S T R O M A U S F A L L

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S T R O M A U S F A L L
STROMAUSFALL
Autoren: Drs. Ineke Steetskamp und
Dr. D. van Wijk,
Fachgruppe Naturwissenschaft und
Gesellschaft, Universität Utrecht
Rathenau- Institut
Mitfinanziert durch:
Ministerium für Wohnungsbau,
Raumordnung und Umwelt
Innenministerium
Wirtschaftsministerium
Ministerium für Verkehr und
Abwasserentsorgung
Energie Ned
STROMAUSFALL
Die Verletzlichkeit der Gesellschaft;
Die Folgen von Störungen der
Elektrizitätsversorgung
Eine Studie des Rathenau-Instituts
Zweiter Druck Januar 1994
Projektmanagement: Sybren de Hoo und
Harriët Böttcher
2
Stromausfall
Die Verletzlichkeit der Gesellschaft, die
Folgen von Störungen der
Elektrizitätsversorgung
Studie V26
© Rathenau-Institut, Den Haag, 1994
No part of this book may be
reproduced in any form, by print,
photoprint, microfilm or any other
means without prior written permission
of the holder of the copyright.
NOTA – Rathenau-Institut
Diese Studie wurde im Auftrag der
Nederlands Organisatie voor
Technologisch Aspectenonderzoek
(NOTA) erstellt. Seit Juni 1994 heißt
NOTA jedoch Rathenau-Institut. Da
der größte Teil dieser Studie erstellt
wurde, als eine Namensänderung noch
nicht diskutiert wurde, verwenden die
Autoren im Text durchgehend den
Namen NOTA.
Institutsleitung seit 1. November 1994:
Alle Rechte vorbehalten
© Karten: Seiten 215, 223, 231 und
259
Topographischer Dienst, Emmen
ISBN 90 346 311 76
Layout: Marc Suvaal
Druck Sdu Grafische Projekte
Papierumschlag und Seiten: Bioset,
holzfrei, chlorfrei gebleicht
Prof. W. Zegveld (Vorsitzender)
Prof. Dr. J.J.M. van Eijndhoven
Prof. Dr. J.M. Dirken
Drs. M. Epema-Brugmann
Prof. Dr. H. Franken
Prof. Dr. A. Rip
Prof. MR H.D.C. Roscam Abbing
Ir. M. van der Veen
Dr. A.D. Woll-Albers
Vorwort
Die niederländische Stromversorgung
ist sehr zuverlässig, sogar
zuverlässiger als in vielen anderen
Industriestaaten. Die Folge ist, dass
viele Niederländer kaum mit Ausfällen
der Stromversorgung rechnen. Dies ist
ein Beispiel für das
Verletzlichkeitsparadox: „In dem Maße,
in dem ein Land in seinen
Versorgungsleistungen weniger
störanfällig ist, wirkt sich jede Störung
von Produktion, Vertrieb und Konsum
der Versorgungsleistungen um so
stärker aus.“
Diese Studie beschreibt die Folgen
eines Stromausfalls anhand einer
Reihe von vor kurzem aufgetretenen
Fällen in den Niederlanden. Es wird
auch aufgezeigt, dass sich das
gesellschaftliche Auffangvermögen
durch eine Reihe von Maßnahmen
erweitern lässt: Die Erweiterung des
Risikobewusstseins, Konzentration auf
die schnelle Behebung der Störung,
Erweiterung des Auffangvermögens
bei Unternehmen und Institutionen,
Verbesserung der
verwaltungstechnischen Koordination,
Gewährleistung von Möglichkeiten zur
Information der Öffentlichkeit und zur
Kommunikation mit ihr.
Bei der Stromversorgung kann man
sogar von einem doppelten
Verletzlichkeitsparadox sprechen:
Nicht nur die hohe Zuverlässigkeit der
Versorgung, sondern auch die
zunehmende Abhängigkeit von der
Stromversorgung führen zu einer
größeren gesellschaftlichen
Verletzlichkeit bei einer Störung der
Stromversorgung.
Wir erwarten, dass diese Studie dazu
beitragen kann, das Bewusstsein für
die möglichen Folgen eines
großflächigen Einsatzes von
Technologien, in diesem Fall die
Elektrizitätsversorgung, zu erweitern.
Der Bericht kann auch bei der
Entwicklung konkreter Maßnahmen
eingesetzt werden, die der Erweiterung
des gesellschaftlichen
Auffangvermögens dienen.
Die Stromversorgung ist ein gutes
Beispiel für die Folgen, die der
zunehmende Einsatz von
Technologien auf die Art und Weise
haben kann, mit der die Gesellschaft
auf Verletzlichkeit reagiert. Dies waren
die Gründe für NOTA, der Frage
nachzugehen, ob und wie die
niederländische Gesellschaft mit den
Risiken eines Stromausfalls umgeht.
Wie groß ist in so einem Fall das
gesellschaftliche Auffangvermögen 1 ,
und was ist geregelt?
Prof. Dr. J.C.M. van Eijnhoven
Direktor des Rathenau-Instituts
1
V.d.Ü.: Vermögen der Gesellschaft, die Folgen
eines Stromausfalls auffangen zu können, Definition
siehe weiter unten
4
Inhalt
•
•
1
1.1
1.2
1.3
1.4
2
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
2.7
2.8
5
Zusammenfassung,
Schlussfolgerungen und
Empfehlungen 7
Zusammenfassung und
Schlussfolgerungen 7
Empfehlungen zur Erweiterung
des gesellschaftlichen
Auffangvermögens 20
Einleitung 25
Bisher fehlende Übersicht über
die Folgen 25
Die Stromversorgung 26
Ziel und Abgrenzung der
Untersuchung 27
Ziel des Berichtes 27
Verletzlichkeit der
Gesellschaft durch
Stromausfälle 29
Gesellschaftliche Verletzlichkeit
30
Verletzlichkeit und
infrastrukturelle Systeme 30
Gesellschaftliches
Auffangvermögen 30
Zunehmende Verletzlichkeit? 31
Stromausfälle in den
Niederlanden 31
Wahrscheinlichkeit eines
Stromausfalls und
durchschnittliche Ausfalldauer
32
Erfahrungen mit Stromausfällen
in den Niederlanden und im
Ausland 33
Sind Stromausfälle ein
Problem? 35
3
3.1
3.2
3.3
3.4
Stromausfallszenario: Das
Untersuchungsziel 36
Ziel und Entstehungsart 36
In der Studie untersuchte
Bereiche 37
Dreiteilung der Folgen 38
Folgen eines Stromausfalls
Ein Ausfallszenario 40
7
7.1
7.2
7.3
7.4
4
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
5
5.1
5.2
5.3
5.4
5.5
5.6
5.7
5.8
5.9
6
6.1
6.2
6.3
6.4
6.5
Stromausfallszenario:
Gesellschaftliche Folgen 42
Betriebe 42
Einrichtungen 47
Öffentliche Instanzen 50
Private Haushalte 54
Schlussfolgerungen und
Übersicht 54
8
8.1
8.2
8.3
8.4
Stromausfallszenario:
Einfluss auf infrastrukturelle
Systeme 59
Zweifacher Einfluss 59
Stromversorgung 61
Trinkwasserversorgung 61
Abwasserentsorgung 62
Gasversorgung 63
Transport 63
(Tele-) Kommunikation 65
Müllbeseitigung 66
Schlussfolgerungen und
Übersicht 67
8.5
8.6
Gesellschaftliches
Auffangvermögen 81
Gesellschaftliches
Auffangvermögen gegenüber
Antizipation 81
Technische Maßnahmen 83
Organisatorische Maßnahmen
85
Erweiterung des
gesellschaftlichen
Auffangvermögens 89
Schlussfolgerungen und
Empfehlungen 93
Das Verletzlichkeitsparadox 93
Die Wahrscheinlichkeit eines
Stromausfalls 94
Folgen von Stromausfällen 95
Größe und Erweiterung des
gesellschaftlichen
Auffangvermögens 99
Ist die Verletzlichkeit ein
Paradox? 102
Empfehlungen zur Erweiterung
des gesellschaftlichen
Auffangvermögens 103
Literaturhinweise…108
Stromausfallszenario:
Schaden 70
Wirtschaftlicher Schaden 70
Kosten für nicht gelieferte
Elektrizität 71
Kosten für die einzelnen
Bereiche 74
Schaden für die Umwelt 78
Schlussfolgerungen 78
6
Zusammenfassung,
Schlussfolgerungen
und Empfehlungen
1
Zusammenfassung und
Schlussfolgerungen
1.1
Einleitung
Es passiert uns allen schon mal: Der
Strom fällt aus. Meistens ist er auch
schnell wieder da, und wir kehren zur
Tagesordnung zurück. Doch kann es
vorkommen, dass die Elektrizität für
längere Zeit ausfällt, sogar in den
Niederlanden. Dies ist in der
Vergangenheit geschehen, kann aber
auch in der Zukunft vorkommen.
Überdies werden wir immer
abhängiger vom Strom. Es gibt fast
nichts mehr, das ohne Strom
funktioniert. Das ist zuhause so, aber
auch im öffentlichen Leben, bei den
Behörden und Betrieben. Das
gesellschaftliche Funktionieren ist
daher verletzbar, wenn der Strom
ausfällt. Um der Frage nachzugehen,
was wir tun können, um während eines
Stromausfalls auch weiterhin
funktionieren zu können, ist es wichtig,
die Folgen eines Stromausfalls zu
kennen. Das ist das Thema dieser
Studie. Es geht um die Folgen eines
Stromausfalls und die Maßnahmen, die
getroffen werden müssen, um diese
Folgen aufzufangen. Aber zunächst
gehen wir auf die zunehmende
Verletzlichkeit der Gesellschaft und
das Verletzlichkeitsparadox ein.
1.2
Das Verletzlichkeitsparadox
Die Verletzlichkeit der Gesellschaft
durch (unerwünschte) technische
Störungen, unerwünschtes
menschliches Handeln und
unerwünschte Vorkommnisse wie
(Natur-) Katastrophen kann Ursache
sein für ernsthafte gesellschaftliche
Turbulenzen. Technische
infrastrukturelle Systeme wie die
Stromversorgung liefern Produkte oder
7
Dienstleistungen, die für das
allgemeine gesellschaftliche
Funktionieren wichtig sind. Die
Gesellschaft ist daher durch eine
Störung der Funktion dieser
infrastrukturellen Systeme verletzlich.
(Im Sinne dieser Studie sind Störungen
in einem infrastrukturellen System
solche, die gesellschaftliche Folgen
haben.) Der Begriff Verletzlichkeit der
Gesellschaft wird daher umschrieben
als „die Sensibilität des
gesellschaftlichen Funktionierens, mit
der auf den Ausfall bestimmter
Funktionen reagiert wird.“
Neben der erhöhten Sicherheit der
Elektrizitätsversorgung und der
zunehmenden Verbreitung von
elektrischen Geräten spielt sogar noch
ein dritter Aspekt eine Rolle. Die
zunehmende Abhängigkeit von
anderen infrastrukturellen
Versorgungsleistungen wie
Trinkwasserversorgung,
Abwasserentsorgung,
Telekommunikation und Transport
sowie von der Elektrizität sorgt dafür,
dass bei einem Ausfall der
Stromversorgung diese anderen
Versorgungsleistungen im Prinzip
ebenfalls gestört werden könnten.
In verschiedenen Studien wird auf die
Tatsache hingewiesen, dass
industrialisierte Länder gleichzeitig mit
ihrer technologischen Entwicklung für
Störungen anfälliger geworden sind.
Dies wird als Verletzlichkeitsparadox
definiert und wie folgt beschrieben: „In
dem Maße, in dem ein Land in seinen
Versorgungsleistungen weniger
störanfällig ist, wirkt sich jede Störung
von Produktion, Vertrieb und Konsum
der Versorgungsleistungen um so
stärker aus.“
Angesichts dieser großen Abhängigkeit
bei der Nutzung von Elektrizität in der
Gesellschaft lässt sich erwarten, dass
die gesellschaftliche Verletzlichkeit bei
einer Störung der Stromversorgung
hoch ist. Dennoch sind die Folgen
einer Störung der Stromversorgung in
den Niederlanden noch nie untersucht
worden. Um ausloten zu können, wie
man darauf sowohl technisch als auch
organisatorisch und
verwaltungstechnisch reagieren kann,
(Erweiterung des gesellschaftlichen
Auffangvermögens), ist es jedoch sehr
wichtig, sich über die Folgen einer
Störung der Stromversorgung einen
Überblick zu verschaffen. Das Ziel
dieser Untersuchung ist die Schaffung
eines Überblicks der Folgen eines
Stromausfalls sowie die Formulierung
von Empfehlungen zur Erweiterung
des gesellschaftlichen
Auffangvermögens.
Nicht nur die technologische
Entwicklung in der Stromversorgung
kann zu einer zunehmenden
Verletzlichkeit führen. Die
technologische Entwicklung hat zu
einer größeren Nutzung von
elektrischen Geräten sowie
elektrischen Regel-, Steuerungs- und
Leitsystemen geführt, eine
Entwicklung, die noch nicht beendet
ist. Dadurch ist im Falle der
Stromversorgung von einem doppelten
Verletzlichkeitsparadox die Rede.
Sowohl die hohe Zuverlässigkeit der
Stromversorgung als auch die
zunehmende Verbreitung der
Elektrizität führen beide zu einer
zunehmenden gesellschaftlichen
Verletzlichkeit bei einer Störung der
Stromversorgung.
1.3
Die Wahrscheinlichkeit einer
Störung der Stromversorgung
Das Stromversorgungssystem besteht
aus mehreren Teilen: der
Brennstoffversorgung, dem
Produktionssystem, dem
Transportssystem
(Hochspannungsnetz) und dem
Verteilersystem (Mittel- und
8
Niederspannungsnetz). In all diesen
Teilen können Störungen auftreten. Es
führen jedoch nicht alle Störungen zu
einer Störung in der Stromversorgung.
Die Wahrscheinlichkeit eines
Stromausfalls als Folge einer Störung
der Brennstoffversorgung oder des
Produktionssystems ist sehr gering.
Die größten Störungen der
Stromversorgung werden durch
Störungen im Transport- und
Verteilersystem verursacht. Eine
Störung im 380 und 220 kVHochspannungsnetz führt eher selten
zu Ausfällen. Im
Hochspannungsbereich von 50 bis 150
kV führen Störungen in ca. 30% der
Fälle zu Stromausfällen. Störungen im
Mittel- und Niederspannungsnetz
führen in über 80% der Fälle zu
Stromausfall. Diese Zahlen sind
Durchschnittszahlen aus den
vergangenen zehn Jahren.
lang von mehreren Stromausfällen
betroffen waren, die sich teilweise
lange hinzogen. Eine Störung im
Hochspannungsnetz am 4. Januar
1993 führte dazu, dass ein Teil des
Achterhoek (V.d.Ü.: Region nordöstlich
von Arnheim) ca. acht Stunden ohne
Strom war.
Die Verlässlichkeit der
Stromversorgung wird jedoch in Bezug
auf die Wahrscheinlichkeit einer
Störung in durchschnittlichen Werten
ausgedrückt. Ebenso gibt es
durchschnittliche Werte für die
Ausfalldauer. Darüber werden
Statistiken geführt. Die
Wahrscheinlichkeit, dass ein
Niederspannungsverbraucher 1992 für
einige Zeit keine Elektrizität geliefert
bekam, betrug 20,7 % (im Durchschnitt
einmal alle fünf Jahre). Die
durchschnittliche Anzahl Minuten, die
ein Niederspannungsverbraucher
durch eine Störung der
Elektrizitätsversorgung ohne Strom
auskommen musste (jährliche
Ausfalldauer), betrug 1993 16,3
Minuten. Diese statistischen Daten
bedeuten, dass einer von fünf
Niederspannungsverbrauchern
durchschnittlich 80 Minuten pro Jahr
ohne Strom auskommen muss.
Die Anzahl der Störungen, die in den
Hochspannungsnetzen auftreten, sind
gering, die der Störungen in den
Niederspannungsnetzen am höchsten.
Im 50 bis 150 kV-Netz wurden 1992
112 Störungen registriert. Im Bereich
des Mittelspannungsnetzes (3-30 kV)
traten 1992 ca. 2300 Störfälle auf, im
Bereich der Niederspannung (0,4 kV)
ca. 7200 Störungen.
Im Vergleich zum Ausland ist die
Wahrscheinlichkeit eines Stromausfalls
in den Niederlanden gering. Sogar in
den meisten anderen Industrienationen
ist die Wahrscheinlichkeit eines
eintretenden Stromausfalls größer, und
die durchschnittliche jährliche
Ausfalldauer ist länger. Gleichzeitig
sind die Wahrscheinlichkeit eines
Stromausfalls sowie die jährliche
Ausfalldauer in den Niederlanden in
den vergangenen Jahrzehnten stark
gesunken. Die Stromlieferung ist
wesentlich zuverlässiger geworden.
Dennoch kann jederzeit ein großer,
lang andauernder Stromausfall
eintreten; eine 100%ig zuverlässliche
Die Dauer der Störungen und die
Anzahl der dadurch betroffenen
Menschen variiert von Fall zu Fall. Pro
Jahr treten viele Störfälle in einem
kleinen Gebiet mit kurzer Ausfalldauer
auf, insbesondere durch Störungen im
Mittel- und Niederspannungsnetz.
Dennoch treten auch großflächige
Störungen auf, die oftmals die Folge
von Störfällen im Hoch- oder
Mittelspannungsnetz sind. Zwei
Beispiele: Am 1. und 2. März 1987
sorgten Eisregenablagerungen auf den
Hochspannungsleitungen dafür, dass
die Provinzen Friesland, Groningen
und der Norden von Drenthe einen Tag
9
Stromversorgung lässt sich nicht
einrichten. Daher ist es sinnvoll, die
Folgen eines lang andauernden
Stromausfalls näher zu untersuchen
und Möglichkeiten zur Verbesserung
des gesellschaftlichen
Auffangvermögens zu suchen.
1.4
so genanntes Stromausfallszenario für
die Folgen einer Unterbrechung der
Elektrizitätsversorgung erstellt. Das
Ziel eines Stromausfallszenarios ist,
eine Prozessbeschreibung der Folgen
eines Stromausfalls nach Bereichen zu
liefern, u.z. als Funktion der Dauer des
Ausfalls. Die Grundlagen für die
Erstellung dieses Szenarios ergeben
sich aus der Analyse von sechs
Ausfällen, die sich in den Niederlanden
ereignet haben (siehe Kasten), zwei
„Brainstorming“-Zusammenkünften mit
Betroffenen aus den verschiedensten
Gebieten und Bereichen, sowie durch
Information und Literatur. Diese Folgen
wurden anhand von drei Kriterien
analysiert: Gesellschaft, Einfluss auf
die Infrastruktursysteme und Schaden.
Folgen eines Stromausfalls:
Ein Stromausfallszenario
Die Folgen einer Störung der
Elektrizitätsversorgung hängen von
einer Reihe von Eigenschaften der
Störung ab. Dies betrifft Zeitpunkt,
Jahreszeit, Dauer sowie Eigenheiten
und Umfang des betroffenen Gebietes.
Ein sehr wichtiger Aspekt ist die Dauer
des Stromausfalls. Darum wurde ein
Sechs analysierte Stromausfälle in den
Niederlanden
Gesellschaftliche
Folgen
Achterhoek
Montag, 4. Januar 1993 um 18.27 Uhr,
Dauer eine halbe Stunde bis 7,5 Stunden,
ein kleiner Teil bis 11 Stunden
Die gesellschaftlichen Folgen einer
Störung der Elektrizitätsversorgung
hängen stark von der Dauer des
Stromausfalls ab. Die Folgen sind für
die Landwirtschaft, Industrie,
Dienstleistung, Behörden, öffentliche
Instanzen und Haushalte als Funktion
der Dauer des Ausfalls in einzelnen
Tabellen dargestellt. Zur Erläuterung
ist die Tabelle für einige Einrichtungen
(siehe Tabelle S1) hier aufgenommen.
Arnheim
Dienstag, 25 August 1992 um 08.37 Uhr
mit einer Dauer von 53 und (für einen Teil)
155 Minuten
Rotterdam
Freitag, 16. November 1990 um 13.37 Uhr
mit einer Maximaldauer von 4 bis 4,5
Stunden
In Diagramm S1 (Seite 10) werden die
gesellschaftlichen Folgen eines
Stromausfalls als Funktion der Dauer
des Ausfalls qualitativ wiedergegeben.
Dieses Diagramm zeigt, dass direkt
nach einem Stromausfall eine Reihe
von Folgen auftritt, die jedoch nach 1
bis 2 Stunden wieder abnimmt. In dem
Maße aber, in dem der Stromausfall
länger andauert, werden die Folgen
immer umfangreicher und nehmen
ungefähr linear zu. Nach ca. 8 Stunden
nehmen die Folgen exponentiell zu.
Diese drei Teile des Diagramms
erklären sich wie folgt:
Edam
Mittwoch, 3. Januar 1990 um 08.30 Uhr
mit einer Dauer von mindestens 8 Stunden
bis zu maximal 3 Tagen
Bleiswijk
Mittwoch, 5. Juli 1989 um 19.00 Uhr mit
einer Dauer von mindestens 8 Stunden bis
über 30 Stunden
Den Haag
Dienstag, 7. Februar 1989 um 16.45
Uhr mit einer maximalen Dauer von 1,5
Stunden
10
Einrichtungen
Krankenhaus
0 – 2 Stunden
Notstromaggregat
(NSA)
verpflichtend
2 – 8 Stunden
Wegfallen der
Bürotätigkeiten wird
hinderlich
8 – 24 Stunden
Verwaltung von
Hand durchführen
Alten-/Pflegeheime
ohne
Notstromaggregat
Lifte, Mahlzeiten,
Beleuchtung,
Notrufinstallation
im Haus,
elektrische
Apparate in den
Zimmern,
zusätzliches
Personal in Dienst
holen
Mahlzeiten, Kühlung
Leichenhalle,
Warmwasserversorgung,
Notbeleuchtung fällt aus,
unsichere Situation, im
Winter keine Heizung
siehe 2 – 8 Stunden,
auch Probleme mit
den
Gefriereinrichtungen
Alten-/Pflegeheime
it Notstromaggregat
nur Probleme mit einzelnen elektrischen
Apparaten auf den Zimmern/Abteilungen,
Türen öffnen sich automatisch, Menschen
können ohne Kontrolle hinein/hinaus
Pflege in Hause
Hilfsbedürftige
Menschen
zuhause, deren
Rollstühle,
medizinischen
Geräte,
elektrischen Türen
usw. mit Strom
arbeiten und die für
ihre
Kommunikation
Kommunikationsmittel zur
Verfügung haben
müssen
Hilfsleistungen laufen
nicht nach Plan, durch
gestörte Kommunikation
wird Informationsgebung
behindert, Panik bei
Hilfsbedürftigen
Tabelle S1: Folgen für die Einrichtungen
11
siehe auch 2 - 8
Stunden, auch
Probleme mit
Gefriereinrichtungen,
Notbeleuchtung (mit
Akkus) endet
siehe auch 2 – 8
Stunden, wenn
keine auf Papier
vorhandene Liste,
dann nicht klar, was
und wann für Hilfe
notwendig ist,
Verderb von
Medikamenten im
Büro des
Pflegedienstes
24 Stunden->
möglicherweise
wird die
Versorgung des
NSA mit
Brennstoff ein
Problem
Situation wird
unhaltbar, im
Pflegeheim:
Evakuierung
eines Teils der
Patienten,
medizinische
Behandlungen
unterbrechen,
Bevorratung mit
Waren
möglicherweise
ein Problem
mögliche
Probleme mit
der
Brennstoffzufuhr
des NSA und
Vorrat an Waren
Situation prekär,
Menschen
evakuieren
[Diagramm S1: Qualitative Darstellung der
gesellschaftlichen Folgen eines Stromausfalls
als Funktion der Dauer einer Störung (nicht
kumulativ)
gesellschaftliche Folgen
Zeit in Stunden]
•
Direkt nach der Störung können
ernsthafte Folgen auftreten wie
Verkehrsunglücke, Entweichen von
Gasen aus industriellen Prozessen,
Menschen bleiben in Aufzügen oder UBahnen stecken. Diese direkten
Folgen nehmen mit der Dauer ab.
•
Nach ca. 2 Stunden werden
länger andauernde Folgen bemerkbar.
Sie sind vor allem Folgen durch nicht
mehr funktionierende Geräte,
Steuerungen und
Kommunikationsapparate, z.B.
Heizungsausfall, da die Pumpe im
Hauptheizkessel nicht mehr arbeitet,
kein Wasser in Mehrfamilienhäusern,
da die Druckerhöhungsanlage nicht
mehr funktioniert, kein künstliches
Licht, Fernsehen, Radio usw., kein
Verkauf von Waren und
Dienstleistungen, da die
Kassensysteme nicht mehr arbeiten,
keine Betriebstätigkeiten mehr.
•
Nach ungefähr 8 Stunden
nehmen die Folgen exponentiell zu, da
große Schäden auftreten. Hühner
(siehe Kasten) und Schweine sterben,
Hilfsdienste erreichen hilfsbedürftige
Menschen nicht mehr zuhause,
Kühlprodukte verderben, Material in
Zuleitungen zu Betrieben sitzt fest, die
Mahlzeitenverteilung in Altenheimen
kann nicht mehr stattfinden. Nach
längerer Dauer werden diese Folgen
immer schlimmer. Der Verkehr kommt
zum Erliegen, da nicht mehr getankt
werden kann, die Vorräte für die
Notstromaggregate werden
aufgebraucht, Tunnel laufen voller
Wasser, Kühe müssen trockengelegt
werden.
Die Federviehhaltung
In der Federviehhaltung können sich direkt
nach dem Stromausfall Probleme durch
Wegfall der Ventilation im Stall ergeben.
Freilaufende Tiere (Schlachtküken) setzen
sich aufeinander, im Sommer sind bereits
nach einer Viertelstunde 10.000 Tiere tot,
insgesamt können es bis zu 40.000 sein.
Bei freilaufenden Tieren können die Türen
für die Luftzufuhr nicht geöffnet werden.
Bei Legehühnern in Käfigen verläuft der
mögliche Sterbeprozess weniger schnell.
Die Hühner legen allerdings nicht mehr.
Dauert der Stromausfall länger als acht
Stunden, tritt auch hier ein großes
Tiersterben ein. Bei überlebenden Tieren
tritt eine Stagnation des Wachstums auf.
Im Sommer sind die Probleme größer als
im Winter.
Aus dieser Wiedergabe der
gesellschaftlichen Folgen eines
Stromausfalls in Funktion der Dauer
können folgende Schlussfolgerungen
gezogen werden:
•
Direkt nach dem Stromausfall
tritt eine Reihe von Folgen auf, die
aufgrund ihrer Art stark von einer
Reihe anderer Eigenschaften als der
Dauer des Stromausfalls abhängig
sind. Insbesondere Zeitpunkt und
geografische Eigenheiten des
Gebietes sind hierbei bestimmend. In
der Hauptverkehrszeit treten in
städtischen Gebieten bei Stromausfall
vor allem Verkehrsunglücke ein.
•
Die Folgen als Funktion der
Dauer des Stromausfalls nehmen stark
zu. Bei einem Ausfall von länger als
acht Stunden kann man von einer
katastrophenähnlichen Situation
sprechen. Die Anzahl der Folgen, aber
insbesondere auch der Ernst der
Folgen nimmt stark zu. Es müssen
also Maßnahmen getroffen werden, die
den Maßnahmen zur
Katastrophenbekämpfung stark
ähneln.
•
Ernsthafte gesellschaftliche
Folgen treten nach acht Stunden
insbesondere bei hilfsbedürftigen,
behinderten und kranken Menschen
auf. Die Gesundheit dieser Menschen
hängt oftmals direkt oder indirekt von
elektrischen Geräten ab, und ihre
Sicherheit ist abhängig von der
Erreichbarkeit Hilfeleistender über
Kommunikationsvorrichtungen. Bei
länger andauerndem Ausfall muss
insbesondere für diese Menschen
überlegt werden, wie die Hilfsdienste
für sie organisiert werden können.
ausfällt, fällt auch die Heizung aus.
Das Telefonnetz funktioniert weiter,
aber die Telefonzentralen und
Faxgeräte fallen aus, und es treten
Überlastungen auf, da viel angerufen
wird. Das Transportsystem ist eine
Ausnahme, denn es wird selbst direkt
gestört: U-Bahn und Straßenbahn
halten an, der Berufsverkehr kann in
Chaos ausarten.
•
In der Zeit von 2 bis 24 Stunden
verändert sich die Situation kaum, die
Unbequemlichkeit nimmt jedoch stark
zu. Nur im Falle der Wasserentsorgung
kann Kanalwasser auf
Oberflächenwasser überlaufen, da die
Auffangkapazitäten des Kanalsystems
erschöpft sind.
•
Abgesehen davon, dass die
Unbequemlichkeiten für Dritte noch
weiter zunehmen, können sich nach 24
Stunden für die Infrastrukturen selbst
die Folgen eines Stromausfalls
bemerkbar machen. Verschiedene
Einrichtungen haben
Notstromaggregate. Ein Problem kann
sich ergeben, wenn die Brennstoffe
dafür verbraucht sind. Auch der
Transport des Brennstoffs selbst kann
unterbrochen werden, da durch Ausfall
der Benzinpumpen kein Brennstoff
getankt werden kann. In diesen
Situationen muss Brennstoff von
außerhalb des betroffenen Gebietes
angeschafft werden.
EINFLUSS AUF
I N F R A S T R U K T URELLE SYSTEME
Der Ausfall der Elektrizitätsversorgung
hat Folgen für das Funktionieren
anderer Infrastrukturen wie
Trinkwasser- und Gasversorgung,
Abwasserentsorgung, Transport,
Telekommunikation und
Müllbeseitigung. Dieser Einfluss ist
zweifacher Art: Zum einen kann das
Funktionieren dieser Infrastruktur
selbst beeinflusst werden. Zum
anderen können die an diese
Infrastruktur angeschlossenen Geräte,
die von der Elektrizitätsversorgung
abhängig sind, nicht mehr arbeiten,
oder es findet eine (soziale) Reaktion
statt, aufgrund derer die Funktion
dieser Infrastruktur beeinflusst wird.
Tabelle S2 gibt eine Übersicht über die
Folgen eines Stromausfalls auf die
Funktionen der Infrastrukturen als
Funktion der Dauer des Stromausfalls.
Dabei können folgende Folgen mit der
Zeit unterschieden werden:
•
2 Stunden nach dem
Stromausfall treten Folgen auf, aber in
den meisten Fällen wird keine Rede
davon sein können, dass die
Infrastruktur selbst gestört ist. So
arbeitet die Trinkwasserversorgung
weiter, aber da die Wasserversorgung
in Mehrfamilienhäusern nicht mehr
funktioniert, ist dort auch kein Wasser
mehr vorhanden. Die Gasversorgung
arbeitet ebenfalls weiter, aber da die
Pumpe in der Zentralheizungsanlage
Aus dieser Analyse der Folgen für die
technischen infrastrukturellen Systeme
können folgende Schlussfolgerungen
gezogen werden:
•
Die meisten infrastrukturellen
Systeme sind in ausreichendem Maße
ausgerüstet, um die Folgen eines
Stromausfalls für die Dauer von 24
Stunden und manchmal länger sicher
überstehen zu können. Nur bei dem
Transport tritt direkt eine Störung ein,
da Straßenbahnen, U-Bahnen und
Züge nicht mehr fahren und das
13
Trinkwasser
Abwasserentsorgung
Gas
Transport
Telekommunikation
Müll
•
••
•••
0 – 2 Stunden
2 – 24 Stunden
••
•
••
•••
••
-
••
•••
••
•••
••
-
24 Stunden und
länger
••
•••
••
•••
••
•••
Kein Einfluss auf Infrastrukturen, keine Folgen
Einfluss auf Infrastrukturen, keine Folgen
Kein Einfluss auf Infrastrukturen, Folgen
Einfluss auf Infrastrukturen, Folgen
Tabelle S2: Einfluss des Stromausfalls auf die infrastrukturellen Systeme als Funktion der Dauer des Stromausfalls
Tanken von Kraftstoff nicht mehr
möglich ist, siehe Kasten.
•
Die auftretenden Störungen sind
häufig nicht die Folge einer Störung
der Infrastruktur, sondern eines
Ausfalls der angeschlossenen
elektrischen Geräte.
•
Ein nicht-technisches Problem,
das sich bei der Telekommunikation
auftut, ist Überlastung. Bei Ausfall des
Stroms rufen Menschen hauptsächlich
ihre Freunde oder Familie an, aber
auch Notrufnummern, das
Elektrizitätswerk und die Polizei. Um
den Einfluss dieses Problems zu
minimieren, wurde für den Bereich
Kommunikation zwischen
lebensnotwendigen Einrichtungen und
Instanzen u.a. das Nationale Notnetz
angelegt. Aus Erfahrungen bis heute
ergibt sich, dass eine ganze Reihe von
Einrichtungen hiervon (noch) keinen
Gebrauch macht.
SCHADEN
Der Schaden tritt, neben dem Schaden
für die Umwelt, vor allen Dingen in
wirtschaftlicher Hinsicht ein. Der
wirtschaftliche Schaden als Folge
eines Stromausfalls wird unterschieden
in Umsatzverlust, Überstunden,
materiellen Schaden und Vorsorge in
Bezug auf eine Notstromversorgung.
Der Schaden, der als Folge eines
Elektrizitätsausfalls entsteht, hängt
Formen von Transporthindernissen
durch Stromausfall
Schifffahrt
Brücken können nicht öffnen
kein Einsatz von Lösch- oder
Ladekränen auf dem Kai
Umschlagkapazitäten beeinflusst
Straßenverkehr
Benzinpumpen arbeiten nicht
Brücken sind geöffnet
Ampeln fallen aus
Schranken senken sich
keine öffentliche Information
Wasser in Tunnels
U-Bahn/Straßenbahn
halten an, gestrandete Reisende
O-Bus, Bus
keine Spannung auf der
Oberleitung
Verspätung durch Aufhebung der
Fahrpläne
Zug
-
keine Spannung in der Oberleitung,
gestrandete Reisende
Bahnschranken schließen
gestörte Fahrpläne
stark von der spezifischen Situation ab,
in der sich ein Unternehmen, eine
Einrichtung oder eine öffentliche
Instanz befindet, ob ein
Notstromaggregat zur Verfügung steht
und wie lang der Stromausfall dauert.
In der Literatur wird dieser Aspekt
ausführlich behandelt, er wird
insbesondere in Kosten pro nicht
gelieferter kWh ausgedrückt. Auch in
dieser Studie wird versucht, ein Bild
von den Kosten pro nicht gelieferter
kWh zu zeichnen. Daraus lassen sich
die folgenden Schlussfolgerungen
ziehen:
•
Die Kosten pro nicht gelieferter
kWh für das Dienstleistungsgewerbe,
Einrichtungen und öffentliche
Instanzen sind relativ hoch
(durchschnittlich 60 – 70 hfl/kWh)
•
Die Kosten pro nicht gelieferter
kWh für Industriebetriebe variieren
stark, liegen aber gleich oder niedriger
als die Kosten für den
Dienstleistungsbereich.
•
Allgemein sind die Kosten pro
nicht gelieferter kWh umgekehrt
proportional zur Elektrizitätsintensität
(kWh/hfl). Anders ausgedrückt, je
höher der Stromverbrauch pro Einheit
geschaffenen Mehrwertes ist, desto
niedriger sind die Kosten pro nicht
gelieferter kWh.
privaten Haushalte und öffentliche
Versorgungseinrichtungen jeweils in
getrennten Diagrammen in den Bericht
aufgenommen. Hier ist der Schaden
als Funktion der Dauer des Ausfalls für
die Komponenten „Umsatzverlust“,
„Überstunden“ und „materieller
Schaden“ für die verschiedenen
Sektoren kumuliert in Diagramm S2
dargestellt. Die Kategorie „mit einem
Notstromaggregat ausgestattet“ ist
nicht in die Darstellung aufgenommen,
da dies eine Maßnahme ist, die nur
einzelne Betriebe, Einrichtungen oder
Dienstleistungsgewerke treffen
können. Dadurch nehmen für diese die
Gesamtkosten ab. Für alle Sektoren
kumuliert tragen diese jedoch kaum zu
einem weniger starken Kostenanstieg
für die drei oben genannten
Komponenten bei. Aus der Analyse
kann über den Verlauf der
Kostenkomponenten als Funktion der
Zeit folgendes gefolgert werden:
•
Der Umsatzverlust bei
Unternehmen nimmt proportional zu
der Dauer des Stromausfalls zu.
Personal wird nach Hause geschickt
und die Produktion unterbrochen. Die
Anzahl nicht gearbeiteter Stunden oder
nicht produzierter Waren nimmt grob
linear mit der Zeit zu.
•
Überstunden sind vor allem bei
den öffentlichen Instanzen und
Einrichtungen von Bedeutung. Bei den
öffentlichen Diensten und Altenheimen
muss zusätzliches Personal eingesetzt
werden, um Kreuzungen zu sichern,
präventive Überwachungen
durchzuführen, Menschen aus
Aufzügen zu holen usw. Bei
Krankenhäusern und der häuslichen
Pflege wird nach einer gewissen Zeit
zusätzliches Personal für weitere
Hilfeleistungen eingesetzt werden.
•
Materieller Schaden entsteht
erst nach einiger Zeit dadurch, dass
gekühlte Waren verderben, Tiere
sterben, sich die Leitungen
verschiedener Betriebe zusetzen,
Kühe trockengelegt werden müssen
[Diagramm S2: Der Verlauf der drei Schadensarten
(Umsatzverlust, Überstunden und materieller Schaden in
Funktion der Dauer des Stromausfalls, kumulativ)
Kosten
••• Umsatzverlust
___materieller Schaden
*** Überstunden]
Wie bereits angeführt, hängt der
Schaden stark von der Dauer des
Stromausfalls ab. Die Beträge, die
weiter oben genannt wurden, gelten für
einen relativ kurz andauernden
Stromausfall (weniger als 8 Stunden).
Der Schaden als Funktion der Dauer
des Ausfalls ist für die Landwirtschaft,
Industrie, Einrichtungen, Behörden,
15
usw. Dieser Kostenpunkt nimmt
sicherlich überproportional mit der
Dauer des Stromausfalls zu.
Versorgungseinrichtungen sind als
Funktion der Dauer eines
Stromausfalls in Tabellen
wiedergegeben. Als Beispiel sind in
Tabelle S3 die Maßnahmen für
öffentliche Instanzen dargestellt.
Bei einem Stromausfall kann auch ein
Schaden der Umwelt auftreten. Es
lassen sich zwei Ursachen für einen
Umweltschaden ausmachen: Zum
einen durch die Tatsache, dass sich
innerhalb des Wassersystems, im
Kanalsystem, ungereinigtes Abwasser
ansammeln kann, zum zweiten durch
die abrupte Unterbrechung industrieller
Prozesse. Wird ein Prozess
unvermittelt ohne Notabschaltung
unterbrochen, können
umweltschädigende Emissionen
auftreten.
1.5
MASSNAHMEN
Für die sechs Stromausfälle in den
Niederlanden, deren Folgen untersucht
werden, wurden gleichzeitig die
Maßnahmen festgehalten, die damals
getroffen wurden, um die Folgen des
Stromausfalls auffangen zu können.
Aus dieser Inventarisierung ergibt sich
folgendes Bild:
•
Die Verbraucher können
technische Maßnahmen durch die
Installation von Notstromanlagen wie
Anlagen zur unterbrechungsfreien
Stromversorgung (USVs),
Notstromaggregate und Akkus/
Batterien treffen. Bei rund der Hälfte
der Betroffenen, die keine privaten
Haushalte sind, ergab sich, dass keine
Art der Notstromversorgung vorhanden
war. Bei ungefähr 5% war eine USV
vorhanden, 20% verfügten über ein
Aggregat, und 5% hatten ein Aggregat
gemietet. Ungefähr 20% verfügten
über ein Akku/Batterieset für die
Notstromversorgung. Übrigens
funktionierte bei einem kleinen Teil die
Notstromversorgung nicht.
•
USVs sind vor allem bei einer
Reihe wichtiger Dienste wie dem
zentralen Rettungsdienst und der
Telekommunikation vorhanden. Viele
(kleinere) Betriebe und Büros, aber
auch eine Reihe Altenheime, verfügen
über kein Notstromaggregat. Bei vier
der sechs Stromausfälle verfügte die
Polizei nicht über ein Aggregat.
•
Die betroffenen Verbraucher
trafen vielfältige organisatorische
Maßnahmen, um die Folgen des
Stromausfalls aufzufangen. Diese
organisatorischen Maßnahmen
variieren stark und sind speziell auf die
einzelnen Betriebe oder Einrichtung
Größe und Erweiterung des
gesellschaftlichen
Auffangvermögens
In dem Maße, in dem eine Gesellschaft
in der Lage ist, die Folgen eines
Stromausfalls aufzufangen, bestimmt
sich die Verletzlichkeit der
Gesellschaft. Dies lässt sich gut als
das gesellschaftliche Auffangvermögen
umschreiben und ist folgendermaßen
definiert: „Minderung der
Hilfsbedürftigkeit in
Katastrophensituationen und
Möglichkeiten, die normale Situation
wieder herzustellen.“
Die gesellschaftliche Verletzlichkeit ist
also keine statische Zahl, sondern
kann in großem Maße durch das
gesellschaftliche Auffangvermögen
beeinflusst werden. Das
gesellschaftliche Auffangvermögen
kann einerseits durch technische
Maßnahmen wie die Installation von
Notstromaggregaten erweitert werden,
andererseits können organisatorische
Maßnahmen getroffen werden, die das
gesellschaftliche Auffangvermögen
erweitern. Die Maßnahmen für
betroffene Verbraucher, öffentliche
Instanzen und
16
Polizei
Feuerwehr
Gemeinde
Zentralstelle für
Rettungsdienste
alle
0 – 2 Stunden
• Reaktion auf
(Alarm-)
Meldungen
• Verkehrsregelung auf
Kreuzungen und
an Bahnübergängen
2 – 8 Stunden
• die Route für
Gefahrstofftransporte
kennen
• präventive
Überwachung
• Information der
Bevölkerung
8 – 24 Stunden
24 Stunden->
• mit Verlauf der Zeit immer deutlicher
gesetzte Prioritäten für
• Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ordnung,
• Verkehrsbegleitung
• Aufrechterhaltung von (Not-)
Funkverbindungen
• Menschen aus
• Einsatz von
Aufzügen holen
Notstromaggregaten
• auf
• Information der
Feuermeldungen
Bevölkerung
reagieren
• damit rechnen, dass
sich der Vorfall zu
• Hilfe bei
einer Katastrophe
Verkehrsunfällen
ausweiten kann
• Hilfe bei der
Evakuierung
großer Gebäude
• informieren
• Bevölkerung
(lassen)
informieren (lassen)
• normale Tätigkeiten, kaum zusätzliche
Maßnahmen
• Regelung der
Koordination
• Aufrechterhaltung
der Kommunikation
• Handhabung der
Notstromeinrichtungen
• Katastrophenplan umsetzen (in
Zusammenarbeit mit anderen Instanzen)
• Kommunikation
• weitere Nachfrage
aufrechterhalten
nach Hilfsdiensten
• zusätzliche
• Bereitstellung von
Nachfrage nach
Auffangräumen (in
Hilfsdiensten als
Zusammenarbeit mit
Folge des
anderen Instanzen)
Stromausfalls
• die Koordination und damit Kommunikation untereinander muss geregelt sein (Nutzung
des Nationalen Notnetzes)
• Information der Bevölkerung
Tabelle S3: Maßnahmen der öffentlichen Instanzen
zugeschnitten. Einige Beispiele sind
zusätzlicher Personaleinsatz in
Altenheimen insbesondere in Bezug
auf die Sicherheit, Einsatz eines
Notdienstplanes bei den öffentlichen
Verkehrsbetrieben, Schließung von
Geschäften, Organisation der
Sicherung von Geschäften/
Unternehmen, alternative Dienstpläne/
Arbeiten einsetzen/durchführen, usw.
