Amtsgericht Bonn, Urteil vom 09.08.2012, 111 C 98/11

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Amtsgericht Bonn, Urteil vom 09.08.2012, 111 C 98/11
Amtsgericht Bonn, 111 C 98/11
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Amtsgericht Bonn, 111 C 98/11
Datum:
09.08.2012
Gericht:
Amtsgericht Bonn
Spruchkörper:
111. Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
111 C 98/11
Schlagworte:
Insolvenz, Lastschriftverfahren
Normen:
BGB §§ 675u, 700, 488, 676b,; InsO §§ 143, 129, 130, 142
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften)
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.375,02 Euro nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
25.09.2010 zu zahlen; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
1
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Insolvenzschuldners N L und
begehrt von der Beklagten, bei der der Insolvenzschuldner ein Girokonto mit der Nummer
####/####/## führt, die Rückbuchung und Auszahlung von Lastschriften von diesem
Konto in Höhe von insgesamt 3.394,70 Euro.
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Aus den dem Kontoführungsvertrag zugrundeliegenden AGB der Beklagten ergibt sich,
dass das Konto als Kontokorrentkonto im Sinne des § 355 HGB geführt wird und die
Beklagte jeweils vierteljährlich einen Rechnungsabschluss erteilt. Einwendungen wegen
Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit eines Rechnungsabschlusses können bis spätestens
vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses erhoben werden;
das Unterlassen rechtzeitiger Einwendungen gilt als Genehmigung des
Rechnungsabschlusses.
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Am 31.03.2010 betrug der Kontostand 71,75 Euro. In der Zeit vom 01.04.2010 bis
30.06.2010 belastete die Beklagte das Konto des Insolvenzschuldners mit folgenden
Lastschriften in Höhe von insgesamt 2.922,84 Euro:
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Datum
Zahlungsempfänger
Betrag in €
06.04.2010
N2 M
145,00
09.04.2010
H O1 GmbH
142,93
16.04.2010
T D C AG
575,00
23.04.2010
F-Q T1 GmbH & Co. KG
20,16
28.04.2010
F-Q T1 GmbH & Co. KG
30,00
03.05.2010
T #####/####
543,00
04.05.2010
N2 M
145,00
12.05.2010
H O1GmbH
297,63
25.05.2010
F-Q T1 GmbH & Co. KG
30,00
01.06.2010
T #####/####
643,00
02.06.2010
N2 M
145,00
22.06.2010
F-Q T1 GmbH & Co. KG
30,00
28.06.2010
H O1 GmbH
176,12
Summe
2.922,84
Am 30.06.2010 erstellte die Beklagte einen Rechnungsabschluss, demzufolge der
Kontostand an diesem Tage 33,63 Euro betrug.
6
In der Zeit vom 01.07.2010 bis 14.07.2010 belastete die Beklagte das Konto des
Insolvenzschuldners mit folgenden Lastschriften in Höhe von insgesamt 571,86 Euro:
7
Datum
Zahlungsempfänger
Betrag in €
02.07.2010
N2 M
145,00
05.07.2010
H O1 GmbH
142,93
09.07.2010
I L2 ##
164,25
14.07.2010
U GmbH ####
22,61
14.07.2010
U GmbH ####
97,07
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Summe
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571,86
Am 08.07.2010 beantragte der Insolvenzschuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Am 09.07.2010 bestellte das Amtsgericht Köln den Kläger zum vorläufigen
Insolvenzverwalter ohne Verfügungsbefugnis. Mit Schreiben vom 13.07.2010 informierte
der Kläger die Beklagte über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit
weiterem Schreiben an die Beklagte vom 15.07.2010 erklärte der Kläger, dass er etwaige
Lastschriftzahlungen vom Konto des Insolvenzschuldners vorerst nicht genehmige.
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Mit Beschluss vom 01.09.2010 eröffnete das Amtsgericht Köln das Insolvenzverfahren und
bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Dies teilte der Kläger der Beklagten mit
Schreiben vom 09.09.2010 mit. Zugleich widersprach er den im Zeitraum vom 01.04.2010
bis 14.07.2010 erfolgten Lastschriften und forderte die Beklagte zur Rückbuchung und
Gutschrift der entsprechenden Beträge auf dem Konto des Insolvenzschuldners sowie zur
Überweisung des entstehenden Guthabens an sich bis zum 24.09.2010 auf.
