Relevante Veränderungen in der Mortalität

Transcription

Relevante Veränderungen in der Mortalität
6
Relevante Veränderungen in der Mortalität
Prof. Dr. Philippe Maeder
ISA – Institut de Sciences Actuarielles,
Universität Lausanne
Auf der Grundlage historischer Sterbetafeln und der vom Bundesamt für
Statistik erstellten detaillierten jährlichen Sterblichkeitsstudien wird bei
der Sterblichkeitsentwicklung in der
Schweiz nach Geschlecht, Altersgruppen und Todesursachen unterschieden. Die Aufschlüsselung nach
Generationen und Todesursachen eignet sich anscheinend am besten,
um die fortlaufende Entwicklung der
Sterbewahrscheinlichkeiten zu analysieren und zu prognostizieren.
1 Vorwort
Die aktuelle und künftige Sterblichkeitsentwicklung ist Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher als auch politischer Diskussionen. In diesem Zusammenhang ist besonders die zunehmende Lebenserwartung der Rentner
von Interesse. Diese gefährdet das
finanzielle Gleichgewicht der Versicherungseinrichtungen, die ihren Versicherten sowohl auf dem Gebiet der
Sozialversicherung, der beruflichen
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
Vorsorge als auch der Privatversicherung Renten gewähren. Um sich
eine Vorstellung von der Zukunft
machen zu können, muss man die
Gegenwart gut kennen, die Sterblichkeitsentwicklung und ihre Mechanismen verstehen und in Bezug auf die
äusseren Ursachen, die diese Entwicklung beeinflussen können, stets
auf dem neuesten Stand sein. Pierre
Dac sagte dazu einmal scherzhaft, dass
Zukunft in Vorbereitung befindliche
Vergangenheit sei.
Im vorliegenden Artikel beschäftigen
wir uns nicht mit dem Problem, die
Zukunft vorauszusagen. Wir wollen
vielmehr die Sterblichkeitsentwicklung
in der Schweiz in der jüngsten Vergangenheit näher beleuchten, unter anderem durch einen Vergleich zwischen
Männern und Frauen. Indem wir die
Todesursachen genauer betrachten,
können wir untersuchen, ob der medizinische Fortschritt immer noch zu
einer Erhöhung der Lebenserwartung
beiträgt oder ob bei diesem Trend bereits heute Grenzen zu erkennen sind.
7
In der Schweiz ermöglichen die detaillierten Statistiken, die das Bundesamt
für Statistik (BFS) auf der Grundlage
einer von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgelegten konstanten
Kodierung erstellt, eine fundierte Analyse der Mortalität. Die WHO sammelt
die nationalen Statistiken und veröffentlicht Sterbetafeln für weltweit nahezu 200 Länder. Die Ergebnisse sowie
die Schlussfolgerung des vorliegenden
Berichts basieren im Wesentlichen auf
Dokumenten aus diesen beiden Quel-
len, deren genaue Referenzen in der
Bibliografie am Ende des Artikels angegeben sind.
2
Allgemeine Entwicklung
der Mortalität
Wie soll man die Sterblichkeitsentwicklung messen? Es lassen sich verschiedene Indikatoren festlegen, wobei
die Auswahl davon abhängt, welche
Frage man untersuchen möchte. Allgemein als guter Indikator für die
Sterblichkeitsentwicklung anerkannt
Lebenserwartung bei Geburt
Frauen
Männer
Jahre
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
1900
1920
1940
1960
1980
2000
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
8
Lebenserwartung im Alter 65
Frauen
Männer
Jahre
30
25
20
15
10
5
0
1900
1920
1940
ist die Lebenserwartung. Diese ist als
die durchschnittlich erwartete Anzahl
Jahre definiert, die ein Mensch ab einem bestimmten Altersjahr noch zu
leben hoffen kann. Dabei wird auch die
beobachtete Sterblichkeit bei Personen
berücksichtigt, die älter sind. Die
Lebenserwartung bei der Geburt ist ein
Messwert, der in den Sterbetafeln der
Schweizer Bevölkerung veröffentlicht
wird. Dazu findet man in Quelle [10]
eine Übersicht, die sich grafisch wie in
den vorangehenden Diagrammen darstellen lässt. Diese illustrieren zunächst
eine weithin bekannte Tatsache, dass
Frauen nämlich konstant eine höhere
Lebenserwartung haben als Männer. Im
Zeitverlauf stellt man zwischen 1920
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
1960
1980
2000
und 1940 eine deutliche Beschleunigung und danach eine gewisse Verlangsamung dieser Entwicklung während
der letzten Jahre fest. Betrachtet man
die Lebenserwartung der 65-Jährigen,
präsentiert sich das Bild eindeutig
etwas anders. Bei Personen im Rentenalter scheint die Lebenserwartung
immer stärker zuzunehmen. Dadurch
wird deutlich, dass die Mortalität nach
Alter bzw. Altersgruppen getrennt untersucht werden muss.
Was die Verringerung der Sterbewahrscheinlichkeiten angeht, so denken wir
stets zuerst an die Geburt und das erste
Lebensjahr. Hier waren die im Bereich
Hygiene und Medizin erzielten Fort-
9
schritte am augenfälligsten. Für das
20. Jahrhundert ergibt sich aus den fortlaufend veröffentlichten Sterbetafeln
für die Schweizer Bevölkerung folgende
Entwicklung (s. Tabelle).
Im Beobachtungszeitraum wurden die
Sterbewahrscheinlichkeiten praktisch
durch 20 geteilt. Das Verhältnis zwischen der Sterblichkeit der Männer und
jener der Frauen liegt jedoch erstaunlicherweise unverändert bei fast 130%1.
