Richard Long Fluss Avon Schlammkreis 1997 - nrw

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Richard Long Fluss Avon Schlammkreis 1997 - nrw
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Richard Long
Fluss Avon Schlammkreis
1997
Installation
Wandarbeiten in Schlamm
Ø 456 cm
—
Lehmbruck Museum
Er verwendet für seine Land-Art-Skulpturen nur Materialien, die er am Ort
seiner Reise vorfindet. In der Arbeit River Avon Mud Circle werden die
impulsiven gestischen Spuren und das authentische Schlamm-Material zu
inspirierenden Relikten einer tatsächlich vergangenen Reise vom Fluss
Avon zum aktuellen musealen Raum. ?
Richard Longs River Avon Mud Circle / Schlammkreis vom Fluss Avon
entstand 1997 anlässlich der Verleihung des Wilhelm-Lehmbruck-Preises der
Stadt Duisburg an den Künstler. Im Zuge der anschließenden Ausstellung
trug Long die Arbeit direkt auf eine Wand des Museums auf.
Grundlage der Wandarbeit sind zwei konzentrische Kreise, die Long mit Hilfe
eines einfachen Zirkels aus einem Bleistift und einer Schnur zeichnete und
anschließend sorgfältig mit schwarzer Farbe ausfüllte. Auf diese schwarze
Ringform übertrug er mit schnellen Handbewegungen verflüssigten Ton bzw.
Schlamm. Das hier verwendete Schlamm-Material – ein aus der Natur
gewonnenes Malmittel – stammte aus dem Fluss Avon, der durch Longs
Heimatstadt Bristol fließt. Die Fingerspuren, die in der Struktur des
aufgetragenen Schlamms zu sehen sind, lassen an Strömungen denken und
nehmen damit Bezug auf den Ursprungsort des Materials. Die kleinteiligen
Spritzer, die über die Ringform hinausgehen, zeugen von der Schnelligkeit,
mit der der Künstler arbeitete. Diese Spuren legen über den akkuraten Kreis
eine chaotische, wilde und bewegte Schicht. Es ist diese Überlagerung zweier
Prinzipien – Chaos und Ordnung, Natur und Konstruktion – die den Künstler
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beschäftigt: »Weil sie [die Schlammarbeiten] die natürliche Beschaffenheit
des Wassers und des Schlammes zeigen – seine Wässrigkeit – muss ich
schnell arbeiten, um die Energie der Spritzer darzustellen. Das Bild
beinhaltet die momenthaften Spuren meiner Hand, zugleich aber auch die
zufälligen Spritzer, die von der Geschwindigkeit meiner Hand, der Konsistenz
des Schlammes, und der Schwerkraft bestimmt sind.« (Interview Long, in:
Codognato,1998).
Longs künstlerische Arbeit spielt sich hauptsächlich in der Natur ab. Auf
akribisch geplanten Wanderungen in verschiedensten Kulturlandschaften
führt er konzeptuelle bildhauerische Tätigkeiten aus, die er fotografisch,
schriftlich oder zeichnerisch dokumentiert. In seinem gesamten Werk ist der
Kreis eine bestimmende geometrische Grundform. Er dient ihm als
abstraktes Symbol für Vollkommenheit und ebenso als Sinnbild eines
zeitlichen Kontinuums, einer festgelegten Wegstrecke. So fixiert er
Steinkreise oder -linien in der Landschaft und dokumentiert damit seine
Wanderungen: er greift zum Beispiel einen Stein vom Wegesrand auf und
legt ihn nach einem vorher bestimmten räumlichen Abstand wieder nieder.
(A line of 164 stones – A walk of 164 miles. A walk across Ireland, placing a
nearby stone on the road at every mile along the way, 1974). Ein anderes
künstlerisches Prinzip besteht darin, spontan in einem bestimmten Zeitraum
ein Wort aufzuschreiben, das sich gerade in sein Bewusstsein drängt. (One
hour. A sixty minute circle walk on Dartmoor, 1984) Auf diese Weise ist seine
Skulptur nicht nur bestimmt durch Material und Form, sondern auch durch
Handlung und Ort. So werden seine gezielten Wanderungen und Handlungen
zu Überlagerungen einer sonst unübersichtlich erscheinenden Natur und
Landschaft.
Die Arbeit River Avon Mud Circle verweist trotz ihres bildhaften Charakters
auch auf die beschriebenen skulpturalen Vorgehensweisen des Künstlers.
Gibt es überdies einen Zusammenhang zwischen Longs Wanderungen und
der Treppensituation im Lehmbruck Museum? Der Künstler verwendet für
seine Land-Art-Skulpturen nur Materialien, die er am Ort seiner Reise
vorfindet. Skulpturen und Bilder, die er in Museen und Galerien schafft,
können diese Wanderungen nur mittelbar nachvollziehbar machen. In der
beschriebenen Arbeit werden die impulsiven gestischen Spuren und das
authentische Schlamm-Material zu inspirierenden Relikten einer tatsächlich
vergangenen Reise vom Fluss Avon zum aktuellen musealen Raum.
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