Marktcheck „Ticketautomaten“ - Verbraucherzentrale Sachsen

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Marktcheck „Ticketautomaten“ - Verbraucherzentrale Sachsen
Marktcheck „Ticketautomaten“
Wie einfach kommt man zum ÖPNV-Ticket?
Januar 2011
Kontakt:
Verbraucherzentrale Sachsen e.V.
Klimaprojekt
Brühl 34-38
04109 Leipzig
Tel.:
0341-6962987
E-Mail: [email protected]
Marktcheck „Ticketautomaten“
1. Einleitung
Mehr als die Hälfte der Tickets sowohl im Nahverkehr als auch im Stadtverkehr werden am
Automaten gekauft. (vgl. VCD-Bahntest 2010, S. 15) Durch den Fahrscheinverkauf an
Ticketautomaten erwirtschaften die Verkehrsbetriebe nicht nur ihre höchsten Umsätze. Die
Automaten stellen in den meisten Fällen auch den ersten Schritt/ die erste Barriere für die
Verbraucher zur Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs dar. (vgl. Verbrauchermonitoring
vzbv/ prognos 2010, S. 58)
In Sachsen gibt es fünf Zweckverbände, die als Besteller des öffentlichen
Personennahverkehrs fungieren. Die lokale Personenbeförderung liegt in den Händen der
jeweiligen städtischen Betreiber der Strecken, die Verbundtarife und Ticketmarketing
teilweise in die Verantwortung von fünf Verkehrsverbünden gegeben haben. Diese
kleinteilige Gliederung führt dazu, dass bei Reisen oftmals Grenzen von Verkehrsbetrieben
und Verbundgrenzen mit teilweise sehr unterschiedlichen Tarifsystemen überschritten
werden müssen. Dazu kommt, dass die Verkehrsverbünde ihre je eigene Infrastruktur
aufbauen und unterhalten. So finden sich nicht nur unterschiedliche Tarifsysteme und
Fahrzeuge in verschiedenen Farben, sondern auch im jeweiligen Stadt- und Verbundgebiet
jeweils eigene Automatentypen zum Fahrkartenkauf. Vor diesem Hintergrund hat die
Verbraucherzentrale Sachsen mit dem vorliegenden Marktcheck „Ticketautomaten“ die
Bedienerfreundlichkeit der Geräte bei unterschiedlichen Anforderungen – sogenannte
Ticketkauf-Szenarien – stichprobenartig überprüft.
2. Testdesign & Durchführung
Aufgrund der starken Differenzierung des sächsischen Öffentlichen Personennahverkehrs
(ÖPNV) wurden exemplarisch unterschiedliche Ticketautomaten von drei
Verkehrsverbünden und drei städtischen Verkehrsunternehmen sowie die Ticketautomaten
der Deutschen Bahn im Rahmen eines qualitativen Marktchecks im Zeitraum von November
bis Dezember 2010 überprüft. Der Marktcheck zeigt Tendenzen auf und erhebt keinen
Anspruch auf Repräsentativität.
2.1. Was wurde überprüft?
Ziel des Markchecks war die Prüfung der Automaten auf ihre Benutzerfreundlichkeit. Im
Mittelpunkt stand die Frage: Wie einfach ist es, das richtige Ticket zu kaufen? Bei der
Überprüfung wurden daher insbesondere Parameter wie Benutzerführung, benötigte Anzahl
der Schritte/ Klicks, Sichtbarkeit, Lesbarkeit, Reaktionszeiten, Eingabe- und
Auswahlmöglichkeiten, Zahlungsoptionen sowie die Deklaration der Tarifstruktur (z.B.
Hinweise auf Vergünstigungen, Informationen zu Fahrradmitnahmebestimmungen)
betrachtet. Außerdem wurden die am bzw. in der Nähe der Automaten angebrachten
Informationstafeln auf ihre Übersichtlichkeit und Deutlichkeit geprüft.