Die Tabelle enthält auch eine Schätzung zum jährlichen Rückgang der
Sterblichkeit in absoluten Zahlen. Der
stärkste Rückgang erfolgte zwischen
1920 und 1930. Danach ist während
des Zweiten Weltkriegs eine Verlangsamung zu beobachten, auf die nach
dem Krieg ein Anziehen der Verbes1 Gewöhnlich werden mehr männliche als weibliche
Babies geboren: Zwischen 1995 und 2002 betrug diese
Differenz 5 bis 6%. Erst ab einem Alter von knapp über
50 Jahren übersteigt die Zahl der Frauen wegen ihrer geringeren Sterblichkeit jene der Männer.
Sterblichkeit im ersten Lebensjahr
Wahrscheinlichkeit Tod
Jährliche Verbesserung
Tafel
Knaben
Mädchen
Knaben
1901 / 10
13,840%
11,258%
1910 / 11
12,831%
10,427%
– 0,202%
– 0,166%
123,1%
1920 / 21
19,051%
17,016%
– 0,378%
– 0,341%
129,0%
1921 / 30
16,665%
15,245%
– 0,477%
– 0,354%
127,1%
1929 / 32
15,619%
14,112%
– 0,209%
– 0,227%
136,6%
1933 / 37
15,242%
14,083%
– 0,084%
– 0,006%
128,4%
1939 / 44
14,696%
13,627%
– 0,091%
– 0,076%
129,5%
1948 / 53
13,591%
12,768%
– 0,116%
– 0,090%
129,7%
1958 / 63
12,448%
11,860%
– 0,114%
– 0,091%
131,6%
1960 / 70
12,116%
11,632%
– 0,074%
– 0,051%
129,7%
1968 / 73
11,689%
11,298%
– 0,078%
– 0,061%
130,2%
1978 / 83
10,949%
10,707%
– 0,074%
– 0,059%
134,1%
1988 / 93
10,754%
10,585%
– 0,019%
– 0,012%
128,9%
Mädchen
Knaben/Mäd.
122,9%
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
10
Im Zeitraum 1988/1993 (vgl. [13]) entspricht die Sterblichkeit der Neugeborenen jener der 55-jährigen Männer
bzw. 61-jährigen Frauen. 40 Jahre zuvor
(vgl. [11]) entsprach sie der Mortalität
66-jähriger Männer bzw. 67-jähriger
Frauen. Offensichtlich spielen heute
bei der Verbesserung der Sterblichkeitsentwicklung andere Faktoren eine
Rolle. Um dieses Phänomen besser zu
verstehen, betrachten wir die Todesursachen.
Betrachten wir bei den Männern zuerst
die Verteilung der Todesursachen von
1995 bis 2002 nach den folgenden
Hauptkategorien:
• Krebs und Tumoren (Kapitel II der
ICD-Kodierung, C00 – D48),
• Krankheiten des Kreislaufsystems
(Kapitel IX der ICD-Kodierung,
I00 – I99),
• Krankheiten des Atmungssystems
(Kapitel X der ICD-Kodierung,
J00 – J99),
• Äussere Ursachen (gewaltsamer Tod
und Unfalltod, Kapitel XX der
ICD-Kodierung, V01 – Y98),
• Andere Ursachen
(Total aller anderen Todesursachen).
3 Haupttodesursachen
Die Statistiken [6] bis [9] des BFS enthalten detaillierte Angaben zur Zahl der
nach der Internationalen Klassifikation
der Krankheiten (ICD) klassifizierten
Todesfälle. Diese Klassifikation wurde
im Laufe der Zeit modifiziert, doch der
1995 eingeführte Standard ICD-10
wurde seither nicht mehr abgeändert.
Vergleiche mit den Jahren vor 1995 sind
jedoch mit Vorsicht zu behandeln, da
die Klassifikation in bestimmten Punkten abweichen kann.
Die Häufigkeit der jeweiligen Todesursache hängt natürlich vom Alter der
Personen ab. Gleichwohl kann man
sagen, dass sich die Altersstruktur
im Beobachtungszeitraum, abgesehen
von einer leichten Erhöhung des
Durchschnittsalters, kaum verändert
hat. Man stellt fest, dass der Anteil
der Krankheiten des Kreislaufsystems
ab- und jener der Tumoren zunimmt.
Nachdem der Anteil der Krankheiten
des Atmungssystems bis 1999 leicht
stieg, scheint er danach zu schrumpfen.
serungsrate folgt. Die Kindersterblichkeit ging in den Jahren 1950 bis 1980
relativ konstant zurück und nahm danach stärker ab.
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
11
Todesursachen – Männer
왎 1995 왎 1996 왎 1997 왎 1998 왎 1999 왎 2000 왎 2001 왎 2002
Anteil
45%
40%
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
Kreislaufsystem
Tumoren
Todesursachen – Frauen
Atmungssystem
Äussere Ursachen
Andere Ursachen
왎 1995 왎 1996 왎 1997 왎 1998 왎 1999 왎 2000 왎 2001 왎 2002
Anteil
45%
40%
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
Kreislaufsystem
Tumoren
Atmungssystem
Äussere Ursachen
Andere Ursachen
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
12
Die auf äussere Ursachen zurückzuführenden Todesfälle waren im Untersuchungszeitraum relativ stabil. Lässt
sich bei den Frauen die gleiche Entwicklung beobachten?