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Am 14.09.2010 erstellte die Beklagte einen außerordentlichen Rechnungsabschluss auf
die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, demzufolge das Konto des Insolvenzschuldners
einen positiven Saldo in Höhe von 60,06 Euro auswies.
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Der Kläger behauptet, er habe mit dem Insolvenzschuldner am 12.07.2010 das Thema der
Lastschriftwidersprüche erörtert. In diesem Gespräch habe er den Widerruf der fraglichen
Lastschriften vorgeschlagen. Der Insolvenzschuldner habe hiergegen keine Einwände
erhoben.
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Der Kläger beantragt,
13
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.394,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit dem 24.09.2010 zu zahlen.
14
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
16
Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass der Lastschriftwiderspruch vom 09.09.2010
mit Zustimmung des Insolvenzschuldners erfolgt sei.
17
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen N L. Wegen der
Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom
19.07.2012 Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den
Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
19
Entscheidungsgründe:
20
I. Die Klage ist überwiegend begründet.
21
1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückbuchung von 452,28 Euro
auf das Konto des Insolvenzschuldners aus § 675u BGB. Der entsprechende
Auszahlungsanspruch ergibt sich aus §§ 700, 488 BGB.
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a) Die Belastungsbuchungen im Zeitraum vom 01.07.2010 bis 14.07.2010 waren nicht
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autorisiert. Rechtsgrund für die Belastungsbuchung im Rahmen des
Einzugsermächtigungsverfahrens ist die Genehmigung der Belastung durch den
Schuldner (BGH, Urt. v. 20.07.2010 – Az. IX ZR 37/09, juris Rz. 6). Der Kläger hat mit
Schreiben vom 09.09.2010 sämtlichen Belastungsbuchungen im Zeitraum vom 01.04.2010
bis 14.07.2010 widersprochen. Er war hierzu auch unter Berücksichtigung der neueren
Rechtsprechung des BGH befugt. Danach darf der Insolvenzverwalter
Belastungsbuchungen im Lastschriftverfahren nicht pauschal widersprechen, sondern
muss zunächst prüfen, ob pfändungsfreies Vermögen des Insolvenzschuldners betroffen
ist. Ist dies der Fall, so muss der Insolvenzverwalter dem Insolvenzschuldner die
Möglichkeit geben, zu entscheiden, welche der Buchungen aus seinem Schonvermögen
bedient sein und daher Bestand haben sollen (BGH, Urt. v. 20.07.2010 – Az. IX ZR 37/09,
juris Rz. 23).
Nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der
Lastschriftwiderspruch vom 09.09.2010, soweit dieser Buchungen zwischen dem
02.07.2010 und dem 09.07.2010 betraf, mit Zustimmung des Insolvenzschuldners unter
Verzicht auf etwaigen Pfändungsschutz erfolgte. Denn ist zur Überzeugung des Gerichts
aufgrund der glaubhaften Bekundungen des Zeugen L bewiesen, dass der Kläger die
Frage des Lastschriftwiderspruchs am 12.07.2010 mit dem Insolvenzschuldner L erörtert
und diesem dabei die Möglichkeit gegeben hat, zu entscheiden, ob bzw. welche der
Buchungen aus seinem Schonvermögen bedient sein und daher Bestand haben sollen.