•
Wichtig bei einem Stromausfall
sind die öffentlichen Instanzen. Diese
Instanzen treffen gewisse
organisatorische Maßnahmen, um die
allgemeinen gesellschaftlichen Folgen
eines Stromausfalls zu beschränken
oder zu vermeiden.
Aus der Analyse der sechs
Stromausfälle ergab sich,
dass die Polizei auf den
verschiedensten Gebieten
am meisten aktiv wurde, wie
Kommunikation mit den
-
-
Bürgern und Betrieben,
Reaktion auf
Alarmmeldungen,
Verkehrsregelung auf
Kreuzungen und
Bahnübergängen,
Information der Bevölkerung,
Aufrechterhaltung der
öffentlichen Ordnung durch
zusätzliche Überwachung.
Die Feuerwehr wird im eher
technischen Bereich aktiv,
wie die Befreiung von
Menschen aus Aufzügen und
die Zuteilung von
Notstromaggregaten.
Die Gemeinde erfüllt bei
diesen Störungen eher eine
nebensächliche Rolle. Nur
wenige Menschen rufen das
Gemeindeamt an, um
Informationen zu erhalten.
•
Bei den organisatorischen
Maßnahmen, die die verschiedenen
öffentlichen Einrichtungen treffen, sind
Koordination und Kommunikation
untereinander wichtig. Aus der Analyse
der sechs Stromausfälle ergab sich,
dass beides pro Störung stark
voneinander abweichen kann. Im
Allgemeinen ergab sich, dass bei
Stromausfällen, die nur kurz
andauerten, wenig Zusammenarbeit
zwischen den einzelnen öffentlichen
Einrichtungen einschließlich des
Stromversorgers herrschte, obwohl nur
der Stromversorger relevante
Informationen über die Dauer der
Störung liefern kann. Manchmal
arbeiteten zwar die verschiedenen
Einrichtungen einer Gemeinde sehr gut
zusammen, aber diese kaum oder gar
nicht mit denen anderer Gemeinden. In
keinem einzigen Fall wurde das
Nationale Notnetz verwendet.
•
Die Kommunikation und
Information von Betrieben und
Öffentlichkeit sind während eines
Stromausfalls wichtige Aspekte.
Menschen rufen vor allem
Familienmitglieder und Freunde an,
danach informieren sie sich vor allem
bei dem Stromversorger und der
Polizei. Dadurch kann das Telefonnetz
überlastet werden, was bei einer Reihe
der untersuchten Stromausfälle der
Fall war. Die Information der
Öffentlichkeit wurde bei den
untersuchten Fällen ad hoc organisiert.
In vier Fällen wurde ein regionaler
Sender genutzt, in zwei Fällen ein
Lautsprecherwagen. Da Radio und
Fernsehen in den meisten Fällen auch
am Stromnetz hängen, erreichen sie
nicht alle Menschen. Im Achterhoek
erhielten 58% aller Haushalte
überhaupt keine Information, in
Arnheim selbst waren es 90%.
sind nicht in ausreichendem Maße
getroffen worden, die organisatorische
Vorbereitung ist ungenügend, und es
ist nicht ausreichend geregelt, wie die
verwaltungstechnische Koordination zu
verlaufen hat. Dass das
gesellschaftliche Auffangvermögen
nicht groß ist, ergibt sich u.a. daraus,
dass das Risikobewusstsein der
Bürger, Betriebe, Einrichtungen und
öffentlichen Instanzen in Bezug auf
einen Ausfall der Stromversorgung
nicht sonderlich groß ist. Man weiß
nicht, welcher Art die Folgen sein
können und empfindet einen
Stromausfall daher auch nicht als eine
bedrohliche Situation.
ERWEITERUNG
D E S G E S E L LSCHAFTLICHEN
A U F F A N G V E RMÖGENS
Eine Erweiterung des
gesellschaftlichen Auffangvermögens
ist sicher möglich und in einigen Fällen
auch wünschenswert. Es sind viele
technische und organisatorische
Maßnahmen denkbar, die nicht
kostspielig sein müssen. Aus der
Analyse der Folgen ergibt sich, dass
man drei Zeitphasen des Stromausfalls
unterscheiden kann, von der jede eine
Reihe unterschiedlicher Maßnahmen
verlangt, um das gesellschaftliche
Funktionieren so weit wie möglich
aufrecht zu erhalten. Viele dieser
Maßnahmen müssen jedoch schon vor
einem Stromausfall festgelegt werden
(technische Maßnahmen) oder
vorbereitet sein (organisatorische
Maßnahmen), wenn sie die Folgen
eines Stromausfalls abmindern können
sollen. Die zu treffenden Maßnahmen,
die die Folgen eines Stromausfalls in
diesen drei verschiedenen Zeitphasen
mindern können, werden nachfolgend
dargestellt:
Allgemein kann gefolgert werden, dass
das gesellschaftliche Auffangvermögen
im Falle eines Elektrizitätsausfalls nicht
sehr groß ist. Technische Maßnahmen
18
allem die öffentlichen Einrichtungen
wissen, welche Folgen in ihrem
Einsatzgebiet auftreten können, wie
darauf zu reagieren ist und welche
Prioritäten gesetzt werden müssen. Es
geht in dieser Phase u.a. um folgende
Maßnahmen:
•
Übergang auf einen alternativen
Dienstplan in Betrieben, Einrichtungen
und Behörden
•
Hinzuziehung von zusätzlichem
Personal vor allem bei den öffentlichen
Instanzen und Einrichtungen
•
Installation von
Notstromaggregaten bei wichtigen
Einrichtungen wie Alten-/
Pflegeheimen, Telefonzentralen, wenn
diese nicht funktionieren oder
vorhanden sind
In den ersten zwei Stunden nach
einem Stromausfall (die erste Phase)
können vor allem technische
Maßnahmen die Folgen abmildern. Es
kann jedoch nie in organisatorischem
Sinn direkt auf einen
unvorhersehbaren Stromausfall
reagiert werden. Die technischen
Maßnahmen beinhalten vor allem:
•
USVs und/oder Akkus/Batterien
und/oder Aggregate für
Verkehrsampeln, Telefonanlagen,
Brücken, Alarmeinrichtungen,
Computer, Kassensysteme, Kontrollund Regelapparaturen,
Druckerhöhungsanlagen,
Straßenbahnen und Züge,
medizinische Apparate für den privaten
Einsatz usw.
•
Möglichkeiten zur
Handbedienung von Aufzügen,
Brücken, elektrischen Türen,
Benzinpumpen usw.
•
Notstromaggregate, u.a. bei der
Polizei und Altenheimen
•
Der abbruchsichere Entwurf von
Produktionsprozessen, so dass diese
ohne Einschränkung der Sicherheit
abgebrochen werden können. In dieser
ersten Phase sind jedoch auch
organisatorische Maßnahmen wichtig.
So müssen große Gebäude und
Kaufhäuser evakuiert werden, wofür
man einen Evakuierungsplan braucht.
Ebenso ist es in dieser ersten Phase
notwendig, so schnell wie möglich die
Dauer des Stromausfalls abschätzen
zu können, um Maßnahmen
vorbereiten zu können, die in den
nachfolgenden Phasen notwendig
werden können.
Nach 8 Stunden kann ein Stromausfall
zu einer Katastrophensituation werden,
insbesondere, wenn die Störung ein
großes Gebiet umfasst und es
Hinweise darauf gibt, dass eine solche
Störung länger als 24 Stunden
andauert. Zur Erweiterung des
gesellschaftlichen Auffangvermögens
sind dann vor allem organisatorische
und koordinatorische Maßnahmen
wichtig, die jedoch schon vorbereitet,
beschrieben und in einem Plan
umgesetzt vorliegen müssen, bevor
eine solche Situation eintritt. Die
Einrichtung eines Koordinationsteams
in dieser Phase spielt eine wichtige
Rolle. Eine Reihe von Maßnahmen
kann dann sein:
•
die Einrichtung von
Informationsstellen für Betriebe und
Bürger
•
die Einrichtung von
Auffangräumen für Menschen z.B. im
Zusammenhang mit dem Ausfall der
Heizung
•
die Koordination des
Brennstofftransportes zu
Notstromaggregaten und für
Transportzwecke
•
Die Koordination der
Evakuierung von Hilfsbedürftigen aus
In dem Zeitraum von 2 bis 8 Stunden
nach dem Stromausfall (die zweite
Phase) ist eine Mischung aus
technischen und organisatorischen
Maßnahmen zur Abmilderung der
Folgen notwendig. In dieser Phase
wird sicherlich eine Reihe von
Notstromeinrichtungen „erschöpft“
sein. Dabei ist es wichtig, dass vor
19
Altenheimen, Pflegestationen, privaten
Haushalten und Krankenhäusern nach
außerhalb des Stromstörungsgebietes.
•
die Koordination und Verteilung
von u.a. lebensnotwendigen
Bedarfsmitteln.
1.6
abzufangen, scheint nicht sehr groß zu
sein. Menschen sind unvollkommen
vorbereitet, die technischen
Maßnahmen sind nicht in
ausreichendem Maße umgesetzt, und
im organisatorischen Bereich wird
spontan auf einen Stromausfall
reagiert. Es stehen jedoch
ausreichende technische und
organisatorische Maßnahmen zur
Verfügung, die das gesellschaftliche
Auffangvermögen deutlich erweitern
können. Das Verletzlichkeitsparadox
kann durch die Erweiterung des
gesellschaftlichen Auffangvermögens
ziemlich sicher abgemildert werden.
Verletzlichkeit – ein Paradox?
Durch die technologische Entwicklung
hat die Zuverlässigkeit der
Elektrizitätsversorgung zugenommen.
Das Stromversorgungssystem kann
jedoch niemals 100% verlässlich sein,
es kann jederzeit ein lang
andauernder, großer Stromausfall
auftreten. Die Folgen eines dennoch
auftretenden Stromausfalls sind
umfangreich. Dies wird als
Verletzlichkeitsparadox umschrieben:
„In dem Maße, in dem ein Land in
seinen Versorgungsleistungen weniger
störanfällig ist, wirkt sich jede Störung
von Produktion, Vertrieb und Konsum
der Versorgungsleistungen um so
stärker aus.“ Dieses Paradox wird
noch verstärkt durch die zunehmende
Durchdringung mit elektrischen
Apparaten, Kontroll- und
Steuerungssystemen sowie der
zunehmenden Abhängigkeit von der
Elektrizität bei den anderen
infrastrukturellen
Versorgungseinrichtungen.
2.
Empfehlungen zur
Erweiterung des
gesellschaftlichen
Auffangvermögens bei
Störung der
Elektrizitätsversorgung
Wir haben festgestellt, dass:
•
die Stromversorger ein Produkt
und Dienstleistungen liefern, die für die
gesellschaftlichen Funktionen äußerst
wichtig sind;
•
die Durchdringung mit
elektrischen Apparaten in allen
Bereichen unserer Gesellschaft stark
zugenommen hat;
•
die Sicherheit einer
störungsfreien Stromversorgung in den
letzten Jahren zugenommen hat und
damit auch das Vertrauen in eine
störungsfreie Versorgungseinrichtung;
•
die Stromversorgung für andere
infrastrukturelle Systeme, wie der
Trinkwasser- und Gasversorgung, der
Abwasserentsorgung,
Telekommunikation und dem
Transport; Bedeutung hat,
•
die möglichen Folgen eines
Stromausfalls in den vergangenen
Jahren beträchtlich zugenommen
haben, während gleichzeitig weniger
mit einem solchen Stromausfall
gerechnet wird.
Aus der Analyse der Folgen eines
Stromausfalls ergibt sich, dass das
gesellschaftliche Leben in hohem
Maße aus den Fugen gerät. Tritt ein
Stromausfall länger als 8 Stunden auf,
kann man von einer Situation
sprechen, die mit einer Katastrophe
vergleichbar ist. Die Gesellschaft ist
daher durch einen Ausfall der
Elektrizitätsversorgung verletzbar.
Das gesellschaftliche
Auffangvermögen, also das Maß, in
dem eine Gesellschaft in der Lage ist,
die Folgen eines Stromausfalls
20
•
Außerdem haben wir festgestellt, dass:
•
das System der
Elektrizitätsversorgung aus
verschiedenen Teilen besteht wie die
Brennstoffzufuhr, dem
Produktionssystem und dem
Transport- und Verteilersystem. Es
kann davon ausgegangen werden,
dass diese im internationalen Vergleich
ausgezeichnet funktionieren, jedoch
jeder Teil für sich oder in Kombination
mit anderen Ursache für eine Störung
der Elektrizitätsversorgung sein kann;
•
das Transport- und
Verteilungssystem in der
Stromversorgung umfangreich
(Gesamtlänge ca. 100.000 km),
komplex und relativ anfällig ist. Das
Transport- und Verteilungssystem
besteht aus einem
Hochspannungsnetz (380 bis 50 kV)
sowie einem Mittelspannungsnetz (von
50 bis 3 kV) zu Transportzwecken und
einem Niederspannungsnetz (0,4 kV)
zu Verteilungszwecken;
•
Insbesondere im Transport- und
Verteilersystem treten Störungen der
Elektrizitätsversorgung auf. Statistisch
gesehen tritt bei einem
Niederspannungsnutzer in den
Niederlanden einmal alle fünf Jahre
eine Unterbrechung der
Stromversorgung (Stromausfall) durch
Störungen am Verteilersystem auf.
Landesweit gesehen hatte 1992 einer
von fünf Niederspannungsnutzern ca.
80 Minuten lang keinen Strom;
•
Störungen der Stromversorgung
haben gesellschaftliche Folgen, die in
Art, Schwere und Umfang stark
unterschiedlich ausfallen können.
Diese Folgen sind vor allem abhängig
vom Zeitpunkt der Unterbrechung,
Jahreszeit, Eigenheiten (städtisch,
industriell, ländlich) und Größe des
betroffenen Gebietes. Als
gesellschaftliche Folgen gelten auch
die Folgen für die infrastrukturellen
Systeme sowie die wirtschaftlichen
Folgen (Schaden).
21
Stromausfall kann zu ernsten
Folgen führen, da:
bereits direkt nach einem
Stromausfall ernsthafte
Folgen auftreten können (wie
Verkehrsunglücke,
Austreten von Gasen aus
industriellen Prozessen, in
Aufzügen und U-Bahnen
festsitzende Menschen,…).
Diese direkten Folgen
nehmen mit der Zeit wieder
ab.
Nach ungefähr zwei Stunden
machen sich andere Folgen
bemerkbar. Vor allem durch
ausfallende Geräte,
Regelungs- und
Kommunikationsapparate
(keine Zentralheizung, kein
Wasser in
Mehrfamilienhäusern, kein
Warenverkauf mehr wegen
nicht arbeitender Kassen
und Computer, Erlahmen der
Geschäftstätigkeit…). Diese
Folgen nehmen “linear“ mit
der Zeitdauer des
Stromausfalls zu.
Nach ungefähr 8 Stunden
nehmen die Folgen
exponentiell zu (Hühner und
Schweine der
Intensiventierhaltung
sterben, die Hilfeleistung für
Hilfsbedürftige sinkt auf ein
nicht mehr akzeptables
Niveau, Kühlprodukte
verderben, Material in
Leitungen von Betrieben
backt fest, keine
Mahlzeitversorgung in
Altenheimen …) In dem
Maße, in dem die Zeitdauer
länger wird, werden diese
Folgen immer schärfer (der
Transport kommt zum
Erliegen, da nicht mehr
getankt werden kann,
Notaggregate funktionieren
kaum oder nicht mehr,
Tunnel laufen voll Wasser,
Kühe müssen trockengelegt
werden…)
Stromausfall für ihr Funktionieren
bedeuten könnte. Es hat sich gezeigt,
dass die Genannten durchweg einen
Stromausfall noch nicht als ernsthaftes
Risiko begreifen, während ein solcher
Vorfall direkte ernste Folgen haben
und zwischen 8 und 24 Stunden zu
einer katastrophenähnlichen Situation
auswachsen kann. Die Behörden und
die Stromversorger spielen eine
wichtige Aufgabe bei dem Aufbau
eines adäquaten Risikobewusstseins
bei den verschiedenen
gesellschaftlichen Gruppen.
Risikobewusstsein ist die erste
Voraussetzung dafür, dass
Maßnahmen zur Erweiterung des
gesellschaftlichen Auffangvermögens
getroffen werden können.
Diese Feststellungen führen zu einer
Reihe von Empfehlungen zur
Erweiterung des gesellschaftlichen
Auffangvermögens bei
Unterbrechungen der
Elektrizitätsversorgung.
2.1
Erweiterung des
Risikobewusstseins
Es kann festgestellt werden, dass
einerseits die Sicherheit einer
ungestörten Stromlieferung
zugenommen hat. Dies führte zu
einem zunehmenden Vertrauen in die
Kontinuität der Stromversorgung.
Andererseits hat jedoch auch die
Durchdringung der Gesellschaft mit
elektrischen Geräten in den letzten
Jahren stark zugenommen. Daher
lässt sich sagen, dass auch andere
infrastrukturelle Versorgungsleistungen
von der Belieferung mit Strom
abhängig geworden sind. Dadurch hat
der Umfang potentieller Folgen eines
Stromausfalls beträchtlich
zugenommen. Da sich diese
Entwicklungen allmählich vollzogen
haben und gleichzeitig die
Wahrscheinlichkeit einer
Unterbrechung der Stromversorgung
gesunken ist, hat die Entwicklung des
Risikobewusstseins nicht mit der des
potentiellen Umfangs der Folgen
Schritt gehalten.
2.2.
Gewährleistung eines
dauerhaften Bemühens für die
schnelle Behebung von
Stromausfällen
Es ist bekannt, dass die Dauer eines
Stromausfalls durchweg bestimmt, ob
sich daraus eine katastrophenähnliche
Situation ergibt. Daher hat es höchste
Priorität, den Stromausfall so schnell
wie möglich und so umfangreich wie
möglich im betroffenen
Versorgungsgebiet zu beheben. Die
Errichtung einer sehr zuverlässigen
Stromversorgung und die
schnellstmögliche Behebung einer
Ausfallsituation sind selbstverständlich
und werden von den jeweiligen
Versorgungs- und
Verteilungsunternehmen gut gelöst.
Um das gesellschaftliche
Auffangvermögen – das Maß, in dem
die Gesellschaft in der Lage ist, die
Folgen eins Stromausfalls aufzufangen
– zu erweitern, ist es wichtig, das
Risikobewusstsein zu schärfen.
Bürger, Betriebe, Einrichtungen und
öffentliche Instanzen müssen sich
mehr, als es derzeit der Fall ist, des
wahren Ausmaßes eines Risikos
bewusst werden, das ein eventueller
Es gibt jedoch eine Reihe von
Entwicklungen, die die genannte
Selbstverständlichkeit negativ
beeinflussen können. Dazu gehört die
eher auf den Markt gerichtete (und auf
einen niedrigeren Preis zielende)
Vorgehensweise der Stromversorger
im Zusammenhang mit der
Entwicklung einer Konkurrenzsituation
zwischen den Stromversorgern. Auch
22
die Entwicklung zu einem mehr
europäischen Strommarkt ist in diesem
Zusammenhang wichtig, da damit ein
freierer (grenzüberschreitender)
Stromtransport einschließlich einer
möglicherweise niedrigeren Qualität in
Bezug auf die Kontinuität der Lieferung
verbunden ist. Der Aspekt der
Verlässlichkeit der Stromversorgung
und das Tempo bei der Behebung von
Störungen muss bei den Überlegungen
zwischen den Behörden und den
Stromversorgern eine wichtige Rolle
spielen.
2.3
Prozesse abbruchsicher stoppen
können und, falls notwendig, eine
Stromversorgung bereitstellen können.
Es ist essentiell, dass dies in
Genehmigungen (einschließlich der
Notwendigkeit eines Nachweises
solcher Einrichtungen) sowie deren
Handhabung durch Gemeinde oder
Provinz Niederschlag findet.
Pflegenden Einrichtungen
(Krankenhäuser, Altenheime,
Pflegeheime und die häusliche Pflege),
von denen hilfsbedürftige Menschen
abhängig sind, wird empfohlen, sich
technisch und organisatorisch auf
einen Stromausfall vorzubereiten.
Erweiterung des
gesellschaftlichen
Auffangvermögens bei
Betrieben und Einrichtungen
2.4
Die Erweiterung des gesellschaftlichen
Auffangvermögens muss über eine
Skala von organisatorischen und
technischen Maßnahmen der
einzelnen Betriebe und Einrichtungen
Gestalt annehmen. Angesichts der
beiden vorhergehenden Empfehlungen
liegt es direkt auf der Hand, dass
Betriebe und Einrichtungen mehr, als
es in der Vergangenheit geschehen ist,
die Folgen eines Stromausfalls
überdenken. Zunächst sollten sich
Betriebe und Einrichtungen darauf
konzentrieren, dass sie selbst so
adäquat wie möglich weiter
funktionieren können. So können
Betriebe für Betriebsnotfallpläne und
mehr abbruchsichere Prozessabläufe
sorgen. Einrichtungen können,
möglicherweise in Zusammenarbeit mit
der Feuerwehr und/oder Polizei, einen
Notfallplan aufstellen. Verbände in
Landwirtschaft und Dienstleistung
sollten ihre Mitglieder über potentielle
Folgen und Maßnahmen informieren.
Sie können auch weitergehen und
spezifische Maßnahmen empfehlen
sowie deren Umsetzung fördern.
Verbesserung der
Koordination der
Leitungsgremien
Auch auf Leitungsebene wird der
Ausfall der Stromversorgung nicht
direkt als eine (möglicherweise) ernste
Situation gesehen. Bei einem
Stromausfall hat sich gezeigt, dass bei
vielen Einrichtungen auf spontaner
Basis und wenig koordiniert reagiert
wird. Von essentieller Bedeutung für
eine adäquate Reaktion ist das Wissen
um die geschätzte Dauer der Störung.
Bei einem Stromausfall, der weniger
als 8 Stunden dauert, müssen die
verschiedenen Instanzen (Polizei,
Feuerwehr, Gemeindedienste und
Stadtwerke) gründlich vorbereitet sein,
wissen, was ihre Aufgaben sind und
welche Prioritäten gesetzt werden
müssen. Wie gesagt, kann ein
Stromausfall von 8 oder mehr Stunden
zu einer katastrophenähnlichen
Situation führen, insbesondere, wenn
der Ausfall ein großes Gebiet umfasst.
In so einer Situation ist die
Koordination der Leitungsgremien von
größter Wichtigkeit, u.a. für die
Evakuierung von Menschen, für die
Organisation der Brennstoffversorgung
und die Versorgung mit Lebensmitteln.
Diese Untersuchung stellt heraus, wie
wichtig es ist, dass Betriebe ihre
23
Es ist empfehlenswert, auf Gemeindeund regionaler Verwaltungsebene
einen Notfallplan für einen
Stromausfall aufzustellen. In diesem
Plan werden Aufgaben,
Verantwortungsbereiche und
Koordination beschrieben. Dieser Plan
sollte in dem Maße, in dem die Dauer
des Ausfalls und der Umfang des
betroffenen Gebietes zunehmen, von
einer allmählichen Erweiterung der
Koordination der Leitungsinstanzen
untereinander ausgehen. Die
Erstellung eines solchen Planes ist
Aufgabe der öffentlichen Verwaltung.
Er steht in Bezug zu dem
Katastrophenplan.
Aus dieser Perspektive gesehen ist die
Nutzung des Nationalen Notnetzes
durch die öffentlichen Instanzen und
die Stromversorger sehr zu empfehlen,
so dass die dringliche Kommunikation
ungestört stattfinden kann. Es ist zu
empfehlen, die betroffenen
Einrichtungen, die noch nicht
angeschlossen sind, an dieses Notnetz
anzuschließen und alle über den
adäquaten Gebrauch zu informieren.
Auch die Hinzuziehung von
zusätzlichem Personal muss bei
gestörter (Tele-)Kommunikation
durchführbar bleiben. Das gilt
gleichermaßen auch für pflegende
Einrichtungen.
2.5
2.6
Aufrechterhaltung der
Kommunikationsmöglichkeiten
Information der Öffentlichkeit
Bei Stromausfall ist die notwendige
Information der Öffentlichkeit über
Radio (mit Ausnahme von
Batteriebetrieb) und TV durch den
möglichen Ausfall von Kabelsignalen
und Sendemasten nicht möglich. Die
Information bei Katastrophenfällen
berücksichtigt dies nur unvollkommen.
Zur Lösung dieses Problems müssen
neue Wege gesucht und gefunden
werden. Die Behörden haben hier eine
zentrale und koordinierende Rolle.
Bei Katastrophenplänen ist oftmals die
Prämisse, dass die
Elektrizitätsversorgung bestehen
bleibt: „Fenster und Türen geschlossen
halten, in den Gebäuden bleiben und
Fernsehen und/oder Radio anstellen“
ist bei einer (gleichzeitigen)
Unterbrechung der Stromversorgung
ein wenig sinnvoller Rat und führt zu
einer weiteren Unterbrechung der
(Tele-)Kommunikation. Die
Unterbrechung der (Tele-)
Kommunikation ist dabei nicht eine
Folge der Störung der Infrastruktur,
sondern wird durch eine Störung der
angeschlossenen Geräte (Radio, TV,
Telefon, Fax) sowie Überlastung des
Telefonnetzes hervorgerufen.
Überlastung des Telefonnetzes ist kein
spezifisches Kennzeichen eines
Stromausfalls, sondern tritt auch bei
anderen großen Störungen und
Katastrophen auf. Die Störung der
(Tele-)Kommunikation kann u.a. die
Behebung des Stromausfalls und die
Kommunikation zwischen den
verschiedenen Instanzen auf eine
nachteilige Weise beeinflussen.
2.7
Weitere Untersuchungen
Die Schlussfolgerungen dieser Studie
geben Anlass, Studien zur
Verletzlichkeit anderer infrastruktureller
Systeme zu erstellen und
durchzuführen. Unterbrechungen der
Gasversorgung sollten ebenfalls
anhand von Fallstudien analysiert
werden.
24
Einleitung
1
1.1
Bisher fehlende Übersicht
über die Folgen
Die Verletzlichkeit der Gesellschaft
durch unerwünschte (technische)
Störungen, unerwünschtes
menschliches Handeln und
unerwünschte Ereignisse wie (Natur-)
Katastrophen kann zu ernsten
gesellschaftlichen Turbulenzen führen.
Technische infrastrukturelle Systeme
liefern Produkte oder Dienstleistungen,
die für das allgemeine gesellschaftliche
Funktionieren wichtig sind. Vielfach
sind dazu mehrere Systeme
gleichzeitig notwendig, die in
Wechselwirkung zu einander stehen.
Neben dem technischen
infrastrukturellen System der
Stromversorgung sind das die
Telekommunikation, Gasversorgung,
Trinkwasserversorgung, Müllabfuhr,
Abwasserentsorgung und Transport.
Da die infrastrukturellen Systeme für
das allgemeine Funktionieren der
Gesellschaft verantwortlich sind, ist die
Gesellschaft verletzlich, wenn eines
dieser Systeme gestört ist. Das Maß
der Verletzlichkeit ist jedoch eine
schwer zu definierende Größe.
Überdies ist wenig über die Folgen von
Störungen der technischen
infrastrukturellen Systeme bekannt.
Über die Störung der Stromversorgung
in den Niederlanden wurde bisher noch
keine Studie erstellt. Verschiedene
Ministerien beschäftigen sich mit der
Verletzlichkeit der Gesellschaft durch
unerwünschte (technische) Störungen,
unerwünschtes menschliches Handeln
und ungewünschte Ereignisse wie
(Natur)Katastrophen. Im Auftrag
einiger Ministerien wurden in der
Vergangenheit durch die Stichting
25
Samenwerkende Instellingen für
politisch-analytische Studien (SIBAS,
1987) eine problemausleuchtende
Untersuchung der Verletzlichkeit
technischer infrastruktureller Systeme
in den Niederlanden durchgeführt.
Daraus ergab sich, dass sich
insbesondere die Energieversorgung
durch gegenseitige Abhängigkeit von
anderen technischen infrastrukturellen
Systemen sowie gesellschaftliche
Abhängigkeit auszeichnet. Die Studie
führte zu der Empfehlung, weitere
Untersuchungen zu den
gesellschaftlichen Folgen einer
Unterbrechung der Stromversorgung
durchzuführen. Dieser Bericht liegt
Ihnen nun vor. Die Untersuchungen
wurden von der Fachgruppe
Naturwissenschaften und Gesellschaft
der Universität Utrecht durchgeführt.
Auftraggeber ist die Nederlands
Organisatie voor Technologisch
Aspectenonderzoek (NOTA). Sie wird
mitfinanziert von EnergieNed
(Vereinigung der
Energievertriebsgesellschaften in den
Niederlanden), sowie dem Innen- und
Wirtschaftsministerium, dem
Ministerium für Verkehr und
Abwasserentsorgung sowie
Wohnungsbau, Raumordnung und
Umwelt. In Anlage 1 sind die Mitglieder
der Begleitkommission aufgeführt.
1.2
S.10-11). Bei Steetskamp en van Wijk
(1992, s.70) wird näher auf diese
Systemgrenzen eingegangen.
Im Sinne dieser Studie sind Störungen
im System der Energieversorgung
solche, die zu (gesellschaftlichen)
Folgen führen. Störungen können in
jedem der oben aufgeführten Teile des
Systems auftreten. Störungen von
Gebrauchsgeräten sind in dieser
Studie von der weiteren Untersuchung
ausgeschlossen, dass davon nur der
Nutzer des betreffenden Gerätes
betroffen ist und daher nicht von
gesellschaftlichen Folgen gesprochen
werden kann.
Eine Störung führt nicht
notwendigerweise zu einer
Unterbrechung der Stromversorgung.
Unterbrechungen werden u.a. dadurch
verhindert, dass sich im System
Reserven befinden oder im
Hochspannungsnetz Ringstrukturen
eingebaut sind. Die Anzahl der
Unterbrechungen, die sich trotzdem
bemerkbar machen, kann durch eine
Reihe verschiedener technischer
Maßnahmen, wie dem weiteren Einbau
von noch mehr Reserven ins System,
gemindert werden. Dies hat jedoch
beträchtliche finanzielle
Konsequenzen. Eine Verlässlichkeit
von 100% ist nicht zu erreichen. Es
werden weiterhin Unterbrechungen
auftreten, und es besteht immer die
Möglichkeit, dass diese im großen
Umfang auftreten und/oder über
längere Zeit dauern. In den
vergangenen fünfzehn Jahren hat sich
in den Niederlanden eine Reihe
solcher Ausfälle bei der
Stromversorgung gezeigt. Vor kurzem
fiel am 4. Januar 1993 im Achterhoek
der Strom aus. Ein Teil des Gebietes
war 8 Stunden lang ohne Strom. Am 1.
und 2.März 1987 führten
Eisablagerungen auf den
Hochspannungsleitungen dazu, dass
Teile von Friesland, Groningen und
Die Stromversorgung
Das technische infrastrukturelle
System der Stromversorgung liefert
Elektrizität einer bestimmten
(technischen) Qualität. In der SibasStudie sind die Systemgrenzen des
technischen infrastrukturellen Systems
der Energieversorgung
folgendermaßen definiert: die
Brennstoffversorgung (Antransport),
das Produktionssystem (Produktion
und Kühl- bzw.
Kesselwasserversorgung), das
Transport- und Verteilersystem sowie
die Gebrauchsgeräte (SIBAS 1987,
26
Elektrizitätsversorgung unterbrochen
wird und dieses zu gesellschaftlichen
Folgen führt. Der Ausfall der
Stromversorgung kann durch dreierlei
Faktoren verursacht werden:
technisches Versagen, menschliches
Versagen oder Handeln (bewusst oder
unbewusst) und natürliche Ursachen.
Manchmal treten diese Faktoren in
Kombination auf. Die Ursachen eines
Stromausfalls werden aufgezählt, aber
es wird nicht weiter auf sie
eingegangen. Der Nachdruck liegt auf
den Folgen eines Ausfalls.
Drenthe abwechselnd von
Stromausfällen betroffen waren. In
Veendam und Umgebung traten als
Folge noch Tage nach dem Eisregen
Unregelmäßigkeiten auf. Die gleiche
Erscheinung, Eisregen, führte bereits
1987 im Norden des Landes zu
ähnlichen Folgen. Als Folge eines
Stromausfalls in Rotterdam am 16.
November 1990 fiel der Strom in
Rotterdam-West, Schiedam und
Vlaardingen aus, mit großen Folgen für
den Verkehr und die Betriebe. Eine
vergleichbare Störung trat am 5.
September 1979 auf.
1.3
Tritt der Stromausfall während einer
Katastrophe auf, treten Folgen ein, bei
denen sich nur schwer unterscheiden
lässt, ob sie durch die Katastrophe
oder den damit einhergehenden
Stromausfall eingetreten sind. In dieser
Studie steht der Stromausfall im
Vordergrund. Die Verbindung mit einer
Katastrophe wird nicht weiter
untersucht. Das bedeutet nicht, dass
ein Stromausfall nicht zu einer
katastrophenähnlichen Situation führen
kann oder Ursache für eine
Katastrophe ist.
Ziel und Abgrenzung der
Untersuchung
Diese Studie hat zum Ziel, eine
Übersicht über die Folgen eines
Stromausfalls zu erstellen sowie
Empfehlungen zur Erweiterung des
gesellschaftlichen Auffangvermögens
auszusprechen. Um die Folgen näher
beschreiben zu können, wurden die
Folgen eines Stromausfalls als
Funktion der Zeitdauer im
Stromausfallszenario dargestellt (keine
Zukunftsvorhersage). Die Folgen sind
in die Kategorien „Gesellschaft“,
„Einfluss auf infrastrukturelle Systeme“
und „Schaden“ eingeteilt. In Bezug auf
mögliche Folgen wurde in der Literatur
nach Informationen gesucht,
gleichzeitig wurden die Folgen von
sechs Stromausfällen in den
Niederlanden näher untersucht.
Außerdem wurden zwei
Zusammenkünfte mit Vertretern
verschiedener Bereiche abgehalten, in
denen die Folgen eines Stromausfalls
über die Zeit besprochen wurden. Zum
Abschluss der Studie wurden
Maßnahmen aufgeführt, die die
betroffenen Verbraucher und
öffentlichen Einrichtungen treffen
(können). Der Schwerpunkt der Studie
liegt auf Informationen aus der Praxis.
Ausgangspunkt der Studie ist, dass die
1.4
Ziel des Berichtes
In diesem Bericht wird die
Untersuchung der Verletzlichkeit der
Gesellschaft durch einen Stromausfall
dargestellt. Zwischendurch wurde der
Stand der Untersuchung in einem
Arbeitsdokument von NOTA
(Steetskamp en van Wijk, 1992)
dargestellt. Dieser Bericht kann jedoch
selbständig gelesen werden; die
Ergebnisse der Vorphase sind darin
verarbeitet.
In Kapitel 2 wird zunächst anhand der
Literatur der Begriff Verletzlichkeit der
Gesellschaft in Verbindung mit einem
Stromausfall näher ausgearbeitet.
Dann wird in diesem Kapitel gesondert
auf Störungen und Ausfälle in der
Stromversorgung in den Niederlanden
27
und dem Ausland eingegangen.
Kapitel 3 behandelt die Art, auf welche
das Stromausfallszenario zustande
kam, welche Bereiche in der
Untersuchung betrachtet wurden und
wie für das Stromausfallszenario die
Dreiteilung „Gesellschaft“, „Einfluss auf
die infrastrukturellen Systeme“ und
„Schaden“ formgebend war. In Kapitel
4 wird der erste Teil des
Stromausfallszenarios betrachtet: die
gesellschaftlichen Folgen als Funktion
der Zeitdauer. Ein Stromausfall hat
Folgen für verschiedene
gesellschaftliche Bereiche: Betriebe,
öffentliche Einrichtungen und
Haushalte. Ein zweiter Teil des
Stromausfallszenarios betrifft den
Einfluss, den der Wegfall der
Stromversorgung auf (andere)
infrastrukturelle Systeme hat. In Kapitel
5 wird darauf weitergehend
eingegangen. Kapitel 6 behandelt den
dritten Teil des Stromausfallszenarios:
den Schaden. Schaden zeigt sich
hauptsächlich als wirtschaftlicher
Schaden. Die Ergebnisse aus der
Analyse der sechs untersuchten
niederländischen Störungen und der
Verlauf der Kosten werden
besprochen. Neben dem
wirtschaftlichen Schaden wird in
diesem Kapitel auch der
Umweltschaden besprochen. Kapitel 7
beschreibt die Maßnahmen, die
Verbraucher und öffentliche Instanzen
treffen können, um die Folgen eines
Stromausfalls aufzufangen. Wie
hierauf technisch, organisatorisch und
seitens der Verwaltung reagiert werden
kann, bestimmt die Größe des
gesellschaftlichen Auffangvermögens.
Zum Schluss werden in Kapitel 8 die
Schlussfolgerungen und
Empfehlungen dargelegt.
Anlage 2 wird näher auf die Analyse
eines Stromausfalls für das Transportund Vertriebssystem eingegangen.
Anlage 3 beschreibt Erfahrungen mit
Stromausfällen im Ausland und den
Niederlanden. Anlage 4 dokumentiert
die Vorgehensweise bei dieser
Untersuchung. In den Anlagen
5,6,7,8,9 und 10 werden die Folgen
des Stromausfalls jeweils für das
Achterhoek, Arnheim, Rotterdam,
Edam, Bleiswijk und Den Haag, wie sie
als Enqueteergebnisse beschrieben
werden, ausführlich besprochen.
Diesem Bericht sind mehrere Anlagen
beigefügt, in denen verschiedene
Aspekte detaillierter besprochen
werden. In Anlage 1 sind die Mitglieder
der Begleitkommission aufgeführt. In
28
Verletzlichkeit der
Gesellschaft durch
Stromausfälle
2
Um die Folgen eines Stromausfalls
nach ihrer Schwere beurteilen zu
können, muss der Begriff
„Verletzlichkeit der Gesellschaft“
verstanden werden. In Kapitel 2.1 wird
beschrieben, was die Literatur unter
diesem Begriff versteht. Gleichzeitig
muss untersucht werden, wie der
Begriff „gesellschaftliche
Verletzlichkeit“ mit einer Störung
zusammenhängt, die durch eine
Störung der technischen
infrastrukturellen Systeme wie der
Elektrizitätsversorgung hervorgerufen
wird, siehe Kapitel 2.2. Anschließend
wird die Tatsache betrachtet, dass
Verletzlichkeit kein statischer Begriff
ist. Das gesellschaftliche
Auffangvermögen beeinflusst die
Verletzlichkeit (Kapitel 2.3) und der
dynamische Charakter der
Gesellschaft verursacht
Veränderungen der Verletzlichkeit,
siehe Kapitel 2.4. Eine Übersicht über
eine Reihe von Stromausfällen in den
Niederlanden (Kapitel 2.5) und die
Wahrscheinlichkeit einer Störung
sowie die durchschnittliche
Ausfalldauer (Kapitel 2.6) vermitteln,
wie wenig anfällig das
Elektrizitätsversorgungssystem selbst
ist. Wenn jedoch Störungen auftreten,
haben sie auch Folgen. Dies lässt sich
aus in- und ausländischen Erfahrungen
mit Stromausfällen aus der
Vergangenheit ablesen (siehe Kapitel
2.7).
29
2.1
Unter einem technischen
infrastrukturellen System versteht man
die Trinkwasserversorgung, die
Telekommunikation, verschiedene
Formen des Verkehrs, die Gas- und
Stromversorgung. Die Verletzlichkeit
der Gesellschaft wird als „die
Sensibilität des gesellschaftlichen
Funktionierens vor der Störung
bestimmter Funktionen“ beschrieben
(SIBAS 1987, S. 16). Ein wichtiger Teil
dieser Funktionen kann mit Hilfe
technischer Infrastruktursysteme
erreicht werden. Damit ist die
gesellschaftliche Verletzlichkeit in
hohem Maße an Störungen der
technischen infrastrukturellen Systeme
gekoppelt. Gleichzeitig wird in der
Studie deutlich, dass das
Funktionieren der verschiedenen
infrastrukturellen Systeme voneinander
abhängig ist. Innerhalb dieser Systeme
ist die Elektrizitätsversorgung das
System mit dem größten Potential für
eine Störung des Systems selbst und
der Gesellschaft.
Gesellschaftliche
Verletzlichkeit
Der Begriff der Verletzlichkeit der
Gesellschaft wird in der Literatur nicht
vollständig betrachtet. Zwei Studien
gehen auf die Verletzlichkeit einer
Stadt ein (Duenk, 1988 und Laurentius,
1984). Aus diesen zwei Studien
abgeleitet, kann man die Verletzlichkeit
der Gesellschaft folgendermaßen
beschreiben. Der Begriff umfasst zwei
Aspekte: das städtische oder
gesellschaftliche System auf der einen
und die Verletzlichkeit auf der anderen
Seite. Das gesellschaftliche System
umfasst auf der einen Seite
gesellschaftliche Bereiche (private
Haushalte, Betriebe, (öffentliche)
Einrichtungen), auf der anderen Seite
die infrastrukturellen Systeme (u.a. die
Energieversorgung). Gleichzeitig
umfasst das gesellschaftliche System
auch die Beziehungen zwischen den
Bereichen und Systemen bzw.
innerhalb derselben. Auch die
physische Umgebung, in die diese
Elemente eingebettet sind, fällt in das
gesellschaftliche System. Der Begriff
Verletzlichkeit wird mit dem
Risikobegriff verbunden
(Wahrscheinlichkeit x Umfang der
Folgen). Die Verletzlichkeit hängt mit
dem Umfang der Folgen einer Störung
zusammen (Duenk, 1988, s.3).