Der Anteil der Todesfälle infolge einer
Krankheit des Kreislaufsystems nimmt
ebenfalls ab, bleibt aber höher als bei
den Männern (2002 mehr als 40% gegenüber 35% bei den Männern). Der
Anteil der Krebserkrankungen und Tumoren liegt stabil bei etwa 20% (dieser
Anteil betrug 2002 bei den Männern
28%). Wie bei den Männern scheinen
die Krankheiten des Atmungssystems
nach einem im Jahr 1999 erreichten
Höhepunkt zurückzugehen. Die Todesfälle auf Grund von äusseren Ursachen
schliesslich tendieren leicht nach oben.
Dieser Gesamtüberblick für sämtliche
Altersgruppen macht eine Interpretation nicht gerade einfach. Man muss die
Altersgruppen getrennt betrachten. Die
folgenden zwei Diagramme zeigen die
relative Bedeutung der verschiedenen
Todesursachen nach den verschiedenen Altersgruppen, wobei die Ursachen
wie folgt unterteilt werden (ICD-10Codes in Klammern):
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
• Infektiöse und parasitäre Krankheiten
(A00 – B99),
• Tumoren und Krankheiten des Blutes
(C00 – D48; D50 – D89),
• Endokrine-, Ernährungs- und Stoffwechsel-Krankheiten (E00 – E88),
• Psychische Krankheiten (F01 – F99),
• Krankheiten des Nervensystems,
des Auges und des Ohres
(G00 – G98; H00 – H57; H60 – H93),
• Krankheiten des Kreislaufsystems
(I00 – I99),
• Krankheiten des Atmungssystems
(J00 – J98),
• Krankheiten des Verdauungssystems
(K00 – K92),
• Krankheiten der Haut und des
Muskel-Skelett-Systems
(L00 – L98; M00 – M99),
• Äussere Ursachen (V01 – Y89),
• Andere Todesursachen (N00 – N98;
P00 – P96; Q00 – Q99; R00 – R99).
Die Kategorie «Andere Todesursachen»
umfasst Krankheiten des Urogenitalsystems, bestimmte Zustände, die ihren Ursprung in Krankheiten der Perinatalperiode haben, angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien, Senilität, den plötzlichen Tod mit unbekannter Ursache so-
13
Todesursachen nach Alter – Männer
Jahr 2000
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
<1
왎
왎
왎
왎
1– 4
5 – 14
Andere Todesursachen
Äussere Ursachen
Haut und Muskel-Skelett-System
Verdauungssystem
15 – 24
왎
왎
왎
왎
25– 34
35– 44
Altersgruppe
Atmungssystem
Kreislaufsystem
Nervensystem, Auge und Ohr
Psychische Krankheiten
45 – 54
55 – 64
65 – 74
> 75
왎 Endokrine-, Ernährungs- und Stoffwechsel-Krankheiten
왎 Tumoren und Krankheiten des Blutes
왎 Infektiöse und parasitäre Krankheiten
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
14
Todesursachen nach Alter – Frauen
Jahr 2000
100%
190%
180%
170%
160%
150%
140%
130%
120%
110%
110%
<1
왎
왎
왎
왎
1– 4
5 – 14
15 – 24
Andere Todesursachen
Äussere Ursachen
Haut und Muskel-Skelett-System
Verdauungssystem
왎
왎
왎
왎
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
25– 34
35– 44
Altersgruppe
45 – 54
Atmungssystem
Kreislaufsystem
Nervensystem, Auge und Ohr
Psychische Krankheiten
55 – 64
65 – 74
> 75
왎 Endokrine-, Ernährungs- und Stoffwechsel-Krankheiten
왎 Tumoren und Krankheiten des Blutes
왎 Infektiöse und parasitäre Krankheiten
15
wie Symptome und abnorme klinische
und Laborbefunde, die andernorts nicht
klassifiziert sind. Es überrascht nicht,
dass solchen Todesursachen meistens
Säuglinge zum Opfer fallen. Zu den
äusseren Ursachen gehören vor allem
Unfälle. Diese kommen in der Altersgruppe zwischen 15 und 34 Jahren relativ häufig vor. Krebs- und Kreislauferkrankungen schliesslich sind die
Haupttodesursache in der Altersgruppe
der 55- bis 64-Jährigen.
22,4% der Todesfälle bei Männern waren 1970 auf Tumoren zurückzuführen,
1980 waren es 25,6% und im Jahr 2000
29,1%. Das Diagramm auf Seite 13
zeigt, dass sich diese Entwicklung zumindest teilweise mit dem steigenden
Durchschnittsalter der Bevölkerung erklären lässt. Bei den äusseren Todesursachen wirkt sich die Bevölkerungsalterung hingegen umgekehrt aus:
1970 starben 8,7% der Männer an äusseren Ursachen, 1980 waren es 8,1%
und im Jahr 2000 7,8%.
Bei den Frauen lässt sich für dasselbe
Jahr folgendes beobachten: Im Grossen
und Ganzen sind die Tendenzen gleich,
doch unterscheiden sich die Relationen
etwas von jenen der Männer. Untersucht man beispielsweise die Kategorien Tumoren und äussere Todesursachen sowie deren Schwankungen im
Zeitverlauf, so ist zu beobachten, dass
1970 18,6% der Todesfälle von Frauen
auf Tumoren zurückzuführen waren,
1980 waren es 20,5% und im Jahr 2000
22,7%. Was die äusseren Todesursachen betrifft, so machten sie bei den
Frauen 1970 und 1980 jeweils 5,6%
und im Jahr 2000 4,3% aus.
