, Zeitungspapier, Spendendose) y Teppichknüpfen (vgl. Material M 10) nach: Kindernothilfe, Kinderarbeit in der Dritten Welt, November 1993 M 6: Kinderarbeit in Indien und bei uns Hast Du auch schon einmal gearbeitet? Oder Deine älteren Geschwister? ____________________________ ____________________________________________________________________________________ Wo hast Du gearbeitet? __________________________________________________________________ ____________________________________________________________________________________ Wie oft und wie lange hast Du gearbeitet? ____________________________________________________ ____________________________________________________________________________________ Was hast Du mit Deinem Verdienst gemacht? ________________________________________________ ____________________________________________________________________________________ Wie viele Stunden brauchst Du in einer normalen Woche für verschiedene Tätigkeiten? Male entsprechend viele Kästchen in der jeweiligen Farbe im Zeitkasten aus. Dann male einen Zeitkasten für Gopal und vergleiche! Wofür hat Gopal keine Zeit? Welche Folgen hat das? Schlafen: ____ Stunden (blau) zu Hause mithelfen: ____ Stunden (orange) Essen: ____ Stunden (grün) Schule u. Hausaufgaben: ____ Stunden (rot) Freizeit: ____ Stunden (weiß) Arbeiten/Geldverdienen: ____ Stunden (gelb) Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonntag Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonntag Ich heiße Gopal und bin 11 Jahre alt. Meine Eltern haben mich mit 7 Jahren einem Knüpfrahmenbesitzer mitgegeben. Sie hatten Schulden gemacht, weil meine Großmutter sehr krank war und einen Arzt brauchte. Der Knüpfrahmenbesitzer bot meinen Eltern 500 Rupien an und sagte, ich könnte die Schulden ja bei ihm abarbeiten. Außerdem würde ich bei ihm auch ein Handwerk lernen, mit dem ich später gutes Geld verdienen könnte. Nun habe ich vier Jahre für ihn gearbeitet, zwölf Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Zweimal täglich habe ich etwa eine halbe Stunde Pause. Dann bekommen wir auch etwas Reis mit Linsen. aus: Wolfram Dawin, „Eine Chance für die Teppichkinder” – Materialien für den Unterricht, Kassel 1996 M 7: Kinderalltag in Indien: die vielen Gesichter der Kinderarbeit Ich heiße Gopal und bin 11 Jahre alt. An mein Heimatdorf kann ich mich kaum noch erinnern. Meine Eltern haben mich mit 7 Jahren einem Knüpfrahmenbesitzer mitgegeben. Sie hatten Schulden gemacht, weil meine Großmutter sehr krank war und wir einen Arzt brauchten. Der Knüpfrahmenbesitzer bot meinen Eltern 500 Rupien an und sagte, ich könnte die Schulden ja abarbeiten. Außerdem würde ich bei ihm auch ein Handwerk lernen, mit dem ich später gutes Geld verdienen könnte. Nun habe ich vier Jahre für ihn gearbeitet, zwölf Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Vor ein paar Wochen hat er mich weiterverkauft, an einen anderen Knüpfrahmenbesitzer – mit meinen Schulden. Bei dem geht es uns auch nicht besser. Für jeden Fehler werden auf unsere Schulden 10 Rupien aufgeschlagen. Ich glaube nicht, daß wir später überhaupt noch eine gute Arbeit bekommen können, so krank und verkrüppelt, wie viele hier herauskommen. Mein Name ist Jogan. Ich bin 11 Jahre alt und wohnte bis vor einem Jahr mit meinen Eltern und Geschwistern in Chainpur, einem Dorf in Nordindien. Eines Tages kam ein Fremder in unser Dorf und fragte, ob ich nicht mit ihm in die große Stadt kommen wolle. Sein Freund hätte eine Teppichwerkstatt. Ich würde bei ihm ein Handwerk lernen, mit dem ich später Geld verdienen könnte. Das indische Kinderarbeitsgesetz von 1986 Gegenstand des Gesetzes sind • das Verbot der Beschäftigung von Kindern in bestimmten Arbeitsbereichen, • die Regulierung der Arbeitsbedingungen in solchen Arbeitsbereichen, die für Kinder zugelassen sind, • eine einheitliche Definition des Begriffes „Kind” im Hinblick auf die verschiedenen Gesetze, die sich auf Kinderarbeit beziehen. Verbotene Arbeitsbereiche für Kinder unter 14 Jahren sind bestimmte Arbeiten bei der Eisenbahn, alle Hafenarbeiten, die Zigarettenherstellung, das Teppichknüpfen, die Zementproduktion, das Bedrucken, Färben und Weben von Stoffen, die Herstellung von Streichhölzern, Sprengstoffen und Feuerwerkskörpern, das Schneiden und Brechen von Muskovit, die Herstellung von Schellack, die Seifenproduktion, Gerben, die Wollreinigung und das Baugewerbe. Abweichend von dem entsprechenden Verfassungsartikel 24 gilt das Verbot in den genannten Bereichen nicht für Arbeiten im Familienkontext und in Schulen. Ich habe meine Eltern und mein Dorf verlassen und arbeite nun in dieser Werkstatt. Unsere Arbeit beginnt morgens früh um sechs und endet abends um acht. Zweimal am Tag bekommen wir Reis mit Gemüse. Einmal am Tag dürfen wir unter Aufsicht aufs Feld, um unser Geschäft zu verrichten. Wir schlafen auf Matten in demselben Raum, in dem wir auch an den Teppichen knüpfen. Wir haben keine Chance, hier 'raus zu kommen. Wir kämen auch nicht weit. Wir hätten ja kein Geld, um die Busfahrt in unser Heimatdorf zu bezahlen. Hier kommen nur die wieder raus, die von der Arbeit so krank geworden sind, daß sie keine Leistung mehr bringen. Ich heiße Shanti. Ich lebe mit meiner Familie im Norden Indiens, in Kaschmir. Ich bin 11 Jahre alt. In unserer Familie wurden immer schon Teppiche geknüpft. Manchmal zeigt mir mein Vater nachmittags nach der Schule, wie die wunderbaren Muster geknüpft werden. Ich darf dann auch schon ein wenig mitarbeiten. So lernen wir das Handwerk, von dem wir später leben werden. Dann können wir auch unsere Eltern mit versorgen, wenn sie alt sind. Ich heiße Muniyandi. Ich bin 12 Jahre alt und lebe in einem Dorf in Indien. Meine Familie ist sehr arm. Wir haben kein eigenes Land. Meine Eltern arbeiten 12 bis 14 Stunden am Tag auf dem Feld des Großgrundbesitzers. Der hat uns auch Geld geliehen. Er hat unsere Schulden in ein Buch geschrieben. Obwohl meine Eltern hart arbeiten, werden die Schulden nicht weniger. Meine Eltern können gar nicht lesen, was sie im Schuldbuch mit ihrem Daumenabdruck „unterschrieben” haben. Ich hüte die Büffel des Großgrundbesitzers. Außerdem gibt es besondere Zeiten, wo ich auf den Feldern mithelfen muß. Während der Ernte zum Beispiel und wenn die Reispflanzen gesetzt werden. Zeit für die Schule bleibt da kaum. Ich bin Ashok, 12 Jahre alt und lebe mit meinen Eltern und meinen beiden Brüdern am Rande von Neu Delhi, der Hauptstadt von Indien. Bis vor einem Jahr bin ich noch zur Schule gegangen. Aber dafür habe ich jetzt keine Zeit mehr. Mein Vater zieht nämlich mit einem Marionettentheater von Jahrmarkt zu Jahrmarkt, von Fest zu Fest. Und wir helfen ihm dabei. Mein kleiner Bruder kann ganz toll tanzen. Sharvan – das ist mein großer Bruder – und ich, wir machen dazu die Musik. Außerdem hat mir mein Vater beigebracht, wie man Marionetten führt. Er kann ja nicht alle Puppen allein spielen. Damit können wir genug Geld verdienen, damit wir immer gut satt werden. Ich bin Punki und elf Jahre alt. Wir leben in einem Dorf in Nordindien. Ich würde gern zur Schule gehen, aber meine Eltern meinen, ich soll lieber zu Hause helfen, beim Wasserholen und beim Kochen. Meine Mutter könne schließlich nicht alles im Haushalt alleine machen. Außerdem sei es sowieso wichtiger, daß ich lerne, wie man kocht und einen Haushalt führt, damit ich später meine Familie gut versorgen kann. Dabei würde ich viel lieber Lehrerin! Und ich bin Ganshyam, der Zwillingsbruder von Punki. Ich muß zur Schule gehen. Ich würde ja viel lieber zu Hause bleiben und meinem Vater in der Töpferwerkstatt helfen. Nachmittags arbeite ich ja dort schon mit. Mein Vater töpfert die Figuren und ich male sie nach dem Brennen bunt an. Mein Vater sagt, es ist wichtig, daß ich in die Schule gehe. Ich muß Rechnen lernen und Lesen und Schreiben. Wie soll ich sonst später unsere Waren verkaufen, ohne daß mich die Leute betrügen? Name des Kindes lebt wo/bei wem? Art und Dauer der Arbeit nach dem Gesetz erlaubt? geht zur Schule? Zukunfts-Chancen aus: Wolfram Dawin, „Eine Chance für die Teppichkinder” – Materialien für den Unterricht, Kassel 1996 M 8.1: Sidnei erzählt aus: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995 M 8.2: Mein Tagesablauf aus: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995 M 9.1: Kreislauf der Kinderarbeit Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift Wenn Kinder auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf, keine Zeit für die Schule haben, ... daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben: Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift 1. Wenn Kinder den ganzen Tag arbeiten auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf, müssen daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben: Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift 7. Wenn sie auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf, später eine andere Arbeit suchen, ... daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben: Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift Wenn sie auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf, nicht lesen, schreiben, rechnen können, ... daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben: Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift 11. Wenn sie selber einmal Kinder haben auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf, und dann nicht genug verdienen, um das daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben: Lebensnotwendige kaufen zu können, ... Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift Wenn sie auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf, nur eine schlecht bezahlte Arbeit finden, ... daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben: Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift ... haben sie keine Zeit für die Schule. auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf, daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben: Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift 6. ... kann sie jeder betrügen. auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf, daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben: Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift ... bekommen sie nur schlecht bezahlte Arauf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf, beiten. daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben: Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift ... lernen sie nicht Lesen, Schreiben und auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf, Rechnen. daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben: Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift ... haben sie nicht genug Geld, um das zu auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf, kaufen, was sie zum Leben brauchen. daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben: Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift ... müssen diese dann auch wieder arbeiauf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf, ten. daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben: nach: Wolfram Dawin, „Eine Chance für die Teppichkinder” – Materialien für den Unterricht, Kassel 1996 M 9.2: Kreislauf der Kinderarbeit Wenn Kinder keine Zeit für die Schule haben, ( ) Wenn Kinder den ganzen Tag arbeiten müssen, ( 1.) Wenn diese Kinder später eine andere Arbeit suchen, ( 7.) Wenn sie nicht lesen, schreiben, rechnen können, ( ) Wenn diese Kinder selber einmal Kinder haben und dann nicht das Lebensnotwendige