2.2.
2.3
Gesellschaftliches
Auffangvermögen
Das Maß, in dem die Gesellschaft in
der Lage ist, die Folgen einer Störung
aufzufangen, bestimmt in hohem Maße
die Verletzlichkeit. Dies wird als
gesellschaftliches Auffangvermögen
beschrieben. Das gesellschaftliche
Auffangvermögens ist daher also ein
dynamischer Begriff. In der SIBASStudie wird das gesellschaftliche
Auffangvermögen folgendermaßen
definiert: „Minderung der
Hilfsbedürftigkeit in Notsituationen und
Möglichkeiten, die normale Situation
wieder herzustellen.“ (SIBAS 1987, S.
3). Die Erweiterung des
gesellschaftlichen Auffangvermögens
kann einerseits durch technische
Maßnahmen erreicht werden, wie der
Installation von Notstromaggregaten.
Andererseits können
Verletzlichkeit und
infrastrukturelle Systeme
In verschiedenen Studien, die den
Begriff der Verletzlichkeit beschreiben,
ist dieser auf die ein oder andere Art
und Weise mit dem Begriff der
Infrastruktur verbunden (Lovins und
Lovins, 1982, OTA, 1990 und SIBAS,
1987). Die Stichting Samenwerkende
Instellingen (SIBAS, 1987) führte eine
Untersuchung über die Verletzlichkeit
von technischen infrastrukturellen
Systemen in den Niederlanden durch.
30
Wasserpumpe elektrisch betrieben
wird. Derselbe Kombikessel wird auch
für die Warmwasserbereitung
verwendet. Daher fällt auch die
Warmwasserbereitung bei einem
Stromausfall aus. Für den
Dienstleistungsbereich darf als
bekannt unterstellt werden, dass sich
die Einführung von Computern und
Faxgeräten im letzten Jahrzehnt
stürmisch entwickelt hat. Für den
(Einzel)Handel kann man von einer
vergleichbaren Annahme ausgehen.
Immer mehr werden in der
Automatisierung entwickelte Systeme
wie Sicherung, Kassen und
Geldautomaten eingesetzt.
Produktionsprozesse innerhalb der
Industrie werden immer komplizierter,
und (fast) alle Teile des
Produktionsprozesses sind abhängig
von Elektrizität. Die
Computertechnologie spielt eine Rolle
bei der Prozesssteuerung. Ein Beispiel
ist die Montagelinie in einer
Automobilfabrik. Beim Transport lässt
sich an immer fortschrittlichere Geräte
zur Steuerung des Verkehrs denken.
Aus der SIBAS-Studie ergibt sich die
gegenseitige Abhängigkeit der
infrastrukturellen Systeme, darunter
die Abhängigkeit anderer
Infrastrukturen von der
Elektrizitätsversorgung. Bei einem
Stromausfall können andere
Infrastrukturen wie
Trinkwasserversorgung, Transport,
Telekommunikation und
Müllverarbeitung prinzipiell
unterbrochen werden. Bei der
Trinkwasserversorgung werden
gegenwärtig elektrisch angetriebene
Pumpen zur Aufrechterhaltung des
Wasserdrucks im Leitungsnetz
eingesetzt. Früher wurde der Druck
durch Wassertürme erzeugt.
(verwaltungstechnische)
organisatorische Maßnahmen
getroffen werden, die das
gesellschaftliche Auffangvermögen
erweitern.
2.4
Zunehmende Verletzlichkeit?
In verschiedenen Studien wird auf die
Tatsache hingewiesen, dass
industrialisierte Staaten gleichzeitig mit
ihrer technologischen Entwicklung
zunehmend anfälliger für Störungen
werden (van Duin und Rosenthal,
1991; Laurentius 1984 und Lovins und
Lovins, 1982). Van Duin und Rosenthal
definierten dies als
Verletzlichkeitsparadox: „In dem Maße,
in dem ein Land in seinen
Versorgungsleistungen weniger
störanfällig ist, wirkt sich jede Störung
von Produktion, Vertrieb und Konsum
der Versorgungsleistungen um so
härter aus.“ (van Duin und Rosenthal
1991, s. 19). Dieses Paradox zeigt,
dass die Abnahme der
Wahrscheinlichkeit einer Störung
bedeuten kann, dass die Folgen einer
solchen Störung zunehmen.
Mit Bezug auf die Stromversorgung
gibt es noch einen anderen Aspekt,
unter dem die Verletzlichkeit
zunehmen kann. Durch die
technologische Entwicklung ist die
Durchdringung mit elektrischen
Geräten, elektronischen Steuer- und
Regelungssystemen sowie
Leitsystemen in den vergangenen
Jahren stark gestiegen, und damit
auch die Abhängigkeit von der
Elektrizitätsversorgung. Als Indikator
dafür kann der Durchdringungsgrad
von verschiedenen gesellschaftlichen
Bereichen mit elektrischen Geräten
gelten. In privaten Haushalten hat sich
der Kombi-Heizkessel durchgesetzt.
Das bedeutet, dass die Heizung der
Häuser abhängig ist von der
Stromversorgung, weil die
2.5
31
Stromausfälle in den
Niederlanden
Das Stromversorgungssystem besteht
aus mehreren Teilen (Kap. 1.2). In all
diesen Teilen können Störungen
auftreten. Jedoch führen nicht alle
Störungen zu einer Unterbrechung der
Stromversorgung. Durch verschiedene
Maßnahmen werden viele Störungen
durch das System selbst aufgefangen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine
Unterbrechung der Stromversorgung
als Folge einer Störung bei der
Brennstoffzufuhr oder dem
Produktionsprozess selbst auftritt, ist
sehr gering. Die meisten Ausfälle bei
der Stromversorgung werden durch
Störungen im Transport- und
Verteilersystem verursacht. Weitere
Informationen zu dem Transport- und
Verteilersystem siehe Anlage 2.
(mit Ausnahme des 220 und 380 kVNetzes). Bezüglich der Anzahl der
Störungen traten im 50 bis 150 kV-Teil
des Hochspannungsnetzes 1992 112
Störungen auf. (EnergieNed, 1993 B,
S. 11). Für das Mittelspannungsnetz
liegen die Zahlen für 1992 bei ca. 2300
Störungen, im Bereich des
Niederspannungsnetzes (0,4 kV) traten
ca. 7200 Störfälle auf (EnergieNed,
1993 A, S.6). In Anlage 2 werden diese
Störungen eingehender analysiert.
2.6
Wahrscheinlichkeiten eines
Stromausfalls und
durchschnittliche
Ausfalldauer
Die Dauer eines Stromausfalls und die
Anzahl der davon betroffenen
Menschen sind von Fall zu Fall
verschieden. Diese Faktoren müssen
mit berücksichtigt werden, wenn man
sich ein Bild von dem Ausmaß einer
Unterbrechung der Stromversorgung
machen möchte. Dazu werden sowohl
die Wahrscheinlichkeit eines
Stromausfalls als auch die
durchschnittliche Anzahl der Minuten
eines Stromausfalls (die
durchschnittliche Ausfalldauer)
bestimmt. Die Wahrscheinlichkeit, dass
ein Niederspannungsverbraucher 1992
für einige Zeit keinen Strom geliefert
bekam, betrug 20,7%. Dies bedeutet,
dass ein Niederspannungsverbraucher
durchschnittlich alle fünf Jahre mit
einem Stromausfall konfrontiert wird.
Aber auch innerhalb des Transportund Verteilersystems führen nicht alle
Störungen zu Stromausfällen. Der
Zusammenschluss der Stromversorger
(Sep) in den Niederlanden und
EnergieNed zeichnen alle Störungen
im Transport- und Verteilersystem auf.
Eine Störung im 220 und 380 kVHochspannungsnetz führt selten zu
einem Stromausfall. Von 1990 bis
1992 traten keine Störungen auf, die
zu einem Stromausfall geführt hätten
(v.Moll, 1993). Im 50 bis 150 kVHochspannungsnetz führen Störungen
in 30% der Fälle zu Stromausfällen
(EnergieNed, 1993B, S.6,11).
Dagegen führen Störungen des Mittelund Niederspannungsnetzes in über
80% der Fälle zu Unterbrechungen der
Stromlieferung (EnergieNed, 1993A,
S.5). Die Zahlen gelten für die
Niederlande für die letzten zehn Jahre
[Diagramm 2.1: Jährliche durchschnittliche Ausfallsdauer der Stromversorgung in Minuten bei den
Endkunden in verschiedenen europäischen Ländern (Waumans, 1989)
Anzahl Minuten pro Jahr (*)
Niederlande Westdeutschland England Schweden Italien Frankreich Norwegen
(*) gemittelt für 1980 bis 1989
32
Die durchschnittliche Dauer, während
der ein Niederspannungsverbraucher
1992 durch einen Ausfall der
Stromversorgung keinen Strom
geliefert bekam, betrug 16,3 Minuten
(EnergieNed, 1993 A, S.15,16). Ein
Hinweis darauf, was diese statistischen
Daten für einen
Niederspannungsverbraucher
bedeuten, ist, dass einer von fünf
Verbrauchern 1992 durchschnittlich 80
Minuten lang keinen Strom hatte.
alte Bundesrepublik und England
liegen ungefähr mit den Niederlanden
mit ca. einer Stunde Stromausfalldauer
pro Jahr gleich auf. Schweden, Italien
und Frankreich weisen mit ca. drei
Stunden Ausfalldauer ähnliche Zahlen
auf, in Norwegen treten pro Jahr ca.
fünf Stunden Stromausfall auf.
1993 wurde eine Arbeitsgruppe
„Experten und Versorgungsqualität“
der Unipede ins Leben gerufen, die für
den Zeitraum von 1982 bis 1991 für 14
Länder eine Übersicht über die
durchschnittliche Unterbrechungsdauer
der Stromversorgung liefert, die durch
die Kraftwerke und das
Hochspannungsnetz verursacht
wurden. Es wird mit dem Begriff
„Average Interruption Time“ (AIT) in
Minuten pro Jahr gerechnet. Für die
Niederlande beträgt dieser Wert 0,8
Minuten. Der Durchschnitt der
untersuchten Länder liegt bei 20
Minuten. Vier Länder haben einen AITWert, der kleiner oder gleich dem der
Niederlande ist, der Rest der Länder
liegt mit seinem Wert darüber (v.Moll,
1993).
In den Ausfallanalysen werden
Vergleiche zu den vorhergehenden
Jahren aufgestellt. Die
Wahrscheinlichkeit, dass ein
Niederspannungsverbraucher keinen
Strom geliefert bekam, betrug von
1976 bis 1983 immer über 20%. Seit
1983 zeichnet sich die Tendenz ab,
dass diese Wahrscheinlichkeit geringer
oder gleich 20% ist. Im Zeitraum von
1976 bis 1984 war ein
Niederspannungsverbraucher als
Folge einer Störung durchschnittlich
eine halbe Stunde pro Jahr ohne
Strom (VDEN 1986, s.66), gegenüber
ca. einer Viertelstunde seit 1984
(EnergieNed, 1993 A, s.15). Die
durchschnittlichen Werte eines
Stromausfalls und der Ausfalldauer
geben keine Hinweise darauf, wie
zuverlässig die Elektrizitätsversorgung
in den Niederlanden ist. Die
Stromlieferung in den Niederlanden ist
deutlich weniger anfällig geworden.
2.7
Erfahrungen mit
Stromausfällen in den
Niederlanden und dem
Ausland
Obwohl die Energieversorgung in den
vergangenen Jahren deutlich weniger
anfällig geworden ist, besteht immer
die Wahrscheinlichkeit einer weit
reichenden Unterbrechung der
Elektrizitätsversorgung. In der
Vergangenheit sind in den
Niederlanden verschieden
umfangreiche Stromausfälle
aufgetreten. In Kasten 2.1 sind zwei
Beispiele aus den Niederlanden kurz
beschrieben. Dennoch wurden die
Folgen bisher noch nie systematisch
geordnet. Dies gilt sicher auch für eine
Im Vergleich zum Ausland ist die
Wahrscheinlichkeit eines Stromausfalls
in den Niederladen gering. Diagramm
2.1 vergleicht für eine Reihe
europäischer Länder die jährliche
Ausfalldauer in Minuten. Die Zahlen
sind Durchschnittswerte für die Jahre
1980 bis einschließlich 1989. Aus den
Zahlen ergibt sich, dass die
Niederlande eine niedrige
durchschnittliche Ausfallsdauer von ca.
einer halben Stunden haben. Nur die
33
ganze Reihe umfangreicher
Stromausfälle in Europa. Allerdings
wurden die Folgen zweier
Stromausfälle in den USA
systematisiert. Dies betrifft die „NorthEast Power Failure“ von 1965 und den
„New York City Black Out“ von 1977.
Die Folgen des letztgenannten
Stromausfalls wurden in Kasten 2.2.
kurz dargestellt. Eine Reihe von
Donnerstag, 31. Mai 1984 um 01.06
Uhr trat in der 220 kV-Station in Ens
ein Kurzschluss auf. Die Störung
dauerte längstens bis 03.30 Uhr. Alle
Verbraucher in den Provinzen
Friesland, Groningen, Drenthe,
Overijssel und einem kleinen Teil von
Gelderland waren ohne Spannung. Die
Störung führte zu Plünderungen,
Zerstörungen und Diebstahl in
verschiedenen Städten. Außerdem
verursachte dieser Stromausfall einen
tödlichen Unfall. Da der Stromausfall in
der Nacht des Himmelfahrtstages
auftrat, blieb der Schaden bei der
Industrie beschränkt, eine Ausnahme
ist Aldel. Verschiedene
Zeitungsberichte nennen einen
Schaden von 1 Million Gulden. Auch
de Sep stellt einen Schaden von ca.
einer halben Million Gulden fest.
Kasten 2.1 Zwei Stromausfälle in
den Niederlanden
(Quellen: Sep, 1984, Wittebrood, 1991,
verschiedene Zeitungen vom 1.6.1984)
Am Sonntag, dem 1. März 1987 von
23.30 Uhr bis einschließlich
Montagnachmittag, 2. März 1987 trat
als Folge von Eisregenniederschlag
auf den Hochspannungsverbindungen
im Nordosten des Landes die
Erscheinung des „Leitungstanzen“ auf.
[Durch die Eisablagerungen auf den
Leiterseilen nehmen die Leiterseile die
Form eines Flugzeugflügelprofils an.
Dadurch werden die Leiterseile
angehoben und stoßen aneinander.]
Elektrische Kreisläufe wurden
mehrmals ausgeschaltet, bis an vielen
Stellen Leitungsbruch auftrat. In den
verschiedenen Gebieten trat der
Stromausfall zu unterschiedlichen
Zeiten mit unterschiedlicher Zeitdauer
auf. Insbesondere Veendam und
Umgebung hatte mit einer lange
andauernden Störung zu kämpfen. Ca.
11.500 Kleinverbraucher und 60
Großverbraucher waren betroffen. Die
Stromversorgung wurde mit einer
10.000 V-Leitung provisorisch wieder
hergestellt. Fabriken konnten davon
noch keinen Strom abnehmen. Durch
das Gebiet läuft normalerweise ein
Kabel mit 110.000 V. einige Tage
später (5. März) war die
Stromversorgung wieder vollständig
hergestellt. Insgesamt entstand durch
den Eisregen ein Schaden von ca. 10
Mio Gulden.
Kasten 2.2 New York City Black Out,
1977
(Quelle: Lovins & Lovins, 1982 und OOTA,
1990)
Am 13. Juli 1977 verdunkelte sich New
York um 21.41. Der Stromausfall
dauerte 5 bis 25 Stunden und betraf
ca. 9 Millionen Menschen. Über 70.000
Notrufe gingen in 24 Stunden ein
(normal sind 18.000). Es entstanden
über 1000 kleine Brände,
Plünderungen fanden statt. 4
Krankenhäuser brauchten eine
Notstromversorgung, in dreizehn
musste sie repariert werden. Sieben UBahnen mit 1000 Fahrgästen saßen
fest. Auch der Zugverkehr kam
größtenteils zum Erliegen. Flugzeuge
mussten auf andere Flughäfen
umgeleitet werden. Auf den Straßen
entstanden lange Staus. Insgesamt
wurden die Kosten für den Ausfall auf
rund 340 Mio Dollar geschätzt, die sich
auf direkte Kosten (55 Mio Dollar), z.B.
Lebensmittelbedarf, und indirekte
Kosten (290 Mio Dollar) wie
Brandschaden aufteilen.
34
keinen Einblick in die Folgen eines
Stromausfalls. Um der Frage
nachgehen zu können, auf welche
Weise sowohl technisch als aus
verwaltungstechnisch/organisatorisch
auf die Folgen eines Stromausfalls
reagiert werden kann, ist es wichtig,
diese Folgen zu überblicken.
Beispielen für Stromausfälle in Europa,
darunter auch die Niederlande, und
zwei aus den USA werden in Anlage 3
ausführlicher besprochen.
2.8
Sind Stromausfälle ein
Problem?
In Bezug auf die Verletzlichkeit der
Gesellschaft kann man tatsächlich von
einem doppelten
Verletzlichkeitsparadox sprechen.
Sowohl die hohe Zuverlässigkeit der
Stromversorgung als auch die
zunehmende Durchdringung aller
gesellschaftlichen Bereiche mit
Elektrizität führen zu einer
zunehmenden gesellschaftlichen
Verletzlichkeit, wenn ein Stromausfall
eintritt. Einerseits ist das System der
Elektrizitätsversorgung durch die
technologische Entwicklung deutlich
weniger anfällig für Störungen
geworden. Dies bestätigt sich durch
die Zahlen für die durchschnittliche
jährliche Ausfalldauer in den
Niederlanden. Andererseits verursacht
die technologische Entwicklung eine
zunehmende Durchdringung der
Gesellschaft mit elektrischem Gerät,
wodurch die Gesellschaft in
zunehmendem Maße von der
Elektrizität abhängig wird.
Trotz der großen Zuverlässigkeit der
Stromversorgung besteht jedoch
immer die Wahrscheinlichkeit einer
umfangreichen Störung. Angesichts
des Verletzlichkeitsparadoxes lässt
sich erwarten, dass die
gesellschaftliche Verletzlichkeit durch
einen großen Stromausfall hoch ist.
Erfahrungen mit Stromausfällen,
sowohl in den Niederlanden als auch
im Rest Europas und den USA weisen
darauf hin. Die Folgen von
Stromausfällen wurden in den
Niederlanden jedoch noch nie
systematisch untersucht. Daher gibt es
35
3
Stromausfallszenario:
Das Untersuchungsziel
Um die Folgen eines Stromausfalls als
Funktion der Dauer der Unterbrechung
besser einschätzen zu können, wurde
ein Stromausfallszenario erstellt, in
dem diese Folgen beschrieben
werden. Das Ziel und die Art der
Entstehung dieses Szenarios werden
in Kapitel 3.1 behandelt. Verschiedene
gesellschaftliche Bereiche
(Unternehmen, Einrichtungen,
öffentliche Einrichtungen, öffentliche
Versorgungsunternehmen und private
Haushalte) erleiden die Folgen eines
Stromausfalls. In Kapitel 3.2 werden
darum die Bereiche dargestellt, die in
der Untersuchung näher betrachtet
wurden. Die Folgen eines
Stromausfalls lassen sich an Hand der
drei Kriterien „Gesellschaft“, „Einfluss
auf infrastrukturelle Systeme“ und
„Schaden“ beschreiben, siehe Kapitel
3.3. Die Folgen, die nach diesen drei
Kriterien eingeteilt werden, werden
anschließend ausführlich in den
Kapiteln 4 (gesellschaftliche Folgen), 5
(Einfluss auf infrastrukturelle Systeme)
und 6 (Schaden) besprochen.
3.1
Ziel und Entstehungsart
Um die Folgen eines Stromausfalls als
Funktion der Zeitdauer für die
Gesellschaft besser einschätzen zu
können, wurde ein
Stromausfallszenario erdacht. Das Ziel
eines Stromausfallszenarios ist, eine
Prozessbeschreibung der Folgen eines
Ausfalls der Elektrizität nach
gesellschaftlichen Bereichen geordnet
zu erhalten. Anders ausgedrückt:
Welche Folgen für welche
gesellschaftlichen Bereiche treten als
Funktion der Dauer des Ausfalls auf,
wenn ein Stromausfall eintritt.
Gemeinde, Polizei, Feuerwehr und
36
Diskussionen. Was die Zeitdauer
betrifft, wird immer in vier Perioden
unterschieden: von null bis zwei
Stunden, von zwei bis acht Stunden,
von acht bis 24 Stunden und länger. In
Anlage 4 wird ausführlich auf diese
Methode eingegangen.
Energieversorger können anhand
eines Ausfallszenarios festlegen,
welche möglichen Folgen sich in ihrem
Gebiet ergeben können. Aber auch
Unternehmenszweige, Einrichtungen
und andere Infrastrukturen können sich
anhand eines solchen Szenarios über
die Folgen eines Stromausfalls
informieren.
[Tafel 3.1 Geographische Lage der
sechs analysierten Stromausfälle in
den Niederlanden]
Die Daten zu möglichen Folgen
wurden auf dreierlei Art beschafft.
Zunächst wurden Erfahrungen mit
Stromausfällen im In- und Ausland
(siehe Anlage 2) durch das
Literaturstudium inventarisiert. Daraus
ergab sich neben den Folgen auch
eine Reihe von Eigenschaften, die Art
und Umfang der Folgen beeinflussen
(EPRI 1989, Federal Power
Commission 1965, OTA 1990 und Woo
und Pupp 1992). Diese sind Zeitpunkt,
Jahreszeit, Zeitdauer, Eigenheiten
eines Gebietes (ländlich, städtisch)
sowie Größe des Gebietes. Auf der
Grundlage dieser Kennzeichen wurden
sechs Stromausfälle herausgesucht,
die sich in der (jüngeren)
Vergangenheit in den Niederlanden
ereignet hatten, siehe Tabelle 3.1 und
Tafel 3.1. Die Folgen dieser Ausfälle
wurden durch (telefonische)
Befragungen und telefonische
Umfragen näher untersucht. Die
Analysen werden in Anlage 5 bis 10
ausführlich dargestellt. Aus der
Beschreibung der Folgen dieser inund ausländischen Erfahrungen erhält
man jedoch keine Übersicht über
auftretende Folgen als Funktion der
Ausfallzeit. Daher wurde Fachleuten
aus einem städtisch/industriellen sowie
einem ländlich/agrarischen Umfeld ein
Fragenkatalog vorgelegt. In ihm
konnten die Folgen eines
Stromausfalls in Abhängigkeit der
Zeitdauer dargelegt werden. Bei zwei
Zusammenkünften („brainstormingZusammenkünfte“) konnten die
Teilnehmer den Fragenkatalog
erläutern, und es gab Raum für
3.2
In der Studie untersuchte
Bereiche
Die Folgen sind nach den
verschiedenen gesellschaftlichen
Bereichen aufgeteilt. Ausgangspunkt
ist die Standard-Betriebseinteilung
(SBI) des Zentralen Statistischen
Amtes (CBS). In der Studie ist diese
Einteilung in vier Bereiche umgeordnet
worden: Betriebe, Einrichtungen,
öffentliche Instanzen und öffentliche
Versorgungseinrichtungen. Die
privaten Haushalte wurden
hinzugefügt.
Innerhalb des Bereichs Betriebe wurde
zunächst die Landwirtschaft
untersucht, insbesondere die
Viehzucht und Gewächshauskultur.
Der Acker- und Gartenbau hatte
zunächst keine größeren Folgen zu
tragen, daher wurden diese Bereiche
auch nicht weiter betrachtet. Zweitens
wurde die Industrie untersucht. Bei den
Umfragen sollte exemplarisch
gearbeitet werden, d.h. es wurde
versucht, aus jeder Gruppe der SBIEinteilung einen Repräsentanten in die
Untersuchung einzubinden. Dabei
wurde eine grobe Einteilung in fünf
Kategorien vorgenommen: die
Lebensmittelindustrie, die chemische
Industrie, die Kunststoff verarbeitende
Industrie, die Metall verarbeitende
37
Zeitpunkt
Jahreszeit
Dauer
Achterhoek
Montag, 4.
Januar 1998
um 18.27 Uhr
Winter
Arnheim
Dienstag, 25.
August 1992 um
08.37 Uhr
Freitag, 16.
November 1990
um 13.37 Uhr
Mittwoch, 3.
Januar 1990 um
08.30 Uhr
Mittwoch, 5. Juli
1989 um 19.00
Uhr
Sommer
½ Stunde bis
7,5 Stunden, ein
kleiner Teil 11
Stunden
53 Minuten und
155 Minuten
(teilweise)
max. 4 bis 4,5
Std.
Dienstag, 7.
Februar 1989
um 16.45 Uhr
Winter
Rotterdam
Edam
Bleiswijk
Den Haag
Ende Herbst
Winter
Sommer
mind. 8 Std. bis
zu max. 3
Tagen
mindestens 8
Std. bis über 30
Std.
max. 1,5 Std.
Kennzeichen
des Gebietes
ländliches
Gebiet
Größe des
Gebietes
360.000
Einwohner
150.000 ha
städt. Zentrum,
Wohnviertel,
Industriegebiet
städtisch,
industriell
40.000
Einwohner
700 ha
50.000
Einwohner
Außenbezirke,
Agroindustrie
30.000
Einwohner
Außenbezirke,
Gartenbau und
verwandte
Betriebe
städtisch,
Handel und
Dienstleistung
9.000
Einwohner
die halbe Stadt
Den Haag
Tabelle 3.1 Charakteristika der Stromausfallgebiete der 6 analysierten Störungen
Industrie sowie die hafengebundenen
Aktivitäten. Drittens wurde innerhalb
der Betriebe der Dienstleistungssektor
untersucht, insbesondere der
Einzelhandel und das
Gaststättengewerbe, Poststellen und
Banken sowie (große)
Büroorganisationen. Bei den
Einrichtungen wurden Krankenhäuser,
Alten- und Pflegeheime sowie die
häusliche Pflege untersucht.
Öffentliche Instanzen umfassten
Polizei, Feuerwehr, Gemeinde
(-verwaltung) und die
Rettungsdienstzentralen. Unter dem
Begriff öffentliche Versorgungseinrichtungen finden sich Elektrizitätsund Trinkwasserversorgung,
Abwasserentsorgung, Verkehr, (Tele-)
Kommunikation und Müllbeseitigung.
Die privaten Haushalte sind als eigener
Bereich aufgeführt.
3.3
„Gesellschaft“, „Einfluss auf die
infrastrukturellen Systeme“ und
„Schaden“, siehe Kasten 3.1. Diese
Kriterien bieten eine Handhabe zur
Beschreibung der Folgen eines
Stromausfalls. Die Kriterien
überschneiden sich jedoch in
gewissem Ausmaß. Bei der
Beschreibung der Folgen für die
Gesellschaft spielen Folgen eine Rolle,
die durch Störungen der anderen
infrastrukturellen Systeme verursacht
werden. Der Schaden, der entsteht, ist
eine Spezifizierung bestimmter
gesellschaftlicher Folgen, die erlebt
werden, oder ist eine Folge des nicht
Funktionierens der infrastrukturellen
Systeme. In der Beschreibung der
Folgen in den nachfolgenden Kapiteln
wird daher die Reihenfolge
„Gesellschaft“, „Einfluss auf die
infrastrukturellen Systeme“ und
“Schaden“ beibehalten. Diese
Einteilung bietet gleichzeitig
Anknüpfungspunkte für die
Beschreibung von Maßnahmen, die
getroffen werden könnten.
Dreiteilung der Folgen
Die Folgen eines Stromausfalls können
anhand von drei Kriterien analysiert
werden, die aus der SIBAS-Studie
abgeleitet sind (SIBAS, 1987, S.16f):
Was das gesellschaftliche Kriterium
betrifft, ist die Anzahl der „von der
38
Zusammenkünften allerdings einige
Hinweise auf Verletzungen ergeben.
Angesichts des Zieles der Studie ist in
dieser Untersuchung das
gesellschaftliche Kriterium nur
quantitativ eingeflossen. Dies
bedeutet, dass vor allem der Aspekt
„Störung des öffentlichen Lebens“
qualitativ analysiert wurde, wobei eine
Aufsplitterung nach Bereichen
vorgenommen wurde.
Kasten 3.1 Kriterien für die
Analyse der Folgen
Gesellschaft
- Anzahl der von einem Stromausfall
über einen bestimmten Zeitraum
betroffenen Menschen
- das Maß, in dem das öffentliche
Leben gestört wird (ein qualitatives
Kriterium)
- Anzahl der Opfer (tot, verwundet oder
krank)
Es werden verschiedene Arten der
Folgen eines Stromausfalls erfahren.
Es treten sowohl direkte als auch
indirekte Folgen ein. Außerdem
können Nachlaufeffekte eintreten.
Direkte Folgen sind „die Folgen, die
eintreten als direkte Folgen eines
Stromausfalls“. Die indirekten Folgen
sind als „Folgen, die durch den Ausfall
diverser Geräte und Installationen
eintreten“ beschrieben.
Nachlaufeffekte sind „Folgen, die nach
der Wiederherstellung der
Technische infrastrukturelle
Systeme
- Einfluss auf andere technische
infrastrukturelle Systeme, das Maß, in
dem andere Systeme in ihrer Funktion
eingeschränkt werden
Schaden
- wirtschaftlicher Schaden: die Kosten,
die sich aus der Unterbrechung einer
Tätigkeit, Funktion oder Dienstleistung
ergeben, die auf Elektrizität
angewiesen ist (direkte Kosten) und
die Kosten, die als Folge einer
unterbrochenen Tätigkeit, Funktion
oder Dienstleistung entstehen
(indirekte Kosten)
- Umweltschaden: Folgen für die
Umwelt
Kasten 3.2 Beispiele für Folgetypen
Direkte Folgen
Ausfall der Produktionsprozesse,
Verkehrsleitsysteme, Computer,
internen Telefonzentralen, Aufzüge
Indirekte Folgen
Störung von „just in time“-Lieferungen,
Verkehrschaos, Straßen- und UBahnen sind nicht nutzbar, nicht
einkaufen können, Störung von
Computernetzwerken bis außerhalb
des Stromausfallgebietes
Versorgung abgeschnittenen“
Menschen immer geschätzt. Anhand
der Einwohnerzahlen und der Zahl der
Privathaushalte lässt sich in einem
Stromausfallgebiet die Anzahl der
Betroffenen schätzen. Für die sechs
niederländischen Stromausfälle ist dies
in Tabelle 3.1 in der Spalte „Größe des
Gebietes“ enthalten. In dieser Studie
wird keine detaillierte Unterteilung der
Anzahl der Betroffenen nach
Verbrauchergruppen unternommen. In
Bezug auf gesellschaftliche Folgen
wird ebenso die „körperliche
Verletzung“ nicht weiter quantitativ
untersucht. Es haben sich aus der
Umfrage bzw. den Brainstorming-
Nachlaufeffekte
Säuberung der Installationen für den
Neustart der Produktion, Einstellung
der Verkehrsleitsysteme,
Neuprogrammierung der internen
Telefonzentralen, Verzögerung der
Fahrpläne im öffentlichen Transport,
Untersuchung der Ursache für den
Stromausfall
39
wirtschaftlichen und Umweltschäden
besprochen.
Stromversorgung eintreten“, siehe
Kasten 3.2. Zur besseren Lesbarkeit
werden diese Folgearten bei der
Beschreibung der gesellschaftlichen
Kriterien in Kapitel 4 nicht einzeln
aufgeführt. Bei den technischen
infrastrukturellen Systemen wird der
Einfluss auf (andere) technische
infrastrukturelle Systeme qualitativ für
die Bereiche Strom-, Gas- und
Trinkwasserversorgung, Transport,
Abwasserentsorgung,
Telekommunikation und
Müllbeseitigung betrachtet. Für andere
technische infrastrukturelle Systeme
wie in der Sibas-Studie aufgeführt (u.a.
Luftverkehr und Rohrleitungen) sind
während der sechs Stromausfälle
keine Folgen aufgetreten, weshalb sie
bei der Analyse in dieser Studie nicht
mit einbezogen wurden. In Kapitel 5
wird der Einfluss auf infrastrukturelle
Systeme untersucht.
Kasten 3.3 Direkte und indirekte
Kosten eines Stromausfalls
(Quelle: Munasinghe, 1990, s. 218
Betriebe
Direkt
- Kosten für Arbeit, ungenutztes Land und
Kapitalgüter, Gewinne
Indirekt
- für andere Betriebe (multiplikatorische
Effekte)
- für Verbraucher
Anmerkung: indirekte Kosten können
einen Großteil der Gesamtkosten (direkt +
indirekt) ausmachen
Infrastrukturen und öffentliche
Dienstleistungen
direkt
- Auslaufen und Beschädigung
- Arbeitskosten, ungenutztes Land und
Kapitalgüter, Gewinne
indirekt
für öffentliche Nutzer
- Gesundheits- und Sicherheitseffekte
- potentielle soziale Kosten durch
Plünderungen, Vandalismus
Anmerkung: indirekte Kosten sind der
größte Teil der Gesamtkosten
Das Schadenskriterium ist in dieser
Studie in vier Kategorien aufgeteilt:
„Umsatzverlust oder Wegschicken von
Personal“, „Überstunden durch
zusätzliches Personal“, „materieller
Schaden“ und „Einrichtung einer
Notstromversorgung“. Bei der
Feststellung des wirtschaftlichen
Schadens kann in direkte und indirekte
Kosten untergliedert werden, siehe
Kasten 3.3. Direkte Kosten ergeben
sich aus der Unterbrechung einer
Tätigkeit, Funktion oder Dienstleistung,
die auf die Stromversorgung
angewiesen ist. Indirekte Kosten
entstehen als Folge einer
unterbrochenen Tätigkeit, Funktion
oder Dienstleistung (NOTA, 1990, S.
19). Die Unterscheidung in direkte und
indirekte Kosten erwies sich für die
Analyse der sechs Stromausfälle als
nicht brauchbar. Ein Aspekt, der nicht
berücksichtigt werden muss, sind die
Folgen für die Umwelt. In nur einem
Fall wurde dieser Aspekt erwähnt. Er
wurde als Schaden für die Umwelt
aufgenommen. Im Kapitel 6 werden die
Haushalte
Direkt
Unbequemlichkeit, Stress, verlorene freie
Zeit
- Schaden an Eigentum
- Gesundheits- und Sicherheitsaspekte
indirekt
- für andere Haushalte und Betriebe
Anmerkung: indirekte Kosten sind bei den
Gesamtkosten vernachlässigbar
3.4
Folgen eines Stromausfalls:
Ein Ausfallszenario
Gewisse Charakteristika bestimmen
Art und Umfang eines Stromausfalls.
Diese Charakteristika sind Zeitpunkt,
Jahreszeit, Zeitdauer, Eigenschaften
und Größe des Ausfallgebietes. Die
40
Analyse der eingetretenen Ausfälle
liefert keine Übersicht über die Folgen
als Funktion der Zeitdauer des
Stromausfalls. Darum wurde ein
Stromausfallszenario erstellt, das die
Folgen eines Stromausfalls in den
einzelnen Bereichen als Funktion der
Dauer des Ausfalls darstellt. Die Daten
über die Folgen ergaben sich aus der
Analyse von sechs Stromausfällen, die
in den Niederlanden aufgetreten sind.
Außerdem wurden Treffen mit
Betroffenen aus den verschiedenen
Bereichen aus zwei unterschiedlichen
Gebieten in den Niederlanden
organisiert. Des weiteren wurde auf die
Information aus der Literatur
zurückgegriffen. Die Folgen für die
einzelnen Bereiche (Betriebe,
Einrichtungen, öffentliche Instanzen
und Versorgungseinrichtungen sowie
private Haushalte) wurden anhand der
drei Kriterien Gesellschaft, Einfluss auf
infrastrukturelle Systeme und Schaden
analysiert. Dies erfolgt in den Kapiteln
4, 5 und 6.
41
4
Stromausfallszenario:
Gesellschaftliche
Folgen
Bei einer Störung der
Elektrizitätsversorgung treten
gesellschaftliche Folgen in allen
Bereichen auf. In den Kapiteln 4.1 bis
4.4 werden diese Folgen für die
jeweiligen Betriebe (Landwirtschaft,
Industrie, Dienstleistung), die
Einrichtungen (Krankenhaus, Altenund Pflegeheime, häusliche Pflege),
öffentliche Instanzen (Polizei,
Feuerwehr, Gemeinde und zentrales
Rettungswesen) sowie die privaten
Haushalte als Funktion der Zeit
dargestellt. Aus der qualitativen
Analyse lässt sich eine schematische
Übersicht des Umfangs der
gesellschaftlichen Folgen als Funktion
der Zeitdauer des Stromausfalls, siehe
Kapitel 4.5, ableiten.
4.1
Betriebe
LANDWIRTSCHAFT
Die Landwirtschaft umfasst eine Reihe
typischer Unterbereiche wie die
Milchwirtschaft, Schweine- und
Federviehhaltung sowie die
Gewächshauskultur, in der – im
Gegensatz zum Acker- und Gartenbau
- die Stromversorgung eine
bedeutende Rolle für die
Betriebsführung spielt.
In der Milchwirtschaft treten in den
ersten zwei Stunden eines
Stromausfalls keine Probleme auf.
Dauert die Unterbrechung der
Stromversorgung an, können
Schwierigkeiten entstehen, wenn der
Stromausfall in die Melkzeit fällt. Die
längsten Melkintervalle betragen 12
Stunden. Muss die Melkzeit
hinausgeschoben werden, kann sich
bei den Kühen das Euter entzünden.
Die Kühe geraten aus ihrem
Rhythmus, und es kann bis zu einer
42
Woche nach dem Stromausfall dauern,
bis sie wieder ihren Rhythmus
gefunden haben. Bei einem länger
dauernden Stromausfall müssen die
Kühe auf eine andere Art gemolken
werden. Melken von Hand ist jedoch
heutzutage kaum mehr möglich, da
weder die Kühe noch der Bauer das
gewöhnt sind. Dauert der Stromausfall
länger als 24 Stunden, verdirbt auch
die Milch in den Kühltanks. Die Milch
kann ungefähr 18 bis 24 Stunden
ungekühlt aufbewahrt werden. Können
die Kühe tatsächlich nicht gemolken
werden, müssen sie künstlich
trockengelegt werden. Danach kommt
die Milchproduktion jedoch im ersten
Jahr nach dem Stromausfall nicht mehr
in Gang (bis wieder gekalbt wird).
ausführlicher auf die Federviehhaltung
eingegangen.
Kasten 4.1 Die Federviehhaltung im
Achterhoek
In der Federviehhaltung können sich direkt
nach dem Stromausfall durch Wegfallen
der Lüftung im Stall die ersten Probleme
auftun. Freilaufende Tiere (Schlachtküken)
setzen sich aufeinander. Im Sommer
sterben ca. ¼ der Tiere, also 10.000 von
40.000. Bei freilaufenden Tieren aus
Bodenhaltung können die Türen zwecks
Belüftung nicht geöffnet werden. Bei
Legehennen in Käfigen verläuft der
Sterbeprozess nicht so schnell, obwohl die
Tiere keine Eier mehr legen. Dauert der
Stromausfall länger als acht Stunden, tritt
auch hier eine hohe Sterblichkeit auf. Die
überlebenden Tiere zeigen eine
Wachstumsstagnation. Im Sommer sind
die Probleme größer als im Winter.
Auch in der Schweinezucht sind die
ersten zwei Stunden eines
Stromausfalls kein Problem. Danach
entstehen Schwierigkeiten bei der
Klimatisierung. Insbesondere die
Ferkel und Mastschweine leiden unter
mangelnder Ventilation. Dauert die
Unterbrechung der Stromlieferung
gegen acht Stunden, können die
ersten Ferkel sterben. Im Winter spielt
die Fußbodenheizung für die
Zuchtsäue eine wichtige Rolle, im
Sommer wird es schnell zu heiß.
Dauert die Unterbrechung länger als
acht Stunden und bis zu 24 Stunden,
tritt eine hohe Sterblichkeit unter den
Schweinen auf. Die Tiere, die
überleben, zeigen Stagnation des
Wachstums, und dies führt
schlussendlich zu geringeren Erträgen.
Insbesondere wenn der Stromausfall
länger als acht Stunden dauert, sind
Maßnahmen notwendig.
Existiert ein Aggregat, befindet sich dieses
meistens auf einem Traktor. Bei solchen
Aggregaten, die nur eine begrenzte
Leistung bringen, entsteht bereits zu
Beginn des Stromausfalls ein Problem,
wenn bei einer Luftfeuchtigkeit von 75 –
80% die Temperatur 30 °C beträgt. Das
Aggregat kann die notwendige Energie
nicht liefern. Allgemein betrachtet muss
man eine Überlastung des Aggregats und
damit des Traktors verhindern, da der
Traktor überhitzt werden könnte.
Während des Stromausfalls im Achterhoek
traten tatsächlich Probleme für die
Federviehhaltung auf. In einem Fall
wurden tote Tiere gemeldet, weiterhin
musste die Feuerwehr in verschiedenen
Fällen Aggregate bei Hühnerzüchtern
löschen. Bei einigen Federviehbetrieben
existierten bereits Notstromaggregate.
In der Federviehhaltung sterben die
Tiere ab. Zu welchem Zeitpunkt dies
geschieht, hängt davon ab, ob es sich
um freilaufende oder Tiere in
Legebatterien handelt sowie von der
Temperatur. In Kasten 4.1 wird
In der Gewächshauskultur ist eine
optimale Stromversorgung
außerordentlich wichtig. Wenn im
Sommer alle Geräte ausfallen und der
Ausfall dauert länger als eine halbe
Stunde an, bedeutet dies im
schlimmsten Fall die Vernichtung der
43
kann die weitere Belieferung mit
Grundstoffen zu einem Problem
werden. Betriebe können von anderen
Betrieben für die ausbleibende
Lieferung von Produkten haftbar
gemacht werden. Neben all den
allgemeinen Problemen treten für die
einzelnen Bereiche wie der
Lebensmittel- und der chemischen
Industrie, der Kunststoff und Metall
verarbeitenden Industrie spezifische
Schwierigkeiten auf.