Ein Vergleich der Todesursachen für die
Gesamtheit einer Bevölkerung in verschiedenen Zeiträumen, die mehrere
Jahre oder gar Jahrzehnte auseinander
liegen, ist nur sinnvoll, wenn der Effekt
der Veränderung der Altersstruktur
der Bevölkerung ausgeschaltet werden
kann. Ansonsten führt dieser Faktor zu
Schwankungen, die als solche schwer
zu quantifizieren sind. In einem so kurzen Zeitraum wie 1995 – 2002 ist hingegen davon auszugehen, dass die
Bevölkerungsalterung keinen nennenswerten Einfluss hat und dass die be-
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
16
Sterbewahrscheinlichkeiten pro Ursache – Männer
Todesursache
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
Infektiöse und parasitäre Krankheiten 0,021%
1995
0,016%
0,014%
0,011%
0,010%
0,010%
0,011%
0,009%
Tumoren und Krankheiten des Blutes
0,252%
0,252%
0,247%
0,251%
0,248%
0,251%
0,260%
0,251%
Endokrine- und Stoffwechsel-Krankh. 0,023%
0,027%
0,021%
0,023%
0,022%
0,021%
0,022%
0,023%
Psychische Krankheiten
0,031%
0,030%
0,027%
0,027%
0,025%
0,026%
0,027%
0,030%
Nervensystem, Auge und Ohr
0,026%
0,026%
0,025%
0,027%
0,027%
0,028%
0,029%
0,030%
Kreislaufsystem
0,351%
0,335%
0,339%
0,333%
0,321%
0,312%
0,313%
0,303%
Atmungssystem
0,063%
0,060%
0,069%
0,069%
0,072%
0,069%
0,058%
0,062%
Verdauungssystem
0,032%
0,030%
0,032%
0,031%
0,031%
0,032%
0,033%
0,035%
Haut und Muskel-Skelett-System
0,005%
0,004%
0,004%
0,005%
0,005%
0,004%
0,005%
0,006%
Äussere Ursachen
0,071%
0,066%
0,066%
0,066%
0,062%
0,067%
0,067%
0,065%
Andere Todesursachen
0,045%
0,046%
0,043%
0,048%
0,045%
0,043%
0,043%
0,050%
Alle Ursachen
0,920%
0,891%
0,886%
0,890%
0,868%
0,862%
0,869%
0,865%
Sterbewahrscheinlichkeiten pro Ursache – Frauen
Todesursache
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
Infektiöse und parasitäre Krankheiten 0,011%
1995
0,010%
0,010%
0,008%
0,009%
0,010%
0,008%
0,008%
Tumoren und Krankheiten des Blutes
0,202%
0,196%
0,198%
0,192%
0,190%
0,198%
0,197%
0,201%
Endokrine- und Stoffwechsel-Krankh. 0,034%
0,038%
0,032%
0,031%
0,030%
0,029%
0,030%
0,030%
Psychische Krankheiten
0,042%
0,040%
0,040%
0,039%
0,040%
0,038%
0,044%
0,048%
Nervensystem, Auge und Ohr
0,033%
0,034%
0,033%
0,036%
0,038%
0,036%
0,042%
0,045%
Kreislaufsystem
0,392%
0,392%
0,393%
0,380%
0,387%
0,377%
0,371%
0,370%
Atmungssystem
0,045%
0,047%
0,057%
0,059%
0,060%
0,060%
0,048%
0,053%
Verdauungssystem
0,031%
0,033%
0,033%
0,033%
0,034%
0,035%
0,035%
0,032%
Haut und Muskel-Skelett-System
0,010%
0,011%
0,010%
0,011%
0,011%
0,010%
0,011%
0,012%
Äussere Ursachen
0,038%
0,038%
0,036%
0,035%
0,035%
0,037%
0,038%
0,040%
Andere Todesursachen
0,043%
0,041%
0,044%
0,042%
0,041%
0,043%
0,045%
0,051%
Alle Ursachen
0,882%
0,881%
0,888%
0,866%
0,876%
0,873%
0,870%
0,890%
obachteten Tendenzen Folge anderer
Ursachen – aus dem medizinischen,
wirtschaftlichen und sozialen Bereich –
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
sind. In diesen acht Jahren haben sich
die Sterbewahrscheinlichkeiten der Männer, wie oben dargestellt, entwickelt.
17
• Die infektiösen und parasitären
Krankheiten mit tödlichem Ausgang
sind deutlich rückläufig.
• Dies gilt auch für die Todesursache
Kreislauferkrankungen.
• Störungen des Verdauungssystems
scheinen als Todesursache etwas zuzunehmen.
• Äussere Ursachen (Unfälle, gewaltsame Todesfälle) treten immer seltener
auf.
• Die Sterblichkeit geht insgesamt zurück, was der ersten Vermutung entspricht.
Die Tabelle der Frauen zeigt eine relativ
parallele Entwicklung, allerdings nicht
in allen Bereichen:
• Auch hier sind die infektiösen und
parasitären Krankheiten mit tödlichem Ausgang rückläufig.
• Dies gilt auch für Todesfälle infolge
von Kreislauferkrankungen.
• In den letzten Jahren scheint sich
für Todesfälle auf Grund von psychischen Krankheiten, Störungen des
Nervensystems und anderer Ursachen eine Tendenz nach oben abzuzeichnen.
Sterbewahr- Sterblichkeit durch AIDS
scheinlichkeit
Männer
Frauen
0,018%
0,016%
0,014%
0,012%
0,010%
0,008%
0,006%
0,004%
0,002%
0,000%
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
18
• Die Häufigkeit anderer Ursachen
(Unfälle, gewaltsame Todesfälle) ist
stabil.
