als PDF - Landeszentrale für politische Bildung Baden

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Impressum
Herausgeberin
Landeszentrale für politische Bildung
Baden-Württemberg
in Zusammenarbeit mit dem
Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Badens,
der Arbeitsgemeinschaft der badischen Städte Karlsruhe, Mannheim, Heidelberg, Pforzheim, Freiburg,
Konstanz und Weinheim zum Unterhalt des Friedhofes in Gurs,
der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Gedenkstätteninitiativen Baden-Württemberg
und dem Landesmedienzentrum Baden-Württemberg
Autoren
Dr. Stefanie Gerlach
Frank Weber
Herrn Dr. Gerhard J. Teschner, Bensheim,
Autor von: Die Deportation der badischen und saarpfälzer Juden am 22. Oktober 1940. Vorgeschichte
und Durchführung der Deportation und das weitere Schicksal der Deportierten bis zum Kriegsende im
Kontext der deutschen und französischen Judenpolitik, Frankfurt am Main, 2002
danken wir für die Durchsicht dieser Ausgabe.
Redaktion
Dr. Ernst Otto Bräunche, Karlsruhe
Eberhard Dittus, Speyer
Dr. Ulrich Ecker, Freiburg i. Br.
Christian Groh, Pforzheim
Jost Grosspietsch, Sulzburg
Jürgen Stude, Kippenheim
Konrad Pflug, Landeszentrale für politische Bildung
Landeszentrale für politische Bildung
Baden-Württemberg
Referat Geschichte und Verantwortung
Paulinenstraße 44-46, 70178 Stuttgart
Eine Online-Fassung dieses Heftes finden Sie auch unter
http://www.lpb.bwue.de/publikat/baustein.htm
Stuttgart, im August 2005, 4. durchgesehene Auflage
Titelbild: Sammlung von Juden zum Abtransport auf dem Lörracher Marktplatz
(Archivbild Museum am Burghof Lörrach)
Deportation nach Gurs 1940
Vorwort zur ersten Auflage
Offenburg, am 22. Oktober 1940. Frühmorgens erscheinen an diesem Dienstag Gestapobeamte in den Wohnungen der jüdischen Bürger der Stadt. Sie eröffnen diesen, dass sie sich binnen einer Stunde auf eine Fahrt mit
unbekanntem Ziel vorzubereiten haben. Nur ein Handkoffer und etwas Geld dürfen mitgenommen werden.
Es ist der letzte Tag des fröhlichen Laubhüttenfestes „Sukkoth“, das man gerade in dem als Synagoge dienenden
„Salmensaal“ gefeiert hat. Rund neunzig Jahre zuvor waren am 12. September 1847 in diesem Saal von demokratisch und fortschrittlich gesinnten Bürgern die „Forderungen des Volkes“ beschlossen worden. Sie führten
direkt zum Paulskirchenparlament und zur Revolution von 1848. Diese scheiterten zwar, setzten aber die Forderung nach Freiheits- und Bürgerrechten auch in den restaurativen und konservativen Fürstentümern Deutschlands auf die Tagesordnung. Die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz ermöglichte die weitere Emanzipation
und Assimilation der zuvor ausgegrenzten und mit Verboten belegten jüdischen Bevölkerung und öffnete ihr
den Weg zu einer wichtigen und erfolgreichen Rolle in der deutschen Gesellschaft.
Die Ereignisse des 22. und 23. Oktober, zeitgleich in anderen Orten Badens, der Pfalz und im Saarland, widerrufen diese Entwicklung und die im 19. und frühen 20. Jahrhundert erreichten Fortschritte nicht nur. Nein, sie
markieren den bereits 1933 begonnenen weiteren Abstieg und Verfall der politischen Kultur in Deutschland.
Ungehindert, wie schon bei der „Reichskristallnacht“ und örtlichen Pogromen vorher, wird ein ganzer Teil der
Bevölkerung für rechtlos erklärt und ihm die Heimat genommen. Wenig später wird man ihnen auch noch das
Recht auf Leben aberkennen und einen gigantischen Apparat zu ihrer planmäßigen industriellen Vernichtung
organisieren. Der in den NS-Schriften und Reden vorangekündigte Massenmord beginnt im Oktober 1940
konkrete Formen anzunehmen.
Diese Arbeithilfe möchte in den Schulen wie in der Jugend- und Erwachsenenbildung die historischen Fakten
und Vorgänge in Erinnerung rufen und auf die Verantwortung für die eigene Geschichte hinweisen. Es geht
unausgesprochen aber auch um die Bedeutung der damaligen Vorgänge für die gesellschaftliche Situation der
Gegenwart: Rassismus und Antisemitismus, den Umgang mit Minderheiten, das Eintreten für die Rechte anderer, politische Wachsamkeit und Zivilcourage im eigenen Umfeld.
Unser Dank gilt Frau Dr. Stefanie Gerlach und Herrn Frank Weber sowie der Redaktions- und der Herausgebergruppe, die diese Arbeitshilfe zuwege gebracht haben. Wir danken auch allen, die durch wichtige Vorarbeiten
die Wege geebnet haben, den Zeitzeugen und Autoren wissenschaftlicher Arbeiten, auch Herrn Johannes Obst,
der bereits vor Jahren eine Arbeitshilfe zu diesem Thema veröffentlichte, dem Stadtjugendausschuss Karlsruhe,
der mit seinem Jugendworkcamp 1996 in Gurs die Brücke zur heutigen jungen Generation geschlagen hat, und
der Landesbildstelle Baden für die Aufbereitung der Fotosammlung Althausen.
Getragen wurde dieses Unternehmen von der guten Zusammenarbeit im Koordinierungskreis zur Vorbereitung
der Gedenkfeiern im Jahr 2000, bestehend aus dem Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Badens,
dem Arbeitskreis der badischen Städte zum Unterhalt des Friedhofes in Gurs, dem Landesverband des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge und seiner Dienststelle für Frankreich in Metz, der Stadt Mannheim,
federführend für das Symposium im September 2000, und der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und
Gedenkstätteninitiativen Baden-Württemberg.
Stuttgart, 1. September 2000
Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg
Siegfried Schiele
Direktor
Konrad Pflug
Fachreferat Gedenkstättenarbeit
Deportation nach Gurs 1940
Inhaltsverzeichnis
Juden in der deutschen Gesellschaft des 19. und frühen 20. Jahrhunderts
1. Juden im Südwesten Deutschlands bis zum Edikt von 1809
2. Die Revolution von 1848/49 und die Juden
3. Emanzipation und Assimilation der Juden in Deutschland
4. Der I. Weltkrieg: „Burgfrieden“ mit den Juden in Deutschland
5. Antisemitismus in Deutschland
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Judenverfolgungen 1933-1940
6. Die Situation im Deutschen Reich und Baden
7. Die Situation in Frankreich unter dem Vichy-Regime
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Das Internierungslager Gurs in Südfrankreich
8. Die Einrichtung des Lagers
9. Die Deportation der badischen, pfälzischen und saarländischen Juden
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Leben im Lager von Gurs
10. Alltag
11. Unterbringung
12. Ernährung
13. Kultur trotz der Angst vor dem Tod
14. Religiöses Leben
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Deportation in die Vernichtungslager
15. Der Verlauf
16. Hilfsmaßnahmen und Rettungsaktionen im Lager Gurs
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Berichte von Überlebenden des Lagers Gurs
17. Oskar Althausen aus Mannheim
18. Hugo Schriesheimer aus Konstanz
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„Die badischen Juden sind nicht vergessen“
19. Der Friedhof und die Erinnerung an die Deportation nach Gurs,
ein Projekt als deutsch-französische Partnerschaft
Das Lager
Der Friedhof
Das „Mémorial national“ – die nationale Gedenkstätte
Die Gedenkfeiern
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Weitere Unterrichtshilfen zum Thema
Literatur-, Quellen- und Abbildungsverzeichnis
Einige Begriffserläuterungen
Zeittafel
Materialien
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Juden in der deutschen Gesellschaft des 19. und frühen 20. Jahrhunderts
1. Juden im Südwesten Deutschlands bis zum Edikt von 1809
Seit bald zweitausend Jahren leben Juden in Deutschland. Mit den römischen Heeren sind sie über
Gallien nach Deutschland gekommen. In einem Brief Kaiser Konstantins von 321 werden sie als
römische Bürger in Köln bezeichnet1. Die jüdischen Siedlungen liegen meistens an den wichtigsten
Verkehrsstraßen im Rhein- und Donaugebiet, wie beispielsweise in Mainz, Worms, Trier, Augsburg
und Regensburg. Die ersten Zeugnisse jüdischer Siedlungen in unserem Bundesland BadenWürttemberg stammen aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts und erste Urkunden, die Auskunft
über jüdische Ansiedlungen geben, sind aus dem 13. Jahrhundert2.
Kaiser Friedrich II. beschließt 1236, alle Juden in seinem Reich zu Kammerknechten zu erklären.
Damit stehen sie unter dem direkten Schutz des Reiches. Für diesen Schutz müssen die Juden bestimmte Abgaben entrichten. Entstehen dem Kaiser finanzielle Engpässe, verpfändet er sein Judenregal. D. h. er „verkauft“ die Juden an seine Gläubiger. Beispielsweise erhält 1303 der Graf von Wertheim von Kaiser Albrecht I. für acht Jahre die Einnahmen des Judenregals3.
Für die Juden in Deutschland stellt die Zeit des Mittelalters eine Zeit der Verfolgung und des Leidens
dar. Aberglaube und Missgunst der Bevölkerung gegenüber den Juden, die an ihrer mosaischen Religion festhalten, führen zu grausamen und blutigen Taten. So werden Juden im Mittelalter des Ritualmordes angeklagt. Im Jahre 1235 werden acht Juden in Lauda und Tauberbischofsheim beschuldigt,
einen Christen ermordet zu haben, um dessen Blut für rituelle Zwecke zu nutzen. Daraufhin werden
sie grausam hingerichtet.
Zwar versucht Papst Innozenz IV. 1247 mit einer Bulle gegen diesen Aberglauben des Ritualmordes
vorzugehen, aber in den folgenden Jahrhunderten gibt es immer wieder Beschuldigungen gegen die
Juden und blutige Ausschreitungen4.
Im Spätmittelalter wird gegen die Juden eine weitere Beschuldigung vorgebracht. Vorgeworfen wird
ihnen die Schändung der Hostien und es kommt wiederum zu zahlreichen blutigen Übergriffen, wie
beispielsweise durch den verarmten Ritter Rindfleisch, in Konstanz 1312, 1320 und 1333 sowie in
Renchen 1301 und durch „König Armleder“, einem Ritter aus Uissigheim/Külsheim (1335-37).
Die schlimmste und verheerendste Verfolgungswelle ereignet sich in Südwestdeutschland während der
Pestepidemie von 1348/49. Die Juden werden beschuldigt, die Brunnen und Quellen vergiftet zu
haben. Ganze jüdische Gemeinden werden von den christlichen Bewohnern der Orte ermordet und die
Besitztümer der Ermordeten eingezogen. Es dauert Jahrzehnte, bis sich vereinzelt wieder jüdische
Gemeinden in den heimgesuchten Städten ansiedeln.
In den folgenden Jahrhunderten sind die Juden dem ständig wechselndem Schicksal von Tolerierung
und Vertreibung ausgesetzt. Der wirtschaftliche Konkurrenzneid erschwert das Leben der Juden in den
Städten und führt zu starken Diskriminierungen. So werden im 15. und 16. Jahrhundert die Juden aus
den meisten Reichsstädten, Herrschaften und Fürstentümern im Gebiet des heutigen Landes BadenWürttemberg ausgewiesen. Nur noch einzelne Juden erhalten Privilegien zur Niederlassung, beispielsweise in Rottweil und Ulm.
Schon 1391 vertreibt Kurfürst Ruprecht II. alle Juden aus der Pfalz. Er eignet sich ihren Besitz an und
vermacht jüdische Besitzungen der Heidelberger Universität. Obwohl die Vertreibung „ewig“ gelten
soll, werden in späteren Jahrhunderten immer wieder Ausnahmen gemacht und „Schutzjuden“ zugelassen. Um 1550 gibt es in der Kurpfalz ca. 155 Juden, wobei höchstens zwei Familien in jedem Ort
wohnen dürfen. Anders als die badischen Markgrafen, die den Zuzug von Juden zwar regulieren, aber
nicht gänzlich unterbinden, gehen Städte und Landesherren im angrenzenden Vorderösterreich ent1
Vgl. Kampmann, Wanda, 1979: Deutsche und Juden. Die Geschichte der Juden in Deutschland vom Mittelalter bis zum Beginn des Ersten
Weltkrieges, Frankfurt am Main, S. 11.
2
Als älteste Gemeinden gelten u.a. Grünsfeld (1218), Wertheim (1222), Überlingen (1226), Freiburg (1230), Lauda und Tauberbischofsheim
(1235) sowie Konstanz (1241). Vgl. Sauer, Paul, 1996: Juden im Südwesten seit dem Mittelalter, in: Haus der Geschichte (Hrsg.): Minderheiten in der Geschichte Südwestdeutschlands, Tübingen, S. 153-173.
3
Vgl. Oberrat der Israeliten Badens (Hrsg.), 1984: Juden in Baden 1809-1984, Karlsruhe, S. 21.
4
1367 Pforzheim, 1429 Ravensburg, 1431 Überlingen, 1462 Endingen, 1504 Waldkirch.
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schieden gegen die Juden vor. In Freiburg z. B. wird den Juden, die sich nach der Verfolgung von
1348/49 noch in der Stadt befinden, das Leben durch eine 1394 auf Bitten der Stadt von Herzog Leopold IV. erlassene Judenordnung schwer gemacht. Als um 1400 aus dem Elsass kommend die unglaubliche Fabel vom Ritualmord der Juden an Christenkindern Freiburg erreicht, erwirkt die Stadt
1524 von ihrem Landesherrn die Genehmigung zur „ewigen Vertreibung“ sämtlicher Juden. 1573
verfügt Erzherzog Ferdinand die Fortschaffung sämtlicher Juden aus Vorderösterreich bis zum 1. Juni
1574. 1698 setzt die Markgrafschaft Baden-Baden die Zahl der schutzberechtigten Juden auf 42 Familien fest5.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg sowie aufgrund von Zerstörungen durch französische Truppen im
Jahr 1689 ist die Pfalz sehr verwüstet. Daher wird die Aufnahme jüdischer Familien liberaler gehandhabt, da dies die Steuer- und Schutzgeldeinnahmen steigert.
Bereits im 18. Jahrhundert gibt es eine kleine Anzahl von jüdischen Akademikern und 1782 wird
erstmals an der Universität Heidelberg einem Juden der medizinische Doktorhut verliehen. Ähnlich
wie an dem Entstehen der kurpfälzischen Stadt Mannheim im 18. Jahrhundert sind Juden am Aufbau
der Stadt Karlsruhe maßgeblich beteiligt. 1801 tritt Hofrat Philipp Holzmann sogar beim Markgrafen
für eine Gleichbehandlung der Juden ein. Schließlich entsteht 1806 das Großherzogtum Baden. In
diesem Gebiet leben ca. 12.000 Juden, die ungefähr 1,5 % der Bevölkerung darstellen. Im Königreich
Württemberg wohnen 1817 nach einer Liberalisierung der Gesetze 8.256 Juden.