kaufen können, (11) Wenn sie nur eine schlecht bezahlte Arbeit finden, . ( ) ... haben sie keine Zeit für die Schule ( ) ... kann sie jeder betrügen ( 6.) ... bekommen sie nur schlecht bezahlte Arbeiten ( ) ... lernen sie nicht Lesen, Schreiben, Rechnen ( ) ... verdienen sie nicht viel ( ) ... haben sie nicht genug Geld, um das zu kaufen, was sie zum Leben brauchen ( ) ... müssen diese dann auch wieder arbeiten ( ) Bringe die Sätze in die richtige Reihenfolge und trage sie in folgender Skizze ein: Start: Wenn Kinder den ganzen Tag arbeiten müssen ... _____________________ _____________________ _____________________ Î _____________________ _____________________ _____________________ _____________________ _____________________ Ï Ð _____________________ _____________________ _____________________ müssen diese dann auch wieder arbeiten. _____________________ _____________________ _____________________ _____________________ _____________________ Ï Ð _____________________ _____________________ _____________________ _____________________ _____________________ _____________________ _____________________ Í _____________________ _____________________ _____________________ nach: Wolfram Dawin, „Eine Chance für die Teppichkinder” – Materialien für den Unterricht, Kassel 1996 M 10: Anleitung zum Teppichknüpfen Die beste Möglichkeit, ein Gefühl für das Teppichknüpfen zu bekommen, ist, es selbst einmal zu versuchen. Es bietet sich deshalb an, etwa im Unterricht, bei Wochenendseminaren oder Veranstaltungsreihen, im Rahmen von Ausstellungen, ja selbst bei Straßenaktionen die Möglichkeit dazu zu geben. Man braucht dafür lediglich einen „Knüpfstuhl”, Garn, etwas Geschick und etwas mehr Geduld. Der kleine „Knüpfstuhl” Der kleine „Knüpfstuhl” sollte dann eingesetzt werden, wenn die KnüpferInnen ihr Werk während seiner Entstehung oder nach seiner Fertigstellung mit nach Hause nehmen wollen/sollen. Die einfachste Variante ist die Verwendung eines Holzwebrahmens, der je nach Größe für etwa 8,– bis 25,– DM erstanden werden kann. In Schulen gehören Webrahmen wohl in der Regel zur Grundausstattung. Wer nicht genügend Holzwebrahmen zur Verfügung hat oder sich keinen anschaffen möchte, kann sich auch leicht einen kleinen „Knüpfstuhl” selber bauen: Man nehme ein rechteckiges Stück Pappe, das umso stärker sein muß, je größer der „Knüpfstuhl” werden soll, schneide zwei gegenüberliegende Seiten im Abstand von etwa einem halben Zentimeter leicht ein, umwickle die Pappe über die Einschnitte so straff mit Garn, daß sie sich leicht durchbiegt – und fertig ist der kleine „Knüpfstuhl”. Der große Knüpfstuhl Auf dem großen Knüpfstuhl können Gemeinschaftswerke von zwei zusammen oder mehreren nacheinander arbeitenden KnüpferInnen entstehen, die dann den Gemeindesaal, die Aula oder den Dritte-Welt-Laden schmücken können. Er eignet sich natürlich besonders als Attraktion bei vielerlei Veranstaltungsformen. Große Knüpfstühle sind bei der Werkstatt Ökonomie, beim Informationszentrum Dritte Welt in Herne und beim Amt für kirchliche Dienste in Kassel auszuleihen (Adressen im Anhang des Begleitheftes). Wer selbst einen Knüpfstuhl bauen will, findet eine Bauanleitung in der InfoMappe der Kampagne gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie (vgl. Quellenangabe). Kette, Schuß und Flor Für die Kette benutzt man Teppichleinen, Baumwoll-Cordunett oder Teppichkettgarn in den Stärken 5/10, 8/3 oder 8/4. Das Schußgarn sollte fest und haltbar sein; Baumwolle ist geeignet, Wolle aber in jedem Fall vorzuziehen. Auch für den Flor sollte man (möglichst langfaserige) Teppichwolle benutzen. Das Knüpfen Man beginnt zunächst (wenn der Teppich Fransen haben soll, mit entsprechendem Abstand vom Knüpfrahmen) mit dem Kelim, also einigen Reihen in Leinwandbindung (der Schußfaden wird abwechselnd über und unter die Kettfäden geführt). Danach werden reihenweise und über die gesamte Breite die Knoten geknüpft. Nach jeder Knotenreihe werden – möglichst locker, damit sich die Kanten nicht einziehen – ein oder zwei Schußfäden eingebracht. Da wir bei den Web- und selbst gebauten „Knüpfrahmen” kein Fach bilden können, ist das ziemlich mühsam, so daß mancheR erst nach zwei oder drei Knotenreihen Schußfäden einziehen mag. Wenn man Fransen haben möchte, verknotet man die losen Kettfäden miteinander, nachdem man den Teppich vom Rahmen abgenommen hat. Die Knoten Das Florgarn schneidet man am besten vorher gleich lang zu, bei kurzem Flor auf etwa 9 cm. Man kann das tun, indem man eine entsprechende Meßlatte mit dem Garn umwickelt und dieses dann an den Kanten durchschneidet. Für einen Knoten kann man einen, zwei oder drei Fäden (auch verschiedener Farben) verwenden. Die Knoten sollten von Reihe zu Reihe versetzt angeordnet werden. Beim Ghiordesknoten (vgl. rechts) legt man den Faden über zwei Kettfäden, führt die beiden Enden nach hinten um die Kettfäden herum und zwischen ihnen wieder nach vorn. nach: Werkstatt Ökonomie, InfoMappe der Kampagne gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie, Heidelberg 1994 M 11: Ursachen und Folgen der Kinderarbeit aus: Praxis Geographie 9/96 M 12: Hauptursachen der Kinderarbeit nach: Kindernothilfe, Kinderarbeit. Ein Reader der Kindernothilfe. Duisburg, Januar 1998 M 13: Schuften für den Weltmarkt [...] Aber in einer kapitalistischen Weltwirtschaft läßt sich das Problem [Kinderarbeit] nicht auf ein Land beschränkt betrachten: So stellen Kinder in der Türkei, in Portugal oder Asien Textilien für den deutschen Markt her. In Indien etwa betragen die Stundenlöhne in der Textilindustrie nur ein Zehntel von denen in Deutschland. Denn wo sich Marktverhältnisse verbreiten, ohne daß Arbeitslosen- und Rentenversicherung sowie Mechanismen des Arbeitsschutzes etabliert werden, ist die Produktion günstig. Dort wächst aber auch das Ausmaß der Kinderarbeit. Daß Kinder und Jugendliche – anders als zu Hause – bezahlt werden, erscheint vielen im Augenblick auch attraktiv. Und Arbeitsplätze beispielsweise in der Export-Industrie müssen nicht zwangsweise schädlicher sein als die schlecht bezahlte Heimindustrie oder Schufterei auf dem Familienacker. [...] Nur je tiefer die Entwicklungsländer mit dem Weltmarkt verwoben und vor allem je abhängiger sie sind, desto gravierender sind die negativen Folgen für die junge Generation, wenn nicht gleichzeitig im Rahmen von Gesetzen ihre Ausbildungschancen gewahrt und die Gesundheit und persönliche Entfaltung garantiert werden. Doch das Gegenteil ist vielfach zu beklagen: Die Verschuldung der Dritten Welt hat seit Anfang der 80er Jahre die Zunahme der Kinderarbeit beschleunigt. In Brasilien haben die Umschuldungsprogramme mit dem „Internationalen Währungsfonds” (IWF) das Land zu Lohnkürzungen und zum Abbau von Sozialleistungen, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Nahrungsmittelprogrammen gezwungen. Folge: Die Zahl der Kinderarbeiter stieg außergewöhnlich an, und auch deren tägliche Arbeitszeit erhöhte sich. Kinder tragen dann einerseits dazu bei, daß sich die Produktion von Exportwaren [...] verbilligt, um die notwendigen Devisen zu erwirtschaften. Andererseits spart der Staat an der Ausbildung für seinen Nachwuchs, was wiederum die Zahl der arbeitenden Kinder erhöht und die Zukunftsaussichten des ganzen Landes verschlechtert. Denn, so weiß die ILO, Eltern seien durchaus bereit, ihren Kindern eine gute Schulausbildung möglich zu machen [...], wenn sie überzeugt davon sind, daß die Bildung eine vernünftige Qualität hat [...]. Doch wenn der Schuldendienst die Unterhaltung eines soliden Bildungssystems unmöglich macht, schicken die Familien ihre Jüngsten eben zur Arbeit auf die Straße. So verließen in Peru laut Informationen des dortigen Bildungsministeriums 1991 aufgrund der Wirtschaftskrise des hochverschuldeten Landes etwa 40 Prozent der Schüler die Schule. [...] Die Sanierungsprogramme der liberalen Wirtschafts- und Modernisierungstheoretiker haben Geldstabilität und Wirtschaftswachstum als oberste Ziele. Sobald diese erreicht seien, so sagen sie, würde sich auch die Lage der Bevölkerung verbessern. Doch dies ist kein Automatismus und in Ländern wie Thailand, das Anfang der 90er Jahre als Musterschüler der internationalen Währungshüter gilt, ist die Kinderarbeit außergewöhnlich angestiegen. aus: terre des hommes, schuften statt spielen, Osnabrück 1993 M 14: Zum Beispiel Teppichindustrie: Kostenvorteile durch Kinderarbeit? In der Teppichindustrie Indiens, Nepals und Pakistans arbeiten heute ca. 1 Mio. Kinder. Ihre Zahl hat sich in den letzten 15 Jahren parallel zur steigenden Teppichproduktion mehr als vervierfacht. Die Weltmarktpreise für Teppiche sind dagegen ständig gefallen. Doch es ist nicht in erster Linie die Kinderarbeit, die Teppiche so billig macht. Vielmehr nimmt die Kinderarbeit zu, weil immer mehr und immer billigere Teppiche verkauft werden. Hauptverantwortlich für den Preissturz ist der Wechselkursverfall der Währungen der Herstellerländer gegenüber den „harten” Währungen der Abnehmerländer. Gleichzeitig gerieten die Teppichpreise noch durch das Auftreten neuer Anbieterländer (Indien in den 70er, Nepal in den 80er Jahren) auf dem Weltmarkt unter Druck. Auf dem internationalen Teppichmarkt muß sich Indien vor allem über den Preis behaupten. Denn Indiens Teppiche sind in Ermangelung einer eigenen Identität vor allem billige Varianten persischer, nepalisch-tibetischer und chinesischer Muster oder oft auch Lohnfertigungen nach europäischen Entwürfen. Da die Lohnkosten 60 % der Exportpreise ausmachen, bedeutet das, so der renommierte Exporteur Bolanath Baranwal, daß „indische Arbeitskräfte im Vergleich zum Iran, Nepal oder China immer billiger sein müssen, um billigere Versionen der in diesen Ländern gefertigten Teppiche herstellen zu können.” Ein wichtiges Element zur Kostensenkung ist die Kinderarbeit. Sie macht zwar Teppiche für die Kunden in Europa nicht billiger, wohl aber ihre Herstellung, und trägt mit dazu bei, bei wachsendem Preisdruck die tendenziell sinkenden Renditen der Hersteller zu stabilisieren. aus: Werkstatt Ökonomie, InfoMappe der Kampagne gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie, Heidelberg 1994 M 15: Orangen: schlecht für Gesundheit und Konzentration Interview mit Paulo Celio Morini, dem Vorsitzenden der Landarbeitergewerkschaft im Munizip Itapolis (Brasilien) Wie viele Kinder arbeiten in der Orangenregion? In unserer Region um Ribeiro Preto schätzen wir, daß von den 100.000 Landarbeitern etwa 30 bis 35 Prozent Heranwachsende und Kinder sind, die bei der Ernte dabei sind. Wie alt sind die Kinder und Jugendlichen? Das Alter schwankt zwischen 12 und 17 Jahren. Weil die Arbeit mit Orangen eine sehr schwere Arbeit ist, wollen die Produzenten am liebsten Heranwachsende und Jugendliche beim Pflücken. Die Älteren schaffen diese Arbeit schon nicht mehr so, wie die Jungen das machen. Heranwachsende sind noch am Anfang ihrer körperlichen Kräfte und Reife und schaffen mehr Kisten. Da nimmt man sie bei der Ernte lieber. Welche gesundheitlichen Folgen hat das? Nun, wegen der Geldprobleme der Familien fangen die Kinder sehr früh an zu arbeiten. Mit 11 oder 12 Jahren. Das große Problem ist natürlich, daß die Orangenarbeit zu Lasten des Körpers geht. Denn der Sack, den man um die Schulter hängt, fängt an zu drücken, wenn die Kinder ihn mit Orangen füllen und zu den Kisten tragen. Dieses Gewicht von bis zu 30 Kilogramm schadet dem Körper. Und man muß bedenken, daß ein Kind 60 Kisten am Tag pflückt. Da trägt es 1.800 Kilogramm zusammen. Die Kinder