• Die Sterblichkeit scheint insgesamt
abzunehmen, wobei das Jahr 2002
wohl eine Ausnahme bildet. Dies
kann eine Zufallsabweichung sein (es
gibt «gute» und «schlechte» Jahre),
was sich allerdings nur anhand der
nachfolgenden Statistiken verifizieren lässt.
4 Einzelne Todesursachen
Da die einzelnen Kategorien der
Todesursachen der WHO verschiedene
Krankheiten umfassen, lohnt es sich, einige von ihnen genauer anzuschauen.
Dadurch lassen sich bestimmte zuvor
erwähnte Schwankungen erklären.
Betrachten wir zunächst – vor allem
aus historischen Gründen – die Tuberkulose (ICD-10-Codes A15 – A17, A19).
Während diese Krankheit im Zweiten
Weltkrieg jährlich fast 3400 Todesfälle
verursachte (vgl. [2] ), wurde sie durch
die Einführung chemotherapeutischer
Behandlungsmethoden inzwischen zu
einer Todesursache von geringer Bedeutung. 1995 wurden 46 Todesfälle
auf Grund von Tuberkulose erfasst und
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
nachdem die Sterblichkeit auf Grund
dieser Krankheit weiter kontinuierlich
und markant abgenommen hat, wurden
2002 nur noch 24 Fälle registriert.
Unter die infektiösen und parasitären
Krankheiten fällt auch AIDS (ICD-10
B20–B24). Das Diagramm auf Seite 17
verdeutlicht die erfreuliche Entwicklung, die die Sterblichkeit auf Grund
dieser Erkrankung in den letzten Jahren
verzeichnete.
Unter den Krebsen haben wir folgende
Subkategorien separat analysiert:
• Dickdarm und Rektum
(ICD-10 C18 – C21),
• Trachea, Bronchien und Lunge
(ICD-10 C33 – C34),
• Brust (ICD-10 C50),
• Prostata (ICD-10 C61).
Bei den Männern ist keine signifikante
Entwicklung der Sterbewahrscheinlichkeiten zu erkennen.
Dies gilt nicht für die Frauen. Hier sind
die Dickdarm-, Rektum- und Analkarzinome leicht rückläufig, während
das Risiko, an Trachea-, Bronchienoder Lungenkrebs zu sterben, 2002 un-
19
Sterblichkeit durch besondere Krebsarten – Männer
Tumoren im Dickdarm
und Rektum.
Trachea-, Bronchienund Lungenkrebs.
Prostatakrebs.
Sterbewahrscheinlichkeit
0,08%
0,07%
0,06%
0,05%
0,04%
0,03%
0,02%
0,01%
0,00%
1995
1996
1997
1998
1999
2000
Sterblichkeit durch besondere Krebsarten – Frauen
2001
2002
Tumoren im Dickdarm
und Rektum.
Trachea-, Bronchienund Lungenkrebs.
Brustkrebs.
Sterbewahrscheinlichkeit
0,08%
0,07%
0,06%
0,05%
0,04%
0,03%
0,02%
0,01%
0,00%
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
20
Männer
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
Alkoholismus, Drogen
0,014%
0,013%
0,011%
0,010%
0,009%
0,010%
0,010%
0,010%
Alzheimer-Krankheit
0,007%
0,007%
0,007%
0,008%
0,008%
0,009%
0,010%
0,011%
Arteriosklerose
0,013%
0,010%
0,008%
0,010%
0,011%
0,009%
0,010%
0,010%
Frauen
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
Alkoholismus, Drogen
0,004%
0,003%
0,003%
0,003%
0,003%
0,003%
0,003%
0,003%
Alzheimer-Krankheit
0,014%
0,015%
0,015%
0,017%
0,019%
0,019%
0,023%
0,025%
Arteriosklerose
0,018%
0,017%
0,016%
0,014%
0,016%
0,014%
0,014%
0,013%
verändert blieb. Eine leichte Zunahme
des Anteils der Raucherinnen spielt bei
dieser Entwicklung sicherlich eine
Rolle. In absoluten Zahlen entsprach
2002 die Häufigkeit der Todesfälle bei
den Frauen auf Grund dieser Ursache
38% dieses Werts bei den Männern,
während sie 1995 lediglich 29% betrug.
Beim Brustkrebs ging die Todesfallhäufigkeit bis 1999 kontinuierlich zurück, scheint aber seitdem wieder leicht
zu steigen. Diese Entwicklung muss von
den folgenden Statistiken aber erst
noch bestätigt werden.
Die oben stehende Tabelle zeigt die
Sterberate für drei Kategorien von
Todesursachen. Zwischen diesen Kategorien lassen sich kaum Beziehungen
erkennen, ausser dass sie eine relativ
ähnliche Häufigkeit aufweisen. Dabei
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
handelt es sich um folgende Todesursachen:
• Alkoholismus und Drogenabhängigkeit (ICD-10 F10–F19),
• Alzheimer-Krankheit (ICD-10 G30),
• Arteriosklerose (ICD-10 I70).
Die Gesamtmortalität auf Grund dieser drei Todesursachen blieb während
des Untersuchungszeitraums praktisch
konstant, wobei die Abnahme der
Todesfälle wegen Alkoholismus und
Drogenabhängigkeit (vor allem bei den
Männern) durch einen Anstieg der
Todesfälle infolge der Alzheimer-Krankheit kompensiert wurde. Diese drei
Todesursachen entwickeln sich innerhalb der verschiedenen Altersgruppen
allerdings unterschiedlich.
21
Die Krankheiten des Kreislaufsystems
(ICD-10 I20 – I51) stellen bei Männern
wie Frauen eine bedeutende Todesursache dar. Die Sterberate hat sich bei
beiden Geschlechtern verbessert, wobei jene der Männer leicht unter jener
der Frauen bleibt.
