Das Chrom VI-Verbot und die Folgen
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Das Chrom VI-Verbot und die Folgen
Komponenten + Systeme Maschinenelemente ▲ 04/2006 Umfrage Das Chrom VI-Verbot und die Folgen Das Chrom VI-Verbot bewegt die Gemüter auch der Hersteller von Rohrverbindungselementen. Wie sich die RohrverbindungsBranche darauf einstellt Diesen Beitrag können Sie sich im Internet unter www.konstruktion.de downloaden Die Forderung nach umweltfreundlichen Konstruktionen macht auch vor der Fluidtechnik nicht halt. So sind derzeit beinahe alle Hersteller von Rohrverbindungselementen dabei, dem Chrom VI-Verbot gerecht zu werden und suchen Alternativen. Vier Firmen lassen sich in die Karten von Franz Graf schauen. ▲ ▲ ▲ Wo steht Ihr Unternehmen heute bei der Suche nach Alternativen zu Chrom VI ? Diese Frage richtete die Fachzeitschrift ke im Rahmen einer Umfrage an die Hersteller von Rohrverbindungselementen. Eines vorab: Ein einheitliches Bild lässt sich nicht erkennen. 34 Dr.-Ing. Harald Pott, bei der Voss Fluid GmbH + Co. KG in Wipperfürth als Bereichsleiter für Qualität, Konstruktion und Entwikklung zuständig, antwortet: „Die gesamte Thematik der Chrom VI-freien Oberflächen für die Rohrverbindungstechnik betrifft nur einen Bruchteil der Kunden des Hauses Voss Fluid. In Fahrzeugen bis 3,5 t werden nur noch in Ausnahmefällen Hydraulikverschraubungen eingesetzt. Für die restlichen Anwender im Maschinenbau sowie der Mobilhydraulik besteht keine gesetzliche Forderung. Wir sehen hier zum Teil gezielte Verunsicherungen und ganz klare Falschaussagen im Markt, welche nur aus dem Grund der Schaffung von Wettbewerbsvorteilen auf Basis der allgemeinen Verunsicherung zu diesem Thema gestreut werden.“ Noch hat sich keine einheitliche Lösung im Markt der Verbindungstechnik durchgesetzt. Dies ist auch der Grund, warum bis heute noch keine Revision beziehungsweise Neuauflage der DIN EN ISO 4042 erstellt wurde und auch keine einheitlichen Aussagen bezüglich Korrosionsbeständigkeiten am Markt getätigt werden. Von Verunsicherung geprägt sei insbesondere der Schlauchfittingbereich, betont Dr. Pott: „Vor allem für den Bereich der Schlauch- fittings stellt sich heraus, dass die bei den Rohrverbindungen eingesetzte Oberfläche in der Praxis Probleme bei der Korrosionsbeständigkeit aufwirft. Für den Anwender besteht neben der Verunsicherung, wann und ob überhaupt umgestellt werden muss, ein optisches Problem, dass neben der heute noch überwiegend eingesetzten gelben Oberfläche auf einmal parallel silberne und schwarze Oberflächen erscheinen.“ Voss besitzt eine hauseigene Galvanik. Vor diesem Hintergrund ist Dr. Pott das potentielle Umwelt- und Gesundheitsgefährdungsrisiko von galvanisch aufgebrachten Oberflächen schon lange vor Inkrafttreten der EU-Richtlinie 2002/96/EG bewusst gewesen. Dass die heute üblichen Chrom VI-freien Alternativoberflächen Kobalt (II) sowie nanoskalige Partikel beinhalten, welche potentiell ebenso als umwelt- und gesundheitsgefährdend eingestuft werden, wird von den Anbietern häufig verschwiegen. „Die breite Streuung der Angaben verschiedener Galvanikbetriebe, Chemielieferanten sowie Verschraubungsherstellern zur Korrosionsbeständigkeit zeigen, dass hier noch keine ausreichenden Praxiserfahrungen vorliegen“, fügt der Voss-Mann hinzu. Dr.-Ing. Harald Pott weiter: „Da die derzeit im Markt angebotenen Rohrverbindungsele- Komponenten + Systeme Maschinenelemente ▲ 04/2006 Umfrage „Aufgrund der derzeit unklaren Situation bieten wir bis auf weiteres die Gelbchromatierung an.“ „Im Laufe des Jahres stellen wir erste Kunden um – definitiv ohne Qualitätseinbußen.