Pragmatisches und theoriesynchrones\374
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Pragmatisches und theoriesynchrones\374
1 Pragmatisches und theorie-synchrones Vorgehen Übereinstimmung mit der Wirklichkeit Die hohe Wirksamkeit der Integrierten Lösungsorientierten Psychotherapie (ILP) resultiert daraus, dass dieses Psychotherapie-Modell so genau wie irgend möglich den Gesetzmäßigkeiten und Prozessen der Wirklichkeit folgt. Dabei berücksichtigt die ILP ebenso die äußere, also die uns umgebende Lebenswirklichkeit wie die innere, die psychische. Das erinnert an ein Fragment Heraklits, der vor etwa 2500 Jahren formuliert hat: Die Einsicht ist die größte Tugend, und Weisheit ist es ... gemäß der Natur zu handeln, indem man auf sie hört. Wie kann man diese Übereinstimmung erreichen? Wie kann man so auf die Natur der menschlichen Wirklichkeit hören, dass sie uns etwas über ihre verborgenen Wirkungsmechanismen verrät? Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine der ältesten und in den letzten Jahrzehnten wieder wertgeschätzten Methoden praktischer Erkenntnis-Gewinnung fragt: 1. Was funktioniert in der Praxis? und: Wie lässt sich das was funktioniert wiederholen? Diese Methode nutzen sowohl die Lösungsorientierte Kurztherapie, wie das NLP (Bandler). Verfolgt 1 man die Veröffentlichungen von De Shazer und seinen Mitarbeitern, so lässt sich über die Jahrzehnte hinweg beobachten, wie immer wieder neue Erkenntnisse zur lösungsorientierten Therapie gewonnen, bzw. wie frühere bestätigt werden. Dabei hat die Begeisterung De Shazers für das Prinzip, so einfach wie möglich zu bleiben, die Lösungsorientierte Kurztherapie davor bewahrt, ein Sammelsurium von Methoden zu werden. Ein anderer Zugang sind 2. Beobachtung und Intuition. Darin war Milton Erickson ein großer Meister. Er hat die Stärken und die Schwächen seiner Klienten als Material für ihre Therapie benützt. Sein Anspruch war, für jeden Klienten eine eigene Psychotherapie zu erfinden, maßgeschneidert auf dessen individuelle Persönlichkeit. Er hat die Klienten nicht von außen behandelt, sondern ist mit ihnen in ihre Welt hinein gegangen und hat sie mit ihren Waffen geschlagen, bzw. mit der Medizin geheilt, die sie in seine Praxis mitbrachten. Ein dritter Zugang ist 3. das (Landkarten-) Wissen der Psychographie (Prozessorientierte Persönlichkeitstypologie), eine neue Art von Theorie, die die äußere und innere Wirklichkeit des Menschen beschreibt, ähnlich wie das eine Landkarte mit der Landschaft tut. Das (3.) ist etwas irritierend, nicht nur für die Kollegen von der lösungsorientierten Zunft. Denn die Philosophie der neueren Psychotherapien ist der Pragmatismus (siehe 1.): Gut ist was funktioniert! oder: Wer heilt hat recht! Dabei erschienen ihnen die überlieferten psychotherapeutischen Theorien eher als hinder1 Steve de Shazer: Wege der erfolgreichen Kurztherapie, Stuttgart 1997 2 lich und einengend. Bandler verspottet sie als Psychotheologie. Doch nun sind sie selbst in der Gefahr, aus einer nützlichen Philosophie eine Ideologie zu machen und jede Art des Wissens abzulehnen. Es ist eine naive Selbsttäuschung zu glauben, man könne die äußere oder innere Wirklichkeit des Menschen völlig unvoreingenommen wahrnehmen. Schon Gadamer hat darauf hingewiesen, dass wir die Wirklichkeit mit Hilfe eines Vorwissens erkennen, dass jedoch die Erkenntnis auch das Vorwissen verändert: Man sieht (fast nur), was man