Bitumen in der Anwendung Sicheres Handling von Bitumen

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Bitumen in der Anwendung Sicheres Handling von Bitumen
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Markt und Praxis
Bitumen in der Anwendung
Sicheres Handling von Bitumen
Seit Jahrtausenden wird Bitumen im Umfeld
des Menschen eingesetzt. Bereits 3.000 vor
Christus nutzen die Mesopotamier Naturasphalt als Abdichtung für Bauwerke. Die
Sumerer zum Beispiel setzen etwa 1.300 vor
Christus Bitumen als Abdichtungsmaterial
ein. Bei Hochwasser des Tigris sollte die
Stadt Assur geschützt sein. Auch heutzutage
werden Deiche mit mehrlagigen Asphaltabdichtungen gebaut, die durch das Bindemittel Bitumen absolut wasserundurchlässig
sind.
Der natürliche Baustoff Bitumen kann
wegen seiner Umweltverträglichkeit auch in
Wasserschutzgebieten eingesetzt werden,
denn er ist keiner Gefahrstoffklasse zugeordnet und stellt weder für Mensch noch
Umwelt eine Gefahr dar. Dadurch werden
jedoch auch die Risiken, die beim Umgang
mit diesem heißen Produkt, während des
Transportes und der Verarbeitung existieren, häufig vergessen. „Die Gefahren sind
jedoch nicht zu unterschätzen, schwerste
Verletzungen und Todesfälle sind in
der Branche nicht unbekannt“, so weiß
Ingeborg S c h r ö d e r , HSSEQ Advisor
(Health, Safety, Security, Environment and
Quality) für BP Bitumen, zu berichten. „Es
beginnt mit kleinen Unachtsamkeiten, oftmals bei Routineabläufen und am Ende
kommt es dann doch zu einem Absturz vom
TKW (Tankkraftwagen) oder zu schwersten
Verbrennungen durch ungewollt ausgetretenes Bitumen“ (Bild 1). Und was es bedeutet nur Spritzer von einem rund 170 °C oder
Bild 1: Unachtsamkeiten können schmerzhaft enden: Deshalb
sicheres Handling mit
heißem Bitumen beim
Beladen eines Tankkraftwagens
heißerem Produkt abzubekommen, kann
sich jeder ein wenig vorstellen, der schon
mal mit kochendem Wasser in Berührung
gekommen ist. Aus diesem Grund hat Eurobitume in Zusammenarbeit mit Fachleuten
und den Bitumenlieferanten die sogenannten „Burn Cards“ (Erste Hilfe bei Verbrennung durch Bitumen) sowie die Handkarte
„Sicheres Arbeiten mit Bitumen“ entwickelt.
Beide Dokumente zeigen auf übersichtliche
Art und Weise die Hauptgefahren sowie
Schutz- und Erste Hilfemaßnahmen auf.
Diese Dokumente sollten an einer gut einsehbaren Stelle bei jeder Be- und Entladestelle aushängen. Auch sollte sich jeder, der
mit Bitumen in Berührung kommen könnte,
mit den Informationen auf den Karten vertraut machen. Im Ernstfall ist keine Zeit
zum Lesen. Jeder Bitumenlieferant stellt
diese Karten gerne zur Verfügung. Alternativ können sie bei der ARBIT (Arbeitsgemeinschaft der Bitumenindustrie,
www.arbit.de) abgerufen werden.
Vorladeregelung für Tank-und Kesselwagen und Tankschiff
Neben diesen Informationen haben die
ARBIT-Mitgliedsfirmen weitere hilfreiche
Standards im Bereich Arbeitschutz und
Sicherheit erstellt. Die Vorladeregelung
(Bild 2) beispielsweise veranschaulicht, welche Produkte/Sorten bei der Beladung des
TKW mit Bitumen UN 3257 eine zulässige
Vorladung sind. Wasserrückstände im TKW
wären zum Beispiel eine Katastrophe. Denn
beim Zusammentreffen von heißem Bitumen mit Wasser kommt es zu einer explosionsartigen Volumenvergrößerung um
etwa das 1.700 fache. Die Folge ist der
ungewollte Austritt des heißen Produktes,
was zu Verschmutzungen, Zerstörungen
und im schlimmsten Fall zu schweren Verbrennungen und Verletzungen führen kann.
Wurde als Vorfracht ein „unzulässiges“ Produkt befördert, muss zunächst eine zugelassene Sorte geladen oder das Transportmittel vollständig gereinigt werden. Qualitätsgründe stehen hierbei im Vordergrund.