sind auch den chemischen Stoffen ausgesetzt, mit denen die Orangen zum Schutz vor Insekten besprüht werden. Diese Pestizide bringen ernste gesundheitliche Schäden mit sich. Nicht nur für Kinder, sondern natürlich für alle Landarbeiter. Die Orangen werden mit Schwefel und verschiedenen Giften bespritzt, und die lösen vor allem Hautkrankheiten aus. Auch kennen wir Fälle von schweren Vergiftungen. Was ist mit der Schule? Die Arbeitszeiten bei der Orangenernte nehmen keine Rücksicht auf die Schulzeiten. Kinder, die zur Schule gehen wollen, können das nicht, weil sie eben arbeiten müssen. Und die Kinder, die abends in die Schule gehen oder gehen könnten, tun das nicht, weil die Lastwagen erst gegen sechs, halb sieben oder sieben am Abend zurückkehren. Und auch wenn sie rechtzeitig wiederkämen, würde der Körper der Kinder das nicht mitmachen. Wer so schwere Arbeit verrichten muß, hat nur schwerlich die geistigen und körperlichen Kräfte, eine ordentliche Schulbildung jeden Abend durchzuhalten. Das ist unsere große Sorge, daß man den Kindern endlich eine Schulbildung garantiert. Die Arbeit in der Orangenerntezeit muß zunächst mit den Schulzeiten zu vereinbaren sein. [...] aus: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995 M 16: Fragebogen aus: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995 M 17: Kinderarbeit – nicht nur in der „Dritten Welt” Das Thema Kinderarbeit wird im öffentlichen Bewußtsein eher mit den alltäglich für ihr Überleben schuftenden Kindern in den armen Ländern dieser Erde in Verbindung gebracht, als mit dem Nachbarjungen, der Werbezettel verteilt, oder der 13-Jährigen in St.Peter-Ording oder Garmisch-Partenkirchen, die am Wochenende Ferienwohnungen putzt. Die Lohnarbeit von Schulkindern im eigenen Land, wenn sie denn überhaupt wahrgenommen wird, findet wenig Beachtung. Dabei ist Jobben bei den Teenies hierzulande mehr als eine Freizeitbeschäftigung und gehört zur Sicherung eines anspruchsvolleren Lebensstandards mit dazu. [...] Studien haben herausgefunden, daß mehr als die Hälfte der SchülerInnen der achten und neunten Klasse einer Arbeit gegen Entgelt nachgeht, fast die Hälfte davon ist illegale Kinderarbeit. Denn Kinderarbeit ist nach dem geltenden Jugendarbeitsschutzgesetz mit wenigen Ausnahmen verboten, solange die gesetzliche Schulpflicht (i.d.R. neun, in NRW und Berlin zehn Jahre) noch nicht erfüllt ist. Geld, das zumeist für Konsumartikel ausgegeben wird, ist Hauptmotiv für das Arbeiten von Kindern und Jugendlichen bei uns. Notlagen, die Kinder zum Arbeiten drängen, sind den Untersuchungen zufolge eher selten. Dennoch gibt es Hinweise darauf, daß es im Zuge des weiteren Sozialabbaus neben den jugendlichen „Großverdienern”, die ihr Taschengeld auf ein Drei- bis Vierfaches steigern, mehr Kinder geben wird, die ihren Lohn zuhause abgeben müssen. Das Interesse an einem lukrativen Nebenverdienst ist nicht selten größer als an einem erfolgreichen Schulabschluß, zumal für die Hauptschulabsolventen das Ausbildungsangebot immer enger wird. Vielen JungJobbern erscheint es von daher sinnvoller, gleich im Geschäft zu bleiben: Eine „Job-Gesinnung” [...] wird bereits früh entwickelt, zu Lasten einer Berufsperspektive und zugunsten bestimmter Branchen, die den Jobmarkt bedienen. aus: pro Jugend. Fachzeitschrift der Aktion Jugendschutz, Ausgabe Bayern, Nr. 2/96 M 18: Babysitten, Zeitungaustragen – ganz normal für Kinder? Nach Schätzungen des Deutschen Kinderschutzbundes arbeiten 700.000 Kinder regelmäßig, ohne die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten. Sie helfen im elterlichen Betrieb, passen auf die Kleinkinder der Nachbarn auf, tragen Zeitungen aus und vieles mehr. [...] Viele Eltern beurteilen diese Arbeiten als sinnvolle und harmlose Freizeitbeschäftigung. Die Schüler/-innen selbst sehen in der Arbeit eine willkommene Aufbesserung des Taschengeldes. Meistens erfüllen sie sich auf diese Art und Weise ihre größeren Wünsche: teuere Klamotten, neue CDs, den eigenen Fernseher. Bei Jugendlichen sind die, die ihr eigenes Geld verdienen, gut angesehen. Sie erhalten Anerkennung, sind sie doch ein gutes Stück erwachsen, wenn sie sich in der Arbeitswelt zurechtfinden. Für das eigene Selbstvertrauen ist der Job neben der Schule gleichfalls von Bedeutung, denn er erlaubt eine gewisse Unabhängigkeit von den Eltern. Kritiker des Jobbens sehen die Gefahr, daß die Arbeit die Schulleistungen beeinträchtigt und wenig Zeit für Spiel und Sport bleibt. Die Chance, unbeschwert Kind zu sein, könnte zu früh verlorengehen. Erste Untersuchungen in einigen Bundesländern lassen den vorsichtigen Schluß zu, daß Kinder – bedingt durch die veränderte wirtschaftliche Lage in Deutschland – mehr und mehr jobben, um zum Familienunterhalt beizutragen. aus: Kindernothilfe, Arbeit statt Schule, Februar 1998 M 19: Kinderarbeit in Deutschland – ganz legal? Interview mit dem Diplom-Sozialpädagogen Helmut Simon vom Jugendamt der Stadt Duisburg y Seit 1997 gibt es ein neues Jugendarbeitsschutzgesetz, was hat sich geändert? Das grundsätzliche Kinderarbeitsverbot gilt jetzt bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres. Als Kind gilt, wer das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Jugendlicher ist der, der mindestens 15 Jahre, aber noch nicht 18 Jahre alt ist. Im alten Gesetz gab es eindeutige Ausnahmeregelungen für Kinderarbeit. Heute ist eine Beschäftigung von Kindern über 13 Jahre erlaubt, soweit diese leicht und für Kinder geeignet ist. y Was heißt das? Die Sicherheit, Gesundheit und Entwicklung des Kindes darf nicht gefährdet und der Schulbesuch muß gewährleistet sein. y Die typischen Regelungen der alten Gesetzgebung: Mithilfe in der Landwirtschaft in Familienbetrieben: Wie steht es damit? Diese Arbeiten sind für jüngere Kinder verboten, 14jährige dürfen bis zu drei Stunden pro Tag im Familienbetrieb mithelfen, aber nicht vor oder während des Schulunterrichts. y Brauchen die Kinder bei der Aufnahme einer Arbeit die Einwilligung der Eltern? Die Einwilligung der Eltern ist immer notwendig, sowohl im Rahmen von Kinderarbeit als auch bei der Beschäftigung von 15jährigen. y Wenn Kinder arbeiten, kommt dann nicht die Schule zu kurz? Die Gefahr besteht durchaus. Bei den Kindern, aber nicht bei den Jugendlichen hat die Schule eine ganz starke Rechtsstellung. Sie kann bei einem Leistungsabfall direkt beim staatlichen Amt für Arbeitsschutz das Ende der Kinderarbeit beantragen. y Welche Gefahren sehen Sie durch die Bestimmungen zur Kinderarbeit? Ich sehe die Gefahr der Vernachlässigung der Schule und der beruflichen Ausbildung, wenn der Zwang entsteht, zum Beispiel mit zum Unterhalt der Familie beitragen zu müssen. [...] Kindsein und Schule drohen dabei zu kurz zu kommen. Gesprächspartnerin: Beate Reuker aus: Kindernothilfe, Arbeit statt Schule, Februar 1998 M 20: Arbeit hat noch keinem geschadet? Ergänze die folgenden Halbsätze und begründe Deine Aussage nach Möglichkeit: 1. Die schwerste Arbeit, die ich in meinem Leben bisher zu verrichten hatte, war für mich... 2. Daß Jugendlichen unter 14 Jahren bei uns „Arbeit gegen Entgelt” grundsätzlich verboten ist, finde ich... 3. Arbeit sollte nur dann für Jugendliche verboten sein, wenn... 4. Den Lohn aus meiner Arbeit würde ich... 5. Arbeit hat gegenüber der Schule den Vorteil, daß sie... 6. Wenn Familien wenig Einkommen haben, sollten Kinder... nach: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995 M 21: Auf Kosten der Schulbildung Markus ist in der 10. Klasse und will nächstes Jahr seine Mittlere Reife schaffen. Unmittelbar nach Schulschluß begibt er sich auf schnellstem Weg in einen Baumarkt, denn hier arbeitet er täglich von zwei bis sechs. Am Samstag ist er dann außerdem von früh bis abends im Betrieb seines Vaters beschäftigt. „Während der Woche ist es sehr stressig”, räumt er ein, „ich habe große Schwierigkeiten, pünktlich in die Schule zu kommen. Darum habe ich neulich auch einen Verweis bekommen.” Aufgeben will er dennoch nicht, da er das Geld angeblich für Kleidung, Auto, Führerschein und eine neue Zimmereinrichtung braucht. Markus ist nicht der einzige in seiner Klasse, der neben der Schule jobbt. Über die Hälfte der anderen 16- und 17jährigen hat schon in den Ferien oder nach dem Unterricht gearbeitet, so als Verkäufer, als Kassiererin in einem Supermarkt, als Lagerist oder Schreibkraft. Manche jobben nur ein oder zwei Monate lang, andere das ganze Jahr hindurch, oft an zwei Tagen pro Woche. Der Verdienst schwankt zwischen 8 und 15 Mark. Nachfragen in anderen 10. Klassen brachten die gleichen Ergebnisse: mindestens die Hälfte hatte Jobs. Für viele Schüler und Schülerinnen gehört Malochen offensichtlich zum Schulalltag. Das deckt sich mit bundesweiten Untersuchungen. Rund 40 Prozent der 14- bis 16jährigen gehen in Deutschland mehr oder weniger regelmäßig gegen Lohn arbeiten. Bei mindestens 500.000 Kindern, so eine Schätzung des Kinderschutzbundes, wird dabei regelmäßig gegen Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes verstoßen. Denn danach darf, wer das 10. Pflichtschuljahr noch nicht absolviert hat, zwischen 18 und 8 Uhr nicht arbeiten, ansonsten nur für vier Wochen im Jahr während der Schulferien. Für Betriebsinhaber kann die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen durchaus eine rentable Angelegenheit sein, denn die Kids sind mit weniger Geld zufrieden, außerdem spart der Arbeitgeber die Zahlung von Sozialleistungen und kann das Arbeitsverhältnis jederzeit wieder lösen. Keiner der von uns befragten Jugendlichen hatte ein schlechtes Gewissen. Die Eltern hätten nichts dagegen, so die pauschale Antwort; sie seien sogar froh, weil sie dadurch finanziell entlastet wären. Die meisten Schüler meinten auch, daß ihre schulischen Leistungen in keiner Weise beeinträchtigt würden, – eine Behauptung, die einer näheren Überprüfung nicht standhielt. So wirkt Markus im Unterricht zerfahren und unkonzentriert, bekommt vieles nicht mit und hat häufig keine Hausaufgaben. Auch Jasmin, die zweimal die Woche jeweils vier Stunden Geld verdienen muß, stört häufig den Unterricht, ist aggressiv und gereizt. So mancher Lehrer vermutet, daß die Abwesenheit einiger Schüler, wenn Schulaufgaben geschrieben werden, mit der Arbeitsbelastung zusammenhängt. Was machen die jungen Leute mit dem verdienten Geld? Meistens wird es sofort wieder ausgegeben, z. B. für Zigaretten, CDs und teure Kleidung. Gespart wird auch, um später den Führerschein, einen Skiurlaub oder die Sommerreise finanzieren zu können. „Mein Taschengeld reicht hinten und vorne nicht. Ohne Nebenverdienst kann ich mir mein Leben nicht vorstellen”, sagt Iris, „ein gewisser Wohlstand muß doch sein.” Auch die Jugendlichen, die noch nicht gejobbt haben, würden gern eine Arbeit annehmen, haben nur noch nichts Passendes gefunden. „Nicht nur wegen des Geldes, sondern auch, weil man da gleich erfährt, wie es im Beruf zugeht”, argumentiert Michael. Nur sieben Schüler von den knapp 70, mit denen ich gesprochen habe, gaben deutlich zu erkennen, daß sie kein Interesse an einer Beschäftigung hatten, weil die Schule wichtiger sei oder weil die Eltern es ihnen nicht erlaubten. Etliche der Schüler mit Dauerbelastung, so ist zu befürchten, könnten möglicherweise eines Tages ihr Verhalten bereuen. 