Plauener spielt in Dirk Bachs letzter Rolle - Vogtland

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Plauener spielt in Dirk Bachs letzter Rolle - Vogtland
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Plauener spielt in Dirk Bachs letzter Rolle
Dirk Bach ist tot. Diese
Nachricht kann der Plauener Schauspieler Matthias Freihof noch immer nicht fassen.
Er sollte mit Bach in dem Zwei-Personen-Stück "Der kleine König Dezember" ab heute
auf der Bühne stehen - an Dieter Hallervordens Schlosspark-Theater.
Von Marjon Thümmel
Plauen - Der Schauspieler Matthias Freihof versucht, seinen Schmerz in Worte zu fassen: "Ich
vermisse Dein Lachen, unser gemeinsames Geträller, Deine Herzensbildung, Deine
Bescheidenheit, Deine scharfe Intelligenz, Deine Freude am Genießen, unser tägliches
Knuddel-Ritual und so vieles, vieles mehr!"
Freihof, der in dem "Kleinen König Dezember" zusammen mit Bach auf der Bühne stehen sollte,
gestand: "Es wird für mich schwer sein, seinen Text aus einem anderen Mund zu hören. Dirk ist
unersetzbar. Zwar haben wir alle daran Interesse, dass das Stück zur Aufführung kommt, aber
derjenige, wer immer es auch ist, der den Part übernimmt, muss sich bewusst sein, dass es eine
Hommage an Dirk wird. Das Stück hat auch viele Filmeinspielungen, so dass Dirk auch optisch
präsent sein wird." Über seine Trauer sprach Freihof am Donnerstagabend. Und seine Stimme
verriet seine Gemütsverfassung. Zur gleichen Zeit wäre die erste Vorvorführung am Berliner
Schlosspark-Theater gewesen - und am Samstag die Premiere. "Es tut mir unglaublich weh, ich
bin fassungslos", sagt Freihof. "Dirk war unglaublich liebenswert, ein zauberhafter Kollege,
locker, lustig, klug."
Richtig kennen gelernt
Seit fünf Wochen probte Freihof mit dem quirligen Schauspielkollegen in Berlin für das
Zwei-Personen-Stück noch an Dieter Hallervordens Schlosspark-Theater. "Dieter Hallervorden
hat mich an seinem Haus in der Gastspielproduktion 'Kollaboration' gesehen. Ein Stück von
Ronald Harwood, mit dem ich seit Jahren auf Tournee bin. Danach hat er mir angeboten, im
'Kleinen König Dezember' mitzuspielen. Und der Regisseur kannte mich noch von der
Schauspielschule", erinnert Freihof an den Beginn der Zusammenarbeit mit Dirk Bach. "Wir
kannten uns zwar schon flüchtig von verschiedenen Preisverleihungen, wo wir Paten für
Preisträger waren. Aber erst durch die gemeinsame Arbeit - fünf Wochen lang täglich von 11 bis
18 Uhr - habe ich ihn richtig kennen gelernt.
Wir haben viel zusammen gesessen und geredet. Und so hatte ich ein sehr, sehr enges
Verhältnis zu Dirk. Ich bin nur noch fassungslos über seinen Tod. Das ist, als wenn man mit 200
Sachen gegen eine Wand fährt. Man ist aus vollem Lauf völlig ausgebremst", schildert der
50-Jährige gebürtige Plauener, der durch zahlreichen Theateraufführung sowie Spiel- und
Fernsehfilme bekannt ist. Auch mit seinen Musikprojekten steht er erfolgreich auf der Bühne.
"Auch das hat uns verbunden, unsere Liebe zum Beruf und unser gleiches Alter. Ich werde im
November 51", so Freihof.
"Wenn ich ins Theater gehe, denke ich immer noch, Dirk muss in der Garderobe sitzen." Auch
die entspannte Fröhlichkeit der Probenarbeiten werde Freihof vermissen. Noch nie sei er so
gerne ins Theater gegangen wie bei dieser Produktion. "'Der Kleine König Dezember' von Axel
Hacke, der für seine Kleinen Könige immer Monatsnamen wählte, ist eine sehr schöne,
philosophische und poetische Geschichte über den Sinn des Lebens bis hin zum Tod. Jeder Satz,
den ich im Stück spreche, erhält durch Dirks Tod eine andere Bedeutung.
