- Werkstatt Ökonomie

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- Werkstatt Ökonomie
Weltweit
unterwegs
für
Kinderrechte
Werkstatt Ökonomie e.V. (Redaktion: Klaus Heidel), Obere Seegasse 18, 69124 Heidelberg
Tel.: 06 221 – 720 296, Fax: 06 221 – 781 183, eMail: [email protected]
www.globalmarch.de
Materialien für den
Unterricht und die Arbeit
mit Jugendgruppen
Liebe Leserin, lieber Leser,
„Ausbildung statt Ausbeutung: Materialien für den Unterricht und die Arbeit mit Jugendgruppen“ wurde
aus Anlaß des Global March Against Child Labour erstellt und bietet Bausteine an für die Schule und die
Gruppenarbeit. Anliegen der Materialsammlung ist es, Schule und Aktionen in deren Umfeld zu verbinden.
Der Global March bietet sowohl Anknüpfungspunkte für Lernerfahrungen zum Thema Kinderarbeit als
auch eine Vielzahl von Beteiligungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Das gilt für alle Altersstufen; deshalb
konzentriert sich die vorliegende Materialsammlung nicht auf eine Altersgruppe. Wir würden uns wünschen, daß das Thema in Verbindung mit dem Global March nach Möglichkeit fächerübergreifend behandelt wird; deshalb verzichten wir hier auf ausgearbeitete Unterrichtsverläufe.
Zu den folgenden thematischen Bereichen will die Unterrichtsmappe Bausteine liefern:
• Was ist Kinderarbeit? Wo arbeiten Kinder unter welchen Umständen, aus welchen Gründen und mit
welchen Folgen?
• Was kann man, können wir angesichts der Arbeit von Kindern tun?
• Was will der Global March Against Child Labour und welche Möglichkeiten der Beteiligung gibt es?
Nach zwei Kapiteln mit Hintergrundinformationen finden Sie dazu in diesem Begleitheft einige kurze
Anregungen für die unterschiedlichen Klassenstufen (diese nur zur groben Orientierung) und Hinweise
auf die entsprechenden Arbeitsmaterialien.
Der Unterrichtsverlauf muß diesem Schema nicht unbedingt folgen: Wir empfehlen, den Global March als
Rahmen zu nutzen und zum Beispiel mit dem Video „Lernen statt schuften“ (vom Start des Marsches in
Manila) einen positiven und auf die handlungsorientierte Umsetzung der Lerninhalte hinführenden Einstieg ins Thema zu wählen.
Es versteht sich von selbst, daß die Unterrichtsmappe alle Aspekte nur anreißen und keinesfalls erschöpfend behandeln kann. Deshalb sind im Anhang weitere Informations- und Unterrichtsmaterialien genannt.
Im Interesse der Anschaulichkeit – gerade für jüngere Schülerinnen und Schüler – mag es sinnvoll sein,
das Thema Kinderarbeit auf eine konkrete Branche bezogen zu behandeln; entsprechende Materialien
finden Sie ebenfalls im Anhang.
Wir hoffen, daß Ihnen die Unterrichtsmappe einige Hilfestellungen geben kann. Die besonderen Entstehungsbedingungen im Kontext einer laufenden Kampagne haben sicherlich Spuren hinterlassen. Um so
dankbarer sind wir für Kritik und Anregungen.
Uwe Kleinert, Werkstatt Ökonomie
Impressum
Die Mappe „Ausbildung statt Ausbeutung: Materialien für den Unterricht und die Arbeit mit Jugendgruppen“ wurde im Auftrag des Deutschen Bündnisses für den Global March zusammengestellt von der
Werkstatt Ökonomie (Uwe Kleinert), Obere Seegasse 18, 69124 Heidelberg, Telefon (06221) 720296,
Telefax (06221) 781183, E-mail [email protected]
Heidelberg, April 1998
Die Erstellung der Mappe wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (BMZ) gefördert.
Hintergrundinformation 1: Der weltweite Marsch gegen Kinderarbeit
Mindestens 250 Millionen Kinder zwischen fünf und 14 Jahren arbeiten nach Schätzungen der Internationalen
Arbeitsorganisation (ILO) in den Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas unter Bedingungen, die ihre Gesundheit und Entwicklung auf Dauer schädigen. Fast die Hälfte dieser Kinder, nämlich 120 Millionen, schuften
den ganzen Tag über, also zwölf Stunden und mehr.
Kinderarbeit gab es zu allen Zeiten. Und es gibt sie noch auf der ganzen Welt, also auch in den Industrieländern,
auch in Deutschland, wo nach Schätzungen des Kinderschutzbundes 700.000 Kinder regelmäßig arbeiten. Die
ganz überwiegende Mehrzahl lebt aber in den Ländern der sogenannten „Dritten Welt“, davon 153 Millionen in
Asien, 80 Millionen in Afrika und 17 Millionen in Lateinamerika.
Die Bedingungen, unter denen Kinder arbeiten, unterscheiden sich beträchtlich: Da sind die Kinder, die „nur“
ihr Taschengeld aufbessern wollen; andere Kinder helfen ihren Eltern gelegentlich im Betrieb (etwa in der bäuerlichen Landwirtschaft); wieder andere müssen regelmäßig zum Familieneinkommen beitragen, können aber doch
die Schule besuchen; schließlich sind die Kinder zu nennen, denen Ausbildung und damit Zukunftschancen verwehrt werden, weil sie tagtäglich ums eigene Überleben oder das der Familie kämpfen müssen; und ganz zum
Schluß stehen die Kindersklaven, die – aus unterschiedlichen Gründen – für ihre Arbeit noch nicht einmal bezahlt und wie Leibeigene gehalten werden.
Im Juni 1998 berät die ILO eine neue Konvention zur Abschaffung der unerträglichsten Formen von Kinderarbeit. Darunter sind vor allem gesundheitsgefährdende und sklavenähnliche Arbeit sowie Schuldknechtschaft und
Kinderprostitution zu verstehen. Die neue Konvention (vgl. Z 4) soll 1999 verabschiedet werden.
Die IAO beschäftigt sich nicht zum ersten Mal mit dem Schutz von arbeitenden Kindern. Vor 25 Jahren wurde
die Konvention über das Mindestalter verabschiedet. Darin ist ein Schutzalter von 15 Jahren festgelegt, das jedoch nicht unter der Altersgrenze für die gesetzliche Schulpflicht liegen darf. Darüber hinaus wird für gefährliche
Arbeiten ein Mindestalter von 18 Jahren bestimmt. Bisher haben jedoch nur 49 Staaten, darunter 21 Industrieländer, die Konvention über das Mindestalter (Konvention 138, vgl. Z 2) ratifiziert. Mit der neuen Vereinbarung
möchte die IAO ein wirksameres Instrument im Kampf gegen die unerträglichsten Formen der Kinderarbeit
schaffen.
Ausbeuterische Kinderarbeit rückt zunehmend ins Bewußtsein der Menschen: Immer mehr Nichtregierungsorganisationen in aller Welt engagieren sich gegen Kinderarbeit. Kampagnen wie die gegen Kinderarbeit in der
Teppichindustrie brachten erste Erfolge. Die Zahl der Regierungen wächst, die aktiv gegen die Ausbeutung von
Kindern vorgehen.
Diese Bestrebungen will der Global March Against Child Labour vorantreiben und unterstützen. Aufgerufen
dazu haben das Südasiatische Bündnis gegen Kindersklaverei (SACCS) und die britische Menschenrechtsorganisation Anti-Slavery International: In allen Erdteilen sollen sich Kinder und Jugendliche sowie Kinder- und Menschenrechtsorganisationen auf den Weg machen, um in Genf mit Delegierten der Internationalen Arbeitskonferenz zusammenzutreffen. 700 Organisationen in fast 100 Ländern unterstützen mittlerweile den Global March
Against Child Labour.
Im Januar 1998 startete der asiatische Zweig des Marsches in Manila, 15.000 Menschen waren mit dabei. Im Februar machten sich Kinder und Jugendliche mit ihren Betreuern aus São Paulo (Brasilien) auf den Weg, und am
21. März begann der „afrikanische Marsch“ in Kapstadt (Südafrika). Im Mai wird der Marsch auch durch
Deutschland kommen: Am 10. Mai kommt eine Gruppe aus Asien in Flensburg an, eine zweite wird die deutsche
Grenze am 24. Mai bei Aachen überschreiten. Beide Gruppen treffen in Bonn zusammen und ziehen bis Ende
Mai gemeinsam rheinaufwärts nach Basel.
Zur Unterstützung des weltweiten Marsches für Kinderrechte hat sich unter der Schirmherrschaft von Christiane
Herzog ein Deutsches Bündnis für den Global March Against Child Labour gebildet. Dazu gehören die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend Deutschland (aej), das Bischöfliche Hilfswerk Misereor, Brot für die
Welt, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) – Bundesvorstand, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Verein Fair Trade und die Kindernothilfe.
Der Global March will wie in der ganzen Welt so auch in Deutschland Kräfte zur Durchsetzung der Kinderrechte mobilisieren: Kein Kind darf zu einer Arbeit gezwungen werden, die schädlich sein könnte für seine körperliche, geistige, seelische und soziale Entwicklung. Jedes Kind hat das Recht auf eine freie Schul- und Berufsausbildung. Der Global March will die Ausbeutung von Kindern ins Bewußtsein der Menschen rufen, über Ursachen
und Folgen schädlicher Kinderarbeit informieren und vor allem Schritte zu ihrer Überwindung bekannt machen
(zu den Zielen des Global March vgl. M 35). Darüber hinaus wird er Anlaß sein zu fröhlichen Begegnungen junger Menschen aus vielen Ländern.
Hintergrundinformation 2: „Die” Kinderarbeit gibt es nicht
Verwirrend scheint die Debatte über Kinderarbeit zu sein: Während Politiker wie Bundesarbeitsminister Dr.
Norbert Blüm kategorisch ein Verbot von Kinderarbeit fordern, warnen Nichtregierungsorganisationen wie terre
des hommes vor einfachen Sichten: Kinderarbeit könne nicht einfach verboten werden. Verkehrte Fronten? Das
zwar nicht – wohl aber ein Spiegel dafür, daß das auf den ersten Blick so eindeutige Problem Kinderarbeit beim
genaueren Hinsehen vielschichtig ist. „Die“ Kinderarbeit gibt es nicht:
Unterschiedliche Formen
y Kinder arbeiten in unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen – vor allem in der Landwirtschaft, seltener im
Dienstleistungsbereich und der kleinste Teil von ihnen im Kleingewerbe. In exportorientierten Bereichen sind
schätzungsweise weniger als fünf Prozent aller Kinderarbeiter beschäftigt.
y Traditionell arbeiten Kinder im (meist sehr armen) „Familienbetrieb“, in anderen Betrieben des Heimatortes
oder der Nachbarschaft. Zunehmend müssen Kinder aber als Wanderarbeiter ein kümmerliches Dasein fristen –
oft hunderte Kilometer entfernt von ihren Familien. Diese Zunahme der Wanderarbeit (häufig in exportorientierten Wirtschaftsbereichen) ist ein Element des Formwandels der ”Kinderarbeit”.
y Nach wie vor ist der größte Teil der Kinder im (rechtlich kaum geregelten) informellen Sektor beschäftigt. Da
dieser in städtischen Gebieten (unter anderem aufgrund starker Binnenmigrationen) besonders rasch wächst,
nimmt die Bedeutung des städtischen (und häufig über Zulieferbeziehungen mit der Exportproduktion verkoppelten) informellen Sektors als Ort von Kinderarbeit zu. Diese Verstädterung der „Kinderarbeit“ ist ein weiteres
Charakteristikum ihres Formwandels.
y Kinder beginnen in unterschiedlichem Alter zu arbeiten.
y Teilweise können die Kinderarbeiter eine Schule besuchen, teilweise aber nicht.
y Von Land zu Land (und teilweise von Branche zu Branche) unterschiedlich sind der Rechtsstatus der Kinderarbeiter und ihr faktischer Freiheitsgrad, der sich jenseits der Rechtsordnung und damit in der Illegalität festgesetzt hat: Keinesfalls alle Kinder arbeiten als „freiwillige“ (und „freie“) Beschäftigte, ein nicht unerheblicher Teil
ist unter das Joch der Schuldknechtschaft (bonded labour) gezwängt und muß in der Regel zur Abzahlung eines
elterlichen Darlehens arbeiten. Grausam ist das Leben von Kindersklaven, die aus ihren Heimatorten entführt
wurden.
Vielfältige Ursachen
y Armut ist eine wichtige, nicht aber die einzige Ursache für Kinderarbeit: Während sich ein Teil der sehr armer
Familien gezwungen sieht, Kinder zur Existenzsicherung zur Arbeit zu schicken, ermöglicht ein anderer Teil
genauso armer Familien den Kindern einen Schulbesuch.
y Kinderarbeit ist auch Folge gesellschaftlicher und familialer Haltungen und Einstellungen und damit vorherrschender Kindheitsbegriffe: Wo Kindheit nicht als besondere biographische Phase begriffen, wo die Notwendigkeit einer schulischen (Aus-)Bildung in diesem Lebensabschnitt nicht gesehen wird, ist Kinderarbeit häufiger als
im umgekehrten Falle. Diese Kindheitsbegriffe sind in der Regel an soziale Schichtungen gebunden, werden von
bildungspolitischen Grundentscheidungen transportiert und prägen zugleich diese Entscheidungen mit.
y Das Anwachsen von Kinderarbeit kann auch Folge staatlicher Exportförderungsprogramme und einer wachsenden Nachfrage nach Kinderarbeitern sein.
y Nicht zuletzt ist der Grad der Rechtssicherheit und der Zuverlässigkeit des bürokratischen Apparates für das
Ausmaß von Kinderarbeit verantwortlich: Wo ein funktionierendes Gerichtswesen fehlt, Korruption vorherrscht
und die Gewerbeaufsicht unzulänglich oder nicht vorhanden ist, ist Kinderarbeit häufiger als im umgekehrten
Falle.
Unterschiedliche Folgen
Die unterschiedlichen Ursachen und Formen der Kinderarbeit bedingen unterschiedliche Folgen derselben:
y Kinderarbeit kann unter bestimmten Umständen das Selbstbewußtsein der Kinder stärken und sie für ihr weiteres Leben zurüsten. Weit häufiger ruiniert Kinderarbeit die Gesundheit und verhindert eine zukunftsträchtige
Ausbildung.
y Kinderarbeit kann einen Beitrag zur Existenzsicherung leisten, häufiger aber verbessert sie die familiäre Einkommenssituation nicht (nicht nennenswert).
y Kinderarbeit kann unter bestimmten Voraussetzungen einer gesamtwirtschaftlichen Entwicklung dienen, meist
jedoch führt Kinderarbeit zu einem Festsetzen oder gar zur Verschärfung der Armut und schädigt die volkswirtschaftliche Entwicklung. Letzteres gilt vor allem, wenn aufgrund vorherrschender Kinderarbeit bei stark defizitärem Bildungswesen das Qualifikationsniveau der Bevölkerung auf niedrigem Niveau verharrt.
Kann Kinderarbeit abgeschafft werden?
Da sich hinter dem Begriff „Kinderarbeit“ sehr unterschiedliche Einzelphänomene verbergen, macht es keinen
Sinn, undifferenziert über „die“ Abschaffung „der“ Kinderarbeit zu diskutieren.
Bestimmt werden muß, was Kinderarbeit meint, wenn von ihrer notwendigen Abschaffung die Rede ist. Da das
Deutsche nicht zwischen „child labour“ und „child work“ unterscheidet, empfiehlt sich in Anlehnung an die
„UN-Kinderrechtskonvention“ ein eingeschränkter Begriff von Kinderarbeit, der sich auf jene Formen (mehr
oder weniger) regelmäßiger Erwerbsarbeit von Kindern unter 15 Jahren bezieht, die „Gefahren mit sich bringen,
die Erziehung des Kindes behindern oder die Gesundheit des Kindes sowie seine körperliche, geistige, seelische,
sittliche oder soziale Entwicklung schädigen könnten“ (so Artikel 32, Abs. 1 des Übereinkommens über die
Rechte des Kindes der Vereinten Nationen von 1989).
Einfache und schnelle Globallösungen zur Abschaffung „der“ Kinderarbeit verhindert bereits ihr Ausmaß. Überwunden werden kann Kinderarbeit nur allmählich und fallweise. Mittel- und langfristig müssen weltweit wie
national Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Kinderarbeit schrittweise zurückdrängen. Hierfür sind zum
Beispiel folgende Maßnahmen notwendig:
y Bloße Verbote schaffen Kinderarbeit nicht ab, dennoch sind Gesetze und internationale Übereinkommen und
Konventionen zum Schutz der Kinder unverzichtbar und wichtige Referenzrahmen für die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen.
y Die Einbettung von Sozialklauseln in internationale (multilaterale) Handels- und Wirtschaftsabkommen würde
Kinderarbeit nicht beseitigen, aber der Außenwirtschaftspolitik rechtliche Instrumente in die Hand geben, um
zum Beispiel durch die Gewährung besonderer Zollpräferenzen für Produkte ohne Kinderarbeit Anreize zum
Verzicht auf die Ausbeutung von Kindern zu schaffen. (Ausgeschlossen werden muß allerdings ein protektionistischer Mißbrauch der Sozialklauseln.)
y Die Entschuldung der Länder des Südens, eine Verbesserung ihres Zuganges zu den Märkten der Industrieländer und weitere weltwirtschaftliche Veränderungen im Interesse der Entwicklungsländer würden nicht unmittelbar Kinderarbeit zurückdrängen, wären aber weltwirtschaftliche Voraussetzungen zur Verbesserung der sozialen
Lage dieser Länder und könnten damit die Abschaffung von Kinderarbeit beträchtlich fördern.
y Der Ausbau des Bildungswesens, nationale und internationale Programme zur Bekämpfung der Armut und zur
Schaffung von Erwerbsarbeitsplätzen für Erwachsene sind unverzichtbare Elemente einer sozial- und bildungspolitischen Offensive gegen Kinderarbeit.
y Zur Begleitung wirtschafts-, sozial- und bildungspolitischer Maßnahmen sind bewußtseinsbildende Programme
notwendig.
y Fazit: Alle diese auf Kinderarbeit generell zielenden Maßnahmen haben jeweils nur begrenzte Reichweiten, sind
mit unterschiedlichen Zeithorizonten verbunden und werden erst mittel- und langfristig greifen. Daher müssen
sie ergänzt werden durch Versuche, Kinderarbeit fallweise, und das heißt: in Teilbereichen zurückzudrängen.
Hierfür sind spezifische und aufeinander abgestimmte Instrumente zu entwickeln, zu denen im Blick auf die
Kinderarbeit in exportorientierten Wirtschaftsbereichen auch die Einführung von Warenzeichen für Produkte
ohne Kinderarbeit gehört.
(aus: Klaus Heidel, Kinderarbeit in der Teppichindustrie. Ursachen, Formen, Lösungsansätze. epd-Dritte WeltInformation 13-15/96, Oktober 1996)
Themenbereich 1: Kinderarbeit – Formen, Folgen und Ursachen
Das wichtigste Lernziel ist in diesem Themenfeld die – je nach Altersstufe mehr oder weniger weitgehende –
Differenzierung zwischen unterschiedlichen Formen und Auswirkungen von Kinderarbeit: Nicht jede Arbeit von
Kindern ist gleich ausbeuterische Kinderarbeit!
