Info-Service Nr. 03 02/2006

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Info-Service Nr. 03 02/2006
Info-Service
der Abteilung Sozialpolitik (Bundesverband)
Nr. 03 02/2006
Inhalt
Die neue Rentenbesteuerung
Ein Überblick über die Neuregelungen für Rentnerinnen und Rentner
Die Reform der Rentenbesteuerung, die mit dem so genannten Alterseinkünftegesetz zum 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist, sorgt bei vielen Rentnerinnen und
Rentnern für große Verunsicherungen. Wegen des Steuerberatergesetzes ist dem
SoVD allerdings eine Beratung in steuerrechtlichen Fragen untersagt. Eine Beratung ist grundsätzlich nur Steuerberatern bzw. Lohnsteuerhilfevereinen vorbehalten. Bei Einzelfragen helfen aber auch die Finanzämter weiter.
Im Jahr 2002 hat das Bundesverfassungsgericht die unterschiedliche Besteuerung von
Renten und Pensionen für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber zum Handeln
aufgefordert. Mit dem Alterseinkünftegesetz wollte der Gesetzgeber diesem Handlungsauftrag nachkommen. Das Alterseinkünftegesetz regelt aber nicht nur die Reform der
Rentenbesteuerung, sondern sieht eine umfassende Neuregelung der steuerlichen Behandlung von Altersvorsorgebeiträgen und Alterseinkünften vor. Nach Schätzungen des
Bundesministeriums der Finanzen soll sich die Zahl der steuerbelasteten Rentner infolge
des Alterseinkünftegesetzes von ca. 2 Mio. auf 3,3 Mio. erhöhen.
Ab 2005: Nachgelagerte Besteuerung
Es ist ein Irrtum, dass Renten der gesetzlichen Rentenversicherung vor der Reform der
Rentenbesteuerung steuerfrei waren. Vielmehr mussten sie nur mit dem so genannten
Ertragsanteil („Ertragsanteilsbesteuerung“) versteuert werden, was bei vielen Rentnerinnen und Rentnern dazu geführt hat, dass sie keine Steuern zu zahlen hatten. Zentrales
Ziel des Alterseinkünftegesetzes ist der schrittweise Übergang zur so genannten nachgelagerten Besteuerung.
Bei der nachgelagerten Besteuerung werden nicht die Rentenversicherungsbeiträge,
sondern erst die Rentenzahlungen besteuert. Früher waren lediglich die Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung steuerfrei. Die Arbeitnehmerbeiträge hingegen stammten zum Teil aus bereits versteuertem Einkommen. In einer Übergangsphase werden die
Arbeitnehmerbeiträge deshalb seit 2005 schrittweise von der Besteuerung befreit. Die
Renten werden in einer Übergangsphase bis 2040 zunehmend voll besteuert.
Herausgeber: Sozialverband Deutschland e.V. – Bundesverband, Abteilung Sozialpolitik –
Stralauer Straße 63, 10179 Berlin, Tel. 030/72 62 22 – 0, Fax – 328, www.sovd.de
Redaktion: Ass. jur. Ragnar Hoenig ([email protected])
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SozialSozial-Info
Nr. 03 02/2006
Besteuerungsanteil der Rente
Der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung der gesetzlichen Renten wird vollzogen, indem der steuerpflichtige Anteil
der Rente („Besteuerungsanteil“) für jeden neuen Rentnerjahrgang schrittweise erhöht wird. Der Besteuerungsanteil
richtet sich nach dem Jahr des Rentenbeginns (siehe nebenstehende Tabelle).
Für Rentner, die im Jahr 2005 oder vorher in Rente gegangen sind, gilt ein Besteuerungsanteil von 50 %, d.h. 50 % der
Jahresbruttorente müssen versteuert werden und die anderen 50 % bleiben steuerfrei. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die bisherigen Renten jeweils zur Hälfte aus steuerfreien Arbeitgeberbeiträgen und aus bereits versteuerten Arbeitnehmerbeiträgen bestehen.
Für Neurentner des Jahres 2006 gilt bereits ein Besteuerungsanteil von 52 %. Für jeden neuen Rentnerjahrgang wird
der Besteuerungsanteil schrittweise angehoben. Die Neurentner des Jahres 2040 werden ihre Rente erstmals voll versteuern müssen.