Ernte. Da dieser Bereich sehr anfällig
ist für Stromausfälle, ist er in den
meisten Fällen dagegen versichert.
Eine Notstromversorgung ist
verpflichtend. Durch eine
Notstromversorgung tritt jedoch das
Problem auf, dass alle
Computersysteme (für
Dosiereinrichtungen, Klimaregelungen
usw.) störanfällig sind. Die Qualität der
gelieferten Spannung von einem
Notstromaggregat ist nicht so gut wie
die des Elektrizitätsnetzes. Dauert der
Stromausfall länger als zwei Stunden,
können mögliche Probleme mit der
Kühlung der Produkte auftreten,
insbesondere im Sommer. Dies kann
auch während der Auktion geschehen.
Außerdem können sich
Schwierigkeiten in der Logistik zeigen
(Produkte während der/nach der
Auktion). Gleichzeitig tritt ein
Qualitätsverlust der Produkte in den
Kühlzellen ein, sowohl bei den
Betrieben als auch in den Kühlfächern
des Marktes. Dauert der Stromausfall
über 24 Stunden an, nimmt die
Wahrscheinlichkeit zu, dass die
geernteten Produkte vernichtet
werden.
Bei den Molkereien können flüssige
Stoffe wie Molke austreten. Nach zwei
Stunden beginnt das Material
auszuhärten. Wenn der Strom wieder
da ist, müssen zunächst die Leitungen
gesäubert werden. Je länger der
Stromausfall dauert, desto länger
dauert die Säuberung der Leitungen.
Im Zeitraum zwischen zwei und acht
Stunden beginnen die
Milcherzeugnisse zu verderben. Bei
der Fisch verarbeitenden Industrie ist
die Kühlung ein wichtiger Aspekt. Eine
Störung der Stromversorgung von acht
Stunden lässt sich überbrücken,
danach kann Ware in den Kühlfächern
verderben.
INDUSTRIE
In der chemischen Industrie ist es vor
allem von Bedeutung, ob der Prozess
abbruchsicher ist oder nicht. Dies
hängt nicht zunächst mit der Zeitdauer
des Stromausfalls zusammen. Ist der
Prozess abbruchsicher, können alle
Vorgänge sicher heruntergefahren
werden, und gefährliche Stoffe können
abgefackelt werden. Ist der Prozess
nicht abbruchsicher, wie bei Tiofine
(siehe Kasten 4.2), können ernste
Folgen auftreten. Giftige Gaswolken
oder Flüssigkeiten können in die
Umgebung entweichen, was neben
dem Schaden an der Umwelt auch zu
Verletzungen bei Anwohnern oder
Mitarbeitern führen kann. In der
chemischen Industrie wird gegen Ende
des Zeitraumes eines Stromausfalls
von zwei bis acht Stunden eine
Im Allgemeinen werden in der Industrie
Störungen der Produktionsprozesse
auftreten. Der mögliche Ausfall der
Heizung, Kühlung, Wasserversorgung
und das Sicherheitsrisiko nehmen zu.
Verfügen Industriebetriebe über eine
eigene Wasserversorgung mit
Wassertank, besteht im Winter die
Gefahr des Einfrierens. In
Abhängigkeit von der Art des einzelnen
Betriebes, insbesondere, ob dieser nun
kontinuierlich arbeitet oder nicht, treten
zu Beginn des Stromausfalls bereits
die ersten Folgen auf. Dauert der
Stromausfall länger als acht Stunden,
werden häufig die Arbeitnehmer nach
Hause geschickt. Bei einem
Stromausfall von über 24 Stunden
44
diesem Zeitraum wird die improvisierte
Säuberung von Leitungen und anderen
Teilen eingeleitet. Eine für längere Zeit
nicht arbeitende chemische Industrie
könnte für die gesamten Niederlande
und sogar Deutschland Folgen haben.
Kasten 4.2 Tiofine
(Quelle: Arbeitsinspektion, 1992)
Am Freitag, 15. November 1991 trat um
ca. 14.30 Uhr eine kurze Unterbrechung
(1,5 Minuten) der Stromversorgung des
Rotterdamer Industriegebietes auf. Die
Notstromversorgung des Betriebes Tiofine
funktionierte nicht entsprechend. Da eine
offene Verbindung zur Außenluft bestand,
konnte Chlorgas durch Rückströmung
nach außen gelangen. Durch die
Chlorwolke waren ca. 30 Personen
betroffen, die bei einem Betrieb in der
Nähe tätig waren. Von diesen wurden 25
Personen mit mehr oder weniger
ausgeprägten Symptomen ins
Krankenhaus aufgenommen. Am
18.November wurde die letzte Person aus
dem Krankenhaus entlassen. Während die
Chlorwolke entwich, wurde die Meldung
darüber nicht rechtzeitig durchgegeben.
Dies lag (u.a.) daran, dass die betroffenen
Unternehmen die zentrale Notrufnummer
anriefen, wodurch diese immer belegt war.
Dadurch wurde die Feuerwehr zu spät
kontaktiert, und die erreichte den Ort erst,
als alles vorbei war.
Bei der Kunststoff und Metall
verarbeitenden Industrie tritt nach
einigen Stunden des Stromausfalls das
Problem auf, dass Grundstoffe
aushärten. Bevor der
Produktionsprozess neu gestartet
werden kann, muss das Material
entfernt werden.
Im Hafen werden Produkte gelagert
und umgeschlagen. Die Schiffe selbst
sind von einem Stromausfall nicht
betroffen. Eine schnelle, sichere
Abwicklung des Schifffahrtverkehrs ist
im Hafengebiet (Rotterdam) durch
Notstromeinrichtungen gewährleistet.
Bei einer längeren Dauer des
Stromausfalls (24 Stunden) kann die
Bevorratung der Aggregate mit
Brennstoff zu einem Problem werden.
Das Laden und Löschen der Schiffe
mit Ladekränen vom Kai aus kommt
bei einem Stromausfall abrupt zum
Stillstand. Haben die Ladekräne keine
Möglichkeit, den größten hydraulischen
Druck ab zu lassen, können die Stoffe,
die noch in den Leitungen sind, ins
Wasser gelangen und zu
Wasserverschmutzungen führen. Der
Umschlag von Gütern kommt zum
Erliegen, die Industrie kann nicht mehr
beliefert werden. Dauert der
Stromausfall über 24 Stunden an, wird
auch hier ein Effekt auf das Hinterland
des Hafengebietes spürbar werden.
Aus Anlass des Vorfalls bei Tiofine leiteten
die Arbeitsinspektion und der Dienst
Central Milieubeheer Rijnmond bei Tiofine
und 16 weiteren Betrieben des
Industriebgebietes eine Untersuchung ein.
Auf der Grundlage dieser Untersuchung
wurde bei Tiofine die Notstromversorgung
geändert und der Prozess abbruchsicher
gemacht. Die Untersuchung bei den 16
Betrieben führte zu der Schlussfolgerung,
dass bei ungefähr 15% aller betroffenen
Betriebe (49) die Gefahren nicht
ausreichend bekannt waren.
Polymerisation der Produkte in den
Leitungen auftreten, und die Leitungen
setzen sich allmählich zu. In
Abhängigkeit von der Temperatur
treten Emissionen in die Umwelt auf.
Bei einem Stromausfall von 24
Stunden und länger müssen Reststoffe
„abgeblasen“ werden. Auch hierbei
treten Emissionen auf. Vor allen die
Anwohner leiden unter Gestank. In
DIENSTLEISTUNG
Im Dienstleitungssektor sind viele
verschiedene Arten von Unternehmen
zusammengefasst. Grob kann man
zwischen Betrieben unterscheiden, die
der Öffentlichkeit direkt zur Verfügung
45
Stromausfall besondere Probleme
auftreten können.
Im Einzelhandel und der Gastwirtschaft
(siehe Kasten 4.3) wird immer ein
Umsatzverlust eintreten, wenn das
Geschäft geöffnet ist. Für die Höhe des
Umsatzverlustes sind die Jahreszeit,
der Tag und der Zeitpunkt von
Bedeutung. Beim Einzelhandel ist der
Umsatzverlust bei verlängerten
Öffnungszeiten oder am Samstag am
größten. Für die Gastwirtschaft kann
eine kurze Unterbrechung im Sommer
größere Folgen haben als eine längere
im Winter. Der Umsatzverlust nimmt im
Allgemeinen mit der Dauer des
Stromausfalls zu.
Kasten 4.3 Einzelhandel
Tritt während der Öffnungszeiten ein
Stromausfall ein, müssen die Geschäfte
wegen Diebstahls so schnell wie möglich
geschlossen werden. Außerdem ist eine
normale Weiterführung der Geschäfte
kaum möglich. Alle Geschäfte hängen
stark von elektrischer Beleuchtung und
elektronischen Zahlungssystemen ab.
Außerdem können elektronische
Scannersysteme insbesondere in
Supermärkten ausfallen, was über den
Stromausfall hinaus Folgen haben kann.
Tritt ein Stromausfall außerhalb der
Öffnungszeiten auf, können sich bei
Geschäften mit elektrischen Schiebetüren
die Türen automatisch öffnen. Dies ist eine
Sicherheitsmaßnahme für die im Geschäft
befindlichen Kunden. Außerhalb der
Öffnungszeiten kann dies jedoch zur
Plünderung des Geschäftes führen, wie es
u.a. während des Stromausfalls in New
York 1977 auftrat.
Bei der Post und den Banken kann die
meiste Arbeit manuell weitergeführt
werden. Probleme können jedoch bei
den Geldvorräten auftreten. Einerseits
können Tresore derartig gesichert sein,
dass sie sich bei Stromausfall nicht
mehr öffnen lassen. Dann kann nur
noch mit dem Geld an den Schaltern
gearbeitet werden. Andererseits geben
Geldautomaten kein Geld mehr
heraus, was die Schlangen an den
Post- und Bankschaltern vergrößern
wird. Nach einiger Zeit ist kein Geld
mehr vorhanden. In dem Zeitraum
zwischen acht und 24 Stunden nach
dem Stromausfall schließen Post und
Banken, da z.B. im Winter die Situation
unhaltbar wird. Im Zeitraum nach 24
Stunden wird die Geldversorgung im
Stromausfallgebiet zu einem
gesellschaftlichen Problem.
Nach acht Stunden sinkt die Qualität
verderblicher Ware nicht nur in den
Geschäften, sondern auch in den
Lastwagen. Schließlich verdirbt die Ware.
Bei längerem Stromausfall werden die
geschlossenen Geschäfte für die Kunden
zu einem Hindernis. Sie müssen auf
Geschäften außerhalb des
Stromausfallgebietes ausweichen.
Bei Warenhäusern gilt, dass sie nicht nur
wegen Diebstahls geschlossen werden
müssen, sondern auch wegen der (Feuer-)
Sicherheit. Für einige Stunden besteht
eine Notbeleuchtung. In dieser Zeit muss
das Warenhaus geräumt werden. Es
besteht die Möglichkeit, dass Menschen in
den Aufzügen stecken bleiben.
Für Büros sind administrative
Handlungen sowie die Kommunikation
innerhalb des Unternehmens und nach
außen wichtige Tätigkeiten. Der Ausfall
von PC´s und Kopiergeräten sowie vor
allem Faxgeräten und der internen
Telefonzentralen sind ein
Hinderungsgrund für die Weiterarbeit.
Die ersten zwei Stunden können die
einen oder anderen Aufgaben noch
manuell durchgeführt werden. Dauert
stehen, wie Einzelhandel,
Gastwirtschaft, Post und Banken, und
in Betriebe, die der Öffentlichkeit eher
indirekt zur Verfügung stehen, wie der
Verwaltungssektor. Dieser Bereich ist
meistens in (großen) Bürokomplexen
untergebracht, in denen bei
46
die Unterbrechung länger an, werden
Arbeitnehmer nach Hause geschickt.
In den Gebäuden entsteht im Zeitraum
zwischen zwei und acht Stunden ein
Problem mit der Klimaanlage. In
großen Bürogebäuden wird bei einem
Stromausfall die Evakuierung des
Gebäudes eingeleitet. Die
Notbeleuchtung funktioniert in der
Regel über einige Stunden. In dieser
Zeit muss das Gebäude geräumt sein.
Im Zeitraum zwischen acht und 24
Stunden treten Rückstände in der
Verwaltung oder den
Geschäftstätigkeiten auf, was zu
Schäden führt. Im
Dienstleistungsbereich sind die
Computernetzwerke anfällig. Sind
diese nicht ausreichend gesichert,
kann sich der Netzwerkausfall
innerhalb eines Stromausfallgebietes
bis nach außerhalb bemerkbar
machen.
länger dauert, nehmen die Probleme
für die Industrie zu. Im schlimmsten
Fall stoppt die Lieferung von
Produkten, wodurch auch Folgen für
Bereiche außerhalb des
Stromausfallgebietes eintreten können.
Die Folgen für Unternehmen, die dem
Dienstleistungssektor angehören und
direkt für die Öffentlichkeit zugänglich
sind, sind zunächst hauptsächlich
Umsatzverlust und verderbende
Waren, andererseits kann die
Öffentlichkeit die Dienstleistungen
dieser Unternehmen nicht mehr in
Anspruch nehmen. Bei Unternehmen
innerhalb des Verwaltungssektors
verschärfen sich die Folgen mit der
Dauer des Stromausfalls.
Insbesondere mangelnde
Kommunikationsmöglichkeiten werden
zu einem Problem.
4.2
Einrichtungen
ZUSAMMENFASSUNG
KRANKENHAUS
Für die Viehhaltung kann angemerkt
werden, dass die Größe des Tieres die
Schnelligkeit, mit der Folgen auftreten,
beeinflusst. Am schnellsten betroffen
ist die Federviehhaltung, danach die
Schweinezucht, und zum Schluss die
Milchviehhaltung. In der
Gewächshauskultur ist meistens eine
Notstromversorgung vorhanden. Trotz
einer solchen Versorgung entstehen
jedoch bei einem länger anhaltenden
Stromausfall (über acht Stunden und
sicherlich bei über 24 Stunden)
ebenfalls Schwierigkeiten.
Für Krankenhäuser ist die
Notstromversorgung verpflichtend.
Einige Krankenhäuser verfügen über
eine eigene Stromversorgung wie ein
Blockheizkraftwerk, das auch weiterhin
arbeitet. Bei dem Einsatz von
Notstromaggregaten findet immer eine
Reduzierung der verfügbaren Leistung
statt. Bürotätigkeiten müssen als
erstes beendet werden. Arbeitet eines
der Aggregate nicht, können immer
noch manuelle Arbeiten ausgeführt
werden (wie z.B. sauerstoffgesteuerte
Beatmung, oder Beatmung mit
Ballons), was jedoch insbesondere
nachts eine Belastung ist. Die Qualität
der Behandlung leidet. Außerdem
werden Computer, die an ein
Notstromaggregat angeschlossen sind,
das nicht einwandfrei arbeitet,
abgeschaltet. Bei einer längeren Dauer
des Stromausfalls wird die Tatsache,
dass die Bürotätigkeiten unterbleiben
müssen, zu einem immer größeren
Direkt von Beginn eines Stromausfalls
an treten für die Industrie Probleme
auf, da Produktionsprozesse
unterbrochen werden oder das
Löschen und Laden im Hafen zum
Stillstand kommt. Ist in der chemischen
Industrie der Produktionsprozess nicht
abbruchsicher, kann ein Stromausfall
auch Folgen für die Umgebung haben.
In dem Maße, in dem ein Stromausfall
47
anfordern können, arbeitet nicht mehr,
weshalb besonders kontrolliert werden
muss.
Problem. Es wird manuell gearbeitet
werden müssen. Da bei einem
Stromausfall mehr Verwundete (z.B.
durch Verkehrsunfälle), als
normalerweise angenommen werden
können, eingeliefert werden, können
die Patienten nur minimal versorgt
werden. Für die Notstromaggregate
sind genügend Brennstoffvorräte
vorhanden, und oftmals gibt es
Absprachen mit
Mineralölgesellschaften zwecks
separater Lieferungen. Allerdings
könnte die Brennstoffversorgung durch
das Verkehrschaos zu einem Problem
werden.
Neben dem Zeitpunkt ist die Dauer des
Stromausfalls von Bedeutung, u.a. für
die Versorgung mit den Mahlzeiten. Im
Allgemeinen wird mittags warm
gegessen. Fällt der Strom morgens
aus und dauert die Unterbrechung
länger als zwei Stunden, gerät die
Zubereitung des Mittagessens in
Gefahr. Die Einrichtungen kochen
gewöhnlich auf Gas, aber die
Dunstabzugshauben arbeiten
Kasten 4.4 Stromausfall in alten/Pflegeheimen im Achterhoek
A L T E N -/P F L E G E H E I M E
Im Stromausfallgebiet Achterhoek, in dem
der Stromausfall fast acht Stunden
dauerte, wurden drei Alten-/Pflegeheime
befragt. Das größte (98 Bewohner)
verfügte über ein Aggregat. Es traten
keine Folgen auf. Allerdings musste
nachts woanders Dieselöl geholt werden,
da der Vorrat aufgebraucht wurde. Bei den
beiden anderen Altenheimen (74 und 61
Bewohner) traten allerdings für die
Bewohner Folgen auf, vor allem Kälte und
der Ausfall der Zimmerbeleuchtung. Die
meisten Bewohner gingen früher als
normal ins Bett. Drei bis fünf Stunden
nach dem Stromausfall hörte auch die
Notstromversorgung auf zu arbeiten.
Daher wurde es auch auf den Gängen
dunkel. An strategischen Orten wurden
Kerzen aufgestellt, was eine zusätzliche
Kontrolle durch das Personal notwendig
machte.
Bei der Studie zeigte sich, dass
kleinere Altenheime (weniger als 100
Bewohner) oftmals über keine
Notstromversorgung verfügten.
Notbeleuchtung gab es immer (sie ist
verpflichtend); sie arbeitet mit Batterien
oder Akkus. Fällt der Strom in einer
solchen Einrichtung aus, ist der
Zeitpunkt, zu dem das geschieht, sehr
wichtig. Tagsüber von zehn Uhr
morgens an ist die Möglichkeit, dass
sich jemand im Aufzug befindet, sehr
groß. Die Aufzüge bleiben stecken.
Manchmal können die Aufzüge
mechanisch in ein Stockwerk gefahren
werden, wo die Menschen
herausgeholt werden können. Die
Feuerwehr muss eingeschaltet
werden. Abends ergibt sich das
Problem der Beleuchtung. In wichtigen
Räumen und auf den Gängen ist eine
Notbeleuchtung vorhanden. In den
Zimmern ist es dagegen dunkel. Die
Bewohner nutzen dann Kerzen, was
unter normalen Umständen aus
Sicherheitsgründen verboten ist. Dann
muss das Personal zusätzliche
Überwachungsfunktionen durchführen.
In Alten-/Pflegeheimen muss bei
Stromausfällen nicht nur abends
zusätzlich kontrolliert werden. Die
Ruffunktion, mit der die Bewohner Hilfe
Beide Häuser nahmen von sich aus
Kontakt zur Polizei bzw. Feuerwehr auf. In
einem Haus funktionierte der
automatische Feuermelder nicht. Die
Polizei hinterließ daher ein Mobiltelefon. In
beiden Fällen kamen spontan Mitarbeiter
zu den Häusern, um die Gänge zu
kontrollieren. Ein Haus überlegte, ein
Aggregat zu mieten, aber man erwartete,
dass die Stromversorgung nach ca. zwei
Stunden wieder einsetzen würde (es
wurden ca. vier Stunden). Aufgrund der
Kosten ließ man von dem Gedanken ab.
48
elektrisch. Aus Sicherheitsgründen
sind die Herde an die funktionierenden
Dunstabzüge gekoppelt. Bei einem
Stromausfall kann daher nicht gekocht
werden. Dauert der Stromausfall über
acht Stunden, gibt es keine warme
Mahlzeit. Bei einem längeren
Stromausfall ist auch die Kühlung von
Produkten in Gefahr.
führen. Das Personal muss darauf
eingehen.
Sollte keine Notstromversorgung
vorhanden sein, treten innerhalb der
ersten zwei Stunden keine Probleme
auf. Nur Bewohner, die an spezifische
elektrische Geräte angeschlossen
sind, leiden darunter. Auch der Notruf
mit der Ruftoneinrichtung fällt aus. Im
Zeitraum zwei bis acht Stunden
entstehen Probleme bei der
Mahlzeitenzubereitung, der Kühlung
des Leichenhauses, der
Warmwasserversorgung und der
Klimaanlage. Im paramedizinischen
Bereich können Flieder- und
Paraffinbäder nicht mehr auf
Temperatur gehalten werden. Nachts
ist ein Pflegeheim weniger anfällig, da
die meisten Funktionen dann nicht
gebraucht werden. In diesem Zeitraum
können Schwierigkeiten bei der
Kühlung tief gefrorener Produkte
eintreten. Dauert der Stromausfall
noch länger, müssen bestimmte
Bewohner in eine schützende
Umgebung verbracht werden, z.B.
Rollstuhlfahrer und Menschen, die
künstlich ernährt werden müssen. Die
Aufnahme neuer Patienten ist nicht
möglich.
Nicht nur Zeitpunkt und Dauer eines
Stromausfalls sind bei Alten-/
Pflegeheimen von Bedeutung, sondern
auch die Jahreszeit. Insbesondere im
Winter während der Frostperiode wird
bei einer länger andauernden
Unterbrechung der Stromlieferung der
Ausfall der Zentralheizung zu einem
Problem, siehe auch Kasten 4.4.
PFLEGEHEIME
Die meisten dieser Häuser verfügen
über ein Notstromaggregat. Für den
Einsatz der Aggregate gibt es
Prioritäten: medizinische Geräte,
Aufzüge, Küche und Notbeleuchtung
gehören dazu. Die getroffenen
Maßnahmen greifen bei einem
Stromausfall bis zu 24 Stunden.
Danach können Probleme bei
Lieferanten auftreten, die Lebensmittel
liefern und selbst vom Stromausfall
betroffen sind. Dann werden
(para)medizinische Behandlungen
unterbrochen, da auch
Laborergebnisse nicht mehr eingehen.
Dies unterbricht die Kontinuität der
medizinischen Behandlung.
HÄUSLICHE PFLEGE
Hilfsbedürftige Menschen zuhause
sind aufgrund von
medizinisch/technischen Geräten
(Heparin- oder Infusionspumpen,
Dialyse- und Beatmungsgeräte) von
der Elektrizität abhängig. Automatisch
öffnende und schließende Türen sowie
Rollstuhlfahrer, deren elektrische
Rollstühle aufgeladen werden, hängen
stark von der Stromversorgung ab.
Schwierigkeiten bei der häuslichen
Pflege sind in Kasten 4.5 beschrieben.
Die meisten dementen Menschen in
einem Pflegeheim verhalten sich gut in
einer stabilen Umgebung. Treten durch
einen Stromausfall
Unregelmäßigkeiten auf, entstehen
Probleme. Das
Improvisationsvermögen dementer
Menschen ist gleich null. Dies kann zu
Angst- und Erschütterungsgefühlen
Ein wichtiger Aspekt ist, dass die
Versorgung insbesondere älterer
49
Kasten 4.5 Probleme bei der häuslichen
Pflege
größer, womit sie schwieriger zu
erreichen sind.
Während der ersten zwei Stunden treten
in der häuslichen Pflege kaum
Schwierigkeiten auf. Mit einer gewissen
Verzögerung werden die Hilfeleistungen
weitergeführt. Im Zeitraum von zwei bis
acht Stunden entsteht eine deutliche
Verzögerung bei der Hilfeleistung, der
Dienstplan gerät aus den Fugen. Die
einzelnen Handlungen dauern mehr Zeit
als geplant, insbesondere, wenn es dunkel
ist. Dann muss bei Licht von
Taschenlampen und Kerzen gearbeitet
werden. Im Achterhoek zeigte sich, dass
dadurch der Hilfsplan außer Kraft geriet.
Hilfeleistende Organisationen können die
nächsten zu pflegenden Personen nicht
rechtzeitig erreichen. Bei den
hilfsbedürftigen Personen kann es zu
Panikreaktionen kommen, da die
telefonische Erreichbarkeit schlecht ist und
Informationen kaum eingeholt werden
können. Dauert der Stromausfall über acht
Stunden, ist es wichtig, alle
Hilfsbedürftigen zu erreichen. Ist keine
Liste dieser Menschen auf Papier
vorhanden, ist nicht klar, wer wann welche
Hilfe braucht. Nach acht Stunden
verderben im Büro des Pflegedienstes die
medizinischen Hilfsstoffe, die im
Kühlschrank aufbewahrt werden. Bei
einem Stromausfall über 24 Stunden wird
die Situation für die häusliche Pflege
prekär.
ZUSAMMENFASSUNG
Bei Krankenhäusern, Alten- und
Pflegeheimen ist es wichtig zu
unterscheiden, ob ein
Notstromaggregat vorhanden ist oder
nicht. Bei Krankenhäusern ist es
verpflichtend, bei Pflegeheimen ist es
häufiger installiert als bei Altenheimen.
Ohne Notstromaggregat kann sich eine
Reihe von Problemen auftun, die sich
mit zunehmender Dauer verschärfen,
bis die Situation nach 24 Stunden
unhaltbar wird, insbesondere im
Winter. Menschen, die auf häusliche
Pflegedienste angewiesen sind,
können in Panik geraten, wenn die
Pfleger nicht rechtzeitig erscheinen
und telefonisch nur schlecht erreichbar
sind. Dies tritt vor allem bei
Stromausfällen auf, die über zwei
Stunden dauern.
4.3
Öffentliche Instanzen
POLIZEI
Bei einem Stromausfall fällt für die
Polizei im Vergleich zu normalen
Situationen Mehrarbeit an, siehe
Kasten 4.6. Dabei leidet auch sie an
den Folgen des Stromausfalls. Nicht
alle Polizeiwachen verfügen über eine
Notstromversorgung. Neue Büros
haben oftmals ein Notstromaggregat,
ältere Einrichtungen (noch) nicht.
Kleine Polizeiwachen haben meistens
keins. Vor allem in ländlichen Gebieten
sind die Polizeiwachen klein. Die
Telefone dieser Wachen können
allerdings oftmals zu einem regionalen
Meldebüro durchgeschaltet werden.
Da die eine Polizeieinheit ein
Notstromaggregat hat, die andere
nicht, kann bei einem Stromausfall die
Menschen zuhause eine immer
wichtigere Rolle spielt. Ältere
Menschen bleiben so lange wie
möglich zuhause. Aber auch die
medizinische Versorgung zuhause mit
Hilfe elektrischer Geräte nimmt immer
mehr zu. Bei der häuslichen Pflege
sind die geographischen
Gegebenheiten eines
Stromausfallsgebietes von Bedeutung.
In einem ländlichen Gebiet umfasst die
häusliche Pflege aufgrund der
Ausdehnung ein größeres Gebiet als
im städtischen Bereich. Die Entfernung
zwischen den zu versorgenden
Menschen ist im ländlichen Bereich
50
Chancengleichheit zwischen beiden
gestört sein.
Personal ein oder ruft weitere
Mitarbeiter zum Dienst. Diese werden
vor allem in der Notrufzentrale und für
zusätzliche Überwachungsfunktionen
eingesetzt.
Insbesondere, wenn sich herausstellt,
dass die Störung der Stromversorgung
länger dauern wird, müssen
zusätzliche Mitarbeiter zum Dienst
gerufen werden. Im Zeitraum von zwei
bis acht Stunden nehmen die
Überstunden zu. Eventuell müssen
Lautsprecherwagen zur Information
der Bevölkerung eingesetzt werden.
Tagsüber werden die Mitarbeiter der
Verwaltung nach Hause geschickt. In
diesem Zeitraum müssen die
Megaphone aufgeladen werden. Gibt
es kein Notstromaggregat, ist dies
nicht möglich. Im Zeitraum acht bis 24
Stunden nehmen die Schwierigkeiten
im Bereich der automatisierten
Tätigkeiten zu. Es müssen Prioritäten
gesetzt werden. Dauert der
Stromausfall über 24 Stunden, müssen
diese Prioritäten verschärft werden.
Der Einsatz des Personals richtet sich
auf die Aufrechterhaltung der
öffentlichen Ordnung, die
Verkehrsregelung und die
Aufrechterhaltung von (Not-)
Funkverbindungen.
Ist ein Notstromaggregat vorhanden,
stellt die Polizei oftmals zusätzliches
Kasten 4.6 Polizeiliche Aktivitäten
Die Bevölkerung ruft an, um zu fragen,
was vorliegt. Dies führt zur Überlastung
der (zentralen) Notrufnummer der Polizei.
Daneben muss die Polizei auf
Alarmmeldungen reagieren: Die meisten
Einbruchmeldungen gehen ab dem
Zeitpunkt ein, ab dem der Strom ausfällt.
Diese können aufgrund der Menge der
Meldungen nicht immer gleich überprüft
werden. Außerdem muss in den Städten
auf den Kreuzungen der Verkehr von
Hand geregelt werden, wenn die
Stromversorgung ausfällt. Dies geschah in
Rotterdam und Den Haag. In Den Haag
ereigneten sich auf den Kreuzungen
Verkehrsunfälle mit Verletzten. Da die
Polizei im Vergleich zur normalen
Situation zusätzliche Aufgaben erfüllen
muss, können in einigen Fällen die
normalen Überwachungstätigkeiten
(vorsorgliche Überwachung) nicht
durchgeführt werden (Rotterdam, Edam),
während in anderen Fällen gerade diese
Überwachungen beschlossen wurden
(Bleiswijk, Den Haag). Treten eventuell
Plünderungen auf, fallen noch zusätzliche
Aufgaben für die Polizei an. (Bei den
sechs in dieser Studie untersuchten
Stromausfällen trat dieses Phänomen
zwar nicht auf, bei anderen Gelegenheiten
in der Vergangenheit in den Niederlanden
jedoch ja, siehe Kasten 2.1). Schließlich
muss insbesondere in Industriegebieten
die Route für Gefahrstofftransporte
gesichert werden. Der Transport von
gefährlichen Stoffen findet über Strecken
statt, die über Brücken statt durch Tunnel
führen. Während eines Stromausfalls
können Brücken mit beweglichen Teilen
nicht mehr funktionieren. Der
Gefahrstofftransport muss dann umgeleitet
werden. Sollte dies nicht möglich sein,
müssen die Lastkraftwagen mit ihrer
Ladung zeitweise auf einem abgesperrten
Bereich mit bestimmten Absicherungen
geparkt werden.
FEUERWEHR
Die Feuerwehr leistet bei einem
Stromausfall kleinere Hilfen, d.h.
Menschen müssen aus feststeckenden
Aufzügen befreit werden, eventuell ist
Hilfe bei Verkehrsunfällen notwendig,
oder es müssen mobile Aggregate
eingesetzt werden. Dabei sind der
Zeitpunkt (Tag und Uhrzeit) sowie die
Jahreszeit von Bedeutung. Die eigene
Verwaltung der Feuerwehr
(Bürofunktionen) steht vor den
gleichen Schwierigkeiten wie jeder
andere bei Stromausfall.
Feuerwehrkasernen verfügen über ein
Notstromaggregat. Eventuell kann
51
und Radios, die an das Stromnetz
angeschlossen sind, funktionieren
während eines Stromausfalls nicht.
Im Zeitraum von acht bis 24 Stunden
nehmen die Schwierigkeiten zu.
Möglicherweise wird ein größerer
Umfang der Tätigkeiten notwendig und
dazu eine Koordinationszentrale
eingerichtet. In ihr sind Polizei,
Feuerwehr und zentrale
Rettungsdienste vertreten. Später kann
aus dieser Zentrale das
Leitungsgremium für eine ganze
Region werden. Dauert der
Stromausfall länger als 24 Stunden,
können für die Feuerwehr durch die
Kommunikation untereinander
Probleme entstehen, je nach der
Dauer des Betriebes der
Notstromeinrichtungen im
Kommunikationsnetzwerk.
Möglicherweise treten bei einer
längeren Dauer auch Probleme mit der
Brennstoffversorgung der Fahrzeuge
und Notstromaggregate sowie für die
Löscheinrichtungen auf.
neben der Notrufnummer der Polizei
und des Elektrizitätswerkes auch die
der Feuerwehr überlastet sein durch
telefonische Anfragen beunruhigter
Bürger. Durch Überlastungen des
Telefonnetzes können
Brandmeldungen verspätet eingehen,
weshalb sich größere Unglücke
ereignen können. Möglicherweise
entstehen Probleme mit der
Wasserzufuhr zu
Löschwassereinrichtungen (kleinere
Löschmittel), da die
Druckerhöhungsanlage ausfällt oder
der Druck in den Wasserleitungen zu
gering ist.
Im Zeitraum von zwei bis acht Stunden
nimmt der Druck auf die Organisation
zu. Es müssen Prioritäten festgelegt
werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass
sich insbesondere in Industriegebieten
Vorfälle ereignen, nimmt zu, da durch
Stromausfall industrielle Prozesse
nicht mehr regelbar sein können.
Daneben wächst die
Wahrscheinlichkeit, dass ein Vorfall zu
einer Katastrophe wird. Einerseits ist
es schwieriger, durch die Überlastung
des Telefonnetzes der Feuerwehr
einen Unfall mitzuteilen. Andererseits
ist es für die Feuerwehr schwieriger,
entstandene Folgen eines Vorfalls zu
bekämpfen, z.B. aufgrund von
Verkehrschaos, und weil die
Kapazitäten zur Bekämpfung dieser
Folgen durch den hohen Druck, der auf
der Feuerwehr lastet, geringer
geworden sind. Bei einer Katastrophe
müssen die Bürger gewarnt werden.
Dafür sind die Sirenen zuständig. Das
System wird während eines
Stromausfalls nicht optimal arbeiten,
und es stellt sich die Frage, ob es
sinnvoll ist, die Bürger auf diesem Weg
während eines Stromausfalls zu
informieren. Manchmal gibt es
Absprachen mit regionalen
Radiosendern, die Hinweise
ausstrahlen. Auf der Empfängerseite
gibt es jedoch Probleme: Fernseher
GEMEINDE
Bei einem Stromausfall sind die ersten
acht Stunden für eine
Gemeindeverwaltung nicht von
Bedeutung. Tritt der Ausfall tagsüber
ein, fallen in der Gemeindeverwaltung
die Bürotätigkeiten aus. Einige
Gemeindehäuser von größeren
Gemeinden verfügen über eine
Notstromversorgung für das weitere
Funktionieren des
Verwaltungsapparates. Die Gemeinde
kann dann weiter geleitet werden. In
größeren Gemeinden sind oftmals
auch Maßnahmen vorhanden, um im
Falle einer Katastrophe weiterhin
arbeiten zu können. Ein Teil davon ist
das Notstromaggregat, weshalb auch
im Falle eines Stromausfalls
weitergearbeitet werden kann. Bei
einem länger andauernden
Stromausfall in einem größeren Gebiet
52
wird oftmals ein Krisenteam oder so
genannter Katastrophenstab
zusammengerufen. Bei längerem
Stromausfall muss der
Verwaltungsvorgang auf die ein oder
andere Weise weitergeführt werden.
Insbesondere die Polizei muss eine
Reihe von Maßnahmen treffen,
während sie selbst in einigen Fällen
nicht über eine Notstromversorgung
verfügt. Die Feuerwehr wird mehr auf
Kasten 4.7 Überlastung des
Telefonnetzes
ZENTRALE
RETTUNGSDIENSTE
Die privaten Haushalte wurden über den
Stromausfall im Achterhoek (4.1.1993)
und in Arnheim (25.8.1992) befragt, ob sie
im Zusammenhang mit dem Stromausfall
telefonierten, und wenn ja, mit wem. Für
das Achterhoek (N=568) stellte sich
heraus, dass viele zum Telefon griffen
(70%). In Arnheim (N=315) waren es
wesentlich weniger (10%). Der
Unterschied erklärt sich aus der Dauer des
Stromausfalls (acht Stunden bzw. weniger
als eine Stunde) sowie dem Zeitpunkt
(Abend gegenüber Morgen). Im
Achterhoek riefen ca. 80% die Familie
bzw. Bekannte an, ca. 10% den
Energieversorger, 2% die Polizei und noch
nicht einmal 1% die Notrufnummer.
Bei den zentralen Rettungsdiensten
gehen Meldungen über Unfälle ein. Die
Notrufzentrale verfügt über ein
Notstromaggregat. Die ersten acht
Stunden sind für die Notrufzentrale
kein Problem. Danach kann z.B. die
Versorgung der Sender/Empfänger
ausfallen, wenn es kein Aggregat gibt.
(Bis zu diesem Zeitpunkt können
Akkus die fehlende Stromversorgung
auffangen.) Danach wird die
Kommunikation zu einem Problem.
Nach 24 Stunden wird die
Notrufzentrale zusätzliches Personal
bereitstellen müssen, da der Druck
insbesondere auf die Hilfsdienste im
Gesundheitswesen zunimmt. Die
Unruhe in der Bevölkerung kann
zunehmen. Menschen müssen an die
Gesundheitsämter der Stadt und die
RIAGGS (Regionales Institut für
ambulante Psychiatrie) weiter
verwiesen werden. Damit steigt
wiederum der Druck auf diese
Einrichtungen. Insbesondere im Winter
bei Kälte kann ein Aktionszentrum
eingerichtet werden, das ältere
Menschen auffangen kann. Dabei
entstehen zusätzliche Probleme, da
die Stromversorgung eines solchen
Aktionszentrums geregelt werden
muss.
Die Zahlen für das Achterhoek
verdeutlichen, dass eine umfangreiche
Unterbrechung der Stromversorgung, so
wie dort eingetreten, zum Wunsch nach
Kommunikation führt. Dadurch wird das
Telefonnetz überlastet, und die
Meldezentralen der Polizei und
Elektrizitätswerke sind überlastet. Die
Kommunikation zwischen den Mitarbeitern
des Elektrizitätswerkes sowie zwischen
den verschiedenen Hilfsdiensten wird
behindert. Die Untersuchung der sechs
Stromausfälle ergab für keinen Fall die
Nutzung des Nationalen Notrufnetzes.
(Das Nationale Notrufnetz ist ein Netz, das
unabhängig von dem normalen
Telefonnetz genutzt werden kann und an
das vor allem öffentliche Instanzen
angeschlossen sind.) Ein anderer Aspekt
ist, dass die Information der Öffentlichkeit
so erschwert wird. Auf diesem Wege
können z.B. Menschen, die zuhause
gepflegt werden, nicht erreicht werden.
ZUSAMMENFASSUNG
Für Polizei und Feuerwehr entsteht
direkt zu Beginn eines Stromausfalls
zusätzliche Arbeit. Die Überlastung
des Telefonnetzes ist dabei ein
Hindernis, siehe Kasten 4.7.
technischem Gebiet oder bei
Hilfeleistungen aktiv. Die Gemeinde
und zentralen Rettungsdienste sind die
ersten acht Stunden eines
53
technischen Geräte aus. Außerhalb
des Hauses können die Mitglieder der
Haushalte nicht einkaufen, da die
Geschäfte geschlossen werden. In den
Städten steht nur noch der öffentliche
Nahverkehr per Bus zu Verfügung.
Gleichzeitig kann ein Verkehrschaos
entstehen, weshalb Verspätungen im
öffentlichen Verkehr auftreten.
Stromausfalls kaum in ihren
Tätigkeiten eingeschränkt. Im Zeitraum
nach acht Stunden nimmt der Druck
auf Polizei und Feuerwehr zu. Auch die
Gemeinde ist bei der Koordinierung
der Bekämpfung der Folgen eines
Stromausfalls betroffen. Bei über 24
Stunden muss auch die
Rettungszentrale weitere Maßnahmen
im Zusammenhang mit dem
Stromausfall treffen, indem z.B.
Menschen an andere Einrichtungen
weiter verwiesen und eventuell
Auffanglager eingerichtet werden
müssen.
4.4
Dauert die Unterbrechung der
Stromlieferung länger als zwei
Stunden, wird im Winter der Ausfall der
Heizung und der Mangel an
Warmwasser zu einem Problem.
Gegen acht Stunden des Stromausfalls
wird auch in den privaten Haushalten
die Versorgung mit den Mahlzeiten zu
einem Problem. Invalide können ihren
elektrischen Rollstuhl nicht mehr
aufladen. Am Ende dieses Zeitraumes
entsteht ein möglicher Schaden durch
Verderben von Waren in Kühl- und
Gefrierschrank. Pendler, die vom
öffentlichen Nahverkehr abhängig sind,
sind von deutlichen Verspätungen
betroffen. Der Stromausfall hat
inzwischen auch Auswirkungen auf
den Zugverkehr. Aber auch im
Straßenverkehr treten Staus auf.
Private Haushalte
Die Mitglieder der privaten Haushalte
sind sowohl zuhause als auch auf der
Straße den Folgen eines Stromausfalls
ausgesetzt. Haushalte umfassen
verschiedene Personengruppen,
darunter auch Menschen, die zu
Hause Hilfe benötigen. Die Folgen für
diese Gruppe von Menschen sind im
Abschnitt Häusliche Pflege behandelt
(siehe Abschnitt 4.2). Die Folgen eines
Stromausfalls sind zuhause direkt
spürbar, da viele Haushaltsgeräte
ausfallen, darunter auch Fernseher
und Radio. Nur Batterie- oder
Autoradios können eventuell noch
Nachrichten empfangen. Haushalte mit
einem Kombikessel oder elektrischem
Boiler haben bei einem Stromausfall
keine Warmwasserversorgung. In
Hochhäusern können die
Druckerhöhungsanlagen, die das
Trinkwasser zu den einzelnen
Stockwerken hoch pumpen, ausfallen.
Höher gelegene Stockwerke verfügen
dann über kein Wasser mehr. Da viele
Menschen anrufen, ist das Telefonnetz
überlastet. Insbesondere für
Hilfsbedürftige ist Kommunikation
besonders wichtig. Können sie nicht
kommunizieren, treten schnell
Panikgefühle auf. Für diese Menschen
fallen auch die medizinisch/
Im Zeitraum von acht bis 24 Stunden
suchen sich die Menschen die Dinge,
die sie im Stromausfallgebiet nicht
mehr bekommen können, außerhalb
des Ausfallgebietes. Dies führt zu
einem zusätzlichen Verkehrsdruck.
Dauert der Stromausfall noch länger
an, treten allerlei psychologische
Effekte auf. In der Bevölkerung
entsteht Unruhe. Für Hilfsbedürftige
wird die Situation prekär. Die
Einwohner in Industriegebieten
müssen mit Emissionen aus den
Betrieben fertig werden.