weiß! und Wer mehr oder anderes weiß, der sieht mehr oder anderes! Die Integrierte Lösungsorientierte Psychologie ist pragmatisch (s.1.), intuitiv (s.2.) und wissend (s.3.). Sie nützt die Erfahrungen (pragmatisches Vorgehen) der lösungsorientierten Therapien, das, was an praktischen Verfahren in den letzten Jahrzehnten entwickelt und erprobt wurde. Sie hat das Beste davon übernommen, es methodisch weiter entwickelt und integriert. Doch sie weiß auch, dass bei all dem bewährten handwerklichen Können und bei aller Ähnlichkeit typspezifischer Probleme und ihrer Lösungswege, jeder Klient und jede therapeutische Situation einmalig ist. Und dass dieser Einmaligkeit nur durch Intuition und Kreativität entsprochen werden kann. Schließlich nützt sie ihr ‚Landkartenwissen‘ sowohl in der Planung von Therapie, in der Durchführung und in der Ergebniskontrolle. Darin liegt ein nicht zu unterschätzender Vorteil gegenüber TherapieSchulen, die meinen ohne ein derartiges Orientierungs-Wissen auskommen zu können. Was man nicht weiß, sieht man nicht (und kann man nicht) – und das bei bestem Gewissen! Die antitheoretischen Schulen vergessen eines: Jemand, der sich in einer Gegend nicht auskennt, merkt auch nicht, wenn er sich verläuft. Oder anders ausgedrückt: Unwissenheit führt zu Pfuscherei bei bestem Gewissen! So glauben viele Therapie-Schulen ziemlich unkritisch an ihre Methoden, überschätzen deren Wirksamkeit, schließen, da sie über kein objektives Wissen verfügen, von sich auf den Anderen und versuchen ihnen das beizubringen, was ihnen selbst gut tun würde. Das gibt ihnen das gute Gefühl, ihr Bestes gegeben zu haben. So sorgen sie dafür, dass ihre Therapien wenig wirksam, dafür aber um so länger sind. Das wiederum verbessert ihr Einkommen. Und für ihr gutes Gewissen sorgen ihre Verbände, Fachzeitschriften und nicht zuletzt die Psychotherapie-Gesetzgebung, die so tut als ob die Entwicklung der Psychotherapie um 1970 abgeschlossen sei. Die drei eigengesetzlichen Lebensbereiche Meine erste Entdeckung war, dass unsere äußere Lebenswirklichkeit nicht gleichförmig ist, sondern 2 verschiedenartig . Wir können drei unterschiedliche Lebensbereiche unterscheiden, die nach jeweils 2 Dissertation, 1976 3 eigenen Gesetzen funktionieren. Man kann das Leben vergleichen mit einem Spiel, das nach drei verschiedenen Spielregeln stattfindet. Bereich Beziehung: Systemische Kausalität (Yin-Yang-K.) Gegenwart – Fühlen – Du Energieform: Liebe .. Bereich Handeln: Ursache-Wirkungs-Kausalität Zukunft – Wollen – Wir Energieform: Kraft Bereich Erkennen/mentale Steuerungen: Zielkausalität Vergangenheit – Denken – Ich Energieform: Geist Die prozessorientierte Persönlichkeitstypologie Die zweite Entdeckung war, dass unsere Psyche spiegelbildlich auf die äußere Wirklichkeit hin organisiert ist. Da diese triadisch (drei-artig) ist, müssten wir auch triadisch denken, wenn wir der Wirklichkeit entsprechen wollen. Das ist uns jedoch nur bedingt möglich, weil unser logisches Denken dualistisch ist (ja-nein, entweder-oder, gut-böse, richtig-falsch...). Auch müsste unser Denken drei unterschiedliche Kausalitäten abbilden. Das gelingt am besten für den Bereich Handeln: folgerichtiges Denken (wenn-dann) + Kreativität. Es geht noch einigermaßen für den Bereich Erkennen: fragendes Denken + Intuition. Schwierig wird es für den Bereich Beziehung: Systemisches (Nicht-) Denken + Spontaneität. Beziehung Handeln