In Primarbereich und Orientierungsstufe sollen die Kinder eine ungefähre Vorstellung über Ausmaß und Verbreitung von Kinderarbeit und über das Leben ihrer Altersgenossinnen und -genossen in den Ländern Afrikas,
Asiens und Lateinamerikas erhalten. Sie können Formen der Kinderarbeit kennenlernen und mit den eigenen
Tätigkeiten – evtl. schon eigenen Arbeitserfahrungen – vergleichen. Arbeit kann konkret erfahrbar gemacht werden, etwa durch die Arbeit am Knüpfstuhl. Außerdem kann der Konflikt Arbeit – Schule angesprochen und
abgewogen werden.
In Sekundarstufe I bietet sich als Schwerpunkt in diesem Themenfeld die Auseinandersetzung mit eigenen Arbeiten gegen Entgelt an. Die unterschiedlichen Formen und ihre Folgen können stärker differenziert werden. Auch
die Hauptursachen für Kinderarbeit können thematisiert werden, ebenso die Position, nach der Kinder ein Recht
auf Arbeit haben.
In Sekundarstufe II kommen als zusätzliche Themenbereiche die (welt)wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und
Ursachen von Kinderarbeit hinzu. Wichtig ist dabei die Aussage, daß Kinderarbeit zwar die Produktion verbilligt,
der Verfall von Preisen für Produkte aus der „Dritten Welt“ aber andere Ursachen hat.
Materialien zu Kinderarbeit und ihren Formen
M5
M2
M5
M4
M5
M 34.1
M7
M 15
M 29.1
M3
M 8.1
M1
Kumari, Pedro und Jovencio (evtl. in Auswahl), Malen
Kinderarbeit hat viele Gesichter (evtl. in Auswahl, auf Weltkarte Länder identifizieren)
Kumari, Pedro und Jovencio (evtl in Auswahl), Basteln
Schuften statt lernen (Grafik)
Kumari, Pedro und Jovencio, Aktionsarbeit
Extreme Fälle von Kinderarbeit
Kinderalltag in Indien: Die vielen Gesichter der Kinderarbeit
Orangen: schlecht für Gesundheit und Konzentration
Unter „Aasgeiern“
Weltkarte der Kinderarbeit
Sidnei erzählt
Kinderarbeit
ab Klasse 3
ab Klasse 4
ab Klasse 4
ab Klasse 5
ab Klasse 5
ab Klasse 6
ab Klasse 7
ab Klasse 8
ab Klasse 8
ab Klasse 8
ab Klasse 8
ab Klasse 9
Materialien zu Ursachen und Folgen von Kinderarbeit
M 9.1
M 9.2
M 12
M 22
M 11
M 13
M 14
Kreislauf der Kinderarbeit
Kreislauf der Kinderarbeit
Hauptursachen der Kinderarbeit
Rollenspiel
Ursachen und Folgen der Kinderarbeit
Schuften für den Weltmarkt
Zum Beispiel Teppichindustrie: Kostenvorteile durch Kinderarbeit?
ab Klasse 5
ab Klasse 7
ab Klasse 8
ab Klasse 8
ab Klasse 11
ab Klasse 11
ab Klasse 11
Materialien zum Vergleich der Lebenssituationen und zu Kinderarbeit in Deutschland
M 8.2.
M 16
M 18
M6
M 17
M 19
M 20
M 21
Mein Tagesablauf (Vergleich mit dem von Sidnei)
Fragebogen
Babysitten, Zeitungaustragen – ganz normal für Kinder?
Kinderarbeit in Indien und bei uns
Kinderarbeit – nicht nur in der „Dritten Welt“
Kinderarbeit in Deutschland – ganz legal?
Arbeit hat noch keinem geschadet?
Auf Kosten der Schulbildung
ab Klasse 6
ab Klasse 6
ab Klasse 6
ab Klasse 7
ab Klasse 8
ab Klasse 8
ab Klasse 8
ab Klasse 10
Themenbereich 2: Kinderarbeit – was tun?
Hauptanliegen in diesem Themenbereich ist die Einsicht, daß unterschiedliche Formen und Rahmenbedingungen
von Kinderarbeit unterschiedliche Maßnahmen erforderlich machen. Es sollte auch deutlich werden, daß es nicht
darum geht, den Ländern des „Südens“ unsere westlichen Wertvorstellungen und kulturellen Standards aufzuzwingen, sondern das Ziel die Durchsetzung von Rechten der Kinder ist.
In Primarbereich und Orientierungsstufe können Projektbeispiele besprochen werden, gerade auch solche, die
Arbeit und Schule verbinden; die Kinder können selbst überlegen, was ihrer Meinung nach getan werden könnte
(und werden dabei möglicherweise auf Warenzeichen kommen, die sie dann selbst entwerfen und Bedingungen
ihrer Vergabe festlegen können) und was sie selbst tun könnten; das Warenzeichen RUGMARK kann in Grundzügen vorgestellt werden; und es könnte schon herausgearbeitet werden, daß die Beseitigung der besonders unerträglichen Formen von Kinderarbeit Vorrang hat.
In Sekundarstufe I können diese Aspekte vertieft behandelt werden, wobei hier die Möglichkeiten (aber auch
Grenzen) der Einflußnahme über veränderte Konsumgewohnheiten (einschließlich Unternehmenskodizes) und
die Frage von Boykotten in den Mittelpunkt rücken könnte. Außerdem empfiehlt sich eine Auseinandersetzung
mit der Forderung nach einem Recht auf Arbeit für Kinder.
In Sekundarstufe II kann die Einflußnahme auf die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den Vordergrund rücken und die Kinderarbeitsfrage in den Kontext anderer ILO-Arbeitsnormen gestellt werden
Materialien
M 28.1 Eine Chance für die Müllkinder von Payatas
M 28.2 Monte Azul – ein Lichtblick für die Kinder in der Favela
M 32
Teppiche ohne Kinderarbeit: Das Warenzeichen RUGMARK
ohne Details, evtl. Warenzeichen ausdenken und malen
M 23
Warum Rosario nicht mehr arbeiten muß
M 32
Teppiche ohne Kinderarbeit: Das Warenzeichen RUGMARK
M 34
Extreme Fälle von Kinderarbeit / Ausbeuterische Kinderarbeit
(ohne auf die ILO-Konvention einzugehen)
M 24
Was man gegen Kinderarbeit tun könnte: Zum Beispiel Orangensaft
M 25
Was kann ich tun?
M 26
Meinungen
M 29.1 Unter „Aasgeiern“
M 29.2 Alptraum Kinderprostitution
M 34
Extreme Fälle von Kinderarbeit / Ausbeuterische Kinderarbeit
M 27
Nicht mehr arbeiten dürfen, ist schlecht ...
Besser wäre, nicht mehr arbeiten zu brauchen!
M 30
Kinderarbeit nicht boykottieren?
M 31
Kinder haben das Recht zu arbeiten
M 33.1 Mit Sozialklauseln gegen Kinderarbeit?
M 33.2 Pro & contra Sozialklauseln
M 36
Aktionsplan gegen Kinderarbeit
ab Klasse 4
ab Klasse 4
ab Klasse 4
ab Klasse 6
ab Klasse 6
ab Klasse 6
ab Klasse 8
ab Klasse 8
ab Klasse 8
ab Klasse 8
ab Klasse 8
ab Klasse 8
ab Klasse 10
ab Klasse 10
ab Klasse 10
ab Klasse 11
ab Klasse 11
ab Klasse 11
Themenbereich 3: Der Global March – was soll er erreichen
und wie können wir uns beteiligen?
Im Primarbereich sollten sich die Kinder zunächst auf ein oder zwei Aktivitäten beschränken, insbesondere die
„Aktion Daumen“ ist dabei zu empfehlen.
Danach steht das gesamte Spektrum an Beteiligungsmöglichkeiten offen. Es wäre im Sinne des Global March,
wenn in möglichst vielen Klassen versucht würde, das Thema „Kinderarbeit“ aus dem Unterricht hinauszutragen
in die Schule, das Elternhaus, die Gemeinde ...
Materialien
M 42
M 38
M 37
M 39
M 43
M 40
M 35
M 41
Die Route des Global March in Deutschland
Aktion Daumen
Das Thema nach draußen tragen (ggf. Auswahl)
Die Banner des Global March
Das Lied zum Global March
Global March – Global Chat 1998: Die Internet-Aktivitäten ...
Die Ziele des weltweiten Marsches gegen Kinderarbeit
Marschieren ohne Gleichschritt
ab Klasse 3
ab Klasse 3
ab Klasse 5
ab Klasse 5
ab Klasse 6
ab Klasse 6
ab Klasse 8
ab Klasse 8
Hinweise
Unterrichtsmaterialien
Wolfram Dawin, „Eine Chance für Teppichkinder“. Materialien für den Unterricht, Kassel/Heidelberg 1996
Deutsches Komitee für UNICEF, Kinderarbeit – Eine Bildkartei für Unterricht und Bildungsarbeit, Köln 1997
Dritte-Welt-Haus Bielefeld (Hg.), Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995
Klaus Heidel, Kinderarbeit in der Teppichindustrie: Ursachen, Formen, Lösungsansätze, Frankfurt am Main
1996 (epd-Dritte Welt Information; 13-15/96)
Kindernothilfe, Arbeit statt Schule. Wie Kinder und Jugendliche schuften müssen. Unterrichtsmaterialien für den
fächerübergreifenden Unterricht in der Sekundarstufe I zum Thema „Kinderarbeit“, Duisburg, Febr. 1998
Kindernothilfe, Kinderarbeit in der Dritten Welt, Materialien und Ideen für die Arbeit im Kindergottesdienst, in
der Christenlehre in den neuen Bundesländern und in der Grundschule, Duisburg 1993
Kindernothilfe, Kinderarbeit. Ein Reader der Kindernothilfe, Duisburg, Januar 1998
terre des hommes, Ein Recht auf Kinderarbeit? Osnabrück 1996
terre des hommes, schuften statt spielen. Kinderarbeit weltweit, Osnabrück 1993
Werkstatt Ökonomie (Red.), InfoMappe der Kampagne gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie, Heidelberg
1994
Weitere nützliche Materialien zum Global March
Werkstatt Ökonomie (Red.), Fundgrube – Materialhinweise für die Arbeit vor Ort und in Schulen, Heidelberg,
Febr. 1998
Werkstatt Ökonomie (Red.), Ideen und Gestaltungshilfen für Aktivitäten vor Ort, Heidelberg, Februar 1998
Werkstatt Ökonomie (Red.), Hintergründe: Kinderarbeit und der Global March, Heidelberg, April 1998
Kindernothilfe, Video „lernen statt schuften. ein video zum Global March“, 10 Minuten
Kontaktanschriften
Werkstatt Ökonomie (Koordinationsstelle für den Postleitzahlbereich 6 bis 9), Obere Seegasse 18, 69124 Heidelberg, Telefon (06221) 720296, Telefax (06221) 781183, E-mail [email protected]
Informationszentrum Dritte Welt des Kirchenkreises Herne (Koordinationsstelle für den Postleitzahlbereich 0
bis 5, Overwegstraße 31, 44625 Herne, Telefon (02323) 496970, Telefax (02323) 496956, E-mail iz3w.kkherne
@cww.de
Kindernothilfe, Düsseldorfer Landstr.180, 47249 Duisburg, Telefon: (0203) 7789-0, Telefax (0203) 7789-118, Email [email protected]
Amt für Mission und Ökumene der Evang. Kirche in Kurhessen-Waldeck, Wolfram Dawin, Wilhelmshöher
Allee 330, 34114 Kassel, Telefon (0561) 9378-383, Telefax (0561) 9378-409
Übersicht über die Materialien
M1
Kinderarbeit
M2
Kinderarbeit hat viele Gesichter
M3
Weltkarte der Kinderarbeit
M4
Schuften statt lernen
M5
Kumari, Jovencio und Pedro
M6
Kinderarbeit in Indien und bei uns
M7
Kinderalltag in Indien:
die vielen Gesichter der Kinderarbeit
M 8.1
Sidnei erzählt
M 8.2
Mein Tagesablauf
M 9.1
Kreislauf der Kinderarbeit
M 9.2
Kreislauf der Kinderarbeit
M 10
Anleitung zum Teppichknüpfen
M 11
Ursachen und Folgen der Kinderarbeit
M 12
Hauptursachen der Kinderarbeit
M 13
M 28.1 Eine Chance für die Müllkinder
von Payatas
M 28.2 Monte Azul – ein Lichtblick
für die Kinder in der Favela
M 29.1 Unter „Aasgeiern”
M 29.2 Alptraum Kinderprostitution
M 30
Kinderarbeit nicht boykottieren?
M 31
Kinder haben das Recht zu arbeiten
M 32
Teppiche ohne Kinderarbeit:
Das Warenzeichen RUGMARK
M 33.1 Mit Sozialklauseln gegen Kinderarbeit?
M 33.2 Pro & contra Sozialklauseln
M 34.1 Extreme Fälle von Kinderarbeit
M 34.2 Ausbeuterische Kinderarbeit
M 35
Die Ziele des weltweiten Marsches gegen
Kinderarbeit
Schuften für den Weltmarkt
M 36
Aktionsplan gegen Kinderarbeit
M 14
Zum Beispiel Teppichindustrie:
Kostenvorteile durch Kinderarbeit?
M 37
Das Thema nach draußen tragen
M 15
Orangen: schlecht für Gesundheit
und Konzentration
M 38
Aktion Daumen
M 39
Die Banner des Global March
M 16
Fragebogen
M 40
M 17
Kinderarbeit –
nicht nur in der „Dritten Welt”
Global March – Global Chat 1998:
Die Internet-Aktivitäten im Rahmen des
Global March
M 18
Babysitten, Zeitungaustragen –
ganz normal für Kinder?
M 41
Marschieren ohne Gleichschritt
M 42
M 19
Kinderarbeit in Deutschland –
ganz legal?
Die Route des Global March
in Deutschland
M 43
Das Lied zum Global March
M 20
Arbeit hat noch keinem geschadet?
M 21
Auf Kosten der Schulbildung
M 22
Rollenspiel
M 23
Warum Rosario nicht mehr arbeiten muß
M 24
Was man gegen Kinderarbeit tun könnte:
Zum Beispiel Orangensaft
M 25
Was kann ich tun?
M 26
Meinungen
M 27
Nicht mehr arbeiten dürfen, ist schlecht ...
Besser wäre, nicht mehr arbeiten zu brauchen!
Zusatzmaterialien
Z1
Vereinte Nationen:
Charta der Rechte des Kindes (1959)
Z2
Internationale Arbeitskonferenz:
Übereinkommen über das Mindestalter
für die Zulassung zur Beschäftigung
(1973) (Übereinkommen 138)
Z3
Vereinte Nationen:
Übereinkommen über die Rechte des
Kindes (1989) (UN-Kinderkonvention)
Z4
Vorschlag des Internationalen Arbeitsamtes für die neue ILO-Konvention
M 1: Kinderarbeit
Ungefähr 250 Millionen Mädchen und Jungen auf
der Welt müssen arbeiten – die meisten von ihnen
in Indien. Genaue Zahlen gibt es nicht, weil weder
die Kinder noch die Leute, bei denen sie Arbeit
finden, dies offiziell bei den Behörden melden:
Kinderarbeit unter 14 Jahren ist schließlich fast
überall auf der Welt verboten. Außerdem arbeiten
viele Mädchen und Jungen selbständig, auf eigene
Faust.
Warum arbeiten sie?
Bestimmt nicht, weil es ihnen Spaß macht, sondern
weil sie für sich und ihre Familien Geld verdienen
müssen. Ihre Eltern haben meist keine Schule besucht und bekommen deshalb keine gut bezahlte
Arbeitsstelle. Darum übernehmen sie alle Arbeiten,
die sie finden können. Viele bleiben arbeitslos. Sie
haben nicht genug Geld, um für ihre Töchter und
Söhne zu essen, zu trinken und etwas anzuziehen
zu kaufen. Deshalb müssen ihre Kinder mitarbeiten.
Warum werden Kinder eingestellt?
Kinder bekommen weniger Lohn als Erwachsene,
obwohl sie oft genauso schwer arbeiten. Sie können
nicht dagegen protestieren, weil sie laut Gesetz
meistens gar nicht arbeiten dürften. Und sie brauchen das Geld für ihre Familien. Für bestimmte
Arbeiten sind Kinder angeblich besser geeignet,
weil sie kleiner und flinker sind als Erwachsene.
Was bedeutet das für ihr Leben?
Sie haben keine Zeit für die Schule. Aber ohne
Schule können sie später keine Berufsausbildung
machen, keine gute Arbeitsstelle mit Kranken- und
Rentenversicherung oder bezahltem Urlaub bekommen. Sie haben keine Zeit zum Spielen, zum
Faulenzen, zum Geburtstagfeiern. Neben dem
Geldverdienen versorgen viele von ihnen noch ihre
jüngeren Geschwister, holen Wasser von weit entfernten Brunnen, sammeln Feuerholz, kochen Essen, helfen ihren Eltern auf dem Feld. Manche Arbeiten sind sehr gefährlich. Viele Kinder sterben
durch Unfälle oder an Krankheiten.
Da sie trotz ihrer schweren Arbeit meist nur wenig
zu essen bekommen, entwickeln sie sich nicht so
wie andere Kinder. Sie wachsen langsamer, sind oft
müde und können sich nicht konzentrieren.
Wo arbeiten Kinder – zum Beispiel
in Indien?
Sie übernehmen alle möglichen Arbeiten, die sie
finden können, oder helfen ihren Eltern zum Beispiel auf dem Feld. Nicht alle Arbeiten sind gefährlich oder schädlich wie diejenigen, die in den folgenden Absätzen beschrieben sind.
In Hunderten von Dörfern rund um die Stadt Mirzapur (Nordindien) hocken manchmal schon
Sechsjährige 12 Stunden oder mehr am Knüpfstuhl.
Durch die schlechte Beleuchtung werden ihre Augen geschädigt, das Einatmen der Wollfusseln
macht ihre Lungen krank und die gekrümmte Haltung verursacht Wachstumsstörungen. Übrigens:
Fast die Hälfte der indischen Teppiche wird nach
Deutschland verkauft.
Fast 100.000 Kinder, hauptsächlich Mädchen, arbeiten bei glühender Hitze in Streichholzfabriken.
Durch die giftigen Chemikalien haben sie oft Kopfund Halsschmerzen, Hautausschläge und Augenschäden. Viele verbrennen sich.
In den Glasfabriken starren Hunderttausende Kinder bis zu zehn Stunden lang in die Flammen von
kleinen Brennern, über denen sie Glasschmuck
herstellen. Dadurch bekommen sie Augenkrankheiten. Durch das ständige Einatmen von giftigem
Quarzstaub sterben viele an einer tödlichen Lungenkrankheit. Verbrennungen und Verletzungen
durch Glassplitter sind keine Seltenheit.
Immer wieder verunglücken Kinder, die in Steinbrüchen arbeiten. Der feine Staub, der beim Zerklopfen der Steine entsteht, schädigt ihre Lungen.
Durch die gebückte Haltung wird ihr Rücken
krumm.