Betrachten wir nun noch im Bereich
gewaltsame Todesfälle die Entwicklung
folgender Ursachen:
• Verkehrsunfälle (ICD-10 V01 – V99),
• Stürze (ICD-10 W00 – W19),
• Suizide (ICD-10 X60 – X84).
In der ersten Kategorie werden Unfälle
erfasst, die als Fahrer bzw. Insasse
eines Fahrzeugs sowie als Fussgänger
erlitten werden. Die zwei Diagramme
auf Seite 23 zeigen, dass die Häufigkeit
der Todesfälle infolge solcher Unfälle
sowohl bei den Männern als auch bei
den Frauen erfreulicherweise abnimmt.
Die Sterberate der Männer ist aber nach
wie vor praktisch dreimal so hoch wie
jene der Frauen. Die Häufigkeit der
Todesfälle infolge von Stürzen ist bei
den Männern stabil geblieben, bei den
Frauen tendiert sie dagegen nach oben.
Inzwischen liegt sie bei beiden Geschlechtern über der Mortalität wegen
Sterbewahr- Sterblichkeit infolge Herzkrankheiten
scheinlichkeit
Männer
Frauen
0,35%
0,30%
0,25%
0,20%
0,15%
0,10%
0,05%
0,00%
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
22
Verkehrsunfällen, was man wahrscheinlich nicht ohne Weiteres vermuten würde. Bezüglich der Selbstmorde
ist die Häufigkeit im Untersuchungszeitraum relativ stabil geblieben. Ab
1999 lässt sich bei den Frauen aber
eine Tendenz nach oben feststellen. Bei
den Männern liegt die Häufigkeit mehr
als doppelt so hoch als bei den Frauen.
Bei beiden Geschlechtern nimmt die
Wahrscheinlichkeit mit dem Alter zu. In
der Altersgruppe der über 75-Jährigen
ist sie am höchsten.
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
Abschliessend sei noch angemerkt,
dass Morde bei beiden Geschlechtern
mit einer Häufigkeit von rund 1 Fall
je 100 000 Einwohner auftreten, ohne
dass sich im Zeitraum zwischen 1995
und 2002 eine ausgeprägte Tendenz
feststellen lässt.
23
Gewaltsame Todesfälle – Männer
Verkehrsunfälle
Sterbewahrscheinlichkeit
Stürze
Selbstmorde
0,040%
0,035%
0,030%
0,025%
0,020%
0,015%
0,010%
0,005%
0,000%
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
Gewaltsame Todesfälle – Frauen
Verkehrsunfälle
Sterbewahrscheinlichkeit
Stürze
Selbstmorde
0,040%
0,035%
0,030%
0,025%
0,020%
0,015%
0,010%
0,005%
0,000%
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
24
5 Geografische Betrachtungen
Die dargestellten Entwicklungen (S. 23)
beziehen sich auf die Schweiz. Stellt
sich nun also die Frage, inwieweit sie
auch über die Schweiz hinaus Gültigkeit haben. In der WHO-Datenbank
(www.who.int) findet man ähnliche
Statistiken für viele andere Länder.
Um auch hier einige Anhaltspunkte zu
liefern, haben wir die Verteilung der
Todesursachen in der Schweiz im Jahr
2000 mit jenen in Frankreich (2000),
Deutschland (2001) und den USA
(2000) verglichen. Um den Einfluss der
Altersstruktur der Bevölkerung so weit
wie möglich einzuschränken, geben wir
die Vergleichsdiagramme (Seite 25) für
zwei männliche Altersgruppen wieder:
die Altersgruppe der 25- bis 34- bzw.
der 65- bis 74-Jährigen.
Für die erste Altersgruppe ist festzuhalten, dass die Gesamtmortalität der
Bevölkerung in der Schweiz niedriger
ist als in den anderen Ländern. Besonders interessant ist dabei, dass die
einzelnen Todesursachen je nach Land
ziemlich unterschiedlich ins Gewicht
fallen.
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
Die Bedeutung der äusseren Ursachen
und der Tumoren ist im Falle Frankreichs besonders auffällig. Demgegenüber sind dort die Krankheiten des
Kreislaufsystems weniger häufig. Bei
den 65- bis 74-jährigen Männern ändert sich sowohl die Rangfolge der
Länder als auch die relative Bedeutung
der Todesursachen.
In Deutschland ist der auf Krankheiten
des Kreislaufsystems entfallende Anteil erstaunlich hoch. Im Hinblick auf
Krebserkrankungen weist das Land
aber eine ähnliche Sterblichkeit auf wie
die Schweiz.