Der Zeuge L hat bekundet, er sei drei oder vier Tage nach der Stellung des
Eigeninsolvenzantrages vom Kläger in seinem Restaurant "B Q2" in L2 aufgesucht
worden, wobei ihm dieser gesagt habe, dass er die Lastschriften der letzten Monate
zurückholen wolle, um die Insolvenzmasse aufzufüllen. Damit habe er, der Zeuge L, sich
bereit erklärt. Die Rückbuchungen der Lastschriften hätten keine Sachverhalte berührt, die
den existenziellen Kern seiner Lebensführung betroffen hätten. Bei der N2 M habe es sich
um die einzige ihm noch verbliebene Lebensversicherung gehandelt. Die H O GmbH habe
sich mit der Reinigung von Fettabscheidern in seinen beiden Restaurants befasst. Die
Abbuchungen für die T D C AG hätten die Rückführung eines Kredites für ein Motorrad
betroffen. Die Lastschriften der F GmbH hätten sich auf zwei Mobilfunkverträge bezogen
und die Abbuchungen des I auf Wareneinkäufe, die zu 99 % betrieblich veranlasst
gewesen seien. Die Bekundungen des Zeugen waren für das Gericht glaubhaft, da
anhand der Angabe der Zweckbestimmung der Lastschriften deutlich wird, dass diese
entweder betrieblich veranlasst waren oder aber Luxusausgaben (Motorrad, Mobiltelefone)
betrafen, die jedenfalls nicht zum existenziellen Kern der Lebensführung eines Menschen
gehören. Zudem hat der Zeuge nachvollziehbar angegeben, dass es ihm im Juli 2010,
nachdem eineinhalb Jahre die Gerichtsvollzieher bei ihm ein und ausgegangen seien, so
schlecht gegangen sei, dass es ihm egal gewesen sei, ob er noch Handyverträge haben
konnte oder seine Lebensversicherung weiter bestand.
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In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, dass der Kläger ein etwaiges
Schonvermögen des Insolvenzschuldners nicht ausdrücklich angesprochen hat. Denn zum
Schutz des Insolvenzschuldners reicht es aus, dass dieser die tatsächliche
Entscheidungsgewalt bezüglich des Lastschriftwiderspruchs ausübt; dies ist im
vorliegenden Fall geschehen. Darüber hinaus ergibt sich auch aus dem Schreiben des
Insolvenzschuldners vom 01.02.2012, dass dieser auf etwaiges Schonvermögen
verzichten wollte. Unerheblich ist ferner, dass der Insolvenzschuldner dem
Lastschriftwiderspruch nicht ausdrücklich, sondern lediglich konkludent, durch Unterlassen
von Einwendungen gegenüber dem Kläger, zugestimmt hat. Eine solche konkludente
Erklärung genügt dem Schutzzweck der Rechtsprechung des BGH.
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b) Der Anspruch ist schließlich nicht durch § 676b Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Danach
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sind „Ansprüche und Einwendungen des Zahlungsdienstnutzers gegen den
Zahlungsdienstleister […] ausgeschlossen, wenn dieser seinen Zahlungsdienstleister nicht
spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung mit einem nicht autorisierten oder
fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgang hiervon unterrichtet hat“. Diese Ausschlussfrist
ist für die erste Buchung vom 02.07.2010 am 02.08.2011 abgelaufen. Der Kläger hat den
Belastungsbuchungen im fraglichen Zeitraum jedoch bereits mit Schreiben vom
09.09.2010, also innerhalb der Ausschlussfrist, mit Zustimmung des Insolvenzschuldners
widersprochen. Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten kommt es für die Fristwahrung
nicht auf die Bestätigung der Zustimmung durch den Insolvenzschuldner gegenüber dem
Kreditinstitut an. Denn das Zustimmungserfordernis dient nicht dem Schutz des
Kreditinstituts, sondern dem des Insolvenzschuldners.
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c) Keinen Anspruch hat der Kläger hingegen auf Rückbuchung der beiden Lastschriften
vom 14.07.2012 in Höhe von 22,61 Euro und 97,07 Euro. Denn bezüglich dieser beiden
Lastschriften hat der Kläger dem Insolvenzschuldner L keine tatsächliche
Entscheidungsgewalt eingeräumt; das Gespräch zwischen Kläger und Insolvenzschuldner
hatte zwei Tage zuvor stattgefunden.
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2. Der Kläger hat ferner gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer 2.922,84
Euro aus § 143 Abs. 1 InsO.