“ Dr.-Ing. Harald Pott, Voss Fluid Ralph Wolter, Eaton Fluid Power Michael Tramer, Parker Hannifin mente mit Chrom VI-freien Oberflächen, insbesondere hinsichtlich der elektrochemischen Kompensation von Verletzungen der Korrosionsschutzschicht, deutliche Nachteile aufweisen, bevorzugen wir die A3C Beschichtung, die den so genannten Selbstheilungseffekt prozesssicher zeigt. Langfristig sind wir sicher, dass sich im Markt Alternativen zur Gelbchromatierung durchsetzen werden, sehen hier jedoch erst innerhalb der nächsten drei Jahre eine Konsolidierungsphase, innerhalb welcher sich ein neues, einheitliches System durchsetzen wird.“ So hat Voss Fluid folgende Entscheidung getroffen: Aufgrund der heutigen unklaren Situation kann man dem Kunden keine Umstellung der Oberfläche, welche für den Anwender immer mit einem Aufwand bei der Stücklisten- und Stammdatenpflege verbunden ist, zumuten. Deshalb wird bis auf weiteres die Gelbchromatierung weiter angeboten. Parallel dazu investiert das Unternehmen heute in Entwicklungen für Oberflächen, welche neben den gleichen beziehungsweise bes- seren Korrosionsschutzeigenschaften gegenüber A3C auch den Umwelt- bzw. Gesundheitsaspekt und die Kosten berücksichtigen. „So dass wir unseren Kunden echte Verbesserungen und Produktmehrwerte bieten können“, argumentiert Dr. Pott. Ende des Jahres 2006 wird dem Voss-Mitarbeiter zufolge die gesamte Produktpalette alternativ zur Gelbchromatierung, für Kunden mit der zwingenden Forderung nach Chrom VI-freien Oberflächen, verfügbar sein. Welche Oberfläche dies sein werden, würde im Laufe des ersten Halbjahres 2006 den Kunden mitgeteilt. Den Status quo bei Eaton Fluid Power Europe in Baden-Baden beschreibt Ralph Wolter, Leiter Produktmanagement, so: „ In den letzten Monaten gab es neue Entwicklungen hinsichtlich der denkbaren Alternativen zur ChromVI-haltigen Chromatierung, die wir in unsere laufenden Tests eingebunden haben. In Kürze schließen wir nun alle Testreihen ab und werden dann umgehend eine Lösung als Eaton-Standard für die Rohrverbindungen von Eaton Walterscheid und die Schlaucharmaturen von Eaton Aeroquip definieren.“ So viel steht schon fest: Die Lösung wird sicher eine Chrom III-haltige Nanopassivierung auf galvanisiertem Zink werden. Die noch laufenden Tests beziehen sich hauptsächlich auf die Versiegelung. „Dabei berücksichtigen wir alle in der Praxis relevanten Parameter. Unsere Kunden wollen nicht wissen, wie viele Stunden Salzsprühnebeltest unter Laborbedingungen unsere Produkte bestehen, sondern wie sie sich im Einsatz verhalten“, fügt Wolter hinzu. Nach den Aussagen des Produktmanagers spiele die Verformbarkeit zum Beispiel bei den Pressarmaturen oder bei WALFORMplus eine große Rolle. Da würden Chrom III-Lösungen sogar erheblich besser abschneiden als die Gelbchromatierung. Außerdem wird großer Wert darauf gelgt, dass die Reibwerte gleich bleiben, um Drehmomentveränderungen zu vermeiden. Das ist entscheidend für die Montagesicherheit. Im Laufe des Jahres werde man erste Kunden auf Chrom VI-freie Lösungen umstellen – definitiv ohne Qualitätseinbußen. Ralph Wolter präzisiert: „Das garantieren wir unseren Kunden auch auf lange Sicht. Deshalb haben wir darauf verzichtet, vorschnell eine Lösung zu präsentieren. Trotzdem werden wir die weiteren technischen Entwicklungen aufmerksam verfolgen und in engem Austausch mit unseren Kunden bleiben.