2.2. Wie wurde überprüft?
Im Rahmen der qualitativen Studie wurden vier Automatentypen begutachtet. Die
nachstehende Übersicht zeigt die einzelnen Automaten:
Chemnitz
Dresden
Leipzig
Stationärer
Automat
(Stadtverkehr)
CVAG
DVB
LVB
Mobiler Automat
(Stadtverkehr)
VerbundAutomat
DB-Automat
CVAG
DVB
LVB
VMS
VVO
MDV
DB
DB
DB
Betrachtet wurden die Automaten der Verkehrsverbünde Mitteldeutscher Verkehrsverbund
(MDV), Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) sowie des Verkehrsverbundes Mittelsachsen
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Marktcheck „Ticketautomaten“
(VMS). Darüber hinaus waren die Ticketautomaten der Stadtverkehre in Chemnitz (CVAG),
Dresden (DVB) und Leipzig (LVB) im Fokus. Dort wurden sowohl die stationären, zumeist an
den Haltestellen befindlichen Automaten überprüft als auch die in den Fahrzeugen
installierten mobilen Automaten. Die geprüften DB-Automaten waren alle mit der im Oktober
2010 aktualisierten Bedieneroberfläche ausgestattet.
Um eine Vergleichbarkeit zu schaffen, wurden verschiedene Ticketkauf-Szenarien
ausgearbeitet. Dabei wurde darauf geachtet, einen möglichst großen Bezug zum Alltag
herzustellen.
Für Stadtverkehr und für verbundinterne Destinationen:
Szenario 1: Kauf eines Einzeltickets für Stadtverkehr/ verkehrsverbundsintern.
Szenario 2: Kauf eines Einzeltickets für Stadtverkehr/ verkehrsverbundsintern und
Fahrradmitnahme.
Szenario 3: Familienausflug (Hin- und Rückfahrten) im Stadtverkehr/
verkehrsverbundsintern. Kauf von Fahrkarten für 2 Erwachsene (einer
davon > 60) sowie zwei Kinder (Kind 1 = 6 Jahre, Kind 2 = 14 Jahre).
Für Fahrten mit Destinationen außerhalb der jeweiligen Verbundgrenzen:
Szenario 4: Kauf eines Einzeltickets für eine verbundübergreifende Fahrt.
Szenario 5: Kauf eines Einzeltickets für eine verbundübergreifende Fahrt und
Fahrradmitnahme.
Szenario 6: Familienausflug (Hin- und Rückfahrten) für eine verbundübergreifende
Fahrt. Kauf von Fahrkarten für 2 Erwachsene (einer davon > 60) sowie
zwei Kinder (Kind 1 = 6 Jahre, Kind 2 = 14 Jahre).
Szenario 1
Szenario 2
Szenario 3
Szenario 4
Szenario 5
Szenario 6
Stationärer
Automat
(Stadtverkehr)
Mobiler Automat
(Stadtverkehr)
VerbundAutomat
DB-Automat
x
x
x
-
x
x
x
-
x
x
x
x
x
x
x
x
x
Da der Kauf von verbundübergreifenden Fahrscheinen an den mobilen und stationären
Automaten des Stadtverkehrs nicht möglich ist, konnten die Szenarien 4 bis 6 dort nicht
getestet werden. Genauso wenig sind an den Automaten der Deutschen Bahn Fahrscheine
für den Stadtverkehr zu erhalten. Dort konnten folglich die Szenarien 1 bis 3 nicht getestet
werden.
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Marktcheck „Ticketautomaten“
3. Ergebnisse
In den untersuchten Gebieten existieren eine Reihe unterschiedlicher Automaten, deren
Bedienung zum Teil stark voneinander abweicht. Es gibt Automaten mit Touchscreen,
Bezahlfunktion per EC- bzw. Geld-Karte (DB-Automat), Automaten mit Tastenfeldern und
Nummerncodes, die nur mit Bargeld bedient werden können sowie mobile Automaten, deren
Ticketangebot deutlich reduziert ist.
An allen Automaten wurden von den Testpersonen die obenstehenden Szenarien
durchgespielt. Die Gesamtbewertung über die Bedienbarkeit ergab sich aus dem generellen
Umgang mit dem Automaten (z.B. Bedienfelder, Anzeigengröße, Reaktionszeiten sowie dem
Tarifinformationssystem). Des Weiteren wurden Parameter wie zum Beispiel die Anzahl der
notwendigen Klicks bis zum Erhalt des Tickets erfasst. Weiterhin stellte sich die Frage, ob
denn das gewünschte Ticket überhaupt zu erwerben war.
Die Bedienbarkeit der Automaten wurde anhand der Notenskala von 1 bis 6 bewertet:
Sehr gut (1), Gut (2), Akzeptabel (3), Umständlich (4), Schwierig (5), Unmöglich (6).
