Die Geschichtsstunde à la Bruckheimer: „King Arthur“
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Die Geschichtsstunde à la Bruckheimer: „King Arthur“
Die Geschichtsstunde à la Bruckheimer: „King Arthur“ Das muss ein Wendepunkt sein, in der Geschichte Hollywoods, oder ein ganz schlechter Witz: Megaproduzent und Halbgott des Mainstreams Jerry Bruckheimer besteht bei seinem Sommerspektakel 2004 auf historische Akkuratesse – Wahrheit diesmal, statt Mythos, Schein und Verklärung: Mit „King Arthur“ will er endlich erzählen, wie es wirklich war, was wirklich hinter der Sage um König Artus steckt. Und gerade mit diesem untra-prätentiösen Anspruch, der zu bloßen PR-trächtigen Behauptung verkommt, geht der Film absolut baden. Natürlich gibt es die Tafelrunde – in einer Szene –, und das Schwert im Stein – in einem kurzen Flashback –, und Ritter, die mit so edlen Namen wie Lancelot, Tristan und Guinevere ausgestattet sind. Aber das war auch schon so ziemlich alles, was diesen MittelalterActionfilm mit der Artus-Sage verbindet. Und auch die internationale Filmkritik ist sich darüber einig, dass dieser Film nicht an der historischen Authentizität gemessen werden sollte – obwohl er das selbst herausfordert. So gesehen, verzeiht man ihm schon eine Menge. Wie so oft bei Hollywoodfilmen, wird man das ermüdende Gefühl nicht los, dass die Story lediglich als Vorwand für Bombast dient: Die Geschichte ist um 480 n.Chr. im Britannien des finsteren Mittelalters angesiedelt, aus dem sich die Römer nach Jahrhunderten der Besatzung nun zurück ziehen, weil die Bedrohung durch die näher rückenden, barbarisch-anmutenden Sachsen zu groß wird. Auch die in den Wäldern lebenden Pikten, die hier anmuten wie eine gescheiterte Kreuzung aus Gorillas und Waldelfen, bereiten den römischen Imperialisten zunehmend Kopfschmerzen. Und damit der Abzug der römischen Truppen ohne größere Verluste von statten geht, schickt Rom seine besten Ritter: Angeführt von Artorius Castus, eben König Artur, sind dies Lancelot, Cerdic, Galahad, Tristan und Bors – die samartischen Reiter, die einst als Kinder von den Römern gefangen, und ihr Leben lang für das römische Reich kämpfen mussten. Nun sollen sie ihre Freiheit bekommen, wenn es den Römern gelingt, ihre Truppen abzuziehen – der letzte Auftrag also: In der Welt der Filme muss das immer der schwerste, der gefährlichste, und der verlustreichste sein. Sieht man einmal zähneknirschend vom völlig unhaltbaren Anspruch auf Authentizität ab, so sind die Voraussetzungen für einen guten und unterhaltsamen Film in Bezug auf den Stab des Films durchaus gegeben: Das Drehbuch stammt aus der Feder von David Franzoni, der seine Kompetenz schon bei den Büchern zu „Amistad“ und „Gladiator“ unter Beweis gestellt hat, sowie der Regisseur Antoine Fuqua, der bereits den Oscar-gekrönten „Training Day“ inszeniert hat. Auch Slawomir Idziak, eine Ikone an der Kamera, der jahrelang Kieslowskis Filme fulminant fotografierte, lässt auf einige schöne Bilder hoffen. Genau diese Kriterien aber, sind en gros nicht dafür ausschlaggebend, dass der Film insgesamt zwar keine wirklich gute, aber doch überdurchschnittliche Mainstream-Kost wird. Es sind vielmehr die Darsteller, die aus dem nicht-ganz-perfekten Drehbuch das Beste rausholen – sogar zwei Neuentdeckungen hat „King Arthur“ zu bieten: Zum Einen Clive Owen, der den Artus spielt, und der mit „Die Bourne Identität“ vor zwei Jahren bereits kurz vor dem Durchbruch stand, der ihm damals aber noch nicht beschieden war. Er gibt der Artus-Figur, die wie alle Ritter in diesem Film sehr schmutzig geraten ist, eine erfrischende und interessante Mischung aus Melancholie und Machismos. Nur diejenigen Szenen vermag er nicht zu retten, wo Drehbuch und Inszenierung einen Bruckheimer-typischen Bombast an Pathos produzieren, die der Figur an Natürlichkeit und Glaubwürdigkeit berauben. Die zweite Neuentdeckung ist der gebürtige Waliser Ioan Gruffudd, der zwar etwas im Windschatten von Clive Owen agiert, aber nichtsdestoweniger der Figur des Lancelot auf sehr überzeugende Weise Leben einhaucht. Auch Keira Knightley bietet als die als Amazone dargestellte Guinevere eine deutlich bessere Leistung als in „Fluch der Karibik“ oder „Tatsächlich… Liebe“, obwohl ihr falscher koketter Blick etwas auf die Nerven geht. Was man summa summarum von „King Arthur“ hält, hängt ganz davon ab, aus welchem Blickwinkel man ihn liest: Geschichtsstunde oder Entertainment? Wer ein Fan der Sage ist, der lasse auf jeden Fall die Finger von diesem Streifen, keine Frage. Wer den Film aber als rein fiktionale Hollywood-Unterhaltung ohne historischen Anspruch und Authentizität ansieht, der bekommt eine unterhaltsame Geschichte mit Actiongeladenen Schlachtszenen, einen Überfluss an Pathos, und einige nette Lacher – das reicht für eine BruckheimerProduktion; Geschichte sollte sonst lieber im Klassenzimmer unterrichtet werden.