4.5
54
Schlussfolgerungen und
Übersicht
[ Diagramm 4.1. Eine qualitative Einschätzung der
gesellschaftlichen Folgen eines Stromausfalls als
Funktion der Dauer des Ausfalls (nicht kumulativ)
Die gesellschaftlichen Folgen eines
Ausfalls der Elektrizitätsversorgung
hängen stark von der Dauer des
Stromausfalls ab. In Diagramm 4.1 ist
dies qualitativ wiedergeben. In der
Kurve sind drei Teile zu unterscheiden.
Direkt nach dem Stromausfall tritt eine
Reihe von Folgen auf, die jedoch nach
ein bis zwei Stunden wieder
abnehmen. Dazu gehören
Verkehrsunfälle, das Entweichen von
Gasen aus industriellen Prozessen,
und in Aufzügen und U-Bahnen
feststeckende Menschen. Der
Zeitpunkt und die Charakteristika des
Stromausfallgebietes sind in diesem
Zeitraum bestimmend. Im zweiten Teil
der Kurve, bis zu acht Stunden,
werden die Folgen immer
umfangreicher und nehmen ungefähr
linear zu. Dies betrifft vor allem Folgen,
die durch nicht funktionierende Geräte,
Steuerungen und
Kommunikationsmittel eintreten. Diese
Folgen verschärfen sich immer mehr,
insbesondere bei Heizungsausfall, da
die Pumpe der Druckerhöhungsanlage
sowie Radio und Fernsehen nicht mehr
arbeiten, es kein Kunstlicht gibt, die
normalen Tätigkeiten unterbrochen
werden müssen und Waren und
Dienstleistungen nicht mehr verkauft
werden können. Im dritten Teil der
Kurve, nach acht Stunden, nehmen die
Folgen exponentiell zu. Hühner und
Schweine sterben, Kühlprodukte
verderben, Material setzt sich in
Leitungen fest, die
Mahlzeitenversorgung in Altenheimen
kann nicht mehr stattfinden,
Hilfsdienste erreichen Hilfsbedürftige
zu Hause nicht mehr. Die Folgen
werden nach einem längeren Zeitraum
immer schlimmer. Der Transport
kommt zum Erliegen, die Bevorratung
von Aggregaten mit Brennstoff wird zu
einem Problem, Tunnel können mit
Wasser vollaufen, Kühe müssen
trockengelegt werden.
gesellschaftliche Folgen
Zeit in Stunden]
Die untenstehenden Tabellen 4.1 bis
4.6 beschreiben die zu erwartenden
Folgen für die verschiedenen, in
diesem Kapitel beschrieben Bereiche
als Funktion der Ausfalldauer. Die
Tabellen sind eine schematische
Wiedergabe der qualitativen
Beschreibung der gesellschaftlichen
Folgen. Die Tabellen beleuchten die
Aspekte, die Aufmerksamkeit
verlangen, beanspruchen jedoch nicht,
vollständig zu sein. In den Tabellen ist
das Notstromaggregat mit NSA
abgekürzt.
55
LANDWIRTSCHAFT
allgemein
Milchviehhaltung
Schweinezucht
Federviehhaltung
Gewächshauskulturen
0-2 Std.
2-8 Std.
8-24 Std.
Wasserversorgung der Tiere sehr wichtig
kein Problem
während Melkzeit,
Kühe müssen
dann Probleme
gemolken oder
(Entzündung des
trockengelegt werden
Euters)
kein Problem
Ventilationsprobleme, Sterben,
tote Tiere
Wachstumstagnation
bei Schlachtküken (freilaufend) hohe
auch hohe
Sterblichkeit (besonders im Sommer),
Sterblichkeit bei
Wachstumsstörungen
Tieren in Käfigen,
Wachstumsstagnation
Außentemperatur mögliche Probleme
Qualitätsverlust der
wichtig,
mit der Kühlung von
Produkte in
Computersystem Produkten (auch
Kühlzellen, Probleme
störanfällig bei
während der Auktion) mit der Logistik
NSA*,
Qualitätsverlust
und/oder
Vernichtung der
Ernte möglich
24 Std. ->
Maßnahmen
notwendig, Milch
aus Kühltanks
wegschütten
Maßnahmen
notwendig
Maßnahmen
notwendig
die Möglichkeit
des Qualitätsund
Ernteverlustes
nimmt zu
* NSA =
Notstromaggregat
Tabelle 4.1 Folgen für die Landwirtschaft
INDUSTRIE
allgemein
Lebensmittel
Chemische Industrie
0-2 Std.
2-8 Std.
Störung der Produktion, Ausfall der
Heizung, Kühlung, Wasserversorgung,
Umsatzverlust, Sicherheitsrisiken nehmen
zu, gestörte Informationsweiterleitung,
materieller Schaden
Produktionsprozesse
Flüssige
halten an, Stoffe fallen Grundstoffe härten
aus
aus, Verderb
mögliche Verletzungen und/oder
Umweltschaden, wenn der Prozess nicht
abbruchsicher ist
Kunststoff-/Metall
verarbeitende
Industrie
Produktionsprozesse
stoppen, Material
beginnt auszuhärten
hafengebundene
Aktivitäten
möglicherweise
leichte
Wasserverunreinigung
durch abrupte
Unterbrechung
Laden/Löschen
8-24 Std.
24 Std. ->
Schaden nimmt mit der Zeitdauer zu,
Lieferung von Grundstoffen wird zum
Problem
Reinigung nimmt immer mehr Zeit in
Anspruch
Emissionen in die
Umwelt, Zusetzen
von Leitungen
Aushärten von
Material,
Wegschicken der
Arbeitnehmer
keine Bevorratung der Industrie, da
Warenumschlag stillliegt
Tabelle 4.2 Folgen für die Industrie
56
Abblasen führt zu
Gestank, bei sehr
langer Dauer
Ausstrahlungseffekte
eines wirtschaftlich
wichtigen Gebietes
auf andere
Ausstrahlungseffekt
DIENSTLEISTUNG
Einzelhandel/
Gastwirtschaft
Banken/Postschalter
Büros
0-2 Std.
2-8 Std.
Umsatzverlust
Umsatzverlust
abhängig von
nimmt mit Zeitdauer
Zeitpunkt/Tag,
zu
bei
Gastwirtschaft
auch Jahreszeit
manuelles Weiterarbeiten, Tresore
geschlossen, Geldautomaten arbeiten
nicht
Verwaltung und
Kommunikation
eingeschränkt
Arbeitnehmer
werden
weggeschickt,
Schwierigkeiten mit
der Klimaanlage
8-24 Std.
24 Std. ->
Qualität der verderblichen Ware nimmt bis
zum Verderben ab
Geld ist aufgebraucht, Geldversorgung
Schalter schließen,
im
Kunden müssen
Stromausfallgebiet
ausweichen
wird ein Problem
Schaden durch Rückstände in der
Verwaltung und bei den
Geschäftskontakten
Tabelle 4.3 Folgen für den Dienstleistungssektor
EINRICHTUNGEN
Krankenhaus
Alten-/Pflegeheim
ohne NSA*
Alten/Pflegeheim
mit NSA
häusliche Pflege
0-2 Std.
2-8 Std.
8-24 Std.
NSA*
Entfallen der
Verwaltung wird
verpflichtend,
Bürotätigkeiten wird
von Hand
übernimmt Teil
zum Hindernis
durchgeführt
der elektr.
Leistung,
Bürotätigkeiten
fallen weg
Aufzüge, keine
Probleme mit
siehe auch 2 – 8
Mahlzeiten,
Mahlzeiten, Kühlung des Stunden, Probleme
Beleuchtung
Leichenhauses,
mit der Tiefkühlung
abhängig von
Warmwasserversorgung,
Dauer, keine
Notbeleuchtung fällt aus,
Rufeinrichtung
unsichere Situation
im Haus,
durch Kerzen, in Winter
elektrische
Heizungsausfall,
Geräte auf den
während der Nacht
Zimmern,
weniger Probleme
zusätzliches
Personal im
Dienst
nur Probleme mit einzelnen elektrischen
siehe auch 2 – 8
Geräten auf den Zimmern, Türen öffnen sich, Stunden, auch
Menschen können ohne Kontrolle
Probleme mit der
hinein/hinaus
Tiefkühlung,
Notbeleuchtung
(durch Akkus) endet
Hilfsbedürftige
Hilfeleistung gerät aus
siehe auch 2 - 8
zuhause von
dem Plan, durch
Std., wenn keine
Strom und
gestörte Kommunikation
Liste zur Verfügung,
Kommunikations- Panik bei
dann nicht klar, für
möglichkeiten
Hilfsbedürftigen
wen, wo und was
abhängig
für Hilfe notwenig
ist, Verderb von
Medikamenten im
Büro des
Pflegedienstes
Tabelle 4.4 Folgen für die Einrichtungen
57
24 Std. ->
mögliche Versorgung
des NSA mit
Brennstoff wird zum
Problem
Situation wird
unhaltbar, im
Pflegeheim
Evakuierung eines
Teils der Patienten,
Abbruch
medizinischer
Behandlung,
Bevorratung mit
Waren
möglicherweise ein
Problem
mögl. Probleme mit
Brennstoffversorgung
des NSA und
Bevorratung mit
Waren
Situation prekär,
Menschen
evakuieren
ÖFFENTLICHE
INSTANZEN
Polizei
Feuerwehr
Gemeinde
Zentrale
Rettungsdienste/
Notrufzentrale
0-2 Std.
2-8 Std.
Überlastung
siehe auch 2 – 8
(zentrale)
Std., mehr
Notrufnummer,
Überstunden,
Reagieren auf
Lautsprecherwagen
Alarmmeldungen,
fahren, Route für
Überwachung,
gefährliche
Verkehr regeln
Transporte kennen
kleinere
Prioritäten setzen,
Hilfsleistungen
da Druck auf
(Aufzüge,
Feuerwehr
Verkehrsunfälle),
zunimmt, aus Vorfall
(Tag, Zeitpunkt,
kann Katastrophe
Jahreszeit wichtig)
werden
zunehmende
Brandgefahr
kein Problem, nur Bürotätigkeiten
unterbleiben (werden behindert),
Gemeindeleitungen kaum informiert
kein Problem
8-24 Std.
Prioritäten
aufstellen, im
Bereich
Automatisierung
Hindernisse
die Probleme 2 - 8
Std. nehmen zu,
evtl.
Koordinationsstelle
einrichten
24 Std. ->
Prioritäten
verschärfen,
Aufrechterhaltung
öffentlicher Ordnung,
Verkehrsregelung und
Aufrechterhalten
Notfunkverbindungen
Probleme mit
Brennstoffversorgung,
Probleme mit
Kommunikation
untereinander
mit zunehmender Zeitdauer tritt möglicher
Katastrophenplan in Kraft
Probleme mit
Kommunikation da
Sender/Empfänger
evt. nicht mehr
arbeiten
Kommunikation wird
schwieriger, Druck
auf Hilfsdienst nimmt
zu, Weiterverweisen
zu Gesundheitsämtern und psych.
Stellen
Tabelle 4.5 Folgen für die öffentlichen Instanzen
HAUSHALTE
Im Haus
außerhalb des
Hauses
0-2 Std.
keine Haushaltsgeräte,
kein warmes Wasser,
in Hochhäusern kein
Trinkwasser, kein
TV/Radio, Überlastung
Telfonnetz,
medizinisch/technische
Geräte für
Hilfsbedürftige fallen
aus
Verkehrschaos,
öffentlicher Verkehr
nur per Bus,
Geschäfte
geschlossen,
öffentliche
Beleuchtung fällt aus
(abends)
2-8 Std.
im Winter keine
Heizung,
Mahlzeitenversorgung
zu Hause für
Hilfsbedürftige evtl.
ein Problem
8-24 Std.
Lebensmittel
verderben
24 Std. ->
Situation für
Hilfsbedürftige
wird prekär,
psychologische
Effekte, in
Industriegebieten
Belästigung durch
Gestank
Niveau der Gesamtversorgung sinkt, die Mitglieder der Haushalte
suchen diese von außerhalb, Verkehrsdruck, keine öffentliche
Beleuchtung
Tabelle 4.6 Folgen für die privaten Haushalte
58
5
Stromausfallszenario:
Einfluss auf
infrastrukturelle Systeme
Andere Infrastrukturen wie die
Trinkwasserversorgung, die
Abwasserentsorgung, die
Gasversorgung, der Transport, die
Telekommunikation und die
Müllbeseitigung hängen in
zunehmendem Maße von der
Elektrizität ab. Ein Stromausfall hat
daher auch Folgen für das
Funktionieren der anderen
Infrastrukturen. Sie müssen zwar nicht
selbst gestört sein, erleiden jedoch
Folgen, die mit der Infrastruktur
zusammenhängen. In Kapitel 5.1
werden diese besprochen. Mit
zunehmender Dauer des Stromausfalls
verändern sich die Folgen für die
Infrastrukturen. In Kapitel 5.2 bis 5.8
werden diese pro System untersucht.
Gleichzeitig wird aufgezeigt, ob auch
Folgen für Dritte auftreten oder nicht.
In diesem Kapitel werden die Folgen
für Infrastrukturen in
Büroorganisationen nicht beschrieben,
da dies bereits in Kapitel 4.2
geschehen ist. Zum Schluss erfolgt in
Kapitel 5.9 eine schematische
Darstellung der Folgen als Funktion
der Dauer eines Stromausfalls.
5.1
Zweifacher Einfluss
Das Wegfallen der Stromversorgung
beeinflusst (andere) infrastrukturelle
Systeme. Dieser Einfluss kann
zweifach sein. Zum einen kann die
Funktion der Infrastruktur selbst
eingeschränkt sein. Zum anderen
können die Geräte, die an dieser
Infrastruktur angeschlossen sind, nicht
(gut) arbeiten, oder es findet eine
soziale Reaktion statt, die die Funktion
der Infrastruktur schließlich doch
beeinflusst. Tabelle 5.1 gibt für die
sechs untersuchten Stromausfälle in
den Niederlanden eine Übersicht über
59
anruft. Auch das System für die
Trinkwasserversorgung funktioniert
weiterhin. Aber dennoch können
Haushalte ohne Trinkwasser sitzen,
weil die Druckerhöhungsanlagen
ausfallen. Bei der Gasversorgung gilt,
dass die Haushalte zwar Gas geliefert
bekommen, aber die Geräte, die mit
Gas arbeiten, gleichzeitig für ihr
Funktionieren Strom brauchen
(Heizkessel). Für Bleiswijk und Den
Haag gibt es hierzu Daten. Sollte der
Stromausfall allerdings Einfluss auf ein
infrastrukturelles System haben,
müssen jedoch noch keine direkten
Folgen eintreten (•). Dies zeigt sich vor
allem bei der Abwasserentsorgung.
Obwohl (Kanal-) Schöpfwerke und
Wassereinigungsanlagen stilliegen,
führt dies nicht direkt zu Störungen.
Laufen Kanäle über, treten Folgen ein
(•••). Überlaufende Kanäle hängen
von den Wetterbedingungen ab (viel
Regen) oder von der Länge des
Stromausfalls. Sowohl Einflüsse als
auch Folgen treten beim Transport auf:
U-Bahn und Straßenbahnen fahren
nicht mehr, Reisende können
diesen Einfluss, wobei dessen
zweifache Auswirkung berücksichtigt
wird. Dabei wurden folgende Fragen
untersucht: Wurde die Infrastruktur
selbst beeinflusst oder nicht, traten
Folgen auf oder nicht, gab es keinen
Einfluss auf die Infrastruktur und damit
auch keine Folgen (dies gilt vor allem,
wenn sich keine wichtigen Teile eines
infrastrukturellen Systems im
Stromausfallgebiet befinden, oder
wenn das System z.B. mit
Notstromsystemen arbeitet). In der
Tabelle drückt sich dies vor allem für
die Trinkwasser- und Stromversorgung
aus (Einfluss auf andere
Versorgungsgebiete). Kein Einfluss auf
die Infrastruktur, aber dennoch Folgen
(••) treten vor allem bei der
Telekommunikation auf, aber auch bei
der Trinkwasser- und Gasversorgung.
So funktionieren bei der
Telekommunikation vor allem die
internen Telefonzentralen von
Betrieben und Einrichtungen nicht
mehr, da diese direkt vom öffentlichen
Stromnetz abhängig sind. Ein weiteres
Problem bei der Telekommunikation ist
die Überlastung des Netzes, da jeder
Achterhoek
Arnheim
Rotterdam
Edam
Bleiswijk
Den Haag
Elektrizitätssystem*
•
-
•••
-
-
•••
-
(••)
••
-
-
••
•
•
•
•••
(•)
-
••
••
••
(••)
-
-
•••
•••
•••
(•)
#
•••
••
••
••
••
••
••
#
#
#
#
#
#
Trinkwasser
Abwasserentsorgung
Gassystem
Transport
Telekommunikation
Müll
•
••
•••
()
#
kein Einfluss auf Infrastruktur, keine Folgen
Einfluss auf Infrastruktur, keine Folgen
Kein Einfluss auf Infrastruktur, Folgen
Einfluss auf Infrastruktur, Folgen
Vermutlicher Einfluss
keine Angaben
Tabelle 5.1 Einfluss des Wegfalls der Stromversorgung auf (andere) infrastrukturelle Systeme für die sechs
Stromausfälle in den Niederlanden
60
nicht mehr weiterfahren. Auch der
Zugverkehr kommt zum Erliegen.
5.2
Stromversorgung
Für ein Elektrizitätswerk (siehe Kasten
5.1) bedeutet ein Stromausfall die
Unterbrechung der Stromlieferung an
alle betroffenen Kunden wie
Haushalte, Industrie, Handel,
Gartenbau und öffentlicher Verkehr.
Als Folge rufen die Kunden die
Störungsstelle an, weshalb diese
überlastet ist. Auch in der
Betriebsleitzentrale selbst kann durch
Meldungen des Systems eine
Überlastung entstehen. Die
Betriebsleitzentrale ist der Ort, von
dem aus die Koordination zur
Wiederherstellung des
Hochspannungsnetzes stattfindet. Die
Betriebsleitzentrale der
Elektrizitätswerke (sowohl bei
Produzenten als auch im Vertrieb) sind
mit Akkus und Notstromaggregaten
ausgerüstet. Die Koordination für das
Mittel- und Niederspannungsnetz findet
oftmals in den lokalen Netzleitstellen
statt. In Abhängigkeit von dem
Stromausfall müssen mehr Mitarbeiter
zum Dienst gerufen werden, um den
Stromausfall zu beheben, die
eingehenden Telefonate zu
beantworten und eventuell die
Betriebsleitzentrale zu unterstützen.
Die Netzleitstelle wird mit
Telefonanrufen überschwemmt. Um
den Druck abzufangen, müssen
eventuell noch mehr Mitarbeiter zur
Stelle sein. Im Zeitraum zwischen acht
und 24 Stunden ist insbesondere die
Aufrechterhaltung der Kommunikation
besonders wichtig. Eventuell kann die
Verfügbarkeit des Störungsdienstes
abnehmen, da er vielfältig in Einsatz
ist.
In Tabelle 5.1 wurde für drei
Stromausfälle angegeben, dass der
Kasten 5.1 Die PGEM und der
Stromausfall im Achterhoek
Die Hauptgeschäftsstelle der PGEM ist in
Arnheim. Hier wird das 50 bis 150 kV-Netz
gesteuert. Es gibt verschiedene PGEMVerteilerbetriebe, für das Achterhoek ist
dies die Verteilerstation Doetinchem.
Diese Verteilerstation ist in Bezirke
unterteilt. Der Bezirk Berkelstreek besteht
aus den Gemeinden Borculo, Lochem und
Ruurlo, die Orte, an denen der
Stromausfall am längsten dauerte. Da die
Störung im 150 kV-Netz auftrat, lagen die
Kompetenzen für die Behebung des
Stromausfalls bei der für die Region
zuständigen Stelle und wurde daher aus
der Betriebsleitzentrale in Arnheim
koordiniert. Allerdings wurde das bereits
geschlossene Büro des Verteilerbetriebes
in Doetinchem wieder besetzt. Hier und im
Hauptbüro gingen viele Telefonate ein,
insgesamt ca. 1500. Der normale
Arbeitsrhythmus der Mitarbeiter wurde
gestört. Viele Mitarbeiter mussten zur
Extraschicht antreten, insbesondere für
die Reparaturen, aber auch für den
Telefondienst.
Stromausfall Auswirkungen auf andere
Versorgungsgebiete hatte. In
Rotterdam und Den Haag lag die
Ursache des Stromausfalls bei einem
Energieversorger, aber es waren
mehrere Stromlieferungsgebiete und
Energieversorger betroffen. Im
Achterhoek konnte man verhindern,
dass sich der Stromausfall im 150 kVNetz weiter ausbreitete, aber in
anderen Teilen der Provinz mussten
die kleineren Stationen besetzt
werden.
5.3
Trinkwasserversorgung
Die Produktion von Trinkwasser ist
durch Notstromaggregate in den
Wassergewinnungsstationen gesichert.
Da während eines Stromausfalls die
Nachfrage nach Wasser sinkt, können
diese Noteinrichtungen die Produktion
ohne Schwierigkeiten aufrechterhalten.
von der geographischen Höhenlage.
Auch die Aufnahmekapazität des
Kanalsystems spielt eine Rolle.
Weiterhin hängen die Auswirkungen
davon ab, ob eine Notstromversorgung
vorhanden ist oder nicht, sie ist nicht
Standard.
Pumpstationen müssen allerdings
gesondert überwacht werden. In einem
ländlichen Gebiet, in dem die
Pumpstationen weit auseinander
liegen, kann die Erreichbarkeit dieser
Pumpstationen eine Schwierigkeit
darstellen, da die
Brennstoffversorgung der
Wartungsfahrzeuge gewährleistet sein
muss. Aber auch in städtischen
Bereichen kann die Erreichbarkeit von
Pumpstationen durch den
Verkehrsdruck zu einem Problem
werden. Auf der Verteilerseite kann der
Wasserdruck absinken, die Lieferung
erfolgt jedoch weiterhin. Befindet sich
im Stromausfallgebiet ein Hochhaus,
kann die Wasserversorgung ausfallen
(so geschehen in Rotterdam und Den
Haag), insbesondere bei den oberen
Stockwerken (ab dem 4. Stockwerk).
Dies tritt ein, wenn die
Druckerhöhungsanlage, die das
Wasser nach oben pumpt, ausfällt.
Dadurch gehen in der
Störungsannahme des
Trinkwasserversorgers in den ersten
Stunden Telefonanrufe von Menschen
ein, die eine Störung der
Trinkwasserversorgung melden. Die
Störstelle kann dadurch überlastet
werden. Eventuell ist die
Störungsannahme durch Überlastung
des Telefonnetzes nicht erreichbar. In
der Produktion ist ein Brennstoffvorrat
von zwei bis drei Wochen vorhanden
(verpflichtend), um sie aufrechterhalten
zu können. Daher treten erst Probleme
auf, wenn der Brennstoffvorrat
aufgebraucht wird.
5.4
In der Abwasserentsorgung gibt es
Schöpfwerke, die das Wasser als
Oberflächenwasser abführen, und
Kanalschöpfwerke, die Kanalwasser zu
Kläranlagen pumpen. Sind keine
Notstromreinrichtungen bei Kanal- und
Oberflächenwasserschöpfwerken
vorhanden, kann bei heftigem
Regenfall in einem tiefer gelegenen
Gebiet in den ersten zwei Stunden
eines Stromausfalls durch Überlaufen
der Auffangbecken Schmutzwasser auf
den Straßen stehen.
Im Zeitraum zwei bis acht Stunden
können die Becken überlaufen. Dies
trat in Edam während des
achtstündigen Stromausfalls ein. In
diesem Zeitraum spielt die Höhenlage
keine große Rolle. Tritt ein
Stromausfall in einem höher gelegenen
Gebiet mit vielen Regenfällen wie im
Sommer 1993 ein, laufen die
Auffangbecken nach sechs Stunden
über. Dies kann zu Schaden der
Umwelt oder im landwirtschaftlichen
Bereich führen (Wachstumsperiode).
Dauert der Stromausfall länger als acht
Stunden, wird auch bei trockenem
Wetter in einem tiefer gelegenen
Gebiet Wasser auf den Straßen
stehen. Bei Regen beginnen die
Tunnel langsam voll zu laufen.
Abwasserentsorgung
Bei einem Stromausfall über 24
Stunden spielt das Wetter keine große
Rolle mehr. Dann ist die wichtigste
Frage die, ob die Schöpfwerke mit
Notstromeinrichtungen nachgerüstet
sind oder nicht. Ist dies nicht der Fall,
können Tunnel (falls sie nicht über ein
eigenes Notstromaggregat verfügen)
In der Abwasserentsorgung werden bei
Stromausfall die Stationen bzw.
Schöpfwerke überwacht, siehe
Pumpstationen für die
Trinkwasserversorgung. Ob Folgen
eintreten, hängt vom
Stromausfallgebiet ab, insbesondere
62
also dasselbe Problem wie in den
Gasverteilerstationen, wenn der
Gasdruck reduziert wird. Allerdings
kommt bei so großen Betrieben bei
einem Stromausfall die Produktion und
damit die Abnahme von Gas zum
Erliegen, so dass das Problem eines
Temperaturabfalls nicht auftritt. In
Rotterdam wurde dieses Problem
allerdings von einem Unternehmen
gemeldet, das sich nicht im
Stromausfallgebiet befand und das
sein Gas von einer Gasverteilerstation
erhielt, welche sich wiederum
innerhalb dieses Gebietes befand. Im
Falle eines Stromausfalls arbeitet die
Gasversorgung auch weiterhin, aber
bei vielen Abnehmern hängen die
Funktionen, die das Gas erfüllen soll,
von der Elektrizität ab, wie z.B. im
Falle einer Gasheizung (Probleme im
Achterhoek) und dem Kombikessel für
die Warmwasserbereitung.
und eventuell Wohngebiete in Poldern
langsam vollaufen. Eine Alternative ist
die Nachrüstung von Schöpfwerken mit
Notstromaggregaten, wenn sich
herausstellt, dass der Stromausfall
länger dauern könnte. Die Aggregate
müssen jedoch auch vorhanden sein.
Manchmal ist es möglich, das
Schmutzwasser auf umliegende Polder
abzuführen. Das sollte jedoch eher
unterbleiben, da dadurch die
Landwirtschaft möglicherweise
Schaden nimmt. Laufen die
Auffangbecken im Sommer über (nur
bei einem lang andauernden
Stromausfall), ist dies am
schädlichsten. Die Konzentration der
Schadstoffe ist dann am höchsten.
5.5
Gasversorgung
In den Gasverteilerstationen wird der
Gasdruck von 40 bar auf 8 bar
reduziert. Von dort aus wird das Gas
zu den Gasversorgern verteilt. Diese
reduzieren den Druck in
Gasdruckminderungsstationen noch
einmal von 8 bar auf 100 bis 30 mbar.
Bei der Druckminderung kühlt das Gas
ab (Temperaturabfall). Elektrisch
angetriebene Heizungen halten das
Gas auf Temperatur. Diese Heizungen
fallen aus. Als Folge können Teile (z.B.
Gummiringe) des Systems einfrieren.
Schließlich kann daraus ein Leck
entstehen. Dieses Problem dürfte
allerdings nur im Winter während eines
lang andauernden Stromausfalls oder
bei einer Reihe von Stromausfällen
hintereinander auftreten. In den
Gasverteiler- und
Gasdruckminderungsstationen wird
während eines Stromausfalls präventiv
kontrolliert. Dadurch kann ein
eventuelles Einfrieren verhindert
werden.
5.6 Transport
Die Verkehrsarten in einem
Stromausfallgebiet sind geprägt durch
die geographischen Eigenschaften des
Stromausfallgebietes. Der Flugverkehr
war in den untersuchten Fällen nicht
betroffen. Erfahrungen aus dem
Ausland zeigen jedoch, dass z.B. bei
Ausfall der Landebahnbeleuchtung und
Störungen in der (Tele-)
Kommunikation der Flugverkehr auf
Flughäfen außerhalb des
Stromausfallgebietes ausweichen
muss.
In einem Gebiet mit vielen Straßen
sind entsprechend viele Brücken und
Tunnel vorhanden. Verfügen die
Brücken über bewegliche Teile, hängt
es vom Zeitpunkt des Stromausfalls
ab, ob der Schiffsverkehr oder der
Straßenverkehr unterbrochen ist. Ist
keine Schifffahrt möglich, sind auch die
Umschlagaktivitäten im Hafen
beeinträchtigt. (Dies hängt auch davon
Gasgroßverbraucher erhalten ihre
Gaslieferung direkt mit einem höheren
Druck. Bei dem Abnehmer entsteht
63
ab, ob die Ladekräne funktionieren
oder nicht.) Ist der Straßenverkehr
unterbrochen, treten Staus und
Verstopfungen auf. Außerdem wird der
immer überirdisch verlaufende
Gefahrguttransport behindert. Sind
Tunnels in der Gegend und verfügen
diese nicht über ein Notstromaggregat,
wird zunächst der Verkehr behindert,
da es keine Beleuchtung im Tunnel
gibt. Nach einiger Zeit innerhalb des
Zeitraumes acht bis 24 Stunden
beginnt sich langsam Wasser in den
Tunnels zu sammeln. Dies geschieht
einerseits durch nicht abgepumptes
Grundwasser, andererseits durch
(heftige) Regenfälle.
einem Stromausfall bzw. welches
Gebiet betroffen ist. Haben die
Oberleitungen keine Spannung mehr,
fahren auch keine Züge. Geschieht
dies im Westen des Landes, hat dies
Ausstrahlung auf den Rest des Landes
und in Bezug auf Fernverkehr sogar
bis nach Belgien/Deutschland. Dabei
spielt der Zeitpunkt eine Rolle. Im
Allgemeinen bezieht die Bahn ihre
Energie für die Oberleitungen direkt
von den Energieversorgern
(Mittelspannung). In Abhängigkeit der
Größe des Stromausfallgebietes kann
der Zugverkehr in einem Gebiet ohne
Strom weiterlaufen, da ein Teil des
Stromnetzes, an das die Bahn
angeschlossen ist, nicht vom
Stromausfall betroffen ist. Dennoch
treten Verspätungen auf, da die
Bahnhöfe von den Folgen des
Stromausfalls betroffen sind oder aus
diesem Grund die Brücken nicht
funktionieren. Im Zeitraum bis zu zwei
Stunden des Stromausfalls kann der
Fahrplan nicht mehr eingehalten
werden. Von zwei bis acht Stunden
können die Produktionsmittel (die
Lokomotiven) nicht mehr rechtzeitig
zum richtigen Ort verbracht werden.
Im städtischen Gebiet fahren eventuell
U-Bahn, Straßenbahn und/oder (O-)
Bus. U-Bahn und Straßenbahn fahren
bei einem Stromausfall nicht mehr.
Allerdings spielt der Zeitpunkt, zu dem
ein Stromausfall eintritt, eine wichtige
Rolle. Zu Spitzenzeiten werden viele
Pendler befördert. Zwar können Busse
eingesetzt werden, aber es entstehen
große Verspätungen, und der
Busverkehr wird aufgrund des
entstehenden Verkehrschaos
behindert, insbesondere zu den
Hauptverkehrszeiten. O-Busse
verfügen über einen Hilfsmotor, mit
dem der Transport aufrechterhalten
werden kann. Allerdings ist das Tempo
sehr verlangsamt, da diese Busse
maximal 25 km/h fahren können. Im
Zeitraum von zwei bis acht Stunden
verschärfen sich die Probleme des
öffentlichen Nahverkehrs mit U-Bahn,
Straßenbahn und (O-)Bus. Im Zeitraum
von acht bis 24 Stunden leeren sich
die Akkus von Straßen- und U-Bahnen,
weshalb diese später schwieriger
gestartet werden können. Nach 24
Stunden liegt auch der Busverkehr still.
Die Busse können nicht mehr getankt
werden.
Im Zeitraum von acht bis 24 Stunden
ist dadurch zu einem bestimmten
Zeitpunkt kein Zugverkehr mehr
möglich. In einem Gebiet, in dem die
Bahn den Zugverkehr mit Dieselloks
betreibt, hat ein Stromausfall auf die
Züge selbst keine Auswirkungen. Aber
Bahnschranken schließen sich, und
der Zugverkehr muss aus
Sicherheitsgründen seine
Geschwindigkeit an Bahnübergängen
anpassen. Dies verursacht
Verspätungen, und der Straßenverkehr
wird behindert. Im Achterhoek, in dem
der Stromausfall nur eine halbe Stunde
dauerte, entstanden Verspätungen, die
bis spät in den Abend reichten. Im
Zeitraum zwei bis acht Stunden ist kein
Zugverkehr mehr möglich, die
Fahrpläne sind meistens nicht mehr
Der Personentransport per Bahn hängt
davon ab, ob die Bahn selbst von
64
einzuhalten, und Batterien sind leer.
Dann kann allerdings Busverkehr
eingesetzt werden.
beschrieben. Weiterhin schließen sich
Bahnschranken, weshalb Staus
entstehen. Es kann nicht mehr getankt
werden, da die Benzinpumpen nicht
mehr arbeiten. Brennstoff muss von
außerhalb des Stromausfallgebietes
herangeschafft werden.
Überall in den Niederlanden verlaufen
Straßen. Ein Stromausfall behindert
den Verkehr auf vielfältige Weise.
Zunächst fallen die Verkehrsampeln
aus. Zu Hauptverkehrszeiten kann dies
in einer Stadt zum Verkehrschaos
führen, wie in Rotterdam und Den
Haag geschehen (siehe Tabelle 5.1).
Außerdem kann der Straßenverkehr
durch Probleme mit Brücken und
Tunnels behindert werden, wie bereits
In Kasten 5.2 sind die möglichen
Probleme beschrieben, die für die
verschiedenen Verkehrsformen
eintreten können. Die
Aufrechterhaltung der verschiedenen
Verkehrsflüsse ist bei einem
Stromausfall nicht garantiert. Ein guter
Verkehrsfluss innerhalb der
Verkehrsinfrastruktur ist jedoch für den
Erhalt und die Bevorratung von Gütern
wichtig, insbesondere für die
Bevorratung von Notstromaggregaten
mit Brennstoff.
Kasten 5.2 Formen von
Verkehrshindernissen durch
Stromausfall
Schifffahrt
Brücken öffnen nicht
Ladekräne am Kai können nicht
mehr arbeiten
• Umschlagsaktivitäten beeinflusst
5.7 (Tele-)Kommunikation
Technisch gesehen sind sowohl der
Telefon- als auch der Funkverkehr
gewährleistet. Selbst bei
durchlaufendem Betrieb ist die
Telekommunikation über diese Mittel
für 24 Stunden garantiert. Wichtige
Zentralen haben unterirdische Tanks.
Die Sender von Auto- und
Mobiltelefonen befinden sich jedoch
nicht immer auf Gebäuden mit einer
Notstromversorgung. Die
Flächendeckung dieser Netze ist bei
einem Stromausfall daher
möglicherweise nicht vollständig.
Straßenverkehr
Benzinpumpen arbeiten nicht
Brücken sind geöffnet
Wasser in Tunnels
keine Verkehrsampeln
Bahnschranken schließen
keine öffentliche Beleuchtung
• Umleitungen, Verkehrschaos
U-Bahn/Straßenbahn
halten an
• gestrandete Reisende
(O-)Busse
Verkehrschaos
keine Spannung in der Oberleitung
• Verspätung in den Fahrplänen,
bis sie außer Kraft gesetzt werden
Ein Problem anderer Qualität, das sich
bei der Telekommunikation ergeben
kann, ist der Stau. Bei großem
Gesprächsaufkommen ist das
Telefonnetz überlastet. Dies tritt u.a.
auch bei Stromausfällen ein, da die
betroffenen Menschen Freunde,
Familie, das Elektrizitätswerk, Polizei
oder andere Rufnummern anrufen
(siehe Kasten 4.7). Die Funktion der
Telekommunikationsgeräte ist eine
Sache, die mit dem Funktionieren des
Züge
direkt: keine Spannung auf der
Oberleitung
• kein Zugverkehr, gestrandete
Reisende
indirekt: Schranken schließen
• gestörte Fahrpläne bis
schließlich keine Züge mehr fahren
65
Telefonnetzes nichts zu tun hat. Die
Untersuchung der sechs Störungen
ergab, dass die Telekommunikation
nicht (gut) bei Stromausfällen
funktioniert. Insbesondere interne
Telefonzentralen verfügen oftmals
nicht über eine Notstromversorgung.
Dann lässt sich nur noch über die
Amtsleitung telefonieren. Dies kann für
Unternehmen ziemlich hinderlich sein.
Weiterhin fällt auch das Telefax aus,
das direkt am Stromnetz hängt,
ebenso wie z.B. Rufeinrichtungen in
Krankenhäusern, oder
Intercomsysteme.
Hindernis, aber auch der Ausfall von
Fax, Computern oder Telex. Zum
zweiten ist die Information der
Bevölkerung durch die öffentlichen
Dienste ein weiteres Problem. An das
Stromnetz angeschlossene Fernsehund Radiogeräte funktionieren nicht. In
vielen Fällen fällt bei einer
Unterbrechung der
Elektrizitätsversorgung auch das
Kabelsignal aus. Außerdem kann
eventuell das Regionalradio nicht
senden, wenn es keine
Notstromversorgung hat. Ist diese
jedoch gesichert, könnten die
Sendemasten, die die Information
ausstrahlen, ausfallen, wenn auch sie
keine Notstromversorgung haben.
Kann der Radiosender senden, ist die
Sendung qualitativ nicht so
einwandfrei, da die
Informationssammlung nicht
vollständig sein kann. Darum müssen
mehr Berichterstatter eingesetzt
werden, um sich vor Ort ein Bild zu
verschaffen. Bei einem länger
dauernden Stromausfall auf die 24
Stunden zu oder darüber kann die
Verfügbarkeit von Berichterstattern des
(regionalen) Radiosenders abnehmen,
da fast alle mit Aufträgen unterwegs
sind.
Im Allgemeinen sind gestörte
Telefonnetze bei der Kommunikation
ein Hindernisfaktor. Eine ungestörte
Kommunikation ist für das weitere
Funktionieren der verschiedenen
Bereiche unabdingbar. Durch
Überlastung des Telefonnetzes oder
den Wegfall der internen
Telefonzentralen ist sie nicht immer
gewährleistet. Funkverbindungen
können auch gestört sein, da mehrere
Instanzen davon Gebrauch machen,
wodurch die Kanäle „voll“ sind. Um
zwischen den öffentlichen Instanzen
eine ungestörte Kommunikation zu
gewährleisten, wurde das Nationale
Notrufnetz entwickelt. Es hat eine
eigene Infrastruktur, die vom normalen
Telefonnetz unabhängig ist. Aus den
Untersuchungen hat sich nicht
ergeben, dass es genutzt worden ist,
obwohl die öffentlichen Instanzen
absichtlich daran angeschlossen sind.
5.8 Müllbeseitigung
Die Abholung von (grobem) Hausmüll
ist kein direktes Problem, kann jedoch
durch hohes Verkehrsaufkommen
aufgrund u.a. des Ausfalls von Ampeln
behindert werden. Nach einer
gewissen Zeit kann jedoch die
Abholung des Mülls stagnieren, da die
Wagen nicht getankt werden können,
weil die Benzinpumpen ausfallen.
Holen die Hausbewohner ihren Müll
nicht mehr ins Haus zurück, kann auf
Dauer ein unhygienischer Zustand
entstehen. Auch die Abfuhr per Bahn
für regionale oder ländliche
Verarbeitung kann stagnieren. Dauert
Die Weitergabe von Informationen ist
bei der Kommunikation im Allgemeinen
ein Problem. Zunächst ist die
Weiterleitung der Information an
diejenigen, die diese an die
Bevölkerung weiterleiten müssen,
problematisch. Dies können Sprecher
der Elektrizitätswerke sein, Polizei,
Journalisten des (regionalen)
Radiosenders oder von der Zeitung.
Der gestörte Telefonverkehr ist ein
66
dieser Zustand nicht tagelang, treten
keine großen Probleme auf. Die
Lagerung von chemischem Müll auf
der C2-Deponie auf der Maasvlakte ist
jedoch nicht mehr möglich, da die
Kräne zur Befüllung der Grube keine
Notstromversorgung haben. Dies ist
jedoch kein akutes Problem. Nur bei
sehr lang andauernden Stromausfällen
wird es zu einem, da die Lagerung des
chemischen Abfalls an strenge
Bedingungen geknüpft ist und er nicht
woanders gelagert werden kann.
Müllverbrennungsanlagen speisen
oftmals Strom in das Stromnetz ein, da
sie während des
Verbrennungsprozesses mehr Energie
erzeugen, als sie selbst für die
Betriebstätigkeit benötigen. Bei der
Müllverbrennung stellt sich die Frage,
ob die Anlage auf Inselbetrieb
umstellen kann, d.h. ob sie vom
öffentlichen Netz losgekoppelt arbeiten
kann. Ist dies der Fall, wird die
Verbrennungskapazität
zurückgefahren, da die Lieferung
zuviel erzeugten Stromes an das Netz
nicht möglich ist. Arbeitet die
Müllverbrennung nicht im Inselbetrieb,
kommt die Müllverbrennung zum
Erliegen. Betrifft dies die Verbrennung
chemischen Abfalls, muss der Prozess
sicher heruntergefahren werden. Es
bleiben jedoch Restprodukte in den
Öfen übrig.
Infrastruktur abhängigen Geräte nicht
mehr arbeiten, oder es findet eine
(soziale) Reaktion statt, durch die die
Funktion der Infrastruktur behindert
wird.
5.9 Schlussfolgerungen und
Übersicht
Aus den qualitativen Beschreibungen
ergibt sich, dass der Wegfall der
Stromversorgung für die Funktion
anderer Infrastrukturen wie der
Trinkwasser- und Gasversorgung, der
Abwasserentsorgung, dem Transport,
der Telekommunikation und der
Müllverarbeitung Auswirkungen hat.
Dieser Einfluss kann doppelter Natur
sein. Zum einen kann die Funktion der
Infrastruktur selbst beeinträchtigt sein,
zum anderen können die von der
Nach 24 Stunden nehmen die
Hindernisse, die mit dem Ausfall der
Infrastrukturen oder der an sie
angeschlossenen Gerätschaften
einhergehen, stark zu. Mögliche
Folgen des Stromausfalls ergeben sich
jetzt auch für die Infrastrukturen selbst.
Die Brennstoffversorgung der Tanks
der Notstromaggregate kann zu einem
Problem werden. Auch der Transport
über Straßen kann zum Erliegen
kommen, da die Benzinpumpen
ausfallen. Brennstoff muss von
Tabelle 5.3 gibt eine Übersicht über die
Folgen eines Stromausfalls auf die
Funktionen der Infrastrukturen als
Funktion der Dauer des Stromausfalls.