3.1. Bedienbarkeit Chemnitz
Szenario 6
Szenario 5
DB-Automat
Szenario 4
Verbund-Automat VMS
Szenario 3
Mobiler Automat CVAG
Szenario 2
Stationärer Automat CVAG
Szenario 1
0
1
2
3
4
5
6
Je niedriger der Wert, desto besser das Ergebnis
Abb. 1: Bedienbarkeit der Ticketautomaten in Chemnitz (Die Szenarien 4 bis 6 wurden nicht an mobilen und
stationären Automaten und die Szenarien 1 bis 3 nicht an DB-Automaten getestet)
In Chemnitz zeigt sich, dass die Automaten (stationär und mobil) des lokalen
Verkehrsunternehmens durchweg sehr gut zu bedienen sind. Umständlich ist hingegen die
Bedienung der Verbund-Automaten. Dort gestaltet sich besonders der Kauf von
Fahrradkarten als schwierig. Gänzlich unmöglich ist es, am Verbund-Automaten Fahrscheine
für Ziele außerhalb des Verbunds zu erhalten. Auch die Bedienung der DB-Automaten wird
in zwei von drei Test-Szenarien als umständlich beschrieben.
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Marktcheck „Ticketautomaten“
3.2. Bedienbarkeit Dresden
Szenario 6
Szenario 5
Szenario 4
DB-Automat
Verbund-Automat VVO
Szenario 3
Mobiler Automat DVB
Stationärer Automat DVB
Szenario 2
Szenario 1
0
1
2
3
4
5
6
Je niedriger der Wert, desto besser das Ergebnis
Abb. 2: Bedienbarkeit der Ticketautomaten in Dresden (Die Szenarien 4 bis 6 wurden nicht an mobilen und
stationären Automaten und die Szenarien 1 bis 3 nicht an DB-Automaten getestet)
In Dresden zeigt sich, dass die Bedienbarkeit von mobilen Automaten im Vergleich zu
anderen Dresdener Automatentypen am einfachsten ist, allerdings nicht mit den in Chemnitz
erzielten Bestnoten. Die Bedienbarkeit von mobilen wie stationären Automaten gestaltet sich
als gut. Die Nutzerfreundlichkeit der Verbund-Automaten wird als akzeptabel eingestuft.
Umständlich wird es, wenn am Verbundautomaten ein Ziel außerhalb des Verbunds gewählt
wird und dorthin ein Fahrrad mitgenommen werden soll.
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Marktcheck „Ticketautomaten“
3.3. Bedienbarkeit Leipzig
Szenario 6
Szenario 5
DB-Automat
Szenario 4
Verbund-Automat MDV
Mobiler Automat LVB
Szenario 3
Stationärer Automat LVB
Szenario 2
Szenario 1
0
1
2
3
4
5
6
Je niedriger der Wert, desto besser das Ergebnis
Abb. 3: Bedienbarkeit der Ticketautomaten in Leipzig (Die Szenarien 4 bis 6 wurden nicht an mobilen und
stationären Automaten und die Szenarien 1 bis 3 nicht an DB-Automaten getestet)
In Leipzig bereiten insbesondere die stationären Automaten den Testern Schwierigkeiten.
Der Kauf von Einzelfahrkarten wie auch von Mehrfachfahrkarten gestaltet sich als weniger
nutzerfreundlich. Die Ergebnisse reichen hier von akzeptabel bis umständlich. Besonders
deutlich wird dies im Rahmen der Betrachtung der Anzahl der notwendigen Klicks, welche
bis zum Erhalt des gewünschten Tickets notwendig sind. Im Vergleich zu Automaten anderer
getesteter Anbieter war das Klickvolumen höher. Darüber hinaus war das nicht ganz so gute
Abschneiden dem Umstand geschuldet, dass beispielsweise aus dem
Tarifinformationssystem nicht klar hervorging, ob ein und welches Ticket für die
Fahrradmitnahme nötig ist. Die mobilen Automaten schneiden hingegen im Mittel gut ab. Die
Bedienbarkeit der Verbundautomaten des MDV wird ebenfalls mit gut bewertet.
Insbesondere beim Kauf eines Einzeltickets für eine verbundübergreifende Fahrt und
Fahrradmitnahme zeigt der DB-Automat Schwächen.
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Marktcheck „Ticketautomaten“
3.4. Automatentypen
3.4.1. Automaten des Stadtverkehrs
Bei der Betrachtung der Ergebnisse für die Automaten des Stadtverkehrs wird rasch
sichtbar, dass insgesamt überwiegend gute bis sehr gute Resultate erzielt worden sind.