Und ich habe jeden von Dirk gesprochenen Satz im Ohr. Deshalb wird es für jemanden anders
schwer, mit unserer Trauer umzugehen", erzählt Freihof und erinnert sich an sein letzte
Begegnung mit Dirk Bach. "Am Sonntag haben wir uns nach der Matinee vergnüglich getrennt
und am Montag wartete ich auf ihn vergeblich. Wir hatten uns zu einer Textprobe verabredet.
Regisseur Lorenz Christian Köhler fuhr zu Dirk und fand ihn tot in seinem Appartement. Die
Nachricht hat uns alle geschockt", sagte Freihof.
Theaterbesitzer Didi Hallervorden (77) hofft, dass ein professioneller Schauspieler aus Bachs
Freundeskreis die Rolle übernimmt und es schafft, sich in den drei verbleibenden Wochen bis
zur neu angesetzten Premiere vorzubereiten. "Am Sonntag noch hat Dirk Bach anlässlich einer
Matinée vergnügt, lebenslustig, redegewandt über seinen Kleinen König Dezember
gesprochen", sagte der Intendant. Man habe seine Verbundenheit mit dem Theaterstück
intensiv gespürt. Hallervorden schwärmte sichtlich wehmütig davon, was für einen
"liebenswerten, philosophisch-klugen" König Dezember Bach darstellte und wie "zutiefst
berührend" es war, ihm bei der Gestaltung dieser Rolle zuzuschauen.
Zu der Trauer kommt die Existenzangst um das Theater. Die Premiere wurde auf den 27.
Oktober verschieben, nicht viel Zeit, geeigneten Ersatz für einen Hochkaräter wie Bach zu
finden, der es sich zutraut, an dem verstorbenen Schauspieler gemessen zu werden. Der Tod
seines Kollegen stelle manches auf den Kopf, sagte Hallervorden. Das privat betriebene Haus
sei nun finanziell sehr auf treue Theaterfreunde angewiesen.
Keine Anzeichen
Regisseur Köhler nannte es wie Matthias Freihof schwierig, einen Nachfolger zu finden. "Den
kleinen König Dezember haben wir genau in Dirk gesehen." Dennoch wolle man das Projekt an
dieser Stelle nicht abbrechen. Bach habe vor seinem Tod keine Anzeichen von gesundheitlichen
Problemen gezeigt. Der Komiker habe nur manchmal über "kleine Wehwehchen" geklagt, was
für einen 51-Jährigen aber keine Seltenheit sei.
So sieht es auch Matthias Freihof, "zumal es auch eine Woche vor der Premiere war, da kommt
auch Lampenfieber dazu. Da kann auch ich aus Erfahrung sprechen". Und so sei es nicht
verwunderlich, wenn sich jemand aus dem Schauspielerkreis nicht hundert Prozent wohlfühle
und nervös ist. "Dass Dirk dann so aus dem Leben gerissen wird, macht mich so fassungslos.
Meine Gedanken habe ich in einem Nachruf niedergeschrieben - und möchte mich so von Dirk
verabschieden." va
Nachruf auf Dirk Bach von Matthias Freihof
Mein lieber Dirk,
vom ersten Probentag an waren wir uns so ungewöhnlich nah. Unser Geburtsjahr war nur eine
von vielen Gemeinsamkeiten. Wir haben für die selben Dinge gebrannt, sind über die selben
Leute genussvoll hergezogen und haben uns zunehmend ohne Worte verständigt, wenn, zum
Beispiel, unser Regisseur mal wieder 'ne Idee hatte, die unseren "Bäuchen" (ok, meiner is' nicht
so üppig!) nicht passte. Vor 'n paar Stunden hab ich Dir noch gesagt, dass ich noch nie in
meinem Leben so gerne zu Theaterproben gegangen bin.
Und jetzt, du Herz, kommst Du einfach nicht mit Deinem Mini um die Ecke gefahren!
Ich vermisse Dein Lachen, unser gemeinsames Geträller, Deine Herzensbildung, Deine
Bescheidenheit, Deine scharfe Intelligenz, Deine Freude am Genießen, unser tägliches
Knuddel-Ritual und so vieles, vieles mehr!
Es tut sehr weh!
Danke für die viel zu kurze, aber unglaublich schöne Zeit!
Du bist so zauberhaft, meine gute Fee!
Gute Reise
Dein Matthias
2012-10-06