Beziehungs-Ich Erkennen Wirklichkeit Handlungs-Ich + Erkenntnis-Ich Psyche = Ganzheit des menschlichen Lebens 4 In engem Zusammenhang zur triadischen Wirklichkeit stehen auch die drei Persönlichkeitstypen. Wir können annehmen, dass es frühe Spezialisierungen des Kindes sind (in den ersten drei Lebensjahren) auf je einen der drei Lebensbereiche, bzw. Lebensthemen: Beziehung, Erkennen und Handeln. Die prozessorientierte Persönlichkeitstypologie habe ich am Drama-Dreieck der Transaktionsanalyse (Retter, Opfer, Verfolger) entdeckt (ca. 1980). Jeder der drei Persönlichkeitstypen hat eine Lieblingsrolle (1.), eine Position, die er meidet (2.) und eine, in der er immer wieder ankommt (3.). Retter Verfolger Opfer 1. Lieblingsrolle: 2. vermeidet: 3. endet als: Retter Opfer-Rolle Verfolger Sachtyp: Opfer Verfolger-Rolle (Selbst-)Retter Handlungstyp: Verfolger Retter-Rolle Opfer Beziehungstyp: Dann habe ich die Rollen des Drama-Dreiecks durch die drei Ichs ersetzt, Beziehungs-Ich Handlungs-Ich Erkenntnis-Ich und die drei Stationen des Prozesses bezeichnet mit 1. Persönlichkeitsbereich, 2. Entwicklungsbereich (mit den Schlüsselfähigkeiten) und 3. Zielbereich. 1. Persönlichkeitsbereich: 2. Entwicklungsbereich: 3. Zielbereich (Schlüsselfähigkeiten) Beziehungstyp: Beziehungs-Ich Erkenntnis-Ich Handlungs-Ich Sachtyp: Erkenntnis-Ich Handlungs-Ich Beziehungs-Ich Handlungstyp: Handlungs-Ich Beziehungs-Ich Erkenntnis-Ich 5 Die Schlüsselfähigkeiten Die erste wichtige therapeutische Entdeckung war die Bedeutung der Schlüsselfähigkeiten. Wenn es gelang, die Klienten wieder dazu zu bringen, dass sie ihre Schlüsselfähigkeiten benützten, waren sie in der Lage ihre Probleme selbständig zu lösen. Nun kümmerte ich mich nicht mehr so wie bisher hauptsächlich um die Probleme der Klienten, sondern versuchte sie in ihre Schlüsselfähigkeiten zu bringen. Ohne etwas vom lösungsorientierten Vorgehen zu wissen, habe ich für mich um 1980 eine lösungsorientierte Methode entwickelt. Die therapeutische Fragestellung war: Wie bringe ich die Klienten aus ihrem Persönlichkeitsbereich in ihren Entwicklungsbereich, bzw. wie kann ich sie dazu bringen, dass sie nicht vom Persönlichkeitsbereich direkt in den Zielbereich gehen und dadurch Psycho-Spiele inszenieren? Beziehungstypen: Sachtypen: Handlungstypen: [BT 2] Retter-, [BT 3] Macht- und [BT 4] Traumspiele, [ST 5] Zuwendungs-, [ST 6] Opfer- und [ST 7] Verletzungsspiele, [HT 8] Identitäts-, [HT 9] Pflichterfüllungs- und [HT 1] Verfolgerspiele Die positive Alternative sind die typspezifischen Schlüsselfähigkeiten: Beziehungstyp (Gefühlsmensch/Herztyp) Denken (Sinne, Klären, Intuition, Gelassenheit, in seiner Mitte sein, Konzentration ...) Sachtyp (Denker/Kopftyp) Wollen (Ziele setzen, Entscheiden, Handeln, Verantwortung, Organisieren, Willenskraft ...) Handlungstyp (Macher/Bauchtyp) Fühlen (Liebe, Freude, Spaß, Wohlbefinden, Lust, Trauer, Mitgefühl, Spiel, Zuneigung ...) Der Schritt in die Schlüsselfähigkeiten wird unterstützt durch die typspezifischen Wertesysteme: Beziehungstyp Sachtyp = = erkenntnisgeleitetes Wertesystem erfolgsgeleitetes Wertesystem Handlungstyp = sympathiegeleitetes Wertesystem Beziehungstyp Die Schlüsselfähigkeiten = nächster Schritt in Pfeilrichtung. Gewinne: Lebensqualität und Handlungskompetenz, Persönlichkeitsentwicklung, + Wohlbefinden, Gesundheit Handlungstyp selbstbestimmtes Wollen, Wir, Zukunft + Liebe (Vertrauen) gegenwärtiges Fühlen in Beziehung-Sein, Du + Sachtyp positives Denken, Selbstbewusstsein Ich, Vergangenheit Mit Hilfe des Enneagramms kann der Schritt in die Schlüsselfähigkeiten noch genauer beschrieben werden. Die Regel ist: drei Schritte weiter im Uhrzeigersinn (siehe Pfeile). 