Die Beladung kann sogar abgelehnt werden,
wenn an den Ladestellen Produktnamen als
Vorladung genannt werden, deren Zuordnung nicht eindeutig möglich ist.
Diese Vorladeregelung bezieht sich nicht
nur auf die für Deutschland klassische
Transportart TKW, sondern gilt auch bei
Transporten im Kesselwagen und Tankschiff. „In Deutschland spielen Schiffe bei
der Bitumen-Logistik zwar keine große
Rolle, aber andere Länder exportieren zum
Teil große Mengen an Bitumen über Seeschiffe. Und da sind solche grundsätzlichen
Regelungen bzw. Informationen sehr hilfreich, um Unfälle zu vermeiden“, so Bernhard Krug, Sales & Operations Manager bei
BP Bitumen.
Zusätzlich steht ein Informationsmerkblatt
für den Transport von Bitumen UN 3257 zur
Verfügung. Die Anforderungen gem. ADR
(Regelwerk für Gefahrguttransporte) werden
darin übersichtlich dargestellt. Enthalten
sind unter anderem Angaben zur FahrzeugAusrüstung, den maximal zulässigen
Füllungsgrad und was beim Erstellen des
Beförderungspapiers beachtet werden sollte.
Dies kann ebenfalls über die ARBIT-Mitgliedsfirmen oder über die ARBIT selber bezogen werden.
PSA – Persönliche Schutzausrüstung
Neben diesen Hinweisen zur Beförderung
wurden auch von den Mitgliedsfirmen der
ARBIT-Informationsschreiben entwickelt. So
unter anderem ein Flyer „Warum die
Persönliche Schutzausrüstung so wichtig
ist!“ und eine Anweisung zur PSA. Anlass
hierzu war ein Arbeitsunfall auf einer
Mischanlage, bei dem ein Mitarbeiter
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Straße und Autobahn 8.2009
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Markt und Praxis
Beladung von Tank- und Kesselwagen und Tankschiffen mit Bitumen UN 3257 (Klasse 9, III)
Empfehlungen beim Sortenwechsel
Der Tank muss vor der Beladung mit heissem Bitumen in jedem Fall wasserfrei sein !
letztes Ladegut
(Vorladung)
Bitumen
weiche
Polymer-
Industrie- /
Oxidations-
Hart-
unverträgliche
Bitumen:
modifizierte
Emulsions-
bitumen
bitumen
Produkte 2
Pen ≥ 220
Bitumen 1
Bitumen
85/25 bis
bis
Sondersorten
120/15
70/100
z.B. 70/100 E
10/20
40/60
bis
50/70
30/45
neues Ladegut
160/220
Bitumen 10/20 bis 30/45
1
*
*
R
Bitumen 40/60 und 50/70 bis 70/100
1
*
*
R
nein
nein
R
nein
nein
R
nein
nein
R
nein
nein
R
nein
R
160/220
*
weiche Bitumen: Penetration ≥ 220
1)
nein
Polymermodifizierte Bitumen
Industrie- / Emulsions-Bitumen
Sondersorten z.B. 70/100E
nein
nein
Oxidationsbitumen 85/25 bis 120/15
1
Erläuterungen:
Hartbitumen
1
nein
1
nein
1
nein
R
Bei Entladungen sind Restmengen zu entleeren und der Auslaufstutzen zu säubern. Eine geringe Restmenge, z. B. an den Wänden, ist als unschädlich
anzusehen. Als Grenzen werden 1 bis 2 Gew.% genannt. Die verbleibende Menge kann über die Differenz zwischen der effektiven Tara und der amtlich
festgelegten Tara unter Berücksichtigung der vorhandenen Treibstoffmengen und gegebenenfalls weiterer Zuladungen oder auf andere geeignete Weise
abgeschätzt werden
*
1
nein
Wie bei , jedoch sind bei mehrfacher Vorfracht dieses Produktes anfallende Verkrustungen zu entfernen und der Auslaufstutzen zu reinigen. Sichtkontrolle
erforderlich.
Anweisungen des Herstellers beachten, ggfs. Rücksprache mit dem Hersteller erforderlich.
Nicht zulässig, erst zugelassene Sorte laden oder vollständig reinigen.
2
z.B. Bitumenemulsionen, Kaltbitumen, Fluxbitumen, gummimodifizierte Bitumen, Thermalöle, Fluxöl, Visbreaker-Vacuum-Rückstand, Heizöle,
Steinkohlenteerpech und Zubereitungen.
R
Vollständige Reinigung durch Fachfirma erforderlich.
!!!!!