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a) Der Kläger hat die im Zeitraum vom 01.04.2010 bis 30.06.2010 erfolgten Lastschriften
in Höhe von insgesamt 2.922,84 Euro nach den AGB der Beklagten mit Ablauf von sechs
Wochen nach Zusendung des Rechnungsabschlusses vom 30.06.2010, am 15.08.2010,
genehmigt. Der Widerspruch vom 09.09.2010 wirkt sich auf die in diesem Zeitraum
erfolgten Lastschriften nicht aus. Der Insolvenzschuldner muss die sich aus den AGB der
Beklagten ergebende Genehmigungsfiktion gegen sich gelten lassen (BGH, Urt. v.
20.07.2010 – Az. IX ZR 37/09, juris Rz. 27). Der Kläger hat den Lastschriften bis zum
15.08.2010 nicht widersprochen. In seinem Schreiben vom 15.07.2010 hat er vielmehr
deutlich gemacht, dass er etwaige Lastschriften vorerst weder genehmige noch solchen
widerspreche.
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Bei dieser fingierten Genehmigung handelt es sich um eine anfechtbare Rechtshandlung
im Sinne des § 129 InsO. Unter einer Rechtshandlung versteht das Gesetz jede bewusste
Willensbetätigung, die eine rechtliche Wirkung auslöst (Kirchhof, in: Münchener
Kommentar InsO, 2. Aufl. 2008, § 129 Rn 7). Der Begriff ist vom Gesetzgeber „bewusst
weit gefasst, damit alle Arten benachteiligender Maßnahmen Gegenstand einer
Anfechtung sein können“ (Kirchhof, in: Münchener Kommentar InsO, 2. Aufl. 2008, § 129
Rn 7). Rechtshandlungen sind insbesondere die Verrechnung und auch bereits die
Schaffung einer Verrechnungslage (Kirchhof, in: Münchener Kommentar InsO, 2. Aufl.
2008, § 129 Rn 15). Durch die Genehmigung der Lastschriften wird eine
Verrechnungslage geschaffen. Denn die Genehmigung bildet den Rechtsgrund für die
Belastungsbuchungen. Unerheblich ist, dass die Genehmigung im vorliegenden Fall
fingiert wurde. Es reicht aus, dass der Kläger die in den AGB der Beklagten niedergelegte
Widerspruchsfrist hat verstreichen lassen. Denn nach § 129 Abs. 2 InsO steht eine
Unterlassung einer Rechtshandlung gleich. Der Anfechtung steht ferner nicht entgegen,
dass die fragliche Rechtshandlung durch den Kläger in seiner Eigenschaft als vorläufiger
Insolvenzverwalter ohne Verfügungsbefugnis vorgenommen wurde (Gerhardt, in: Jaeger,
InsO, § 22 Rn 230 f.).
30
Darüber hinaus liegt in der fingierten Genehmigung auch die Annahme eines
Schuldanerkenntnisses bezüglich des Kontensaldos (Bunte, in: Schimansky/Bunte
/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Aufl. 2011, § 12 Rn 6). Auch das Saldenanerkenntnis
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ist eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne der InsO (Kirchhof, in: Münchener
Kommentar InsO, 2. Aufl. 2008, § 129 Rn 12). Durch das Saldenanerkenntnis werden die
wechselseitig in das Kontokorrent eingestellten Forderungen miteinander verrechnet. Die
Verrechnungslage, die durch das berechtigte Einstellen der wechselseitigen Forderungen
und insbesondere durch die Genehmigung der Lastschriften entstanden ist, wird durch das
Saldenanerkenntnis im Wege der Verrechnung beseitigt.
b) Die Genehmigung der Lastschriften benachteiligt die Insolvenzgläubiger (§ 129 InsO),
da sie einen objektiv nachteiligen Erfolg herbeigeführt hat (Kirchhof, in: Münchener
Kommentar InsO, 2. Aufl. 2008, § 129 Rn 76). Ohne die Genehmigung wären die
abgebuchten Beträge in Höhe von 2.922,84 Euro auf das Konto des Insolvenzschuldners
zurückgebucht worden. Denn erst die Genehmigung bildet den Rechtsgrund für die
Belastungsbuchungen (s.o.). Selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgeht, dass
auch im Falle einer Insolvenzanfechtung das Erfordernis der Zustimmung des
Insolvenzschuldners sowie dessen Verzicht auf Schonvermögen vorliegen müssen, sind
diese Voraussetzungen hier erfüllt. Denn der Insolvenzschuldner hat dem
Lastschriftwiderspruch vom 09.09.2010 zugestimmt und insofern auf jegliches
Schonvermögen verzichtet (s.o.).