Besonders gute Noten wurden für die mobilen Automaten vergeben. Dies ist jedoch auch der
zum Teil deutlich eingeschränkten Anzahl an angebotenen Tickettypen geschuldet. Das
heißt zum Beispiel, es können an diesen Automaten keine Tickets über Verbundgrenzen
hinaus erworben werden. Die Ausreißer (Bewertungen akzeptabel bzw. umständlich) sind
auf fehlende oder die nicht eindeutigen Tarifbestimmung zur Mitnahme von Fahrrädern
zurückzuführen. Zudem ist nicht bei allen mobilen Automaten die Barzahlung mit
Geldscheinen möglich.
3.4.2. Verbund-Automaten
Die Prüfung der Bedienbarkeit der Verbund-Automaten zeigt ein heterogenes Ergebnis. Der
Erwerb des Einzelfahrscheins (Szenario 1) bereitet den Testern kaum Schwierigkeiten. Beim
Fahrscheinkauf für die Szenarien zwei und drei wurden mitunter Probleme deutlich.
Insbesondere der Kauf von Familientickets war an allen Verbund-Automaten nur akzeptabel
bis umständlich möglich. Beim Ticketkauf für eine Fahrradmitnahme zeigt sich ein sehr
uneinheitliches Bewertungsbild. Einerseits gibt es positive Benotungen, andererseits werden
jedoch auch deutliche Verbesserungspotentiale sichtbar. Die Schwierigkeiten beim Kauf
geeigneter Fahrscheine können auf die fehlende bzw. nicht eindeutige Deklaration der
Beförderungsbedingungen und -konditionen zurückgeführt werden. Während Tickets für
Ziele innerhalb des Stadt- bzw. Verbundgebietes relativ problemlos zu erhalten sind,
gestaltet sich die Bedienung der Automaten für Ziele außerhalb des Verbundbereichs
komplizierter. Vor allem mangelnde Informationen über die Tarifbestimmungen (z.B.
Tarifzonen, kostenpflichtige Fahrradmitnahme) erschweren den Fahrscheinerwerb.
3.4.3. DB-Automaten
Während sich der Kauf eines Einzeltickets (Szenario 4) als akzeptabel gestaltet, hatten die
Probanden Schwierigkeiten beim Erwerb der den Szenarien 5 und 6 entsprechenden
Tickets. So wurde nicht ausreichend darauf hingewiesen, ob beispielsweise ein Fahrschein
für die Mitnahme des Fahrrads erforderlich ist. Darüber hinaus wird beim Kauf der
Einzeltickets für das Szenario 6 nicht auf die Verfügbarkeit von Mehrpersonentickets,
exemplarisch das DB-Sachsenticket, aufmerksam gemacht.
Weiterhin wurde bemängelt, dass die Touchscreen-Bedienoberfläche in Abhängigkeit vom
Lichteinfallswinkel mitunter schlecht lesbar ist. Ein anderer Kritikpunkt ist die hohe
Verzögerungszeit zwischen dem „Umblättern“ der Seiten. Diese Lags betragen bis zu 5
Sekunden. Dies führt zu einer Verzögerung des Gesamtprozesses des Ticketkaufs und ist
der Software geschuldet. Zusätzlich gilt es auf den Sicherheitsaspekt bei der Zahlung mit ecKarte hinzuweisen. Während bei einigen Automaten das Eingabefeld für den PIN-Code tief in
das Gerät eingelassen ist, ist dies bei anderen Automaten (z.B. in Leipzig) nicht der Fall.
Hierdurch kann das Ausspionieren der Geheimnummer vereinfacht werden.
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Marktcheck „Ticketautomaten“
4. Zusammenfassung und Fazit
Der Marktcheck zeigt Tendenzen und Benutzerhemmnisse auf, bietet aber auch Chancen,
wie die Bedienung von Ticketautomaten noch verbraucherfreundlicher gestaltet werden
könnte.
In der Gesamtschau zeigen sich drei Resultate:
1. Am umständlichsten zu bedienen sind für die Verbraucher die Verbundautomaten,
welche das breiteste Angebotsspektrum bereit halten.
2. Je komplexer das gewünschte Ticket ist, desto umständlicher gestaltet sich die
Bedienbarkeit aller Automaten (v.a. bei Fahrradmitnahme).
3. Fahrscheine für Ziele außerhalb des eigenen Verbundnetzes sind an allen
getesteten Automaten am schwierigsten zu erhalten.