Wenn an den Raffinerien Produktnamen als Vorladung genannt werden, deren Zuordnung nicht eindeutig möglich ist, sollten die TKW für die
Beladung abgelehnt werden
ARBIT
Ausgabe: 29.07.2008
ARBEITSGEMEINSCHAFT DER BITUMEN-INDUSTRIE e. V., Hamburg
Diese Ausgabe ersetzt alle früheren Versionen.
Telefon: 040 280 29 39
www.arbit.de
Bild 2: Die unbedingt einzuhaltende Vorladeregelung
schwerste Verbrennungen erlitt. „Das korrekte Tragen der kompletten PSA – Helm
mit Visier und Nackenschutz – ist unabdingbar und niemand, der mit diesem heißen Produkt in Berührung kommen könnte,
darf darauf verzichten. Vorfälle mit ungewollt ausgetretenem Bitumen können immer mal wieder passieren“, so die einhellige
Expertenmeinung. Das muss auch bei der
Verarbeitung, z. B. wenn Bitumenproben gezogen werden, beachtet werden.
Sicherheitsbegehungen anhand
eines Fragebogens
gehungen sowohl für Fahrer als auch für die
Betreiber der Mischanlage sehr hilfreich
(Bild 3). Sie bieten die Möglichkeit zur
Überprüfung, zum Informationsaustausch
und oftmals auch zu Veränderungen, die
eine Entladung und den Umgang mit dem
Produkt sicherer machen“, schildert
Ingeborg S c h r ö d e r .
Diese Unterlagen stehen gebündelt und
größtenteils als Download auf der Internetseite von BP Bitumen www.bpbitumen.de
zur Verfügung. Denn BP Bitumen verpflichtet sich zu Gesundheit, Sicherheit und Umweltschutz. Die Ziele sind: keine Unfälle,
keine Gesundheitsgefährdung und keine
Umweltschäden.
Bild 3: Sicherheitsbegehungen sind für
Fahrer als auch für den
Betreiber einer Mischanlage sehr hilfreich
Sicherheitsbegehungen anhand eines ARBITFragebogens ergänzen die Bestrebungen zu
mehr Bewusstsein und Sicherheit. Sie sind
eine Möglichkeit, den aktuellen Stand zu
prüfen. Im Fokus stehen dabei die Entladestelle und die Tankanlage sowie die TKWAnlieferung. Dabei werden verschiedenste
Punkte beleuchtet. So unter anderem die
Themen „Sichere und leicht erreichbare
Anlieferstelle“, „Verfahren und Ausrüstung
an der Anlieferstelle für eine sichere Belieferung“ und „Entladevorgang“. „Meiner
Erfahrung nach sind diese SicherheitsbeStraße und Autobahn 8.2009
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Markt und Praxis
DVD „Sicherheit zuerst“
Aus diesem Grund sind die wichtigsten
Bestandteile aus allen bisherigen Erfahrungen
und vorliegenden Informationen in eine
DVD mit dem Titel „Sicherheit zuerst“ eingeflossen (Bild 4). Diese DVD von BP Bitumen gibt ausführliche und praxisnahe
Hinweise für eine sichere Be- und Entladung des TKW. Sie geht darüber hinaus
auf gesetzliche Anforderungen ein. „Sicherheit zuerst hilft Gefährdungen zu erkennen
und Risiken zu vermeiden“, so Ingeborg
S c h r ö d e r . „Wir wollen damit einen Beitrag zur Risikominimierung und zur Vermeidung von Unfällen mit unserem heißen
Produkt leisten.“
Sandro K e n d a , Leiter des Bitumengeschäftes von BP, führt dazu aus: „Gezeigt werden
‚Best Practice’ Beispiele aus der Realität, die
Möglichkeiten zu Verbesserungen im Alltag
aufzeigen.“ Es ist eine Unterstützung aus
der Praxis für die Praxis. Denn die DVD
wurde erst durch die gute und enge Zusammenarbeit mit der Raffinerie Gelsenkirchen,
der Mischanlage eines Kunden und einem
Spediteur möglich. Mitarbeiter aller drei
Bereiche haben Ihre Praxiserfahrung ein-
Sicherheit zuerst wurde bisher vor allem zu
Schulungszwecken eingesetzt. Der große
Vorteil liegt in dem Medium „DVD“: bewegte Bilder sind attraktiver und bleiben
besser in Erinnerung als schriftliche Informationsblätter. Außerdem können einzelne
Kapitel gezielt ausgewählt werden. Details
können so vertieft werden. Beispielsweise
kann explizit das Kapitel zur Persönlichen
Schutzausrüstung PSA oder das Kapitel zum
Verhalten in Notfallsituationen in einer
Schulung gezeigt werden.