Die Diagramme für die Frauen fallen
sehr ähnlich aus. Aus Platzgründen
wurde darauf verzichtet, sie an dieser
Stelle einzufügen. Wir möchten an dieser Stelle jedoch auch auf die Untersuchungen hinweisen, die innerhalb
der Schweiz in verschiedenen Regionen
durchgeführt wurden. Die Gesamtergebnisse dieser Untersuchungen bestätigen nicht alle Hypothesen, die zu diesem Thema geäussert wurden. So erwähnt der Bericht des BFS für die Jahre
2001 und 2002 ( [9] ) kantonale Unterschiede «in der Grössenordnung von
25
Sterblichkeitsursachen-Statistik
Sterbewahrscheinlichkeit
Sterbewahrscheinlichkeit
Männer (35 – 44 Jahre alt)
0,30%
3,0%
0,25%
2,5%
0,20%
2,0%
0,15%
1,5%
0,10%
1,0%
0,05%
0,5%
0,00%
0,0%
CH
왎
왎
왎
왎
Männer (65 – 74 Jahre alt)
D
F
Andere Todesursachen
Äussere Ursachen
Haut und Muskel-Skelett-System
Verdauungssystem
USA
왎
왎
왎
왎
CH
Atmungssystem
Kreislaufsystem
Nervensystem, Auge und Ohr
Psychische Krankheiten
bis zu 10% über oder unter dem
schweizerischen Mittel». Die Kantone
Freiburg, Basel-Stadt, Glarus, Jura,
Wallis und Neuenburg weisen für die
Jahre 1999 bis 2002 eine mittlere
Sterberate auf, die um mehr als 5%
D
F
USA
왎 Endokrine-, Ernährungs- und Stoffwechsel-Krankheiten
왎 Tumoren und Krankheiten des Blutes
왎 Infektiöse und parasitäre Krankheiten
über dem nationalen Durchschnitt liegt.
Dagegen liegt die Sterblichkeit in den
Kantonen Genf, Tessin, Basel-Landschaft und Nidwalden um mehr als 5%
unter dem Schweizer Durchschnitt.
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
26
Die Ergebnisse verdeutlichen bestimmte Faktoren, die bisher noch nicht erwähnt wurden:
• Kantone und Länder sind keine
geschlossenen Räume, bestimmte
Migrationsbewegungen beeinflussen
deshalb die Ergebnisse. So sterben
z. B. manche Ausländer in ihrem Herkunftsland und werden somit in der
schweizerischen Statistik nicht erfasst. Dies gilt besonders für Genf.
• Erwerbstätige bevorzugen gewöhnlich einen Wohnsitz in der Stadt,
nahe bei ihrem Arbeitsplatz, während
Rentner häufiger die Ruhe auf dem
Land suchen. Dies führt zu einer
Verschiebung in der Alterspyramide.
Das gilt besonders für die beiden
Basler Halbkantone: In Basel-Stadt
liegt das Durchschnittsalter unter
jenem von Basel-Land. So kommt es,
dass in einer Gegend mit höherer
Lebensqualität die Gesamtmortalität
trotzdem höher ist.
Eine weitere BFS-Publikation ( [1]) thematisiert die unterschiedliche Lebenserwartung im Vergleich zum Schweizer
Durchschnitt, und zwar im Hinblick auf
die Gesamtsterblichkeit für die einzelnen Kantone. Diese Statistik eliminiert
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
jegliche Verzerrungen, die durch Unterschiede im Durchschnittsalter entstehen könnten. Die Kantone mit der niedrigsten Sterblichkeit der Männer sind
Obwalden, Uri, Zug und das Tessin.
Am kürzesten ist die durchschnittliche
Lebenserwartung der Männer in Freiburg, im Wallis, in Basel-Stadt und im
Jura. Im Hinblick auf die Frauen ist die
Situation nicht identisch, aber dennoch
relativ ähnlich.
Wie erklären sich diese Unterschiede?
Es gibt Kantone, in denen deutlich
weniger an Krebs gestorben wird, z. B.
Appenzell, Zug, Uri und Obwalden.
Hingegen verläuft diese Art von
Krankheit in anderen Kantonen wie in
Freiburg, im Jura oder in Basel-Stadt
häufiger tödlich. Die gewaltsamen
Todesfälle (insbesondere die Unfälle)
kommen in Freiburg, im Wallis oder in
Graubünden deutlich häufiger vor als
in den Kantonen Tessin, Basel und Zug.
Die zuvor zitierte Publikation enthält
noch viele weitere Ergebnisse, auf die
der an diesen kantonalen Unterschieden interessierte Leser an dieser Stelle
hingewiesen wird.
27
6 Einige Schlussfolgerungen
Die Mortalität war schon immer
Gegenstand einer Vielzahl von Veröffentlichungen und Statistiken. Selbstverständlich hat jeder Mensch seine
eigene Sterblichkeit. Es wurden aber
bereits vor längerer Zeit Merkmale wie
Geschlecht und Alter identifiziert,
anhand derer sich die Sterbewahrscheinlichkeit hinreichend genau bestimmen lässt, um relativ homogene
Risikogruppen bilden zu können. Die
Vergleiche in unserer Untersuchung
verdeutlichen den Einfluss eines Landes, als Einheit mit einem eigenen
Pflegesystem, bzw. eines Kantons im
Zusammenhang mit den unterschiedlichen Risiken, die das Land bzw. den
Kanton jeweils charakterisieren. Bestimmte Autoren haben weitere Kriterien untersucht, wie das Bildungsniveau, die Entfernung zwischen Wohnsitz und einer Autobahn usw. (vgl. insbesondere [5] über den Kanton Aargau). Einige dieser Kriterien liefern
letztlich die gleichen Informationen.
Mithilfe der statistischen Analyse (Diskriminanzanalyse) sollen die signifikantesten Kriterien eruiert werden. So korrelieren beispielsweise Bildungsniveau
und erreichte Abschlüsse stark mit dem
Beruf, dem Lebensstil und der Art des
Wohnortes. Die Berücksichtigung des
signifikantesten Kriteriums kann Zusatzinformationen liefern, die ansonsten durch ein anderes nebensächliches
Kriterium von geringer Aussagekraft geliefert würde.