In den Jahren 1807 und 1808 werden vom Großherzog in Baden das 1. und das 6. Konstitutionsedikt
erlassen. Damit verbessert sich die bürgerliche Stellung der Juden und ihre Religion wird nun „konstitutionsmäßig“ geduldet. Aufgrund dieser Edikte werden die Juden zu „erbfreien Staatsbürgern“. Sie
erhalten damit das Recht, Grundbesitz zu erwerben sowie Handel und Gewerbe zu treiben. Jedoch sind
sie weiterhin Schutzbürger, die nicht an kommunalen Wahlen teilnehmen dürfen. Diese Verordnungen
stellen Rahmengesetze über die Rechtsverhältnisse der Juden dar und führen bei der Auslegung immer
zu Auseinandersetzungen.
Mit dem 9. Konstitutionsedikt, dem so genannten Judenedikt vom 13. Januar 1809, erhalten die badischen Juden die genauen Ausführungsbestimmungen. In diesem Gesetz werden die bürger- und kirchenrechtlichen Verhältnisse geregelt und die Schulpflicht für jüdische Kinder eingeführt. Die Juden
bekommen das Recht zugestanden, ein Handwerk oder einen landwirtschaftlichen Beruf zu erlernen.
Auch die bisher gültigen Heiratsbeschränkungen für Juden werden aufgehoben. Sie werden verpflichtet, erbliche Familiennamen anzunehmen. Das Gesetz stellt insgesamt einen wichtigen Schritt auf dem
Weg zur Gleichberechtigung dar.
2. Die Revolution von 1848/49 und die Juden
Die Judenemanzipation wird nach 1809 jedoch aufgrund der Restauration und der noch bestehenden
judenfeindlichen Einstellung der christlichen Umwelt immer wieder in Frage gestellt. Eine Fortsetzung der Emanzipation in Württemberg kommt mit der Revolution von 1848/49. Mit einer Verfassungsänderung durch die Zweite Kammer der Landstände werden die Juden als gleichberechtigte
Staatsbürger anerkannt. In Baden werden zu Beginn der Revolution in vielen Dörfern die Juden verfolgt, da sie von verarmten Bauern für ihr Elend verantwortlich gemacht werden.
Die volle Emanzipation erreichen sie allerdings erst 1862 mit dem Gesetz über die Gleichstellung von
Israeliten mit anderen Bürgern und dem Recht der freien Niederlassung sowie der bürgerlichen
Gleichstellung6.
5
6
Vgl. Sauer, Paul, 1996, S. 156ff, Oberrat der Israeliten (Hrsg.), 1984, S. 24f.
Vgl. Sauer, Paul, 1996, S. 166f.
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3. Emanzipation und Assimilation der Juden in Deutschland
Das soziale Bild der Juden in Südwestdeutschland verändert sich im 19. Jahrhundert grundlegend. Am
3. Juli 1869 wird vom Norddeutschen Bund die volle rechtliche Gleichstellung beschlossen und
1871/72 auf das geeinte Deutschland ausgedehnt.
Insbesondere im kulturellen Leben finden Juden einen schnellen Anschluss an das christliche Bürgertum. Viele jüdische Frauen und Männer fördern die Kunst und ergreifen den Beruf der Künstlerin und
des Künstlers.
Auch ziehen viele jüdische Familien vom Land in die Stadt. So leben 1830 noch ca. 93 % der württembergischen Juden auf dem Land und 1930 nur noch etwa 20 %. Auch in Baden ist diese Entwicklung festzustellen. In den zwanziger Jahren leben 2/3 der badischen Juden in den 16 Groß- und Mittelstädten. Die Folge davon ist, dass die ländlichen jüdischen Gemeinden überaltern und zusammengelegt werden7.
Mit der Gleichberechtigung und Assimilation betrachten die Juden das eigene kulturelle und religiöse
Leben kritisch. Oft empfinden sie es als hinderlich für die Integration. Die Folgen davon sind religiöse
Spannungen innerhalb der jüdischen Gemeinden und Gemeindespaltungen. Liberale Verfechter fordern Reformen und eine Änderung der Liturgie. Sie wollen den Gottesdienst in deutscher Sprache
abhalten. Anhänger des traditionellen Flügels, auch Orthodoxe genannt, sehen darin einen Bruch mit
der überlieferten Tradition und Gesetzgebung. Diese innerjüdischen Auseinandersetzungen sind auch
ein Ausdruck der sozialen Unterschiede. Denn die ländlichen und ärmeren Gemeinden unterstützen
meistens die orthodoxe Richtung und Gemeinden in den Städten zählen zu den Liberalen8.
Parallel zur vollständigen rechtlichen Emanzipation der Juden veränderte sich die gesellschaftliche
Position. Die jüdische Minderheit hat keine Außenseiterrolle mehr inne. Alle Gesetzesänderungen
tragen aufgrund der Industrialisierung im Südwesten wie im gesamten Gebiet des späteren Deutschen
Reiches zur Gleichstellung und Integration der Juden bei9. Obwohl die Juden nach der Gleichstellung
Zugang zu allen Berufen haben, sind die meisten weiterhin im Handel tätig. Daneben gibt es in Württemberg auch einige Juden, die in den so genannten freien Berufen als Schriftsteller, Künstler, Architekten, Juristen und Ärzte tätig sind. Als bekannte Persönlichkeiten sind zu nennen: der aus Laupheim
stammende Kommerzienrat Kilian von Steiner (1833-1903), der Dichter Berthold Auerbach (18121882), der Orientalist an der Universität Heidelberg Hofrat Prof. Dr. Gustav Weil (1808-1889), der
1866 zum Staatsminister ernannte und von 1868-1892 Präsident des Finanzministeriums Moritz
Ellstätter (1827-1905) und der Physiker Albert Einstein (1879-1955)10.
Eine weitere Streitfrage ist am Ende des 19. Jahrhunderts der Zionismus. Eingeführt wird die Idee
eines jüdischen Nationalismus von jüdischen Einwanderern aus Russland. Theodor Herzl verwandelt
den Zionismus in eine politische Bewegung. Herzl wird in Budapest geboren und erlebt an der Universität Wien das Aufleben des fanatischen Antisemitismus. Als Journalist und Korrespondent der
Wiener Zeitung „Neue Freie Presse“ in Paris verfolgt er den Dreyfus-Prozess. Dieser Prozess ist ein
Verfahren gegen einen Offizier jüdischer Abstammung wegen angeblichen Landesverrates, das von
antisemitischen Aussagen und Strömungen ausgelöst worden ist. Obwohl die Beweislage sehr zweifelhaft ist, wird der Offizier zu Unrecht verurteilt. Daraufhin schreibt Herzl 1896 das Buch „Der Judenstaat“. Darin legt er seine Ideen dar und setzt sich für eine eigene jüdische Nation ein, die einen
eigenen Staat gründen soll. Seine Hoffnungen auf volle Assimilation sind zerstört und er hält die
Emanzipation für zwecklos. Der Zionismus wird zu einer weltweiten Bewegung. Sie geht vom ersten
Zionistenkongress in Basel im August 1897 aus. Eine erste offizielle Anerkennung findet die Bewegung durch einen Empfang einer Delegation unter der Leitung von Herzl durch den badischen Großherzog im Schloss Mainau im September des gleichen Jahres. Jedoch wird der Zionismus erst nach
dem II. Weltkrieg zu einer größeren Bewegung, als bewiesen ist, dass es für die Juden fast keine Hilfe
vom Ausland gegen den Holocaust gegeben hat11.
7
Vgl. Oberrat der Israeliten Badens (Hrsg.), 1984, S. 57.
Vgl. Asche, Susanne, Bräunche, Ernst Otto, Müller, Karin, 1990: Juden in Baden, Karlsruhe, S. 43.
9
Vgl. Asche, Susanne, Bräunche, Ernst Otto, Müller, Karin, 1990, S. 34.
10
Vgl. Sauer, Paul, 1996, S. 167f.
11
Vgl. Volkov, Shulamit, 1994: Die Juden in Deutschland 1780-1918, München, S. 62.
8
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In Baden und Württemberg findet der Zionismus vor 1933 nur wenige Anhänger. Viele assimilierte
Juden sehen im Zionismus einen Verrat am Traum von der Emanzipation.
Die allgemeine Assimilation zeigt sich darin, dass sich die meisten badischen und württembergischen
Juden als Badener bzw. Württemberger und Deutsche mit jüdischer Konfession empfinden.
4. Der I. Weltkrieg: „Burgfrieden“ mit den Juden in Deutschland
„Ich kenne keine Parteien und auch keine Konfessionen mehr; wir sind heute alle deutsche Brüder und
nur noch deutsche Brüder.“12
Mit diesen Worten schließt Kaiser Wilhelm II. aufgrund der außenpolitischen Situation zu Beginn des
I. Weltkrieges einen so genannten „Burgfrieden“ mit den bis dahin als Vaterlandsfeinde angesehenen
Sozialdemokraten. Ebenso nimmt er die Juden als gleichberechtigte Staatsbürger in die deutsche
Gesellschaft auf.
Die allgemeine Kriegsbegeisterung teilen auch viele jüdische Bürger und melden sich als Freiwillige.
Im Vordergrund steht die nationale Einheit und anfangs ist auch unter den Frontsoldaten das Gefühl
eines gemeinsamen Zieles und der Kameradschaft. Auch erhalten zahlreiche jüdische Soldaten Auszeichnungen und einige werden sogar Offiziere. Dieses Gefühl ändert sich mit dem Ausbleiben des
Sieges und schlägt in die alte antisemitische Stimmung um. Juden werden für die militärischen Misserfolge und die Not zu Hause verantwortlich gemacht. Immer öfter werden sie als Pazifisten, Drückeberger und Kriegsgewinnler bezeichnet13.
Um angeblich diesen Behauptungen entgegenzutreten, dass viele Juden sich vor dem Kriegsdienst
drücken würden, beschließt das preußische Kriegsministerium eine Zählung der Wehrdienst leistenden
Juden in der Armee. Diese „Judenzählung“ verleiht den Gerüchten eine noch stärkere Glaubwürdigkeit. Auch werden die Ergebnisse, die diese Vorurteile widerlegen würden, nicht veröffentlicht. Die
jüdischen Soldaten sind gekränkt, fühlen sich wieder als Minderheit ausgesondert. Insgesamt schickt
die jüdische Bevölkerung von insgesamt 550.000 mehr als 100.000 Männer in den Krieg. Davon
dienen 4/5 an der Front14. Diese Tatsachen spielen in der öffentlichen Meinung aber keine Rolle und
der seit den 1890er Jahren entstehende Antisemitismus nimmt zu.
Mit dem Kriegsende 1918 und der Novemberrevolution, die das Kaiserreich beendet und die Republik
ausruft, schöpfen die Juden neue Hoffnung auf eine Gleichbehandlung. In der Weimarer Republik mit
der ersten demokratischen Verfassung im Deutschen Reich büßen die alten judenfeindlichen Eliten,
wie Junkertum und Militär, zunächst an Einfluss ein. Es ist eine kurze Phase in der die jüdische Minderheit toleriert und gesellschaftlich integriert erscheint. Jedoch wächst auch gleichzeitig die Anhängerschaft der rechtsradikalen Parteien mit antisemitischen Ideologien in Deutschland.
5. Antisemitismus in Deutschland
Geprägt ist der Begriff Antisemitismus 1879 von W. Marr und steht für die Ablehnung und Bekämpfung der Juden vor allem aus rassischen und sozialen, weniger aus religiösen Motiven (man spricht
dabei vom Antijudaismus). Antisemitische Bestrebungen richten sich nur gegen Juden und nicht gegen
andere Semiten, wie beispielsweise die Araber. Antisemitismus ist rassistisches Denken. Er vertritt die
Vorstellung, dass es Menschenrassen gäbe, denen eine Vormachtstellung unter den Völkern zukomme
(„Arier“, „Herrenmenschen“), während andere „minderwertig“ seien.
Mit dem Antisemitismus drücken die konservativ-reaktionären Kräfte zu Ende des 19. Jahrhunderts
u. a. auch ihre Kritik an den gesellschaftlichen Umwälzungen aus. Für sie sind die Juden verantwortlich für die negativen Auswirkungen der Industrialisierung. Eine Ursache für die starke Verbreitung
12
Kaiser Wilhelm II. am 1. August 1914, zitiert nach Cartarius, Dirk (Hrsg.), 1982: Deutschland im Ersten Weltkrieg. Texte und Dokumente
1914-1918, München, S. 15.
13
Militärgeschichtliches Forschungsamt der Bundeswehr (Hrsg.), 1981: Deutsche Jüdische Soldaten 1914-1945, Freiburg.
14
Vgl. Volkov, Shulamit, 1994: Die Juden in Deutschland 1780-1918, München, S. 69. Nach Oberrat der Israeliten Badens (Hrsg.), 1984, S.
53 sind die Zahlen ähnlich für die Gebiete Württemberg und Hohenzollern. Dort leisten von den 10.824 Juden in Württemberg und Hohenzollern 1.674 Soldaten ihren Wehrdienst ab. Von ihnen fallen 270 Soldaten im Krieg. In Baden ziehen von 25.000 jüdischen Einwohnern
4.758 Männer in den Krieg und 589 kehren nicht mehr zurück.
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des Antisemitismus in Deutschland, die durch alle Schichten geht, die sozialistische Arbeiterschaft
weitgehend ausgenommen, ist die Tatsache, dass viele Menschen die jüdische Konkurrenz im eigenen
Milieu fürchten15. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verschärft sich die judenfeindliche Einstellung
durch die rassisch-völkische Komponente. Diese judenfeindliche Einstellung richtet sich gleichermaßen gegen assimilierte und nicht-assimilierte Juden.
Der während des Kaiserreiches entstandene Antisemitismus gewinnt in der Weimarer Republik an
Einfluss. Diejenigen Kräfte, die die neue demokratische Staatsform ablehnen, bereiten den Antisemitismus immer wieder propagandistisch auf. Sie sammeln sich in rechten und rechtsradikalen Parteien.
Aufgrund des verloren gegangenen I. Weltkrieges und der großen sozialen Verunsicherung in der
Bevölkerung finden die national-konservativen Anschuldigungen gegenüber der jüdischen Minderheit
wieder Resonanz.
Die Mehrheit der jüdischen Bevölkerung unterstützt die neue Republik und engagiert sich für die neue
Staatsordnung. So gehören beispielsweise in Baden zwei Juden der Revolutionsregierung an16. Sie
unterstützen damit die Weimarer Koalition von SPD, Zentrum und der linksliberalen DDP. Mit antisemitischen und antisozialistischen Sprüchen agitieren die Gegner der Demokratie in der Öffentlichkeit gegen die neue Staatsform. Aufgrund der Weltwirtschaftskrise und der Inflation, durch die viele
Mittelständler ihr Vermögen verlieren, sowie der damit verbundenen hohen Arbeitslosigkeit, finden
die antisemitischen Parolen, Karikaturen und Reden der rechtsradikalen Parteien Anklang bei weiten
Teilen des Volkes.
Wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten in der Weimarer Republik und der zunehmenden antisemitischen Hetze kommt es zu einer größeren Auswanderungswelle.
Die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 und die Machtübernahme durch die
Nationalsozialisten ändern das bis dahin friedliche Zusammenleben der Bevölkerung in Baden und
Württemberg. Mit ihrer rassistischen Ideologie hat sich die NSDAP bereits seit 1920 das Ziel gesetzt,
die Juden aus der Gesellschaft auszugrenzen. Der rassisch begründete Antisemitismus verschärft sich
noch in der Zeit des Nationalsozialismus. Mit den Mitteln der Staatsgewalt wird die jüdische Bevölkerung aus dem politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen und schließlich fast vollständig vernichtet. Bereits wenige Wochen nach der Machtübernahme Hitlers finden in
Deutschland die ersten diskriminierenden Aktionen gegen Juden - bis hin zu Pogromen - statt.