Auf den Äckern und Feldern (Plantagen) kommen
die Kinder mit Chemikalien in Kontakt, die Unkraut und Schädlinge bekämpfen sollen. Die Folgen
sind Hautausschläge und Vergiftungen. Sie müssen
moderne Maschinen bedienen, die für Erwachsene
gebaut wurden und mit denen die kleinen Kinder
oft schlimme Unfälle bauen.
Viele Kinder arbeiten bei Wind und Wetter auf der
Straße. Sie verkaufen Zeitungen, Süßigkeiten, Zigaretten und Tee – Sachen, die sie selbst für viel Geld
Händlern abgekauft haben. Den ganzen Tag atmen
sie Abgase ein, und immer wieder verunglücken
Kinder im Autoverkehr.
Gunhild Aiyub
aus: Kindernothilfe, Kinderarbeit. Ein Reader der Kindernothilfe. Duisburg, Januar 1998, leicht verändert
M 2: Kinderarbeit hat viele Gesichter
Pakistan
Von den bis zu 19 Mio. Kinderarbeitern und Kinderarbeiterinnen sind viele in Gerbereien beschäftigt. Ein
wichtiger Abnehmer ist die deutsche Lederindustrie, seit die italienischen Gerbereien zu teuer geworden sind.
Bangladesch
50.000 Kinder sind in der Textilindustrie beschäftigt – eine gute Quelle für Billigimporte von T-Shirts, Hemden und billigen Jeans.
Guatemala
Tausende von Kindern arbeiten als Saisonarbeiter und Saisonarbeiterinnen bei der Kaffee-Ernte. Ein Kind
kann über 50 Pfund Kaffeekirschen am Tag pflücken. Dafür bekommt es sechs Quezales (ca. 1,50 DM).
Indien
Etwa 15 % der Arbeiter und Arbeiterinnen in den Streichholzfabriken sind unter 15 Jahre alt. Sie durch Erwachsene zu ersetzen, würde Mehrkosten von 1,5 Mio. US$ jährlich verursachen.
Kenia
Fast vier Millionen Kinder arbeiten illegal in Handel, Haushalt und Landwirtschaft.
Kolumbien
Fünfjährige arbeiten in Steinkohleminen, ohne jede Sicherheitsvorrichtung, zwölf Stunden am Tag in Stollen,
die oft weniger als 70 cm hoch sind. Lohn: 7 DM pro Woche. 1992 importierte die EU 13,5 Mio. t Steinkohle
aus Kolumbien.
Brasilien
Kinder arbeiten im Akkord bis zu vier Stunden auf den Plantagen und pflücken bis zu 1,8 Tonnen Apfelsinen
pro Tag. Etwa 90 Prozent des Orangensaftkonzentrats werden nach Deutschland exportiert.
Peru
20 % der Arbeiter in der Goldproduktion sind zwischen elf und 18 Jahre alt. 1991 wurden 71 versteckte
Friedhöfe mit Dutzenden von Kinderleichen entdeckt.
Deutschland
Kinder über 13 Jahre dürfen ganz legal täglich bis zu zwei Stunden und maximal zehn Stunden wöchentlich
leichte Arbeiten ausführen.
Philippinen
Fünf bis 15 US$ verdient die 13jährige Prostituierte Sandy, wenn deutsche oder japanischen Touristen an ihr
Interesse zeigen. Die Hälfte des Lohns erhält der Zuhälter, die andere Hälfte geht an Sandys Familie. Sie
selbst erhält ein Taschengeld. 60.000 Prostituierte unter 15 Jahren gibt es schätzungsweise auf den Philippinen. Weltweit sind es mehr als eine Million.
Ägypten
Mitten in der Nacht müssen die sieben bis 14 Jahre alten Kinder die Jasminblüten ernten, denn bei Tagesanbruch verlieren diese ihren Duft. Jasmin-Essenz ist ein begehrter Exportartikel. Für 10.000 gepflückte Blüten
erhält ein Kind ca. eine Mark.
Pakistan
Rund 25.000 Kinder nähen in der Stadt Sialkot Fußbälle – 80 % der Weltproduktion. Die Kinder produzieren
2-3 Bälle pro Tag und bekommen dafür rund 25 Cents – im Westen werden die Bälle für 50 Dollar pro Stück
verkauft.
nach: Praxis Geographie 9/96; Kindernothilfe, Arbeit statt Schule, Februar 1998
M 3: Weltkarte der Kinderarbeit
aus: Praxis Geographie 9/96
Kinderarbeit weltweit
Eine neuere Studie des Internationalen Arbeitsamtes spricht von rund 250 Millionen
Kinderarbeitern im Alter von fünf 5 bis 14
Jahren. Davon arbeiten 120 Millionen Vollzeit, die anderen teilen ihr Leben zwischen
Arbeit und Schule oder anderen nicht ökonomischen Aktivitäten.
Die Zahl von 250 Millionen ist eher eine Unterschätzung, da sie nicht diejenigen einschließt, die Vollzeit im Haushalt der Eltern
arbeiten.
aus: ILO, Welt der Arbeit, Dezember 1997
M 4: Schuften statt lernen
M 5: Kumari, Jovencio und Pedro
Kumari
Pedro
»Ich heiße Kumari und lebe in Indien, einem sehr großen Land in Asien. Aufgewachsen bin ich in einem
kleinen Dorf, bei meinen Eltern und meinen acht Geschwistern. Wir alle arbeiteten auf den großen Baumwollplantagen und sorgten dafür, daß unsere Familie
etwas zu essen hatte. Aber trotzdem reichte das wenige
Geld nicht. Vor einem Jahr kam ein Fremder aus der
Stadt zu uns und bot meinem Vater an, daß ich zur
Teppichknüpferin ausgebildet werde. Ich könnte viel
Geld verdienen, würde gut versorgt und könnte ab und
zu ins Kino gehen. Eine tolle Vorstellung! Mein Vater
erhielt sogar noch eine kleine Summe Geld als Vorschuß für meine Arbeit.
»Ich heiße Pedro und wohne in São Paulo, einer großen
Stadt in Brasilien, dem größten Land in Südamerika.
Früher lebte ich mit meinen Eltern und meinen sechs
Geschwistern auf dem Land. Wir arbeiteten alle auf einer
Kakaoplantage, ernteten bei glühender Hitze die Kakaofrüchte. Aus ihnen wird Kakao hergestellt, der in alle
Länder, auch nach Deutschland, geliefert wird. Aber wir
erhielten immer weniger Lohn für unsere Arbeit. „Der
Kakao wird immer billiger. Die Menschen in Europa
freuen sich darüber, aber wir bekommen deshalb weniger
Geld für die gleiche Arbeit”, erklärte mir mein Vater.
Als ich in die Stadt kam, sah alles ganz anders aus: 12
Stunden am Tag, von Montag bis Sonntag, sitze ich mit
vielen anderen Kindern in einer dunklen Halle vor
einem großen Knüpfrahmen und knüpfe Teppiche.
Mein Rücken schmerzt, ich habe einen Hautausschlag
und muß häufig husten, da viele Wollflusen in der
staubigen Luft umherfliegen. Morgens und abends
bekomme ich etwas Fladenbrot und eine wäßrige Linsensuppe zu essen. Ich schlafe auf einer dünnen Reisstrohmatte. Einen freien Tag habe ich nie, Geld habe
ich auch noch nie bekommen. Nach Hause kann ich
nicht, ich habe kein Geld und weiß nicht, wie ich hier
wegkommen kann. So knüpfe und knüpfe ich Teppiche, die nach Europa, nach Deutschland verkauft werden. Vielleicht liegt so ein Teppich auch bei Euch zuhause im Wohnzimmer.«
Jovencio
»Ich heiße Jovencio und lebe auf den Philippinen, einer
großen Inselgruppe in Südostasien. Meine Familie und
ich wohnen in einer kleinen Wellblechhütte am Rande
der größten Müllkippe in Manila, der Hauptstadt der
Philippinen. Jeden Tag, von morgens bis abends, suche
ich in den Abfällen nach wiederverwertbarem Müll:
nach Eisenstangen, Chromteilen von Autos, Papier,
aber auch nach Eßbarem. Alles, was ich eingesammelt
habe, bringe ich abends zu einem Müllhändler und
bekomme dann ein paar Pesos. Das wenige Geld brauchen wir, um etwas zu essen kaufen zu können.
Meine Eltern sind krank: Tuberkulose hat der Arzt
gesagt. Ich weiß nicht, was das ist, aber ich sehe, daß
meine Eltern immer schwächer werden und immer
häufiger husten müssen. Manchmal habe ich Angst, daß
sie nie mehr gesund werden. „Die Müllhalde ist
schuld”, sagen viele Erwachsene. Dabei ist sie doch der
einzige Ort, wo wir Geld verdienen können. Mein
größter Wunsch: ein paar Gummistiefel, dann würde
ich mich nicht so häufig verletzen.«
Da wir von unserem Verdienst auf der Plantage nicht
mehr leben konnten, zogen wir in die Stadt. „Dort muß
es doch Arbeit geben”, dachten wir. Aber es kam ganz
anders. Da viele Menschen ihre Dörfer verlassen haben,
um in der Stadt Arbeit zu finden, gibt es für uns Neue
nicht genug Arbeit. Ich versuche, ein paar Cruzeiros am
Tag zu verdienen, indem ich reicheren Leuten, oft auch
Touristen, die Schuhe putze. Mein ganzer Stolz ist meine
Kiste mit dem Schuhputzzeug. Ich gebe mir viel Mühe,
damit die Schuhe blitzblank sind, um vielleicht ein paar
Cruzeiros extra zu erhalten.
Zur Schule gehe ich nur noch selten. Ich habe den
Anschluß verpaßt, außerdem bin ich durch das Suchen
nach Schuhputzkunden und das ständige Bücken ganz
schön müde. Manchmal sehne ich mich in unser Dorf
und zu meinen Freunden zurück.«
Aktivitäten zu den Berichten von Kumari, Pedro und Jovencio
Malen
Material: Papier, Stifte, Klebeband
y Wir reichen uns die Hände – Pedro (Jovencio, Kumari)
und ich
y Wovon Jovencio (Pedro, Kumari) träumt
y Wie sich Kumari (Jovencio, Pedro) mein Leben vorstellt
Basteln
Material: Zeitschriften, Zeitungen, Plakatkarton, Schere,
Papier, Klebstoff, Buntstifte
y Wofür Kinder in Deutschland arbeiten ... Ausschneiden und Aufkleben von Fotos, Anzeigen
Aktionsarbeit
y Eltern werden eingeladen, für diese Aktion ihre Schuhe
gegen eine Spende putzen zu lassen
(Material: Schuhputzzeug, Zeitungspapier, Spendendose)
y Teppichknüpfen (vgl. Material M 10)
nach: Kindernothilfe, Kinderarbeit in der Dritten Welt, November 1993
M 6: Kinderarbeit in Indien und bei uns
Hast Du auch schon einmal gearbeitet? Oder Deine älteren Geschwister? ____________________________
____________________________________________________________________________________
Wo hast Du gearbeitet? __________________________________________________________________
____________________________________________________________________________________
Wie oft und wie lange hast Du gearbeitet? ____________________________________________________
____________________________________________________________________________________
Was hast Du mit Deinem Verdienst gemacht? ________________________________________________
____________________________________________________________________________________
Wie viele Stunden brauchst Du in einer normalen Woche für verschiedene Tätigkeiten? Male entsprechend
viele Kästchen in der jeweiligen Farbe im Zeitkasten aus. Dann male einen Zeitkasten für Gopal und vergleiche! Wofür hat Gopal keine Zeit? Welche Folgen hat das?
Schlafen:
____ Stunden (blau)
zu Hause mithelfen:
____ Stunden (orange)
Essen:
____ Stunden (grün)
Schule u. Hausaufgaben:
____ Stunden (rot)
Freizeit:
____ Stunden (weiß)
Arbeiten/Geldverdienen:
____ Stunden (gelb)
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Ich heiße Gopal und bin 11 Jahre alt. Meine Eltern haben mich mit 7 Jahren einem Knüpfrahmenbesitzer
mitgegeben. Sie hatten Schulden gemacht, weil meine Großmutter sehr krank war und einen Arzt brauchte.
Der Knüpfrahmenbesitzer bot meinen Eltern 500 Rupien an und sagte, ich könnte die Schulden ja bei ihm
abarbeiten. Außerdem würde ich bei ihm auch ein Handwerk lernen, mit dem ich später gutes Geld verdienen
könnte.
Nun habe ich vier Jahre für ihn gearbeitet, zwölf Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Zweimal täglich
habe ich etwa eine halbe Stunde Pause. Dann bekommen wir auch etwas Reis mit Linsen.
aus: Wolfram Dawin, „Eine Chance für die Teppichkinder” – Materialien für den Unterricht, Kassel 1996
M 7: Kinderalltag in Indien: die vielen Gesichter der Kinderarbeit
Ich heiße Gopal und bin 11 Jahre alt. An mein Heimatdorf kann ich mich kaum noch erinnern. Meine Eltern haben mich mit 7 Jahren einem Knüpfrahmenbesitzer mitgegeben. Sie hatten Schulden gemacht, weil
meine Großmutter sehr krank war und wir einen Arzt brauchten.
Der Knüpfrahmenbesitzer bot meinen Eltern 500 Rupien an und sagte, ich könnte die Schulden ja abarbeiten. Außerdem würde ich bei ihm auch ein Handwerk lernen, mit dem ich später gutes Geld verdienen könnte.
Nun habe ich vier Jahre für ihn gearbeitet, zwölf Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche.
Vor ein paar Wochen hat er mich weiterverkauft, an einen anderen Knüpfrahmenbesitzer – mit meinen
Schulden. Bei dem geht es uns auch nicht besser.
Für jeden Fehler werden auf unsere Schulden 10 Rupien aufgeschlagen. Ich glaube nicht, daß wir später überhaupt noch eine gute Arbeit bekommen können, so krank und verkrüppelt, wie viele hier herauskommen.
Mein Name ist Jogan. Ich bin 11 Jahre alt und wohnte bis vor einem Jahr mit meinen Eltern und Geschwistern in Chainpur, einem Dorf in Nordindien.
Eines Tages kam ein Fremder in unser Dorf und fragte, ob ich nicht mit ihm in die große Stadt kommen
wolle. Sein Freund hätte eine Teppichwerkstatt. Ich würde bei ihm ein Handwerk lernen, mit dem ich später
Geld verdienen könnte.
Das indische Kinderarbeitsgesetz von
1986
Gegenstand des Gesetzes sind
• das Verbot der Beschäftigung von Kindern in
bestimmten Arbeitsbereichen,
• die Regulierung der Arbeitsbedingungen in solchen Arbeitsbereichen, die für Kinder zugelassen sind,
• eine einheitliche Definition des Begriffes „Kind”
im Hinblick auf die verschiedenen Gesetze, die
sich auf Kinderarbeit beziehen.
Verbotene Arbeitsbereiche für Kinder unter 14
Jahren sind bestimmte Arbeiten bei der Eisenbahn,
alle Hafenarbeiten, die Zigarettenherstellung, das
Teppichknüpfen, die Zementproduktion, das Bedrucken, Färben und Weben von Stoffen, die Herstellung von Streichhölzern, Sprengstoffen und
Feuerwerkskörpern, das Schneiden und Brechen
von Muskovit, die Herstellung von Schellack, die
Seifenproduktion, Gerben, die Wollreinigung und
das Baugewerbe.
Abweichend von dem entsprechenden Verfassungsartikel 24 gilt das Verbot in den genannten
Bereichen nicht für Arbeiten im Familienkontext
und in Schulen.
Ich habe meine Eltern und mein Dorf verlassen und arbeite nun in dieser Werkstatt. Unsere Arbeit beginnt morgens früh um sechs und
endet abends um acht. Zweimal am Tag bekommen wir Reis mit Gemüse. Einmal am Tag
dürfen wir unter Aufsicht aufs Feld, um unser
Geschäft zu verrichten. Wir schlafen auf Matten in demselben Raum, in dem wir auch an
den Teppichen knüpfen. Wir haben keine
Chance, hier 'raus zu kommen. Wir kämen
auch nicht weit. Wir hätten ja kein Geld, um
die Busfahrt in unser Heimatdorf zu bezahlen.
Hier kommen nur die wieder raus, die von der
Arbeit so krank geworden sind, daß sie keine
Leistung mehr bringen.
Ich heiße Shanti. Ich lebe mit meiner Familie
im Norden Indiens, in Kaschmir. Ich bin 11
Jahre alt. In unserer Familie wurden immer
schon Teppiche geknüpft. Manchmal zeigt mir
mein Vater nachmittags nach der Schule, wie
die wunderbaren Muster geknüpft werden. Ich
darf dann auch schon ein wenig mitarbeiten.
So lernen wir das Handwerk, von dem wir
später leben werden. Dann können wir auch
unsere Eltern mit versorgen, wenn sie alt sind.
Ich heiße Muniyandi. Ich bin 12 Jahre alt und lebe in einem Dorf in Indien. Meine Familie ist sehr arm. Wir
haben kein eigenes Land. Meine Eltern arbeiten 12 bis 14 Stunden am Tag auf dem Feld des Großgrundbesitzers. Der hat uns auch Geld geliehen. Er hat unsere Schulden in ein Buch geschrieben. Obwohl meine Eltern hart arbeiten, werden die Schulden nicht weniger. Meine Eltern können gar nicht lesen, was sie im
Schuldbuch mit ihrem Daumenabdruck „unterschrieben” haben.
Ich hüte die Büffel des Großgrundbesitzers. Außerdem gibt es besondere Zeiten, wo ich auf den Feldern
mithelfen muß. Während der Ernte zum Beispiel und wenn die Reispflanzen gesetzt werden. Zeit für die
Schule bleibt da kaum.
Ich bin Ashok, 12 Jahre alt und lebe mit meinen Eltern und meinen beiden Brüdern am Rande von Neu
Delhi, der Hauptstadt von Indien. Bis vor einem Jahr bin ich noch zur Schule gegangen.
Aber dafür habe ich jetzt keine Zeit mehr. Mein Vater zieht nämlich mit einem Marionettentheater von Jahrmarkt zu Jahrmarkt, von Fest zu Fest. Und wir helfen ihm dabei.
Mein kleiner Bruder kann ganz toll tanzen. Sharvan – das ist mein großer Bruder – und ich, wir machen dazu
die Musik. Außerdem hat mir mein Vater beigebracht, wie man Marionetten führt. Er kann ja nicht alle Puppen allein spielen. Damit können wir genug Geld verdienen, damit wir immer gut satt werden.
Ich bin Punki und elf Jahre alt. Wir leben in einem Dorf in Nordindien. Ich würde gern zur Schule gehen,
aber meine Eltern meinen, ich soll lieber zu Hause helfen, beim Wasserholen und beim Kochen. Meine Mutter könne schließlich nicht alles im Haushalt alleine machen. Außerdem sei es sowieso wichtiger, daß ich lerne, wie man kocht und einen Haushalt führt, damit ich später meine Familie gut versorgen kann. Dabei würde ich viel lieber Lehrerin!
Und ich bin Ganshyam, der Zwillingsbruder von Punki. Ich muß zur Schule gehen. Ich würde ja viel lieber
zu Hause bleiben und meinem Vater in der Töpferwerkstatt helfen. Nachmittags arbeite ich ja dort schon mit.