6 Typ 9 Typ 8 Typ 1 Bauchtyp Handlungstyp Typ 7 Typ 6 Typ 2 Kopftyp Sachtyp Herztyp Beziehungstyp Typ 5 Typ 1: ethischer Unterstützer (Perfektionismus) Typ 2: begeisterungsfähiger Helfer (Retten) Typ 3: liebenswürdiger Gewinner (Konkurrieren) Typ 4: anspruchsvoller Romantiker (Träumen) Typ 5: gutmütiger Beobachter (Rückzug) Typ 6: loyaler Skeptiker (Grübeln) Typ 7: optimistischer Pragmatiker (Planen) Typ 8: fairer Kämpfer/Boss (Vorurteile) Typ 9: kameradschaftlicher Macher (Pflichterfüllung) Typ 3 Typ 4 Die Integrierte Lösungsorientierte Psychologie, ILP besteht aus drei TherapieFormen: Lösungsorientierte Kurztherapie Anerkennen, Normalisieren, das Gute des Schlechten, was funktioniert noch? Arbeit mit Zielen, Ausnahmen und Lösungsfilmen Systemisch-energetische Kurztherapie Paradoxe Interventionen, Dahinter-Bleiben, Überholen, Pacen Leid in Lösungsenergie verwandeln, Tit For Tat (das Positiv-Ähnliche) Tiefenpsychologische Veränderungen, NLP Einschränkende Reaktions-Muster und Programme aus der Kindheit stabil verändern Glaubenssätze (Grundeinstellungen), Erwartungshaltungen, Identitäten Dass die ILP aus drei Therapie-Formen besteht ist nicht zufällig, sondern hängt damit zusammen, dass unsere Wirklichkeit triadisch und die ILP dreidimensional ist. Diese drei Therapie-Formen wurden in den letzten Jahrzehnten parallel entwickelt. Schwerpunktmäßig steht Milton Erickson für die Systemischenergetische Kurztherapie, Richard Bandler für den tiefenpsychologischen Aspekt, die Veränderung der 3 frühkindlichen Programme und De Shazer für die Lösungsorientierte Kurztherapie. Und da alle von Erickson gelernt haben, finden sich sowohl im NLP, wie in der Lösungsorientierten Kurztherapie systemisch-energetische Ansätze. In der ILP wurden diese Therapie-Formen nicht nur integriert, sondern auch methodisch weiter entwickelt. 3 mit den Methoden des Fortgeschrittenen NLP 7 Beziehung Beziehungs-Ich SystemischenergetischeKurztherapie Handeln Erkennen Handlungs-Ich Tiefenpsychologisches NLP, mentale SteuerungsProgramme Erkenntnis-Ich Lösungsorientierte Kurztherapie Wirklichkeit + Psyche = Ganzheit des menschlichen Lebens + ILP Theorie Praxis Geschichte der Psychotherapie schrittweise Annäherung an die Wirklichkeit Die drei oder vier Generationen in der Psychotherapie können verstanden werden als eine schrittweise Annäherung an die Wirklichkeit. Die erste Generation benützte dazu besonders das Erkennen, die zweite Erkennen und Erleben, die dritte Erkennen, Erleben und Intuition und bei der vierten Generation (ILP) kommt noch das ‚Landkarten-Wissen’ dazu. 3. oder 4. Generation, Integrierte Lösungsorientierte Psychologie prozessorientiert, theorie-synchron, integrierend drei-zeit-dimensional, lösungsorientiert 3. Generation, Lösungsorientierte Kurztherapie, NLP experimentell, pragmatisch zukunftsbezogen, lösungsorientiert 2. Generation, Humanistische Psychologie, Gesprächs-, Gestalttherapie, TA erlebnisorientiert, analytisch gegenwartsbezogen, problemorientiert 1. Generation, Psychoanalyse erkenntnisorientiert, analytisch vergangenheitsbezogen, problemorientiert Drei oder vier Generationen in der Geschichte der Psychotherapie