Judenverfolgungen 1933-1940
6. Die Situation im Deutschen Reich und Baden
Erste Veränderungen des politischen Klimas in Deutschland gibt es mit den neuen Machthabern
bereits einen Monat später. Nach dem Reichstagsbrand am 28. Februar erlässt Hindenburg die Notverordnung „zum Schutz von Volk und Staat“. Die kommunistischen Parteiführer werden verhaftet sowie
am 5. März die sozialdemokratischen Parteiführer. Zu ihnen zählt der badische Sozialdemokrat und
Karlsruher Rechtsanwalt Ludwig Marum. Er gehört von 1914 bis 1929 dem Badischen Landtag an
und seit 1928 dem Deutschen Reichstag. In zahlreichen Reden spricht er sich gegen die Nationalsozialisten aus. Diese Angriffe und die Tatsache, dass er Jude ist, führen am 10. März unter Missachtung
seiner Immunität als Reichstagsabgeordneter zu seiner Verhaftung. Mit weiteren Sozialdemokraten
wird er in einer Schaufahrt durch Karlsruhe gefahren und anschließend in das Konzentrationslager
Kislau bei Bruchsal gebracht. In der Nacht vom 28. zum 29. März 1934 wird er im Schlaf von dem
SA-Hauptsturmführer und Gestapokommissar Karl Sauer und einer Gruppe von SA-Leuten erwürgt17.
15
Vgl. Winkler, Heinrich August, 19853: Die deutsche Gesellschaft in der Weimarer Republik und der Antisemitismus, in: Martin, Bernd;
Schulim, Ernst: Die Juden als Minderheit in der Geschichte, S. 271-289, S. 286.
16
Vgl. Koch, Manfred, 1990: Die Weimarer Republik: Juden zwischen Integration und Ausgrenzung, in: Stadt Karlsruhe, Stadtarchiv
(Hrsg.): Juden in Karlsruhe: Beiträge zu ihrer Geschichte bis zur nationalsozialistischen Machtergreifung, Karlsruhe, S. 155-188, S. 155.
17
Vgl. Werner, Josef, 19902: Hakenkreuz und Judenstern: das Schicksal der Karlsruher Juden im Dritten Reich, Veröffentlichungen des
Karlsruher Stadtarchiv, Bd. 9, Karlsruhe, S.39-47. Im Juni 1946 werden die Mörder Marums zu lebenslanger Haft wegen Mordes (Karl
Sauer) und zu einem Jahr und 3 Monaten wegen Beihilfe zum Totschlag verurteilt. Vgl. Asche, Susanne, Bräunche, Ernst Otto, Müller,
Karin, 1990, S. 55.
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Eine der ersten antisemitischen Aktionen des neuen Regimes ist der Aufruf am 1. April 1933 zu einem
Boykott aller jüdischen Geschäfte in Deutschland. In der propagandistischen Presse wird die Maßnahme mit „jüdischer Gräuelhetze des internationalen Judentums“ begründet. Zu öffentlichen Übergriffen gegen Personen kommt es in Baden nicht. Die Reichsvertretung der Deutschen Juden legt
gegen diesen Aufruf Protest ein18.
Doch es folgt bereits am 7. April 1933 die nächste Aktion. Es wird ein Gesetz erlassen zur „Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“. Bis auf die Kriegsteilnehmer werden alle „nicht-arischen“ Beamten in den Ruhestand geschickt bzw. aus dem Staatsdienst entlassen. Dies betrifft die Lehrerschaft,
Hochschulprofessoren, Verwaltungsbeamte usw. In Baden bedeutet dies, dass bis zur Verkündung der
„Nürnberger Rassegesetze“ 1935 allein 238 Beamte in den Lehrberufen ihre Anstellung verlieren19.
Gleichzeitig findet eine Zurückdrängung jüdischer Schüler und Studierender statt, die von einer starken Diskriminierung begleitet wird. Die Nationalsozialisten streben eine „Rassentrennung“ in den
Schulen an. So werden in Baden 1936 so genannte „jüdische Schulabteilungen“ gebildet. Jedoch kann
diese Art Schulbetrieb nicht lange aufrechterhalten werden, da bereits vor der Deportation immer mehr
Familien emigrieren.20
Am 15. September 1935 werden die „Nürnberger Gesetze“ erlassen. Die Juden verlieren dadurch alle
politischen Grundrechte, wie beispielsweise das Wahlrecht. Sie werden zu Staatsbürgern mit minderen
Rechten. Die Gesetze dienen zum „Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“. „Mischehen“ zwischen Juden und Deutschen sind damit wegen „Rassenschande“ verboten21.
Zu einer weiteren Verschärfung der Repressalien und des Terrors gegenüber den Juden kommt es im
Jahr 1938. Ende März verlieren alle jüdischen Kultusvereinigungen ihren Status als öffentlichrechtliche Körperschaften. Wenige Monate später werden alle „jüdischen“ Gewerbebetriebe registriert
und gekennzeichnet. Nach und nach bekommen die kleineren Unternehmen ihre Konzession entzogen
und größere Unternehmen werden „arisiert“, indem die Besitzer zwangsenteignet werden. Auch
Rechtsanwälte und Ärzte erhalten ein Berufsverbot und dürfen ihren Beruf nicht weiter ausüben22.
Dieses Berufsverbot wird ab 1. Januar 1939 auf alle selbständigen Tätigkeiten von Juden in Handel
und Handwerk ausgedehnt. Darüber hinaus werden alle Juden ab August 1938 gesetzlich gezwungen,
die Vornamen „Sarah“ oder „Israel“ als weiteren bürgerlichen Namen zu führen.
M1
Einen erneuten Höhepunkt findet die Verfolgung am 28. Oktober 1938, als alle Juden mit polnischer
Staatsangehörigkeit aus dem Deutschen Reich ausgewiesen werden. Ausgelöst wird diese Abschiebeaktion durch eine Verordnung der polnischen Regierung, wonach die polnischen Juden ihre Staatsangehörigkeit verlören, wenn sie sich nicht bis zum 30. Oktober bei ihrem Konsulat einen Prüfvermerk
abgeholt hätten. Dieser Vermerk wird jedoch nicht ausgestellt, falls die Betroffenen mehr als fünf
Jahre keine Verbindung mehr zu ihrer Heimat hatten. Dies trifft auf die meisten in Deutschland lebenden polnischen Juden zu, da sie Polen meist zu Beginn der 20er Jahre aufgrund der Judenfeindlichkeiten verließen. Mit dieser Verwaltungsvorschrift will Polen die unerwünschten Juden hindern, nach
Polen zurückzukehren23.
Daher verhaftet das Deutsche Reich alle männlichen polnischen Juden über 18 Jahren und schiebt sie
nach Polen ab. Für diese Abschiebung seiner Eltern will sich der 17-jährige Pole Hershel Grynszpan
rächen. Er erschießt in der deutschen Botschaft in Paris den Legationssekretär Ernst vom Rath. Die
Nationalsozialisten nehmen diese Tat zum Vorwand, um in der Nacht vom 9. auf den 10. November
18
Vgl. Asche, Susanne, Bräunche, Ernst Otto, Müller, Karin, 1990, S. 58
Vgl. Werner, Josef, 19902, S. 48-54.
20
Vgl. zu Geschichte der jüdischen Schulabteilungen in Baden: Zu Bruchsal: Stude, Jürgen, 1990: Geschichte der Juden im Landkreis
Karlsruhe. Karlsruhe, S. 233-240. Zu Karlsruhe: Walk, Joseph, 1988: Die „jüdische Schulabteilung“ in Karlsruhe 1936-1940, in: Juden in
Karlsruhe. Beiträge zu ihrer Geschichte bis zur nationalsozialistischen Machtergreifung, in: Schmitt, Heinz; Bräunche, Ernst Otto; Koch,
Manfred (Hrsg.). Veröffentlichung des Karlsruher Stadtarchivs, Bd. 8, S. 311-320. Zu Mannheim; Fliedner, Hans-Joachim, 1971: Die
Judenverfolgung in Mannheim, 2 Bde., Berlin, Köln, Mainz, Stuttgart, Bd. 1, S. 68 ff. Zu Freiburg: Geschichte der Stadt Freiburg im
Breisgau, 1992, 3 Bde., hrsg. im Auftrag der Stadt Freiburg i. Br., Haumann, Heiko, Schadek, Hans, Stuttgart. S. 329; Dienst-Demuth,
Rosita, Zwangsschule für jüdische Kinder, Geschichtswerkstatt der Lessing-Realschule, (Ausst.Katalog), Freiburg 2005. Zu Heidelberg:
Weckbecker, Arno, 1985: Die Judenverfolgung in Heidelberg 1933-1945, Heidelberg, S. 87-90
21
Vgl. Asche, Susanne, Bräunche, Ernst Otto, Müller, Karin, 1990, S. 62-65.
22
Vgl. Werner, Josef, 19902, S. 153ff.
23
Vgl. Werner, Josef, 19902, S. 175.
19
Deportation nach Gurs 1940
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1938 in ganz Deutschland Synagogen in Brand zu stecken, Friedhöfe zu verwüsten, jüdische Wohnungen und Geschäfte zu zerstören, Juden zu töten und zu misshandeln. Verhaftet werden die jüdischen Männer. Sie werden für Monate in Konzentrationslagern festgehalten. Diese so genannte
„Reichskristallnacht“ ist von oben initiiert. Die Ordnungskräfte haben die Anweisung erhalten, die
Aktionen nicht zu behindern. Durchgeführt werden die Zerstörungen von SA-Leuten und Parteimitgliedern, aber auch Bürgern. Offiziell wird die Nachricht ausgegeben, dass sich der „spontane Volkszorn“ entladen habe24.
Den deutschen Juden wird nach der „Reichskristallnacht“ am 12. November 1938 auferlegt, dass sie
eine Milliarde Reichsmark zur „Wiedergutmachung“ aufzubringen haben. Der Besuch von Theatern,
Kinos und kulturellen Veranstaltungen wird ihnen untersagt sowie ihre Führerscheine und die Kraftfahrzeugzulassungen eingezogen.
Dem Terror zu entkommen, ist nur noch durch Emigration möglich. Die meisten Juden scheuen sich
trotz aller Repressalien zunächst vor diesem Schritt, doch die „Nürnberger Gesetze“ 1935 und das
Erlebnis der „Reichskristallnacht“ 1938 machen schließlich vielen klar, dass sie ihre Heimat in
Deutschland verloren hatten. Längst nicht alle können sich nach der im November 1938 verordneten
„Sühneleistung“ auch noch die hohe „Reichsfluchtsteuer“ leisten, welche die Nazis von Emigranten
fordern. Hinzu kommen neben weiteren bürokratischen Behinderungen auf deutscher Seite Schwierigkeiten, die von den Einreiseländern gemacht werden. So verlangen z. B. die USA von jüdischen Einwanderern aus Deutschland den Nachweis durch Angehörige oder Vertrauenspersonen in USA, dass
sie nicht der Fürsorge zur Last fallen würden („Affidavit“). Die Emigration der Juden aus Deutschland
erreicht 1938/39 ihren Höhepunkt. Am 1. September 1939 überfällt Deutschland Polen und löst damit
den II. Weltkrieg aus. Nach den Blitzsiegen über Polen und Frankreich planen die nationalsozialistischen Gauleiter von Baden und Saarpfalz, die Juden in ihren Gebieten nach Frankreich abzuschieben.
Die Deportation der badischen, saarländischen und pfälzischen Juden in das Internierungslager Gurs in
Südfrankreich erfolgt am 22. und 23. Oktober 1940 und wird im Folgenden noch dargestellt.
Schließlich werden im Januar 1942 auf der so genannten „Wannseekonferenz“ Maßnahmen zur „Endlösung der Judenfrage“ im Deutschen Reich und den besetzten Gebieten in Europa beschlossen. Ganz
Europa soll von Juden „gesäubert“ werden. Es entstehen die großen Vernichtungslager im Osten.
7. Die Situation in Frankreich unter dem Vichy-Regime
Der Frankreichfeldzug endet mit dem Waffenstillstand am 22./25. Juni 1940. Innerhalb kurzer Zeit ist
die nord- und westfranzösische Küste von der deutschen Wehrmacht besetzt. Marschall Pétain, der
Sieger von Verdun im I. Weltkrieg, bildet am 16./17. Juni mit Pierre Laval ein neues Kabinett und
vereinbart einen Waffenstillstand. Mit der Unterzeichnung des Waffenstillstandsvertrags wird Frankreich in ein von Deutschland militärisch besetztes und ein unbesetztes französisches Gebiet aufgeteilt.
Die Hauptstadt, die nordfranzösische Industrie und die Kanal- und die Atlantikküste stehen unter
deutschem Kommando. Frankreich behält ein Freiwilligenheer, eine eingeschränkte Verfügung über
die Flotte und eine kleine Luftwaffe. Der Badeort Vichy im unbesetzten Frankreich wird von Pétain
als Regierungssitz gewählt. In der Hauptstadt Paris residiert der neu ernannte französische Botschafter
Abetz.
Ebenso wie Frankreich ist auch die französische Nation gespalten. Die einen unterstützen das Staatsoberhaupt und den Ministerpräsidenten Philipp Pétain, der sich für eine „Normalisierung“, d. h. Anpassung, des deutsch-französischen Verhältnisses einsetzt und zusammen mit Pierre Laval den autoritären „État Français“ von 1940-1944 schafft. Die anderen sammeln sich um den in London im Exil
lebenden General de Gaulle, der zur Fortsetzung des Kampfes für die Befreiung Frankreichs aufruft.
General de Gaulle spricht sich gegen das autoritäre Vichy-Regime aus und erklärt es für illegal25.
Mit der deutschen Besetzung Frankreichs und dem Vichy-Regime wird die antijüdische Gesetzgebung
nach deutschem Vorbild auch in Frankreich umgesetzt. So wird am 3. Oktober 1940 das „Judenstatut“
24
Vgl. Oberrat der Israeliten Badens (Hrsg.), 1984, S. 61f.
Vgl. Erdmann, Karl Dietrich, 19999: Der Zweite Weltkrieg, in: Grundmann Herbert (Hrsg.): Gebhardt: Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 21, Stuttgart, S. 48, 57ff.
25
Deportation nach Gurs 1940
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erlassen. Damit wird definiert wer Jude ist, und alle Juden erhalten ein Berufsverbot im öffentlichen
Dienst. Am Tag darauf wird ein Gesetz verkündet, wonach alle ausländischen Juden, die sich in
Frankreich aufhalten, in Internierungslager gebracht werden können.
1941 wird ein „Generalkommissar für Judenfragen“ eingesetzt und vom Innenministerium wird eine
so genannte „Juden-Polizei“ zur Überwachung der Juden in Frankreich aufgestellt.
Nach der „Wannseekonferenz“ (20. Januar 1942) wird vom deutschen Militärbefehlshaber die Auswanderung deutscher Juden aus Frankreich verboten. Bereits im März 1942 werden die ersten Juden
aus Frankreich nach Auschwitz deportiert. Auch in Frankreich müssen sie seit Ende Mai 1942 sichtbar
einen Judenstern tragen. In den folgenden Monaten werden Juden auch aus dem unbesetzten Frankreich in die Vernichtungslager transportiert. Die Transporte dauern noch bis 1944 an.