Achtung!
Die Renten, die nach altem Recht steuerfrei waren, bleiben
auch in Zukunft steuerfrei! Dies betrifft vor allem Renten
aus der gesetzlichen Unfallversicherung, Kriegs- und Hinterbliebenenrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz
sowie Wiedergutmachungsrenten.
Dies gilt aber nicht Erwerbsminderungsrenten und Hinterbliebenenrenten der gesetzlichen Rentenversicherung.
Diese waren auch schon nach altem Recht steuerpflichtig.
Der Rentenfreibetrag
Rentenbeginn
Besteuerungsanteil
Rentenfreibetrag
bis 2005
50 %
50 %
2006
52 %
48 %
2007
54 %
46 %
2008
56 %
44 %
2009
58 %
42 %
2010
60 %
40 %
2011
62 %
38 %
2012
64 %
36 %
2013
66 %
34 %
2014
68 %
32 %
2015
70 %
30 %
2016
72 %
28 %
2017
74 %
26 %
2018
76 %
24 %
2019
78 %
22 %
2020
80 %
20 %
2021
81 %
19 %
2022
82 %
18 %
2023
83 %
17 %
2024
84 %
16 %
2025
85 %
15 %
2026
86 %
14 %
2027
87 %
13 %
2028
88 %
12 %
2029
89 %
11 %
2030
90 %
10 %
2031
91 %
9%
2032
92 %
8%
2033
93 %
7%
2034
94 %
6%
2035
95 %
5%
2036
96 %
4%
2037
97 %
3%
2038
98 %
2%
2039
99 %
1%
Der steuerfreie Anteil der Rente wird in Form eines Renten100 %
0%
freibetrages gewährt. Dieser wird von den Finanzämtern als ab 2040
fester Eurobetrag ausgerechnet und bleibt grundsätzlich ein
Leben lang gleich hoch. Die Finanzämter ziehen diesen Eurobetrag dann bei allen künftigen Jahresbruttorenten ab und legen den Rest als steuerpflichtigen Teil der Rente der
Einkommensteuerberechnung zugrunde. Der Rentenfreibetrag verändert sich nur in Ausnahmefällen, z.B. bei Teil-/Vollrenten oder wenn die Rente wegen einer Einkommensanrechnung unterschiedlich hoch ist.
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Für Rückfragen: Ass. jur. Ragnar Hoenig ([email protected])
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Die Steuerbelastung
Die drängende Frage, ob man für das Jahr 2005 Steuern zahlen muss, kann nur im Einzelfall beantwortet
werden. Denn diese Frage hängt von einer Vielzahl
von Faktoren ab. Entscheidend ist insbesondere, ob
neben der gesetzlichen Rente weitere steuerpflichtige
Einkünfte (z.B. Betriebsrenten, Kapital-, Mieteinkünfte
usw.) vorhanden sind.
Entscheidend sind weiterhin die Freibeträge und Pauschalen, die das Steuerrecht vorsieht. Sie vermindern
den steuerpflichtigen Anteil der Rente. Hierzu gehören
insbesondere:
Faustformel:
Ein allein stehender Rentner,
der im Jahr 2005 oder früher in
Rente gegangen ist und keine
weiteren steuerpflichtigen Einkünfte bezieht, bleibt bis zu
einer monatlichen Bruttorente
von etwa 1.575 Euro steuerfrei.
Bei Rentnerehepaaren verdoppelt sich dieser Betrag.
Diese Faustformel gilt nicht für
Rentner mit Zusatzeinkünften.
Werbungskosten
Für gesetzliche Renten gilt eine Werbungskostenpauschale von 102 Euro. Höhere
Werbungskosten werden berücksichtigt, wenn man sie durch Belege nachweist.
Sonderausgaben
Sonderausgaben sind bestimmte steuerbegünstigte (Vorsorge)Aufwendungen (z.B.
Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, private Unfall- oder Haftpflichtversicherungen). Diese werden nur bis zu gewissen Grenzen berücksichtigt. Als „übrige Sonderausgaben“ können z.B. die Kirchensteuer, Steuerberaterkosten, Spenden an gemeinnützige Organisationen geltend gemacht werden. Werden keine höheren Aufwendungen nachgewiesen, gilt für die „übrigen Sonderausgaben“ eine Pauschale von 36 Euro
für Alleinstehende und 72 Euro für Verheiratete.