Dabei können drei zeitliche Perioden
unterschieden werden, jeweils mit
unterschiedlichen Folgen. Im Zeitraum
bis zu zwei Stunden nach Beginn des
Stromausfalls sind die meisten
Infrastrukturen noch nicht gestört, es
treten jedoch Folgen ein, da
angeschlossene Geräte, die für ihr
Funktionieren von Elektrizität abhängig
sind, nicht mehr arbeiten. Hier ist es
z.B. die Druckerhöhungsanlage, deren
Ausfall die Trinkwasserversorgung in
Wohnungen unterbricht, oder
Telefonzentralen arbeiten nicht mehr.
Das Telefonnetz ist überlastet, da viele
versuchen anzurufen. Eine Ausnahme
in diesem Zeitraum sind Transport und
Verkehr, die direkt zu Beginn des
Stromausfalls gestört werden.
Im Zeitraum von zwei bis 24 Stunden
nehmen die Folgen stark zu. So ändert
sich z.B. in der Abwasserentsorgung
die Lage, weil Speicher in das
Oberflächenwasser überlaufen, wenn
sie voll sind.
67
außerhalb des Stromstörungsgebietes
beschafft werden.
Tabelle 5.2 zeigt den Einfluss auf, den
ein Stromausfall als Funktion der
Dauer möglicherweise auf (andere)
Infrastrukturen hat. Die Tabellen sind
ein schematischer Überblick der
qualitativen Beschreibung in den
Kapiteln 5.2 bis 5.8. Die Tabellen
heben einige Aspekte heraus, erheben
aber nicht den Anspruch auf
Vollständigkeit. Notstromgeräte sind in
den Tabellen mit NSA abgekürzt.
Infrastrukturen
0 – 2 Std.
Elektrizität
überlastete Notrufzentrale, Rekrutierung
zusätzlichen Personals
Trinkwasser
Abwasserentsorgung
(wahrscheinlich
keine NSA)
Gasversorgung
Telekommunikation
2 – 8 Std.
Aufrechterhaltung
der Kommunikation
wichtigster Aspekt
Produktion: Kontrolle abgelegener Pumpstationen (Aggregate)
Verteilung: lokale Druckminderung wenn kein NSA auf
Verteilerstation, bei Wegfall der Druckerhöhungsanlagen kein
Trinkwasser in Wohnungen, überlastete Notrufzentrale
in niedrig
Bei Regenfällen in
in niedrigen
gelegenem Gebiet niedrigem Gebiet
Gebieten auch bei
bei heftigem
Überlauf, in höher
trockenem Wetter
Regenfall nach 2
gelegenen
Überlauf, bei
Std. (Schmutz-)
Bereichen bei
Regen Überflutung
Wasser auf
heftigem Regenfall von Tunnels
Straßen
nach 6 Std.
Überlauf
im allgemeinen keine Probleme im System, wohl aber Kontrolle
der Gaseingangsstationen, bei Abnehmern Ausfall von
Funktionen, die von Strom abhängig sind (Zentralheizung,
Warmwasserversorgung, Großküchen)
Telefon- und Funkverkehr gewährleistet, mögliche Probleme
mit Auto- und/oder Mobiltelefonen, interne Telefonzentralen
und Fax fallen aus, Überlastung des Telefonnetzes
* NSA Notstromaggregat
Tabelle 5.2
8 – 24 Std.
Einfluss auf infrastrukturelle Systeme
68
24 Std, ->
Brennstoffversorgung
NSA* möglicherweise
ein Problem
Trinkwasserversorgung
gewährleistet
Speicher laufen über,
Überschwemmung von
Gebieten
bei Druckabfall
entsteht
Temperaturabfall, auf
lange Sicht kann dies
zu Problemen führen
Funktion des
Telefonverkehrs am
Stück gewährleistet,
mögliche Probleme mit
Brennstoffversorgung
NSA
Infrastrukturen
0-2 Std.
Transport/Verkehr
sehr abhängig von
Probleme,
Zugverkehr fällt aus öffentlicher Verkehr
Merkmalen des
Lokomotiven
auf Strecken mit
mit Bussen kommt
Gebietes,
rechtzeitig am
funktionierender
zum Stillstand (kein
Brücken/Tunnels
richtigen Ort der
Oberleitung,
Treibstoff)
(Schifffahrt behinStrecke mit
Treibstoff ein
dert), Art des
funktionierender
Problem für Busse,
Zugverkehrs, mit
Oberleitung
Straßenverkehr
Oberleitungen kein
einsetzen zu
Zugverkehr, wenn
können, kein
betroffen, wenn nicht
Verkehr mehr auf
betroffen oder keine
Strecken ohne
Oberleitung
Oberleitungen, da
Zugverkehr mit
zu große
Verspätungen, UVerspätungen
und Straßenbahnen
halten, (O-) Busse mit
Verspätung,
Straßenverkehr wird
bis zum Chaos
behindert
durch fehlende
Informationsrückstand entsteht, mehr
Verfügbarkeit der
Kommunikationsmittel eingesetztes Personal
Berichterstatter
möglicherweise
nimmt ab
schlechte Information
der (Radio-) Sender
und Öffentlichkeit,
möglicher Ausfall
Sender und/oder
Sendemasten
Müllsammlung durch Verkehrsstaus
Müllabholung stagniert, möglicherweise
behindert, keine Lagerung in C2-Deponien,
unhygienische Zustände, Stagnation stört
Rückgang der Müllverbrennungskapazitäten
C2-Deponien
oder Stilllegung
Kommunikation
(und Information)
Müllbeseitigung
Tabelle 5.2
8 – 24 Std.
24 Std. ->
Einfluss auf infrastrukturelle Systeme (Fortsetzung)
Trinkwasser
Abwasserentsorgung
Gas
Transport
Telekommunikation
Müll
•
••
•••
2-8 Std.
0-2 Std.
2-24 Std.
24 Std. und länger
••
•
••
•••
••
-
••
•••
••
•••
••
-
••
•••
••
•••
••
•••
kein Einfluss auf Infrastruktur, keine Folgen
Einfluss auf Infrastruktur, keine Folgen
Kein Einfluss auf Infrastruktur, Folgen
Einfluss auf Infrastruktur, Folgen
Tabelle 5.3 Einfluss des Wegfalls der Stromversorgung auf infrastrukturelle Systeme als Funktion der Zeit
69
Stromausfallszenario:
Schaden
6
Schaden als Folge eines Stromausfalls
betrifft vor allem den wirtschaftlichen
Schaden (Kapitel 6.1). Der
entstehende Schaden hängt sehr von
der spezifischen Situation eines
Betriebes, einer Einrichtung oder einer
öffentlichen Instanz ab. Ebenso ist es
wichtig, ob ein Notstromaggregat
vorhanden ist und wie lange der
Stromausfall andauert. Schaden wird
meistens in Kosten ausgedrückt. Diese
Kosten sind einer Reihe der Befragten
über die sechs Stromausfälle bekannt.
Diese Daten werden in Kapitel 6.2 mit
Daten aus Untersuchungen aus dem
Ausland verglichen. Die Kosten
hängen außerdem von der Zeitdauer
des Stromausfalls ab. Wie diese
Kosten hiermit zusammenhängen, wird
in Kapitel 6.3 für verschiedene
Bereiche anhand der qualitativen
Schilderungen dargelegt. Neben dem
wirtschaftlichen Schaden tritt
manchmal auch eine
Umweltschädigung ein, dies wird in
Absatz 6.4 kurz behandelt. Zum
Schluss wird eine zusammenfassende
Übersicht über die Kosten als Funktion
der Zeitdauer kumuliert für die
verschiedenen Bereiche gegeben.
6.1
Wirtschaftlicher Schaden
Wirtschaftlicher Schaden entsteht in
allen gesellschaftlichen Bereichen.
Meistens wird der wirtschaftliche
Schaden in Kosten ausgedrückt.
Kosten sind der „erlittene Schaden“.
Nicht für alle Bereiche ist ein Schaden
ein relevantes Kriterium für die
erlittenen Folgen. Öffentliche Instanzen
leisten insbesondere Überstunden, um
die Folgen eines Stromausfalls zu
beheben. Diese werden jedoch
meistens nicht in Geldwerten
70
wurde ein Betrag von 60 Gulden pro
Person pro Stunde berechnet). Von
den Befragten, die einen Betrag
nennen konnten, gaben 37 ihren
Stromverbrauch (pro Jahr oder pro
Monat) an. Die Kosten pro nicht
gelieferter Kilowattstunden (kWh)
lassen sich hieraus berechnen. Bei vier
Stromausfällen (N=108) wurde bei
einem Fünftel der Fälle bekannt, dass
der erlittene Schaden auf die eine oder
andere Art wieder wettgemacht werden
konnte. In Tabelle 6.1 wurden die 37
Befragten nach Bereichen aufgeteilt.
Angesichts der wenigen Befragten
wurde nicht in die vier Kategorien
(Umsatzverlust, Überstunden,
materieller Schaden und Miete eines
Aggregates) unterschieden. In einigen
Bereichen ist die Anzahl derjenigen,
die die Umfrage beantwortet haben, zu
klein, um zuverlässige Aussagen
machen zu können. Für Industrie und
Dienstleistung sind dazu mehr
Antworten notwendig.
ausgedrückt und auch nicht geltend
gemacht. Bei Betrieben liegt der Fall
anders. Dort wird der Schaden in Geld
ausgedrückt und, wenn möglich, bei
Versicherungen geltend gemacht, oder
gegen den Energieversorger wird ein
Anspruch geltend gemacht. Aus den
Antworten auf die Umfrage ergab sich,
dass vier Kategorien zu unterscheiden
sind:
Umsatzverlust oder
Wegschicken des Personals
Überstunden oder
Einberufung zusätzlichen
Personals
Materieller Schaden, z.B.
verdorbene Ware oder
Produkt
Investition in ein
Notstromaggregat
Es muss berücksichtigt werden, dass
ein Befragter manchmal in mehreren
Kategorien einen Schaden angab. Ein
Einzelhändler gab z.B. Schaden durch
Umsatzverlust, durch Miete eines
Notstromaggregates und Verderb von
Waren an (das Notstromaggregat
deckte nicht die gesamte Leistung ab).
Weckschicken von Personal war für
viele Befragte ein konkreter
Gradmesser für erlittenen Schaden.
Insbesondere in Edam, als der
Stromausfall während eines Werktages
eintrat, nannten die Befragten oftmals
diesen Schadensposten.
6.2
Die durchschnittlichen Kosten pro nicht
gelieferter kWh liegen für die Industrie
niedriger als für den
Dienstleistungsbereich. Der
Unterschied in den Beträgen (kleinster
und größter) ist in beiden Bereich grob
gesagt derselbe. Innerhalb der
Industrie ist (auf der Basis des
Stromverbrauchs) zwischen großen
und kleineren Betrieben zu
unterscheiden. Die Kosten pro nicht
gelieferter kWh liegen für kleinere
Betriebe bedeutend höher. In
absoluten Zahlen ausgedrückt sind die
Beträge für größere Unternehmen
wesentlich höher als für kleinere
Betriebe. Größere Unternehmen
nennen Beträge von einer halben
Million Gulden.
Kosten für nicht gelieferte
Elektrizität
DIE SECHS STÖRFÄLLE
IN DEN NIEDERLANDEN
Von den 278 Antworten (mit
Ausnahme der Haushalte) zu den
sechs Stromausfällen gaben zwei
Fünftel an, einen Schaden erlitten zu
haben. Die Hälfte konnte einen Betrag
nennen (für Kosten und Überstunden
oder das Wegschicken der Mitarbeiter
Bei zwei Stromausfällen wurden auch
Haushalte befragt, ob ein Schaden
eingetreten war. Sechzehn Antworten
gaben an, Schaden an Geräten oder
verdorbenen Lebensmitteln erlitten zu
71
kleinster Wert
größter Wert
3
Durchschnittliche
Kosten pro nicht
gelieferter kWh in
Gulden
33
1
55
Industrie
14
30
0,04
140
Großunternehmen*
5
6
0,04
13
Kleinunternehmen
9
43
5
140
Dienstleistung
12
70
1
150
Einrichtungen
4
60
9
160
Öffentliche
Einrichtungen **
4
56
0,03
215
*
**
Bereich
Anzahl der
beantworteten
Fragebögen
Ackerbau
Verbrauch von über 500 kWh pro Stunden (durchschnittlich)
Öffentliche Instanzen und Versorgungseinrichtungen zusammen
Tabelle 6.1 Durchschnittliche Kosten in Gulden pro nicht gelieferter kWh, unterteilt nach Sektoren (N=37)
haben. Zehn nannten einen
Schadensbetrag und sechs nannten
ebenfalls den Betrag, den sie jährlich
an Stromkosten haben. Auf der Basis
von 21 Cent pro kWh wurden die
Kosten pro nicht gelieferter kWh
umgerechnet, wobei für vier Befragte
der Stromverbrauch geschätzt ist. Im
Bereich private Haushalte ergibt sich
ein Betrag von 60 Cent. Für den
Stromausfall im Achterhoek (N=568)
liegt der Betrag etwas höher (70 Cent),
beim Stromausfall in Arnheim (N=315)
etwas niedriger (ca. 50 Cent). Die
Beträge sind in jedem Fall kleiner als 1
Gulden pro nicht gelieferter kWh.
einzelnen, wie in Tabelle 6.1
dargestellten Bereiche
gegenübergestellt. Dazu sind die
Klassen von Cuelenaere
zusammengefügt und gemittelt. Die
Dienstleistung, Einrichtungen und
öffentlichen Instanzen haben die
niedrigste Energieintensivität mit den
höchsten durchschnittlichen Kosten.
Danach folgt die Landwirtschaft, und
anschließend die Industrie. Die
Industrie hat eine durchschnittliche
Intensität von 0,9 kWh/Gulden. Wird in
Groß- und Kleinunternehmen
aufgeteilt, handelt es sich jeweils um
0,4 und 1,6 kWh/Gulden. Innerhalb des
Industriebereiches hat der Kleinbetrieb
die höchsten durchschnittlichen
Kosten, sogar höher als der Bereich
Landwirtschaft. Im Allgemeinen hat
sich ergeben, dass die Kosten pro
nicht gelieferter kWh umgekehrt
proportional zur Energieintensität
liegen. Mit anderen Worten, je höher
der Stromverbrauch pro Einheit
geschaffenen Mehrwertes ist, um so
niedriger sind die Kosten pro nicht
gelieferter kWh.
Für diese Untersuchung wurden die
Kosten (die aus mehreren Teilen
zusammengesetzt sind) für nicht
gelieferte Elektrizität mit der
Elektrizitätsintensivität der einzelnen
Bereiche verglichen. Diese Intensivität
gibt den Energieverbrauch pro Einheit
geschaffenen Mehrwertes an.
Cuelenaere (1993, S. 29) nennt die
Elektrizitätsintensivität für
verschiedene SBI-Klassen. In
Diagramm 6.1 sind die Kosten für nicht
gelieferte Energie der
Elektrizitätsintensivität für die
Von den rund 55 Fällen, die einen
Schadensbetrag nennen konnten,
72
[Diagramm 6.1 Durchschnittliche Kosten (Gulden) pro nicht gelieferter kWh gegenüber der Energieintensivität
in kWh pro Gulden (Cuelenaere, 1993), für verschiedene Bereiche
Durchschnittliche Kosten
in Gulden/nicht gelieferte kWh
Bereiche
Dienstleistung
Einrichtungen
Öffentliche Instanzen
Landwirtschaft
Industrie (klein)
Industrie
Industrie (groß)
_______________________________________________________________
Energieintensität nach Bereichen in kWh/Gulden
haben 19 eine Klage auf
Schadensersatz bei einer
Versicherungsgesellschaft oder dem
Energieversorger eingereicht. Sieben
Klagen wurden nicht anerkannt, neun
ja, drei werden noch verhandelt.
Ansprüche werden meistens
akzeptiert, wenn eine entsprechende
Bedingung im Vertrag mit dem
Energieversorger vorhanden ist oder
sie ausdrücklich in die
Versicherungspolice aufgenommen
wurden. Dann wird gezahlt, wenn der
Stromausfall z.B. länger als sechs
Stunden dauert.
RECHERCHE IN DER
LITERATUR
Im vergangenen Jahrzehnt wurde viel
über die Kosten für nicht gelieferte
Elektrizität für verschiedene Bereiche
geforscht (EPRI 1989, Munasinghe,
1998, STYV 1979, VDEN 1982, Woo
und Pupp 1992). Für die Niederlande
besteht anhand einer Literaturstudie
eine Übersicht der Daten aus
ausländischen Studien (Peters 1993).
Hier werden die wichtigsten
Ergebnisse beschrieben sowie die aus
dem EPRI-Bericht (1989), einem
Artikel von Woo und Pupp (1992) und
aus Peters (1993). Aus allen drei
Übersichtsstudien ergibt sich, dass es
einen breiten Bereich der berechneten
Kosten für nicht gelieferte Energie gibt
und dass die Interpretation von
Unsicherheiten begleitet ist. Die
Ergebnisse für die verschiedenen
Sektoren unterscheiden sich deutlich
voneinander, auch bei denselben
Methoden. Hier soll nicht weiter auf die
verschiedenen Methoden eingegangen
werden. Untersuchungen, die sich auf
hypothetische Stromausfälle stützen,
sind vor allem die erste Möglichkeit zur
Information. Für drei der Bereiche
wurden die Ergebnisse der
verschiedenen Untersuchungen mit
verschiednen Methoden verglichen.
Dabei handelt es sich um den
industriellen und kommerziellen
Bereich sowie die Haushalte. Der
kommerzielle Bereich umfasst im
EPRI-Bericht alle
Konsumentengruppen, die nicht in die
beiden anderen Klassen fallen. In
keiner der Veröffentlichungen werden
die Bereiche näher definiert.
Im industriellen Bereich schwanken
laut EPRI-Bericht die Kosten für den
niedrigsten Wert bei den
verschiedenen Berechnungsarten
zwischen 1,27 Dollar und 9,56 Dollar
(Kurswert 1986), für den höchsten wird
ein Maximalbetrag von 22,46 Dollar
genannt. Woo und Pupp geben an,
dass die Mehrzahl der Schätzungen
unter 10 Dollar (Kurswert 1989) pro
nicht gelieferter kWh liegt. Peters
kommt zur Schlussfolgerung, dass die
Kosten pro nicht gelieferter kWh für die
kleinen Betriebe bedeutend höher
(gemessen am Durchschnitt) ziemlich
genau mit dem industriellen und
kommerziellen Sektor in der Literatur
überein. Innerhalb des
Industriebereiches ergab sich bei den
sechs Stromausfällen zwischen großen
und kleineren Industriebetrieben auf
der Grundlage des
Elektrizitätsverbrauchs ein
Unterschied. Auch Peters gelangt zu
diesem Schluss. Für die Haushalte gibt
die Literatur vergleichsweise niedrige
Kosten an. Die Ergebnisse zu den zwei
Stromausfällen, über die auch
Haushalte befragt wurden, stimmen
damit überein.
liegen als für größere. Für die Industrie
kommt er gemittelt zu einer Schätzung
von 12 Dollar (Kurswert 1991) pro nicht
gelieferter kWh bei einem Stromausfall
von einer Stunde.
Die Ergebnisse des EPRI-Berichts für
den kommerziellen Bereich zeigen,
dass die Kostenberechnungen pro
nicht gelieferter kWh für den
niedrigsten Wert von 1,54 Dollar für
Verwaltung und Einrichtungen bis zu
5,02 Dollar für den (Einzel-) Handel
und 21,73 Dollar für Bürogebäude
auseinander laufen. Die Höchstgrenze
liegt bei 53,60 Dollar für dieselben
Bürogebäude (Kurswert 1986). Woo
und Pupp weisen darauf hin, dass
Unternehmen in diesem Bereich einen
relativ geringen Energieverbrauch
haben, wodurch die absoluten Kosten
zwar niedrig sind, der Betrag pro nicht
gelieferter kWh aber hoch ist. Peters
kommt zum Schluss, dass die Kosten
keinen einheitlichen Betrag bilden. Er
gibt eine Richtschnur von 15 Dollar pro
nicht gelieferter kWh an (Kurswert
1991).
Peters merkt an, dass die Umfragen,
die in Studien aus dem Ausland
durchgeführt wurden, möglicherweise
nur Informationen zu den Einstellungen
und Zielen der Verbraucher in Bezug
auf hypothetische Störungen sammeln.
Sie müssen nicht das Verhalten von
Verbrauchern in einem realen Fall des
Stromausfalls wiedergeben. Dies steht
im Gegensatz zu den Erfahrungen aus
dieser Studie.
Im EPRI-Bericht variieren die
Ergebnisse für die Haushalte von 10
Dollarcent bis 15 Dollar pro nicht
gelieferter kWh (Kurswert 1986). Woo
und Pupp kommen zum Schluss, dass
ein Höchstwert von 6 Dollar pro nicht
gelieferter kWh (Kurswert 1989) eine
gute Einschätzung ist. Peters gibt bei
einer Stromausfalldauer von einer
Stunde als Richtschnur einen Betrag
von 1 Dollar (Kurswert 1991) pro nicht
gelieferter kWh an.
6.3
Kosten für die einzelnen
Bereiche als Funktion der
Dauer
In der Literatur wie auch in den sechs
analysierten Stromausfällen sind die
Kosten für relativ kurz andauernde
Stromausfälle abgeschätzt. Dennoch
ist die Dauer der Unterbrechung von
großem Einfluss. Daher wurde
versucht, für die verschiedenen
Bereiche die kumulativen Kosten als
Funktion der Dauer des Stromausfalls
abzuschätzen. In den Diagrammen 6.2
bis 6.8 wird für die verschiedenen
Bereiche ein Verlauf der
Kostenentwicklung dargestellt. Dabei
muss bedacht werden, dass die
Diagramme qualitativer Art sind, von
Bedeutung ist der Verlauf der Linien
bzw. Kurven. Dabei wurde davon
ausgegangen, dass keine
VERGLEICHE
Die Kosten für nicht gelieferte
Elektrizität, wie sie für die sechs
analysierten Stromausfälle genannt
werden, können mit den Zahlen aus
dem Ausland verglichen werden. Die
Spanne der berechneten Kosten der
einzelnen Bereiche stimmt für die
Industrie und Dienstleistung
74
Notstromversorgung vorhanden ist,
wenn sie aufgrund gesetzlicher oder
versicherungsrechtlicher Vorschriften
nicht doch vorhanden sein muss.
Umsatzverlust. Beschließt der Betrieb,
ein Notstromaggregat einzusetzen,
nimmt der Verlauf der Kurve die Form
einer leicht sinkenden Linie an. Dies ist
in dem Diagramm nicht dargestellt.
BETRIEBE
In Diagramm 6.2 sind die Kosten für
eine Reihe agrarischer Bereiche
dargestellt. Für die Federviehhaltung
und die Schweinezucht sind die Kosten
beinahe identisch, mit der Ausnahme,
dass die Kosten in der Schweinezucht
erst später entstehen, während dies
bei der Federviehhaltung fast direkt ist.
Werden in beiden Bereichen keine
Maßnahmen getroffen, treten im
Zeitraum von zwei bis acht Stunden
bzw. nach acht Stunden durch den Tod
der Tiere große Schäden ein. Nach
einem bestimmten Moment nimmt der
Schaden nicht mehr weiter zu, da
dieser ein Maximum erreicht hat, wenn
alle Tiere gestorben sind. In der
Milchviehhaltung kann man nicht direkt
von Schäden durch Stromausfall
sprechen. Diese treten erst im
Zeitraum von zwei bis acht
Stunden ein. Die Kosten nehmen
langsam zu, um schließlich auf einem
hohen Niveau weiter anzuwachsen.
Dies ist dadurch zu erklären, dass
nach 24 Stunden ohne getroffene
Maßnahmen die Milchproduktion zum
Erliegen kommt. In der
Gewächshauskultur kann man davon
ausgehen, dass ein Notstromaggregat
vorhanden ist. Die Linie gibt die Kosten
an, wenn das Aggregat ausfällt. Die
Wahrscheinlichkeit dazu wird nach 24
Stunden des Stromausfalls größer. Die
Kosten nehmen dann sehr schnell
stark zu, die Qualität der Ernte nimmt
stark ab, oder sie wird sogar
vernichtet. Im landwirtschaftlichen
Bereich setzen sich die Kosten vor
allem aus materiellem Schaden
zusammen (Tiere sterben oder haben
Wachstumsstörungen, Ernten von
Pflanzen). Dieser materielle Schaden
führt schließlich zu einem
[ Diagramm 6.2: Die gesamten
kumulativen Kosten pro Agrarsektor als
Funktion der Dauer des Stromausfalls
Kosten
Federviehhaltung
Schweinezucht
Milchviehhaltung
Gewächshauskultur
Zeit in Stunden]
Für die Industrie ist der Verlauf der
Kosten in Diagramm 6.3
wiedergegeben. In den ersten zwei
Stunden laufen hohe Kosten auf.
Produktionsprozesse werden
unterbrochen, möglicherweise werden
Einrichtungen beschädigt. Die Höhe, in
der die Kostenlinie für die Industrie
beginnt, hängt von der Größe des
Betriebes und der Frage ab, ob der
industrielle Prozess kontinuierlich ist.
Zwischen zwei und 24 Stunden
nehmen die Kosten zu (u.a. durch
Umsatzverlust/Wegschicken der
Mitarbeiter), aber weniger schnell als
zu Beginn. In diesem Zeitraum tritt mit
Sicherheit materieller Schaden ein, da
sich Material in den Leitungen
abzusetzen beginnt. Bei über 24
Stunden des Stromausfalls nehmen
die Kosten wieder stärker zu, da keine
Grundstoffe und Produkte mehr
geliefert werden und im
Zusammenhang damit Forderungen
gestellt werden. Vorräte sind
aufgebraucht. Dadurch sinkt das
Einkommen. Die Miete von Aggregaten
ist im Allgemeinen für die Industrie
nicht möglich, da eine hohe elektrische
Leistung ersetzt werden müsste.
Manchmal sind große Industriebetriebe
gegen Stromausfall versichert. Ein
Stromausfall muss dann länger als
75
Alten- und Pflegeheimen kann in den
ersten acht Stunden kaum von Kosten
gesprochen werden, wenn eine
Notstromversorgung vorhanden ist.
Dann entstehen Kosten für die
Nutzung von Brennstoff für die
Aggregate. Eine Notstromversorgung
übernimmt nicht die Funktionen des
öffentlichen Stromnetzes im Heim. Zu
einem bestimmten Zeitpunkt (im
Zeitraum acht bis 24 Stunden) muss
daher dennoch zusätzliches Personal
eingesetzt werden, um diesen Mangel
einigermaßen aufzufangen. In diesem
Zeitraum nehmen die Kosten zu
(steigender Verlauf der Linie). In einem
Pflege- und Altenheim ohne
Notstromversorgung wird direkt
zusätzliches Personal eingesetzt. Dies
bringt Kosten mit sich. Im Zeitraum
acht bis 24 Stunden wird zu einem
bestimmten Moment beschlossen, ein
Aggregat einzusetzen, was zu
zusätzlichen Kosten führt. Für die
häusliche Pflege gilt, dass im Zeitraum
acht bis 24 Stunden zusätzliches
Pflegepersonal eingesetzt werden
muss, um die Pflege noch durchführen
zu können. Der von hilfsbedürftigen
Menschen erlittene emotionale
Schaden ist in Geld nicht
auszudrücken.
eine bestimmte Stundanzahl (meistens
5 Stunden) andauern, bevor ein
Schaden reguliert wird. In einem
solchen Fall bleibt der Schaden für den
Betrieb selbst beschränkt.
[Diagramm 6.3: Die gesamten
kumulativen Kosten in der Industrie als
Funktion der Dauer des Stromausfalls
Kosten
Zeit in Stunden]
In Diagramm 6.4 sind für zwei
Bereiche des Dienstleistungssektors
die Kosten dargstellt. Bei
Büroorganisationen nehmen die
Kosten bis zu acht Stunden des
Stromausfalls gleichmäßig mit der
Dauer zu. Im Zeitraum von zwei bis
acht Stunden beginnen die Kosten
fühlbare Formen anzunehmen, da
Mitarbeiter nach Hause geschickt
werden, es tritt Umsatzverlust ein. Im
Einzelhandel laufen die Kosten nach
acht Stunden Stromausfall auf, da
Waren verderben. Zu jedem beliebigen
Zeitpunkt können die Kosten noch
weiter steigen, z.B. durch
Plünderungen. Dies wird im Diagramm
nicht wiedergegeben.
[Diagramm 6.5: Die gesamten
kumulativen Kosten für Einrichtungen als
Funktion der Dauer des Stromausfalls
[Diagramm 6.4: Die gesamten
kumulativen Kosten im
Dienstleistungsbereich als Funktion der
Dauer des Stromausfalls
Kosten
Zuhause ohne NSA*
Häusliche Pflege
Krankenhaus, zuhause mit NSA
Kosten
Einzelhandel
Büroorganisationen
NSA - Notstromaggregat
Zeit in Stunden]
Zeit in Stunden]
ÖFFENTLICHE
INSTANZEN
Der Kostenverlauf bei den öffentlichen
Instanzen entsteht durch Überstunden
von Personal. Diese Kosten nehmen
mit der Zeitdauer des Stromausfalls zu,
EINRICHTUNGEN
In Diagramm 6.5 ist der Kostenverlauf
für verschiedene Einrichtungen
wiedergegeben. In Krankenhäusern,
76
Haushalten in den ersten acht Stunden
keinerlei Kosten. Danach steigt die
Möglichkeit entstehender Kosten,
insbesondere durch den Verderb von
Lebensmitteln in Kühl- und
Gefrierschrank. Nach 24 Stunden
steigen die Kosten stärker an, da für
ältere Menschen Maßnahmen
getroffen werden müssen. Absolut
gesehen handelt es sich um relativ
kleine Beträge. Erlittener Schaden
durch verlorene freie Zeit oder
möglicher Schaden für die Gesundheit
ist im Diagramm nicht dargestellt.
siehe Diagramm 6.6. Die Polizei wird
direkt zusätzliches Personal einsetzen
müssen, für die Feuerwehr gilt dies
nach einiger Zeit ebenfalls. Es lässt
sich kaum Konkretes zu einem Abfall
der Kostenlinie bzw. dem Zeitpunkt
des Abfalls sagen. Treten Tumulte,
Plünderungen und/oder Brände als
Folge des Stromausfalls ein, werden
Polizei, aber auch Feuerwehr sowie
die Rettungsdienstzentralen sicherlich
mehr Mitarbeiter einsetzen müssen.
Damit werden die Linien steiler
verlaufen (nicht im Diagramm
dargestellt). Bei der Gemeinde
entstehen in den ersten acht Stunden
kaum Kosten. Erst bei einer längeren
Dauer des Stromausfalls wird im
Zeitraum von acht bis 24 Stunden eine
Ausweitung der Verwaltungsaufgaben
beschlossen. Dies führt zu Mehrkosten
durch Überstunden und den Einsatz
von Hilfsmitteln. Für die
Rettungsdienstzentralen werden erst
im Zeitraum nach 24 Stunden
Überstunden notwendig.
[Diagramm 6.7: Die gesamten
kumulativen Kosten für private Haushalte
als Funktion der Dauer des Stromausfalls
Zeit in Stunden]
ÖFFENTLICHE
VERSORGUNGSEINRICHTUNGEN
Die öffentlichen Versorgungseinrichtungen regeln die
Infrastrukturen, wie in Kapitel 5
beschrieben. Hier wird der
Kostenverlauf für diese Einrichtungen
betrachtet (Diagramm 6.8), nicht der
mögliche Schaden für die Nutzer
dieser Infrastrukturen. Der
Energieversorger wird mit Sicherheit
einen Schaden erleiden. Je nachdem,
welche Teile wieder repariert bzw.
ersetzt werden müssen, steigen die
Kosten an. Zur Behebung des
Stromausfalls muss zusätzliches
Personal eingesetzt werden. Nimmt die
Zeitdauer zu, nehmen auch die Kosten
zu, da zusätzliches Personal
eingesetzt werden muss und durch
nicht gelieferte kWh ein Umsatzverlust
eintritt. Die Art des Stromausfalls führt
u.U. zu umfangreichen
Untersuchungen, wodurch die Kosten
auch nach Beendigung des
Stromausfalls weiterhin zunehmen
können. Bei der Trinkwasser- und der
Gasversorgung sowie der (Tele-)
Kommunikation handelt es sich vor
[Diagramm 6.6: Die gesamten
kumulativen Kosten für öffentliche
Instanzen als Funktion der Dauer des
Stromausfalls
Kosten
Polizei
Feuerwehr
Gemeinde
Rettungsdienstzentralen
Zeit in Stunden]
PRIVATE
HAUSHALTE
Der Verlauf der Kosten bei privaten
Haushalten ist in den ersten acht
Stunden eines Stromausfalls ziemlich
konstant, siehe Diagramm 6.7 Es
entsteht z.B. Schaden, wenn
Videogeräte oder Computer versagen,
da sie nicht gegen ein mögliches
Absinken der Spannung abgesichert
sind. In vielen Fällen entstehen bei
77
allem um den Einsatz von
Störungsteams oder zusätzlichem
Personal sowie von Brennstoff für die
Aggregate. Dies gilt auch für die
Abwasserentsorgung, aber dort
müssen eventuell nach 24 Stunden
(zusätzliche) Aggregate eingesetzt
werden, was zu Mehrkosten führt. Der
öffentliche Verkehr innerhalb des
Transportsektors wird durch den
Einsatz von zusätzlichem Personal,
eingeschränkte Einnahmen und u.U.
(zusätzlichen) Einsatz von Bussen
höhere Kosten tragen müssen. Im
Zeitraum acht bis 24 Stunden nehmen
diese Kosten zu, da auch der
Zugverkehr zum Erliegen kommt. Die
Müllverarbeitung wird auch während
eines Stromausfalls meistens
weitergeführt werden können, nur in
der Müllverbrennung sinkt die
Kapazität im Falle von Inselbetrieb. Die
nicht optimale Nutzung der Anlagen
führt zu einem sicher eintretenden
wirtschaftlichen Schaden. Für die
Dauer eines Stromausfalls bis zu 24
Stunden ist dieser jedoch gering.
Danach nehmen die Kosten
möglicherweise zu.
Schaden an der Umwelt auftreten. Es
gibt zwei nachweisbare Ursachen für
Umweltschäden. Zum einen können
sie in der Abwasserentsorgung durch
Überlaufen der Abwasserspeicher ins
Kanalsystem entstehen. Meistens tritt
dies ein, wenn die Speicherkapazität
des Kanal- oder Abwassersystems
erschöpft ist, wie z.B. bei heftigen
Regenfällen während eines
Stromausfalls. Bei diesem Wetter ist
der entstehende Umweltschaden das
kleinste Übel. Laufen die Speicher im
Sommer während eines lang
andauernden Stromausfalls über, ist
die Konzentration von Schadstoffen im
Schmutzwasser am höchsten. In einer
nährstoffarmen Naturlandschaft richtet
eine Schmutzwasserüberschwemmung
einen relativ großen Schaden an. In
einem landwirtschaftlich genutzten
Gebiet tritt eher wirtschaftlicher als
Umweltschaden auf. Zweitens kann in
einem Industriegebiet ein
Umweltschaden entstehen, wenn
Industrieprozesse abrupt unterbrochen
werden. Geschieht diese
Unterbrechung auf abbruchsichere Art,
treten manchmal direkte Emissionen
auf, da z.B. abgefackelt werden muss.
Dauert die Unterbrechung der
Stromlieferung länger als 24 Stunden,
treten vielleicht nochmals Emissionen
auf. Wird ein industrieller Prozess
unerwartet und nicht abbruchsicher
gestoppt, könnten ernsthafte
Emissionen auftreten, wie z.B. bei dem
Zwischenfall bei Tiofine (siehe Kasten
4.2).
[Diagramm 6.8: Die gesamten
kumulativen Kosten für die öffentlichen
Versorgungseinrichtungen als Funktion
der Dauer des Stromausfalls
Kosten
Elektrizität
Öffentlicher Transport
Abwasserentsorgung
Übrige *
Müllverarbeitung
6.5. Schlussfolgerungen
* Trinkwasser, Gas, (Tele-)
Kommunikation
Zeit in Stunden]
Schaden als Folge eines Stromausfalls
betrifft vor allem wirtschaftlichen
Schaden. Dieser Schaden wird in
Umsatzverlust, Überstunden,
materiellen Schaden und Investitionen
in ein Notstromgerät unterteilt. Der
Schaden, der als Folge eines
Stromausfalls entsteht, hängt stark von
6.4 Schaden für die Umwelt
Schaden ist vor allem ein
wirtschaftlicher Schaden. Bei einem
Stromausfall kann jedoch auch
78
der besonderen Situation in einem
Betrieb, einer Einrichtung oder der
öffentlichen Instanz ab, vom
Vorhandensein eines
Notstromaggregates sowie von der
Dauer des Stromausfalls. In der
Literatur wird dieser Aspekt ausführlich
behandelt und meistens in Kosten pro
nicht gelieferter kWh ausgedrückt.
Auch diese Studie versucht ein Bild
von den Kosten pro nicht gelieferter
kWh zu zeichnen. Aus der Analyse der
sechs Stromausfälle, die in den
Niederlanden aufgetreten sind, können
folgende Schlussfolgerungen gezogen
werden:
•
Die Kosten pro nicht gelieferter
kWh für Haushalte sind relativ
gering (kleiner als 1
Gulden/kWh).
•
Die Kosten für nicht gelieferte
kWh für Dienstleistung,
Einrichtungen und öffentliche
Instanzen sind relativ hoch
(durchschnittlich 60 – 70
Gulden/kWh)
•
die Kosten für nicht gelieferte
kWh für Industriebetriebe
variieren stark, entsprechen
aber den Beträgen für die
Dienstleistung oder liegen
niedriger.
•
Im Allgemeinen gilt, dass die
Kosten pro nicht gelieferter kWh
umgekehrt proportional sind zur
Energieintensivität
(kWh/Gulden). Anders
ausgedrückt, je höher der
Energieverbrauch pro Einheit
geschaffenen Mehrwertes ist,
desto niedriger sind die Kosten
pro nicht gelieferter kWh.
Kosten als Funktion der Dauer des
Stromausfalls, kumuliert für alle drei
Kategorien Umsatzverlust,
Überstunden und materieller Schaden.
Dabei handelt es sich um eine
kumulative Schätzung, die auf der
Analyse des Kostenverlaufes in den
verschiedenen Bereichen basiert. Die
Kategorie „mit Notstromaggregat
ausgerüstet“ taucht im Diagramm nicht
auf, da es sich dabei um eine
Maßnahme handelt, die die einzelnen
Betriebe, Einrichtungen oder
öffentlichen Instanzen treffen können
oder nicht. Dadurch nehmen für die
Beteiligten die Gesamtkosten ab. Für
alle Bereiche kumuliert trägt eine
solche Maßnahme jedoch kaum zu
einer weniger stark ansteigenden
Kurve in den drei anderen Kategorien
bei. In Bezug auf die drei Kategorien
kann Folgendes gesagt werden:
•
Der Umsatzverlust bei Betrieben
steigt mit der Dauer des
Stromausfalls. Personal muss
nach Hause geschickt und
Prozesse können nicht
weitergeführt werden. Die
Anzahl nicht gearbeiteter
Stunden oder nicht produzierter
Güter nimmt grob linear mit der
Zeit zu.
•
Überstunden treten vor allem
bei den Einrichtungen und
öffentlichen Instanzen ein. Die
öffentlichen Instanzen und
Altenheime müssen zur
Sicherung von Kreuzungen, zur
Durchführung zusätzlicher
Überwachungsfunktionen, zur
Befreiung von Menschen aus
feststeckenden Aufzügen usw.
zusätzliches Personal
einsetzen. Krankenhäuser und
die häusliche Pflege müssen
nach einigem Zeitverlauf
zusätzliches Personal für
weitere Hilfestellung einsetzen.
•
Der materielle Schaden tritt erst
nach einiger Zeit ein, da
gekühlte Waren verderben,
Der wirtschaftliche Schaden hängt
ebenfalls von der Zeitdauer des
Stromausfalls ab. Die genannten
Beträge in den sechs niederländischen
Stromausfällen sowie in der Literatur
gelten für Störungen, die weniger als
acht Stunden dauern. Diagramm 6.9
zeigt eine qualitative Darstellung der
79
Tiere sterben, sich in
verschiedenen Betrieben
Leitungen zusetzen können,
Kühe trockengelegt werden
müssen, usw. Dieser
Kostenpunkt nimmt nicht linear
mit der Dauer des Stromausfalls
zu.
[Diagramm 6.9: Der Verlauf der drei
Schadensposten (Umsatzverlust,
Überstunden und materieller Schaden) als
Funktion der Dauer des Stromausfalls
Kosten
Umsatzverlust
Materieller Schaden
Überstunden
Zeit in Stunden]
Bei einem Stromausfall kann auch ein
Umweltschaden eintreten. Es gibt zwei
nachweisbare Ursachen für einen
Umweltschaden. Zum einen kann im
Bereich der Abwasserentsorgung
durch Überlaufen der
Schmutzwasserspeicher ungereinigtes
Schmutzwasser in das Kanalsystem
eindringen. Zum zweiten kann
Umweltschaden eintreten, wenn
industrielle Prozesse abrupt
unterbrochen werden. Wird ein
Prozess unerwartet und nicht
abbruchsicher gestoppt, können sogar
ernsthafte Emissionen eintreten.
80
7
Gesellschaftliches
Auffangvermögen
Das Maß, in dem eine Gesellschaft in
der Lage ist, die Folgen eines
Stromausfalls aufzufangen, bestimmt
in großem Maße die Verletzlichkeit der
Gesellschaft. Dieses wird als
gesellschaftliches Auffangvermögen
beschrieben. In Kapitel 7.1 wird durch
den Vergleich mit dem Begriff
Antizipation auf die Wichtigkeit des
gesellschaftlichen Auffangvermögens
eingegangen, da im Gegensatz dazu
die Antizipation davon ausgeht, dass
sich Störungen vermeiden lassen. Die
gesellschaftliche Verletzlichkeit kann in
großem Maße von dem
gesellschaftlichen Auffangvermögen
beeinflusst werden. Technische
Maßnahmen (Kapitel 7.2) einerseits
und organisatorische Maßnahmen
(Kapitel 7.3) andererseits bestimmten
die Größe des gesellschaftlichen
Auffangvermögens. Anhand der
Erfahrungen aus den sechs
Stromausfällen wird dies verdeutlicht.