30 Stunden pro Woche Unterricht, mindestens zehn Stunden für Hausaufgaben, und dann noch regelmäßig fünf bis zehn Stunden arbeiten, das überfordert die meisten physisch und psychisch. Sinken dann die schulischen Leistungen, was angesichts des angespannten Arbeitsmarktes dazu führen kann, daß wegen mittelmäßiger Noten keine Lehrstelle gefunden wird, erweist sich der verfrühte Start ins Arbeitsleben als Bumerang. Was gegen die wachsende Zahl arbeitender Kinder und Jugendlicher spricht, ist allerdings nicht nur, daß sie sich leichtfertig Berufschancen verspielen. Hinzu kommt: Teenager, die regelmäßig während der Schulzeit jobben, nehmen Erwachsenen die Arbeit weg. [...] Thilo Castner aus: pro Jugend. Fachzeitschrift der Aktion Jugendschutz, Ausgabe Bayern, Nr. 2/96; zuerst erschienen unter dem Titel „Raubbau mit Kraft und Lebenschancen” in: Das Parlament, Nr. 49, 1.12.1995 M 22: Rollenspiel Die Rollenkarten sind auf der Rückseite abgedruckt. aus: Deutsches Komitee für UNICEF, Kinderarbeit – Eine Bildkartei für Unterricht und Bildungsarbeit, Köln 1997 M 23: Warum Rosario nicht mehr arbeiten muß In den letzten beiden Jahren hat Rosario bei der Ernte in der Orangenplantage gearbeitet. dadurch konnte er zeitweise nicht zur Schule gehen. Aber damit ist es jetzt vorbei. Rosario braucht nicht mehr zu arbeiten, denn ... Erzählt die Geschichte von Rosario zu Ende. Schreibt auf, wie es dazu kam, daß Rosario nicht mehr auf der Plantage arbeiten muß. Was hat sich an seiner Situation verändert? nach: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995 M 24: Was man gegen Kinderarbeit tun könnte: Zum Beispiel Orangensaft A. Man sollte alles so lassen. Die Familien sind doch froh, wenn ihre Kinder etwas Geld nach Hause bringen. B. Die Leute hier sollten sich weigern, Orangensaft aus Brasilien zu kaufen, weil sie damit Kinderarbeit unterstützen. C. Man müßte die Einfuhr von Orangen aus Brasilien verbieten, solange dort Kinderarbeit im Orangenanbau an der Tagesordnung ist. D. Der brasilianische Staat müßte Kinderarbeit streng verbieten und die Einhaltung der Gesetze überwachen. E. Die Verbraucher hier sollten 10 Pfennig pro Liter O-Saft mehr bezahlen. Mit dem Geld müßten die Kinder in Brasilien unterstützt werden, vor allem bei ihrer Ausbildung. F. Man müßte Kinderhilfsorganisationen unterstützen, die versuchen, mit ihren Projekten den Kindern in Brasilien Ausbildung und ihren Familien ein ausreichendes Einkommen zu geben. G. Wir sollten besser Apfelsaft statt O-Saft trinken. Dann würde sich das Problem der Kinderarbeit in Brasilien von selbst lösen. Und für die Umwelt wäre es auch besser. Wie steht Ihr zu den einzelnen Aussagen? Bitte begründet Eure Entscheidung. nach: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995 M 25: Was kann ich tun? Beurteilt die unten aufgezeigten Möglichkeiten, die Ihr habt, um persönlich, mit Eurer Familie, mit Eurer Schule, in Eurer Gemeinde etwas gegen Kinderarbeit zu tun. Mögliche Einschätzungen: ganz richtig – das probiere ich aus – lohnt nicht – ganz falsch. 1. fair gehandelte Produkte kaufen 2. auf bestimmte Produkte verzichten (z. B. Billigkleidung) 3. auf Warenzeichen achten 4. fifty-fifty-Aktion (die gleiche Summe, die man für eine nicht notwendige Anschaffung ausgebt, spendet man für ein soziales Projekt) 5. mehr Geld für die Entwicklungshilfe fordern 6. sich genauer über Kinderarbeit und Dritte Welt-Probleme informieren 7. gar nichts tun, weil es immer Arme und Reiche geben wird. nach: Kindernothilfe, Arbeit statt Schule, Februar 1998 M 26: Meinungen „Kinderarbeit ist ein viel zu schönes Wort, denn Kinderarbeit ist Sklaverei. Kinderprostitution ist Mord. [...] Kinder, die zur Arbeit gezwungen werden, während ihre Eltern arbeitslos sind – das ist doch verrückt!” „Bei der Bekämpfung der Kinderarbeit sind wir auf das Verständnis der entwickelten Länder angewiesen, weil das Problem viel zu komplex ist, als daß wir es allein lösen könnten.” Arbeitsminister Arunachalam aus Indien Bundesarbeitsminister Norbert Blüm „Als Vertreter Afrikas geht es mir nicht darum, Kinderarbeit zu verurteilen, denn Kinderarbeit ist bei uns ein Teil der Erziehung und eine Alternative zur Bettelei und Kriminalität. Die schlimmsten Auswüchse müssen allerdings unterbunden werden.” Arbeitsminister Diop aus Senegal „Ich sage ja zur Arbeit, aber nein zur Zwangsarbeit. Viele Eltern haben unser verdientes Geld bitter nötig. Wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen und die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen.” Ana, ein Mädchen aus Nicaragua, das seit seinem 8. Lebensjahr auf der Straße Taschen verkauft aus: Kindernothilfe, Arbeit statt Schule, Februar 1998 M 27: Nicht mehr arbeiten dürfen ist schlecht ... Besser wäre, nicht mehr arbeiten zu brauchen! Allgemeine Verbote für Kinderarbeit sind problematisch. Sie verändern nichts an dem ökonomischen Zwang für Kinder, arbeiten zu müssen, um zu leben. Entgegen seiner Absicht entsteht durch das Verbot ein schutzloser Raum für Kinder, die arbeiten. Denn für etwas, was grundsätzlich verboten ist, können Kinder nichts einklagen: keine besseren Löhne, keinen Gesundheitsschutz, keine geregelten Arbeitszeiten. Kinder und Kinderarbeit dürfen nicht zur Beruhigung unseres schlechten Gewissens und moralischer Ansprüche funktionalisiert werden. Das heißt, moralische Empörung reicht nicht aus! Es muß nach den Ursachen und dem Kontext von Kinderarbeit gefragt werden. Es müssen Kriterien entwickelt werden, die Kinderarbeit differenzieren in ausbeuterische, schädliche und in sinnvolle Tätigkeiten [...]. Kindern müssen praktikable und wirkungsvolle Alternativen angeboten werden. Sie dürfen mit ihrer Lebensrealität nicht alleine gelassen werden, sondern brauchen Angebote, die es ihnen ermöglichen, ihren aktuellen Lebensunterhalt zu sichern und gleichzeitig eine Lebensperspektive zu entwickeln. Insgesamt muß sehr viel mehr an schulischer Ausbildung angeboten werden; aber auch in für die Kinder akzeptablen Formen, die ihre Lebens- und Arbeitssituation mit einbeziehen. Kindergerechte Lebensbedingungen können nur gemeinsam mit Kindern entwickelt werden. Ein erster Schritt, die Lebenssituation von Kindern zu verbessern, ist, sie ernst zu nehmen in ihren Bedürfnissen, Erfahrungen und in ihrer Weltsicht. Bisher haben Erwachsene alle Rechte, Kinder überhaupt keine. Jedenfalls keine, die sie selbst einklagen können [...]. Daß Kinder sich als politisch-soziale Subjekte empfinden, wird in den Versuchen [...] deutlich, sich selbst zu organisieren. [...] Der Kampf gegen Kinderarbeit muß die Ursachen von Armut und Elend in der Dritten Welt einbeziehen. [...] Der Hinweis aus den Industrieländern, daß viele der verantwortlichen Faktoren in den Ländern der Dritten Welt selbst liegen [...] bleibt so lange unglaubwürdig, wie wirtschaftliche Anstrengungen dieser Länder dadurch konterkariert werden, daß sich die Industrieländer z. B. durch Zollschranken gegen konkurrenzfähige Produkte aus der Dritten Welt abschotten. Eine Verbesserung der Situation in Afrika, Asien und Lateinamerika und damit die Verminderung des Zwangs für Kinder, ihren Lebensunterhalt oder den ihrer Familien durch Arbeit zu verdienen, wird die Industrieländer, d. h. uns alle, etwas kosten! [...] aus: DGB-Bildungswerk/Nord-Süd-Netz (Hg.), Kinderarbeit in der Dritten Welt, 2., aktualisierte und überarbeitete Auflage, Mai 1993 M 28.1: Eine Chance für die Müllkinder von Payatas (Dia 1) Von Jovencio habt ihr schon erfahren, wie gefährlich das Leben der „Müllkinder” ist.1 Wie er leben und arbeiten in Manila auf den Philippinen viele Kinder auf der Müllkippe. (Dia 2) Direkt neben der Müllhalde leben die Familien in armseligen Hütten. Hunger und Krankheiten, der ständige Gestank von der Müllkippe prägen ihr Leben. Vor drei Jahren veränderte sich für einige Familien vieles. Drei Priester zogen zu den Menschen auf die Müllhalde. (Dia 3) Gemeinsam mit den Kindern und Eltern, vor allem den Müttern, versuchen die Priester, das Leben auf der Müllhalde zu verbessern. So ist ein kleines Zentrum entstanden, in dem sich viele Rat holen können. In der Gemeinschaftsküche kochen Frauen, die früher selbst Müllsammlerinnen waren, einfache Mahlzeiten, die an Kinder verteilt werden. (Dia 4) Die kleine Apotheke des Priesters ist für viele Kinder Rettung in der Not, wenn sie sich auf der Müllhalde verletzt haben oder ernsthaft erkrankt sind. Der Priester gibt Kindern und Müttern Ratschläge, wie sie Krankheiten verhindern können und was sie zum Beispiel bei Durchfallerkrankungen beachten müssen, damit Säuglinge und Kleinkinder nicht sterben. (Dia 5) Die Priester und die vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer können vorerst nicht vermeiden, daß die Kinder weiter auf der Müllhalde arbeiten müssen. Aber sie versuchen, das Leben der Kinder zu verbessern. Sie sorgen dafür, daß die Kinder nicht mehr den ganzen Tag arbeiten und daß sie ein regelmäßiges Essen bekommen. So können sie neben der Arbeit die Schule besuchen und haben auch Zeit, im Zentrum zu basteln, Theater zu spielen oder einfach herumzutollen. M 28.2: Monte Azul – ein Lichtblick für die Kinder in der Favela (Dia 1) Am Rande von São Paulo, einer großen Stadt in Brasilien, leben Tausende Kinder in einfachen Hütten in großer Armut. Viele dieser Kinder müssen arbeiten, um überleben zu können. Die Schule können sie deshalb nicht besuchen. (Dia 2) Aber in ihrer Nähe gibt es einen Ort, wo sie gern sind, wo sie fröhlich sein können, wo sie ihre großen Sorgen für einige Stunden vergessen können: Es ist die Tagesstätte „Monte Azul”, das heißt ”Blauer Berg”. Hier bekommen die Kinder etwas zu essen und werden medizinisch versorgt. Sie müssen nicht mehr auf der Straße arbeiten, sondern können zur Schule gehen. (Dia 3) Was für die älteren Kinder in der Favela besonders wichtig ist, ist die Chance, einen Beruf zu lernen. Deshalb werden Jungen als Schreiner ausgebildet. Sie lernen zu sägen, zu hobeln und Holz zu verarbeiten. Besonders stolz sind die kleinen Schreiner, wenn sie die ersten Holzteile fertig haben: Bausteine, Holzautos und Holzspiele. Diese können sie an Freunde, Verwandte oder Nachbarn verkaufen. So verdienen sie ein wenig Geld, um die Not ihrer Familie wenigstens etwas zu lindern. (Dia 4) Ältere Schüler stellen sogar Schulmöbel her, die an andere Schulen verkauft werden. Mit dem Geld können wieder neues Holz und Werkzeug gekauft werden. Wenn die Schüler alt genug sind, verlassen sie die Tagesstätte, um als Schreiner zu arbeiten. Andere bleiben in der Werkstatt, um jüngere Kinder auszubilden. Lesen und Schreiben und eine Berufsausbildung sind wichtige Voraussetzungen, sich und die eigene Familie einmal ernähren zu können. Die Tagesstätte „Monte Azul” ist ein Lichtblick im Leben der Menschen in der Favela, in der Not, Armut und Gewalt zum täglichen Leben gehören. Die Dias zu beiden Projektbeispielen können bei der Kindernothilfe angefordert werden (Adresse im Anhang des Begleitheftes), sie sind aber im Blick auf deren Aussagekraft nicht unbedingt nötig. Anmerkung 1: Jovencio vgl. Material M 5 nach: Kindernothilfe, Kinderarbeit in der Dritten Welt, November 1993 Vgl. dazu auch das Video „Unter Aasgeiern. Die Müllkinder von Payatas” (Dauer: 10 Minuten), zu entleihen bei der Kindernothilfe (Adresse im Anhang des Begleitheftes) M 29.1: Unter „Aasgeiern” Sechs Uhr morgens: Der Berg von Payatas brennt. Geisterhaft zeichnen sich durch den dichten Qualm die Silhouetten von Kindern ab. Die Gesichter notdürftig mit Tüchern vermummt graben sie inmitten der Glut nach Cola-Dosen. Mehrere tausend Familien leben von und mit diesem Müllberg, dem zweitgrößten in Manila, der philippinischen Hauptstadt. Damit das Geld reiht, müssen alle Kinder mitarbeiten. Im Morgengrauen greift die 13jährige Josephine ihren Eisenhaken und läuft