Verbund-Automat
DB
Szenario 6
Szenario 5
Stationärer Automat
Szenario 4
Szenario 3
Szenario 2
Mobiler Automat
Szenario 1
sehr gut
umständlich
Abb. 4: Bedienbarkeit der Ticketautomaten in Sachsen (Die Szenarien 4 bis 6 wurden nicht an mobilen und
stationären Automaten und die Szenarien 1 bis 3 nicht an DB-Automaten getestet). Die Werte in dieser
Darstellung wurden gemittelt, wie die eingeschobene Grafik oben rechts zeigt.
Solange es sich um den Kauf eines lokalen Einzeltickets handelt, schneiden alle getesteten
Automatentypen recht gut ab. Die Ergebnisse bewegen sich zwischen sehr gut und
akzeptabel. Alle Testkäufer waren im Stande, an den entsprechenden Automaten das
geforderte Ticket zu erwerben. An den Automaten der lokalen Verkehrsunternehmen lassen
sich allerdings keine Tickets über die Verbundgrenze hinaus (z. B. Oschatz-Riesa oder
Chemnitz-Tharandt) erwerben.
Beabsichtigt man hingegen eine Fahrradmitnahme, gestaltet sich der Ticketkauf häufig
komplizierter. Allzu oft wird nicht deutlich dargestellt, ob und welches Ticket für die
Fahrradmitnahme erforderlich ist. Auffällig ist dieses Problem insbesondere an den
Automaten der Verkehrsverbünde. Auch an den DB-Automaten zeigt sich diesbezüglich
Verbesserungsbedarf. Dasselbe Problem zeigt sich beim Kauf von Mehrfachfahrkarten. Der
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Marktcheck „Ticketautomaten“
Versuch, Tickets für mehrere Reisende unterschiedlicher Altersgruppen zu kaufen, erweist
sich als ebenso umständlich. Auch dort fehlen übersichtliche Informationen über die
Tarifbestimmungen. Die meisten Automaten weisen zudem nicht beim Kauf mehrerer
Fahrscheine für Hin- und Rückfahrt auf vergünstigte Gruppentickets hin.
Während Fahrscheine für Ziele innerhalb des Stadt- bzw. Verbundgebietes relativ
problemlos zu erhalten sind, gestaltet sich die Bedienung der Automaten für Ziele außerhalb
des Verbundbereichs äußerst kompliziert. Vor allem mangelnde Informationen über die
Tarifbestimmungen (z.B. Tarifzonen, kostenpflichtige Fahrradmitnahme) erschweren den
Fahrscheinerwerb. Das auffallend schlechte Ergebnis der Verbundautomaten im Hinblick auf
die Szenarien 4, 5 und 6 in Abbildung 4 ist auf den Umstand zurückzuführen, dass an nicht
allen Verbundautomaten Tickets für eine Destination außerhalb des Verbundbereiches
erwerbbar waren. Dies hatte demnach die Vergabe der Note 6 zur Folge und wirkt sich
negativ auf die Verbund-Automaten-Gesamtbetrachtung aus. Ein detaillierteres und
differenzierteres Bild liefert die beigestellte Abbildung (Verbund-Automaten Szenarien 4 - 6).
Probleme bereiten den Testern die vielen unterschiedlichen Automatentypen als auch die
Komplexität der verschiedenen Verbund- und Tarifsysteme. Diese Komplexität schlägt sich
letztlich auch in der Bedienbarkeit nieder.
Fazit
Um eine bessere Bedienbarkeit der Ticketautomaten des ÖPNV in Sachsen zu erreichen,
Reisenden den Fahrscheinerwerb zu erleichtern und Hürden zum Umstieg auf
umweltfreundliche Verkehrsmittel abzubauen, könnten folgende Ansätze dienen:
1. Verbraucher nicht immer neu herausfordern: So könnte in Erwägung gezogen
werden, die in Sachsen vorhandenen Ticketautomaten mit einer einheitlichen
Bedienoberfläche zu versehen. Ebenfalls könnten die Automaten in gleicher Form
und Farbe gestaltet werden, um bereits die Erkennbarkeit im Stadtbild zu
vereinfachen.
2. Übersichtliche Tarife: Die momentan ersichtlichen Aushänge sind teilweise sehr
kleinteilig und unübersichtlich, bergen viele Hürden und stiften Verwirrung beim
Verbraucher. Darüber hinaus sind die Tarifinformationen oftmals zu klein dargestellt.
