Bypass-Operation (an den Beinen)

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Bypass-Operation (an den Beinen)
Bypass-Operation (an den Beinen)
1913 hat ein Berliner Chirurg namens Jeger einen Bypass als Erster beschrieben. Der Bypass
überbrückt einen Gefäßverschluss, das Blut fließt durch den Bypass an der verschlossenen Stelle
vorbei. Dieses Prinzip hat sich bis heute bewährt – bis heute ist der Bypass ein bewährtes Mittel
gegen die Durchblutungsstörung. Natürlich versucht man zunächst, die Operation zu umgehen – aber
wenn Medikamente nicht mehr helfen, eine Aufdehnung der Gefäße nicht oder nach wiederholter
Aufdehnung nicht mehr möglich ist, und der Patient Schmerzen hat oder gar eine Amputation droht,
dann
kommt
die
Gefäßchirurgie
zum
Einsatz.
Dabei ist ganz entscheidend, den richtigen Zeitpunkt abzupassen, nicht zu früh, aber auch nicht zu
spät zu operieren. Und hier ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Radiologen und Gefäßchirurgen
sehr wichtig.
Bei großen Gefäßen – angefangen von der Bauchschlagader bis hin zum Oberschenkel – verwenden
wir als Bypass-Material üblicherweise eine Kunststoffprothese.
Ein Beispiel für die Implantation: Ein Bypass von der Leiste bis zur Arterie oberhalb des Kniegelenkes.
Beim Bypass auf Gefäße des Unterschenkels hat sich gezeigt, dass die Ergebnisse besser sind, wenn
man anstatt eines Kunststoffgefäßes eine Vene des Patienten verwendet.
Ein Beispiel: ein FEM-POP auf das 3. Segment der A. poplitea.
Die Vene ist in der Regel die VSM. Diese Vene wird präpariert, manchmal frei entnommen, manchmal
an Ort und Stelle belassen – in-situ. Die Flussrichtung des Blutes in der Vene ist entgegengesetzt der
Flussrichtung in der Arterie, das heißt wenn wir jetzt die Vene zur Arterie machen und die Vene nicht
herumdrehen (wie das beim in-situ-Bypass und dem non-reversed-Bypass der Fall ist), müssen die
Venenklappen entfernt werden. Dazu benutzen wir Valvulotome.
Diabetiker haben die Gefäßverschlüsse häufig viel tiefer als andere Patienten – nämlich am
Unterschenkel. Diese Verschlüsse müssen wir also mit einem cruralen oder pedalen Bypass (das
heißt
Bypass
auf
ein
Unterschenkeloder
Fußgefäß)
überbrücken.
Bypass-Operationen bis hin zur Kniearterie, die fünf bis sieben Millimeter dick ist, werden in jeder
gefäßchirurgischen Abteilung durchgeführt. Am Unterschenkel ist das schwieriger. Die Kniearterie
zweigt sich auf in drei Gefäße, die den Unterschenkel und den Fuß versorgen. Diese Gefäße sind
natürlich kleiner als die Kniearterie und werden Richtung Fuß immer dünner – bis hin zu zwei oder
eineinhalb Millimeter (Streichholzdicke) und das macht die Operation technisch sehr anspruchsvoll.
Dazu kommt: Beim Bypass am Unterschenkel sollte man auf alle Fälle eine Vene nehmen. Es ist zwar
aufwändiger eine Vene zu präparieren, als einen Kunststoffbypass zu nehmen, aber am
Unterschenkel sind die Offenheitsraten von Kunsstoffbypässen sehr viel schlechter als von
Venenbypässen: Hier stehen Fünfjahres-Offenheitsraten von 30 Prozent solchen von 70 Prozent
gegenüber – und je kleiner die Gefäße werden, desto krasser wird der Unterschied.
Fallbeispiel pedaler Bypass
Ein 70-jähriger Diabetiker: Einige Zeit zuvor war
in einem anderen Krankenhaus wegen einer
Entzündung der kleine Zeh im Mittelfuß amputiert
worden. Die Wunde nach dieser Amputation war
jedoch nie richtig verheilt, zudem war die
Infektion in das Grundgelenk des 4. Zehs weiter
vorgedrungen und die Entzündung hatte dieses
Gelenk bereits zerstört. Warum?
