Eugen Bleuler

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Eugen Bleuler
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guter Eugen Bleuler
Eugen Bleuler, Sohn eines Landwirtes, studierte nach dem Abitur in Zürich Medizin,
promovierte zum Dr. med. an der Universität
Bern und widmete sich fortan der Psychiatrie, vermutlich aufgrund der psychotischen
Erkrankung seiner Schwester. Zum Begründer der klinischen Neurologie und Psychiatrie Jean Martin Charcot unternahm er –
wie auch Sigmund Freud – eine Studienreise
nach Paris.
Zusammen mit Emil Kraepelin und Sigmund
Freud entwickelte er eine Systematik von Begriffen und Denkweisen in der allgemeinen
Medizin und vor allem in der Psychiatrie.
Von ihm stammt die erste umfassende Darstellung der Schizophrenie, die man fortan
auch als „Morbus Bleuler“ bezeichnete, bei
der er Gedanken Sigmund Freuds weiterführte.
Eugen Bleuler, * 30.04.1857 in Zollikon bei Zürich, + 15.07.1939 in Zollikon
Von Bleuler stammen die Begriffe „Autismus und Tiefenpsychologie“ (1911), die noch
heute Verwendung in den Psychotherapierichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses finden. Sie bezeichnen alle psychotherapeutischen Methoden, die sich mit der Analyse
unbewusster Vorgänge des Nervensystems befassen. Der bekannte Psychoanalytiker Carl
Gustav Jung war einer seiner wichtigsten Schüler.
Bleuler war der erste Ordinarius für Psychiatrie, der im Gegensatz zu Jaspers und Kraepelin die Psychoanalyse nicht nur kritisierte.
Obwohl er fest auf das naturwissenschaftliche Weltbild des 19. Jahrhunderts aufbaute,
ließ er doch Freuds Entdeckung des „Unbewussten“ als Deutungsgrundlage psychischer
Vorgänge gelten. Und er entwickelte eine
medizinische Psychologie und Pathophysiologie, mit der er eine systematische Ordnung
in die Krankheitsbeschreibungen der PsyDer Hausarzt 05/2016
chosen und Neurosen brachte.
Aber nicht nur die Psychiatrie, sondern auch
die Allgemeinmedizin hat Bleuler maßgeblich geprägt. Er beschrieb Krankheiten mit
historischer und pathophysiologischer Methode umfassend, sowohl subjektiv aus
Patientensicht als auch objektiv aus der Betrachtung des Wissenschaftlers. Auf dieser
Grundlage setzte er sich mit Ursachen und
Folgen des Alkoholgebrauches auseinander.
Er kritisierte die Förderung der Alkoholabhängigkeit durch die am Ende des 19. Jahrhunderts zahlreichen ärztlichen Verordnungen, die Alkohol enthielten.
„Nichtstun“ als Therapie
Eines von Bleulers wichtigsten Werken ist:
„Das autistisch-undisziplinierte Denken in
der Medizin und seine Überwindung“ (1919,
5. Neudruck: Springer, Berlin 1985, ISBN
978-3-540-03468-1). Es forderte für jede Therapie eine Evidenzbasis und bewirkte einen
Paradigmenwechsel in diese Richtung, wobei
er allerdings die Grenzen statistischer Wahrheitsfindung wesentlich kritischer gesehen
hat, als das in der heutigen Sicht der evidenzbasierten Medizin oft der Fall ist.
Zu einem der Väter der Allgemeinmedizin
wurde Bleuler, weil er lange vor Robert Niklas
Braun das „abwartende Offenlassen“ von
nicht sofort therapiebedürftigen Krankheitsverläufen propagierte. Scherzhaft nannte er
seine Methode „Udenotherapie“ (griechisch
„Nichtstun“). Polypragmasie verspottete er.
Prof. Klaus-Dieter Kossow
Quellen im Onlineartikel unter
www.derhausarzt.eu
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