Achtung!
Außergewöhnliche Belastungen
Außergewöhnliche Belastungen werden als Ausgaben definiert, die aus besonderen Umständen
zwangsläufig entstehen und denen man sich deshalb nicht entziehen kann (z.B. wegen Krankheit,
Todesfall, Unwetterschäden, Ehescheidung usw.).
Die außergewöhnlichen Belastungen werden grundsätzlich erst dann berücksichtigt, wenn sie eine bestimmte individuelle Grenze („zumutbare Eigenbelastung“) übersteigen.
Es gibt viele Aufwendungen,
die als Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden und hier nicht
umfassend dargestellt werden
können.
Bei Fragen wenden Sie sich
bitte an einen Lohnsteuerhilfeverein, einen Steuerberater
oder an Ihr Finanzamt.
Auch Mehraufwendungen wegen einer Behinderung
können als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Wer sich einen
mühsamen Einzelnachweis sparen will, kann unter bestimmten Voraussetzungen den
so genannten Behindertenpauschbetrag geltend machen.
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Für Rückfragen: Ass. jur. Ragnar Hoenig ([email protected])
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Das steuerfreie Existenzminimum
Zieht man den Rentenfreibetrag, die Werbungskosten sowie alle weitere Freibeträge und
Pauschalen von der Jahresbruttorente ab und ist diese dann niedriger als 7.664 Euro bei
Alleinstehenden (bzw. 15.328 Euro bei Verheirateten), werden keine Steuern fällig. Denn
hierbei handelt es sich um das steuerfreie Existenzminimum („Grundfreibeträge“).
Das Rentenbezugsmitteilungsverfahren
Mit der Reform der Rentenbesteuerung wurde auch das
so genannte Rentenbezugsmitteilungsverfahren eingeführt: Die Rentenversicherungsträger, die landwirtschaftlichen Alterskassen, die Pensionskassen und –fonds, die
berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die privaten Versicherungsunternehmen müssen der Zentralen
Zulagestelle für Altersvermögen (ZfA) ihre Rentenbezieher
melden. Die ZfA führt die Daten zusammen und leitet diese dann an die Finanzbehörden weiter. Aus technischen
Gründen wird das Rentenbezugsmitteilungsverfahren wohl
erst ab dem Jahr 2007 funktionieren.
Achtung!
Das Rentenbezugsmitteilungsverfahren
befreit
nicht von der Pflicht zur
Abgabe einer Steuererklärung!
Bei Fragen wenden Sie
sich bitte an einen Lohnsteuerhilfeverein,
einen
Steuerberater oder an Ihr
Finanzamt.
Die Steuererklärung
Für Renten gibt es ein neues Steuerformular, die „Anlage R“. Grundsätzlich mussten und
müssen auch Rentnerinnen und Rentner eine Steuererklärung abgeben. Ausnahmen von
der Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung sind nur unter bestimmten Voraussetzungen
möglich. Ob eine Steuererklärung jetzt – nach der Reform der Rentenbesteuerung – abzugeben ist, kann nur Ihr zuständiges Finanzamt entscheiden.
SoVD-Tipp:
Fragen Sie bei Ihrem Finanzamt, ob und wann Sie eine Steuererklärung abgeben müssen!
Hier wird man Ihnen auch weitere Fragen beantworten, z.B. welche Formulare auszufüllen
sind. Die Formulare finden Sie auch unter www.bundesfinanzministerium.de.
Wer für seine Steuererklärung 2005 eine Bescheinigung über seine Renteneinkünfte
braucht, bekommt diese von seinem Rentenversicherungsträger. Ein formloser Antrag
reicht aus!
Wer mehr zu diesem Thema erfahren will, dem sei die neue Broschüre „Neues Steuerrecht für Versicherte und Rentner“ der Deutschen Rentenversicherung Bund (früher BfA)
empfohlen. Diese Broschüre wird grundsätzlich kostenlos abgegeben und kann entweder
im Internet unter www.deutsche-rentenversicherung.de heruntergeladen oder unter
Deutsche Rentenversicherung Bund
10704 Berlin
bestellt werden.
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