in Richtung Müllhalde. Josephine und ihre Familie sind „Scavengers”, „Aasgeier”, wie sie sich alle hier nennen. Sie leben von den Überbleibseln der großstädtischen Wegwerfgesellschaft. Die Müllberge sind ein durchorganisiertes Geschäft. Polizisten kassieren Wegzölle, eine „Müllmafia” mit Verbindung zur Politik bereichert sich am Umsatz der Recycling-Ware, und am unteren Ende der Leiter schuften die müllsammelnden Scavengers für einen Hungerlohn. Überall liegen riesige Stapel sortierter Pappkartons, Berge geordneter Blechbüchsen und Plastikplanen. „Ich brauche zwei Tage”, erzählt Josephine, „bis ich genug Material gesammelt habe, um es verkaufen zu können.” Sie sortiert den Müll nach Plastikresten, Flaschen und Metalldosen und bringt ihn zu einem der zahlreichen „Junk-Shops”. Hier wird das Material abgewogen und an Recycling-Händler weiterverkauft. Josephine erhält zwischen 50 und 100 Pesos je nach Qualität ihrer Müll-Ware, zwei bis vier Mark für zwei Tage Knochenarbeit, wenn der Händler fair ist: „Oft werden wir Kinder beim Abwiegen übers Ohr gehauen”, sagt Josephine. Und dann zeigt sie uns ihre breiten Narben an Knien und Füßen: „Hier bin ich in einen langen Nagel getreten. Das war besonders schmerzhaft, weil er sich tief ins Fleisch gebohrt hat. Und das am Knie kommt von zerbrochenem Glas, als ich im Müll gestolpert bin.” Zwei Kilometer von Josephines Haus entfernt findet sich ein kleines robustes Gebäude aus Stein. Nachmittags sitzt Josephine hier an der Nähmaschine. Mitarbeiter des Vinzentiner Missionsprojektes, das die Kindernothilfe unterstützt, haben ihr die Grundlagen im Anfertigen von Kleidungsstücken beigebracht. Mit anderen Kindern lernt sie auch, kunstvolle Postkarten aus Recycling-Papier herzustellen, die wie die genähten Kleidungsstücke gewinnbringend verkauft werden. „Wir wollen den Kindern und ihren Eltern Alternativen zur Arbeit im Müll aufzeigen,” erläutert Sozialarbeiterin Gloria. „Besonders wichtig ist es, ihnen die hohe Bedeutung der Schulbildung klarzumachen. Die Eltern sehen meist nur die kurzfristige wirtschaftliche Notwendigkeit der Mitarbeit der Kinder im Müll.” Josephine ist zuversichtlich, daß sie einmal nicht mehr im Müll zu arbeiten braucht. Durch das Müllsammeln und ihre Nebenverdienste im Vinzentiner Projekt hat sie gerade genug Geld, um die Gebühren für die Schule zu bezahlen. Sie träumt davon, später einen Beruf ergreifen zu können, der sie und ihre Familie von den „Aasgeiern” erlöst. Martin Buchholz M 29.2: Alptraum Kinderprostitution Auch die heute 17jährige Marlyn tanzt [beim Start des Global March in Manila] den „Traum von der Kindheit”. Vor drei Jahren wurde sie von einer deutschen Urlauberin zu einem Ausflug nach Deutschland eingeladen. Dort angekommen zwangen die Frau und ihr Mann das Mädchen unter Mordandrohung drei Monate lang zur Prostitution und schickten sie nach Ablauf des Visums zurück auf die Philippinen. Das Verbrechen ist bis heute ungesühnt. Später wurde Marlyn gemeinsam mit der damals 11jährigen Pia auf den Philippinen von dem deutschen Sextouristen Thomas Breuer mißbraucht. Die Sache flog auf, Breuer entkam nach Deutschland. Marlyn und Pia fanden Zuflucht im Schutzund Therapiezentrum PREDA des irischen Paters Shay Cullen. Unter Mitwirkung von PREDA wurde Breuer in Deutschland der Prozeß gemacht, die Zeugenaussagen von Marlyn und Pia vor dem Gericht in Iserlohn – erstmalig in der deutschen Rechtsgeschichte – führten 1996 zur Verurteilung Breuers zu dreieinhalb Jahren Gefängnis. Im Therapiezentrum von Father Shay lernen Pia und Marlyn seitdem, ihre traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten. Ihr Schicksal ist kein Einzelfall, wie Father Shay erklärt, der – genauso wie Marlyn und Pia – beim Start zum Global March in Manila dabei ist: „Die sexuelle Ausbeutung von Kindern ist eine der verbreitetsten Formen von Kindersklaverei auf der Welt. Und wir leben in einer Generation der Schande, die das toleriert und einfach wegschaut, wenn Tausende von Kindern sexuell mißbraucht, gefoltert und ermordet werden. Deutsche gehören mit anderen westlichen Sextouristen zu den schlimmsten Kinderschändern. Sie kommen nach Thailand, nach Sri Lanka, nach Indien oder hier auf die Philippinen und suchen sich Kinder in den Bordellen aus. Wir wollen diese Leute aufhalten, sie vor Gericht bringen, und wir fordern die Weltöffentlichkeit auf, uns im Kampf gegen die Kinderprostitution zu unterstützen und Druck auf die Regierungen auszuüben, daß sie wirklich Ernst machen mit der Strafverfolgung der Täter.” aus: Zeitschrift „Kindernothilfe”, 1/1998 Anmerkung: Josephine und Marlyn erscheinen auch auf dem Video „Lernen statt schuften”. M 30: Kinderarbeit nicht boykottieren? Sanktionen gegen Kinderarbeit nützen nach Meinung von UNICEF wenig und treffen oft die Falschen. Die Aufrufe in den Industrieländern zu Einfuhrverboten und Boykotten von Produkten aus Kinderarbeit haben für viele Kinder zur Folge, daß sie entlassen werden. Statt dessen solle man dafür sorgen, daß auch die ärmsten Kinder in den Entwicklungsländern in die Schule gehen können und daß den Eltern alternative Einkommensquellen erschlossen werden. Als Beispiel nannte UNICEF Bangladesch. Dort haben nach der Androhung eines Handelsboykotts etwa 50.000 Kinder ihre Arbeit verloren. Vor allem Mädchen in Textilfabriken waren von Entlassungen betroffen. Um trotzdem noch einen Verdienst zu haben, waren viele gezwungen, ihr Geld als Straßenverkäufer, Dienstmädchen oder Prostituierte zu verdienen. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, hat UNICEF in Bangladesch im Januar 1996 ein neues Programm gestartet. In der Hauptstadt Dhaka wurde die erste Schulklasse für Kinder eingerichtet, die früher in der Textilindustrie beschäftigt waren; landesweit sind rund 400 solcher Klassen geplant. Um den Einkommensausfall de Familien auszugleichen, bekommen die Kinder ein monatliches Stipendium von 300 Taka (umgerechnet etwa zehn Mark), etwa die Hälfte ihres bisherigen Monatslohnes. Ziel dieses Programmes ist es, qualifizierten erwachsenen Angehörigen der Kinder die Möglichkeit zu geben, an deren Stelle in den jeweiligen Firmen zu arbeiten. aus: Praxis Geographie 9/96 M 31: Kinder haben das Recht zu arbeiten „Unsere Arbeit sollte nicht verboten werden, denn wo sollen wir sonst das Geld für unser Essen herbekommen?” meint der nicaraguanische Junge Ramón. Aus demselben Grund schließen sich immer mehr arbeitende Kinder in der ganzen Welt zusammen, um gemeinsam gegen ein Verbot von Kinderarbeit und für die Respektierung ihrer Rechte als Kinder einzutreten. [...] Viele indische Nicht-Regierungsorganisationen vertreten eine Position der strikten Ablehnung von Kinderarbeit. Sie argumentieren, die billig entlohnten Kinder würden mit den Erwachsenen konkurrieren und sie erwerbslos machen. Deshalb fordern sie vom Staat eine Durchsetzung der Schulpflicht. Auch die Organisation CWC [Concerned for Working Children] versucht, die Ausbildung der Kinder zu fördern, doch sie sollen auch arbeiten dürfen. Ihre Meinung muß angehört und ihre Arbeit respektiert werden. [...] In Bangladesch haben zahlreiche Textilfabriken aus Angst vor internationalen Boykottaktionen rund 55.000 Kinder entlassen. Daraufhin nahmen die meisten dieser Kinder eine andere Beschäftigung im informellen Sektor auf oder verloren sich auf den Straßen der großen Städte. Die Ernährungs- und Gesundheitssituation der meisten dieser Kinder verschlechterte sich dramatisch. Aus Sorge um ihren Arbeitsplatz veröffentlichten zehn minderjährige Textilarbeiterinnen und -arbeiter eine Petition, in der sie auf ihre Situation aufmerksam machten: „Heute müssen sich die jungen Kollegen, die bisher entlassen wurden, prostituieren, in Steinbrüchen arbeiten oder Müll sammeln. Unsere Hoffnung ist, daß wir in Zukunft drei bis sechs Stunden am Tag arbeiten dürfen. Das würde uns auch die Möglichkeit geben, zur Schule zu gehen.” Auszug aus: terre des hommes, Ein Recht auf Kinderarbeit? Osnabrück, Juni 1996 M 32: Teppiche ohne Kinderarbeit: Das Warenzeichen RUGMARK Was will RUGMARK? RUGMARK trägt dazu bei, daß Kinder in der Teppichindustrie schrittweise durch erwachsene Knüpferinnen und Knüpfer ersetzt werden. Diese erhalten Löhne, die wenigstens den staatlichen Mindestlöhnen entsprechen. RUGMARK unterstützt die soziale Eingliederung der ehemaligen „Teppichkinder” und die Schaffung einer Lebensperspektive für sie, ihre Familien und Dorfgemeinschaften. Das Warenzeichen RUGMARK RUGMARK ist ein eingetragenes und geschütztes Warenzeichen. Es wird durch lizensierte Exporteure, die die RUGMARK-Vergabekriterien erfüllen, an Teppichen angebracht. Über eine individuelle Seriennummer auf jedem Siegel sowie eine interne Codierung in den Datenbanken der RUGMARK-Stiftungen der Herstellerländer kann die Herkunft eines jeden Teppichs bis zum Knüpfstuhl zurückverfolgt und damit die korrekte Kennzeichnung überprüft werden. Wer ist RUGMARK? RUGMARK-Stiftungen gibt es zur Zeit in den Herstellerländern Indien und Nepal. Die indische RUGMARK-Foundation ist eine Stiftung nach indischem, die Nepal RUGMARK Foundation eine gemeinnützige Nichtregierungsorganisation nach nepalischem Recht. Beide Stiftungen arbeiten eng mit nationalen und internationalen Menschenrechts- und Entwicklungsorganisationen zusammen. [...] Die Vergabekriterien für RUGMARK Das Warenzeichen RUGMARK erhalten Teppichhersteller und -exporteure in Lizenz, die folgende Bedingungen erfüllen: • Vorlage einer schriftlichen, rechtlich bindenden Verpflichtung, auf ungesetzliche Kinderarbeit zu verzichten; in Familienbetrieben ist die Mitarbeit von unter 14-jährigen Kindern oder Geschwistern des Knüpfstuhlbesitzers nur dann erlaubt, wenn diese regelmäßig die Schule besuchen; • Aushändigung einer vollständigen Liste der Lieferanten an die RUGMARK-Foundation; diese Listen werden regelmäßig aktualisiert. RUGMARK registriert und numeriert die Knüpfstühle der Lizenznehmer; • Vorlage schriftlicher Erklärungen der Lieferanten, mit der diese rechtsverbindlich den Verzicht auf illegale Kinderarbeit erklären und zugleich versichern, daß die Entlohnung der erwachsenen Knüpfer mindestens der Höhe der staatlich festgelegten Mindestlöhne entspricht; • Verpflichtung, die Betriebsstätten und Knüpfbetriebe jederzeit durch Inspekteure der RUGMARKFoundation überprüfen zu lassen; solche Kontrollen können jederzeit ohne Voranmeldung durchgeführt werden; • Offenlegung der Aufträge gegenüber der RUGMARK-Foundation; dadurch werden Kontrollen während der Produktion und die Zuteilung einer entsprechenden Anzahl von Siegeln ermöglicht. [...] Was geschieht mit den Kindern? Die Inspektionen sind ein unverzichtbarer Bestandteil von RUGMARK. Das alleine wäre aber wenig sinnvoll, wenn für die Kinder keine Alternativen geschaffen würden. Deshalb bringen die deutschen Importeure Mittel für die Finanzierung von Sozialprogrammen für die Kinder, ihre Familien und Dorfgemeinschaften auf. In Indien unterhält RUGMARK zwei Schulen und ein Rehabilitationszentrum, in Nepal – in Kooperation mit örtlichen Nichtregierungsorganisationen – vier Rehabilitations- und ein Übergangszentrum. So wird der Sorge Rechnung getragen, die befreiten Kinder könnten in neue soziale Notlagen geraten. Flankierend werden entsprechende Sozialprogramme auch von internationalen Hilfsorganisationen – zum Beispiel Brot für die Welt, Misereor, terre des hommes und UNICEF – im Verbund mit lokalen Partnern durchgeführt. aus: Kampagne gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie, InfoBlatt 2, Februar 