Am 6. Juni 1944 landen die alliierten Truppen in der Normandie. Im August wird Paris befreit und die
französische Regierung flieht nach Sigmaringen. Die deutsche Wehrmacht kapituliert am 8./9. Mai
1945 bedingungslos. Im August des gleichen Jahres wird Philipp Pétain zum Tode verurteilt und zu
lebenslänglicher Haft begnadigt. Seine Haft sitzt er bis zu seinem Tod als Verbannter auf der Insel
Yeu ab. Pierre Laval, stellvertretender Ministerpräsident und seit 1942 Ministerpräsident, wird als
Hauptkollaborateur zum Tode verurteilt und am 15. Oktober 1945 hingerichtet.
Deportation nach Gurs 1940
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Das Internierungslager Gurs in Südfrankreich
8. Die Einrichtung des Lagers
In Frankreich werden 1939 entlang der spanischen Grenze rund 10026 Internierungslager (Camps
d’internement) eingerichtet. Anfangs werden geflüchtete Spanienkämpfer darunter französische
Kommunisten interniert27.
So entsteht im April 1939 am Fuße der Pyrenäen auf einem Hochplateau 50 Kilometer von der spanischen Grenze entfernt das größte Lager: „Camp de Gurs“. Den Namen erhält es durch das Nachbardorf
Gurs, heute Departement Pyrénées atlantiques, südlich von Pau. In den Jahren 1939 bis 1943 werden
dort über 60.000 Menschen festgehalten28. Unter diesen Menschen sind ca. ein Drittel deutsche Flüchtlinge und die unterschiedlichsten Personengruppen: Spanienkämpfer, die nach dem Ende des spanischen Bürgerkrieges nach Frankreich geflohen sind, französische Kommunisten, politische Häftlinge,
„feindliche Ausländerinnen“, jüdische Flüchtlinge, Prostituierte und ethnische Minderheiten29.
M2
Die Baracken bestehen aus einfachen Brettern, die mit Dachpappe verkleidet sind. Diese Baracken
schützen kaum gegen Wind, Kälte oder Hitze.
Bis Mitte April 1939 treffen im Lager Gurs etwa 20.000 Flüchtlinge aus Spanien ein. Bis Juni 1940
leert sich das Lager und in ihm befinden sich noch 916 Menschen. Viele Internierte werden meistens
gegen ihren Willen für den Bau der französischen Verteidigungslinie oder in der Waffenindustrie
eingesetzt. Andere treten aufgrund des Drucks der Lagerleitung in die Fremdenlegion ein. Diejenigen,
die sich nicht zu Hilfsarbeiten einteilen lassen, kommen in das Straflager Le Vernet.
Die nächste Internierungswelle folgt nach dem Überfall der Deutschen Wehrmacht auf die Niederlande, Belgien, Luxemburg und Frankreich im Mai 1940. Zu dieser Zeit ordnet die Französische Regierung die Internierung aller deutschen Frauen an. Nach Kriegsbeginn sind bereits die aus Deutschland
stammenden Männer in Frankreich interniert worden. Viele der „feindlichen Ausländerinnen“, die vor
den Nazis aus Deutschland und Österreich geflohen sind, kommen in das Lager Gurs30.
Mit der Unterzeichnung des Waffenstillstandes zwischen Deutschland und Frankreich im Juni 1940
entsteht ein politisches Vakuum und die Lagerverwaltung ist verunsichert. Das Lager wird geöffnet
und viele der Menschen können aus dem Lager in die USA fliehen. Unter ihnen sind: Marta Feuchtwanger, Friedel Kantorowicz, Gerda Misch, Toni Kesten, Lisa Fittko sowie Hannah Arendt. Andere
kehren nach Deutschland zurück und wieder andere bleiben aus Existenzangst im Lager31.
M3
M4
M5
9. Die Deportation der badischen, pfälzischen und saarländischen Juden
Nach dem Waffenstillstand mit Frankreich sind den beiden Gauleitern von Baden und Saarpfalz,
Robert Wagner (1895-1946) und Josef Bürckel (1895-1944) neben ihren Gauen auch die Gebiete
Elsass und Lothringen unterstellt. Sie fassen den widerrechtlichen Plan, aus diesen Gebieten alle Juden
auszuweisen und nach Frankreich zu deportieren.
26
Vgl. Eggers, Christian, 1990: Die Reise der Kundt-Kommission durch die südfranzösischen Lager, in: Grandjonc, Jacques; Grundtner,
Theresia (Hrsg.): Zone der Ungewissheit, Paris, S. 235-248.
27
Vgl. Mittag, Gabriele, 1996: „es gibt Verdammte nur in Gurs“: Literatur, Kultur und Alltag in einem südfranzösischen Internierungslager.
1940-1942, Tübingen, S. 26f.
28
Vgl. Philipp, Michael (Hrsg.), 19932: Gurs. Ein Internierungslager in Südfrankreich 1939-1943. Literarische Zeugnisse, Briefe, Berichte,
Hamburg, S. 5.
29
Vgl. Mittag, Gabriele, 1996, S. 13.
30
Vgl. Bullinger, Thomas (Hrsg.), 1993: Gurs: ein Internierungslager in Südfrankreich 1939-1943, Zeichnungen, Aquarelle, Fotographien,
Hamburg, S. 15.
31
Vgl. Mittag, Gabriele, 1996, S. 30.
Deportation nach Gurs 1940
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Das badische Innenministerium ordnet am 15. Oktober 1940 an, alle „Volljuden“ aus Baden, der Pfalz
und dem Saarland auszuweisen32. Dasselbe geschieht durch die Regierung der Saarpfalz.
Die französische Regierung in Vichy wird von diesem Vorgehen am 22. und 23. Oktober völlig überrascht. Daher sind auch keine Vorkehrungen für die Unterbringung der 6.504 Juden getroffen. Die
französische Regierung verlegt daraufhin die ungewollten badischen, pfälzischen und saarländischen
Juden in das Internierungslager Gurs und protestiert bei der Reichsregierung. Man fordert die unverzügliche Rückführung der widerrechtlich nach Frankreich verbrachten Personen.
„Die französische Regierung kann diesen Ausländern nicht länger Asyl gewähren. Sie beantragt
dringendst, dass die Reichsregierung unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen trifft, damit die
Betreffenden nach Deutschland zurückbefördert und die während des Aufenthalts in Frankreich verursachten Auslagen zurückbezahlt werden“.33
Berlin reagiert auf diese diplomatische Démarche (Maßnahme; Einspruch) jedoch nicht. Die deportierten Menschen verbleiben im Lager Gurs.
M6
M7
Am 22. und 23. Oktober 1940 werden am frühen Morgen 6.504 badische, pfälzische und saarländische
Juden von den Nazis festgenommen, in Züge verfrachtet und in das Internierungslager Gurs, deportiert. Nur wenige bleiben verschont. Unter den verschleppten Menschen befinden sich Alte, Kranke,
Männer, Frauen, Kinder und Babys. Auch der 98-jährige Moritz Steiner aus Mannheim wird festgenommen und abtransportiert. Viele von ihnen werden aufgrund der schrecklichen Lebensverhältnisse
im Lager die ersten Wochen bzw. den Winter 1940/41 nicht überleben.
„(...) Die Abschiebung der Juden aus Baden und der Saarpfalz vollzog sich in der Form, dass lt.
Befehl der Gauleiter „alle Personen jüdischer Rasse, soweit sie transportfähig sind“, abtransportiert
werden mussten, ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht. Ausgenommen wurden lediglich bestehende Mischehen. Auch Männer, die als Frontkämpfer und zum Teil als Offiziere der alten Wehrmacht am
Weltkrieg auf deutscher Seite teilgenommen haben, mussten verschickt werden. Die Altersheime in
Mannheim, Karlsruhe, Ludwigshafen usw. wurden evakuiert. Frauen und Männer, die nicht zu gehen
imstande waren, wurden befehlsmäßig auf Tragbahren zu den Eisenbahnzügen transportiert.“34
Mit dieser verbrecherischen Aktion wird das jüdische Leben in Baden, der Pfalz und dem Saarland
beendet. Deutsche Bürgerinnen und Bürger werden deportiert, nur weil sie Juden sind. Die beiden
Gauleiter melden Hitler ihre Gaue als erste im Reich „judenfrei“. Sie wollen sich damit als besonders
überzeugte und eifrige Amtsträger empfehlen.
Im Detail geplant und unter strengster Geheimhaltung wird diese Aktion von der Gestapo und den
notwendigen Regierungsstellen vorbereitet. Über diesen grausamen Plan sind sowohl Hitler, der
Reichsführer-SS Heinrich Himmler als auch Reinhard Heydrich, Chef des Sicherheitsdienstes, informiert. Auf die genaue Planung durch die Verantwortlichen deutet das ausgewählte Datum für die
Aktion hin. Der 22. Oktober 1940 ist der letzte Tag einer jüdischen Feiertagswoche, „Sukkoth“, an
dem das heitere Laubhüttenfest gefeiert wird. Ahnungslos sind allein die überraschten und festgenommenen Opfer, die häufig nur wenige Stunden, manchmal nur Minuten zur Vorbereitung ihrer
Ausweisung und dem damit verbundenen Abtransport bekommen.
32
Vgl. Obst, Johannes, 1986: Gurs. Deportation und Schicksal der badischen-pfälzischen Juden 1940-1945, Hemsbach, S. 16f.
Vgl. Obst, Johannes, 1986, S. 32.
34
Dokument: Bericht über die Verschickung von Juden deutscher Staatsangehörigkeit nach Südfrankreich, abgedruckt in: Philipp, Michael,
1991, S. 34, aus: Klarsfeld, Serge, 1989: Vichy-Auschwitz. Die Zusammenarbeit der deutschen und französischen Behörden bei der „Endlösung der Judenfrage“ in Frankreich, Nördlingen, S. 360.
33
Deportation nach Gurs 1940
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M8
Die kurze Zeit zum Packen des Notwendigsten und die Beschränkung des Gepäcks auf 50 kg sowie
höchstens 100 Reichsmark stellt für einige der Betroffenen eine so ausweglose Situation dar, dass sie
sich das Leben nehmen35.
M9
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M11
Bericht einer Augenzeugin von Maria Krehbiel-Darmstädter:
„Als ich am 22. Oktober 1940 im Begriff war, zur Schule zu gehen, klingelte es an unsrer Tür: In
höchster Aufregung frug die Hausdame der ein Stockwerk unter uns wohnenden jüdischen Familie, ob
wir Reiseproviant im Hause hätten. Es seien noch keine Geschäfte offen, und die ›Juden müssen fort‹.
Polizisten seien mit dem Befehl dagewesen. Innerhalb einer Stunde müsse man abmarschbereit sein.
Es dürfe soviel mitgenommen werden, wie der Einzelne tragen könne.“36
Unter den Augen der Öffentlichkeit werden die Verhaftungen durchgeführt. Zu Fuß, mit Autos und
Bussen werden die Juden an Sammelplätze gebracht und von dort mit mehreren Transportzügen am
22. und 23. Oktober 1940 in das unbesetzte Frankreich ausgewiesen.
M12
Leben im Lager von Gurs
10. Alltag
Als die Deportierten in Gurs ankommen, befinden sich ca. 900 Menschen in dem Lager. Innerhalb
weniger Tage steigt die Zahl auf über 13.000 an, da noch weitere Juden aus Frankreich sowie aus dem
aufgelösten Lager St. Cyprien nach Gurs gebracht werden. Durch Stacheldraht zur Außenwelt abgesperrt, sind die Gefangenen auf einer Fläche von etwa drei Quadratkilometer eingesperrt.
Das Lager besteht aus ca. 380 Baracken, die weder sanitäre Anlagen noch Trennwände haben. Statt
Fenster gibt es unverglaste Lichtluken, die durch Holzklappen verschlossen werden können. In einer
Baracke sind etwa 50 bis 60 Menschen untergebracht. Insgesamt konnte das Lager mit maximal
23.000 Gefangenen belegt werden. Aufgeteilt ist das Lager in so genannte „Ilôts“ d. h. „Inselchen“
oder „Häuserblocks“. Ein „Ilôt“, oder auch Block, besteht aus ca. 22 bis 30 Baracken mit etwa 1.400
bis 1.700 Internierten. Die einzelnen „Ilôts“ sind voneinander abgetrennt durch Gräben und Stacheldraht. Jedes „Ilôt“ wird bewacht und der Verkehr zwischen den verschiedenen „Ilôts“ ist zumeist
verboten.
Ein internierter Arzt, Doktor Ludwig Mann, beschreibt die Situation im Lager Gurs folgendermaßen:
„Die Baracken waren kalt, feucht, zugig und schmutzig, die Strohsäcke lagen auf den schiefen Bretterböden, schlecht gefüllt mit muffigem Stroh. Es gab Wanzen und Läuse, Ratten und Flöhe; aber kein
Essgeschirr und kein Trinkgefäß. Alles Gepäck, die 20 kg37, die pro Person erlaubt waren, war von
den Gepäckcamions auf die Lagerstraße geworfen worden und lag in wüstem Durcheinander in Dreck
und Regen. Nur kleine Dinge hatte jeder bei sich, vielleicht einen Becher, ein Messer, mit denen sich
mehrere behelfen mussten. Wir waren vollkommen benommen vom Schock der plötzlichen Deportation
aus der Heimat, die trotz der Erbarmungslosigkeit des Hitlertums eben doch die Heimat war, in der
wir aufgewachsen waren und viele Generationen vor uns ihr Leben verbracht hatten. Viele begriffen
immer noch nicht, was mit ihnen geschehen war. Man saß auf den Strohsäcken herum, hinaus konnte
35
Vgl. Taddey, Gerhard, 1984: Die Zeit der Verfolgung 1933-1945, in: Oberrat der Israeliten Badens: Juden in Baden 1809-1984, Karlsruhe,
S. 57-71, S. 63.
36
Schmitthenner, Walter (Hrsg.), 1970: Maria Krehbiel-Darmstädter. Briefe aus Gurs und Limonest 1940-1943, Heidelberg, S. 17.
37
In anderen Quellen werden 50 kg angegeben. Vgl. Obst, Johannes, 1986, S. 16.
Deportation nach Gurs 1940
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man nicht. Es regnete und regnete. Der Boden war verschlammt, man rutschte aus und sank ein. Die
Gräben waren verstopft und das Wasser lief über (...)“38
Für die Internierten bedeutete das Schreiben hinter dem Stacheldraht die Erlebnisse zu verarbeiten und
sie der Außenwelt mitzuteilen. „Ich leer’ mein schweres Herz euch aus“ lautet der Vers einer unbekannten Verfasserin39. Die Bedingungen zum Schreiben im Lager sind sehr schwierig, da es kaum
Licht und Papier gibt, es kalt ist, Sitz- und Schreibgelegenheiten fehlen und viele von den Menschen
depressiv, krank und hungrig sind.
In der Zeit zwischen 1940 und 1943 unterliegt der Briefwechsel einer strengen Zensur. Zensiert werden sowohl alle Nachrichten, die aus dem Lager hinausgehen, als auch alle Briefe, die an Internierte
versendet werden. Daher werden täglich zwei bis drei Säcke Zeitungen und 6.000 bis 8.000 Briefe
durchgesehen. Aufgrund dieser hohen Anzahl an Briefen kann von den Zensoren nicht alles durchgesehen werden. Sie überwachen deshalb insbesondere „verdächtige“ Gefangene40.