Besonders ältere Verbraucher haben dadurch Nachteile und Sehbehinderte haben
geringere Chancen, die Automaten eigenständig zu bedienen. Die Definition
einzelner Begriffe (z. B. Kind) und Bedingungen (z. B. Fahrradmitnahme) weichen
von Verkehrsverbund zu Verkehrsverbund, insbesondere beim Überschreiten von
Verbundgrenzen, voneinander ab. Hier ist es für Verbraucher nicht einfach, den
Überblick zu behalten und ihr Wissen von einem Verbundgebiet auf ein anderes
Gebiet zu übertragen.
3. Fahrradmitnahme vereinfachen: Wünschenswert ist eine sachsenweite
Vereinheitlichung der Fahrradmitnahmeregelungen. Zudem könnte eine kostenlose
Mitnahme des Fahrrades – zumindest außerhalb der Stoßzeiten – einen wesentlichen
Beitrag zur Verbesserung der intermodalen Mobilität darstellen und dem
Selbstanspruch des Umweltverbundes gerecht werden.
4. Kundenfreundlichkeit verbessern: Automaten können keine Fragen
beantworten. Daher könnte ein kompetenter und höflicher Ansprechpartner für den
automatisierten Ticketkauf (z.B. über eine Gegensprechanlage am Automaten) für
Verbraucher eine wichtige Hilfe darstellen.
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Marktcheck „Ticketautomaten“
6. Anhang
6.1. Definition Bedienungsfreundlichkeit: Parameter
Die Gesamtbewertung über die Bedienungsfreundlichkeit ergab sich aus dem
wahrgenommenen generellen Umgang mit dem Automaten in Bezug auf Bedienfelder,
Anzeigengröße, benötigte Anzahl der Klicks/ Schritte, Sichtbarkeit, Lesbarkeit,
Reaktionszeiten, Zahlungsmöglichkeiten, Hinweise auf Vergünstigungen sowie dem
Tarifinformationssystem, z.B. Informationen zur Fahrradmitnahme.
Die Bewertung erfolgte mittels des nachstehenden Schulnotensystems:
1= sehr gut, 2 = gut, 3 = akzeptabel, 4 = umständlich, 5 = schwierig, 6 = unmöglich.
6.2. Gewählte Destinationen/Reiseziele
Stadtverkehr:
Chemnitz CVAG: Einzelfahrschein Tarifzone 13
Dresden DVB: Einzelfahrschein Tarifzone 10
Leipzig LVB: Einzelfahrschein Tarifzone 110
Verbundinterne Verbindung:
VMS: Chemnitz - Zwickau
VVO: Dresden – Hoyerswerda
MDV: Leipzig – Halle
Verbundübergreifende Verbindung:
VMS: Chemnitz - Döbeln
VVO: Dresden – Freiberg
MDV: Leipzig – Riesa
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Marktcheck „Ticketautomaten“
6.3. Übersicht Gesamtergebnis
Bedienbarkeit Chemnitz
Stationärer
Automat CVAG
Mobiler
Automat CVAG
VerbundAutomat VMS
DB-Automat
Szenario 1
1
1
2
-
Szenario 2
1
1
5
-
Szenario 3
1
1
3
-
Szenario 4
-
-
6*
1
Szenario 5
-
-
6*
4
Szenario 6
-
-
6*
4
* Die im Rahmen des Tests festgelegte verbundexterne Destination Döbeln ließ sich am Automat nicht
auswählen.
Bedienbarkeit Dresden
Stationärer
Automat DVB
Mobiler
Automat DVB
VerbundAutomat VVO
DB-Automat
Szenario 1
2
1
3
-
Szenario 2
2
3
3
-
Szenario 3
2
2
3
-
Szenario 4
-
-
3
1
Szenario 5
-
-
4
1
Szenario 6
-
-
3
4
Stationärer
Automat LVB
Mobiler
Automat LVB
VerbundAutomat MDV
DB-Automat
Szenario 1
3
1
1
-
Szenario 2
4
2
1
-
Szenario 3
4
3
4
-
Szenario 4
-
-
1
1
Szenario 5
-
-
2
4
Szenario 6
-
-
2
2
Bedienbarkeit Leipzig
Hinweis: Die Szenarien 4 bis 6 wurden nicht an mobilen und stationären Automaten und
Szenarien 1 bis 3 nicht an DB-Automaten getestet.
(Bearbeitungsstand: Januar 2011)
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