Die Lösung des Rätsels: Ursache des Maleurs
war eine Durchblutungsstörung, die zuvor nicht
behandelt worden war. Und zwar eine
Durchblutungsstörung am Unterschenkel. Wir
haben den Patienten angiographiert (links:
Angiographie des Unterschenkels). Wir sehen,
dass alle Unterschenkelgefäße mehr oder
weniger verschlossen sind. Aber unten am Fuß
(PFEIL) kommt wieder ein relativ gutes Gefäß
zum Vorschein (die Fußrückenarterie), das noch
etwas Blut über Umgehungskreisläufe bekommt.
Dieses Gefäß ist das noch am wenigsten
verkalkte Gefäß bei unserem Patienten, ganz
oben am Unterschenkel und ganz unten am
Fußrücken offen. Dazwischen ist es, wie die
anderen beiden Unterschenkelarterien, verkalkt
und an einer Stelle komplett verschlossen.
Um die Durchblutung des Fußes wieder herzustellen, haben wir einen Bypass angelegt. Natürlich mit
körpereigener Vene. Hier wird zunächst die Vene von der Innenseite des Unterschenkels
entnommen.
Die Vene wird nach der Entnahme präpariert,
das heißt in diesem Fall durchgespült, die
Seitenäste in der Mitte der Vene werden mit
einem feinen Faden verschlossen. Da es in
diesem Fall ein kurzes Venenstück ist, das oben
wie unten gleich dick ist, kann es als reversed
Bypass implantiert werden, das heißt, die
Venenklappen müssen nicht ausgeschaltet
werden.
Hier sehen Sie die Vene an die Arterie kurz
unterhalb des Knies angeschlossen, das heißt
die beiden Gefäße werden mit einer feinen Naht
aneinander genäht. Die Vene pulsiert jetzt schon.
Sie füllt sich mit Blut. Wenn man den Druck der
Finger löst, sieht man, wie das Blut am unteren
Ende der Vene herausspritzt, und aus einem
noch offenen Seitenast am Ende der Vene
herausspritzt, und zwar mit Druck und
pulsierend.
Die Vene wird dann unter der Haut bis zum Fuß
durchgezogen, von der oberen zur unteren
Wunde, wo wir die Fußrückenarterie (A. dorsalis
pedis) zuvor freigelegt haben. Hier erfolgt dann
die zweite Verbindung zwischen Vene und
Arterie durch eine feine Naht.
In Großaufnahme kann man diese Verbindung
(Anastomose) deutlich sehen. Die A. dorsalis
pedis hat einen Durchmesser von circa zwei
Millimeter, die Vene, die jetzt Bypass genannt
werden kann, ist demgegenüber deutlich dicker:
circa vier Millimeter. Wenn man genau hinschaut,
kann man den feinen Faden erkennen, mit dem
die Gefäße zusammengenäht sind.
Am Ende der Operation werden Drainagen
eingelegt und die Wunden verschlossen – in
diesem Fall geklammert. Sie erkennen, dass wir
das Bein nicht von oben bis unten aufgeschnitten
haben, sondern kleine Schnitte benutzen, um die
Gefäße zu präparieren und aneinander zu
nähen.
Erinnern wir uns an den
Gefäßverschluss (Bild links):
Das Blut stockte vor der
verschlossen Stelle und floss
lediglich
über
dünne
Muskeläste zum Fuß.
Nach der Operation (Bild
rechts) sieht die Angiographie
jetzt so aus: Der Bypass
überbrückt die verkalkten und
verschlossenen Stellen der
Arteria tibialis anterior. Das Blut
fließt jetzt pulsierend durch den
Bypass in die Fußrückenarterie.
Die blauen Pfeile markieren das
obere und untere Ende des
Bypasses.
Zurück zum Fuß: Dieser ist nach der BypassOperation wieder gut durchblutet. Jetzt kann die
durch die Infektion zerstörte 4. Zehe im Mittelfuß
amputiert werden und die Amputationswunde hat
jetzt eine Chance, zu heilen. Das ist der Fuß
zwei
Tage
nach
der
Operation.
Die
Wunddrainage liegt noch. Unter der kleinen
Wunde liegt die Verbindungsstelle zwischen
Bypass und Fußarterie
Hier der Fuß zwei Monate später. Der Patient ist
mit einem orthopädischen Schuh versorgt und
mobil.
Quelle: Fotos Nardiniklinikum GmbH St. Elisabeth Zweibrücken