Mein Vater töpfert die Figuren und ich male sie nach dem Brennen bunt an. Mein Vater sagt, es ist wichtig,
daß ich in die Schule gehe. Ich muß Rechnen lernen und Lesen und Schreiben. Wie soll ich sonst später unsere Waren verkaufen, ohne daß mich die Leute betrügen?
Name des Kindes
lebt wo/bei wem?
Art und Dauer
der Arbeit
nach dem
Gesetz
erlaubt?
geht zur
Schule?
Zukunfts-Chancen
aus: Wolfram Dawin, „Eine Chance für die Teppichkinder” – Materialien für den Unterricht, Kassel 1996
M 8.1: Sidnei erzählt
aus: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995
M 8.2: Mein Tagesablauf
aus: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995
M 9.1: Kreislauf der Kinderarbeit
Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift Wenn Kinder
auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf,
keine Zeit für die Schule haben, ...
daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben:
Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift 1. Wenn Kinder den ganzen Tag arbeiten
auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf,
müssen
daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben:
Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift 7. Wenn sie
auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf,
später eine andere Arbeit suchen, ...
daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben:
Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift Wenn sie
auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf,
nicht lesen, schreiben, rechnen können, ...
daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben:
Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift 11. Wenn sie selber einmal Kinder haben
auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf,
und dann nicht genug verdienen, um das
daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben:
Lebensnotwendige kaufen zu können, ...
Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift Wenn sie
auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf,
nur eine schlecht bezahlte Arbeit finden, ...
daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben:
Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift
... haben sie keine Zeit für die Schule.
auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf,
daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben:
Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift
6. ... kann sie jeder betrügen.
auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf,
daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben:
Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift ... bekommen sie nur schlecht bezahlte Arauf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf,
beiten.
daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben:
Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift ... lernen sie nicht Lesen, Schreiben und
auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf,
Rechnen.
daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben:
Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift ... haben sie nicht genug Geld, um das zu
auf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf,
kaufen, was sie zum Leben brauchen.
daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben:
Schreib diese Satzhälfte groß und gut leserlich mit Filzstift ... müssen diese dann auch wieder arbeiauf ein DIN A 4-Blatt; dann stellt Euch so im Kreis auf,
ten.
daß alle Satzteile zusammen einen Sinn ergeben:
nach: Wolfram Dawin, „Eine Chance für die Teppichkinder” – Materialien für den Unterricht, Kassel 1996
M 9.2: Kreislauf der Kinderarbeit
Wenn Kinder keine Zeit für die Schule haben,
( )
Wenn Kinder den ganzen Tag arbeiten müssen,
( 1.)
Wenn diese Kinder später eine andere Arbeit suchen,
( 7.)
Wenn sie nicht lesen, schreiben, rechnen können,
( )
Wenn diese Kinder selber einmal Kinder haben und dann nicht das
Lebensnotwendige kaufen können,
(11)
Wenn sie nur eine schlecht bezahlte Arbeit finden, .
( )
... haben sie keine Zeit für die Schule
( )
... kann sie jeder betrügen
( 6.)
... bekommen sie nur schlecht bezahlte Arbeiten
( )
... lernen sie nicht Lesen, Schreiben, Rechnen
( )
... verdienen sie nicht viel
( )
... haben sie nicht genug Geld, um das zu kaufen, was sie zum Leben brauchen
( )
... müssen diese dann auch wieder arbeiten
( )
Bringe die Sätze in die richtige Reihenfolge und trage sie in folgender Skizze ein:
Start:
Wenn Kinder den ganzen
Tag arbeiten müssen ...
_____________________
_____________________
_____________________ Î
_____________________
_____________________
_____________________
_____________________
_____________________
Ï
Ð
_____________________
_____________________
_____________________
müssen diese dann auch
wieder arbeiten.
_____________________
_____________________
_____________________
_____________________
_____________________
Ï
Ð
_____________________
_____________________
_____________________
_____________________
_____________________
_____________________
_____________________
Í
_____________________
_____________________
_____________________
nach: Wolfram Dawin, „Eine Chance für die Teppichkinder” – Materialien für den Unterricht, Kassel 1996
M 10: Anleitung zum Teppichknüpfen
Die beste Möglichkeit, ein Gefühl für das Teppichknüpfen zu bekommen, ist, es selbst einmal zu versuchen.
Es bietet sich deshalb an, etwa im Unterricht, bei Wochenendseminaren oder Veranstaltungsreihen, im Rahmen von Ausstellungen, ja selbst bei Straßenaktionen die Möglichkeit dazu zu geben. Man braucht dafür lediglich einen „Knüpfstuhl”, Garn, etwas Geschick und etwas mehr Geduld.
Der kleine „Knüpfstuhl”
Der kleine „Knüpfstuhl” sollte dann eingesetzt werden, wenn die KnüpferInnen ihr Werk während seiner
Entstehung oder nach seiner Fertigstellung mit nach Hause nehmen wollen/sollen. Die einfachste Variante
ist die Verwendung eines Holzwebrahmens, der je nach Größe für etwa 8,– bis 25,– DM erstanden werden
kann. In Schulen gehören Webrahmen wohl in der Regel zur Grundausstattung.
Wer nicht genügend Holzwebrahmen zur Verfügung hat oder sich keinen anschaffen möchte, kann sich auch
leicht einen kleinen „Knüpfstuhl” selber bauen: Man nehme ein rechteckiges Stück Pappe, das umso stärker
sein muß, je größer der „Knüpfstuhl” werden soll, schneide zwei gegenüberliegende Seiten im Abstand von
etwa einem halben Zentimeter leicht ein, umwickle die Pappe über die Einschnitte so straff mit Garn, daß sie
sich leicht durchbiegt – und fertig ist der kleine „Knüpfstuhl”.
Der große Knüpfstuhl
Auf dem großen Knüpfstuhl können Gemeinschaftswerke von zwei zusammen oder mehreren nacheinander
arbeitenden KnüpferInnen entstehen, die dann den Gemeindesaal, die Aula oder den Dritte-Welt-Laden
schmücken können. Er eignet sich natürlich besonders als Attraktion bei vielerlei Veranstaltungsformen.
Große Knüpfstühle sind bei der Werkstatt Ökonomie, beim Informationszentrum Dritte Welt in Herne und
beim Amt für kirchliche Dienste in Kassel auszuleihen (Adressen im Anhang des Begleitheftes). Wer selbst
einen Knüpfstuhl bauen will, findet eine Bauanleitung in der InfoMappe der Kampagne gegen Kinderarbeit
in der Teppichindustrie (vgl. Quellenangabe).
Kette, Schuß und Flor
Für die Kette benutzt man Teppichleinen, Baumwoll-Cordunett oder Teppichkettgarn in den Stärken 5/10,
8/3 oder 8/4. Das Schußgarn sollte fest und haltbar sein; Baumwolle ist geeignet, Wolle aber in jedem Fall
vorzuziehen. Auch für den Flor sollte man (möglichst langfaserige) Teppichwolle benutzen.
Das Knüpfen
Man beginnt zunächst (wenn der Teppich Fransen haben soll, mit entsprechendem Abstand vom Knüpfrahmen) mit dem Kelim, also einigen Reihen in Leinwandbindung (der Schußfaden wird abwechselnd über und
unter die Kettfäden geführt). Danach werden reihenweise und über die gesamte Breite die Knoten geknüpft.
Nach jeder Knotenreihe werden – möglichst locker, damit sich die Kanten nicht einziehen – ein oder zwei
Schußfäden eingebracht. Da wir bei den Web- und selbst gebauten „Knüpfrahmen” kein Fach bilden können,
ist das ziemlich mühsam, so daß mancheR erst nach zwei oder drei Knotenreihen Schußfäden einziehen mag.
Wenn man Fransen haben möchte, verknotet man die losen Kettfäden miteinander, nachdem man den Teppich vom Rahmen abgenommen hat.
Die Knoten
Das Florgarn schneidet man am besten vorher gleich lang zu, bei kurzem Flor auf etwa 9 cm. Man kann das tun, indem man eine entsprechende Meßlatte mit dem Garn umwickelt und dieses dann an den Kanten durchschneidet. Für einen Knoten kann man einen, zwei oder drei
Fäden (auch verschiedener Farben) verwenden. Die Knoten sollten von
Reihe zu Reihe versetzt angeordnet werden.
Beim Ghiordesknoten (vgl. rechts) legt man den Faden über zwei Kettfäden, führt die beiden Enden nach hinten um die Kettfäden herum und
zwischen ihnen wieder nach vorn.
nach: Werkstatt Ökonomie, InfoMappe der Kampagne gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie, Heidelberg 1994
M 11: Ursachen und Folgen der Kinderarbeit
aus: Praxis Geographie 9/96
M 12: Hauptursachen der Kinderarbeit
nach: Kindernothilfe, Kinderarbeit. Ein Reader der Kindernothilfe. Duisburg, Januar 1998
M 13: Schuften für den Weltmarkt
[...] Aber in einer kapitalistischen Weltwirtschaft läßt sich das Problem [Kinderarbeit] nicht auf ein Land beschränkt
betrachten: So stellen Kinder in der Türkei, in Portugal oder Asien Textilien für den deutschen Markt her. In Indien
etwa betragen die Stundenlöhne in der Textilindustrie nur ein Zehntel von denen in Deutschland. Denn wo sich Marktverhältnisse verbreiten, ohne daß Arbeitslosen- und Rentenversicherung sowie Mechanismen des Arbeitsschutzes etabliert werden, ist die Produktion günstig. Dort wächst aber auch das Ausmaß der Kinderarbeit. Daß Kinder und Jugendliche – anders als zu Hause – bezahlt werden, erscheint vielen im Augenblick auch attraktiv. Und Arbeitsplätze beispielsweise in der Export-Industrie müssen nicht zwangsweise schädlicher sein als die schlecht bezahlte Heimindustrie
oder Schufterei auf dem Familienacker. [...]
Nur je tiefer die Entwicklungsländer mit dem Weltmarkt verwoben und vor allem je abhängiger sie sind, desto gravierender sind die negativen Folgen für die junge Generation, wenn nicht gleichzeitig im Rahmen von Gesetzen ihre Ausbildungschancen gewahrt und die Gesundheit und persönliche Entfaltung garantiert werden.
Doch das Gegenteil ist vielfach zu beklagen: Die Verschuldung der Dritten Welt hat seit Anfang der 80er Jahre die
Zunahme der Kinderarbeit beschleunigt. In Brasilien haben die Umschuldungsprogramme mit dem „Internationalen
Währungsfonds” (IWF) das Land zu Lohnkürzungen und zum Abbau von Sozialleistungen, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Nahrungsmittelprogrammen gezwungen. Folge: Die Zahl der Kinderarbeiter stieg außergewöhnlich an,
und auch deren tägliche Arbeitszeit erhöhte sich.
Kinder tragen dann einerseits dazu bei, daß sich die Produktion von Exportwaren [...] verbilligt, um die notwendigen
Devisen zu erwirtschaften. Andererseits spart der Staat an der Ausbildung für seinen Nachwuchs, was wiederum die
Zahl der arbeitenden Kinder erhöht und die Zukunftsaussichten des ganzen Landes verschlechtert. Denn, so weiß die
ILO, Eltern seien durchaus bereit, ihren Kindern eine gute Schulausbildung möglich zu machen [...], wenn sie überzeugt
davon sind, daß die Bildung eine vernünftige Qualität hat [...].
Doch wenn der Schuldendienst die Unterhaltung eines soliden Bildungssystems unmöglich macht, schicken die Familien ihre Jüngsten eben zur Arbeit auf die Straße. So verließen in Peru laut Informationen des dortigen Bildungsministeriums 1991 aufgrund der Wirtschaftskrise des hochverschuldeten Landes etwa 40 Prozent der Schüler die Schule. [...]
Die Sanierungsprogramme der liberalen Wirtschafts- und Modernisierungstheoretiker haben Geldstabilität und Wirtschaftswachstum als oberste Ziele. Sobald diese erreicht seien, so sagen sie, würde sich auch die Lage der Bevölkerung
verbessern. Doch dies ist kein Automatismus und in Ländern wie Thailand, das Anfang der 90er Jahre als Musterschüler der internationalen Währungshüter gilt, ist die Kinderarbeit außergewöhnlich angestiegen.
aus: terre des hommes, schuften statt spielen, Osnabrück 1993
M 14: Zum Beispiel Teppichindustrie: Kostenvorteile durch Kinderarbeit?
In der Teppichindustrie Indiens, Nepals und Pakistans arbeiten heute ca. 1 Mio. Kinder. Ihre Zahl hat sich in den letzten 15 Jahren parallel zur steigenden Teppichproduktion mehr als vervierfacht. Die Weltmarktpreise für Teppiche sind
dagegen ständig gefallen. Doch es ist nicht in erster Linie die Kinderarbeit, die Teppiche so billig macht. Vielmehr
nimmt die Kinderarbeit zu, weil immer mehr und immer billigere Teppiche verkauft werden. Hauptverantwortlich für
den Preissturz ist der Wechselkursverfall der Währungen der Herstellerländer gegenüber den „harten” Währungen der
Abnehmerländer. Gleichzeitig gerieten die Teppichpreise noch durch das Auftreten neuer Anbieterländer (Indien in den
70er, Nepal in den 80er Jahren) auf dem Weltmarkt unter Druck.
Auf dem internationalen Teppichmarkt muß sich Indien vor allem über den Preis behaupten. Denn Indiens Teppiche
sind in Ermangelung einer eigenen Identität vor allem billige Varianten persischer, nepalisch-tibetischer und chinesischer Muster oder oft auch Lohnfertigungen nach europäischen Entwürfen. Da die Lohnkosten 60 % der Exportpreise
ausmachen, bedeutet das, so der renommierte Exporteur Bolanath Baranwal, daß „indische Arbeitskräfte im Vergleich
zum Iran, Nepal oder China immer billiger sein müssen, um billigere Versionen der in diesen Ländern gefertigten Teppiche herstellen zu können.” Ein wichtiges Element zur Kostensenkung ist die Kinderarbeit. Sie macht zwar Teppiche
für die Kunden in Europa nicht billiger, wohl aber ihre Herstellung, und trägt mit dazu bei, bei wachsendem Preisdruck
die tendenziell sinkenden Renditen der Hersteller zu stabilisieren.
aus: Werkstatt Ökonomie, InfoMappe der Kampagne gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie, Heidelberg 1994
M 15: Orangen: schlecht für Gesundheit und Konzentration
Interview mit Paulo Celio Morini,
dem Vorsitzenden der Landarbeitergewerkschaft im Munizip Itapolis (Brasilien)
Wie viele Kinder arbeiten in der Orangenregion?
In unserer Region um Ribeiro Preto schätzen wir, daß von den 100.000 Landarbeitern etwa 30 bis 35 Prozent
Heranwachsende und Kinder sind, die bei der Ernte dabei sind.
Wie alt sind die Kinder und Jugendlichen?
Das Alter schwankt zwischen 12 und 17 Jahren. Weil die Arbeit mit Orangen eine sehr schwere Arbeit ist,
wollen die Produzenten am liebsten Heranwachsende und Jugendliche beim Pflücken. Die Älteren schaffen
diese Arbeit schon nicht mehr so, wie die Jungen das machen. Heranwachsende sind noch am Anfang ihrer
körperlichen Kräfte und Reife und schaffen mehr Kisten. Da nimmt man sie bei der Ernte lieber.
Welche gesundheitlichen Folgen hat das?
Nun, wegen der Geldprobleme der Familien fangen die Kinder sehr früh an zu arbeiten. Mit 11 oder 12 Jahren. Das große Problem ist natürlich, daß die Orangenarbeit zu Lasten des Körpers geht. Denn der Sack, den
man um die Schulter hängt, fängt an zu drücken, wenn die Kinder ihn mit Orangen füllen und zu den Kisten
tragen. Dieses Gewicht von bis zu 30 Kilogramm schadet dem Körper. Und man muß bedenken, daß ein
Kind 60 Kisten am Tag pflückt. Da trägt es 1.800 Kilogramm zusammen.
Die Kinder sind auch den chemischen Stoffen ausgesetzt, mit denen die Orangen zum Schutz vor Insekten
besprüht werden. Diese Pestizide bringen ernste gesundheitliche Schäden mit sich. Nicht nur für Kinder,
sondern natürlich für alle Landarbeiter. Die Orangen werden mit Schwefel und verschiedenen Giften bespritzt, und die lösen vor allem Hautkrankheiten aus. Auch kennen wir Fälle von schweren Vergiftungen.
Was ist mit der Schule?
Die Arbeitszeiten bei der Orangenernte nehmen keine Rücksicht auf die Schulzeiten. Kinder, die zur Schule
gehen wollen, können das nicht, weil sie eben arbeiten müssen. Und die Kinder, die abends in die Schule gehen oder gehen könnten, tun das nicht, weil die Lastwagen erst gegen sechs, halb sieben oder sieben am Abend zurückkehren. Und auch wenn sie rechtzeitig wiederkämen, würde der Körper der Kinder das nicht
mitmachen. Wer so schwere Arbeit verrichten muß, hat nur schwerlich die geistigen und körperlichen Kräfte,
eine ordentliche Schulbildung jeden Abend durchzuhalten.
Das ist unsere große Sorge, daß man den Kindern endlich eine Schulbildung garantiert. Die Arbeit in der
Orangenerntezeit muß zunächst mit den Schulzeiten zu vereinbaren sein. [...]
aus: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995
M 16: Fragebogen
aus: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995
M 17: Kinderarbeit – nicht nur in der „Dritten Welt”
Das Thema Kinderarbeit wird im öffentlichen Bewußtsein eher mit den alltäglich für ihr Überleben schuftenden Kindern in den armen Ländern dieser Erde in Verbindung gebracht, als mit dem Nachbarjungen, der
Werbezettel verteilt, oder der 13-Jährigen in St.Peter-Ording oder Garmisch-Partenkirchen, die am Wochenende Ferienwohnungen putzt.
Die Lohnarbeit von Schulkindern im eigenen Land, wenn sie denn überhaupt wahrgenommen wird, findet
wenig Beachtung. Dabei ist Jobben bei den Teenies hierzulande mehr als eine Freizeitbeschäftigung und gehört zur Sicherung eines anspruchsvolleren Lebensstandards mit dazu. [...]
Studien haben herausgefunden, daß mehr als die Hälfte der SchülerInnen der achten und neunten Klasse
einer Arbeit gegen Entgelt nachgeht, fast die Hälfte davon ist illegale Kinderarbeit.
Denn Kinderarbeit ist nach dem geltenden Jugendarbeitsschutzgesetz mit wenigen Ausnahmen verboten,
solange die gesetzliche Schulpflicht (i.d.R. neun, in NRW und Berlin zehn Jahre) noch nicht erfüllt ist.
Geld, das zumeist für Konsumartikel ausgegeben wird, ist Hauptmotiv für das Arbeiten von Kindern und
Jugendlichen bei uns. Notlagen, die Kinder zum Arbeiten drängen, sind den Untersuchungen zufolge eher
selten. Dennoch gibt es Hinweise darauf, daß es im Zuge des weiteren Sozialabbaus neben den jugendlichen
„Großverdienern”, die ihr Taschengeld auf ein Drei- bis Vierfaches steigern, mehr Kinder geben wird, die
ihren Lohn zuhause abgeben müssen.