1998 M 33.1: Mit Sozialklauseln gegen Kinderarbeit? aus: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995 M 33.2: Pro & contra Sozialklauseln Wie kann man bewirken, daß Kinder nicht länger arbeiten müssen? Manche Leute schlagen vor, den Handel mit Produkten, die durch Kinderarbeit hergestellt wurden, zu verbieten. Man soll durch „Sozialklauseln” im Handelsrecht dafür sorgen, daß die Einfuhr solcher Produkte verboten werden kann. Dieser Vorschlag ist umstritten. Diskutieren Sie in Ihrer Kleingruppe die Argumente für derartige Sozialklauseln. Nachher wird ein Streitgespräch stattfinden, bei dem jemand Argumente gegen Sozialklauseln vorträgt. Überlegen Sie sich bitte entsprechende Argumente und Gegenargumente. Wählen Sie in Ihrer Gruppe jemanden aus, der ihre Position im Streitgespräch vertritt. nach: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995 M 34.1: Extreme Fälle von Kinderarbeit Kinder unter Tage: Leben in Gefahr und ständiger Dunkelheit Arbeit unter Tage ist schwerste Körperarbeit. In den zahlreichen Kohle- und Erzbergwerken Kolumbiens werden viele Kinder als billige Arbeitskräfte mißbraucht. Die Kinder werden vorzugsweise in die engen, dunklen Stollen gesetzt, in welche die Erwachsenen nicht hineinpassen. Sie schlagen Kohle aus dem Fels, beladen die Loren und schieben sie unter größter Kraftanstrengung durch das Bergwerk. Zehn Stunden und länger arbeiten sie für einen Hungerlohn in Hitze und ständiger Dunkelheit, im schwarzen, stickigen Staub. Es gibt keine Maßnahmen zum Unfallschutz und zur Arbeitssicherheit. Eine medizinische Betreuung fehlt völlig. Die Kinder besuchen keine Schule. Manche von ihnen sind mit zehn oder zwölf Jahren schon Invaliden wegen der starken körperlichen Belastung und der zahlreichen Unfälle im Bergwerk. Schuldknechtschaft ist eine moderne Form der Sklaverei Zur Abzahlung von Schulden oder zur Finanzierung von Krediten werden Kinder regelrecht verpfändet und in Schuldknechtschaft an Arbeitgeber „verkauft”. Da viele dieser Arbeitgeber jedoch geringe Löhne zahlen oder die Schulden immer wieder künstlich erhöht werden, etwa durch Wucherzinsen, wenn die Kinder zu langsam arbeiten oder ihnen bei der Arbeit Fehler unterlaufen, haben die Kinder zumeist keine Chance, die „Schuld” ihrer Eltern zu tilgen. Schuldknechtschaft als moderne Form der Sklaverei ist besonders in Südasien, teilweise auch in Lateinamerika verbreitet. Opfer sind vor allem die Kinder der ärmsten Familien, die aus Unkenntnis leicht zu täuschen sind. Die Rückkehr oder der Kontakt zu ihren Familien ist den Kindern häufig verboten. Viele dieser Kinder sind neben der harten Arbeit zusätzlich körperlichen oder seelischen Mißhandlungen ausgesetzt. Mädchenarbeit zwischen sozialer und sexueller Ausbeutung Viele Mädchen in Südamerika, den karibischen Ländern und in Südasien arbeiten oft schon in sehr jungem Alter als Haushaltshilfen in fremden Haushalten. Sie leben dort isoliert von ihren Familien, sind häufig rechtlos und ungeschützt der Willkür ihrer Dienstherren ausgeliefert. Ihre Entlohnung ist mehr als spärlich. Dabei müssen sie oft von morgens früh bis spät in die Nacht ununterbrochen arbeiten. Ein Schulbesuch wird ihnen in den meisten Fällen verweigert. Von der wirtschaftlichen und sozialen Ausbeutung der jungen Mädchen ist es oft nur ein kleiner Schritt zum sexuellen Mißbrauch. In Thailand, Indien, auf den Philippinen und in Malaysia werden Hunderttausende junger Mädchen von dubiosen „Arbeitsvermittlern”, die häufig auch als Zuhälter tätig sind, zur Prostitution gezwungen und wirtschaftlich wie auch sexuell ausgebeutet. aus: UNICEF, Kinder der Welt, Nr. IV/95, Kinderarbeit – Die verratene Kindheit 34.2: Ausbeuterische Kinderarbeit So nennt man die besonders unerträglichen Formen von Kinderarbeit, gegen die sofort gehandelt werden muß. Dazu zählen: alle Formen von Sklaverei, Kinderhandel, Zwangsarbeit, Schuldknechtschaft und Leibeigenschaft; Mißbrauch von Kindern zum Beispiel bei der Prostitution, Pornographie und beim Drogenhandel; alle anderen Arbeiten, die die Gesundheit, Sicherheit oder Moral von Kindern gefährden können (zum Beispiel durch verschmutzte Luft, durch das Einatmen von Pestiziden, durch extrem einseitige körperliche Belastungen). nach: Entwurf für die neue ILO-Konvention, 14.1.1998 Warum will man sich bei der neuen ILO-Konvention auf besonders unerträgliche Formen der Kinderarbeit konzentrieren, und was ist darunter zu verstehen? M 35: Die Ziele des weltweiten Marsches gegen Kinderarbeit Das grundsätzliche Anliegen Der Global March will in der ganzen Welt Kräfte zur Durchsetzung der Kinderrechte mobilisieren: Kein Kind darf zu einer Arbeit gezwungen werden, die schädlich sein könnte für seine körperliche, geistige, seelische oder soziale Entwicklung. Jedes Kind hat das Recht auf eine freie Schul- und Berufsausbildung. Der Global March will die Ausbeutung von Kindern ins Bewußtsein der Weltöffentlichkeit rufen, über Ursachen und Folgen schädlicher Kinderarbeit informieren und vor allem Schritte zu ihrer Überwindung bekannt machen. Die konkreten Ziele und Forderungen • • • • • • Der Global March drängt auf die unverzügliche Abschaffung der unerträglichsten Formen von Kinderarbeit. Der Global March fordert Vorrang und internationale Unterstützung für bildungspolitische Programme. Der Global March ruft dazu auf, Armut sowie wirtschaftliche und soziale Ungerechtigkeit zu bekämpfen, die für die Entstehung und das Ausmaß der Kinderarbeit mitverantwortlich sind. Der Global March fordert und setzt sich dafür ein, daß ehemalige Kinderarbeiterinnen und Kinderarbeiter umfassende Hilfe erhalten, um ein Leben ohne Ausbeutung führen zu können. Dazu gehören Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Lage ihrer Familien. Der Global March fordert alle Staaten auf, internationale Konventionen und nationale Gesetze über Kinderarbeit und Schulbildung zu ratifizieren und umzusetzen. Der Global March unterstützt und fordert Warenzeichen für Produkte ”ohne Kinderarbeit” und Selbstverpflichtungen (Verhaltenskodizes) von Unternehmen. aus: Weltweit unterwegs für Kinderrechte. Schließen Sie sich an! Dezember 1997 M 36: Aktionsplan gegen Kinderarbeit Mit der Annahme eines Aktionsplanes sorgte die Internationale Konferenz gegen Kinderarbeit von Oslo im Oktober 1997 für ein zeitgebundenes Programm zur Abschaffung der Kinderarbeit und rief die Staaten dazu auf, die dringendsten und unerträglichsten Formen der Kinderarbeit sofort abzustellen. Der Aktionsplan setzt auf präventive Maßnahmen wie Ausbildung und Erziehung im Kampf gegen die Kinderarbeit und fordert die Staaten auf, „schrittweise” die Kinderarbeit im Schulalter abzuschaffen, vor allem bei Aktivitäten, die den Schulbesuch und die Entwicklung des Kindes beeinträchtigen. Von früher Kindheit an getätigte, weltweite Investitionen in Erziehung und Gesundheit könnten zu einem Instrument der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung werden und die Zahl der arbeitenden Kinder reduzieren. Die wichtigsten Elemente des Aktionsplans Der Aktionsplan fordert • die effektive Abschaffung der Kinderarbeit • die sofortige Entfernung von Kindern aus extremen Formen der Kinderarbeit • nationale Maßnahmen und zeitgebundene Aktionsprogramme • aktive Beteiligung von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden • die Ratifizierung der einschlägigen internationalen Normen und Instrumente wie das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes und das ILO-Übereinkommen 138 • aktive Beteiligung an der Ausarbeitung und Annahme des vorgeschlagenen neuen ILO-Übereinkommens über extreme Formen der Kinderarbeit und • die Unterstützung der Geberländer für IPEC (Internationales Programm der ILO zur Abschaffung der Kinderarbeit) und sein Programm zur statistischen Information und Überwachung der Kinderarbeit. nach: ILO, Welt der Arbeit, Nr. 22, Dezember 1997 M 37: Das Thema nach draußen tragen Erst informieren, dann handeln Nutzt die Möglichkeiten, die Ihr habt, um Euch und andere über den weltweiten Marsch gegen Kinderarbeit zu informieren und über sein Anliegen zu diskutieren. Ihr könnt das im kleinen Rahmen tun (in der Familie, im Freundeskreis), aber auch in der Gemeinde, im Jugendkreis. Informationsmaterial zum Global March und über Kinderarbeit gibt es bei den Koordinationsstellen. Für die Idee begeistern 15.000 Kinder und Erwachsene waren beim Start des Global March in Manila auf der Straße. Ihr könnt an diesem Großereignis teilnehmen, denn die Kindernothilfe war mit einem eigenen Kamerateam dabei. Das dabei entstandene Video „Lernen statt schuften” ist durch die Interviews mit ehemaligen Kinderarbeitern und mit Kailash Satyarthi, dem Organisator des Global March, sehr anschaulich und lädt zum Mitmachen ein. Ihr könnt es bei den Koordinationsstellen ausleihen. Mit einer Vorführung im kleinen oder großen Kreis findet Ihr bestimmt MitstreiterInnen für eine Beteiligung am Global March. Die Idee verbreiten Plakate und Handzettel helfen mit, die Idee des Global March zu verbreiten und auf das Thema „Kinderarbeit” aufmerksam zu machen. Sie können in Geschäften, Banken und Sparkassen, öffentlichen Gebäuden, Kirchen, Schulen, Firmen und ... und ... und ... ausgehängt bzw. ausgelegt werden. Plakate und Handzettel zum Global March gibt es bei der Kindernothilfe und bei den Koordinationsstellen. Natürlich könnt Ihr sie auch selbst gestalten ... Die Route verfolgen Mit einer großen Weltkarte, die zum Beispiel in der Schule angebracht wird, läßt sich die Route des Global March verfolgen. Mit der Zusatzinformation „Noch x Tage bis zum Eintreffen in y” kann die Spannung gesteigert werden. Daumenabdrücke sammeln Tausende von Daumenabdrücken von Kindern und Erwachsenen aus aller Welt sollen zusammengetragen werden, um zu zeigen, wie viele Menschen den Global March unterstützt haben und dabei waren. Die „Aktion Daumen” soll aber auch das Recht auf Bildung bekräftigen, das den arbeitenden Kindern vorenthalten wird. Die Abdrücke sollen auf DIN A4-Blättern gesammelt und bis zum 22. Mai an die Werkstatt Ökonomie geschickt werden. Dort wird dafür gesorgt, daß die Botschaften nach Genf, zum Zielort des Global March, gelangen. Mehr dazu im Material M 38. Aufsehen erregen Auf dem Schulhof, in der Fußgängerzone, auf öffentlichen Plätzen, überall dort, wo sich viele Menschen aufhalten, sind Aktionen gut, die Aufmerksamkeit erregen. Das kann mit einem kleinen Rollenspiel zum Thema Kinderarbeit erreicht werden oder aber auch durch Mitmachaktionen (Schuhputzer, Steine aus Lehm formen, massenhaft Streichhölzer in Schachteln packen lassen, schwere Säcke schleppen ...). Natürlich läßt sich die Situation der arbeitenden Kinder in Afrika, Asien und Lateinamerika nicht annähernd darstellen. Rollenspiele tragen aber zum Nachdenken bei und helfen, sich dem Thema zu nähern. Bürgerinnen und Bürger interviewen Ihr könnt ältere Leute befragen, die aus eigenem Erleben oder durch Berichte ihrer Eltern erzählen können, wie früher in Deutschland Kinder gearbeitet haben. Oft findet Ihr dazu auch Informationen im Stadtarchiv. Gleichzeitig könnt Ihr Kontakt aufnehmen zum Jugendamt Eurer Stadt und Euch erkundigen, welche Rolle die Arbeit von Kindern und Jugendlichen heute spielt. Die Medien einbeziehen Schreibt Artikel zum Thema Kinderarbeit für die Schülerzeitung, das Gemeindeblättchen, die Kirchenzeitung! Beschreibt die Lebenssituation Eurer Altersgenossen in der „Dritten Welt”, sagt Eure Meinung dazu. Vielleicht gelingt es Euch sogar, einen Artikel in Eurer Regionalzeitung