Aus dieser Analyse ergibt sich
gleichzeitig eine Liste mit Maßnahmen,
die das gesellschaftliche
Auffangvermögen erweitern können
(Kapitel 7.4).
7.1
Gesellschaftliches
Auffangvermögen gegenüber
Antizipation
Ausgangspunkt dieser Studie ist, dass
die Energieversorgung gestört wird
und dieses zu gesellschaftlichen
Folgen führt. Die Art, wie betroffene
Verbraucher und öffentliche
Einrichtungen reagieren, bestimmt die
Größe des gesellschaftlichen
Auffangvermögens. Oder, wie
Wildavsky es formuliert: „Resilience is
the capacity to cope with unanticipated
dangers after they have become
manifest, learning to bounce back.“
81
und Ringstrukturen. Für die
Energieversorgung in den
Niederlanden kann festgestellt werden,
dass die Antizipation, das Vermeiden
von Störungen, die notwendige
Aufmerksamkeit erhält.
(Wildavsky, 1988, S. 77). Auch die
SIBAS-Studie geht von einer gestörten
Situation und den daraus erfolgenden
Reaktionen aus. Das gesellschaftliche
Auffangvermögen wird definiert als
„Verminderung der Hilfsbedürftigkeit in
Katastrophensituationen und
Möglichkeiten zur Wiederherstellung
der normalen Situation“ (SIBAS 1987,
S. 3). Wildavsky betont, dass das
gesellschaftliche Auffangvermögen
keine Strategie des Abwartens ist,
sondern eine der Vorbereitung auf das
Unvermeidliche (Wildavsky 1988, S.
221). Dabei geht es um technische und
organisatorische Maßnahmen seitens
der Verbraucher und öffentlichen
Instanzen, um allgemeine Folgen zu
vermeiden, einzuschränken oder
abzumildern. Eine wichtige Frage
dabei ist, wie die Verbraucher, die von
einem Stromausfall betroffen sind, eine
Reduzierung der Hilfeleistung für sie
akzeptieren. Schon für das Gelingen
dieses Aspektes müssen mehr oder
weniger Maßnahmen getroffen
werden.
Maßnahmen mit dem Ziel, Alternativen
für ein bestimmtes System zu
entwickeln, liegen sowohl im Bereich
des gesellschaftlichen
Auffangvermögens als auch in dem der
Antizipation. Dies hängt davon ab, auf
welcher Ebene die Maßnahmen
getroffen werden. Soll der Verbraucher
auf einen möglichen Stromausfall
vorbereitet sein, oder muss ein
Stromausfall verhindert werden. Dies
könnte z.B. durch eine andersartige
Herangehensweise an das Produkt
oder die Dienstleistung sein wie
Substitution, Diversifikation und
Bevorratung. Die Energieversorgung
hat selbst Alternativen eingebaut (das
Prinzip des „duel fuel“ bei der
Brennstoffversorgung der Kraftwerke).
Elektrizität in großem Rahmen zu
speichern ist nicht möglich, da es keine
Speichermöglichkeiten gibt. Eigene
Blockheizkraftwerke für größere,
wirtschaftlich wichtige Einheiten sind
aber eine Möglichkeit, die Folgen eines
Stromausfalls zu vermeiden (da diese
unabhängig vom Stromnetz arbeiten).
Hierfür kommen andere technische
Infrastruktursysteme, große
Industriekomplexe und eventuell
Einrichtungen in Frage.
In der Literatur wird der Begriff
Antizipation mit der Vorwegnahme
unterstellter Gefahren gekoppelt.
Wildavsky umschreibt Antizipation
folgendermaßen: „a mode of control by
a central mind; efforts are made to
predict and prevent potential dangers
before damage is done“ (Wildavsky,
1988, s.77). Antizipation bedeutet,
zentrale Maßnahmen zu treffen, z.B.
durch die Regierung oder auf zentraler
Ebene. Bei den Infrastrukturen könnte
man an Maßnahmen zum Schutz und
zur Anpassung der technischen
Infrastruktursysteme denken. Dies
könnten, wie bei dem
gesellschaftlichen Auffangvermögen,
technische und organisatorische
Maßnahmen sein, wie
Schutzmaßnahmen, die Verbesserung
der Wiederherstellungsmöglichkeiten,
die Einrichtung einer
Notstromversorgung, Koppelungen
Der Unterschied zwischen dem
gesellschaftlichen Auffangvermögen
und der Antizipation wird hier
behandelt, da diese Begriffe einerseits
in der Literatur nebeneinander stehen,
und andererseits die zu den beiden
Begriffen zugehörigen Maßnahmen
jeweils andere Bereiche der
Gesellschaft abdecken. Im Mittelpunkt
dieser Studie steht das
gesellschaftliche Auffangvermögen.
Darunter fallen auch Maßnahmen, die
82
in Vorwegnahme eines Stromausfalls
getroffen werden können, trotz der
Unterscheidung in gesellschaftliches
Auffangvermögen und Antizipation.
Notstromversorgungen, andererseits
war von einigen Befragten nichts
bekannt. Aus der Tabelle ergibt sich,
dass in rund der Hälfte der Fälle keine
einzige Art der Notstromversorgung
vorhanden war. In ungefähr 5% der
Fälle war eine USV vorhanden,
insbesondere bei Teilen des zentralen
Rettungsdienstes, für
Telekommunikationsgeräte und das
Betriebsführungszentrum von
Elektrizitätswerken. Ein Fünftel der
Befragten verfügt über ein Aggregat,
nochmals 5% mieteten während des
Stromausfalls eines. Vor allem in
Bleiswijk und Edam wurden
Notstromaggregate gemietet, in einem
Fall gekauft. War Strom für die
Betriebsführung von herausragender
Bedeutung (z.B. für vorhandene
Kühlzellen), wurde versucht, die
Notstromeinrichtungen so gut wie
möglich einzusetzen. Außerdem gaben
Befragte in Edam und Bleiswijk an,
dass sie zwar versucht hatten,
Notstromaggregate zu mieten, aber
keine erhielten. Manchmal war es
angesichts der Höhe der benötigten
Leistung nicht möglich, die gesamte
ausgefallene Leistung durch
Notstromaggregate zu ersetzen (große
Industriebetriebe). Es fällt auf, dass im
Falle des Stromausfalls im Achterhoek
relativ wenige Aggregate gemietet
wurden, während die Dauer des
Stromausfalls mit der in Edam
vergleichbar ist. Möglicherweise ist der
Zeitpunkt des Stromausfalls hier von
Bedeutung (abends gegenüber
morgens). Allerdings wurden im
Achterhoek in einigen Fällen von der
Feuerwehr Aggregate eingesetzt. In
allen Fällen stellte sich heraus, dass
vor allem Betriebe und Büros keine
Notstromaggregate hatten. In vier der
sechs Stromausfälle in den
Niederlanden hatte jedoch auch die
Polizei keine brauchbare
Notstromversorgung. Dasselbe galt für
eine Reihe von Altenheimen. Vor allem
in Arnheim hatten viele Befragte Akkus
7.2
Technische Maßnahmen
Verbraucher können im Bereich der
technischen Geräte Maßnahmen
treffen. Dabei geht es vor allem um die
Installation einer Notstromversorgung
wie USVs, Notstromaggregate,
Batterien und Akkus. USVs (USVs mit
Aggregat) übernehmen innerhalb
weniger Sekunden für die an sie
angeschlossenen Geräte die Funktion
des öffentlichen Stromnetzes. Sie
werden vor allem bei wichtigen
(großen) Einrichtungen wie
Notrufzentralen der Rettungsdienste,
Polizei oder Feuerwehr eingesetzt.
USVs werden auch für
Computersysteme genutzt, dann mehr
in Form einer kleinen Batterie oder
eines Akkus. Aggregate übernehmen
die Funktion des Stromnetzes. Oft
müssen diese Aggregate vom
Verbraucher selbst gestartet werden.
Akkus (immer aufladbar) oder
Batterien (nicht aufladbar) werden
meistens zur Notbeleuchtung, für
interne Telefonzentralen oder
Alarmsysteme verwendet. Manchmal
sind solche Notstromgeräte installiert,
da sie aus gesetzlichen (Krankenhaus)
oder versicherungstechnischen
Gründen (Gewächshauskulturen)
vorhanden sein müssen. Manchmal
werden während eines Stromausfalls
Geräte gemietet oder gekauft, oder die
Feuerwehr setzt mobile Aggregate ein.
Tabelle 7.1 gibt für die sechs
Stromausfälle in den Niederlanden
eine Übersicht über die
Notstromeinrichtungen, die bei den
Befragten vorlagen (mit Ausnahme der
Haushalte). Die Zahlen ergeben
zusammen nicht gleich die Anzahl der
Befragten, die geantwortet haben (N).
Einerseits haben einige mehrere
83
Achterhoek
(N*=97)
Arnheim
(N=70)
Rotterdem
(N=42)
Edam
(N=29)
Bleiswijk
(N=17)
Den Haag
(N=20)
Gesamt
(N=278)
*
**
USV
Aggregat
Aggregat
gemietet
Akkus,
Batterien
(1)
11
2
10
Keine
Notstromversorgung
72
6/1 **
9
1
26
34
2
12/1
1
9/1
12
1
5
5
5
12
-
4
5/1
3/1
8
1
12/1
-
3
7
10/1
53/2
14/1
56/2
145
N= Anzahl der antwortenden Befragten
/ Anzahl der nicht gut arbeitenden Geräte
Tabelle 7.1 Notstromversorgung bei den Befragten während der sechs Stromausfälle (N=278)
und/oder Batterien. Hier wurden relativ
viele Einzelhändler befragt, die oftmals
über eine Alarmanlage oder
Notbeleuchtung verfügten, die mit
Batteriestrom arbeiten. Darin liegt eine
mögliche Erklärung. Zum Schluss
ergab sich, dass in einigen Fällen die
Notstromgeräte nicht oder nicht richtig
arbeiteten.
Betroffenen manchmal aufgrund des
erlittenen Stromausfalls Maßnahmen
trafen. Bei zwei Ausfällen, die länger
dauerten, fiel dies auf. Diese
Maßnahmen könnten auch als
Vorbereitung auf einen möglichen
Stromausfall dienen. Folgende
Maßnahmen wurden während der
sechs genannten Fälle getroffen:
•
Kerzen/Taschenlampen zur
Hand haben
•
Batterieradio zur Hand haben
•
Computerdaten häufiger
speichern
•
Batterien z.B. in
Telefon(anlagen), Computer,
Alarmsysteme einlegen
•
Extra Amtsleitung für Telefon
installieren, Telefonzentrale
sichern
•
Versicherung abschließen
•
Bereitstellungsverträge
abschließen (Aggregat ist auf
Abruf verfügbar)
•
Aggregat installieren
•
Produktionsprozesse
abbruchsicher entwerfen
7.3 Organisatorische Maßnahmen
BETROFFENE
VERBRAUCHER
Betroffene Verbraucher treffen neben
technischen auch organisatorische
Maßnahmen. Tabelle 7.2 listet die
Maßnahmen auf, die die betroffenen
Verbraucher während eines
Stromausfalls getroffen haben
(können). Dabei wird nicht nach
Bereichen getrennt. Einige
Maßnahmen sind singulären
Charakters, andere gelten für mehrere
Bereiche.
Aus der Untersuchung dieser sechs
Störungen ergab sich, dass die
84
0 – 2 Std.
- Überwachung des
Produktionsprozesses
- Aggregat starten
- Kunden aus Geschäft
- manuelles Arbeiten
- Nutzung eines
Notfahrplanes
(öffentlicher Transport)
- Einsatz von
zusätzlichem Personal
- Störungsdienste
anrufen
- Auto-, Transistorradio
hören
2 – 8 Std.
- keine Nutzung der
Kühlung mehr
- Aggregat mieten
- Mitarbeiter anrufen
- alternative
Dienstpläne einsetzen
- Mitarbeiter nach
Hause schicken
- Sicherheit der
Gebäude regeln
- Evakuierung großer
Gebäude
- Katastrophenplan
(falls vorhanden)
durchführen
8 – 24 Std.
24 Std. und länger
- Einsatz von Aggregaten in bestimmten
Bereichen notwendig (Landwirtschaft,
Einrichtungen, Infrastrukturen)
- Kontrolle des Brennstoffs für die Aggregate
- Brennstoffmenge für Motorfahrzeuge festlegen
Tabelle 7.2 Organisatorische Maßnahmen seitens Betroffener
Die aufgeführten Maßnahmen sind
unterschiedlichen Umfangs,
insbesondere die finanzielle Seite. Die
ersten vier Maßnahmen kann jeder
treffen, auch der Verbraucher zu
Hause. Die danach genannten
Maßnahmen gelten eher für
Betroffene, die betrieblich direkt von
Energie oder indirekt von
Kommunikation abhängig sind. Was
die Entwicklung abbruchsicherer
Prozesse angeht, lässt sich sagen,
dass diese Teil der Genehmigung
werden und dabei Bedingungen auf
der Grundlage des Umweltschutzes
erfüllt werden müssen. Die Befugnisse
dazu liegen bei der Gemeinde und
manchmal der Provinz.
Einrichtung während des Stromausfalls
tatsächlich jede der Maßnahmen traf.
Im Zeitraum 0 – 8 Stunden ergaben
sich aus den sechs Fällen eine Reihe
von Maßnahmen. Für den Zeitraum
danach, für den es kaum praktische
Erfahrungen gibt, ergaben sich die
Maßnahmen aus den Gesprächen, den
so genannten „BrainstormingZusammenkünften“ mit den Vertretern
der verschiedenen Einrichtungen.
Die sechs Stromausfälle zeigten, dass
die Polizei an den verschiedensten
Fronten am aktivsten auftrat. Die
Polizei muss auf einen Stromausfall
direkt reagieren, während sich in vier
der sechs Fälle herausstellte, dass sie
selbst nicht ausreichend vorbereitet
war. Die Polizei beantwortet die
Fragen der Bürger und Betriebe, die
sie anrufen. Außerdem reagiert die
Polizei auf Alarmmeldungen. Während
der Hauptverkehrszeiten muss der
Verkehr auf den Kreuzungen manuell
geregelt werden. Schließen sich
Bahnschranken automatisch, müssen
auch die Bahnübergänge gesichert
werden. Insbesondere in
Industriegebieten müssen bei einem
längeren Stromausfall die
Gefahrstofftransportwege bekannt
sein. Diese Wege verlaufen immer
ÖFFENTLICHE
INSTANZEN
Öffentliche Instanzen treffen
organisatorische Maßnahmen, um die
allgemeinen gesellschaftlichen Folgen
eines Stromausfalls zu mildern,
einzuschränken oder möglicherweise
sogar zu vermeiden. Dabei sind auch
sie selbst vom Stromausfall betroffen.
Tabelle 7.3 listet die Maßnahmen auf,
die die öffentlichen Instanzen während
eines Stromausfalls treffen (können).
Das heißt nicht, dass jede öffentliche
85
der sechs genannten Stromausfälle in
den Niederlanden ergab sich, dass die
Gemeindeverwaltung in den ersten
acht Stunden eine marginale Rolle bei
der Einschränkung der Folgen eines
Stromausfalls spielt. Nur in einer von
mehreren vom Stromausfall
betroffenen Gemeinden hat sich die
Gemeindeverwaltung (bzw. ein
Mitglied) über den Stromausfall
informiert bzw. informieren lassen.
Auch nur in einem Fall hat die
Gemeindeleitung eine Rolle bei der
Information der Bevölkerung gespielt.
Erst bei einem länger andauernden
Stromausfall (über acht Stunden) wird
angegeben, dass im Bereich der
Koordination der Hilfsleistungen
organisatorische Maßnahmen
getroffen werden könnten. Es wird ein
Katastrophenstab zusammengerufen.
Dann muss nicht nur innerhalb der
Gemeinden koordiniert werden,
sondern auch zwischen den
Gemeinden.
über Brücken statt durch Tunnel. Sind
Brücken geöffnet, muss der
Wegverlauf geändert oder müssen die
Transportwagen sicher geparkt
werden. Es kann beschlossen werden,
dass vorsorgliche Kontrollgänge
durchgeführt werden. Außerdem muss
die Bevölkerung informiert werden,
z.B. durch Lautsprecherwagen. Dies
geschieht u.a. in Zusammenarbeit mit
den Elektrizitätswerken. Ist eine lange
Unterbrechung der Stromversorgung
absehbar, muss die Polizei Prioritäten
setzen. Darunter fallen insbesondere
die öffentliche Ordnung, Regelung des
Verkehrs und Aufrechterhaltung von
Funkverbindungen.
Vor allem in Städten muss die
Feuerwehr Menschen aus
festsitzenden Aufzügen befreien.
Außerdem muss sie auf
Feuermeldungen reagieren. Ereignen
sich Verkehrsunfälle, z.B. während der
Hauptverkehrszeit, wird die Feuerwehr
zu Hilfe gerufen. Große (Büro-)
Gebäude müssen evakuiert werden,
sollte der Stromausfall länger dauern.
Dafür könnte die Feuerwehr eingesetzt
werden. Bei einem längeren
Stromausfall wird die Feuerwehr
gebeten, Notstromaggregate zu
installieren. In der Praxis zeigte sich,
das sich die Feuerwehr mehr auf die
so genannten kleinen Hilfeleistungen
konzentrierte. Außerdem wurde
deutlich, dass Feuerwehrkasernen im
Allgemeinen auf einen Stromausfall gut
vorbereitet sind. Der Großeinsatz der
Feuerwehr wird notwendig, wenn sich
ein Vorfall während des Stromausfalls
zu einer Katastrophe entwickelt.
Eventuell wird eine zentrale
Koordinationsstelle eingerichtet. Diese
Stelle ist nicht so hoch aufgehängt wie
ein Katastrophenstab. Bei einem
länger andauernden Stromausfall
konzentrieren sich die Feuerwehren
auf die Aufrechterhaltung der
Kommunikation und die
Notstromversorgung. Aus der Analyse
Der zentrale Notruf für Rettungsdienste
erhält in den ersten acht Stunden
kaum mehr Anfragen für
Hilfsleistungen als zu normalen Zeiten.
Nur beim Stromausfall im Achterhoek
wurde gemeldet, dass die zentralen
Rettungsdienste eingesetzt werden
mussten. Ein Krankenwagen stand
während der Reparaturarbeiten für die
Mitarbeiter des Elektrizitätswerkes
bereit. Bei einem längeren
Stromausfall nimmt der Druck auf
diesen Hilfsdienst zu. Die
Aufrechterhaltung der Kommunikation
ist dabei wichtig. Hilfsbedürftige
müssen zu anderen Hilfseinrichtungen
gebracht werden. Eventuell müssen in
Zusammenarbeit mit anderen
Hilfsdiensten Auffangräume
eingerichtet werden. Dies könnte im
Winter z.B. ein geheizter Raum sein.
Bei den organisatorischen
Maßnahmen, die die verschiedenen
86
Dienst
Polizei
0 – 2 Std.
- reagiert auf
(Alarm-)
Meldungen
- Verkehr an
Kreuzungen,
Bahnübergängen
regeln
Feuerwehr
- Menschen aus
Aufzügen
befreien
- auf
Brandmeldungen
reagieren
- Hilfe bei
Verkehrsunfällen
- Hilfe bei
Evakuierung
großer Gebäude
Gemeinde
- sich informieren
(lassen)
Zentrale
Rettungsdienste
alle
Tabelle 7.3
2 – 8 Std.
- Kenntnis über
Transportwege für
gefährliche Stoffe
- vorsorgliche
Überwachungsfunktionen
-Information der
Bevölkerung
- Einsatz von
Notstromaggregaten
- Information der
Bevölkerung
- damit rechnen,
dass sich ein Vorfall
zu einer
Katastrophe
ausweiten kann
8 – 24 Std.
24 Std. ->
- Prioritäten setzen, die mit der Zeit
immer schärfer gefasst werden und
sich richten auf:
- Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ordnung
- Verkehrsregelung
- Aufrechterhaltung der (Not-)
Funkverbindungen
- Koordination
- Aufrechterhaltung
regeln
der Kommunikation
- Handhabung der
Notstromversorgung
- Bevölkerung
informieren (lassen)
- Katastrophenplan in Kraft setzen (in
Zusammenarbeit mit anderen
Instanzen)
- normale Tätigkeiten, kaum zusätzliche
- Aufrecht- mehr Nachfrage
Maßnahmen
erhaltung der
nach Hilfeleistungen
Kommunikation (weiter verweisen
- zusätzliche
zu anderen
Nachfrage nach Einrichtungen)
- Einrichtung von
Hilfeleistungen
Auffangräumen (in
als Folge des
Zusammenarbeit)
Stromausfalls
- Koordination und damit Kommunikation untereinander muss geregelt sein
(Nutzung des Nationalen Notnetzes)
- Information der Bevölkerung
Maßnahmen der öffentlichen Instanzen
Instanzen treffen, ist die Koordination
und damit Kommunikation
untereinander ein wichtiger Aspekt.
Aus der Analyse der sechs Beispiele
ergab sich, dass diese Maßnahmen
pro Stromausfall stark voneinander
abwichen. Im Allgemeinen wurde
zwischen den einzelnen öffentlichen
Einrichtungen, einschließlich des
Energieerzeugers, wenig koordiniert.
Die Situation wurde ad hoc geregelt.
Waren mehrere Gemeinden von einem
Stromausfall gleichzeitig betroffen,
kooperierten die verschiedenen
Hilfsdienste innerhalb einer Gemeinde
mehr oder weniger untereinander, aber
nicht oder kaum zwischen den
Gemeinden. In keinem der sechs Fälle
wurde das Nationale Notnetz genutzt.
Auch die Kommunikation einschließlich
der Information der Bevölkerung ist
während eines Stromausfalls von
Bedeutung. Die Kommunikation zu den
Einwohnern und Unternehmen erfolgt
vor allem durch die Polizei und
Energieversorger. Die sind dadurch
(telefonisch) überlastet. Dadurch kann
das Telefonnetz zusammenbrechen,
was im Achterhoek, aber auch in Den
Haag geschah. In allen Fällen wurde in
Bezug auf die Information spontan
gehandelt. In zwei Fällen wurden
Lautsprecherwagen eingesetzt. In vier
87
geschieht dies in Zusammenarbeit mit
der und durch die Polizei. Bei einem
länger dauernden Stromausfall ist die
Kommunikation untereinander sowie
die Bevorratung von
Notstromaggregaten mit Brennstoff
von zentraler Bedeutung.
Fällen wurde ein regionaler
Nachrichtensender genutzt. Während
des Stromausfalls im Achterhoek
haben jedoch 56% aller Haushalte
keinerlei Information erhalten, in
Arnheim waren es 90%.
ÖFFENTLICHE
VERSORGUNGSBETRIEBE
So wie die öffentlichen Hilfsdienste
spielen auch die öffentlichen
Versorgungsbetriebe bei der
Bekämpfung, Abmilderung und sogar
Vermeidung der gesellschaftlichen
Folgen eines Stromausfalls eine
wichtige Rolle. Sie müssen
Maßnahmen treffen, um die
verschiedenen Infrastrukturen so
ungestört wie möglich
weiterfunktionieren zu lassen. In
Tabelle 7.4 sind diese Maßnahmen
kurz aufgeführt. Für alle Infrastrukturen
gilt, dass, wenn bei einem längeren
Stromausfall Notstromgeräte
eingesetzt werden müssen, der
Brennstoffvorrat geregelt werden
muss.
Ein Stromausfall bedeutet für die
Trinkwasserversorgung, dass die mit
Notstromgeräten ausgerüsteten
Pumpstationen kontrolliert werden
müssen. Was den Brennstoffvorrat
angeht, muss Dieselöl der Menge m3
verpflichtend gelagert werden. Fallen
in Mehrfamilienhäusern die
Druckerhöhungsanlagen aus, rufen die
Kunden den Trinkwasserversorger an,
weil in den höheren Etagen kein
Wasser mehr zur Verfügung steht.
Ihnen muss Rede und Antwort
gestanden werden. Wenn jedoch der
Wasserdruck des öffentlichen Netzes
normal hoch ist, ist dies kein Fall für
den Wasserversorger, sondern für den
Hausmeister des Gebäudes. Dauert
der Stromausfall länger, müssen die
Bewohner höher gelegener Etagen
Wasser bei denen aus den unteren
Stockwerken holen. Gemäß Norm
NEN 1006 muss unten in einem jeden
Mehrfamilienhaus ein Wasserhahn
vorhanden sein. Ist er praktisch
gelegen, kann er auch genutzt werden.
Der Hausmeister muss diesen
Wasserhahn freigeben. Manchmal
nehmen die Druckerhöhungsanlagen
nach der Rückkehr des Stromes ihre
Arbeit nicht wieder von selbst auf.
Wahrscheinlich liegt dies an
mangelndem Unterhalt oder
Verschleiß. In diesem Fall muss wieder
der Hausmeister eingeschaltet werden.
Der Energieversorger ist einer der
wichtigsten Partner in der
Kommunikation mit den öffentlichen
Instanzen. Nur der Energieversorger
kann relevante Informationen über die
mögliche Dauer eines Stromausfalls
verschaffen. Der Stromversorger muss
so schnell wie möglich die Ursache für
den Stromausfall beheben. Dazu
müssen zusätzliche Mitarbeiter
eingesetzt werden. Gleichzeitig
müssen diese den Kunden Rede und
Antwort stehen, die zwecks
Informationen den Energieversorger
anrufen. Sie müssen die Polizei,
(örtliches) Radio, Zeitung und Kunden
informieren. Im Achterhoek gingen
Mitarbeiter des Elektrizitätsversorgers
zu einer Reihe von Großkunden, um
über den Stromausfall zu informieren.
Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz
eines Lautsprecherwagens. Meistens
In der Abwasserentsorgung gehen bei
einem Stromausfall Meldungen über
Störungen der Installationen ein. Diese
Meldungen müssen kontrolliert
werden, auch wenn ein
funktionierendes Notstromaggregat
vorhanden ist. In Abhängigkeit von der
88
Höhenlage des Stromausfallgebietes
sowie dem Wetter müssen im Zeitraum
bis 24 Stunden Notstromeinrichtungen
angeschlossen werden, um den
Überlauf der Speicher zu verhindern.
werden, um die Flut von
Telefonanrufen zu bewältigen. Für die
Kommunikation lebenswichtiger
Einrichtungen gibt es in den
Niederlanden das Nationale
Notrufnetz, das auch während eines
Stromausfalls arbeitet. Sollten wichtige
Dienste an dieses Netz nicht
angeschlossen sein, sollten
Notkommunikationsverbindungen
eingerichtet werden.
Bei der Gasversorgung werden bei
einem Stromausfall die
Gasempfangsstationen kontrolliert. Bei
einem längeren Stromausfall kann der
einsetzende Temperaturabfall zu
einem Problem werden, gegen das
Maßnahmen eingesetzt werden
können.
Die (regionalen) Radiosender sind
primär darauf eingerichtet, die
Bevölkerung mit Informationen zu
versorgen. Dazu müssen Kontakte zu
anderen öffentlichen Instanzen
aufgenommen werden, um die
Informationen zu sammeln. Bei einem
länger dauernden Stromausfall
müssen zusätzliche Mitarbeiter
eingesetzt werden, um vollständig über
die Folgen berichten zu können. Sollte
es sich als notwendig herausstellen,
müssen Notstromversorgungen
eingerichtet werden, um die
Ausstrahlung der Radiosendungen
gewährleisten oder
Notkommunikationsverbindungen
zwecks Informationsweitergabe
aufrecht erhalten zu können.
Der Transport wird auf den Straßenund Wasserwegen durch öffentliche
Instanzen geregelt. Insbesondere der
öffentliche Nahverkehr muss dafür
sorgen, dass gestrandete Reisende mit
der U-Bahn, Straßenbahn oder dem
Zug weiterreisen können. Ein
koordinierter Buseinsatz sowie der
Einsatz von Notfahrplänen
ermöglichen einigermaßen die
Weiterführung des unterbrochenen,
elektrifizierten Transports. Bei einem
längeren Stromausfall muss die
Treibstoffversorgung der Busse gut
geregelt werden. Da Benzinpumpen
ausfallen, muss in einem solchen Fall
auch die Treibstoffversorgung von
anderen Fahrzeugen auf die ein oder
andere Weise gewährleistet sein.
Dafür gibt es nicht direkt eine
verantwortliche Instanz wie bei dem
öffentlichen Nahverkehr.
Wahrscheinlich liegt die Koordination
dieses Aspektes bei den öffentlichen
Einrichtungen.
Bei der Müllbeseitigung muss
insbesondere bei einem längeren
Stromausfall die Logistik der
Brennstoffversorgung der
Müllfahrzeuge für die Abholung
(groben) Hausmülls geregelt sein.
Sollten sich bei der Müllbeseitigung
doch unerwartete Probleme einstellen,
kann der Müll eventuell woanders
verarbeitet werden.
Die Telekommunikation wird über ein
System von fest installierten wie auch
mobilen Notstromgeräten
gewährleistet. Diese müssen jedoch
kontrolliert werden. Mobile
Notstromgeräte werden im Zeitraum
von zwei bis acht Stunden eingesetzt.
Bevor die zentralen Notrufnummern
besetzt werden, müssen eventuell
zusätzliche Menschen eingesetzt
7.4
Erweiterung des
gesellschaftlichen
Auffangvermögens
Aus der Analyse der während der
sechs Stromausfälle getroffenen
Maßnahmen lässt sich allgemein
89
Einrichtung
Elektrizität
Trinkwasser
Abwasserentsorgung
Gasversorgung
0 – 2 Std.
2 – 8 Std.
8 – 24 Std.
- Einsatz weiterer Mitarbeiter zur Behebung
- Aufrechterdes Stromausfalls
haltung der
- Kundenfragen beantworten
Kommunikation
- Information an Polizei, Feuerwehr, (regionale)
Radiosender, Zeitungen, Kunden
- Kontrolle der
- eventueller Einsatz von mobilen
Notstromgeräte in
Notstromgeräten in
Pumpstationen
Verteilerpumpstationen
. Kundenfragen
beantworten
- Kontrolle der
- abhängig von der Höhenlage des
Installationen mit und
Gebietes sowie der Wetterlage
ohne Notstromversorgung Einsatz von Notstromgeräten
- Kontrolle der Gasempfangstationen
Transport (insbes.
öffentlicher
Transport)
- Koordination des
Buseinsatzes
- Begleitung gestrandeter
Reisender
Telekommunikation
- Kontrolle der
Dauernotstromversorgung
24 Std.->
- Aufrechterhaltung
der
Notstromversorgung
- Aufrechterhaltung
der
Notstromversorgung
- Aufrechterhaltung
der
Notstromversorgung
- Folgen des
Temperaturabfalls
bekämpfen
- Zug: logistischer
- Aufrechterhaltung der
Einsatz der
Treibstoffversorgung der Busse
- Einsatz von Bussen statt Zügen
Lokomotiven
- Koordination der
koordinieren
Treibstoffversorgung der
Motorfahrzeuge
- Einsatz mobiler Notstromgeräte
- Aufrechterhaltung
- weitere Mitarbeiter in
der
Telefonzentralen
Notstromversorgung
- Einrichtung von
Notkommunikations-verbindungen
Tabelle 7.4 Maßnahmen der öffentlichen Einrichtungen
schlussfolgern, dass das
gesellschaftliche Auffangvermögen im
Falle eines Stromausfalls nicht sehr
groß ist. Daraus folgt auch, dass die
Erweiterung des gesellschaftlichen
Auffangvermögens sicherlich möglich
ist. Dass dies wünschenswert ist, folgt
aus der Beschreibung der Folgen für
die verschiedenen Bereiche, die im
Stromausfallszenario dargstellt sind.
dieser Maßnahmen müssen bereits vor
dem Eintritt eines Stromausfalls
angelegt (technische Maßnahmen)
oder vorbereitet sein (organisatorische
Maßnahmen), wenn sie die Folgen
eines Stromausfalls abmildern sollen.
Diese Maßnahmen, die die Folgen
eines Stromausfalls in den drei
verschiedenen Phasen mindern
können, sind nachfolgend beschrieben.
Es sind viele technische und
organisatorische Maßnahmen denkbar,
die nicht viel Geld kosten müssen. Die
Maßnahmen, die möglich sind, können
aus den gesellschaftlichen Folgen,
dem Einfluss auf die infrastrukturellen
Systeme und dem Schaden abgeleitet
werden. Die Analyse dieser Folgen
ergibt, dass bei einem Stromausfall
drei Phasen zu unterscheiden sind, die
jede ein anderes Maßnahmenbündel
zur Erweiterung des gesellschaftlichen
Auffangvermögens verlangen. Viele
In den ersten zwei Stunden nach
einem Stromausfall (die erste Phase)
können vor allem technische
Maßnahmen die Folgen mindern. Im
organisatorischen Sinn kann jedoch
niemals direkt auf einen
unvorhersehbaren Ausfall reagiert
werden. Die technischen Maßnahmen
umfassen vor allem:
•
USVs und/oder Batterien/Akkus
und/oder Aggregate für
Verkehrsampeln, Telefongeräte,
Brücken, Alarmanlagen,
Dienst
Kommunikation
und Information
(regionale
Radiosender)
Müllbeseitigung
0 – 2 Std.
2 – 8 Std.
^8 – 24 Std.
- Informationen
- zusätzliche Mitarbeiter einsetzen
- Notstromversorgung regeln,
sammeln
- Berichte über
Notkommunikationsverbindungen
Stromausfall
senden
- keine Maßnahmen
- Logistik für
Treibstoff für
Müllabfuhr
regeln
24 Std. ->
- eventuell
Verarbeitung
woanders
Tabelle 7.4 Maßnahmen der öffentlichen Versorgungseinrichtungen (Fortsetzung)
•
•
•
Computer, Kassensysteme,
Mess- und Regelapparatur,
Trinkwasserpumpen,
Straßenbahnen und Züge,
medizinische Geräte usw.
Möglichkeiten zur
Handbedienung von Aufzügen,
Brücken, elektrischen Türen,
Benzinpumpen usw.
Notstromaggregate bei u.a.
Polizei und Altenheimen
Abbruchsicherer Entwurf von
Produktionsprozessen, so dass
diese sicher herunterfahren
können
In der ersten Phase sind jedoch auch
organisatorische Maßnahmen von
Bedeutung. Große Gebäude und
Kaufhäuser müssen evakuiert werden,
weshalb ein Evakuierungsplan
vorliegen muss. Außerdem muss in
dieser ersten Phase so bald wie
möglich die eventuelle Dauer des
Stromausfalls bekannt werden, um
Maßnahmen für die folgenden Phasen
vorbereiten zu können.
Im Zeitraum zwei bis acht Stunden
nach dem Stromausfall (die zweite
Phase) kann eine Mischung aus
technischen und organisatorischen
Maßnahmen die Folgen eines
Stromausfalls mildern. In dieser Phase
wird sicherlich eine Reihe von
Notstromaggregaten „erschöpft“ sein.
Vor allem die öffentlichen Instanzen
müssen in dieser Phase wissen,
welche Folgen für ihr
Versorgungsgebiet eintreten können,
wie man darauf reagieren und welche
Prioritäten man dazu setzen muss. In
dieser Phase sind u.a. folgende
Maßnahmen notwendig:
•
Übergang auf einen alternativen
Dienstplan bei Betrieben,
Einrichtungen und öffentlichen
Instanzen.
•
Einsatz von zusätzlichem
Personal vor allem bei den
öffentlichen Einrichtungen
•
Installation von
Notstromaggregaten bei
wichtigen Diensten wie Alten-/
Pflegeheimen sowie von
Telefonverbindungen, wenn
diese nicht vorliegen oder nicht
funktionieren
Nach acht Stunden kann ein
Stromausfall zu einer
katastrophenähnlichen Situation
führen, insbesondere wenn der Ausfall
ein großes Gebiet umfasst und alles
darauf hindeutet, dass der
Stromausfall länger als 24 Stunden
andauern wird. Zur Erweiterung des
gesellschaftlichen Auffangvermögens
sind dann vor allem organisatorische
und koordinierende Maßnahmen
wichtig, die jedoch schon vorbereitet
und in einem Plan beschrieben sein
müssen, bevor der Stromausfall eintritt.
Die Einrichtung eines
Koordinationsteams ist in dieser Phase
besonders wichtig. Eine Reihe von
Maßnahmen kann sein:
•
Einrichtung von
Informationsstellen für Betriebe
und Bevölkerung
•
Einrichtung von Auffangräumen,
z.B. Für Menschen, die von
Heizungsausfall betroffen sind
•
Koordination des
Treibstofftransportes zu den
Notstromaggregaten und zu
Transportzwecken
•
Koordination der Evakuierung
von Menschen aus Alten- und
Pflegeheimen sowie von
Hilfsbedürftigen zuhause und
aus Krankenhäusern nach
außerhalb des
Stromausfallgebietes
•
Koordination der Verteilung u.a.
von Grundbedarfsmitteln
92
8
Schlussfolgerungen und
Empfehlungen
8.1
Das Verletzlichkeitsparadox
Die Verletzlichkeit der Gesellschaft
durch unerwünschte (technische)
Störungen, unerwünschtes
menschliches Handeln und
unerwünschte Ereignisse wie (Natur-)
Katastrophen kann Ursache für
ernsthafte gesellschaftliche
Turbulenzen sein. Technische
infrastrukturelle Systeme, wie z.B. die
Stromversorgung, liefern Produkte
oder Dienstleistungen, die für das
allgemeine Funktionieren der
Gesellschaft wichtig sind. Daher
reagiert die Gesellschaft auf eine
Störung dieser technischen
infrastrukturellen Systeme. (Störungen
sind die Störungen in einem
technischen infrastrukturellen System,
die zu gesellschaftlichen Folgen
führen). Der Begriff Verletzlichkeit der
Gesellschaft wird daher wie folgt
beschrieben: „die Sensibilität des
gesellschaftlichen Funktionierens, mit
der auf den Ausfall bestimmter
Funktionen reagiert wird“.
In diversen Studien wird auf die
Tatsache hingewiesen, dass
industrialisierte Länder gleichzeitig mit
ihrer technologischen Entwicklung für
Störungen anfälliger geworden sind.
Dies ist als Verletzlichkeitsparadox
definiert: „In dem Maße, in dem ein
Land in seinen Versorgungsleistungen
weniger störanfällig ist, wirkt sich jede
Störung von Produktion, Vertrieb und
Konsum der Versorgungsleistungen
um so stärker aus.“ Nicht nur die
technologische Entwicklung der
Stromversorgung kann zu einer
zunehmenden Verletzlichkeit der
Gesellschaft führen. Die
technologische Entwicklung hat auch
dazu geführt, und wird in Zukunft
93
weiterhin dazu führen, dass die
Durchdringung mit elektrischen
Geräten sowie elektronischer Mess-,
Regel- und Steuerungsapparatur
immer weiter zunimmt. Dadurch spricht
man im Falle der Stromversorgung von
einem doppelten
Verletzlichkeitsparadox. Sowohl die
hohe Zuverlässigkeit der
Stromversorgung als auch die
zunehmende Durchdringung von
Elektrizität sorgen beide für eine
zunehmende gesellschaftliche
Verletzlichkeit bei einer Unterbrechung
der Stromversorgung.
darzustellen und Empfehlungen zur
Erweiterung des gesellschaftlichen
Auffangvermögens auszusprechen.
8.2
Die Wahrscheinlichkeit eines
Stromausfalls
Das Elektrizitätsversorgungssystem
besteht aus verschiedenen Unterteilen:
der Brennstoffversorgung, dem
Produktionssystem, dem
Transportsystem
(Hochspannungsnetz) und dem
Verteilungssystem (Mittel- und
Niederspannungsnetz). In all diesen
Teilen können Störungen auftreten.
Dennoch führen lange nicht alle
Störungen zu einem Stromausfall. Die
Wahrscheinlichkeit, dass ein
Stromausfall als Folge einer Störung in
der Brennstoffversorgung oder dem
Produktionssystem eintritt, ist sehr
gering. Die meisten Störungen werden
durch Störungen des Transport- und
Verteilersystems verursacht. Eine
Störung im 380 – und 220 kV-System
führt jedoch selten zu einem
Stromausfall. Im 50 – 150 kV-System
führen Störungen in ungefähr 30% der
Fälle zu Störungen. Störungen des
Mittel- und Niederspannungsnetzes
führen in über 80% der Fälle zu
Stromausfällen. Diese Ziffern sind
Durchschnittswerte für die
vergangenen 10 Jahre.
Neben der verbesserten Sicherheit bei
der Stromversorgung und der
zunehmenden Durchdringung des
Lebens mit elektrischen Geräten gibt
es noch einen dritten Aspekt. Die
vergrößerte Abhängigkeit der anderen
infrastrukturellen Systeme wie der
Trinkwasserversorgung, der
Abwasserentsorgung, der
Telekommunikation und des
Transports von der Elektrizität sorgt
dafür, dass bei einem Ausfall der
Stromversorgung diese Infrastrukturen
prinzipiell ebenfalls gestört werden
können.
Angesichts der großen Abhängigkeit
von der Verwendung von Elektrizität in
der Gesellschaft lässt sich erwarten,
dass die gesellschaftliche
Verletzlichkeit bei einem Stromausfall
sehr groß ist. Dennoch wurden die
Folgen eines Ausfalls der
Stromversorgung in den Niederlanden
noch nie untersucht. Um
herauszufinden, wie darauf technisch,
organisatorisch und
verwaltungstechnisch reagiert werden
kann (Erweiterung des
gesellschaftlichen Auffangvermögens),
ist es jedoch wichtig, die Folgen eines
Stromausfalls zu ordnen und
übersichtlich darzustellen. Das Ziel
dieser Untersuchung ist es, die Folgen
eines Stromausfalls zu untersuchen,
Die Anzahl der auftretenden Störungen
sind im Hochspannungsnetz am
geringsten, im Niederspannungsnetz
am höchsten. Im 50 - 150 kV-Teil des
Hochspannungsnetzes wurden 1992
112 Störungen registriert. Im
Mittelspannungsnetz (3 – 30 kV) waren
es 1992 ca. 2300 Störungen, und im
Niederspannungsnetz (0,4 kV) ca.
7200 Störungen.
Die Dauer der Störungen und die Zahl
der von einem Stromausfall
betroffenen Menschen variiert von Fall
94
zu Fall. Es treten pro Jahr viele
Störungen mit kurzer Ausfalldauer in
einem kleinen Bereich auf,
insbesondere durch Störungen des
Mittel- und Niederspannungsnetzes.
Dennoch gibt es sicher auch große
Ausfälle, die Folge einer Störung im
Hoch- oder Mittelspannungsnetz sind.
Dazu zwei Beispiele. Am 1. und 2.