Das Interesse an einem lukrativen Nebenverdienst ist nicht selten größer als an einem erfolgreichen Schulabschluß, zumal für die Hauptschulabsolventen das Ausbildungsangebot immer enger wird. Vielen JungJobbern erscheint es von daher sinnvoller, gleich im Geschäft zu bleiben: Eine „Job-Gesinnung” [...] wird
bereits früh entwickelt, zu Lasten einer Berufsperspektive und zugunsten bestimmter Branchen, die den Jobmarkt bedienen.
aus: pro Jugend. Fachzeitschrift der Aktion Jugendschutz, Ausgabe Bayern, Nr. 2/96
M 18: Babysitten, Zeitungaustragen – ganz normal für Kinder?
Nach Schätzungen des Deutschen Kinderschutzbundes arbeiten 700.000 Kinder regelmäßig, ohne die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten. Sie helfen im elterlichen Betrieb, passen auf die Kleinkinder der Nachbarn
auf, tragen Zeitungen aus und vieles mehr. [...] Viele Eltern beurteilen diese Arbeiten als sinnvolle und harmlose Freizeitbeschäftigung. Die Schüler/-innen selbst sehen in der Arbeit eine willkommene Aufbesserung
des Taschengeldes. Meistens erfüllen sie sich auf diese Art und Weise ihre größeren Wünsche: teuere Klamotten, neue CDs, den eigenen Fernseher.
Bei Jugendlichen sind die, die ihr eigenes Geld verdienen, gut angesehen. Sie erhalten Anerkennung, sind sie
doch ein gutes Stück erwachsen, wenn sie sich in der Arbeitswelt zurechtfinden. Für das eigene Selbstvertrauen ist der Job neben der Schule gleichfalls von Bedeutung, denn er erlaubt eine gewisse Unabhängigkeit von
den Eltern.
Kritiker des Jobbens sehen die Gefahr, daß die Arbeit die Schulleistungen beeinträchtigt und wenig Zeit für
Spiel und Sport bleibt. Die Chance, unbeschwert Kind zu sein, könnte zu früh verlorengehen.
Erste Untersuchungen in einigen Bundesländern lassen den vorsichtigen Schluß zu, daß Kinder – bedingt
durch die veränderte wirtschaftliche Lage in Deutschland – mehr und mehr jobben, um zum Familienunterhalt beizutragen.
aus: Kindernothilfe, Arbeit statt Schule, Februar 1998
M 19: Kinderarbeit in Deutschland – ganz legal?
Interview mit dem Diplom-Sozialpädagogen Helmut Simon vom Jugendamt der
Stadt Duisburg
y Seit 1997 gibt es ein neues Jugendarbeitsschutzgesetz, was hat sich geändert?
Das grundsätzliche Kinderarbeitsverbot gilt jetzt bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres. Als Kind gilt, wer
das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Jugendlicher ist der, der mindestens 15 Jahre, aber noch nicht 18
Jahre alt ist. Im alten Gesetz gab es eindeutige Ausnahmeregelungen für Kinderarbeit. Heute ist eine Beschäftigung von Kindern über 13 Jahre erlaubt, soweit diese leicht und für Kinder geeignet ist.
y Was heißt das?
Die Sicherheit, Gesundheit und Entwicklung des Kindes darf nicht gefährdet und der Schulbesuch muß gewährleistet sein.
y Die typischen Regelungen der alten Gesetzgebung: Mithilfe in der Landwirtschaft in Familienbetrieben: Wie
steht es damit?
Diese Arbeiten sind für jüngere Kinder verboten, 14jährige dürfen bis zu drei Stunden pro Tag im Familienbetrieb mithelfen, aber nicht vor oder während des Schulunterrichts.
y Brauchen die Kinder bei der Aufnahme einer Arbeit die Einwilligung der Eltern?
Die Einwilligung der Eltern ist immer notwendig, sowohl im Rahmen von Kinderarbeit als auch bei der Beschäftigung von 15jährigen.
y Wenn Kinder arbeiten, kommt dann nicht die Schule zu kurz?
Die Gefahr besteht durchaus. Bei den Kindern, aber nicht bei den Jugendlichen hat die Schule eine ganz starke Rechtsstellung. Sie kann bei einem Leistungsabfall direkt beim staatlichen Amt für Arbeitsschutz das Ende
der Kinderarbeit beantragen.
y Welche Gefahren sehen Sie durch die Bestimmungen zur Kinderarbeit?
Ich sehe die Gefahr der Vernachlässigung der Schule und der beruflichen Ausbildung, wenn der Zwang entsteht, zum Beispiel mit zum Unterhalt der Familie beitragen zu müssen. [...] Kindsein und Schule drohen dabei zu kurz zu kommen.
Gesprächspartnerin: Beate Reuker
aus: Kindernothilfe, Arbeit statt Schule, Februar 1998
M 20: Arbeit hat noch keinem geschadet?
Ergänze die folgenden Halbsätze und begründe Deine Aussage nach Möglichkeit:
1. Die schwerste Arbeit, die ich in meinem Leben bisher zu verrichten hatte, war für mich...
2. Daß Jugendlichen unter 14 Jahren bei uns „Arbeit gegen Entgelt” grundsätzlich verboten ist, finde ich...
3. Arbeit sollte nur dann für Jugendliche verboten sein, wenn...
4. Den Lohn aus meiner Arbeit würde ich...
5. Arbeit hat gegenüber der Schule den Vorteil, daß sie...
6. Wenn Familien wenig Einkommen haben, sollten Kinder...
nach: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995
M 21: Auf Kosten der Schulbildung
Markus ist in der 10. Klasse und will nächstes Jahr
seine Mittlere Reife schaffen. Unmittelbar nach
Schulschluß begibt er sich auf schnellstem Weg in
einen Baumarkt, denn hier arbeitet er täglich von
zwei bis sechs. Am Samstag ist er dann außerdem
von früh bis abends im Betrieb seines Vaters beschäftigt. „Während der Woche ist es sehr stressig”,
räumt er ein, „ich habe große Schwierigkeiten,
pünktlich in die Schule zu kommen. Darum habe
ich neulich auch einen Verweis bekommen.” Aufgeben will er dennoch nicht, da er das Geld angeblich für Kleidung, Auto, Führerschein und eine
neue Zimmereinrichtung braucht.
Markus ist nicht der einzige in seiner Klasse, der
neben der Schule jobbt. Über die Hälfte der anderen 16- und 17jährigen hat schon in den Ferien
oder nach dem Unterricht gearbeitet, so als Verkäufer, als Kassiererin in einem Supermarkt, als Lagerist oder Schreibkraft.
Manche jobben nur ein oder zwei Monate lang,
andere das ganze Jahr hindurch, oft an zwei Tagen
pro Woche. Der Verdienst schwankt zwischen 8
und 15 Mark. Nachfragen in anderen 10. Klassen
brachten die gleichen Ergebnisse: mindestens die
Hälfte hatte Jobs. Für viele Schüler und Schülerinnen gehört Malochen offensichtlich zum Schulalltag.
Das deckt sich mit bundesweiten Untersuchungen.
Rund 40 Prozent der 14- bis 16jährigen gehen in
Deutschland mehr oder weniger regelmäßig gegen
Lohn arbeiten. Bei mindestens 500.000 Kindern, so
eine Schätzung des Kinderschutzbundes, wird dabei regelmäßig gegen Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes verstoßen. Denn danach darf,
wer das 10. Pflichtschuljahr noch nicht absolviert
hat, zwischen 18 und 8 Uhr nicht arbeiten, ansonsten nur für vier Wochen im Jahr während der
Schulferien. Für Betriebsinhaber kann die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen durchaus
eine rentable Angelegenheit sein, denn die Kids
sind mit weniger Geld zufrieden, außerdem spart
der Arbeitgeber die Zahlung von Sozialleistungen
und kann das Arbeitsverhältnis jederzeit wieder
lösen.
Keiner der von uns befragten Jugendlichen hatte
ein schlechtes Gewissen. Die Eltern hätten nichts
dagegen, so die pauschale Antwort; sie seien sogar
froh, weil sie dadurch finanziell entlastet wären. Die
meisten Schüler meinten auch, daß ihre schulischen
Leistungen in keiner Weise beeinträchtigt würden,
– eine Behauptung, die einer näheren Überprüfung
nicht standhielt. So wirkt Markus im Unterricht
zerfahren und unkonzentriert, bekommt vieles
nicht mit und hat häufig keine Hausaufgaben. Auch
Jasmin, die zweimal die Woche jeweils vier Stunden
Geld verdienen muß, stört häufig den Unterricht,
ist aggressiv und gereizt. So mancher Lehrer vermutet, daß die Abwesenheit einiger Schüler, wenn
Schulaufgaben geschrieben werden, mit der Arbeitsbelastung zusammenhängt.
Was machen die jungen Leute mit dem verdienten
Geld? Meistens wird es sofort wieder ausgegeben,
z. B. für Zigaretten, CDs und teure Kleidung. Gespart wird auch, um später den Führerschein, einen
Skiurlaub oder die Sommerreise finanzieren zu
können. „Mein Taschengeld reicht hinten und vorne nicht. Ohne Nebenverdienst kann ich mir mein
Leben nicht vorstellen”, sagt Iris, „ein gewisser
Wohlstand muß doch sein.”
Auch die Jugendlichen, die noch nicht gejobbt haben, würden gern eine Arbeit annehmen, haben nur
noch nichts Passendes gefunden. „Nicht nur wegen
des Geldes, sondern auch, weil man da gleich erfährt, wie es im Beruf zugeht”, argumentiert Michael. Nur sieben Schüler von den knapp 70, mit
denen ich gesprochen habe, gaben deutlich zu erkennen, daß sie kein Interesse an einer Beschäftigung hatten, weil die Schule wichtiger sei oder weil
die Eltern es ihnen nicht erlaubten.
Etliche der Schüler mit Dauerbelastung, so ist zu
befürchten, könnten möglicherweise eines Tages
ihr Verhalten bereuen. 30 Stunden pro Woche Unterricht, mindestens zehn Stunden für Hausaufgaben, und dann noch regelmäßig fünf bis zehn
Stunden arbeiten, das überfordert die meisten physisch und psychisch. Sinken dann die schulischen
Leistungen, was angesichts des angespannten Arbeitsmarktes dazu führen kann, daß wegen mittelmäßiger Noten keine Lehrstelle gefunden wird,
erweist sich der verfrühte Start ins Arbeitsleben als
Bumerang.
Was gegen die wachsende Zahl arbeitender Kinder
und Jugendlicher spricht, ist allerdings nicht nur,
daß sie sich leichtfertig Berufschancen verspielen.
Hinzu kommt: Teenager, die regelmäßig während
der Schulzeit jobben, nehmen Erwachsenen die
Arbeit weg. [...]
Thilo Castner
aus: pro Jugend. Fachzeitschrift der Aktion Jugendschutz, Ausgabe Bayern, Nr. 2/96; zuerst erschienen unter dem Titel „Raubbau mit Kraft und Lebenschancen” in: Das Parlament, Nr. 49, 1.12.1995
M 22: Rollenspiel
Die Rollenkarten sind auf der Rückseite abgedruckt.
aus: Deutsches Komitee für UNICEF, Kinderarbeit – Eine Bildkartei für Unterricht und Bildungsarbeit,
Köln 1997
M 23: Warum Rosario nicht mehr arbeiten muß
In den letzten beiden Jahren hat Rosario bei der Ernte in der Orangenplantage gearbeitet. dadurch konnte er
zeitweise nicht zur Schule gehen. Aber damit ist es jetzt vorbei. Rosario braucht nicht mehr zu arbeiten, denn
...
Erzählt die Geschichte von Rosario zu Ende. Schreibt auf, wie es dazu kam, daß Rosario nicht mehr auf der
Plantage arbeiten muß. Was hat sich an seiner Situation verändert?
nach: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995
M 24: Was man gegen Kinderarbeit tun könnte: Zum Beispiel Orangensaft
A. Man sollte alles so lassen. Die Familien sind doch froh, wenn ihre Kinder etwas Geld nach Hause bringen.
B. Die Leute hier sollten sich weigern, Orangensaft aus Brasilien zu kaufen, weil sie damit Kinderarbeit unterstützen.
C. Man müßte die Einfuhr von Orangen aus Brasilien verbieten, solange dort Kinderarbeit im Orangenanbau an der Tagesordnung ist.
D. Der brasilianische Staat müßte Kinderarbeit streng verbieten und die Einhaltung der Gesetze überwachen.
E. Die Verbraucher hier sollten 10 Pfennig pro Liter O-Saft mehr bezahlen. Mit dem Geld müßten die Kinder in Brasilien unterstützt werden, vor allem bei ihrer Ausbildung.
F. Man müßte Kinderhilfsorganisationen unterstützen, die versuchen, mit ihren Projekten den Kindern in
Brasilien Ausbildung und ihren Familien ein ausreichendes Einkommen zu geben.
G. Wir sollten besser Apfelsaft statt O-Saft trinken. Dann würde sich das Problem der Kinderarbeit in Brasilien von selbst lösen. Und für die Umwelt wäre es auch besser.
Wie steht Ihr zu den einzelnen Aussagen? Bitte begründet Eure Entscheidung.
nach: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995
M 25: Was kann ich tun?
Beurteilt die unten aufgezeigten Möglichkeiten, die Ihr habt, um persönlich, mit Eurer Familie, mit Eurer
Schule, in Eurer Gemeinde etwas gegen Kinderarbeit zu tun. Mögliche Einschätzungen: ganz richtig – das
probiere ich aus – lohnt nicht – ganz falsch.
1. fair gehandelte Produkte kaufen
2. auf bestimmte Produkte verzichten (z. B. Billigkleidung)
3. auf Warenzeichen achten
4. fifty-fifty-Aktion (die gleiche Summe, die man für eine nicht notwendige Anschaffung ausgebt,
spendet man für ein soziales Projekt)
5. mehr Geld für die Entwicklungshilfe fordern
6. sich genauer über Kinderarbeit und Dritte Welt-Probleme informieren
7. gar nichts tun, weil es immer Arme und Reiche geben wird.
nach: Kindernothilfe, Arbeit statt Schule, Februar 1998
M 26: Meinungen
„Kinderarbeit ist ein viel zu schönes Wort, denn
Kinderarbeit ist Sklaverei. Kinderprostitution ist
Mord. [...] Kinder, die zur Arbeit gezwungen
werden, während ihre Eltern arbeitslos sind –
das ist doch verrückt!”
„Bei der Bekämpfung der Kinderarbeit sind wir
auf das Verständnis der entwickelten Länder angewiesen, weil das Problem viel zu komplex ist,
als daß wir es allein lösen könnten.”
Arbeitsminister Arunachalam aus Indien
Bundesarbeitsminister Norbert Blüm
„Als Vertreter Afrikas geht es mir nicht darum,
Kinderarbeit zu verurteilen, denn Kinderarbeit
ist bei uns ein Teil der Erziehung und eine Alternative zur Bettelei und Kriminalität. Die
schlimmsten Auswüchse müssen allerdings unterbunden werden.”
Arbeitsminister Diop aus Senegal
„Ich sage ja zur Arbeit, aber nein zur Zwangsarbeit. Viele Eltern haben unser verdientes Geld
bitter nötig. Wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen und die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen.”
Ana, ein Mädchen aus Nicaragua, das seit seinem
8. Lebensjahr auf der Straße Taschen verkauft
aus: Kindernothilfe, Arbeit statt Schule, Februar 1998
M 27: Nicht mehr arbeiten dürfen ist schlecht ...
Besser wäre, nicht mehr arbeiten zu brauchen!
Allgemeine Verbote für Kinderarbeit sind problematisch.
Sie verändern nichts an dem ökonomischen Zwang
für Kinder, arbeiten zu müssen, um zu leben. Entgegen seiner Absicht entsteht durch das Verbot ein
schutzloser Raum für Kinder, die arbeiten. Denn für
etwas, was grundsätzlich verboten ist, können Kinder nichts einklagen: keine besseren Löhne, keinen
Gesundheitsschutz, keine geregelten Arbeitszeiten.
Kinder und Kinderarbeit dürfen nicht zur Beruhigung unseres schlechten Gewissens und moralischer Ansprüche funktionalisiert werden.
Das heißt, moralische Empörung reicht nicht aus!
Es muß nach den Ursachen und dem Kontext von
Kinderarbeit gefragt werden. Es müssen Kriterien
entwickelt werden, die Kinderarbeit differenzieren in
ausbeuterische, schädliche und in sinnvolle Tätigkeiten [...].
Kindern müssen praktikable und wirkungsvolle
Alternativen angeboten werden.
Sie dürfen mit ihrer Lebensrealität nicht alleine gelassen werden, sondern brauchen Angebote, die es
ihnen ermöglichen, ihren aktuellen Lebensunterhalt
zu sichern und gleichzeitig eine Lebensperspektive
zu entwickeln. Insgesamt muß sehr viel mehr an
schulischer Ausbildung angeboten werden; aber
auch in für die Kinder akzeptablen Formen, die ihre
Lebens- und Arbeitssituation mit einbeziehen.
Kindergerechte Lebensbedingungen können
nur gemeinsam mit Kindern entwickelt werden.
Ein erster Schritt, die Lebenssituation von Kindern
zu verbessern, ist, sie ernst zu nehmen in ihren Bedürfnissen, Erfahrungen und in ihrer Weltsicht. Bisher haben Erwachsene alle Rechte, Kinder überhaupt keine. Jedenfalls keine, die sie selbst einklagen
können [...]. Daß Kinder sich als politisch-soziale
Subjekte empfinden, wird in den Versuchen [...]
deutlich, sich selbst zu organisieren. [...]
Der Kampf gegen Kinderarbeit muß die Ursachen von Armut und Elend in der Dritten Welt
einbeziehen.
[...] Der Hinweis aus den Industrieländern, daß viele
der verantwortlichen Faktoren in den Ländern der
Dritten Welt selbst liegen [...] bleibt so lange unglaubwürdig, wie wirtschaftliche Anstrengungen
dieser Länder dadurch konterkariert werden, daß
sich die Industrieländer z. B. durch Zollschranken
gegen konkurrenzfähige Produkte aus der Dritten
Welt abschotten. Eine Verbesserung der Situation in
Afrika, Asien und Lateinamerika und damit die
Verminderung des Zwangs für Kinder, ihren Lebensunterhalt oder den ihrer Familien durch Arbeit
zu verdienen, wird die Industrieländer, d. h. uns alle,
etwas kosten! [...]
aus: DGB-Bildungswerk/Nord-Süd-Netz (Hg.), Kinderarbeit in der Dritten Welt, 2., aktualisierte und überarbeitete Auflage, Mai 1993
M 28.1: Eine Chance für die Müllkinder von Payatas
(Dia 1) Von Jovencio habt ihr schon erfahren, wie gefährlich das Leben der „Müllkinder” ist.1 Wie er leben
und arbeiten in Manila auf den Philippinen viele Kinder auf der Müllkippe.
(Dia 2) Direkt neben der Müllhalde leben die Familien in armseligen Hütten. Hunger und Krankheiten, der
ständige Gestank von der Müllkippe prägen ihr Leben. Vor drei Jahren veränderte sich für einige Familien
vieles. Drei Priester zogen zu den Menschen auf die Müllhalde.
(Dia 3) Gemeinsam mit den Kindern und Eltern, vor allem den Müttern, versuchen die Priester, das Leben
auf der Müllhalde zu verbessern. So ist ein kleines Zentrum entstanden, in dem sich viele Rat holen können.
