AZ Dank_Paten-Projekt_plappern_diese
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AZ von Janine Müller — az Aargauer Zeitung, 15.6.2016 um 10:06 Uhr Dank Paten-Projekt plappern diese beiden Jungs jetzt Schwiizerdüütsch Patenfamilien haben Leandro und Lucas (beide 6) bei der Sprachentwicklung geholfen – aber nicht nur. Aus der Turnhalle beim Schulhaus Dohlenzelg tönt lautes Kindergelächter. Die Luft ist stickig. Vor der Halle warten Eltern und Grosseltern auf die Kinder. Auch Paula de Oliveira (39) ist hier. Sie holt ihren Sohn Leandro vom Kids-Turnen, der freiwilligen Turnstunde, ab. In der Halle erklingt ein scharfer Pfiff, dann stürmen die Kinder hinaus. Der 6-jährige Leandro hat Lucas im Schlepptau. Die beiden sind mittlerweile beste Freunde. Nicht ganz unschuldig daran ist das Integrationsprojekt «Patenfamilien» vom Treffpunkt Integration Windisch. Vor gut einem Jahr stellte die Leiterin Kathrin Potratz das Konzept «Patenfamilien» vor: Migrantenkinder werden während dem Schuljahr einmal pro Woche von Schweizer Familien aus dem gleichen Kindergarten zum Mittagessen und zum Verbringen eines gemeinsamen Nachmittags eingeladen. Wenn es sich ergibt, besuchen sich die Familien gegenseitig. Regine Lanz, Kindergärtnerin, konnte sich von Beginn weg für das Projekt begeistern. 5 Kinder aus ihrer Gruppe meldeten sich für das Projekt an. «Ich finde es ein sinnvolles Projekt, da es den kulturellen Austausch fördert und den Kindern hilft, unsere Sprache zu lernen», sagt sie. Lucas und Leandro haben sich bereits im Chindsgi gut verstanden. Darum hat sie deren Familien für das Projekt zusammengebracht. «Lucas und Leandro sind sich sehr ähnlich. Beide sind eher ruhig und zurückhaltend.» Von Zurückhaltung ist auf dem Nachhauseweg vom Turnen nicht viel zu merken. Leandro und Lucas erzählen, wie sie sich bäuchlings auf die grosse Matte haben fallen lassen, wie viel Spass das gemacht hat. Sie lachen vergnügt, dass es in Strömen regnet, stört sie nicht im geringsten. Leandros Schwester Jenny (13) holt uns ein. Oft bringt auch sie die beiden Jungs vom Turnen nach Hause. Familien sind sich näher gekommen Bald erreichen wir das Haus der de Oliveiras. Rasch die Schuhe ausziehen, weg mit der Regenjacke und ab ins Spielzimmer. Dann ist aus Leandros Zimmer nur noch fröhliches Gelächter zu hören. Leandro mit portugiesischer Abstammung und Lucas, der einen ecuadorianischen Vater und eine chinesische Mutter hat, verständigen sich problemlos auf Schweizerdeutsch. Seit Oktober haben sich Leandro und Lucas jeden Montag, ausser in den Ferien, zum Spielen getroffen. Abwechslungsweise gingen sie mal zu Lucas nach Hause und dann wieder zu Leandro. Entstanden ist eine tiefe Freundschaft. Und auch die beiden Familien sind sich näher gekommen, auch wenn es sprachlich manchmal etwas schwierig war. Während die beiden Jungs spielen, bereiten in der Küche Paula de Oliveira und ihr Mann Antonio (41) das Abendessen vor. Sie schwärmen vom Integrations-Projekt. «Leandro war immer sehr scheu, getraute sich kaum zu sprechen», sagt Mutter Paula. «Seit wir bei diesem Projekt mitmachen, ist er viel offener geworden.» Und Vater Antonio ergänzt: «Heute geht Leandro sogar selbstständig nach draussen und getraut sich, mit den Nachbarskindern zu spielen.» Leandros Eltern haben ausschliesslich positive Erfahrungen mit dem Projekt gemacht. «Es ist schön, dass verschiedene Kulturen aufeinandertreffen. So konnten wir uns auch mit den Eltern von Lucas austauschen.» Für Paula und Antonio ist klar: Obwohl das Pilotprojekt letzten Montag offiziell zu Ende ging, werden sie den Kontakt mit Lucas und seiner Familie weiterhin pflegen. Nur eines finden Leandro und Lucas schade: «Wir kommen nach den Sommerferien nicht in die gleiche Klasse.» Paula de Oliveira sagt ihnen darum immer wieder, dass sie nicht traurig sein sollen, dass sie sich auch in den Pausen treffen können. Gegen das Abkapseln Kindergärtnerin Regine Lanz zieht ebenfalls ein positives Fazit. «Ich sehe viele fremdsprachige Familien, die sich abkapseln. Gerade hier kann das Integrationsprojekt ansetzen. Es bewirkt, dass die nächste Generation besser integriert ist.» Sprachlich hat sie bei beiden Knaben eine grosse Entwicklung festgestellt. «Es ist allerdings schwierig zu beurteilen, welchen Anteil das Projekt daran hat», meint sie. «Aber ich möchte das Projekt in meinen Klassen weiterhin anbieten. Ich hoffe, dass es mir andere Lehrpersonen gleich tun.»