“ Schon sehr früh hat Parker Hannifin mit Weitblick auf die Altauto- und Elektronikschrott-Verordnung reagiert. Im Jahre 2001 Tagung zum Thema Sind Sie fit für 2006/2007? Denn: In der EU-Altautorichtlinie und EU-Richtlinie über Elektro- und Elektronikgeräte ist die Wiederverwertung von Fahrzeugen, Komponenten und Material sowie von elektrischen und elektronischen Geräten geregelt. Die Auswirkungen dieser Richtlinie sind gewaltig. So sind beispielsweise die bisher von der Schraubenindustrie zwecks Korrosionsschutz verwendeten Gelb- und Schwarz-Chromatierungen ab Juli 2006 (Elektroindustrie) bzw. Juli 2007 36 „Wir arbeiten mit einer nanopartikelhaltigen Dickschichtpassivierung und Top-Coat.“ (Automobilindustrie) verboten.Und bei den möglichen Alternativen ist noch viel in Fluss. Vor diesem Hintergrund ist in jeder Hinsicht Handlungsbedarf gegeben. Das mic-management information center veranstaltet zusammen mit der Fachzeitschrift ke die 4. Fachtagung „Chrom VI-freie Alternativen in der Industrie“ am 31. Mai und 1. Juni 2006 in Dornach bei München. Weitere Infos über die zweitägige Tagung von Franziska Meißner (E-Mail: [email protected]) Maschinenelemente Selbstheilungseffektes gibt es im Bereich der Oberflächenbeschichtung vergleichbare Mechanismen, die Chrom VI-frei genauso gute Resistenzen gegenüber korrosiven Einflüssen gewähren. Wir arbeiten mit einer nanopartikelhaltigen Dickschichtpassivierung und zusätzlichem Top-Coat, einer Art Versiegelung.“ Dietzel Hydraulik, Hersteller von Standard- und Sonderschlaucharmaturen, Verteiler und Rohrleitungen, hat sich gemeinsam mit einem Unternehmen für Oberflächenbehandlung der Chrom VI-freien Aufgabe angenommen. Getestet werden derzeit verschiedene Verfahren. Konstruktionsleiter Ralf Hegenberg zum Stand der Dinge: „Die Kombination aus galvanischer Zinkschicht, Dickschichtpassivierung und anschließender Versiegelung hat gegenüber der A3C-Oberfläche bei einer Schichtdicke von rund 12 µm etwa die 4-fache Beständigkeit im Salzsprühnebeltest nach DIN 50021 gezeigt. Die durchschnittliche Korrosionsbeständigkeit gegen Weißrost beträgt 400 Stunden. Diese Werte gelten allerdings nur für Gestellware.“ Im Moment wird noch an einer höheren Duktilität der Beschichtung gearbeitet, um den hohen Korrosionsschutz auch bei der nachträglichen Umformung der Pressfassungen zu gewährleisten. Nachteilig seien nach Meinung des Konstruktionschefs bei der Umstellung die Aufpreise für die Oberflächenbehandlung, resultierend aus dem Mehraufwand durch die zusätzliche Versiegelung, sowie die Kosten für den zusätzlichen logistischen Aufwand. Webguide www.voss.de Voss Fluid www.eaton.com Eaton Fluid Power www.parker.com Parker Hannifin www.dietzel-hydraulik.de Dietzel Hydraulik Direkter Zugriff unter www.konstruktion.de ke5099 Code eintragen und go drücken ▲ ▲ ▲ wurde das Chrom VI-freie Verschraubungssystem „New Generation“ der Öffentlichkeit vorgestellt. New Generation besteht aus drei Produktlinien für den DIN-Bereich: EO-Plus als metallisch dichtendes Schneidringsystem, ergänzt durch EO2-Plus als weichdichtende Variante und EO2-FORM, ein RohrumformSystem für schneidringlose, weichdichtende Verbindungen. In diesem Jahr wird New Generation durch die Verschraubungsreihen Triple-Lok und OLok sowie Schlauchanschlüsse in Chrom VIfreier Oberfläche ergänzt. Damit bietet Parker dem Anwender eine sehr breite Produktpalette mit der neuen Oberfläche, die durch Ventile, Messanschlüsse, Flansche und Rohre ergänzt wird. „Überdies ist die Chrom VI-freie Oberfläche der Parker-Produkte im Schnitt um das Vierfache korrosionsbeständiger als vergleichbare Artikel mit herkömmlicher A3C-Oberfläche“, behauptet Michael Tramer, Product Sales Manager Ermeto Hydraulikverschraubungen in Bielefeld. Der Parker-Mann weiter: „Bezüglich des Komponenten + Systeme 04/2006