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c) Durch die angefochtene Genehmigung der Lastschriften hat die Beklagte eine
kongruente Sicherung erlangt, § 130 InsO. Denn durch die Genehmigung ist eine
Verrechnungslage entstanden (s.o.). Dies ist im Rahmen des § 130 InsO ausreichend
(Kirchhof, in: Münchener Kommentar InsO, 2. Aufl. 2008, § 130 Rn 9).
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Die Genehmigung ist nach dem Eröffnungsantrag vom 08.07.2010, nämlich am
15.08.2010 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt kannte die Beklagte den Eröffnungsantrag. Denn
der Kläger hatte ihr die Antragstellung durch den Insolvenzschuldner sowie seine
Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 13.07.2010 und vom
15.07.2010 bekannt gemacht.
34
d) Ferner hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (Kirchhof, in:
Münchener Kommentar InsO, 2. Aufl. 2008, § 142 Rn 25) nicht dargelegt, dass den
streitigen Belastungsbuchungen Bargeschäfte im Sinne des § 142 InsO zugrundelagen.
Insofern hätte die Beklagte jedenfalls vortragen müssen, für welche Lastschriften sie aus
welchen Gründen von einem Bargeschäft ausgeht. Eine sekundäre Darlegungslast des
Klägers ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht bereits daraus, dass
diesem die Informationen über die den streitgegenständlichen Buchungen
zugrundeliegenden Rechtsgeschäfte leichter zugänglich sind. Auch die Beklagte hätte sich
entsprechende Informationen beschaffen können, da zwischen ihr und dem
Insolvenzschuldner ein Vertragsverhältnis besteht, aus dem sich einen entsprechende
Auskunftspflicht des Insolvenzschuldners ergibt.
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e) Schließlich ist die Insolvenzanfechtung nicht durch § 676b Abs. 2 BGB ausgeschlossen.
Die Ausschlussfrist ist für die erste Buchung vom 06.04.2010 am 06.05.2011 abgelaufen.
Der Kläger hat jedoch bereits mit Schreiben vom 09.09.2010 sämtlichen Lastschriften im
Zeitraum vom 01.04.2010 bis 14.07.2010 widersprochen. Wenngleich dieser Widerspruch
als solcher für den Zeitraum vom 01.04.2010 bis 30.06.2010 keine Rechtswirkung
entfalten konnte, da die Genehmigung der Lastschriften bereits mit Ablauf der
Genehmigungsfrist am 15.08.2010 fingiert wurde (s.o.), unterrichtete der Kläger die
Beklagte doch jedenfalls über seine Einwendungen. Dies geschah auch mit Zustimmung
des Insolvenzschuldners.
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Darüber hinaus steht § 676b Abs. 2 BGB einer Insolvenzanfechtung auch aus
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systematischen Gründen nicht entgegen. Die Norm dient nicht dazu, Abbuchungen im
Lastschriftverfahren insolvenzfest zu machen. Zweck der Regelung ist es laut
Erwägungsgrund 31 der Zahlungsdiensterichtlinie, „Risiken oder Folgen von nicht
autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgängen gering zu halten.“ Bei der
Insolvenzanfechtung wird jedoch weder die fehlerhafte Ausführung noch die fehlende
Autorisierung der Zahlung geltend gemacht. Vielmehr soll die zunächst erfolgte
Autorisierung durch die fingierte Genehmigung mit der Anfechtung wieder rückgängig
gemacht werden.
3. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Der Verzug ist am
25.09.2010 um 00:00 Uhr eingetreten. Denn die Frist, die der Kläger der Beklagten in
seiner Mahnung vom 09.09.2010 gesetzt hatte, endete gemäß § 188 Abs. 1 BGB mit
Ablauf des 24.09.2010.
38
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, da die Zuvielforderung des
Klägers geringfügig war und keine höheren Kosten verursacht hat.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
40
Streitwert: 3.394,70 Euro
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