Hannelore Haguenauer, 1923 in Karlsruhe geboren, mit ihren Eltern und ihrem Bruder im Oktober
1940 nach Gurs deportiert, beschreibt am 21. Februar 1941 einem Freund ihren Tagesablauf:
„Lieber Robert ....Dann mache ich mich fertig + ziehe mit Milchkanne + Einkaufstasche bewaffnet per
Fahrrad los. Du musst nämlich wissen, ich bin in der Kantine beschäftigt, die meine Bekannte aus
Karlsruhe leitet. Ich kaufe für die Kantine ein und habe dadurch den Vorzug, ein relativ anständiges
Mittagessen, allerdings für viel Geld, zu bekommen. Jedoch ich bin vor allem froh, dass ich Beschäftigung habe u. „raus“ komme (...) So gegen Abend komme ich dann zurück u. verbringe den Rest des
Abends meistens in der Kantine, wo es recht gemütlich ist. Die seelische Stimmung u. vor allem die
seelische Verfassung ist sehr mieß.“41
M13
Else Liefmann ist Kinderärztin und Pädagogin. Sie wird im Oktober aus Freiburg nach Gurs deportiert
und schreibt in einem Brief über das Leid der Menschen:
„Wir haben täglich 10-15 Tote, meist alte Leute, aber auch ab und zu Jüngere und Kinder. Das ist
dann besonders traurig. Aber der Dreck hier ist unbeschreiblich, dass, obgleich in meiner Infirmerie
(Krankenstation) die Schwestern hervorragend arbeiten, dagegen kaum anzugehen ist. Außerdem
fehlen uns ja so gut wie alle Hilfsmittel und die Wirkung ist minimal. Der Vertreter des Roten Kreuzes
wird hoffentlich berichten (...)“42
Die Eltern Eckstein und ihre Tochter Lore geboren 1921 werden am 22. Oktober 1940 aus Pforzheim
nach Gurs deportiert und 1942 nach Osten transportiert. Seither sind sie verschollen. Sie schreiben an
ihren Sohn Martin, der 1929 geboren ist und heute in den USA lebt.
„Mein lieber Martin!
Muttertag ist heute und Du hast mir so nett gratuliert und einen Blumentopf gemalt. Vielen Dank!
Lore gab mir ein Stück Choko und 1 St. geröstetes Brot, beides auch sehr willkommen und schon
gegessen. - Diese Woche hatten wir viel Arbeit. 5 aus unserer Baracke kamen am Donnerstag nach
Valeuves in ein Hotel. Dadurch gab’s Platz und da wir sehr beengt waren, zogen wir gleich um mit
unseren Sachen, beinahe wie von W. nach Pf. Jetzt haben wir einen Tisch und könnens uns behaglich
machen. (...) Bald sind wir wieder beisammen, so Gott will. Heute schreiben wir an Herrn Direktor
38
Zitiert in: Kasser, Elsbeth, 1993: Mein Leben im Lager Gurs, in: Bullinger, Thomas (Hrsg.): Gurs: ein Internierungslager in Südfrankreich
1939-1943, Hamburg, S. 10-11, S. 10.
39
Verfasserin unbekannt. „Camp des Gurs, 12. November 1940“, abgedruckt in: Mittag, Gabriele, 1996, S. 255. Quelle: Stadtarchiv Mannheim. Überliefert durch Oskar Althausen.
40
Vgl. Mittag, Gabriele, 1996, S. 48.
41
Brief abgedruckt in: Wiehn (Hrsg.), 1990: Oktoberdeportation 1940: die sogenannte „Abschiebung“ der badischen und saarpfälzischen
Juden in das französische Internierungslager Gurs und andere Vorstationen von Auschwitz, 50 Jahre zum gedenken, Konstanz, S. 692f. und
Mittag, S. 54.
42
Liefmann, Martha und Else, 1996: Helle Lichter auf dunklem Grund, Bern, S. 12.
Deportation nach Gurs 1940
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wegen deiner Barmizwah, vielleicht gelingts. Also, mein Liebling bleibe gesund, wir denken in Liebe
an dich. Herzliche Küsse deine
Mutter“43
Auch Kinder berichten. So z. B. ein Kinderbrief (M14) von Leo und Ralf an Gertrud Hammann. Sie
ist 1910 in Karlsruhe geboren und wird Kindergärtnerin. 1937 wird sie als „Halbjüdin“ aus ihrem
Beruf entlassen und geht nach Frankreich. Während dieses Frankreichaufenthaltes wird sie von Mai
1940 bis Dezember in den Lager Lodére und Gurs interniert. Nach dem Krieg kehrt sie nach Deutschland zurück und arbeitet im Dienst der Evangelischen Kirche Baden.
Zum Alltag in Gurs gehört das Sterben. Insgesamt finden 1.038 Menschen den Tod44. Begraben werden sie auf dem Friedhof, der fast immer unter Wasser steht, am Ende des Lagers. Ursachen für die
hohe Sterblichkeit im Lager sind die unzureichende Hygiene, die schlechte bis mangelhafte Ernährung
sowie die schlechte medizinische Versorgung. Die Folgen davon sind Epidemien, wie Ruhr, Typhus,
Tuberkulose oder eine ansteckende Gehirnhautentzündung.
„Da die Teilnahme an den Begräbnissen für alle gestattet war, ließ sich niemand die Gelegenheit
entgehen, seine Freunde und Familienangehörigen für einen kurzen Augenblick zu sehen. Ein besonders trauriger Fall ist mir im Gedächtnis geblieben. Bei einem Massenbegräbnis wurden die Namen
der Toten verlesen. Auf diese unmenschliche Weise erfuhr eine dabei anwesende Frau, dass sich auch
ihr Gatte unter den Toten befand.“45
M15
11. Unterbringung
Erbaut ist das Lager auf Schwemmlandboden des Flüsschens Gave d’Oloron. Der ton- und lehmhaltige Boden ist bei Nässe sumpfig. Für eine landwirtschaftliche Nutzung ist er ungeeignet, da der Boden
ständig entwässert werden muss. Abhilfe schaffen Drainage-Gräben, die jedoch nur in der trockenen
Jahreszeit das Problem lösen. Die Hälfte des Jahres regnet es viel in der sehr gewitterreichen Gegend.
Folglich kann das Wasser nicht abfließen und der Boden verwandelt sich in einen tiefen und zähen
Schlamm.
Durch die Mitte des Lagers führt eine asphaltierte Straße. Es ist das einzige befestigte Stück Boden im
Lager, das sich bei Regen nicht in Schlamm verwandelt.
12. Ernährung
Aus dem Bericht des Mannheimer Kinderarztes Dr. Neter:
„Von Anfang an war die den Ilôts gelieferte Nahrung ungenügend nach Menge (Quantität) und nach
Beschaffenheit (Qualität). Die Menge der wichtigsten Nahrungsstoffe, Fett, Eiweiß und Mehle (Kohlenhydrate) entsprach nur ungefähr einem Viertel der als notwendig betrachteten. (...) Zu dieser
Unzulässigkeit der Kost kam das Eintönige des Speisezettels hinzu. Wochenlang gab es z. B. nur
Rüben, ebenso lange Wochen Kürbisse oder dann nur Kohl oder Topinambur. Diese Einförmigkeit
stellte an den Geschmack und die Verdauungsorgane Anforderungen, denen viele nicht entsprechen
konnten. Alles wurde dargereicht in Form von Suppen, die zumeist sehr dünn waren. Der Körper
wurde von einer (sehr mineralsalzreichen) Flüssigkeit überschwemmt, welche auf die Dauer die
43
Stadtarchiv Pforzheim, 10. Mai 1942, SGS.
Vgl. Mittag, Gabriele, 1996, S. 35.
45
Ludwig, Max, 1965: das tagebuch des hans o., dokumente und berichte über die deportation und den untergang der heidelberger juden.
Heidelberg, S. 12.
44
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Gesundheit untergraben musste, eines Organismus, eines Körpers, der bereits durch die ungünstigen
Lebensbedingungen in seiner Widerstandskraft geschwächt war.“46
M16
Ein Briefzitat:
„Morgens um 7 Uhr eine Tasse Kaffee, um 11 Uhr Brotausgabe, um 12 und 6 Uhr etwas mehr als je
½ Teller dünner Suppe mit Reis und Karawanzen, einer Art spanischer gelber Erbsen, die sehr hart
sind.
Soweit ich mich an eure Mahlzeiten erinnern kann (wie gern tue ich das, und wie weh wird einem
dabei), euer Spülwasser mittags und abends enthält mehr Fett als unsere sog. Suppen und mit etwas
Salz versehen, schmeckt es bestimmt besser als das heiße Wasser hier, ganz zu schweigen vom Fleisch,
zu dem man beglückwünscht wird, wenn man mal bei der Austeilung ein Stückchen erwischt. Meist ist
es aber so hart und alt, dass man es gerne wieder ausspuckt.“47
13. Kultur trotz der Angst vor dem Tod
In Briefen, Tagebüchern, Gedichten, Liedern und Berichten der internationalen Hilfsorganisationen
wird mit Stolz berichtet über die niveauvollen Kulturveranstaltungen im Lager. Während dieser Veranstaltungen vergessen die Inhaftierten für einige Augenblicke ihre ausweglose Situation und das
Gefühl der Ohnmacht. Sie bringen etwas Abwechslung in den niederdrückenden Alltag.
Das kulturelle Leben im Lager ist durch die täglichen Veranstaltungen sehr vielfältig. So werden
Vorträge gehalten, Aufführungen und Konzerte veranstaltet. Unter den Internierten befinden sich
hervorragende Musiker, wie der Geiger Fritz Brunner, der früheren Konzertmeister des Wiener Philharmonischen Orchesters und die Pianisten Hans Ebbecke, ehemals Organist an der Kathedrale in
Straßburg und Hans Meyerowitz. Sonntags geben sie klassische Morgenkonzerte.
Otto Heymann schreibt am 29. Juni 1941 in sein Tagebuch:
„Heute wunderbares Beethoven-Konzert gehabt (...) Violinkonzert, ausgeführt von Brunner u. Ebbecke für ganze 2 frs. Das hat man draußen nicht.“48
Unter den Internierten finden sich auch erstklassige Schauspieler, Maler, Graphiker und Kabarettkünstler. So auch der Kabarettist Alfred Nathan. Kurz nach Kriegsausbruch wird Alfred Nathan von
den Nazis ausgebürgert und von den Franzosen als „feindlicher Ausländer“ interniert. Nachdem er in
verschiedene Internierungslager gebracht worden ist, wird er schließlich 1940 in das Lager Gurs
überführt. 1942 taucht er in der spanischen Arbeitskompanie unter und entgeht dadurch den Deportationen. Jedoch wird er als Deutscher erkannt und soll hingerichtet werden. Über die Pyrenäen kann er
nach Spanien fliehen, wo er wieder bis Ende 1943 inhaftiert wird. Anschließend arbeitet er als Kabarettist auf spanischen Bühnen und siedelt 1957 in die DDR über. Eine Aufführung im Lager Gurs
betitelt er mit: „Lachen trotz Tod und Teufel“
M17
M18
Rolf Weinstock, der im Oktober 1940 nach Gurs deportiert wird und Auschwitz überlebt beschreibt
die Kulturveranstaltungen:
„Wir fassten (im Mai 1941, G. M.) den Entschluss, uns das Leben im Lager zu erleichtern. Was sollten
wir nun immer jammern und klagen! Das Leben ist ja so kurz. Zunächst veranstalteten wir jeden
Sonntag ein kleines Konzert. Später trugen Dichter aus eigenen Werken Ernstes und Heiteres aus dem
Lagerleben vor. Eines Tages aber wurde angeregt, einen Wettbewerb für die beste Programmnummer
zu veranstalten. Jeder konnte sich beteiligen. (...) Ich trug mich mit dem Gedanken, eine Reichssitzung
zu imitieren. (...) Ich erschien auf einer mit Hakenkreuzen geschmückten Tribüne und betrat in der
46
Zitiert aus dem Bericht des Mannheimer Kinderarztes Dr. Eugen Neter, der als badischer Jude im Oktober 1940 nach Gurs deportiert wird.
Fliedner, Hans-Joachim, 1971: Die Judenverfolgung in Mannheim 1933-1945, Stuttgart. Bd. 2, S. 85f.
47
Auszug aus einem Brief aus Gurs vom 20. November 1940. (in: Fliedner, H.-J., 1971, S. 99)
48
Zitiert in: Leo Baeck-Institut, New York (Otto Heymann AR-C. 684/1918).
Deportation nach Gurs 1940
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Aufmachung und mit Bewegungen Adolf Hitlers das mit dem Adler des tausendjährigen Reiches geschmückte Rednerpult. Zwei Stunden dauerte meine Ansprache, die immer wieder von Beifallstürmen
unterbrochen wurde.“49
Alle kulturellen Veranstaltungen müssen angemeldet werden und unterliegen der Lagerzensur. Diese
greift in diesem Fall offensichtlich nicht ein. Das Wachpersonal nimmt zwar an fast allen Veranstaltungen teil, spricht jedoch nicht Deutsch.
14. Religiöses Leben
Das religiöse Leben der jüdischen Lagerinsassen erfährt durch die Lagerleitung keine Behinderung. Es
gibt sogar eine koschere Küche, in die etwa 10 % der Insassen eingeschrieben sind, ferner ein Rabbinat, 11 Synagogen, eine jüdische Bibliothek und Thorarollen. Am Freitagabend zu Beginn des Schabbat finden die Gebete im Freien statt. An den Festtagen versammeln sich bis zu 6.000 Menschen auf
einer Wiese hinter dem Lager. Nach etwa eineinhalb Jahren werden auch Grabsteine auf dem Friedhof
erlaubt und ein Friedhofsbuch geführt.50
Für Pessach 1941 (5701) wird eine spezielle, sorgfältig handgeschriebene und –gezeichnete Haggada
von Rabbiner Leo Auerbacher gefertigt. Handschriftlich setzt er darunter: „Ein Lichtblick in unserer
Zeit waren die Freunde, die wir getroffen.“51
M19
Deportation in die Vernichtungslager
15. Der Verlauf
Auf der so genannten Berliner „Wannseekonferenz“ im Januar 1942 werden Maßnahmen beschlossen
zur „Endlösung der Judenfrage“ im Deutschen Reich und den bis dahin besetzten Gebieten in Europa.
Bereits zwei Monate nach der „Wannseekonferenz“ beginnen im März 1942 die Deportationen der
Juden aus den besetzten Gebieten und im August aus der „unbesetzten“ Zone Frankreichs. Anfangs
spricht sich der amtierende Regierungschef Pierre Laval gegen die Auslieferung der Juden aus Frankreich aus. Jedoch ändert er im Juli 1942 seine Meinung und die staatenlosen und ausländischen Juden
werden aus Frankreich deportiert. Zuständig für die Deportationen in Frankreich ist Theodor Dannecker, Leiter des Judenreferats der Gestapo in Frankreich. Er stellt die Deportationszüge zusammen und
am 6. August 1942 werden die ersten Menschen aus dem Lager Gurs abtransportiert. Auch in den
folgenden Monaten finden Deportationen statt. Am 8. August, 24. August und 1. September 1942
sowie am 27. Februar und 3. März 1943 werden weitere Menschen aus dem Lager Gurs über Drancy
bei Paris in die Vernichtungslager im Osten nach Auschwitz, Lublin-Majdanek, Sobibor oder andere
Lager abtransportiert52, wo sie meist kurz nach ihrer Ankunft ermordet werden.