In der Gemeinschaftsküche kochen Frauen, die früher selbst Müllsammlerinnen waren, einfache Mahlzeiten,
die an Kinder verteilt werden.
(Dia 4) Die kleine Apotheke des Priesters ist für viele Kinder Rettung in der Not, wenn sie sich auf der Müllhalde verletzt haben oder ernsthaft erkrankt sind. Der Priester gibt Kindern und Müttern Ratschläge, wie sie
Krankheiten verhindern können und was sie zum Beispiel bei Durchfallerkrankungen beachten müssen, damit Säuglinge und Kleinkinder nicht sterben.
(Dia 5) Die Priester und die vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer können vorerst nicht vermeiden, daß
die Kinder weiter auf der Müllhalde arbeiten müssen. Aber sie versuchen, das Leben der Kinder zu verbessern. Sie sorgen dafür, daß die Kinder nicht mehr den ganzen Tag arbeiten und daß sie ein regelmäßiges Essen bekommen. So können sie neben der Arbeit die Schule besuchen und haben auch Zeit, im Zentrum zu
basteln, Theater zu spielen oder einfach herumzutollen.
M 28.2: Monte Azul – ein Lichtblick für die Kinder in der Favela
(Dia 1) Am Rande von São Paulo, einer großen Stadt in Brasilien, leben Tausende Kinder in einfachen Hütten in großer Armut. Viele dieser Kinder müssen arbeiten, um überleben zu können. Die Schule können sie
deshalb nicht besuchen.
(Dia 2) Aber in ihrer Nähe gibt es einen Ort, wo sie gern sind, wo sie fröhlich sein können, wo sie ihre großen Sorgen für einige Stunden vergessen können: Es ist die Tagesstätte „Monte Azul”, das heißt ”Blauer
Berg”. Hier bekommen die Kinder etwas zu essen und werden medizinisch versorgt. Sie müssen nicht mehr
auf der Straße arbeiten, sondern können zur Schule gehen.
(Dia 3) Was für die älteren Kinder in der Favela besonders wichtig ist, ist die Chance, einen Beruf zu lernen.
Deshalb werden Jungen als Schreiner ausgebildet. Sie lernen zu sägen, zu hobeln und Holz zu verarbeiten.
Besonders stolz sind die kleinen Schreiner, wenn sie die ersten Holzteile fertig haben: Bausteine, Holzautos
und Holzspiele. Diese können sie an Freunde, Verwandte oder Nachbarn verkaufen. So verdienen sie ein
wenig Geld, um die Not ihrer Familie wenigstens etwas zu lindern.
(Dia 4) Ältere Schüler stellen sogar Schulmöbel her, die an andere Schulen verkauft werden. Mit dem Geld
können wieder neues Holz und Werkzeug gekauft werden. Wenn die Schüler alt genug sind, verlassen sie die
Tagesstätte, um als Schreiner zu arbeiten. Andere bleiben in der Werkstatt, um jüngere Kinder auszubilden.
Lesen und Schreiben und eine Berufsausbildung sind wichtige Voraussetzungen, sich und die eigene Familie
einmal ernähren zu können. Die Tagesstätte „Monte Azul” ist ein Lichtblick im Leben der Menschen in der
Favela, in der Not, Armut und Gewalt zum täglichen Leben gehören.
Die Dias zu beiden Projektbeispielen können bei der Kindernothilfe angefordert werden (Adresse im Anhang
des Begleitheftes), sie sind aber im Blick auf deren Aussagekraft nicht unbedingt nötig.
Anmerkung 1: Jovencio vgl. Material M 5
nach: Kindernothilfe, Kinderarbeit in der Dritten Welt, November 1993
Vgl. dazu auch das Video „Unter Aasgeiern. Die Müllkinder von Payatas” (Dauer: 10 Minuten), zu entleihen
bei der Kindernothilfe (Adresse im Anhang des Begleitheftes)
M 29.1: Unter „Aasgeiern”
Sechs Uhr morgens: Der Berg von Payatas brennt. Geisterhaft zeichnen sich durch den dichten Qualm die Silhouetten
von Kindern ab. Die Gesichter notdürftig mit Tüchern vermummt graben sie inmitten der Glut nach Cola-Dosen.
Mehrere tausend Familien leben von und mit diesem Müllberg, dem zweitgrößten in Manila, der philippinischen Hauptstadt. Damit das Geld reiht, müssen alle Kinder mitarbeiten. Im Morgengrauen greift die 13jährige Josephine ihren
Eisenhaken und läuft in Richtung Müllhalde. Josephine und ihre Familie sind „Scavengers”, „Aasgeier”, wie sie sich alle
hier nennen. Sie leben von den Überbleibseln der großstädtischen Wegwerfgesellschaft.
Die Müllberge sind ein durchorganisiertes Geschäft. Polizisten kassieren Wegzölle, eine „Müllmafia” mit Verbindung
zur Politik bereichert sich am Umsatz der Recycling-Ware, und am unteren Ende der Leiter schuften die müllsammelnden Scavengers für einen Hungerlohn. Überall liegen riesige Stapel sortierter Pappkartons, Berge geordneter Blechbüchsen und Plastikplanen. „Ich brauche zwei Tage”, erzählt Josephine, „bis ich genug Material gesammelt habe, um es verkaufen zu können.” Sie sortiert den Müll nach Plastikresten, Flaschen und Metalldosen und bringt ihn zu einem der
zahlreichen „Junk-Shops”. Hier wird das Material abgewogen und an Recycling-Händler weiterverkauft. Josephine erhält zwischen 50 und 100 Pesos je nach Qualität ihrer Müll-Ware, zwei bis vier Mark für zwei Tage Knochenarbeit,
wenn der Händler fair ist: „Oft werden wir Kinder beim Abwiegen übers Ohr gehauen”, sagt Josephine. Und dann zeigt
sie uns ihre breiten Narben an Knien und Füßen: „Hier bin ich in einen langen Nagel getreten. Das war besonders
schmerzhaft, weil er sich tief ins Fleisch gebohrt hat. Und das am Knie kommt von zerbrochenem Glas, als ich im Müll
gestolpert bin.”
Zwei Kilometer von Josephines Haus entfernt findet sich ein kleines robustes Gebäude aus Stein. Nachmittags sitzt
Josephine hier an der Nähmaschine. Mitarbeiter des Vinzentiner Missionsprojektes, das die Kindernothilfe unterstützt,
haben ihr die Grundlagen im Anfertigen von Kleidungsstücken beigebracht. Mit anderen Kindern lernt sie auch, kunstvolle Postkarten aus Recycling-Papier herzustellen, die wie die genähten Kleidungsstücke gewinnbringend verkauft werden. „Wir wollen den Kindern und ihren Eltern Alternativen zur Arbeit im Müll aufzeigen,” erläutert Sozialarbeiterin
Gloria. „Besonders wichtig ist es, ihnen die hohe Bedeutung der Schulbildung klarzumachen. Die Eltern sehen meist
nur die kurzfristige wirtschaftliche Notwendigkeit der Mitarbeit der Kinder im Müll.”
Josephine ist zuversichtlich, daß sie einmal nicht mehr im Müll zu arbeiten braucht. Durch das Müllsammeln und ihre
Nebenverdienste im Vinzentiner Projekt hat sie gerade genug Geld, um die Gebühren für die Schule zu bezahlen. Sie
träumt davon, später einen Beruf ergreifen zu können, der sie und ihre Familie von den „Aasgeiern” erlöst.
Martin Buchholz
M 29.2: Alptraum Kinderprostitution
Auch die heute 17jährige Marlyn tanzt [beim Start des Global March in Manila] den „Traum von der Kindheit”. Vor
drei Jahren wurde sie von einer deutschen Urlauberin zu einem Ausflug nach Deutschland eingeladen. Dort angekommen zwangen die Frau und ihr Mann das Mädchen unter Mordandrohung drei Monate lang zur Prostitution und
schickten sie nach Ablauf des Visums zurück auf die Philippinen. Das Verbrechen ist bis heute ungesühnt. Später wurde Marlyn gemeinsam mit der damals 11jährigen Pia auf den Philippinen von dem deutschen Sextouristen Thomas
Breuer mißbraucht. Die Sache flog auf, Breuer entkam nach Deutschland. Marlyn und Pia fanden Zuflucht im Schutzund Therapiezentrum PREDA des irischen Paters Shay Cullen. Unter Mitwirkung von PREDA wurde Breuer in
Deutschland der Prozeß gemacht, die Zeugenaussagen von Marlyn und Pia vor dem Gericht in Iserlohn – erstmalig in
der deutschen Rechtsgeschichte – führten 1996 zur Verurteilung Breuers zu dreieinhalb Jahren Gefängnis. Im Therapiezentrum von Father Shay lernen Pia und Marlyn seitdem, ihre traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten. Ihr Schicksal
ist kein Einzelfall, wie Father Shay erklärt, der – genauso wie Marlyn und Pia – beim Start zum Global March in Manila
dabei ist: „Die sexuelle Ausbeutung von Kindern ist eine der verbreitetsten Formen von Kindersklaverei auf der Welt.
Und wir leben in einer Generation der Schande, die das toleriert und einfach wegschaut, wenn Tausende von Kindern
sexuell mißbraucht, gefoltert und ermordet werden. Deutsche gehören mit anderen westlichen Sextouristen zu den
schlimmsten Kinderschändern. Sie kommen nach Thailand, nach Sri Lanka, nach Indien oder hier auf die Philippinen
und suchen sich Kinder in den Bordellen aus. Wir wollen diese Leute aufhalten, sie vor Gericht bringen, und wir fordern die Weltöffentlichkeit auf, uns im Kampf gegen die Kinderprostitution zu unterstützen und Druck auf die Regierungen auszuüben, daß sie wirklich Ernst machen mit der Strafverfolgung der Täter.”
aus: Zeitschrift „Kindernothilfe”, 1/1998
Anmerkung: Josephine und Marlyn erscheinen auch auf dem Video „Lernen statt schuften”.
M 30: Kinderarbeit nicht boykottieren?
Sanktionen gegen Kinderarbeit nützen nach Meinung von UNICEF wenig und treffen oft die Falschen. Die
Aufrufe in den Industrieländern zu Einfuhrverboten und Boykotten von Produkten aus Kinderarbeit haben
für viele Kinder zur Folge, daß sie entlassen werden. Statt dessen solle man dafür sorgen, daß auch die ärmsten Kinder in den Entwicklungsländern in die Schule gehen können und daß den Eltern alternative Einkommensquellen erschlossen werden.
Als Beispiel nannte UNICEF Bangladesch. Dort haben nach der Androhung eines Handelsboykotts etwa
50.000 Kinder ihre Arbeit verloren. Vor allem Mädchen in Textilfabriken waren von Entlassungen betroffen.
Um trotzdem noch einen Verdienst zu haben, waren viele gezwungen, ihr Geld als Straßenverkäufer,
Dienstmädchen oder Prostituierte zu verdienen.
Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, hat UNICEF in Bangladesch im Januar 1996 ein neues Programm
gestartet. In der Hauptstadt Dhaka wurde die erste Schulklasse für Kinder eingerichtet, die früher in der Textilindustrie beschäftigt waren; landesweit sind rund 400 solcher Klassen geplant.
Um den Einkommensausfall de Familien auszugleichen, bekommen die Kinder ein monatliches Stipendium
von 300 Taka (umgerechnet etwa zehn Mark), etwa die Hälfte ihres bisherigen Monatslohnes. Ziel dieses
Programmes ist es, qualifizierten erwachsenen Angehörigen der Kinder die Möglichkeit zu geben, an deren
Stelle in den jeweiligen Firmen zu arbeiten.
aus: Praxis Geographie 9/96
M 31: Kinder haben das Recht zu arbeiten
„Unsere Arbeit sollte nicht verboten werden, denn wo sollen wir sonst das Geld für unser Essen herbekommen?” meint der nicaraguanische Junge Ramón. Aus demselben Grund schließen sich immer mehr arbeitende
Kinder in der ganzen Welt zusammen, um gemeinsam gegen ein Verbot von Kinderarbeit und für die Respektierung ihrer Rechte als Kinder einzutreten. [...]
Viele indische Nicht-Regierungsorganisationen vertreten eine Position der strikten Ablehnung von Kinderarbeit. Sie argumentieren, die billig entlohnten Kinder würden mit den Erwachsenen konkurrieren und sie erwerbslos machen. Deshalb fordern sie vom Staat eine Durchsetzung der Schulpflicht. Auch die Organisation
CWC [Concerned for Working Children] versucht, die Ausbildung der Kinder zu fördern, doch sie sollen
auch arbeiten dürfen. Ihre Meinung muß angehört und ihre Arbeit respektiert werden. [...]
In Bangladesch haben zahlreiche Textilfabriken aus Angst vor internationalen Boykottaktionen rund 55.000
Kinder entlassen. Daraufhin nahmen die meisten dieser Kinder eine andere Beschäftigung im informellen
Sektor auf oder verloren sich auf den Straßen der großen Städte. Die Ernährungs- und Gesundheitssituation
der meisten dieser Kinder verschlechterte sich dramatisch.
Aus Sorge um ihren Arbeitsplatz veröffentlichten zehn minderjährige Textilarbeiterinnen und -arbeiter eine
Petition, in der sie auf ihre Situation aufmerksam machten: „Heute müssen sich die jungen Kollegen, die bisher entlassen wurden, prostituieren, in Steinbrüchen arbeiten oder Müll sammeln. Unsere Hoffnung ist, daß
wir in Zukunft drei bis sechs Stunden am Tag arbeiten dürfen. Das würde uns auch die Möglichkeit geben,
zur Schule zu gehen.”
Auszug aus: terre des hommes, Ein Recht auf Kinderarbeit? Osnabrück, Juni 1996
M 32: Teppiche ohne Kinderarbeit: Das Warenzeichen RUGMARK
Was will RUGMARK?
RUGMARK trägt dazu bei, daß Kinder in der Teppichindustrie schrittweise durch erwachsene Knüpferinnen
und Knüpfer ersetzt werden. Diese erhalten Löhne, die wenigstens den staatlichen Mindestlöhnen entsprechen.
RUGMARK unterstützt die soziale Eingliederung der ehemaligen „Teppichkinder” und die Schaffung einer
Lebensperspektive für sie, ihre Familien und Dorfgemeinschaften.
Das Warenzeichen RUGMARK
RUGMARK ist ein eingetragenes und geschütztes Warenzeichen. Es wird durch lizensierte
Exporteure, die die RUGMARK-Vergabekriterien erfüllen, an Teppichen angebracht. Über
eine individuelle Seriennummer auf jedem Siegel sowie eine interne Codierung in den Datenbanken der RUGMARK-Stiftungen der Herstellerländer kann die Herkunft eines jeden
Teppichs bis zum Knüpfstuhl zurückverfolgt und damit die korrekte Kennzeichnung überprüft werden.
Wer ist RUGMARK?
RUGMARK-Stiftungen gibt es zur Zeit in den Herstellerländern Indien und Nepal. Die indische
RUGMARK-Foundation ist eine Stiftung nach indischem, die Nepal RUGMARK Foundation eine gemeinnützige Nichtregierungsorganisation nach nepalischem Recht. Beide Stiftungen arbeiten eng mit nationalen
und internationalen Menschenrechts- und Entwicklungsorganisationen zusammen. [...]
Die Vergabekriterien für RUGMARK
Das Warenzeichen RUGMARK erhalten Teppichhersteller und -exporteure in Lizenz, die folgende Bedingungen erfüllen:
• Vorlage einer schriftlichen, rechtlich bindenden Verpflichtung, auf ungesetzliche Kinderarbeit zu verzichten; in Familienbetrieben ist die Mitarbeit von unter 14-jährigen Kindern oder Geschwistern des Knüpfstuhlbesitzers nur dann erlaubt, wenn diese regelmäßig die Schule besuchen;
• Aushändigung einer vollständigen Liste der Lieferanten an die RUGMARK-Foundation; diese Listen werden regelmäßig aktualisiert. RUGMARK registriert und numeriert die Knüpfstühle der Lizenznehmer;
• Vorlage schriftlicher Erklärungen der Lieferanten, mit der diese rechtsverbindlich den Verzicht auf illegale
Kinderarbeit erklären und zugleich versichern, daß die Entlohnung der erwachsenen Knüpfer mindestens
der Höhe der staatlich festgelegten Mindestlöhne entspricht;
• Verpflichtung, die Betriebsstätten und Knüpfbetriebe jederzeit durch Inspekteure der RUGMARKFoundation überprüfen zu lassen; solche Kontrollen können jederzeit ohne Voranmeldung durchgeführt
werden;
• Offenlegung der Aufträge gegenüber der RUGMARK-Foundation; dadurch werden Kontrollen während
der Produktion und die Zuteilung einer entsprechenden Anzahl von Siegeln ermöglicht. [...]
Was geschieht mit den Kindern?
Die Inspektionen sind ein unverzichtbarer Bestandteil von RUGMARK. Das alleine wäre aber wenig sinnvoll, wenn für die Kinder keine Alternativen geschaffen würden. Deshalb bringen die deutschen Importeure
Mittel für die Finanzierung von Sozialprogrammen für die Kinder, ihre Familien und Dorfgemeinschaften
auf. In Indien unterhält RUGMARK zwei Schulen und ein Rehabilitationszentrum, in Nepal – in Kooperation mit örtlichen Nichtregierungsorganisationen – vier Rehabilitations- und ein Übergangszentrum. So wird
der Sorge Rechnung getragen, die befreiten Kinder könnten in neue soziale Notlagen geraten.
Flankierend werden entsprechende Sozialprogramme auch von internationalen Hilfsorganisationen – zum
Beispiel Brot für die Welt, Misereor, terre des hommes und UNICEF – im Verbund mit lokalen Partnern
durchgeführt.
aus: Kampagne gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie, InfoBlatt 2, Februar 1998
M 33.1: Mit Sozialklauseln gegen Kinderarbeit?
aus: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995
M 33.2: Pro & contra Sozialklauseln
Wie kann man bewirken, daß Kinder nicht länger arbeiten müssen? Manche Leute schlagen vor, den Handel
mit Produkten, die durch Kinderarbeit hergestellt wurden, zu verbieten. Man soll durch „Sozialklauseln” im
Handelsrecht dafür sorgen, daß die Einfuhr solcher Produkte verboten werden kann. Dieser Vorschlag ist
umstritten.
Diskutieren Sie in Ihrer Kleingruppe die Argumente für derartige Sozialklauseln. Nachher wird ein Streitgespräch stattfinden, bei dem jemand Argumente gegen Sozialklauseln vorträgt. Überlegen Sie sich bitte entsprechende Argumente und Gegenargumente. Wählen Sie in Ihrer Gruppe jemanden aus, der ihre Position
im Streitgespräch vertritt.
nach: Dritte Welt Haus Bielefeld, Kinderarbeit und Orangensaft, Bielefeld 1995
M 34.1: Extreme Fälle von Kinderarbeit
Kinder unter Tage: Leben in Gefahr und ständiger Dunkelheit
Arbeit unter Tage ist schwerste Körperarbeit. In den zahlreichen Kohle- und Erzbergwerken Kolumbiens
werden viele Kinder als billige Arbeitskräfte mißbraucht. Die Kinder werden vorzugsweise in die engen,
dunklen Stollen gesetzt, in welche die Erwachsenen nicht hineinpassen. Sie schlagen Kohle aus dem Fels,
beladen die Loren und schieben sie unter größter Kraftanstrengung durch das Bergwerk. Zehn Stunden und
länger arbeiten sie für einen Hungerlohn in Hitze und ständiger Dunkelheit, im schwarzen, stickigen Staub.