Sobald ein klar umrissener Rahmen mit
einem festen Zeitraum für die Untersuchung feststeht, kann die Mortalitätsentwicklung im Zeitverlauf für die
zuvor festgelegten Risikokategorien
untersucht werden. So sind auch wir
vorgegangen, wobei wir uns auf die
Statistiken der homogen klassifizierten
Todesursachen (ICD-10 der WHO) im
Zeitraum 1995 – 2002 stützten. Auf den
ersten Blick könnte man meinen, dass
bei einem so kurzen Zeitraum kaum
aussagekräftige Veränderungen zu beobachten sind. Dies ist aber nicht der
Fall: Die Untersuchung der einzelnen
Todesursachen lässt sowohl Verbesserungen als auch teilweise Verschlechterungen erkennen. Die Feststellung dieser Unterschiede ist ein erster Schritt,
sie zu erklären. Ein zweiter würde die
Zielsetzung des vorliegenden Artikels
sprengen.
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
28
In einer weiteren Studie könnte man
Sterblichkeitsprojektionen für die Zukunft erstellen. Zahlreiche Autoren
haben versucht, die Mortalität nach
Ursachen in Modellen zu erfassen, um
sie dann unter Berücksichtigung des
medizinischen Fortschritts und der völligen oder teilweisen Ausklammerung
bestimmter Krankheiten (z.B. Tuberkulose) aus der Liste der signifikanten
Todesursachen in die Zukunft hochzurechnen. Diese Modelle, mit denen gelegentlich versucht wird, die maximal
mögliche Verbesserung der Sterblichkeit zu definieren, kranken manchmal
daran, dass das Verschwinden einer
Todesursache häufig dazu beiträgt,
dass eine andere an Bedeutung gewinnt: Sterben z. B. weniger junge
Menschen mit 26 Jahren an Tuberkulose (Anfang des 20. Jahrhunderts war
dies das riskanteste Alter), so sind sie
in den folgenden Jahren häufiger
Risiken wie Krebserkrankungen oder
Unfällen aller Art ausgesetzt, die ebenfalls viele Opfer fordern.
Bei der Analyse der Sterblichkeit handelt es sich ebenso um eine Kunst wie
um eine Wissenschaft: Versucht man
die Risiken allzu klar voneinander abzu-
ASA SVV Alter und Lebensversicherung
grenzen, z.B. die Todesfälle nach Ursache, Alter, Geschlecht und Kanton
zu analysieren, stösst man auf das
Problem einer allzu grossen Streuung
der Daten. Das führt dazu, dass die untersuchten Gruppen zu klein sind, um
noch statistisch signifikant zu sein.
Untersucht man hingegen relativ breit
gefasste Kategorien und verfeinert
dann diejenigen, in denen man Veränderungen feststellt, lassen sich
selbst für relativ kurze Zeiträume interessante Veränderungen der Mortalität
herausarbeiten. Aus diesen Ergebnissen kann man unter Umständen
Schlussfolgerungen im Hinblick auf Unfallverhütung, Spital- und Gesundheitspolitik sowie wissenschaftliche Forschung ableiten. Die jüngsten Analysen
des BFS haben gezeigt, dass sich für
eine solche Untersuchung primär eine
Analyse der Mortalität der Bevölkerung
nach Generationen (Geburtsjahr) anbietet, und zwar zeitlich als Längs- und
nicht als Querschnitt (vgl. [3] ). Eine
Kohorte von Einzelpersonen, die mit besonderen Umständen wie bewaffneten
Konflikten oder Epidemien konfrontiert
ist, weist in der Folge bei der Mortalität
der Überlebenden ein besonderes
Risikoprofil auf. Eine Untersuchung der
29
Todesursachen nach Generationen
(statt nach Jahren und Altersgruppen)
dürfte sehr aufschlussreich sein. Auch
wenn die praktische Umsetzung einer
solchen Statistik derzeit noch an diversen Schwierigkeiten scheitert (z.B. der
Modifikation der Krankheitskodierung
im Laufe der Zeit), bleibt doch zu hoffen, dass sie bald möglich sein wird.
1[6]
1[7]
1[8]
Bibliografie
[1] «Kantonale demografische
Indikatoren 1981 – 1996», BFS,
1997
[2] «La mortalité en Suisse 1939/44
selon les causes de décès, les
états-civils et les régions linguistiques», H. Wiesler, Statistique
de la Suisse, 1951
[3] «Mortalité des générations 1880 –
1980 en Suisse: une relecture
de l’évolution de la mortalité à
partir de données longitudinales»,
Philippe Wanner, 2002
[4] «Neue Zahlen über die Lebensversicherung und aus der Todesursachen-Statistik», H. Wyss,
1962 (VPL)
[5] «Record Linkage der anonymisierten Individualdaten aus Todesursachenstatistik und Volkszählung
1[9]
[10]
[11]
[12]
[13]
[14]
1990», M. Bopp, Institut für
Sozial- und Präventivmedizin der
Universität Zürich, 1998
«Todesursachenstatistik,
Tabellen 1995 und 1996», BFS,
2000
«Todesursachenstatistik,
Ursachen der Sterblichkeit 1997
und 1998», BFS, 2003
«Todesursachenstatistik,
Ursachen der Sterblichkeit 1999
und 2000», BFS, 2004
«Todesursachenstatistik,
Ursachen der Sterblichkeit 2001
und 2002», BFS, 2005
«Kohortensterbetafeln für die
Schweiz, Geburtsjahrgänge
1880 – 1980», BFS, 1998
«Schweizerische Sterbetafel –
1958 – 1963», BFS, 1967
«Schweizerische Sterbetafel –
1978 – 1983», BFS, 1988
«Schweizerische Sterbetafel –
1988 – 1993», BFS, 1998
«Too big to ignore: the impact
of obesity on mortality trends»,
Swiss Re, 2005
ASA SVV Alter und Lebensversicherung