Männer und Frauen werden beim Abtransport voneinander getrennt und auf Lastwagen geladen.
Sobald ein Mensch fehlt, der auf der Liste steht, wird er von Hunden und vom Wachpersonal gesucht.
Dabei spielt es keine Rolle, wie transportfähig die Menschen sind. Auch Kinder, Alte und Kranke
befinden sich in den Deportationszügen. Aus Gurs werden insgesamt 3.907 Menschen, aus ganz
Frankreich etwa 76.000 Menschen nach Auschwitz, Sobibor und andere Vernichtungslager im Osten
verbracht53. Unter diesen Leuten befinden sich etwa 6.258 deutsche Juden. Von den Deportierten aus
Frankreich überleben etwa 3 Prozent, also ca. 2.500 Personen, diesen Terror54.
49
Weinstock, Rolf, 1950: Rolf, Kopf hoch. Berlin-Potsdam, S. 43.
Vgl. Auerbacher, Leo, in: Wiehn, 1990, S. 435ff.
51
Yad Vashem (Hg.), 1999, Passover Haggadah from the Gurs Camp, France 1941; Jerusalem, S. 24.
52
Vgl. Brändle, Gerhard, 1985: Die jüdischen Mitbürger der Stadt Pforzheim, in: Stadt Pforzheim (Hrsg.) Dokumentation, Pforzheim, S. 94,
S. 115f.
53
Vgl. Mittag, Gabriele, 1996, S. 41.
54
Vgl. Brändle, Gerhard, 1985, S. 94.
50
Deportation nach Gurs 1940
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Von dem Lager Gurs gibt es im Jahr 1941 erste Verlegungen in andere französische Lager. So werden
im Frühjahr 1941 kinderreiche Familien in das Lager Rivesaltes nördlich von Perpignan am Mittelmeer verlegt. Andere werden in die Lager Noé und Récébédou bei Toulouse gebracht55.
Ende 1943 ist das Lager Gurs geräumt. Jedoch werden noch einmal im Sommer 1944 Menschen
interniert. Es sind mehrere hundert deutsche Kriegsgefangene und ca. 2.000 französische Kollaborateure. Am 31. Dezember 1945 wird das Lager endgültig aufgehoben56.
M20
16. Hilfsmaßnahmen und Rettungsaktionen im Lager Gurs
Die ersten Hilfsmaßnahmen verschiedener Organisationen beginnen im Jahr 1941 aufgrund von Berichten über die miserablen Lebensbedingungen, die im Lager herrschen sollen. In dem Lager engagieren sich folgende Hilfsorganisationen: die Quäker, die CIMADE (eine Hilfsorganisation der französischen, protestantischen Kirche), das Schweizer Kinderhilfswerk, die „Eclaireurs Israelites Françaises“
(die jüdischen Pfadfinder), die OSE „Oeuvre de Secours aux Enfants“ (jüdisches Kinderhilfswerk), die
Unitarier (Brüdergemeinde) sowie weitere Organisationen. Hilfe kommt auch in das Lager durch
Lebensmittelpakete, warme Kleidung und Geldspenden. Diese Hilfe kommt beispielsweise von amerikanischen Hilfsorganisationen, jüdischen Gemeinden oder der Rot-Kreuz-Gruppe57. Sie versuchen die
katastrophalen Lebensbedingungen im Lager zu verbessern, indem sie Lebensmittel verteilen und die
Menschen medizinisch betreuen58.
M21
M22
Einige jüdische Kinder konnten mit Hilfe der Quäker und des Kinderhilfswerks OSE in Kinderheimen
oder bei französischen Familien untergebracht werden. Auch einige ältere Menschen schaffen es, in
Altersheime oder andere Lager verlegt zu werden, was sie vor der Deportation in die Vernichtungslager rettet59.
Andere Lagerinsassen, die sich über persönliche Kontakte Geld besorgen können oder über genügend
Geld verfügen, um sich ein Ausreisevisum zu besorgen, werden in das Lager Les Milles bei Aix-enProvence oder das bewachte Hotel Terminus in Marseille überstellt. Jedoch wer es schafft, alle notwendigen Papiere, wie Ausreiseerlaubnis, Transitvisum, Einreisevisum und Bürgerschaftsbestätigung
des Aufnahmelandes zu beschaffen, steht oft vor dem Problem, dass es kein Schiff für den Transport
gibt. Schließlich wird am 4. Februar 1942 die Ausreise von deutschen Juden aus Frankreich verboten60. Einigen der Ausreisewilligen wird nach dieser Anordnung die Ausreise verweigert. Sie werden
wieder nach Gurs oder andere Lager gebracht und deportiert61.
Den Deportationen können einige Lagerinsassen durch Vorzeigen von gefälschten Papieren entgehen
oder durch Flucht aus dem Lager Gurs.
55
Vgl. Werner, Josef, 19902, S. 338f.
Vgl. Philipp, Michael (Hrsg.), 19932, S. 85.
57
Vgl. Brändle, Gerhard, 1985, S. 91f.
58
Vgl. Philipp, Michael (Hrsg.), 19932, S. 48ff.
59
Vgl. Josef, Werner, 19902, S. 342f.
60
Vgl. Brändle, Gerhard, 1985, S. 92f.
61
Vgl. Josef, Werner, 19902, S. 346f.
56
Deportation nach Gurs 1940
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„Die badischen Juden sind nicht vergessen“
19. Der Friedhof und die Erinnerung an die Deportation nach Gurs,
ein Projekt als deutsch-französische Partnerschaft
Das Lager
In den fünfziger Jahren werden auf dem geräumten Lagergelände Bäume und Sträucher angepflanzt,
die das Geschehene schnell vergessen lassen. Schon im Jahr 1945 errichtet der Verband der Jüdischen
Gemeinschaften des Basses-Pyrénées ein Denkmal. Der zunächst noch gepflegte Friedhof südwestlich
des Lagergeländes verwildert jedoch im Laufe der Jahre zusehends.
Der Friedhof
Im Jahre 1957 ergreift der Karlsruher Oberbürgermeister Günter Klotz nach der Veröffentlichung
eines Zeitungsberichts über den Verfall des Friedhofs (M23) die Initiative zu dessen Instandsetzung
und Pflege. Unterstützt wurde er vom Oberrat der Israeliten Badens, namentlich von dessen Präsidenten Otto Nachmann, dann von Werner Nachmann. Erfolgreich wirbt man bei den badischen Städten und Gemeinden, aus denen jüdische Einwohner nach Gurs verschleppt worden waren, um eine
finanzielle Beteiligung. Die Stadt Karlsruhe, deren Planungsamt die Pläne fertigt, behält auch in den
folgenden Jahren die Federführung. Der Friedhof wird schließlich 1961 im Auftrag des Oberrats der
Israeliten Badens, dem der französische Staat das Gelände für 99 Jahre überträgt, restauriert und am
26. März 1963 eingeweiht. Es werden zwei Stelen errichtet: in der Mitte eine für die jüdischen Opfer
und rechts vom Eingang eine für die Spanier und die Angehörigen der Internationalen Brigaden.
Seitdem wird der Friedhof von einer Arbeitsgemeinschaft der badischen Städte Heidelberg, Freiburg,
Karlsruhe, Mannheim und Pforzheim betreut. Später kommen Konstanz und Weinheim noch dazu.
M24
Auf dem Deportiertenfriedhof Gurs liegen 1.070 Opfer des nationalsozialistischen Terrors begraben.
Er ist damit das eigentliche Mahnmal zur Erinnerung an das Lager Gurs.
M25
Das „Mémorial national“ – die nationale Gedenkstätte
Vor dem Gelände des Lagers Gurs entsteht 1994 zusätzlich eine nationale Gedenkstätte („Mémorial
national“) zur Erinnerung und Mahnung an das durch das Vichy-Regime begangene Unrecht.
Es besteht aus drei Teilen: eine mit Stacheldraht eingezäunte Betonplatte symbolisiert die Konzentrations- und Vernichtungslager der Nazis, ein 180 m langer Schienenstrang (während der Lagerzeit
nicht vorhanden) die Deportation und das Modell einer Lagerbaracke die Ausstattung des Lagers.
Der Entwurf dazu stammt von dem israelischen Künstler Dani Karavan.
M26
Das Lagergelände ist bis zu diesem Zeitpunkt unter Bäumen und Sträuchern verschwunden. Zu sehen
ist nur noch die asphaltierte Straße zum Lager. Dies ändert sich durch den Einsatz deutscher und
französischer Jugendlicher.
Im Sommer 1996 findet vom 26. Juli bis zum 12. August 1996 erstmals ein deutsch-französisches
Jugendworkcamp zur Errichtung einer Gedenkstätte statt. Organisiert wird das Projekt vom Stadtjugendausschuss Karlsruhe und den badischen Städten. Die Jugendgruppe legt Teile des von Gestrüpp
überwucherten Lagers frei und stellt Informationstafeln über das Lager für die Besucher auf. Das
Workcamp geht auf eine Anregung des Bürgermeisters von Gurs, Louis Costemalle, zurück.
Deportation nach Gurs 1940
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Von Ende 1999 bis Anfang 2000 werden die Stelen vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge
neu versetzt und die Rasenflächen erneuert.
Die Gedenkfeiern
Alljährlich laden die badischen Städte am letzten Aprilsonntag zu einer Gedenkfeier nach Gurs ein.
An diesem Sonntag wird in Frankreich die „Journée de la Deportation“ (Gedenktag an die Deportation) begangen.
Der dritte Sonntag im Juli ist der „Commémoration des persécutions racistes et antisémites“ (Erinnerung an rassische und antisemitische Verfolgungen) gewidmet.
In Baden finden alljährlich im Oktober und November in zahlreichen Städten und Gemeinden Badens
Gedenkfeiern statt, so auch im Jahr 2000.
Am 29. und 30. Oktober 2000 wird in Gurs der Deportation vor sechzig Jahren gedacht. Anwesend
sein werden Überlebende des Lagers, als offizielle Vertreter Deutschlands der Ministerpräsident des
Landes Rheinland-Pfalz Kurt Beck, der Minister im Staatsministerium von Baden-Württemberg
Christoph Palmer, der deutsche Generalkonsul von Bordeaux, Vertreter der Städte und der Amicale
(Zusammenschluss der ehem. Lagerinsassen) und zahlreiche Repräsentanten französischer Instanzen
sowie Bürgerinnen und Bürger beider Länder.
Sie erweisen mit ihrer Anwesenheit den Toten die Ehre und den Überlebenden ihren Respekt. Sie
weisen damit darauf hin, dass die Erinnerung an die nationalsozialistischen Verbrechen immer wieder
neu geleistet werden muss.
Ein Teil dieser Erinnerung ist die Deportation vom 22./23. Oktober 1940, das Leiden in den Lagern
und der Friedhof von Gurs. Er ist Mahnung und Verpflichtung, die von Generation zu Generation
weitergegeben werden muss.
Deportation nach Gurs 1940
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Weitere Unterrichtshilfen zum Thema
1. Bei der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg:
In der Reihe „Bausteine“:
„Euthanasie“ im NS-Staat: Grafeneck im Jahr 1940
Historische Darstellung, Didaktische Impulse, Materialien für den Unterricht
In Zusammenarbeit mit dem Oberschulamt Tübingen
Hrsg: LpB, 2000
(vergriffen, aber komplett online)
Die Nacht als die Synagogen brannten
Texte und Materialien zum 9. November 1938
Als Bausteine ausgearbeitet
Hrsg: LpB, 1998
(vergriffen, aber komplett online)
Ghettos – Vorstufen der Vernichtung
1939-1944 - Menschen in Grenzsituationen
Texte und Unterrichtsvorschläge
Hrsg: LpB, 2000
(vergriffen, aber komplett online)
Die Erinnerung darf nicht enden
Texte und Unterrichtsvorschläge zum Gedenktag 27. Januar
Als Bausteine ausgearbeitet von einer Gruppe des Erziehungsausschusses der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Stuttgart
Hrsg: LpB, GCJZ
(komplett online)
Zeitschrift „Politik & Unterricht“
Jüdisches Leben in Baden-Württemberg (2/99)
Möglichkeiten der Begegnung
Besuch in einer Synagoge, Spurensuche am Heimatort, Jüdisches Leben in Deutschland heute,
deutsch-israelischer Schüleraustausch – ein Projektbericht
(komplett online)
Online-Anschrift der LpB:
http://www.lpb.bwue.de/publikat/baustein.htm
Postanschrift:
Landeszentrale für politische Bildung
Abt. Marketing
Stafflenbergstr. 38
70184 Stuttgart
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2. Bei der Bundeszentrale für politische Bildung:
In der Reihe „Informationen zur politischen Bildung“:
Nr. 251 (1996) Nationalsozialismus I. Von den Anfängen bis zur Festigung der Macht
Bestell-Nr. 4.251
Nr. 266 (2000) Nationalsozialismus II. Führerstaat und Vernichtungskrieg
Bestell-Nr. 4.266
Nr. 261 (1998) Weimarer Republik
Bestell-Nr. 4.261
Nr. 247 (1995) Israel
Bestell-Nr. 4.247
Nr. 140 (1991) Geschichte des jüdischen Volkes
Bestell-Nr. 4.140
Nr. 243 (1997) Deutscher Widerstand 1933-1945
Bestell-Nr. 4.243
Nr. 210 (1998) Menschenrechte
Bestell-Nr. 4.210
Nr. 163 (1998) Das 19. Jahrhundert, Teil 1: Monarchie – Demokratie – Nationalstaat
Bestell-Nr. 4.163
Nr. 164 (1998) Das 19. Jahrhundert, Teil 2: Industrialisierung – Soziale Frage
Bestell-Nr. 4.164
Sonderheft:
Leben im Dritten Reich
Bestell-Nr. 4.070
weitere Online-Informationen der BpB:
http://www.bpb.de/publikationen/html/body_informationen.html
Bestellungen bitte nur schriftlich an:
Franzis print & media GmbH
Postfach 15 07 40
80045 München
oder Fax: 089/5117-292
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3. Beim Landesmedienzentrum Baden-Württemberg
Standort Karlsruhe
5050001 Gurs Medienpaket
Dias zum Lager Gurs (weitgehend identisch mit M12 und M13)
Im Verleih bei den Kreisbildstellen Freiburg, Heidelberg, Mannheim, Offenburg
und Karlsruhe
0150347 Die Führer der Provinz (Buch)
0150119 Juden in Baden (Buch)
1055460 Juden in Baden (Diareihe)
1250853 Diskriminiert, verfolgt, vernichtet, Juden unter dem Nationalsozialismus (Folienreihe)
3250970 Mein Kampf (16 mm Film – Lichtton)
Online-Anschrift:
www.lmz-bw.de
Moltkestraße 64
76133 Karlsruhe
Telefon: (0721) 8808-0
Telefax: (0721) 8808-68
E-Mail: [email protected]
Deportation nach Gurs 1940
Seite - 41 -
Literatur-, Quellen- und Abbildungsverzeichnis
Althausen, Oskar: Fotosammlung. (S. 61, 65, 66, 76)
Aring, Paul Gerhard, 19892: Christen und Juden heute - und die „Judenmission“? Judenmission in
Deutschland, dargestellt und untersucht am Beispiel des Protestantismus im mittleren Deutschland,
Frankfurt am Main.
Asche, Susanne, Bräunche, Ernst Otto, Müller, Karin, 1990: Juden in Baden, Karlsruhe. (im Text auf
Seite 8, 11, 12)
Auswärtiges Amt - Bonn. Politisches Archiv, Aktengruppe Inland IIg/1 89. (S. 57)
Leo Baeck-Institut, New York, (Otto Heymann AR-C. 684/1918). (S. 19)
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Refusés. L’Art dans les camps d’internement français, Beit Lohamei Haghetaot.