Es gibt keine Maßnahmen zum Unfallschutz und zur Arbeitssicherheit. Eine medizinische Betreuung fehlt
völlig. Die Kinder besuchen keine Schule. Manche von ihnen sind mit zehn oder zwölf Jahren schon Invaliden wegen der starken körperlichen Belastung und der zahlreichen Unfälle im Bergwerk.
Schuldknechtschaft ist eine moderne Form der Sklaverei
Zur Abzahlung von Schulden oder zur Finanzierung von Krediten werden Kinder regelrecht verpfändet und
in Schuldknechtschaft an Arbeitgeber „verkauft”. Da viele dieser Arbeitgeber jedoch geringe Löhne zahlen
oder die Schulden immer wieder künstlich erhöht werden, etwa durch Wucherzinsen, wenn die Kinder zu
langsam arbeiten oder ihnen bei der Arbeit Fehler unterlaufen, haben die Kinder zumeist keine Chance, die
„Schuld” ihrer Eltern zu tilgen. Schuldknechtschaft als moderne Form der Sklaverei ist besonders in Südasien, teilweise auch in Lateinamerika verbreitet. Opfer sind vor allem die Kinder der ärmsten Familien, die
aus Unkenntnis leicht zu täuschen sind. Die Rückkehr oder der Kontakt zu ihren Familien ist den Kindern
häufig verboten. Viele dieser Kinder sind neben der harten Arbeit zusätzlich körperlichen oder seelischen
Mißhandlungen ausgesetzt.
Mädchenarbeit zwischen sozialer und sexueller Ausbeutung
Viele Mädchen in Südamerika, den karibischen Ländern und in Südasien arbeiten oft schon in sehr jungem
Alter als Haushaltshilfen in fremden Haushalten. Sie leben dort isoliert von ihren Familien, sind häufig rechtlos und ungeschützt der Willkür ihrer Dienstherren ausgeliefert. Ihre Entlohnung ist mehr als spärlich. Dabei
müssen sie oft von morgens früh bis spät in die Nacht ununterbrochen arbeiten. Ein Schulbesuch wird ihnen
in den meisten Fällen verweigert. Von der wirtschaftlichen und sozialen Ausbeutung der jungen Mädchen ist
es oft nur ein kleiner Schritt zum sexuellen Mißbrauch. In Thailand, Indien, auf den Philippinen und in Malaysia werden Hunderttausende junger Mädchen von dubiosen „Arbeitsvermittlern”, die häufig auch als Zuhälter tätig sind, zur Prostitution gezwungen und wirtschaftlich wie auch sexuell ausgebeutet.
aus: UNICEF, Kinder der Welt, Nr. IV/95, Kinderarbeit – Die verratene Kindheit
34.2: Ausbeuterische Kinderarbeit
So nennt man die besonders unerträglichen Formen von Kinderarbeit, gegen die sofort gehandelt werden
muß. Dazu zählen:
alle Formen von Sklaverei, Kinderhandel, Zwangsarbeit, Schuldknechtschaft und Leibeigenschaft;
Mißbrauch von Kindern zum Beispiel bei der Prostitution, Pornographie und beim Drogenhandel;
alle anderen Arbeiten, die die Gesundheit, Sicherheit oder Moral von Kindern gefährden können (zum Beispiel durch verschmutzte Luft, durch das Einatmen von Pestiziden, durch extrem einseitige körperliche Belastungen).
nach: Entwurf für die neue ILO-Konvention, 14.1.1998
Warum will man sich bei der neuen ILO-Konvention auf besonders unerträgliche Formen der Kinderarbeit
konzentrieren, und was ist darunter zu verstehen?
M 35: Die Ziele des weltweiten Marsches gegen Kinderarbeit
Das grundsätzliche Anliegen
Der Global March will in der ganzen Welt Kräfte zur Durchsetzung der Kinderrechte mobilisieren: Kein
Kind darf zu einer Arbeit gezwungen werden, die schädlich sein könnte für seine körperliche, geistige, seelische oder soziale Entwicklung. Jedes Kind hat das Recht auf eine freie Schul- und Berufsausbildung.
Der Global March will die Ausbeutung von Kindern ins Bewußtsein der Weltöffentlichkeit rufen, über Ursachen und Folgen schädlicher Kinderarbeit informieren und vor allem Schritte zu ihrer Überwindung bekannt
machen.
Die konkreten Ziele und Forderungen
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•
•
•
Der Global March drängt auf die unverzügliche Abschaffung der unerträglichsten Formen von Kinderarbeit.
Der Global March fordert Vorrang und internationale Unterstützung für bildungspolitische Programme.
Der Global March ruft dazu auf, Armut sowie wirtschaftliche und soziale Ungerechtigkeit zu bekämpfen,
die für die Entstehung und das Ausmaß der Kinderarbeit mitverantwortlich sind.
Der Global March fordert und setzt sich dafür ein, daß ehemalige Kinderarbeiterinnen und Kinderarbeiter umfassende Hilfe erhalten, um ein Leben ohne Ausbeutung führen zu können. Dazu gehören Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Lage ihrer Familien.
Der Global March fordert alle Staaten auf, internationale Konventionen und nationale Gesetze über Kinderarbeit und Schulbildung zu ratifizieren und umzusetzen.
Der Global March unterstützt und fordert Warenzeichen für Produkte ”ohne Kinderarbeit” und Selbstverpflichtungen (Verhaltenskodizes) von Unternehmen.
aus: Weltweit unterwegs für Kinderrechte. Schließen Sie sich an! Dezember 1997
M 36: Aktionsplan gegen Kinderarbeit
Mit der Annahme eines Aktionsplanes sorgte die Internationale Konferenz gegen Kinderarbeit von Oslo im
Oktober 1997 für ein zeitgebundenes Programm zur Abschaffung der Kinderarbeit und rief die Staaten dazu
auf, die dringendsten und unerträglichsten Formen der Kinderarbeit sofort abzustellen. Der Aktionsplan setzt
auf präventive Maßnahmen wie Ausbildung und Erziehung im Kampf gegen die Kinderarbeit und fordert die
Staaten auf, „schrittweise” die Kinderarbeit im Schulalter abzuschaffen, vor allem bei Aktivitäten, die den
Schulbesuch und die Entwicklung des Kindes beeinträchtigen. Von früher Kindheit an getätigte, weltweite
Investitionen in Erziehung und Gesundheit könnten zu einem Instrument der wirtschaftlichen und sozialen
Entwicklung werden und die Zahl der arbeitenden Kinder reduzieren.
Die wichtigsten Elemente des Aktionsplans
Der Aktionsplan fordert
• die effektive Abschaffung der Kinderarbeit
• die sofortige Entfernung von Kindern aus extremen Formen der Kinderarbeit
• nationale Maßnahmen und zeitgebundene Aktionsprogramme
• aktive Beteiligung von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden
• die Ratifizierung der einschlägigen internationalen Normen und Instrumente wie das Übereinkommen der
Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes und das ILO-Übereinkommen 138
• aktive Beteiligung an der Ausarbeitung und Annahme des vorgeschlagenen neuen ILO-Übereinkommens
über extreme Formen der Kinderarbeit und
• die Unterstützung der Geberländer für IPEC (Internationales Programm der ILO zur Abschaffung der
Kinderarbeit) und sein Programm zur statistischen Information und Überwachung der Kinderarbeit.
nach: ILO, Welt der Arbeit, Nr. 22, Dezember 1997
M 37: Das Thema nach draußen tragen
Erst informieren, dann handeln
Nutzt die Möglichkeiten, die Ihr habt, um Euch und andere über den weltweiten Marsch gegen Kinderarbeit zu informieren und über sein Anliegen zu diskutieren. Ihr könnt das im kleinen Rahmen tun (in der Familie, im Freundeskreis),
aber auch in der Gemeinde, im Jugendkreis. Informationsmaterial zum Global March und über Kinderarbeit gibt es bei
den Koordinationsstellen.
Für die Idee begeistern
15.000 Kinder und Erwachsene waren beim Start des Global March in Manila auf der Straße. Ihr könnt an diesem
Großereignis teilnehmen, denn die Kindernothilfe war mit einem eigenen Kamerateam dabei. Das dabei entstandene
Video „Lernen statt schuften” ist durch die Interviews mit ehemaligen Kinderarbeitern und mit Kailash Satyarthi, dem
Organisator des Global March, sehr anschaulich und lädt zum Mitmachen ein. Ihr könnt es bei den Koordinationsstellen ausleihen. Mit einer Vorführung im kleinen oder großen Kreis findet Ihr bestimmt MitstreiterInnen für eine Beteiligung am Global March.
Die Idee verbreiten
Plakate und Handzettel helfen mit, die Idee des Global March zu verbreiten und auf das Thema „Kinderarbeit” aufmerksam zu machen. Sie können in Geschäften, Banken und Sparkassen, öffentlichen Gebäuden, Kirchen, Schulen,
Firmen und ... und ... und ... ausgehängt bzw. ausgelegt werden. Plakate und Handzettel zum Global March gibt es bei
der Kindernothilfe und bei den Koordinationsstellen. Natürlich könnt Ihr sie auch selbst gestalten ...
Die Route verfolgen
Mit einer großen Weltkarte, die zum Beispiel in der Schule angebracht wird, läßt sich die Route des Global March verfolgen. Mit der Zusatzinformation „Noch x Tage bis zum Eintreffen in y” kann die Spannung gesteigert werden.
Daumenabdrücke sammeln
Tausende von Daumenabdrücken von Kindern und Erwachsenen aus aller Welt sollen zusammengetragen werden, um
zu zeigen, wie viele Menschen den Global March unterstützt haben und dabei waren. Die „Aktion Daumen” soll aber
auch das Recht auf Bildung bekräftigen, das den arbeitenden Kindern vorenthalten wird. Die Abdrücke sollen auf DIN
A4-Blättern gesammelt und bis zum 22. Mai an die Werkstatt Ökonomie geschickt werden. Dort wird dafür gesorgt,
daß die Botschaften nach Genf, zum Zielort des Global March, gelangen. Mehr dazu im Material M 38.
Aufsehen erregen
Auf dem Schulhof, in der Fußgängerzone, auf öffentlichen Plätzen, überall dort, wo sich viele Menschen aufhalten, sind
Aktionen gut, die Aufmerksamkeit erregen. Das kann mit einem kleinen Rollenspiel zum Thema Kinderarbeit erreicht
werden oder aber auch durch Mitmachaktionen (Schuhputzer, Steine aus Lehm formen, massenhaft Streichhölzer in
Schachteln packen lassen, schwere Säcke schleppen ...). Natürlich läßt sich die Situation der arbeitenden Kinder in Afrika, Asien und Lateinamerika nicht annähernd darstellen. Rollenspiele tragen aber zum Nachdenken bei und helfen, sich
dem Thema zu nähern.
Bürgerinnen und Bürger interviewen
Ihr könnt ältere Leute befragen, die aus eigenem Erleben oder durch Berichte ihrer Eltern erzählen können, wie früher
in Deutschland Kinder gearbeitet haben. Oft findet Ihr dazu auch Informationen im Stadtarchiv. Gleichzeitig könnt Ihr
Kontakt aufnehmen zum Jugendamt Eurer Stadt und Euch erkundigen, welche Rolle die Arbeit von Kindern und Jugendlichen heute spielt.
Die Medien einbeziehen
Schreibt Artikel zum Thema Kinderarbeit für die Schülerzeitung, das Gemeindeblättchen, die Kirchenzeitung! Beschreibt die Lebenssituation Eurer Altersgenossen in der „Dritten Welt”, sagt Eure Meinung dazu. Vielleicht gelingt es
Euch sogar, einen Artikel in Eurer Regionalzeitung unterzubringen oder einen Beitrag im Hörfunk mitzugestalten:
Nehmt mit den Redaktionen Kontakt auf, sie sind in der Regel sehr offen für interessante, phantasievolle Beiträge.
Austausch weltweit
Das Internet machts möglich: Unterhaltet Euch mit Jugendlichen, die Ihr sonst nie treffen würdet, per Computer. Vom
12. bis 14. Mai findet anläßlich des Global March eine dreitägige Chat-Konferenz, also eine Live-Diskussion, im Internet statt. Dort findet Ihr auch viele Informationen über Kinderarbeit und über den Global March, könnte E-mails verschicken, Eure Meinung sagen und ... und ... und ... Ihr findet den Global March unter www.global-march.de; dort
könnt Ihr Eure Entdeckungsreise zu Unterschieden und Gemeinsamkeiten in der Einen Welt beginnen – und Euch
unter anderem auch an einem internationalen Wettbewerb beteiligen. Mehr dazu im Material M 40.
Koordinationsstellen: Informationszentrum Dritte Welt, Overwegstraße 31, 44625 Herne, Telefon 02323-496970 (PLZ
0-5) und Werkstatt Ökonomie, Obere Seegasse 18, 69124 Heidelberg, Telefon 06221-720296 (PLZ 6-9)
M 38: Aktion Daumen
Symbol des Global March: Daumenabdrücke
Der weltweite Marsch für die Kinderrechte hat ein ebenso einfaches wie eindrückliches Symbol: Daumenabdrücke! In allen Ländern, durch die der Global March zieht, sammeln Kinder und Jugendliche möglichst
viele davon. Warum gerade Daumenabdrücke?
•
Jeder Mensch ist einzigartig. Dafür steht der Daumenabdruck – keiner gleicht einem anderen. Daumenabdrücke sind ein Symbol für die unverwechselbare Besonderheit eines jeden Menschen!
• Ein großer Teil der Kinderarbeiterinnen und -arbeiter hat keine Chance, jemals eine Schule zu besuchen,
jemals schreiben und lesen zu lernen. Deshalb können sie ihre Meinungen und Forderungen nicht mit ihrer Unterschrift, sondern nur mit ihrem Daumenabdruck bekräftigen.
• In vielen Ländern der Erde unterstützen Kinder, Jugendliche und Erwachsene den Global March und
schließen sich ihm für eine Teilstrecke an. Ihre Abdrücke stehen für die vielen Menschen, die sich überall
auf der Welt für Kinderrechte einsetzen.
Auch in der Schule könnt Ihr Daumenabdrücke sammeln. Oder Ihr bittet Menschen in Eurem Ort um Daumenabdrücke. Medienwirksam ist die Sammlung von Daumenabdrücken bekannter Persönlichkeiten. Vielleicht veranstaltet Ihr an Eurer Schule auch einen kleinen Wettbewerb? Welche Klasse sammelt die meisten
Daumenabdrücke? Wer „erringt” als erster den Abdruck des Rektors, der Pfarrerin, des Bürgermeisters?
Daumenabdrücke sammeln konkret
Ihr solltet beim Sammeln nur zwei Vorgaben beachten: Die Abdrücke müssen auf DIN A4-Seiten gesammelt
werden, jeweils etwa 20 bis 30 Daumenabdrücke pro Seite. Wichtig ist auch, daß jede und jeder nur einmal
ihren und seinen Daumenabdruck hergibt. Ansonsten sind Euch keine Grenzen gesetzt
Ihr könnt die Daumenabdrücke mit Fingerfarbe, Stempelfarbe o. ä. zum Beispiel auf dem Briefpapier eurer
Schule sammeln. Die Seiten können verschieden gestaltet und zum Beispiel bemalt werden. Ihr könnt verschiedene Farben benutzen oder Euch mit euren Klassenkameraden auf eine Farbe einigen. Ihr könnt Eure
Namen dazuschreiben oder einen Slogan, einen Wunsch, eine Forderung oder einen ganzen Brief. Wenn Ihr
das Blatt entsprechend gestaltet, haben sogar Eure Paßbilder Platz auf den Seiten.
Wenn Ihr die Blätter besonders liebevoll gestaltet habt, denkt daran, sie zur Erinnerung zu fotografieren oder
zu kopieren, denn Ihr müßt die Blätter ja weitergeben!
Was passiert mit den Daumenabdrücken?
Entlang der Routen des Global March und bei den Stafettenmärschen werden die Daumenabdrücke am besten mit einer kleinen Zeremonie weitergereicht. Der Transport der Daumenabdrücke kann zum Blickfang
gemacht werden, wenn etwa ein kostümierter „Briefträger” mit altertümlicher Posttasche oder postgelbem
Paketkuli die Blätter transportiert.
Wenn Ihr abseits der Routen des Global March und der Stafettenmärsche wohnt, schickt die Seiten
mit den Daumenabdrücken unbedingt bis zum 22. Mai 1998 an die Werkstatt Ökonomie, Obere
Seegasse 18, 68124 Heidelberg.
Die Blätter mit den Daumenabdrücken werden dann zu „Büchern” zusammengestellt, die Anfang Juni 1998
in Genf der Internationalen Arbeitsorganisation übergeben werden. Diese „Bücher” enthalten weiter allgemeine Länderinformationen sowie Länderberichte über die Situation der Kinder und insbesondere über Kinderarbeit, Fotos vom Zug des Global March und von Aktionen, die im Zusammenhang mit dem Global
March durchgeführt werden: Auf diese Weise halten die „Bücher” das einzigartige Ereignis des weltweiten
Marsches für Kinderrechte fest.
Kleine „Denkmäler”
Zusätzlich zu den für das „deutsche Buch” bestimmten Daumenabdrücken (aber möglichst nicht als Ersatz
dafür) könnt Ihr Daumenabdrücke auch auf andere Weise sammeln: Auf einer Weltkugel (Material zum Beispiel Gips oder Luftballon und Papier), auf einer Weltkarte, auf einem Stadtplan Eures Ortes, auf T-Shirts, als
Teil einer Collage: Auf diese Weise entstehen kleine „Denkmäler”, die in Eurem Ort bleiben können und
sicherlich einen Platz in der Schule finden werden ...
M 39: Die Banner des Global March
Die Idee
In jedem Land, durch das ein Zweig des Global March führt, fertigen Kinder und Jugendliche Banner als
Zeichen ihrer Unterstützung des weltweiten Marsches für Kinderrechte. Eines dieser Banner wird (etwa im
Rahmen eines nationalen Wettbewerbes) ausgewählt und den „Delegierten” des betreffenden Landes für die
Abschlußveranstaltungen in Genf mitgegeben. Auf diese Weise kommt Land für Land je ein neues Banner
hinzu. Wenn dann in Genf am Dienstag nach Pfingsten (2. Juni 1998) Tausende junger Menschen aus aller
Welt zum Palais des Nations ziehen, wo die 86. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz eröffnet wird,
werden sich die bunten und vielfältigen Banner zu einem farbenprächtigen Bild zusammenfügen. (Bei dieser
Tagung soll unter anderem das neue Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation über extreme
Formen von Kinderarbeit beraten werden.)
Auch deutsche Jugendliche, die mit nach Genf fahren, sollen mit einem Banner die Unterstützung unseres
Landes für den Global March symbolisieren. Dieses Banner wird von einer Jury am 29. Mai 1998 in Freiburg
aus den Bannern ausgewählt, die deutsche Kinder und Jugendliche im Zusammenhang mit dem weltweiten
Marsch für Kinderrechte gestaltet haben.