Ein Film über den sicheren Umgang mit heißem Bitumen
DVD & CD-ROM
Ingeborg S c h r ö d e r führt aus: „Es ist bekannt, dass der Umgang und die Lagerung
von heißem Bitumen relativ sicher ist.
Allerdings nur, wenn Risiken erkannt und
Maßnahmen für den sicheren Umgang
beachtet werden. Gut geschulte Mitarbeiter
und Fahrer sind dafür der erste Schritt!“
Sicherheit
zuerst
© Deutsche BP AG, BP Bitumen, 2008
www.bpbitumen.de
Bild 4: DVD für Schulungszwecke: Sicherer Umgang
mit heißem Bitumen
fließen lassen und standen als Akteure
selber vor der Kamera. Erreicht wurde damit
eine sehr realistische Darstellung.
Weitere Informationen:
Deutsche BP AG
Wittener Straße 45
D-44789 Bochum
www.bpbitumen.de
Asphalt auf der Basis von Gummimodifiziertem
Bitumen auf der Glashütter Landstraße in Hamburg
1 Einleitung
1.1 Veranlassung und Art des Ausbaues
Die im Norden Hamburgs gelegene Glashütter Landstraße ist eine historisch gewachsene
Landstraße. Sie verbindet den verkehrlich
bedeutenden tangential geführten äußeren
Straßenring (Ring 3) mit der Bundesstraße
B 432 nördlich der Landesgrenze in Schleswig-Holstein. Sie ist eine beidseitig mit
Baumreihen eingefasste Überlandstraße.
Der Oberbau der Glashütter Landstraße war
vor dem Ausbau für die aufzunehmende
Verkehrsbelastung unterdimensioniert; die
Tragfähigkeit des Untergrundes war außerdem zu gering. In Teilbereichen befand sich
bereits 40 cm unter Fahrbahnoberfläche
eine über 2 m mächtige Schicht aus Geschiebelehm. Da der gesamte Asphaltoberbau stark geschädigt war, musste der Aufbau erneuert und Teile des Untergrundes
ausgetauscht werden.
Die Verkehrsbelastung beträgt aktuell rund
13.000 Kfz/24 h mit einem Schwerverkehrsanteil von etwa 8 %. Nach den RStO und der
Hamburger Standardisierungsrichtlinie (ER
1) ist die Straße in die Bauklasse II einzustufen.
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Straße und Autobahn 8.2009
Der im Herbst 2008 erneuerte Straßenoberbau (Ausbaulänge etwa 1,6 km) besteht gemäß ER 1 und ZTV/St-Hmb.05/07 aus:
– 3,5 cm aufgehellter und in seinem Kornaufbau optimierter Splittmastixasphalt
SMA 8 Hmb,
– 8,5 cm hochstandfester Asphaltbinder
AC 16 B Hmb und
– 26 cm Asphalttragschicht AC 22 T Hmb.
Der SMA 8 Hmb enthält entsprechend der
ZTV/St-Hmb. standardgemäß 20 M.- %
Asphaltgranulat aus SMA-Deckschichten.
Bild 1: Potenzielle
Umweltentlastung bei
Mitverbrennung und
Recycling in Einwohnerdurchschnittswerten
(EDW)1 pro Tonne Alt
reifen [2]
Der Oberbau wurde auf einem Unterbau,
bestehend aus einer 20 cm dicken Schottertragschicht 0/45 aus natürlichen Gesteinskörnungen und einer 20 cm dicken Schicht
aus grobkörnigem Boden gemäß DIN 18196,
hergestellt. In Teilbereichen wurde der
Untergrund zur notwendigen weiteren Erhöhung der Tragfähigkeit mit einem Geotextil/Geogitter armiert.
Die Deckschicht aus Splittmastixasphalt SMA
8 Hmb unterteilt sich in zwei Untersuchungsabschnitte: 1000 m langer Abschnitt mit
Gummimodifiziertem Bitumen (GmB) Shell
EDW
0.2
0.0
– 0.2
– 0.4
– 0.6
Treibhauseffekt
Kumulierter Energieaufwand, fossil
Mineralische Resource: Eisenerz
Versauerungspotenzial
Eutrophierungspotenzial, terrestrisch
Eutrophierungspotenzial, aquatisch
1
Krebsrisiko (Humantoxizität)
Ein EWD entspricht der
Umweltbelastung, die
pro Jahr durch einen
Einwohner verursacht
wird
PM 10-Risiko (Humantoxizität)
Sommersmog (POCP)
Mitverbrennung
Recycling
– 0.8
– 1.0
– 1.2