Brändle, Gerhard, 1980: Antisemitismus in Pforzheim 1920-1980, Bilder und Dokumente. Pforzheim,
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Pohl, Monika, 2000: Ludwig Marum. Ein Leben für die Demokratie und soziale Gerechtigkeit, in:
Denecken, Harald: „...ihr dürft ihn nie vergessen!“, Karlsruhe, S. 12-36.
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Schmitthenner, Walter (Hrsg.), 1970: Maria Krehbiel-Darmstädter. Briefe aus Gurs und Limonest
1940-1943, Heidelberg. (S. 16)
Schramm, Hanna, 1977: Menschen in Gurs. Erinnerungen an ein französisches Internierungslager
(1940-1941). Mit einem dokumentarischen Beitrag zur französischen Emigrantenpolitik (1933-1944)
vom Vormeier, Barbara. Heintz, Georg (Hrsg.): Schriftenreihe: Deutsches Exil 1933-45, Bd. 13,
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Sievers, Leo, 1979: Juden in Deutschland. Die Geschichte einer 2000 jährigen Tragödie, Hamburg,
S. 226f. (11 Bilder „von vierzig deutschen Nobelpreisträgern waren 11 Juden“).
Stadtarchiv Freiburg, K1 49/Teil 2 B Nr. 5 (S. 60)
Stadtarchiv Karlsruhe, 7 NL Hammann. (S. 74); Presseamt/Stadtarchiv Karlsruhe. (S. 82)
Stadtarchiv Pforzheim, 10. Mai 1942, Stadtgeschichtliche Sammlung (SGS). (S. 18)
Stude, Jürgen, 1990: Geschichte der Juden im Landkreis Karlsruhe, Karlsruhe. (S. 11)
Taddey, Gerhard, 1984: Die Zeit der Verfolgung 1933-1945, in: Oberrat der Israeliten Badens: Juden
in Baden 1809-1984, Karlsruhe, S. 57-71. (S. 16)
Viborg, Skovgaard, Museet, Bullinger, Thomas (Hrsg.), 1993: Gurs: Ein Internierungslager in Südfrankreich 1939-1943, Zeichnungen, Aquarelle, Fotographien, Hamburg.
Volkov, Shulamit, 1994: Die Juden in Deutschland 1780-1918, München. (S. 8, 9)
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Büro Metz. (S. 83)
Walk, Joseph, 1988: Die „jüdische Schulabteilung“ in Karlsruhe 1936-1940, in: Juden in Karlsruhe.
Beiträge zu ihrer Geschichte bis zur nationalsozialistischen Machtergreifung, in: Schmitt, Heinz;
Bräunche, Ernst Otto; Koch, Manfred (Hrsg.). Veröffentlichung des Karlsruher Stadtarchivs, Bd. 8.
(S. 11)
Weckbecker, Arno, 1985: Die Judenverfolgung in Heidelberg 1933-1945, Heidelberg. (S. 11)
Weinstock, Rolf, 1950: Rolf, Kopf hoch. Berlin-Potsdam. (S. 20)
Deportation nach Gurs 1940
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Werkbund-Archiv (Hrsg.), 1990: Gurs. Deutsche Emigrantinnen im französischen Exil. Die Ausstellung ist Bestandteil des Projekts „Bucklicht Männlein und Engel der Geschichte – Walter Benjamin,
Theoretiker der Moderne“, Berlin.
Werner, Josef, 19902: Hakenkreuz und Judenstern: das Schicksal der Karlsruher Juden im Dritten
Reich, Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchiv, Bd. 9, Karlsruhe, S. 39-47. (S. 11, 12, 21)
Wiehn, E. R. (Hrsg.), 1990: Oktoberdeportation 1940: die sogenannte „Abschiebung“ der badischen
und saarpfälzischen Juden in das französische Internierungslager Gurs und andere Vorstationen von
Auschwitz, 50 Jahre zum Gedenken, Konstanz. (S. 17, 20, 22, 27, 31, 57)
Wiehn, E. R. (Hrsg.), 1998: Aus der Heimat verjagt: zur Geschichte der Familie Neu; jüdische
Schicksale aus Offenburg und Südbaden 1874-1998, Konstanz.
Winkler, Heinrich August, 19853: Die deutsche Gesellschaft in der Weimarer Republik und der Antisemitismus, in: Martin, Bernd; Schulim, Ernst: Die Juden als Minderheit in der Geschichte, S. 271289. (S. 10)
Yad Vashem (Hrsg.), 1999: Passover Haggadah from the Gurs Camp, France, 1941. (S. 20, 79)
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Einige Begriffserläuterungen
Antisemitismus: Der Begriff Antisemitismus bedeutet Hass und Gegnerschaft gegenüber den Juden
und setzt sich seit Ende der 1870er Jahre in ganz Europa durch. Es gehen Versuche einher, diesen
„wissenschaftlich“ zu begründen. Die Thesen des Antisemitismus beziehen sich hauptsächlich auf
Motive der jüdischen Religion und die Rolle der Juden in der Wirtschaft und anderen Lebensbereichen der westlichen Welt. Der Begriff „Jude“ wird über Jahrhunderte mit Stereotypen, negativen
Bildern und Verleumdungen assoziiert. Dies geschieht sowohl bewusst als auch gefühlsmäßig und ist
meist ohne Bezug zur realen jüdischen Gesellschaft und Religionspraxis.
Arier: Im Altertum (und noch heute) ist „Arier“ die Selbstbezeichnung von Völkern in Indien und
Iran, die eng verwandte indoeuropäische Sprachen haben. Das Wort „Arier“ kommt im 18. Jahrhundert in Westeuropa als sprachwissenschaftlicher Ausdruck in Gebrauch und wird zum Teil gleichbedeutend mit dem Begriff „Indogermanen“ verwendet. Die im 19. Jahrhundert aufkommende Rassenideologie prägt den Begriff „arische Rasse“, die mit der „nordischen Rasse“ gleichgesetzt wird. Im
Sprachgebrauch der Antisemiten verengt sich schließlich die Bedeutung von „Arier“ auf „Nichtjude“.
Assimilation: Assimilation ist ein Prozess, der zumeist von selbst erfolgt. Er wird aber auch häufig
durch staatliche Mittel und gesellschaftliche Maßnahmen gefördert; oft sogar gewaltsam erzwungen.
Es handelt sich hierbei um die Anpassung bzw. Aufnahme von rassischen, sprachlichen und konfessionellen Minderheiten in eine bisher fremde Mehrheit, deren vorherrschende Kultur angenommen
wird.
Deportation: Der Begriff kommt aus dem Lateinischen: deportare = wegtragen. Er bezeichnet die
zwangsweise Verschickung von Menschen aus ihren angestammten Wohnsitzen in vorbestimmte
Aufenthaltsorte. Dies geschieht durch ihren eigenen Staat oder eine fremde (Besatzungs-) Macht. Die
Deportierten bleiben, anders als bei Vertreibung, weiterhin im Machtbereich des deportierenden
Staates.
État Franςςais/Vichy-Regierung: Die französische Regierung von 1940 bis 1944 wird als VichyRegierung bezeichnet. Nach dem von Ministerpräsident Marschall Ph. Pétain abgeschlossenen Waffenstillstand mit Deutschland wird der westliche und nördliche Teil Frankreichs von deutschen Truppen besetzt. Die Regierung nimmt ihren Sitz im Badeort Vichy im unbesetzten Teil des Landes. Pétain
errichtet als Staatschef des État Franςais ein autoritäres Regime. Leitende Minister sind P. Laval und
F. Darlan. Das politische Ziel der Vichy-Regierung ist es, durch eine offen erklärte Zusammenarbeit
(Kollaboration) mit den Deutschen, möglichst viel Eigenständigkeit für Frankreich zu bewahren. Als
im November 1942 das restliche Frankreich von der deutschen Wehrmacht besetzt wird, verliert die
Vichy-Regierung ihre Wirkungsmöglichkeiten.
Internierungslager: Diese Lager dienen im Krieg der Internierung feindlicher Staatsangehöriger oder
auch bewaffneter Streitkräfte, die auf neutrales Gebiet übergetreten sind. Innerstaatlich spielt die
Internierung, insbesondere in Diktaturen, in Form von Konzentrations-, Straf- oder Arbeitslagern eine
Rolle.
Haggada: Die Haggada (hebr. „Aussage“, „Sage“) ist ein Teil des Talmud, der die Auslegungen und
Anwendungen des mosaischen Gesetzes (Tora) enthält. Sie dient der Belehrung, der Unterhaltung und
der Erbauung. Die Haggada besteht aus Gleichnissen, Anekdoten, Sprüchen und Legendenerzählungen.
Judenemanzipation: Die Judenemanzipation ist der Prozess der rechtlichen (und in deren Gefolge
gesellschaftlichen) Gleichstellung der Juden, der gegen Ende des 18. Jahrhunderts durch die Ideen der
Aufklärung angestoßen wird. Viele Juden erhoffen sich durch den dadurch ermöglichten Erwerb von
Besitz und Bildung den Eintritt in das deutsche Bürgertum. Unterstützung finden sie hierin bei den
Liberalen. Die Emanzipation bedeutet für sie, dass Religion nur noch „Privatsache“ ist und in der
Öffentlichkeit keine Rolle mehr spielt. Aufschwünge in diesem Prozess sind die Napoleonische Epoche, die Revolutionen von 1830 bzw. 1848/49 und der Beginn der Industrialisierung am Ende der
1850er Jahre. Rückschläge kommen immer in den dazwischen liegenden restaurativen Phasen. 1869
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wird die volle rechtliche Gleichstellung der Juden im Norddeutschen Bund erreicht, die dann 1871/72
auf das ganze Deutsche Reich ausgedehnt wird.
Judenregal: 1236 werden unter Friedrich II. alle Juden zu Kammerknechten erklärt. Sie sind nun
persönlich und wirtschaftlich direkt vom Kaiser abhängig. Zu dessen Rechten gehört die Erhebung
einer besonderen Judensteuer, das Judenregal. Dieses Regal kann verkauft und verliehen werden.
1356 geht es an die Kurfürsten über.
Konzentrationslager: Die Konzentrationslager sind während der gesamten NS-Herrschaft ein zentraler Bestandteil des Unterdrückungssystems. Sie dienen der massenhaften Inhaftierung politischer
Gegner und aus politischen, rassistischen, sozialen und religiösen Gründen Verfolgter. Zum zentralen
Merkmal des Vollzugs entwickeln sich die Zwangsarbeit und die völlige rechtliche und körperliche
Ungeschütztheit bis hin zur willkürlichen Tötung.
Nürnberger Gesetze: Am 15. September 1935 werden in Nürnberg zwei Verfassungsgesetze verkündet, die die Grundlage für den Ausschluss der Juden aus dem öffentlichen Leben Deutschlands und
für die darauffolgende antijüdische Politik bilden. Das Reichsbürgergesetz legt fest, dass nur Deutsche oder Personen „artverwandten Blutes“ vollgültige „Bürger des Reichs“ sind. Die deutschen
Juden werden zu „Staatsangehörigen“ herabgestuft und verlieren ihre politischen Rechte. Das „Gesetz
zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ verbietet u. a. den außerehelichen Verkehr
und Eheschließungen zwischen Juden und Deutschen, so genannte „Mischehen“. Zum „Volljuden“
wird erklärt, wer mindestens drei jüdische Großeltern hat.
Rasse: In der NS-Ideologie gibt es zwei Arten von Rassen, nämlich „höhere“ und „niedere“. Zu den
„höheren Rassen“ zählen nur die „Arier“, die als „Herrenmenschen“ dazu bestimmt sind, über die
„niederen Rassen“ zu herrschen. Zu diesen „niederen“ zählen die Nationalsozialisten vor allem die
Juden und die Slawen.
Reichskristallnacht/Reichspogromnacht: Als „Reichskristallnacht“ wird der Pogrom gegen die
Juden in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 in ganz Deutschland und Österreich bezeichnet.
Von offizieller Seite wird er als spontaner „Ausbruch des Volkszorns“ dargestellt, nachdem der
deutsche Gesandtschaftssekretär Ernst vom Rath in Paris von dem 17-jährigen polnischen Juden
Hershel Grynszpan erschossen worden war. Die Bezeichnung „Reichskristallnacht“ bezieht sich in
verharmlosender Weise auf die vielen zerschlagenen Schaufenster jüdischer Läden. Propagandaminister Goebbels ruft am 9. November 1938 zu „Aktionen“ gegen die Juden auf. Synagogen, jüdische
Läden und Wohnungen werden zerstört und geplündert. Beteiligt sind vor allem die SA und die
Hitlerjugend, aber auch ganz „normale“ Bürger. Unter den Juden gibt es über 90 Tote und viele
Verletzte. Etwa 30.000, meist einflussreiche und wohlhabende Juden, werden in die Konzentrationslager Dachau, Buchenwald und Sachsenhausen verschleppt. Als „Wiedergutmachung“ für den Mord
an vom Rath wird ihnen eine „Sühneleistung“ von einer Milliarde Reichsmark auferlegt.
Reichsvertretung: Im September 1933 wird die „Reichsvertretung der Deutschen Juden“ gegründet.
Sie ist ein Zusammenschluss jüdischer Gemeinden und Vereine, um die deutschen Juden in ihrer
Gesamtheit zu vertreten. Das Ziel einer einheitlichen Organisation steckt sich schon der 1869 gegründete „Deutsch-Israelitische Gemeindebund“. 1935 muss der Name in „Reichsvertretung der Juden in
Deutschland“ geändert werden (ab 1939 „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“). Die Reichsvertretung will gegenüber den staatlichen Stellen die physische und moralische Existenz der deutschen Juden sichern. Sie reagiert z. B. auch auf die „Nürnberger Gesetze“ von 1935. Die Reichsvertretung hat keinen anerkannten rechtlichen Status, wird aber von den Behörden akzeptiert. Sie ist die
einzige Vertretung der Juden in Deutschland, die von der Regierung als solche anerkannt wird. Im Juli
1943 wird die Reichsvereinigung offiziell aufgelöst. Der aus Stuttgart stammende Otto Hirsch (18851941) ist Vorsitzender der Reichsvertretung. Er wird im KZ Mauthausen ermordet.
Ritualmord: Die Ritualmord-Legende behauptet, dass Juden um die Osterzeit (oder auch anderen
Anlässen) Christenknaben entführen und kreuzigen bzw. schlachten, um deren Blut zu trinken. Das
erste namentlich bekannte „Opfer“ ist 1144 William aus Norwich. Noch im 19. und frühen 20. Jahrhundert gehören Ritualmord-Vorwürfe, auch in Verbindung mit dem Vorwurf des „Hostienfrevels“,
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d. h. der Zerstörung bzw. Verunreinigung von Hostien in katholischen Kirchen, zum Repertoire der
Antisemiten; ebenso wie Brunnenvergiftung etc.
Schutzjuden: Im Mittelalter sind eine Anzahl von Juden im Besitz von Schutzbriefen, die sie als
Kammerknechte unter den Schutz des Kaisers oder eines lokalen Herrschers stellen. Für diese
Schutzbriefe müssen hohe Abgaben entrichtet werden.