unterzubringen oder einen Beitrag im Hörfunk mitzugestalten: Nehmt mit den Redaktionen Kontakt auf, sie sind in der Regel sehr offen für interessante, phantasievolle Beiträge. Austausch weltweit Das Internet machts möglich: Unterhaltet Euch mit Jugendlichen, die Ihr sonst nie treffen würdet, per Computer. Vom 12. bis 14. Mai findet anläßlich des Global March eine dreitägige Chat-Konferenz, also eine Live-Diskussion, im Internet statt. Dort findet Ihr auch viele Informationen über Kinderarbeit und über den Global March, könnte E-mails verschicken, Eure Meinung sagen und ... und ... und ... Ihr findet den Global March unter www.global-march.de; dort könnt Ihr Eure Entdeckungsreise zu Unterschieden und Gemeinsamkeiten in der Einen Welt beginnen – und Euch unter anderem auch an einem internationalen Wettbewerb beteiligen. Mehr dazu im Material M 40. Koordinationsstellen: Informationszentrum Dritte Welt, Overwegstraße 31, 44625 Herne, Telefon 02323-496970 (PLZ 0-5) und Werkstatt Ökonomie, Obere Seegasse 18, 69124 Heidelberg, Telefon 06221-720296 (PLZ 6-9) M 38: Aktion Daumen Symbol des Global March: Daumenabdrücke Der weltweite Marsch für die Kinderrechte hat ein ebenso einfaches wie eindrückliches Symbol: Daumenabdrücke! In allen Ländern, durch die der Global March zieht, sammeln Kinder und Jugendliche möglichst viele davon. Warum gerade Daumenabdrücke? • Jeder Mensch ist einzigartig. Dafür steht der Daumenabdruck – keiner gleicht einem anderen. Daumenabdrücke sind ein Symbol für die unverwechselbare Besonderheit eines jeden Menschen! • Ein großer Teil der Kinderarbeiterinnen und -arbeiter hat keine Chance, jemals eine Schule zu besuchen, jemals schreiben und lesen zu lernen. Deshalb können sie ihre Meinungen und Forderungen nicht mit ihrer Unterschrift, sondern nur mit ihrem Daumenabdruck bekräftigen. • In vielen Ländern der Erde unterstützen Kinder, Jugendliche und Erwachsene den Global March und schließen sich ihm für eine Teilstrecke an. Ihre Abdrücke stehen für die vielen Menschen, die sich überall auf der Welt für Kinderrechte einsetzen. Auch in der Schule könnt Ihr Daumenabdrücke sammeln. Oder Ihr bittet Menschen in Eurem Ort um Daumenabdrücke. Medienwirksam ist die Sammlung von Daumenabdrücken bekannter Persönlichkeiten. Vielleicht veranstaltet Ihr an Eurer Schule auch einen kleinen Wettbewerb? Welche Klasse sammelt die meisten Daumenabdrücke? Wer „erringt” als erster den Abdruck des Rektors, der Pfarrerin, des Bürgermeisters? Daumenabdrücke sammeln konkret Ihr solltet beim Sammeln nur zwei Vorgaben beachten: Die Abdrücke müssen auf DIN A4-Seiten gesammelt werden, jeweils etwa 20 bis 30 Daumenabdrücke pro Seite. Wichtig ist auch, daß jede und jeder nur einmal ihren und seinen Daumenabdruck hergibt. Ansonsten sind Euch keine Grenzen gesetzt Ihr könnt die Daumenabdrücke mit Fingerfarbe, Stempelfarbe o. ä. zum Beispiel auf dem Briefpapier eurer Schule sammeln. Die Seiten können verschieden gestaltet und zum Beispiel bemalt werden. Ihr könnt verschiedene Farben benutzen oder Euch mit euren Klassenkameraden auf eine Farbe einigen. Ihr könnt Eure Namen dazuschreiben oder einen Slogan, einen Wunsch, eine Forderung oder einen ganzen Brief. Wenn Ihr das Blatt entsprechend gestaltet, haben sogar Eure Paßbilder Platz auf den Seiten. Wenn Ihr die Blätter besonders liebevoll gestaltet habt, denkt daran, sie zur Erinnerung zu fotografieren oder zu kopieren, denn Ihr müßt die Blätter ja weitergeben! Was passiert mit den Daumenabdrücken? Entlang der Routen des Global March und bei den Stafettenmärschen werden die Daumenabdrücke am besten mit einer kleinen Zeremonie weitergereicht. Der Transport der Daumenabdrücke kann zum Blickfang gemacht werden, wenn etwa ein kostümierter „Briefträger” mit altertümlicher Posttasche oder postgelbem Paketkuli die Blätter transportiert. Wenn Ihr abseits der Routen des Global March und der Stafettenmärsche wohnt, schickt die Seiten mit den Daumenabdrücken unbedingt bis zum 22. Mai 1998 an die Werkstatt Ökonomie, Obere Seegasse 18, 68124 Heidelberg. Die Blätter mit den Daumenabdrücken werden dann zu „Büchern” zusammengestellt, die Anfang Juni 1998 in Genf der Internationalen Arbeitsorganisation übergeben werden. Diese „Bücher” enthalten weiter allgemeine Länderinformationen sowie Länderberichte über die Situation der Kinder und insbesondere über Kinderarbeit, Fotos vom Zug des Global March und von Aktionen, die im Zusammenhang mit dem Global March durchgeführt werden: Auf diese Weise halten die „Bücher” das einzigartige Ereignis des weltweiten Marsches für Kinderrechte fest. Kleine „Denkmäler” Zusätzlich zu den für das „deutsche Buch” bestimmten Daumenabdrücken (aber möglichst nicht als Ersatz dafür) könnt Ihr Daumenabdrücke auch auf andere Weise sammeln: Auf einer Weltkugel (Material zum Beispiel Gips oder Luftballon und Papier), auf einer Weltkarte, auf einem Stadtplan Eures Ortes, auf T-Shirts, als Teil einer Collage: Auf diese Weise entstehen kleine „Denkmäler”, die in Eurem Ort bleiben können und sicherlich einen Platz in der Schule finden werden ... M 39: Die Banner des Global March Die Idee In jedem Land, durch das ein Zweig des Global March führt, fertigen Kinder und Jugendliche Banner als Zeichen ihrer Unterstützung des weltweiten Marsches für Kinderrechte. Eines dieser Banner wird (etwa im Rahmen eines nationalen Wettbewerbes) ausgewählt und den „Delegierten” des betreffenden Landes für die Abschlußveranstaltungen in Genf mitgegeben. Auf diese Weise kommt Land für Land je ein neues Banner hinzu. Wenn dann in Genf am Dienstag nach Pfingsten (2. Juni 1998) Tausende junger Menschen aus aller Welt zum Palais des Nations ziehen, wo die 86. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz eröffnet wird, werden sich die bunten und vielfältigen Banner zu einem farbenprächtigen Bild zusammenfügen. (Bei dieser Tagung soll unter anderem das neue Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation über extreme Formen von Kinderarbeit beraten werden.) Auch deutsche Jugendliche, die mit nach Genf fahren, sollen mit einem Banner die Unterstützung unseres Landes für den Global March symbolisieren. Dieses Banner wird von einer Jury am 29. Mai 1998 in Freiburg aus den Bannern ausgewählt, die deutsche Kinder und Jugendliche im Zusammenhang mit dem weltweiten Marsch für Kinderrechte gestaltet haben. Die Banner Alle Banner sollen die gleichen Maße haben (Höhe 130 cm, Breite 65 cm), auf textilen Stoffen gestaltet und so gefertigt werden, daß sie von einer Person senkrecht getragen werden können. Hierzu empfiehlt es sich, den Stoff an der Ober- und Unterkante jeweils durch eine Holzleiste oder eine Stange aus Metall zu stabilisieren. Mithilfe einer soliden Aufhängung wird das Banner mittig an einer einzelnen Tragestange befestigt. Jedes Banner soll möglichst das Logo des Global March und den Slogan „Ausbildung statt Ausbeutung” („From exploitation to education”) aufgreifen und in jedem Fall an irgendeiner Stelle auf Deutschland als Herkunftsland des Banners verweisen. Ansonsten sind der Phantasie bei der Gestaltung der Banner Tor und Tür geöffnet: Die Banner können bestickt, bemalt oder besprüht werden. Batik, Stoffdruck und PatchworkTechnik sind weitere Stichworte für die Vielzahl der Bearbeitungsmöglichkeiten. Wenn Ihr in Eurer Klasse, Eurer Schule, Jugend- oder Konfirmandengruppe ein Banner gestaltet, bedenkt bitte: Die Banner sind mehr als bloße „Transparente” für Demonstrationen, sie sind kleine „Kunstobjekte”, die etwas von Euch erzählen können ... Banner begleiten den Marsch Die Banner werden von Kindern und Jugendlichen bei den Stafettenmärschen und beim internationalen Marsch mitgeführt. Angefertigt werden sie in Orten, die an den Routen des Global March oder der Stafettenmärsche liegen. Beteiligen sich an einem Ort viele Gruppen und Organisationen mit eigenen Bannern, wird es sinnvoll sein, ein bis drei Banner auszuwählen, die auf die Reise geschickt werden. Die Banner werden dann entlang der Routen von Gruppe zu Gruppe und von Etappe zu Etappe weitergereicht, und mit neuen Gruppen kommen neue Banner hinzu: Auf diese Weise wird das farbenfrohe Bild des Global March mit den Bannern aus Asien, Afrika und Europa immer weiter ergänzt. In Freiburg wird dann ausgewählt, welches dieser deutschen Banner der deutschen Delegation für die Abschlußveranstaltungen in Genf mitgegeben wird. (Wenn Ihr Euer Banner nach Abschluß des Global March zurückerhalten wollt, müßt Ihr es mit Eurer Anschrift versehen!) M 40: Global March – Global Chat 1998: Die Internet-Aktivitäten im Rahmen des Global March Die Idee Die Internet-Aktionen ermöglichen den direkten Austausch zwischen Jugendlichen aus vier Kontinenten. Neben der Entdeckung der verschiedenen Lebenswirklichkeiten von Jugendlichen in den vier Regionen (Asien, Afrika, Lateinamerika, Westeuropa) steht als weiterer thematischer Schwerpunkt der Austausch über Kinderarbeit im Vordergrund. Ziele • • • • • Die Welt als Einheit und Verschiedenheit entdecken Die eigene Lebenswirklichkeit aus der Perspektive von Jugendlichen anderer Regionen wahrnehmen Verantwortung und Handlungskompetenz entwickeln Im Themenspektrum der ”Einen Welt” Anstöße zu fächerübergreifendem Unterricht geben Jugendliche zur Erprobung der eigenen Kommunikationsfähigkeit und Fremdsprachenkompetenz motivieren • Jugendlichen in Entwicklungsländern (Schulen und Einrichtungen) die Teilnahme an modernen Kommunikationsformen eröffnen • Die Chancen des Mediums Internet als Anstoß zu fächerübergreifendem Schulunterricht nutzen Offline-Aktivitäten Jede teilnehmende Klasse teilt sich in verschiedene Arbeitsgruppen auf. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen werden in einem internationalen Wettbewerb prämiert und die besten Arbeiten im Netz präsentiert. Sie können dann in der Chat-Konferenz aufgegriffen werden. Offline- und online-Aktivitäten halten sich die Waage. Jede Klasse wird in Arbeitsgruppen zu fünf Themenbereichen offline recherchieren: 1. „Youth of this world” (Fotoreportage) 2. „Das geht UNS an!” (15 Themen, die der Klasse wichtig sind) 3. „Ausbeuterische Kinderarbeit – Warum Kinder arbeiten” (Reportage) 4. „Um die Ecke – So leben Jugendliche im Land ...” (Reportage) 5. „Future Worlds – Eure Erwartungen, unsere Erwartungen” (Umfrage) Online-Aktivitäten • Präsentation der Offline-Aktivitäten und Prämierung der besten Arbeiten anläßlich des Global March in Duisburg am 20. Mai 1998 • Chat-Konferenz am 12.-14.05.98 „Let‘s talk about it!” heißt die Devise auch bei der großen Chat-Konferenz am 12.