März 1987 sorgten Eisablagerungen
auf den Hochspannungsleitungen
dafür, dass die Provinzen Friesland,
Groningen und der Norden von
Drenthe einen Tag lang von mehreren
Stromausfällen betroffen waren, von
denen einige lange dauerten. Eine
Störung im Hochspannungsnetz am 4.
Januar 1993 sorgte dafür, dass ein Teil
des Achterhoek ungefähr acht Stunden
lang keinen Strom hatte.
Gleichzeitig ist die Wahrscheinlichkeit
eines Stromausfalls in den
Niederlanden in den vergangenen
Jahrzehnten stark gesunken. Die
Stromlieferung ist deutlich weniger
anfällig geworden. Dies heißt jedoch
nicht, dass nicht jederzeit eine große,
lang andauernde Störung der
Stromversorgung eintreten kann, eine
100 % verlässliche Stromversorgung
kann niemals realisiert werden. Darum
ist es sinnvoll, die Folgen eines lang
andauernden großen Stromausfalls
näher zu betrachten und die
Möglichkeiten zur Erweiterung des
gesellschaftlichen Auffangvermögens
zu untersuchen.
Die Verlässlichkeit der
Stromversorgung drückt sich in
gemittelten Werten über die
Wahrscheinlichkeit eines eintretenden
Stromausfalls sowie dem
durchschnittlichen Wert der
Ausfalldauer aus. Darüber werden
Statistiken geführt. Die
Wahrscheinlichkeit, dass ein
Niederspannungsverbraucher 1992
über einige Zeit keinen Strom erhielt,
betrug 20,7% (durchschnittlich alle fünf
Jahre). Die durchschnittliche Anzahl
Minuten, die ein
Niederspannungsverbraucher durch
eine Störung keinen Strom geliefert
bekam (jährliche Ausfalldauer), betrug
1992 16,3 Minuten. Diese statistischen
Daten bedeuten, dass einer von fünf
Niederspannungsverbrauchern
durchschnittlich 80 Minuten pro Jahr
keinen Strom hat.
Die Folgen eines Stromausfalls
hängen von einer Reihe von
Charakteristika des Stromausfalls ab.
Dazu gehören der Zeitpunkt,
Jahreszeit, Zeitdauer, Kennzeichen
und Größe des betroffenen Gebietes.
Ein sehr wichtiger Punkt ist die Dauer
des Stromausfalls. Darum wurde ein
so genanntes Stromausfallszenario
entwickelt, um die Folgen einer
Unterbrechung der Stromversorgung
zu erfassen. Das Ziel dieses
Ausfallszenarios ist es, eine
Prozessbeschreibung der Folgen eines
Stromausfalls nach Bereichen als
Funktion der Dauer des Stromausfalls
zu liefern. Die Daten zur Erstellung
dieses Szenarios stammen aus sechs
Analysen von in den Niederlanden
eingetretenen Stromausfällen, zwei
„Brainstorming-Sitzungen“ mit
Betroffenen aus verschiedenen
Bereichen, sowie durch Information
aus der Literatur. Diese Folgen wurden
anhand von drei Kriterien analysiert:
die gesellschaftliche Seite, Einfluss auf
infrastrukturelle Systeme und
Schaden.
8.3
Im Vergleich zum Ausland ist die
Wahrscheinlichkeit eines Stromausfalls
gering. Selbst in den meisten anderen
Industrieländern ist die
Wahrscheinlichkeit eines Stromausfalls
größer und sind die jährlichen
durchschnittlichen Ausfallzeiten höher.
95
Folgen eines Stromausfalls
•
GESELLSCHAFTLICHE
FOLGEN
Die gesellschaftlichen Folgen eines
Stromausfalls hängen sehr von der
Dauer des Stromausfalls ab. In
Diagramm 8.1 werden die
gesellschaftlichen Folgen eines
Stromausfalls als Funktion der
Zeitdauer dargestellt. Dieses
Diagramm lässt erkennen, dass direkt
nach einem Stromausfall eine ganze
Reihe von Folgen eintritt, die jedoch
nach 1 bis 2 Stunden wieder
abnehmen. In dem Maße, in dem der
Stromausfall länger dauert, werden die
Folgen immer umfangreicher und
nehmen ungefähr linear zu. Nach ca. 8
Stunden nehmen die Folgen
exponentiell zu. Aus diesen Angaben
zu den gesellschaftlichen Folgen als
Funktion der Dauer eines
Stromausfalls lassen sich folgende
Schlussfolgerungen ziehen:
•
Direkt nach dem Ausfall tritt eine
Reihe von Folgen auf, die
aufgrund ihrer Art stark von
einer Reihe anderer
Charakeristika als der Dauer
des Stromausfalls abhängen.
Vor allem der Zeitpunkt und die
geographischen Kennzeichen
des betroffenen Gebietes sind
bestimmend. Verkehrsunfälle
treten z.B. auf, wenn der Strom
in einem städtischen Gebiet
während der Hauptverkehrszeit
ausfällt.
•
Die Folgen als Funktion der
Dauer des Stromausfalls
nehmen stärker zu. Bei einem
Ausfall über acht Stunden lässt
sich von einer
katastrophenähnlichen Situation
sprechen. Die Anzahl der
Folgen, aber auch ihre Schwere,
nehmen zu. Dann müssen
Maßnahmen getroffen werden,
die denen für die Bekämpfung
von Katastrophen stark ähneln.
Ernsthafte gesellschaftliche
Folgen werden nach acht
Stunden vor allem bei
Hilfsbedürftigen, älteren
Menschen, Behinderten und
Kranken auftreten. Das Leben
und die Sicherheit dieser
Menschen hängen oftmals direkt
oder indirekt von elektrischen
Geräten ab, ebenso wie die
Erreichbarkeit von anderen
durch Telekommunikation. Bei
einem langen Stromausfall
muss insbesondere für diese
Menschen überlegt werden, wie
ihnen Hilfe geleistet werden
kann.
[Diagramm 8.1 Eine qualitative Darstellung
der gesellschaftlichen Folgen eines
Stromausfalls als Funktion der Dauer des
Stromausfalls (nicht kumulativ)
gesellschaftliche Folgen
Zeit in Stunden]
EINFLUSS AUF
INFRASTRUKTURELLE
SYSTME
Der Wegfall der Stromversorgung hat
Folgen für die Funktion anderer
Infrastrukturen, wie der
Trinkwasserversorgung, der
Gasversorgung, der
Abwasserentsorgung, dem Transport,
der Telekommunikation und der
Müllbeseitigung. Dieser Einfluss kann
zweifach sein. Zum einen kann die
Funktion der Infrastruktur selbst
beeinflusst sein, zum anderen kann die
an diese Systeme angeschlossene
Apparatur, die mit Strom betrieben
wird, ausfallen, oder es findet eine
(soziale) Reaktion statt aufgrund derer
diese Geräte nicht mehr arbeiten.
Tabelle 8.1 liefert eine Übersicht über
die Folgen eines Stromausfalls für das
96
Trinkwasser
Abwasserentsorgung
Gas
Transport
Telekommunikation
Müll
•
••
•••
0-2 Std.
2-24 Std.
24 Std. und länger
••
•
••
•••
••
-
••
•••
••
•••
••
-
••
•••
••
•••
••
•••
kein Einfluss auf Infrastruktur, keine Folgen
Einfluss auf Infrastruktur, keine Folgen
Kein Einfluss auf Infrastruktur, Folgen
Einfluss auf Infrastruktur, Folgen
Tabelle 8.1 Einfluss des Wegfalls der Stromversorgung auf infrastrukturelle Systeme als Funktion der
Zeit
die Polizei und den
Stromversorger. Um den
Einfluss dieses Problems zu
minimieren, wurde für die
Kommunikation zwischen den
wichtigen Einrichtungen u.a. das
Nationale Notnetz eingerichtet.
Aus den Erfahrungen bis heute
ergibt sich, dass einige
Instanzen davon (noch) keinen
Gebrauch machen.
Funktionieren der Infrastrukturen als
Funktion der Dauer des Stromausfalls.
Aus der Analyse der Folgen für die
technischen infrastrukturellen Systeme
können folgende Schlussfolgerungen
gezogen werden:
•
Die meisten infrastrukturellen
Systeme sind ausreichend
ausgerüstet, um die Folgen
eines Stromausfalls für eine
Dauer von 24 Stunden und
sogar länger auffangen zu
können. Nur der Transport wird
direkt nach dem Stromausfall
gestört, da Straßenbahnen, UBahnen und Züge nicht mehr
fahren und kein Treibstoff mehr
getankt werden kann.
•
Die auftretenden Störungen sind
oftmals nicht die Folge einer
Störung der Infrastruktur,
sondern der Geräte, die an sie
angeschlossen sind und die mit
Strom arbeiten.
•
Ein nicht-technische Problem,
das sich in der
Telekommunikation auftut, ist
der Zusammenbruch des
Telefonnetzes. Bei Stromausfall
rufen die meisten Menschen an,
vor allem Freunde und Familie,
aber auch die Notrufnummern,
SCHADEN
Schaden entsteht vor allem auf
wirtschaftlichem Gebiet, aber auch in
der Umwelt. Der wirtschaftliche
Schaden als Folge eines Stormausfalls
lässt sich in Umsatzverlust,
Überstunden, materiellen Schaden und
Investitionen in eine
Notstromversorgung gliedern. Der
Schaden, der als Folge eines
Stromausfalls entsteht, hängt in
starkem Maße von der spezifischen
Situation in einem Unternehmen, einer
Einrichtung oder einer Behörde ab und
davon, ob ein Notstromaggregat
vorhanden ist und wie lange der
Stromausfall dauert. In der Literatur
wird dieser Aspekt ausführlich
behandelt und oft in Kosten pro nicht
gelieferter kWh ausgedrückt. Auch in
dieser Studie wurde versucht, ein Bild
von den Kosten pro nicht gelieferter
97
Diagramm enthalten, da dies eine
Maßnahme der einzelnen Betriebe,
Einrichtungen oder Dienste sein kann.
Dadurch nehmen für die Einzelnen die
Gesamtkosten ab. Für alle Bereiche
kumuliert tritt durch diese Maßnahmen
jedoch kaum eine Senkung der Kosten
in den anderen Kategorien ein. Aus der
Analyse lässt sich über den Verlauf der
Kostenkomponenten als Funktion der
Zeit folgendes schließen:
•
Der Umsatzverlust bei Betrieben
nimmt mit der Dauer des
Ausfalls gleichmäßig zu.
Personal wird nach Hause
geschickt, Produkte können
nicht mehr hergestellt werden.
Die Anzahl nicht gearbeiteter
Stunden oder nicht produzierter
Güter nimmt grob linear mit der
Zeitdauer zu.
•
Überstunden treten vor allem
bei den öffentlichen Instanzen
und Einrichtungen auf. Bei
öffentlichen Instanzen und z.B.
Altenheimen ist zusätzliches
Personal zur Sicherung von
Kreuzungen, zur zusätzlichen
Überwachung usw. notwendig.
Bei Krankenhäusern und der
häuslichen Pflege wird nach
einer gewissen Zeit ebenfalls
zusätzliches Personal benötigt.
•
Der materielle Schaden entsteht
erst nach einiger Zeit, durch
Verderb gekühlter Waren,
Tiersterblichkeit, Festsetzen von
Material in Leitungen,
Trockenlegen von Kühen usw.
Dieser Kostenpunkt nimmt mit
der Zeitdauer sicher
exponentiell zu.
kWh zu zeichnen. Es lassen sich
folgenden Schlussfolgerungen ziehen:
•
Die Kosten pro nicht gelieferter
kWh für Haushalte sind relativ
gering (weniger als 1
Gulden/kWh)
•
Die Kosten pro nicht gelieferter
kWh für Dienstleistung,
Einrichtungen und öffentliche
Instanzen sind relativ hoch
(durchschnittlich 60 – 70
Gulden/kWh)
•
die Kosten pro nicht gelieferter
kWh für Industriebetriebe
variieren stark, liegen aber mit
denen für die Dienstleistung
gleich auf oder etwas niedriger.
•
Im Allgemeinen sind die Kosten
pro nicht gelieferter kWh
umgekehrt proportional zur
Energieintensität (kWh/Gulden,
Energieverbrauch pro Einheit
geschaffenen Mehrwertes).
Anders ausgedrückt, je höher
der Energieverbrauch pro
Einheit geschaffenen
Mehrwertes ist, desto niedriger
sind die Kosten pro nicht
gelieferter kWh.
Wie bereits angemerkt, hängt der
Schaden stark von der Dauer des
Stromausfalls ab. Die Beträge, die
genannt wurden, gelten für eine relativ
kurze Ausfalldauer (weniger als 8
Stunden). Der Schaden als Funktion
der Dauer des Stromausfalls ist für
Landwirtschaft, Industrie,
Dienstleistung, Einrichtungen,
öffentliche Instanzen, Haushalte und
öffentliche Versorgungsunternehmen
jeweils gesondert in diese Studie
aufgenommen worden. In den
Kategorien „Umsatzverlust“,
„Überstunden“ und „materieller
Schaden“ ist der Schaden als Funktion
der Dauer des Ausfalls für die
verschiedenen Bereiche kumuliert und
in Diagramm 8.2 qualitativ dargestellt.
Die Kategorie „vorhandene
Notstromversorgung“ ist nicht im
Bei einem Stromausfall kann
außerdem eine Schädigung der
Umwelt eintreten. Dafür gibt es zwei
nachweisliche Ursachen. Zum einen
können die Schmutzwasserspeicher
überlaufen, und ungereinigtes Wasser
tritt an die Oberfläche. Zweitens kann
98
Instanzen und öffentlichen
Versorgungseinrichtungen sind als
Funktion der Dauer eines
Stromausfalls in Tabellen dargestellt.
[Diagramm 8.2 Verlauf der drei
Schadensposten (Umsatzverlust, Überstunden
und materieller Schaden) als Funktion der
Zeitdauer des Stromausfalls (kumulativ).
DIE GRÖSSE DEs
G E S E L L S C H A F TL I C H E N A U F F A N GVERMÖGENS
Für die sechs untersuchten
Stromausfälle, die hier dargestellt
wurden, wurden gleichzeitig die
Maßnahmen inventarisiert, die
getroffen wurden, um die Folgen des
Stromausfalls aufzufangen. Diese
Inventarisierung ergab folgendes:
•
Verbraucher können technische
Maßnahmen treffen wie die
Installation einer
Notstromeinrichtung wie USVs,
Aggregate und/oder
Akkus/Batterien. Bei rund der
Hälfte aller Befragten, die keine
Privathaushalte waren, lag keine
Art der Notstromversorgung vor.
Ungefähr 5% hatten eine USV,
20% ein Aggregat, und 5%
hatten ein Aggregat gemietet.
Ungefähr 20% verfügten über
Akkus/Batterien als
Notstromversorgung. Übrigens
stellte sich in wenigen Fällen
heraus, dass die
Notstromversorgung nicht
funktionierte.
•
Notstromversorgungen sind vor
allem bei wichtigen
Einrichtungen und
Rettungsdienstzentralen sowie
in der Telekommunikation
vorhanden. Viele (kleinere)
Betriebe und Büros, aber auch
einige Altenheime, verfügen
nicht über eine solche
Einrichtung. Bei vier der sechs
Störfälle hatte auch die Polizei
kein Aggregat.
•
Die betroffenen Verbraucher
haben eine ganze Bandbreite
verschiedener organisatorischer
Maßnahmen getroffen, um die
Kosten
Umsatzverlust
Materieller Schaden
Überstunden
Dauer in Stunden]
ein Umweltschaden entstehen, wenn
industrielle Prozesse abrupt zum
Stillstand kommen. Geschieht dies
nicht abbruchsicher, können giftige
Emissionen auftreten.
8.4
Größe und Erweiterung des
gesellschaftlichen
Auffangvermögens
D AS G E S E L L S C H A F TL I C H E A U F F A N GVERMÖGEN
Das Maß, in dem eine Gesellschaft in
der Lage ist, die Folgen eines
Stromausfalls aufzufangen, bestimmt
großenteils die Verletzlichkeit. Dies
wird als gesellschaftliches
Auffangvermögen beschrieben und wie
folgt definiert:
„Minderung der Hilfsbedürftigkeit in
Katastrophensituationen und
Möglichkeiten zur Wiederherstellung
der normalen Situation“. Die
gesellschaftliche Verletzlichkeit ist also
kein statischer Zustand, sondern kann
in hohem Maße durch das
gesellschaftliche Auffangvermögen
beeinflusst werden. Die Erweiterung
des gesellschaftlichen
Auffangvermögens kann einerseits
durch technische Maßnahmen wie die
Installation von Notstromeinrichtungen
erreicht werden. Andererseits können
dazu auch organisatorische
Maßnahmen getroffen werden. Die
Maßnahmen seitens betroffener
Verbraucher, der öffentlichen
99
•
•
•
•
Folgen des Stromausfalls
aufzufangen. Diese
Maßnahmen sind sehr
unterschiedlich und spezifisch
für den betreffenden Betrieb
oder die Einrichtung. Eine Reihe
von Beispielen sind zusätzlicher
Personaleinsatz in Altenheimen
insbesondere aus Gründen der
Sicherheit, Notfahrpläne für den
öffentlichen Transport,
Schließung von Geschäften,
Sicherung von
Geschäften/Betrieben
organisieren, alternative
Dienstpläne/Tätigkeiten
ausführen usw.
Bei einem Stromausfall sind
insbesondere die öffentlichen
Instanzen wichtig. Diese
Instanzen treffen bestimme
organisatorische Maßnahmen,
um die allgemeinen
gesellschaftlichen Folgen des
Stromausfalls zu beschränken,
oder falls möglich, zu
vermeiden.
Aus der Analyse der sechs
Stromausfälle ergab sich, dass
die Polizei in den
verschiedensten Bereichen am
aktivsten beteiligt ist, wie die
Beantwortung von Bürgerfragen,
Regelung des Verkehrs an
Kreuzungen und
Bahnübergängen, Reaktionen
auf Alarmmeldungen,
Aufrechterhaltung der
öffentlichen Ordnung durch
zusätzliche Überwachung.
Die Feuerwehr ist mehr im
technischen Bereich tätig, wie
Menschen aus festsitzenden
Aufzügen zu befreien und
Notstromaggregate
einzurichten.
Die Gemeinde spielte bei diesen
Stromausfällen nur eine
untergeordnete Rolle. Nur
wenige Menschen riefen die
•
•
•
100
Gemeinde an, um Informationen
zu erhalten.
Die Rettungsdienstzentralen
wurden bei Stromausfällen nicht
mehr als sonst um Hilfe
gebeten.
Für die organisatorischen
Maßnahmen, die die einzelnen
Instanzen treffen, sind
besonders die Koordination und
gegenseitige Kommunikation
wichtig. Die Analyse der sechs
Stromausfälle ergab, dass
dieser Aspekt pro Ausfall ganz
unterschiedlich ausfiel.
Allgemein fand bei
Stromausfällen von kurzer
Dauer wenig Zusammenarbeit
zwischen den einzelnen
öffentlichen Instanzen,
einschließlich des
Energieversorgers, statt, obwohl
nur der Energieversorger
relevante Informationen über die
erwartete Dauer des
Stromausfalls liefern kann.
Manchmal arbeiteten die
verschiedenen Instanzen einer
Gemeinde zusammen, aber
nicht oder kaum zwischen den
Gemeinden. In keinem einzigen
Fall wurde das Nationale
Notrufnetz genutzt.
Die Kommunikation und
Information von Betrieben und
Bevölkerung ist während eines
Stromausfalls ein wichtiger
Aspekt. Menschen rufen vor
allem Familie und Freunde an,
außerdem holen sie
Informationen bei dem
Energieversorger und der
Polizei ein. Dadurch kann das
Telefonnetz zusammenbrechen,
wie es bei einer Reihe der
untersuchten Stromausfälle
eintrat. Die Information der
Öffentlichkeit wurde bei den
untersuchten Stromausfällen
spontan geregelt. In zwei Fällen
wurden Lautsprecherwagen
eintritt, wenn sie dann die Folgen des
Ausfalls mindern können sollen. Die zu
treffenden Maßnahmen, die die Folgen
des Stromausfalls in diesen drei
verschiedenen Zeitphasen mildern
können, werden nachfolgend
beschrieben.
eingesetzt. Da Radio und
Fernseher in der Regel am
Stromnetz angeschlossen sind,
erhalten nicht alle Menschen die
Informationen. Im Achterhoek
empfingen 56% aller Haushalte
keinerlei Information, in Arnheim
sogar 90%.
In den ersten zwei Stunden nach dem
Stromausfall (die erste Phase) müssen
vor allem technische Maßnahmen
getroffen werden, um die Folgen zu
mindern. Es kann jedoch niemals
direkt organisatorisch auf einen
unvorhersehbaren Stromausfall
reagiert werden. Die vorliegenden
technischen Maßnahmen sind vor
allem:
•
USVs und/oder Akkus/Batterien
und/oder Aggregate für
Verkehrsampeln,
Telefoninstallationen, Brücken,
Alarmsysteme, Computer,
Kassensysteme, Mess- und
Regelgeräte, Züge und Bahnen,
medizinische Geräte zuhause
usw.
•
Möglichkeiten zur
Handbedienung von Aufzügen,
Brücken, elektrischen Türen,
Benzinpumpen usw.
•
Notstromaggregate bei u.a.
Polizei und Altenheimen
•
Abbruchsicherer Entwurf von
Produktionsprozessen, so dass
diese sicher abgebrochen
werden können
Allgemein kann man schlussfolgern,
dass das gesellschaftliche
Auffangvermögen im Falle eines
Stromausfalls nicht sehr groß ist. Die
technischen Vorsorgemaßnahmen sind
nur unvollständig, die organisatorische
Vorbereitung ist ungenügend, und es
ist nicht ausreichend geregelt, wie die
verwaltungstechnische Koordination
verlaufen sollte. Die Tatsache, dass
das gesellschaftliche Auffangvermögen
nicht groß ist, liegt auch am
mangelnden Risikobewusstsein bei
Bevölkerung, Betrieben, Einrichtungen
und öffentlichen Instanzen in Bezug
auf einen Stromausfall. Man kennt die
Folgen nicht und empfindet eine solche
Situation nicht als bedrohlich.
ERWEITERUNG DES
G E S E L LS C H A F T L IC H E N A U F F A N GVERMÖGENS
Die Erweiterung des gesellschaftlichen
Auffangvermögens ist sicher möglich,
in einigen Fällen sogar
wünschenswert. Es sind viele
technische und organisatorische
Maßnahmen denkbar, die nicht viel
Geld kosten. Aus der Analyse der
Folgen ergab sich, dass sich bei einem
Stromausfall drei Zeitphasen
unterscheiden lassen, die jeweils
unterschiedliche Maßnahmen
verlangen, um die gesellschaftlichen
Funktionen so weit wie möglich
aufrecht zu erhalten. Viele dieser
Maßnahmen müssen jedoch schon
angelegt (technische Maßnahmen)
oder vorbereitet sein (organisatorische
Maßnahmen), bevor ein Stromausfall
In dieser ersten Phase sind jedoch
auch organisatorische Maßnahmen
wichtig. Große Gebäude und
Kaufhäuser müssen evakuiert werden,
wofür ein Evakuierungsplan vorliegen
muss. In dieser ersten Phase sollte so
bald wie möglich die geschätzte Dauer
des Stromausfalls bekannt gemacht
werden, um die Maßnahmen
vorzubereiten, die in den
nachfolgenden Phasen notwendig
werden.
101
•
Im Zeitraum von 2 bis 8 Stunden nach
dem Stromausfall (zweite Phase) kann
eine Mischung aus organisatorischen
und technischen Maßnahmen die
Folgen eines Stromausfalls
vermindern. In dieser Phase
„erschöpfen“ sich sicher einige der
Notstromaggregate. Wichtig ist dann
vor allem, dass die öffentlichen
Instanzen wissen, welche Folgen in
ihrem Einsatzgebiet eintreten können,
wie darauf zu reagieren ist und welche
Prioritäten gesetzt werden müssen. In
dieser Phase sind u.a. folgende
Maßnahmen zu treffen:
•
Übergang auf einen alternativen
Dienstplan in Betrieben,
Einrichtungen und öffentlichen
Instanzen
•
Einsatz zusätzlichen Personals
insbesondere bei öffentlichen
Instanzen und Einrichtungen
•
Installation von
Notstromaggregaten bei
wichtigen Einrichtungen wie
Alten-/Pflegeheime, Einrichtung
von Telefonverbindungen, wenn
diese nicht vorliegen oder
arbeiten
•
•
•
8.5
Einrichtung von Auffangräumen
für Menschen, z.B. bei
Heizungsausfall
Koordination des
Brennstofftransportes zu den
Notstromaggregaten und für
Transportzwecke
Koordination der Evakuierung
von Menschen aus Alten- und
Pflegeheimen, Krankenhäusern
und von daheim Wohnenden
nach außerhalb des
Stromausfallgebietes
Koordination und Verteilung u.a.
von Grundbedarfsmitteln.
Ist die Verletzlichkeit ein
Paradox?
Durch die technische Entwicklung hat
die Verlässlichkeit der
Energieversorgung zugenommen. Die
Energieversorgung kann jedoch nicht
100% zuverlässig arbeiten. Es besteht
zu jeder Zeit die Wahrscheinlichkeit,
dass ein lang andauernder,
großräumiger Stromausfall eintreten
kann. Die Folgen eines dennoch
eintretenden Stromausfalls sind
umfangreich. Dies wird als
Verletzlichkeitsparadox beschrieben:
„In dem Maße, in dem ein Land in
seinen Versorgungsleistungen weniger
störanfällig ist, wirkt sich jede Störung
von Produktion, Vertrieb und Konsum
der Versorgungsleistungen um so
stärker aus.“ Dieses Paradox wird
noch durch die zunehmende
Durchdringung der Gesellschaft mit
elektrischen Geräten, Mess- und
Regelungsapparaturen sowie der
zunehmenden Abhängigkeit von Strom
bei den andern infrastrukturellen
Systemen verstärkt.
Nach 8 Stunden kann ein Stromausfall
zu einer katastrophenähnlichen
Situationen werden, insbesondere,
wenn das Stromausfallgebiet groß ist
und es Anzeichen dafür gibt, dass der
Stromausfall noch länger als 24
Stunden dauern könnte. Zur
Erweiterung des gesellschaftlichen
Auffangvermögens sind dann vor allem
organisatorische Maßnahmen
notwendig, die jedoch schon
vorbereitet und in einem Plan
beschrieben sein müssen, bevor ein
Stromausfall eintritt. In dieser Phase ist
die Einrichtung eines
Koordinationsteams wichtig. Folgende
Maßnahmen können durchgeführt
werden:
•
Einrichtung von
Informationsstellen für die
Bevölkerung, Betriebe usw.
Aus der Analyse der sechs in den
Niederlanden eingetretenen
Stromausfälle ergibt sich, dass die
Gesellschaft in hohem Maße gestört
wird. Dauert ein Stromausfall länger
102
•
als 8 Stunden, kann von einer
katastrophenähnlichen Situation
gesprochen werden. Die Gesellschaft
ist also durch einen Stromausfall
verletzbar.
Das gesellschaftliche
Auffangvermögen, das Maß, in dem
eine Gesellschaft in der Lage ist, die
Folgen eines Stromausfalls
aufzufangen, ist nicht sehr groß. Die
Menschen sind ungenügend
vorbereitet, die technischen
Maßnahmen reichen nicht aus, und im
organisatorischen Bereich wird
spontan auf einen Stromausfall
reagiert.
•
Darüber hinaus haben wir festgestellt,
dass:
•
das System für die
Stromversorgung aus einer
ganzen Reihe von Teilen
besteht wie die
Brennstoffversorgung, die
Produktion und das Transportund Verteilersystem. Es kann
vorausgesetzt werden, dass
diese im internationalen
Vergleich hervorragend
funktionieren, aber jedes Teil für
sich oder in Kombination zu
Störungen in der
Stromversorgung Anlass geben
kann;
•
das Transport- und
Verteilersystem in der
Energieversorgung
umfangreich,
(Gesamtleitungslänge ca.
100.000 km), komplex und
relativ anfällig ist. Dieses
Transport- und Verteilersystem
besteht aus
Hochspannungsnetzen (380 bis
50 kV), Mittelspannungsnetzen
(50 bis 3 kV) mit
Transportfunktion sowie
Niederspannungsnetzen mit
Verteilerfunktion (0,4 kV)
•
insbesondere das Transportund Verteilersystem bei der
Stromversorgung störanfällig ist.
Statistisch gesehen tritt bei
Es gibt jedoch ausreichende
technische und organisatorische
Maßnahmen, die das gesellschaftliche
Auffangvermögen deutlich erhöhen
können. Das Verletzlichkeitsparadox
kann durch Erweiterung des
gesellschaftlichen Auffangvermögens,
sicher durchbrochen werden.
8.6
die Stromversorgung für andere
infrastrukturelle Systeme wie die
Gas- und
Trinkwasserversorgung,
Abwasserentsorgung,
Telekommunikation und den
Transport von zunehmender
Bedeutung geworden ist;
die potentiellen Folgen eines
Stromausfalls in den
vergangenen Jahren deutlich
zugenommen haben, während
mit einem solchen Stromausfall
kaum gerechnet wird.
Empfehlungen zur
Erweiterung des
gesellschaftlichen
Auffangvermögens bei
Störung der Stromversorgung
Wir haben festgestellt, dass:
•
die Stromversorgung Produkte
und Dienstleistungen liefert, die
für die Funktionen der
Gesellschaft von grundlegender
Bedeutung sind;
•
die Durchdringung von
elektrischen Geräten in allen
Facetten unserer Gesellschaft
stark zugenommen hat;
•
die Sicherheit einer
zuverlässigen Stromversorgung
in den vergangenen Jahren
zugenommen hat und damit
auch das Vertrauen in eine
zuverlässige Versorgung;
103
•
•
•
einem NiederspannungsVerbraucher durch eine solche
Störung einmal alle fünf Jahre
eine Unterbrechung (Ausfall) der
Stromversorgung ein. 1992 war
landesweit einer von fünf
Niederspannungsverbrauchern
von einem Stromausfall von ca.
80 Minuten betroffen.
mehrstündige Störungen der
Stromversorgung in einem
umfangreichen
Versorgungsgebiet auch
eintreten können (diese Studie
analysiert sechs entsprechende
Fälle);
Stromausfälle gesellschaftliche
Folgen haben, die in Art,
Schwere und Umfang stark
voneinander abweichen. Diese
Folgen hängen vor allem von
der Dauer des Stromausfalls,
der Jahreszeit, den Eigenheiten
(städtisch, industriell, ländlich)
und dem Umfang des
Stromausfallgebietes ab. Die
gesellschaftlichen Folgen
umfassen auch die Folgen für
infrastrukturelle Systeme sowie
wirtschaftliche Folgen
(Schäden).
Störungen zu ernsten Folgen
führen können, da
• direkt nach einem Stromausfall
ernsthafte Folgen auftreten
können (Verkehrsunglücke,
Emissionen bei industriellen
Prozessen, Menschen stecken
in Aufzügen und U-Bahnen fest,
usw.). Diese direkten Folgen
nehmen nach einer gewissen
Zeit wieder ab.
• Nach ungefähr zwei Stunden
machen sich weitere Folgen
immer bemerkbarer, vor allem
durch nicht mehr
funktionierende Geräte aller Art
(keine Heizung, kein Wasser in
mehrstöckigen Gebäuden, kein
Kunstlicht, kein TV oder Radio,
kein Verkauf von Gütern und
Dienstleistungen, da Kassen
und Computer nicht mehr
funktionieren, Stilliegen
betrieblicher Tätigkeiten usw.)
Diese Folgen nehmen linear mit
der Dauer des Stromausfalls zu.
• nach ungefähr 8 Stunden
nehmen die Folgen exponentiell
zu (Hühner und Schweine in der
Intensivtierhaltung sterben,
Hilfeleistung für Hilfsbedürftige
sinkt auf ein nicht mehr
akzeptables Niveau, Material in
Leitungen setzt sich fest, die
Mahlzeitenversorgung in
Altenheimen ist gestört, usw.) In
dem Maße, in dem der
Stromausfall andauert, werden
diese Effekte deutlicher
(Erliegen des öffentlichen
Transportes, da nicht mehr
getankt werden kann,
Notstromaggregate arbeiten
nicht gut oder nicht mehr,
Tunnel laufen mit Wasser voll,
Kühe müssen trockengelegt
werden, usw.)
Empfehlungen
1
Erweiterung des
Risikobewusstseins
Es wurde festgestellt, dass einerseits
die Sicherheit der Energielieferung
zugenommen hat. Dies hat zu einem
zunehmenden Vertrauen in die
Lieferung von Elektrizität geführt.
Andererseits sind mehr elektrische
Geräte denn je vorhanden, und andere
infrastrukturelle Systeme hängen
zunehmend von Energie ab. Dadurch
haben sich die potentiellen Folgen
eines Ausfalls der Stromversorgung
deutlich vergrößert. Da sich diese
Entwicklungen gleichzeitig vollzogen
haben, aber die Wahrscheinlichkeit der
Unterbrechung der Stromversorgung
abgenommen hat, hat die Entwicklung
des Risikobewusstseins mit der
104
Entwicklung des Bewusstseins der
möglichen Folgen eines Stromausfalls
nicht mitgehalten.
Behebung einer Störsituation ist zur
Zeit selbstverständlich und wird sowohl
von den Stromerzeugern als auch den
Vertriebsorganisationen gut gelöst. Es
gibt jedoch eine Reihe von
Entwicklungen, die diese
Selbstverständlichkeit negativ
beeinflussen können. Dazu zählen
mehr marktgerichtete (auf einen
niedrigeren Preis zielende) Ansätze
der Versorgungsunternehmen im
Zusammenhang mit der Entwicklung
einer Konkurrenzsituation zwischen
den Versorgungsunternehmen. Auch
die Entwicklung in Richtung eines
europäisch geprägten Strommarktes
ist in diesem Zusammenhang wichtig,
da er mit einem freieren
(grenzüberschreitenden)
Stromtransport einschließlich einer
möglicherweise niedrigeren Qualität in
Bezug auf die Kontinuität der Lieferung
einhergeht. Das Tempo der Behebung
des Stromausfalls muss daher in den
regulären Überlegungen zwischen den
Behörden und dem Versorgungssektor
eine wichtigere Rolle einnehmen.
Um das gesellschaftliche
Auffangvermögen – das Maß, in dem
die Gesellschaft in der Lage ist, die
Folgen eines Stromausfalls
aufzufangen – zu erweitern, ist es
wichtig, das Risikobewusstsein zu
schärfen. Betriebe, Bevölkerung,
Einrichtungen und öffentliche
Instanzen müssen sich mehr als bisher
die Ausmaße des Risikos
verdeutlichen, das mit einem
eventuellen Stromausfall für ihr
eigenes Funktionieren verbunden ist.
Es hat sich herausgestellt, dass alle
beteiligte Gruppen durchweg einen
Stromausfall nicht als ernsthaftes
Risiko bewerten, während ein
Stromausfall direkt ernsthafte Folgen
haben und im Zeitraum zwischen 8 bis
24 Stunden zu einer
katastrophenähnlichen Situation
auswachsen kann. Verwaltung und
Stromversorger spielen eine wichtige
Rolle beim Aufbau eines adäquaten
Risikobewusstseins bei den
verschiedenen gesellschaftlichen
Gruppen. Risikobewusstsein ist die
Voraussetzung für die Entwicklung von
Maßnahmen, die sich auf die
Erweiterung des gesellschaftlichen
Auffangvermögens richten.
2
3
Erweiterung des
gesellschaftlichen
Auffangvermögens bei
Betrieben und Einrichtungen
Die Erweiterung des gesellschaftlichen
Auffangvermögens geschieht durch
eine Reihe von organisatorischen und
technischen Maßnahmen, die die
einzelnen Betriebe und Einrichtungen
durchführen müssen. Angesichts der
beiden ersten Empfehlungen liegt es
auf der Hand, dass die Betriebe und
Einrichtungen mehr als in der
Vergangenheit die Folgen eines
Stromausfalls bedenken müssen.
Zunächst müssen sich Betriebe und
Einrichtungen darauf einrichten, dass
das eigene Funktionieren bei einem
Stromausfall auf dem höchstmöglichen
Niveau weitergeführt werden kann. So
Gewährleistung eines
dauerhaften Bemühens für die
schnelle Behebung von
Stromausfällen
Die Dauer eines Stromausfalls
bestimmt, ob dieser zu einer
katastrophenähnlichen Situation führen
kann oder nicht. Daher hat die
Behebung eines Stromausfalls die
höchste Priorität bei den
Energieversorgern. Die Durchführung
einer sehr zuverlässigen
Energieversorgung und die schnelle
105
für eine adäquate Reaktion ist jedoch
eine gute Übersicht über die
geschätzte Dauer und den Umfang des
Stromausfalls. Bei einem Stromausfall,
der keine acht Stunden dauert,
müssen die verschiedenen Instanzen
(Polizei, Feuerwehr,
Gemeindeinstanzen und
Versorgungsunternehmen) gründlich
vorbereitet sein, ihr Aufgabengebiet
kennen und wissen, welche Prioritäten
zu setzen sind. Wie schon gesagt,
kann ein Stromausfall bei einer Dauer
von acht oder mehr Stunden zu einer
katastrophenähnlichen Situation
führen, insbesondere, wenn der
Stromausfall ein größeres Gebiet
umfasst. In solch einer Situation ist die
verwaltungstechnische Koordination
von großer Bedeutung, u.a. für die
Evakuierung von Menschen, für die
Organisation der Brennstoffversorgung
und der Verteilung von Lebensmitteln.
Es ist empfehlenswert, auf Gemeindeund regionaler Ebene einen
Handlungsplan für den Fall eines
Stromausfalls zu erstellen, in dem
Aufgaben, Verantwortungsbereiche
und Koordination beschrieben sind.
Für den Fall, dass sich herausstellt,
dass die Dauer und der Umfang des
Stromausfalls größer sind, muss in
diesem Plan von einer entsprechenden
Erweiterung der
verwaltungstechnischen Koordination
ausgegangen werden.
können Betriebe für
Betriebsnotfallpläne sorgen oder ihre
Produktionsprozesse abbruchsicher
gestalten. Einrichtungen können
möglicherweise in Zusammenarbeit mit
der Feuerwehr und/oder Polizei einen
Handlungsplan erstellen.
Landwirtschaftliche Verbände können
in der Landwirtschaft oder der
Dienstleistung ihre Mitglieder über die
potentiellen Folgen eines
Stromausfalls sowie Möglichkeiten zu
treffender Maßnahmen informieren.
Sie können auch weiter gehen und
spezifische Ratschläge erteilen sowie
die Durchführung dieser Maßnahmen
fördern.
Die Studie unterstreicht die Bedeutung
der Tatsache, dass
Produktionsprozesse abbruchsicher
gestoppt werden können und, falls
notwendig, Notstromversorgungen
installiert werden. Dies schlägt sich in
den Genehmigungen nieder
(einschließlich des Nachweises einer
solchen Notstromeinrichtung), die
durch die Gemeinde oder Provinz
erteilt werden.
Versorgungseinrichtungen
(Krankenhäuser, Alten- und
Pflegeheime sowie die häusliche
Pflege), von denen hilfsbedürftige
Menschen abhängig sind, wird
empfohlen, sich technisch und
organisatorisch auf einen Stromausfall
vorzubereiten.
5.
4
Verbesserung der
verwaltungstechnischen
Koordination
Gewährleistung der
Kommunikationsmöglichkeiten
Bei Katastrophenplänen scheint
oftmals vorausgesetzt zu werden, dass
die Energieversorgung auch weiterhin
funktioniert. „Fenster und Türen
geschlossen halten, in den Räumen
bleiben und/oder Radio anstellen“. Bei
einem (gleichzeitigen) Stromausfall ist
dies ein wenig sinnvoller Ratschlag
und führt u.a. zu weiteren Störungen
Auch auf der Verwaltungsebene wird
ein Stromausfall nicht als eine
(potentiell) bedrohliche Situation
angesehen. Bei einem Stromausfall
zeigte sich daher, dass die
verschiedenen Instanzen oftmals
spontan und wenig koordiniert
reagierten. Von essentieller Bedeutung
106
der (Tele-) Kommunikation. Dabei ist
die Störung der (Tele-)Kommunikation
nicht die Folge einer Störung der
Infrastruktur, sondern wird durch eine
Störung der an sie angeschlossenen
Geräte verursacht (Radio, TV,
Telefone, Fax) sowie durch
Überlastung des Telefonnetzes.
Letzteres ist kein besonderes
Kennzeichen für einen Stromausfall,
sondern tritt auch bei anderen
größeren Störungen und Katastrophen
auf. Die Störung der (Tele-)
Kommunikation kann u.a. die
Behebung des Stromausfalls und die
gegenseitige Kommunikation der
verschiedenen Hilfsdienste
untereinander auf nachteilige Weise
beeinflussen.
Problems müssen neue Wege gesucht
werden. Hierbei hat der Staat eine
wichtige und koordinierende Rolle.
7
Die Schlussfolgerungen aus dieser
Studie legen nahe, dass die
Verletzlichkeit anderer infrastruktureller
Systeme ebenfalls untersucht werden
sollte. Die Störung der Gasversorgung
sollte ebenfalls anhand von Fallstudien
analysiert werden.
Aus dieser Perspektive ist die Nutzung
des Nationalen Notrufnetzes durch die
öffentlichen Instanzen und
Versorgungsunternehmen zu
empfehlen, so dass die dringliche
Kommunikation ungestört abgewickelt
werden kann. Es ist zu empfehlen,
dass die betroffenen Einrichtungen, die
noch nicht an dieses Netz
angeschlossen sind, sich anschließen
und über den adäquaten Gebrauch
informieren lassen. Auch für die
Einberufung zusätzlichen Personals
muss bei einer gestörten
Telekommunikation eine Lösung
vorhanden sein. Letzteres gilt
gleichermaßen auch für Hilfe leistende
Einrichtungen.
6
Weitere Studien
Information der Öffentlichkeit
Bei einem Stromausfall ist die
notwendige Information der
Bevölkerung durch Radio (mit
Ausnahme von Batteriebetrieb) und TV
durch den möglichen Ausfall von
Kabelsignalen und Sendemasten nicht
möglich. Die Katastropheninformation
scheint dies nicht ausreichend zu
berücksichtigen. Für die Lösung dieses
107
Literaturhinweise
(V.d.Ü.: Bitte im Original nachlesen. Es
konnte nicht recherchiert werden, ob
einige der aufgeführten Titel ins
Deutsche übersetzt vorliegen oder
nicht)
108

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