Sukkoth: Sukkoth ist das Laubhüttenfest und wird im Herbst nach der Trauben- und Olivenernte
gefeiert. Es wird im Gedenken an die vierzigjährige Wüstenwanderung begangen. Das Fest dauert
sieben oder acht Tage (15.-21./22. Tischri). Für diesen Zeitraum wird aus Pflanzen im Freien oder
auch in Räumen eine stilisierte „Laubhütte“ errichtet, in welcher dann die Familie „wohnt“, d. h. das
Fest feiert.
Vernichtungslager: Diese Lager dienen nur dem einen Zweck, ab Frühjahr 1942 im Rahmen der
„Endlösung der Judenfrage“, Millionen von Juden, Sinti und Roma u. a. ohne Rücksicht auf Alter
oder Geschlecht, zu töten. Es werden keine „Selektionen“ durchgeführt, wie etwa in Auschwitz. Wer
in ein Vernichtungslager kommt, wird sofort ermordet, auch wenn er oder sie arbeitsfähig ist. Die
Opfer werden zum größten Teil vergast; viele werden erschossen. Vernichtungslager sind: AuschwitzBirkenau, Belzec, Chelmno, Majdanek, Sobibor und Treblinka.
Zionismus: Der Zionismus ist eine politische und soziale Bewegung, die sich das Ziel setzt, einen
jüdischen Staat in Palästina zu gründen. Seine Anfänge liegen im 19. Jahrhundert und stehen in Zusammenhang mit dem heraufziehenden Nationalismus in Europa. Der Antisemitismus ist eine entscheidende Ursache für die Entstehung der zionistischen Bewegung. Den organisierten politischen
Zionismus begründet Theodor Herzl 1896 mit seiner Schrift „Der Judenstaat“ und mit dem von ihm
1897 in Basel einberufenen Zionistenkongress. Vor allem bei den rechtlich nicht emanzipierten und
durch Pogrome bedrohten Juden Osteuropas findet der Zionismus starken Anklang. Die weitgehend
assimilierten Juden in Mittel- und Westeuropa und Amerika zeigen dagegen weniger Interesse. Sie
fühlen sich eher als Bürger ihrer Länder und sehen das Judentum als eine Religionsgemeinschaft an.
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Zeittafel
1933
30. Januar
27. Februar
23. März
April
10. Mai
14. Juli
Hitler wird Reichskanzler.
Reichstagsbrand. Den Massenverhaftungen folgt die Errichtung der ersten Konzentrationslager in Deutschland. Erste Emigration.
Ermächtigungsgesetz. Bis Juli Verbot und Auflösung aller Nichtnationalsozialistischen Vereinigungen, Parteien und Gewerkschaften.
Boykott jüdischer Geschäfte, Rechtsanwälte und Ärzte durch eine repressive
Gesetzgebung gegen Juden und Gegner des Nazi-Regimes. Große Emigrationswelle.
Bücherverbrennungen in Deutschland.
Nazi-Gesetz über den „Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der
deutschen Staatsangehörigkeit“; viele Emigranten werden dadurch staatenlos.
1935
15. September Nürnberger Rassegesetze:
1. „Juden sind von der Reichsbürgerschaft ausgeschlossen“
2. „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ (Eheschließungen zwischen „Ariern“ und Juden werden verboten, außereheliche
Beziehungen zwischen Juden und „Ariern“ unter Strafe gestellt)
14. November Entlassung aller jüdischen Beamten einschließlich der Frontkämpfer.
1936
18. Juli
Putsch General Francos; Beginn des spanischen Bürgerkrieges.
1938
13. März
28. März
„Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich; erneute Flüchtlingswelle.
Aberkennung des öffentlich-rechtlichen Status der jüdischen Kultusvereinigungen.
26. April
Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden.
14. Juni
Registrierung und Kennzeichnung der jüdischen Gewerbebetriebe.
25. Juli
Zulassungsverbot für alle jüdischen Ärzte.
27. September Zulassungsverbot für alle jüdischen Rechtsanwälte.
28. Oktober
Ausweisung der Juden mit polnischer Staatsangehörigkeit.
9. November
„Reichskristallnacht“, Zerstörung von Synagogen, Pogrome.
12. November Sühneleistung der Juden von zunächst 1 Milliarde Reichsmark.
12. November Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen
Wirtschaftsleben.
15. November Entfernung aller jüdischen Kinder aus den deutschen Schulen.
3. Dezember
Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens.
1939
20. Januar
2. Februar
15. März
31. März
5. April
Entstehung des ersten Sammellagers für Ausländer in Rieucros (zwischen Le Puy
und Nîmes).
Bau verschiedener Sammellager in Südfrankreich.
Deutsche Truppen marschieren in der Tschechoslowakei ein.
Ende des spanischen Bürgerkrieges und Beginn der Diktatur Francos.
Die ersten Spanier treffen auf dem Lagergelände in Gurs ein.
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20. April
1. September
2. September
3. September
1940
20. April
1. Mai
10. Mai
13. Mai
23. Mai
14. Juni
22. Juni
Juni
11. Juli
1. September
3. Oktober
15. Oktober
22./23. Oktober
24. Oktober
Ende Oktober
13. Dezember
1941
Januar
Eine große Anzahl Interbrigadisten und spanischer Soldaten werden aus anderen
Lagern nach Gurs verlegt (etwa 18.000 Spanier, 550 Österreicher, 600 Tschechen
und 650 deutsche Spanienkämpfer).
Beginn des II. Weltkrieges. Deutsche Truppen überfallen Polen.
In der sozialistischen Tageszeitung Le Populaire erscheint ein offener Brief an
den französischen Innenminister, in dem sich deutsche und österreichische Sozialdemokraten, die in Gurs interniert sind, der französischen Republik zur Verfügung stellen.
Kriegserklärung Frankreichs und Englands an Deutschland.
Die Hälfte der deutschen und österreichischen Interbrigadisten wird aus Gurs
zwangsweise in Lager an die belgische Grenze gebracht.
In Gurs werden noch 2.470 Männer festgehalten, davon über 2.000 Interbrigadisten. 250 Spanier arbeiten in der Instandhaltungs-Kompanie des Lagers.
Angriff der deutschen Truppen auf Belgien, Holland und Frankreich.
In den französischen Zeitungen erscheint ein Aufruf, dass sich alle im Departement Seine lebenden deutschen Frauen am 15. Mai zur Internierung zu melden
haben.
In Gurs treffen etwa 2.360 Frauen aus Paris und Umgebung ein.
Deutsche Truppen besetzen Paris.
Waffenstillstandsvertrag zwischen Deutschland und Frankreich. Artikel 19 sieht
die Auslieferung der von Hitler-Deutschland angeforderten deutschen Emigranten vor. Frankreich wird in eine besetzte und eine unbesetzte Zone eingeteilt.
Im Lager Gurs werden ca. 9.280 „feindliche Ausländer“ festgehalten. Es sind
überwiegend Frauen. Von den Gefangenen sind etwa 7.110 Deutsche.
Pétain wird französischer Staatschef. Regierungssitz ist Vichy.
Das Lager leerte sich über Sommer und es befinden sich nur noch 894 „feindliche Ausländer“ in Gurs.
Die Vichy-Regierung erlässt antisemitische Gesetze. Alle ausländischen Juden,
die sich in der unbesetzten Zone aufhalten, werden interniert.
Befehl an das badische Innenministerium, der Gauleiter von Baden und Saarpfalz, Robert Wagner und Josef Bürckel, alle „Volljuden“ aus Baden, der Pfalz
und dem Saarland auszuweisen.
Deportation der badischen, pfälzischen und saarländischen Juden nach Gurs.
Der erste von neun Transportzügen mit deutschen Juden aus Baden und der
Pfalz kommt in Gurs an. Insgesamt werden im Oktober 6.504 Juden in das Lager
deportiert.
Etwa 4.000 Internierte, überwiegend deutsche Juden, werden aus dem
Lager St. Cyprien nach Gurs verlegt.
Die „Union des Sociétés de Bienfaisance“ in Toulouse, der Dachverband der
französischen Wohlfahrtsorganisation, erhält die Erlaubnis für LebensmittelLieferungen in das Lager.
Fast die Hälfte der Internierten im Lager werden von Hilfsorganisationen, wie
die Quäker, O.S.E., C.D.A., Y.M.C.A., CIMADE, Entr.-Aide-Sociale, das Französische Rote Kreuz, Colis Suisse und Ducours Suisse ernährt.
Als Verteilungsstelle für Geld- und Lebensmittelspenden wird im Lager die
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24. Mai
22. Juni
1. September
1942
20. Januar
Februar
10. März
27. März
Juli
5. August
7. August
24. August
1. September
November
1943
Januar
23. Februar
27. Februar
1944
6. Juni
17. August
Sommer
C.C.A. (Commission Centrale d`Assistance) gegründet und von dem internierten
Rabbiner Ansbacher geleitet.
Bis Februar sterben viele Menschen, vor allem Ältere und Kinder, im Lager. An
manchen Tagen sind es bis zu einem Dutzend.
Erste Judenrazzien in Paris.
Angriff der deutschen Truppen auf die Sowjetunion.
Einführung des Judensterns.
Auf der „Wannsee-Konferenz“ in Berlin wird die „Endlösung der Judenfrage“
organisiert, der systematische Massenmord an den Juden in Europa.
Eine besondere Küche für (Hunger-) Ödemkranke wird eingerichtet. Zahlreiche
Internierte werden von Gurs in andere Lager verlegt.
SS-Hauptsturmführer Dannecker beginnt mit den organisatorischen Vorbereitungen zur Deportation von zunächst 5.000 Juden aus Frankreich.
Der erste Transport ausländischer und französischer Juden verlässt die besetzte
Zone Frankreich nach Auschwitz.
Dannecker besichtigt mehrere Internierungslager in der unbesetzten Zone, darunter auch Gurs. Seinem Bericht zufolge werden dort noch rund 2.600 Menschen
festgehalten, davon seien 1.912 ehemalige deutsche Staatsangehörige „sowie 335
ebenfalls für den Abschub in Frage kommende“ Personen.
Der erste Deportationszug von Gurs wird zusammengestellt, der zwei Tage später
im Durchgangslager Drancy eintrifft.
Zweiter Deportationszug.
Dritter Deportationszug.
Vierter Deportationszug von Gurs. Von Anfang August an werden 2.212 Menschen von Gurs nach Auschwitz deportiert. Aus den anderen Internierungslagern
in der unbesetzten Zone Frankreichs sind es rund 7.660 Menschen. Etwa 80 %
dieser Menschen werden unmittelbar nach Ankunft in den Vernichtungslager im
Osten ermordet.
Deutsche Truppen marschieren in den noch unbesetzten Teil Frankreichs ein.
Nachdem die Gestapo die Lagerliste überprüft hat, werden 36 deutsche Antifaschisten aus dem Lager Gurs nach Paris transportiert.
Erste Überführung von Internierten in das von Abbé Glasberg eröffnete Flüchtlingsheim Bégué, das ein Überleben ermöglicht.
Bei zwei weiteren Deportationen aus Gurs werden 1.695 Internierte
nach Auschwitz transportiert.
Landung alliierter Truppen in der Normandie.
Der letzte Deportationszug verlässt Frankreich über Drancy nach Buchenwald.
Nach der Befreiung Frankreichs werden mehrere hundert deutsche Kriegsgefangene und ca. 2.000 französische Kollaborateure in Gurs interniert.
Deportation nach Gurs 1940
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1945
8. Mai
14. August
31. Dezember
1957
10. August
Unterzeichnung der „bedinglosen Kapitulation“ der deutschen Wehrmacht in
Reims.
Verurteilung Pétains (das Todesurteil wird in lebenslängliche Haft umgewandelt), Regierungschef Pierre Laval wird zum Tode verurteilt und erschossen.
Das Lager Gurs wird geschlossen und aufgelöst.
Zeitungsartikel in der Badischen Volkszeitung: „Sind die badischen Juden vergessen?“
1961
Restaurierung des Friedhofs.
1963
22. Januar
26. März
Abschluss des Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrages.
Einweihung des Friedhofs.
1994
Errichtung des Mémorial national.
1996
26. Juli 12. August
1999
Deutsch-französisches Jugendworkcamp des Stadtjugendausschusses e. V. Karlsruhe.
Ein Koordinierungskreis zur Vorbereitung der Gedenkfeiern 2000 konstituiert
sich.
2000
20. August –
3. September
17. / 18. September
Deutsch-französisches Jugendworkcamp des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge.
Symposium in Mannheim: „Erinnerung und Reflexion nach 60 Jahren“.
27. Oktober-3. Studienreise nach Gurs, Bordeaux und Oradour durch die Landeszentrale für
November
politische Bildung Baden-Württemberg.
29. / 30. Okto- Gedenkfeiern in Gurs, Portet und Noe und der Synagoge in Pau.
ber
Oktober /
November
Zahlreiche Gedenkfeiern in badischen Städten und Gemeinden.
Deportation nach Gurs 1940
In den LpB-Reihen BAUSTEINE und MATERIALIEN sind erschienen:
auch zum Download unter: www.lpb.bwue.de/publikat.htm
"... es geschah am helllichten Tag!" 22. Oktober 1940 - Die Deportation
der badischen, pfälzer und saarländischen Juden in das Lager Gurs/Pyrenäen
Hist. Darstellung, Materialien für den Unterricht, 4. Aufl. 2005
NS-Euthanasie in Baden und Württemberg
Archivpädagogische Anregungen für die gymnasiale Oberstufe, 2004
"Evakuiert" und "Unbekannt verzogen"
Die Deportation der Juden aus Württemberg und Hohenzollern 1941 bis 1945
2002, 2. überarbeitete Auflage 2
nur zum Download unter s. o.:
Die Erinnerung darf nicht enden
Texte und Unterrichtsvorschläge zum Gedenktag 27. Januar, 1997
1
"Zwischen Romantisierung und Rassismus"
Sinti und Roma 600 Jahre in Deutschland, 1998 1
Die Nacht als die Synagogen brannten
Texte und Materialien zum 9. November 1938; 1998 1
"Euthanasie" im NS-Staat: Grafeneck im Jahr 1940
Historische Darstellung / Didaktische Impulse / Materialien für den Unterricht, 2000
1, 2
Ghettos - Vorstufen der Vernichtung
1939-1944 Menschen in Grenzsituationen
Texte und Unterrichtsvorschläge, 2000 1, 2
Durch Faszination zur Macht - die Faszination der Macht
Bausteine zum Verhältnis von Macht und Manipulation, 2003
außerdem:
Auf dem Weg zu einer Geschichte des Konzentrationslagers Natzweiler
Forschungsstand, Quellen, Methoden; LpB, 2000 2
(nur zum Download unter s. o.)
Arbeit und Vernichtung Das Außenlagersystem des KZ Natzweiler-Struthof,
C. Glauning/K. Pflug, (Hrsg.), Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten/LpB, 2004
(vergriffen, kein Download)
neu aufgelegt:
Gedenkstätten in Baden-Württemberg
Hrsg.: LpB und Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten, 2005
(auch unter: www.lpb.bwue.de/gedenk/gedenk1.htm)
Einige vergriffene Titel sind im Volltext als CD Rom erhältlich. Die Ziffern bezeichnen die CD-Ausgaben:
1
„Zeitschriften und Dokumentationen“ Ausgabe 1999/2000; 2 „Zeitschriften und Dokumentationen“
Ausgabe 2002. Erhältlich zu je 2.50 € + Versandkosten über: LpB-Marketing, Stafflenbergstraße 38,
70184 Stuttgart, Fax 0711/16409977, [email protected], www.lpb-bw/Shop

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