-14. Mai 1998. Mehr als 200 Schulklassen und Jugendgruppen aus vier verschiedenen Kontinenten bringen ihre Interessen und Erfahrungen aus den offline-Aktivitäten ein. Sie entdecken Themen, fragen und diskutieren mit Jugendlichen, die weltweit am Global March teilnehmen. Im Gespräch mit Journalisten, Projektleiterinnen und leitern sowie Politikern diskutieren sie erfolgversprechende Maßnahmen im Kampf gegen ausbeuterische Kinderarbeit. An dieser Chat-Konferenz können auch Schulen, Gruppen und Jugendliche teilnehmen, die sich nicht an den offline-Aktivitäten beteiligen. • Die Global March-homepage als Service-Stelle: www.globalmarch.de Länderbezogene Hintergrundinformationen zu Kinderarbeit (facts and figures), Projekte gegen Kinderarbeit, Länderinformationen, Serviceknoten für Aktionen im Rahmen des Global March in Deutschland, Kontakte zu Marschgruppen und Projektpartnern und Trägerorganisationen, Life-Berichterstattung vom Marsch, Chatbox Ansprechpartner für die Internet-Aktivitäten im Rahmen des Global March: Kindernothilfe, Jörg Seifert-Granzin, Düsseldorfer Landstraße 180, 47249 Duisburg, Telefon 0203/7789-182, Telefax 0203/7789118, E-mail [email protected] M 41: Marschieren ohne Gleichschritt Märsche – solche und solche. Sie haben nicht mehr gemein als das Wort der deutschen Sprache. Märsche ins Unheil, als SA-Kolonnen dem Nazi-Terror den Weg bereiteten Märsche in den Tod: Parademarsch zum 50. Geburtstag des Führers wenige Monate, bevor „zurückgeschossen” wurde. Todesmärsche von einem KZ zum anderen, als die Mörder noch im Untergang ihre Opfer nicht freigeben wollten. Andere Märsche, ohne Gleichschritt und Präsentiergriff, Märsche des Widerstandes und des Willens zum Leben, Märsche als Hoffnungszeichen im Gedächtnis der Völker: an die Küste Indiens, um eine Handvoll Salz aufzuheben; durch den Süden der USA, damit die Verfassung in „Gottes eigenem Land” endlich farbenblind werde; zu den brachliegenden Riesenfazendas in Brasilien, damit Landlosen ihr verbrieftes Recht zuteil werde. Friedensmärsche in Deutschland; West und Ost, mit und ohne Genehmigung, damit wir lernen sollten, die schützende Hand unseres Gottes vom Schutz der Waffen zu unterscheiden. Und nun die Kinder. Sie haben nicht viel Zeit zu verlieren. Denn in wenigen Jahren ist eine Kindheit ruiniert, unwiederbringlich. Ausgebeutet bis auf Knochen, Lunge und Nieren. Menschliche Wegwerfartikel mit vierzehn. Ausbeuterische Kinderarbeit, illegal und real. Deutschland – ein passendes Land, um für die Kinderrechte zu marschieren, solange Sonderangebote aus Kinderarbeit die Anzeigen füllen und deutsche Urlauber mit Kinderprostituierten gesehen werden. Wenn der Global March Against Child Labour in unsere Heimat kommt: empfangen und begleiten wir die Jungen und Mädchen mit der erschreckend reichen Berufserfahrung, als wäre der zwölfjährige Jesus unter ihnen. Darunter sollten wir es nicht tun. Harald Rohr, Informationszentrum Dritte Welt Herne aus: Franziskaner Mission, 1/1998 M 42: Die Route des Global March in Deutschland M 43: Das Lied zum Global March C G7 C HALINA’T MAKIISA SA GLOBAL MARCH C G7 IHAYAG SA BUONG DAIGDIG G7 ANG MAG PASANING KAYBIGAT G7 C NG MURANG KATAWA’T ISIP C G7 C HALINA’T MAKIISA SA GLOBAL MARCH C7 F ALISIN SA BUONG MUNDO F C HANAPBUHAY NA HINDI DAPAT G7 C PARA SA BATANG TULAD KO G HUWAG SILANG HAYAANG MAGBULAG-BULAGAN G SA ATING KINASADLAKAN D HUWAG SILANG HAYAANG MAGBINGI-BINGIHAN D G G7 SA ATANG MAG KARAPATAN C G7 C ISULONG NATING LAHAT SA GLOBAL MARCH C7 F BUHAY NA MAY DALANG NGITI F C AT EDUKASYON AY PARA SA LAHAT G7 C LIGTAS SA GUTOM AT PIGHATI G7 C LIGTAS SA GUTOM AT PIGHATI F C G7 C HALINA! HALINA! MAKIISA SA GLOBAL MARCH Das ist der philippinische Originaltext; in dieser Fassung ist das Lied bei der Kindernothilfe auf Kassette verfügbar. Und hier eine (singbare) englische Übersetzung: Come join us in the Global March Tell the world of the heavy burden of young bodies and minds Come join us in the global march Banish from the earth all the work unfit for children like me Don’t let them be blind to our situation Don’t let them turn a deaf ear to our rights Forward let us go in the Global March for a life that brings a smile for education for all for freedom from hunger and suffering Come join us in the global march Come join us in the global march Jetzt fehlt nur noch ein deutscher Text. Viel Spaß dabei! Text: Rosario Tanedo Musik: Infomatrix Übersetzung: Marne Kilates Z 1: Vereinte Nationen: Charta der Rechte des Kindes (1959) Das Kind wird vor Vernachlässigung, Grausamkeit und Ausnutzung jeder Art geschützt. Es ist in keinem Fall Gegenstand eines Handels. Das Kind wird erst nach Erreichung eines geeigneten Mindestalters zur Arbeit zugelassen; nie wird es gezwungen oder wird ihm erlaubt, einen Beruf oder eine Tätigkeit auszuüben, die seiner Gesundheit oder Erziehung schaden oder seine körperliche, geistige oder moralische Entwicklung hemmen! Grundsatz 9 der Charta der Rechte des Kindes, beschlossen im Nov. 1959 von der UN-Vollversammlung Z 2: Internationale Arbeitskonferenz: Übereinkommen über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (1973) (Übereinkommen 138) Art. 1: Jedes Mitglied, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, verpflichtet sich, eine innerstaatliche Politik zu verfolgen, die dazu bestimmt ist, die tatsächliche Abschaffung der Kinderarbeit sicherzustellen und das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung oder Arbeit fortschreitend bis auf einen Stand anzuheben, bei dem die volle körperliche und geistige Entwicklung der Jugendlichen gesichert ist. Art. 2, Abs. 1: Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, hat in einer seiner Ratifizierungsurkunde beigefügten Erklärung ein Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung oder Arbeit in seinem Gebiet und auf den in seinem Gebiet eingetragenen Verkehrsmitteln anzugeben; vorbehaltlich der Artikel 4 bis 8 dieses Übereinkommens darf niemand vor Erreichung dieses Alters zur Beschäftigung oder Arbeit in irgendeinem Beruf zugelassen werden. Art. 2, Abs. 2: Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann in der Folge den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes durch weitere Erklärungen davon in Kenntnis setzen, daß es ein höheres als das früher angegebene Mindestalter festlegt. Art. 2, Abs. 3: Das gemäß Absatz 1 dieses Artikels anzugebende Mindestalter darf nicht unter dem Alter, in dem die Schulpflicht endet, und auf keinen Fall unter 15 Jahren liegen. Art. 3, Abs. 1: Das Mindestalter für die Zulassung zu einer Beschäftigung oder Arbeit, die wegen ihrer Art oder der Verhältnisse, unter denen sie verrichtet wird, voraussichtlich für das Leben, die Gesundheit oder die Sittlichkeit der Jugendlichen gefährlich ist, darf nicht unter 18 Jahren liegen. Art. 4, Abs. 1: Soweit notwendig, kann die zuständige Stelle nach Anhörung der beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, begrenzte Kategorien der Beschäftigung oder Arbeit, bei denen im Zusammenhang mit der Durchführung besondere Probleme von erheblicher Bedeutung entstehen, von der Anwendung dieses Übereinkommens ausnehmen. Art. 5, Abs. 1: Ein Mitglied, dessen Wirtschaft und Verwaltungseinrichtungen ungenügend entwickelt sind, kann nach Anhörung der beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, den Geltungsbereich dieses Übereinkommens anfangs begrenzen. aus: Werkstatt Ökonomie, InfoMappe der Kampagne gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie, 1994 Anmerkung: Während von den sieben zentralen ILO-Konventionen sechs von mindestens 120 Staaten ratifiziert wurden, gilt das im Fall der Konvention 138 nur für 138 Staaten (Stand März 1998; nach www.ilo.org). Z 3: Vereinte Nationen: Übereinkommen über die Rechte des Kindes (1989) (UN-Kinderkonvention) Artikel 32 (1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes an, vor wirtschaftlicher Ausbeutung geschützt und nicht zu einer Arbeit herangezogen zu werden, die Gefahren mit sich bringen, die Erziehung des Kindes behindern oder die Gesundheit des Kindes sowie seine körperliche, geistige, seelische, sittliche oder soziale Entwicklung schädigen könnten. aus: Werkstatt Ökonomie, InfoMappe der Kampagne gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie, 1994 Z 4: Vorschlag des Internationalen Arbeitsamtes für die neue ILO-Konvention A. Form der Urkunden 1. 2. Die Internationale Arbeitskonferenz sollte neue Normen über extreme Formen der Kinderarbeit annehmen. Diese Normen sollten die Form eines Übereinkommens und einer ergänzenden Empfehlung erhalten. B. Vorgeschlagene Schlußfolgerungen im Hinblick auf ein Übereinkommen und eine Empfehlung PRÄAMBEL 3. 4. 5. 6. In der Präambel sollte darauf hingewiesen werden, daß das Übereinkommen und die Empfehlung über das Mindestalter, 1973, die grundlegenden IAO-Urkunden für die Abschaffung der Kinderarbeit sind. In der Präambel sollte festgestellt werden, daß neue Urkunden angenommen werden sollten zur unverzüglichen Unterbindung extremer Formen der Kinderarbeit als vorrangiges Ziel der nationalen und internationalen Maßnahmen zur Abschaffung der Kinderarbeit. In der Präambel sollte auf die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 20. November 1989 verabschiedete Konvention über die Rechte des Kindes hingewiesen werden. In der Präambel sollte darauf hingewiesen werden, daß bestimmte extreme Formen der Kinderarbeit Gegenstand anderer internationaler Instrumente sind, insbesondere des Übereinkommens der IAO über Zwangsarbeit, 1930, und des Zusatzabkommens der Vereinten Nationen über die Abschaffung der Sklaverei, des Sklavenhandels und sklavereiähnlicher Einrichtungen und Praktiken (1956). C. Vorgeschlagene Schlußfolgerungen im Hinblick auf ein Übereinkommen INHALT DES VORGESCHLAGENEN ÜBEREINKOMMENS 7. 8. Im Sinne des Übereinkommens sollte der Ausdruck „Kind” für alle Personen unter 18 Jahren gelten. Ein Mitglied, das das Übereinkommen ratifiziert, sollte Maßnahmen zur unverzüglichen Unterbindung aller extremen Formen der Kinderarbeit treffen. 9. Im Sinne des Übereinkommens sollte der Ausdruck „extreme Formen der Kinderarbeit” umfassen: a) alle Formen der Sklaverei oder sklavereiähnlichen Praktiken, wie den Kinderverkauf und den Kinderhandel, Zwangsarbeit, Schuldknechtschaft und Leibeigenschaft; b) die Heranziehung, die Beschäftigung oder das Anbieten eines Kindes für Zwecke illegaler Tätigkeiten, der Prostitution, der Herstellung von Pornographie oder pornographischer Darbietungen; c) jede andere Art von Arbeit oder Tätigkeit, die ihrer Natur nach oder aufgrund der Umstände, unter denen sie verrichtet wird, die Gesundheit, Sicherheit oder Sittlichkeit von Kindern gefährden dürfte, so daß sie unter keinen Umständen zu einer solchen Arbeit oder Tätigkeit herangezogen oder damit beschäftigt werden sollten. 10. Die unter Punkt 9 c) erwähnten Arten von Arbeit oder Tätigkeit sollten durch die innerstaatliche Gesetzgebung oder durch die zuständige Stelle nach Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, soweit solche bestehen, bestimmt werden, wobei die einschlägigen internationalen Normen berücksichtigt werden sollten. Die auf diese Weise bestimmten Arten von Arbeit oder Tätigkeit sollten von Zeit zu Zeit überprüft und erforderlichenfalls revidiert werden. 11. (1) Jedes Mitglied, das das Übereinkommen ratifiziert, sollte alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um seine wirksame Durchführung sicherzustellen, einschließlich der Festsetzung und Anwendung von strafrechtlichen Maßnahmen. (2) Jedes Mitglied, das das Übereinkommen ratifiziert, sollte wirksame Maßnahmen treffen, um zu verhindern, daß Kinder extreme Formen der Kinderarbeit aufnehmen, und um eine geeignete unmittelbare Unterstützung zu gewähren, damit sie von solcher Arbeit weggeholt und rehabilitiert werden. (3) Jedes Mitglied, das das Übereinkommen ratifiziert, sollte die zuständige Stelle bestimmen, die für die Durchführung der Vorschriften zur Umsetzung des Übereinkommens verantwortlich ist. (4) Jedes Mitglied, das das Übereinkommen ratifiziert, sollte die Personen bestimmen, die die Vorschriften der innerstaatlichen Gesetzgebung zur Umsetzung des Übereinkommens einhalten sollten. 12. Die Mitglieder, die das Übereinkommen ratifizieren, sollten Schritte unternehmen, um sich bei der Durchführung der Bestimmungen des Übereinkommens durch internationale Zusammenarbeit oder Unterstützung wie Rechtshilfe oder technische Hilfe gegenseitig zu unterstützen. [...] Quelle: ILO