Allgemeinmedizin muss um jede Seele kämpfen

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Allgemeinmedizin muss um jede Seele kämpfen
Sachverständiger Gerlach: 'Allgemeinmedizin muss um jede Seele kä...
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Ärzte Zeitung, 30.10.2013 05:02
Sachverständiger Gerlach
"Allgemeinmedizin muss um jede Seele kämpfen"
Deutschland gehen die Allgemeinärzte aus: Nur jeder zweite Hausarzt findet noch
einen Nachfolger. Der Gesundheits-Weise Professor Ferdinand Gerlach hat deswegen
ein Forderungspaket für die kommende Regierung.
Von Florian Staeck
NEU-ISENBURG. Nur noch jeder zweite Hausarzt findet aktuell einen Nachfolger. Darauf hat
Professor Ferdinand Gerlach, Vorsitzender des Gesundheits-Sachverständigenrats, im
Redaktionsgespräch mit der "Ärzte Zeitung" hingewiesen.
Bundesweit rund 2200 Hausärzte gäben jährlich ihre Praxis auf, sagte Gerlach, der an der
Universität Frankfurt das Institut für Allgemeinmedizin leitet. 70 Prozent der potenziellen
Nachrücker seien Frauen, die oft Teilzeit arbeiten und Familie und Beruf vereinbaren möchten.
Wegen der Feminisierung des Arztberufs werde es mehr Teilzeitbeschäftigungen geben.
Deshalb gehe der Sachverständigenrat davon aus, dass zwei ausscheidende durch drei junge
Ärzte ersetzt werden müssen. Bundesweit legen aber jährlich nur etwa 1100 Ärzte ihre
Facharztprüfung für Allgemeinmedizin ab.
Gerlach wies auf die "ernüchternd langen Zeiträume" hin, bis Änderungen bei der Zulassung
zum Medizinstudium versorgungswirksam werden. Drehe der Gesetzgeber nur an dieser
Stellschraube, dauere es mindestens 15 Jahre, bis erstmals - hoffentlich - mehr Allgemeinärzte
in die Versorgung kommen.
Nötig sei eine schneller wirksame Regelung. "Wir brauchen zusätzlich eine Stärkung der
Allgemeinmedizin am Ende des Studiums", so Gerlach. Er schlug erneut vor, die
Allgemeinmedizin neben der Inneren Medizin und der Chirurgie als Pflichtfach in das PJ
aufzunehmen.
Hinzu kommen solle noch ein Wahlfach. Einen ähnlichen Vorschlag hatte der Bundesrat im Mai
2012 abgelehnt. Wichtig sei, dass im Staatsexamen das geprüft werde, was auch Gegenstand
des PJ gewesen ist. Dies würde die Allgemeinmedizin in der Wahrnehmung der Studierenden
aufwerten, so Gerlach.
30.10.2013 10:28
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Förderung von den KVen lösen
Ohne eine solche Regelung würden Ärzte ihre Weiterbildungszeit ausschließlich in Kliniken
verbringen, die sich selbst als "Supramaximalversorger" verzeichnen. Diese Kliniken
behandelten aber lediglich 0,5 Prozent der Patienten, die "ganz normale Versorgung" komme
in diesen Häusern nicht vor.
Gleiches gelte für die Versorgung chronisch kranker Patienten - diese könne bei einer
durchschnittlichen Liegezeit von 6,8 Tagen keine Rolle spielen, erläuterte Gerlach.
Der Sachverständige sprach sich erneut dafür aus, die finanzielle Förderung der Weiterbildung
in der Allgemeinmedizin von den Kassenärztlichen Vereinigungen zu lösen. Gerlach regte als
Alternative eine Förderstiftung Allgemeinmedizin auf Bundesebene an.
In vier KV-Bezirken war es in der Vergangenheit zu Engpässen gekommen: Weil die regionalen
Fördertöpfe leer waren, standen Ärzte in Weiterbildung plötzlich buchstäblich auf der Straße "ein unhaltbarer Zustand", monierte Gerlach.
Junge Ärzten müsste die Förderung über 60 Monate garantiert werden, forderte er. In der
Allgemeinmedizin gelte es, "um jede Seele zu kämpfen".
Eng verknüpft mit dem Thema der hausärztlichen Versorgung wird auch das nächste
Gutachten des Sachverständigenrats sein, kündigte Gerlach an. Die Expertise solle im Juni
2014 vorgestellt werden. Ein Schwerpunkt des Gutachtens werde die regionale Perspektive in
der Versorgung sein - etwa in strukturschwachen Gebieten.
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