Die Banner
Alle Banner sollen die gleichen Maße haben (Höhe 130 cm, Breite 65 cm), auf textilen Stoffen gestaltet und
so gefertigt werden, daß sie von einer Person senkrecht getragen werden können. Hierzu empfiehlt es sich,
den Stoff an der Ober- und Unterkante jeweils durch eine Holzleiste oder eine Stange aus Metall zu stabilisieren. Mithilfe einer soliden Aufhängung wird das Banner mittig an einer einzelnen Tragestange befestigt.
Jedes Banner soll möglichst das Logo des Global March und den Slogan „Ausbildung statt Ausbeutung”
(„From exploitation to education”) aufgreifen und in jedem Fall an irgendeiner Stelle auf Deutschland als
Herkunftsland des Banners verweisen. Ansonsten sind der Phantasie bei der Gestaltung der Banner Tor und
Tür geöffnet: Die Banner können bestickt, bemalt oder besprüht werden. Batik, Stoffdruck und PatchworkTechnik sind weitere Stichworte für die Vielzahl der Bearbeitungsmöglichkeiten.
Wenn Ihr in Eurer Klasse, Eurer Schule, Jugend- oder Konfirmandengruppe ein Banner gestaltet, bedenkt
bitte: Die Banner sind mehr als bloße „Transparente” für Demonstrationen, sie sind kleine „Kunstobjekte”,
die etwas von Euch erzählen können ...
Banner begleiten den Marsch
Die Banner werden von Kindern und Jugendlichen bei den Stafettenmärschen und beim internationalen
Marsch mitgeführt. Angefertigt werden sie in Orten, die an den Routen des Global March oder der Stafettenmärsche liegen.
Beteiligen sich an einem Ort viele Gruppen und Organisationen mit eigenen Bannern, wird es sinnvoll sein,
ein bis drei Banner auszuwählen, die auf die Reise geschickt werden.
Die Banner werden dann entlang der Routen von Gruppe zu Gruppe und von Etappe zu Etappe weitergereicht, und mit neuen Gruppen kommen neue Banner hinzu: Auf diese Weise wird das farbenfrohe Bild des
Global March mit den Bannern aus Asien, Afrika und Europa immer weiter ergänzt.
In Freiburg wird dann ausgewählt, welches dieser deutschen Banner der deutschen Delegation für die
Abschlußveranstaltungen in Genf mitgegeben wird.
(Wenn Ihr Euer Banner nach Abschluß des Global March zurückerhalten wollt, müßt Ihr es mit Eurer Anschrift versehen!)
M 40: Global March – Global Chat 1998:
Die Internet-Aktivitäten im Rahmen des Global March
Die Idee
Die Internet-Aktionen ermöglichen den direkten Austausch zwischen Jugendlichen aus
vier Kontinenten. Neben der Entdeckung der verschiedenen Lebenswirklichkeiten von
Jugendlichen in den vier Regionen (Asien, Afrika, Lateinamerika, Westeuropa) steht als
weiterer thematischer Schwerpunkt der Austausch über Kinderarbeit im Vordergrund.
Ziele
•
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Die Welt als Einheit und Verschiedenheit entdecken
Die eigene Lebenswirklichkeit aus der Perspektive von Jugendlichen anderer Regionen wahrnehmen
Verantwortung und Handlungskompetenz entwickeln
Im Themenspektrum der ”Einen Welt” Anstöße zu fächerübergreifendem Unterricht geben
Jugendliche zur Erprobung der eigenen Kommunikationsfähigkeit und Fremdsprachenkompetenz motivieren
• Jugendlichen in Entwicklungsländern (Schulen und Einrichtungen) die Teilnahme an modernen Kommunikationsformen eröffnen
• Die Chancen des Mediums Internet als Anstoß zu fächerübergreifendem Schulunterricht nutzen
Offline-Aktivitäten
Jede teilnehmende Klasse teilt sich in verschiedene Arbeitsgruppen auf. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen
werden in einem internationalen Wettbewerb prämiert und die besten Arbeiten im Netz präsentiert. Sie können dann in der Chat-Konferenz aufgegriffen werden.
Offline- und online-Aktivitäten halten sich die Waage. Jede Klasse wird in Arbeitsgruppen zu fünf Themenbereichen offline recherchieren:
1. „Youth of this world” (Fotoreportage)
2. „Das geht UNS an!” (15 Themen, die der Klasse wichtig sind)
3. „Ausbeuterische Kinderarbeit – Warum Kinder arbeiten” (Reportage)
4. „Um die Ecke – So leben Jugendliche im Land ...” (Reportage)
5. „Future Worlds – Eure Erwartungen, unsere Erwartungen” (Umfrage)
Online-Aktivitäten
•
Präsentation der Offline-Aktivitäten und Prämierung der besten Arbeiten anläßlich des Global March in
Duisburg am 20. Mai 1998
•
Chat-Konferenz am 12.-14.05.98
„Let‘s talk about it!” heißt die Devise auch bei der großen Chat-Konferenz am 12.-14. Mai 1998. Mehr als
200 Schulklassen und Jugendgruppen aus vier verschiedenen Kontinenten bringen ihre Interessen und Erfahrungen aus den offline-Aktivitäten ein. Sie entdecken Themen, fragen und diskutieren mit Jugendlichen, die weltweit am Global March teilnehmen. Im Gespräch mit Journalisten, Projektleiterinnen und leitern sowie Politikern diskutieren sie erfolgversprechende Maßnahmen im Kampf gegen ausbeuterische
Kinderarbeit. An dieser Chat-Konferenz können auch Schulen, Gruppen und Jugendliche teilnehmen, die
sich nicht an den offline-Aktivitäten beteiligen.
•
Die Global March-homepage als Service-Stelle: www.globalmarch.de
Länderbezogene Hintergrundinformationen zu Kinderarbeit (facts and figures), Projekte gegen Kinderarbeit, Länderinformationen, Serviceknoten für Aktionen im Rahmen des Global March in Deutschland,
Kontakte zu Marschgruppen und Projektpartnern und Trägerorganisationen, Life-Berichterstattung vom
Marsch, Chatbox
Ansprechpartner für die Internet-Aktivitäten im Rahmen des Global March: Kindernothilfe, Jörg Seifert-Granzin, Düsseldorfer Landstraße 180, 47249 Duisburg, Telefon 0203/7789-182, Telefax 0203/7789118, E-mail [email protected]
M 41: Marschieren
ohne Gleichschritt
Märsche –
solche und solche.
Sie haben nicht mehr gemein
als das Wort der deutschen Sprache.
Märsche ins Unheil,
als SA-Kolonnen
dem Nazi-Terror den Weg bereiteten
Märsche in den Tod:
Parademarsch zum 50. Geburtstag
des Führers
wenige Monate, bevor „zurückgeschossen” wurde.
Todesmärsche von einem KZ zum anderen,
als die Mörder noch im Untergang
ihre Opfer nicht freigeben wollten.
Andere Märsche,
ohne Gleichschritt und Präsentiergriff,
Märsche des Widerstandes
und des Willens zum Leben,
Märsche als Hoffnungszeichen
im Gedächtnis der Völker:
an die Küste Indiens,
um eine Handvoll Salz aufzuheben;
durch den Süden der USA,
damit die Verfassung in „Gottes eigenem Land”
endlich farbenblind werde;
zu den brachliegenden Riesenfazendas in Brasilien,
damit Landlosen ihr verbrieftes Recht zuteil werde.
Friedensmärsche in Deutschland;
West und Ost,
mit und ohne Genehmigung,
damit wir lernen sollten,
die schützende Hand unseres Gottes
vom Schutz der Waffen zu unterscheiden.
Und nun die Kinder.
Sie haben nicht viel Zeit zu verlieren.
Denn in wenigen Jahren
ist eine Kindheit ruiniert,
unwiederbringlich.
Ausgebeutet bis auf Knochen, Lunge und Nieren.
Menschliche Wegwerfartikel mit vierzehn.
Ausbeuterische Kinderarbeit,
illegal und real.
Deutschland – ein passendes Land,
um für die Kinderrechte zu marschieren,
solange Sonderangebote aus Kinderarbeit
die Anzeigen füllen
und deutsche Urlauber
mit Kinderprostituierten gesehen werden.
Wenn der Global March Against Child Labour
in unsere Heimat kommt:
empfangen und begleiten wir
die Jungen und Mädchen
mit der erschreckend reichen Berufserfahrung,
als wäre der zwölfjährige Jesus
unter ihnen.
Darunter sollten wir es nicht tun.
Harald Rohr, Informationszentrum Dritte Welt
Herne
aus: Franziskaner Mission, 1/1998
M 42: Die Route des Global March in Deutschland
M 43: Das Lied zum Global March
C
G7
C
HALINA’T MAKIISA SA GLOBAL MARCH
C
G7
IHAYAG SA BUONG DAIGDIG
G7
ANG MAG PASANING KAYBIGAT
G7
C
NG MURANG KATAWA’T ISIP
C
G7
C
HALINA’T MAKIISA SA GLOBAL MARCH
C7
F
ALISIN SA BUONG MUNDO
F
C
HANAPBUHAY NA HINDI DAPAT
G7
C
PARA SA BATANG TULAD KO
G
HUWAG SILANG HAYAANG MAGBULAG-BULAGAN
G
SA ATING KINASADLAKAN
D
HUWAG SILANG HAYAANG MAGBINGI-BINGIHAN
D
G G7
SA ATANG MAG KARAPATAN
C
G7
C
ISULONG NATING LAHAT SA GLOBAL MARCH
C7
F
BUHAY NA MAY DALANG NGITI
F
C
AT EDUKASYON AY PARA SA LAHAT
G7
C
LIGTAS SA GUTOM AT PIGHATI
G7
C
LIGTAS SA GUTOM AT PIGHATI
F
C
G7
C
HALINA! HALINA! MAKIISA SA GLOBAL MARCH
Das ist der philippinische Originaltext; in dieser Fassung ist das Lied bei der Kindernothilfe
auf Kassette verfügbar. Und hier eine (singbare) englische Übersetzung:
Come join us in the Global March
Tell the world
of the heavy burden
of young bodies and minds
Come join us in the global march
Banish from the earth
all the work unfit
for children like me
Don’t let them be blind
to our situation
Don’t let them turn a deaf ear
to our rights
Forward let us go in the Global March
for a life that brings a smile
for education for all
for freedom from hunger and suffering
Come join us in the global march
Come join us in the global march
Jetzt fehlt nur noch ein deutscher Text. Viel Spaß dabei!
Text: Rosario Tanedo
Musik: Infomatrix
Übersetzung: Marne Kilates
Z 1: Vereinte Nationen: Charta der Rechte des Kindes (1959)
Das Kind wird vor Vernachlässigung, Grausamkeit und Ausnutzung jeder Art geschützt. Es ist in keinem Fall
Gegenstand eines Handels. Das Kind wird erst nach Erreichung eines geeigneten Mindestalters zur Arbeit
zugelassen; nie wird es gezwungen oder wird ihm erlaubt, einen Beruf oder eine Tätigkeit auszuüben, die seiner Gesundheit oder Erziehung schaden oder seine körperliche, geistige oder moralische Entwicklung hemmen!
Grundsatz 9 der Charta der Rechte des Kindes, beschlossen im Nov. 1959 von der UN-Vollversammlung
Z 2: Internationale Arbeitskonferenz: Übereinkommen über das Mindestalter
für die Zulassung zur Beschäftigung (1973) (Übereinkommen 138)
Art. 1: Jedes Mitglied, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, verpflichtet sich, eine innerstaatliche Politik
zu verfolgen, die dazu bestimmt ist, die tatsächliche Abschaffung der Kinderarbeit sicherzustellen und das
Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung oder Arbeit fortschreitend bis auf einen Stand anzuheben, bei dem die volle körperliche und geistige Entwicklung der Jugendlichen gesichert ist.
Art. 2, Abs. 1: Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, hat in einer seiner Ratifizierungsurkunde
beigefügten Erklärung ein Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung oder Arbeit in seinem Gebiet
und auf den in seinem Gebiet eingetragenen Verkehrsmitteln anzugeben; vorbehaltlich der Artikel 4 bis 8
dieses Übereinkommens darf niemand vor Erreichung dieses Alters zur Beschäftigung oder Arbeit in irgendeinem Beruf zugelassen werden.
Art. 2, Abs. 2: Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann in der Folge den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes durch weitere Erklärungen davon in Kenntnis setzen, daß es ein höheres als das früher angegebene Mindestalter festlegt.
Art. 2, Abs. 3: Das gemäß Absatz 1 dieses Artikels anzugebende Mindestalter darf nicht unter dem
Alter, in dem die Schulpflicht endet, und auf keinen Fall unter 15 Jahren liegen.
Art. 3, Abs. 1: Das Mindestalter für die Zulassung zu einer Beschäftigung oder Arbeit, die wegen ihrer Art
oder der Verhältnisse, unter denen sie verrichtet wird, voraussichtlich für das Leben, die Gesundheit oder
die Sittlichkeit der Jugendlichen gefährlich ist, darf nicht unter 18 Jahren liegen.
Art. 4, Abs. 1: Soweit notwendig, kann die zuständige Stelle nach Anhörung der beteiligten Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, begrenzte Kategorien der Beschäftigung oder Arbeit, bei
denen im Zusammenhang mit der Durchführung besondere Probleme von erheblicher Bedeutung entstehen, von der Anwendung dieses Übereinkommens ausnehmen.
Art. 5, Abs. 1: Ein Mitglied, dessen Wirtschaft und Verwaltungseinrichtungen ungenügend entwickelt sind,
kann nach Anhörung der beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, den
Geltungsbereich dieses Übereinkommens anfangs begrenzen.
aus: Werkstatt Ökonomie, InfoMappe der Kampagne gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie, 1994
Anmerkung: Während von den sieben zentralen ILO-Konventionen sechs von mindestens 120 Staaten ratifiziert wurden, gilt das im Fall der Konvention 138 nur für 138 Staaten (Stand März 1998; nach www.ilo.org).
Z 3: Vereinte Nationen: Übereinkommen über die Rechte des Kindes (1989)
(UN-Kinderkonvention)
Artikel 32
(1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes an, vor wirtschaftlicher Ausbeutung geschützt und
nicht zu einer Arbeit herangezogen zu werden, die Gefahren mit sich bringen, die Erziehung des Kindes behindern oder die Gesundheit des Kindes sowie seine körperliche, geistige, seelische, sittliche oder soziale
Entwicklung schädigen könnten.
aus: Werkstatt Ökonomie, InfoMappe der Kampagne gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie, 1994
Z 4: Vorschlag des Internationalen Arbeitsamtes für die neue ILO-Konvention
A. Form der Urkunden
1.
2.
Die Internationale Arbeitskonferenz sollte neue Normen über extreme Formen der Kinderarbeit annehmen.
Diese Normen sollten die Form eines Übereinkommens und einer ergänzenden Empfehlung erhalten.
B. Vorgeschlagene Schlußfolgerungen im Hinblick auf ein Übereinkommen und eine Empfehlung
PRÄAMBEL
3.
4.
5.
6.
In der Präambel sollte darauf hingewiesen werden, daß das Übereinkommen und die Empfehlung über
das Mindestalter, 1973, die grundlegenden IAO-Urkunden für die Abschaffung der Kinderarbeit sind.
In der Präambel sollte festgestellt werden, daß neue Urkunden angenommen werden sollten zur unverzüglichen Unterbindung extremer Formen der Kinderarbeit als vorrangiges Ziel der nationalen und internationalen Maßnahmen zur Abschaffung der Kinderarbeit.
In der Präambel sollte auf die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 20. November
1989 verabschiedete Konvention über die Rechte des Kindes hingewiesen werden.
In der Präambel sollte darauf hingewiesen werden, daß bestimmte extreme Formen der Kinderarbeit
Gegenstand anderer internationaler Instrumente sind, insbesondere des Übereinkommens der IAO über
Zwangsarbeit, 1930, und des Zusatzabkommens der Vereinten Nationen über die Abschaffung der Sklaverei, des Sklavenhandels und sklavereiähnlicher Einrichtungen und Praktiken (1956).
C. Vorgeschlagene Schlußfolgerungen im Hinblick auf ein Übereinkommen
INHALT DES VORGESCHLAGENEN ÜBEREINKOMMENS
7.
8.
Im Sinne des Übereinkommens sollte der Ausdruck „Kind” für alle Personen unter 18 Jahren gelten.
Ein Mitglied, das das Übereinkommen ratifiziert, sollte Maßnahmen zur unverzüglichen Unterbindung
aller extremen Formen der Kinderarbeit treffen.
9. Im Sinne des Übereinkommens sollte der Ausdruck „extreme Formen der Kinderarbeit” umfassen:
a) alle Formen der Sklaverei oder sklavereiähnlichen Praktiken, wie den Kinderverkauf und den Kinderhandel, Zwangsarbeit, Schuldknechtschaft und Leibeigenschaft;
b) die Heranziehung, die Beschäftigung oder das Anbieten eines Kindes für Zwecke illegaler Tätigkeiten,
der Prostitution, der Herstellung von Pornographie oder pornographischer Darbietungen;
c) jede andere Art von Arbeit oder Tätigkeit, die ihrer Natur nach oder aufgrund der Umstände, unter
denen sie verrichtet wird, die Gesundheit, Sicherheit oder Sittlichkeit von Kindern gefährden dürfte, so
daß sie unter keinen Umständen zu einer solchen Arbeit oder Tätigkeit herangezogen oder damit beschäftigt werden sollten.
10. Die unter Punkt 9 c) erwähnten Arten von Arbeit oder Tätigkeit sollten durch die innerstaatliche Gesetzgebung oder durch die zuständige Stelle nach Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der
Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, soweit solche bestehen, bestimmt werden, wobei die einschlägigen
internationalen Normen berücksichtigt werden sollten. Die auf diese Weise bestimmten Arten von Arbeit
oder Tätigkeit sollten von Zeit zu Zeit überprüft und erforderlichenfalls revidiert werden.
11. (1) Jedes Mitglied, das das Übereinkommen ratifiziert, sollte alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um
seine wirksame Durchführung sicherzustellen, einschließlich der Festsetzung und Anwendung von strafrechtlichen Maßnahmen.
(2) Jedes Mitglied, das das Übereinkommen ratifiziert, sollte wirksame Maßnahmen treffen, um zu verhindern, daß Kinder extreme Formen der Kinderarbeit aufnehmen, und um eine geeignete unmittelbare
Unterstützung zu gewähren, damit sie von solcher Arbeit weggeholt und rehabilitiert werden.
(3) Jedes Mitglied, das das Übereinkommen ratifiziert, sollte die zuständige Stelle bestimmen, die für die
Durchführung der Vorschriften zur Umsetzung des Übereinkommens verantwortlich ist.
(4) Jedes Mitglied, das das Übereinkommen ratifiziert, sollte die Personen bestimmen, die die Vorschriften der innerstaatlichen Gesetzgebung zur Umsetzung des Übereinkommens einhalten sollten.
12. Die Mitglieder, die das Übereinkommen ratifizieren, sollten Schritte unternehmen, um sich bei der
Durchführung der Bestimmungen des Übereinkommens durch internationale Zusammenarbeit oder Unterstützung wie Rechtshilfe oder technische Hilfe gegenseitig zu unterstützen. [...]
Quelle: ILO

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